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Verzweiflung


Sie vergrub das Gesicht in den Händen, verzweifelt, hoffnungslos. Sie wusste einfach nicht mehr was sie noch tun konnte, sie hatte alles versucht. Weit unter ihren Füßen floss das schmutzig, graubraune Wasser. Sie konnte das kalte, rote, rostige Metall in ihrem Rücken fühlen. Sie war das erste Mal hier und doch fühlte sich nichts neu an. Die Verzweiflung, der Selbsthass, die Hoffnungslosigkeit – es war immer dasselbe, ganz egal wo sie hinging. Es schien alles immer wieder zu passieren – an jedem neuen Tag. Sie konnte nicht mehr zählen wie oft sie schon so nahe dran war. Immer wieder stand sie da wie jetzt. Brücken, Felsen, Häuser, was machte es schon, es war doch alles das gleiche. Sie fühlte Kälte auf ihrer Wange und als sie eine Hand hob um sich an die Wange zu greifen, merkte sie voller Erstaunen das sie nass war. Wie lange war es jetzt her gewesen das sie geweint hatte? Das sie Gefühle gezeigt hatte, auch wenn jetzt niemand da war um die Gefühle zu sehen. Wie lange war es her, ja wie lange? Sie dachte darüber nach und merkte erschrocken dass sie sich nicht erinnern konnte. Immer war sie stark gewesen, war nicht erlaubt gewesen Gefühle zu zeigen. Gefühle waren schwach, Gefühle brachten einem nicht weiter. Sie starrte auf das schmutzige Wasser unter ihr doch ihre Augen waren ganz woanders. Sie sah all ihre Freunde, Familie zu denen sie nie mehr zurückkehren konnte. Weil sie nicht wusste wer, was sie war. Zu diesen Gesichtern gesellten sich jetzt auch noch all die Stimmen die sie einfach nicht vergessen konnte. Sie hielt sich die Ohren zu, doch sie wusste, dass es nichts helfen würde. Ein leises Wimmern entfuhr ihrer Kehle. Und obwohl sie sich entsetzlich für ihre Schwäche schämte, gesellte sich auch ein Schimmer von Hoffnung dazu. Vielleicht war es jetzt endlich so weit. Sie öffnete die Augen und diesmal erblickte sie das Wasser. Es war weit entfernt doch ihre Augen hatten schon weiter gespäht seit das Unglaubliche passiert war. Das Leben hatte keinen Sinn für sie, begriff sie, wie sie es schon am Anfang begriffen hatte. Und doch hatte sie noch eine letzte Hoffnung. Sie hoffte, hoffte dass es dieses Mal funktionieren würde…
„Ich glaub sie wacht auf!“ „Sie öffnet die Augen.“ Ein Stöhnen entfuhr Alanjas Kehle, nicht schon wieder. Wie oft sollte sie es noch versuchen, immer kam etwas dazwischen. Eigentlich wollte sie nur die Augen geschlossen halten und sterben, aber sie wusste das das nicht passieren würde also konnte sie sich genauso gut der Situation stellen. Sie öffnete ihre im Moment blassblauen Augen und sah zwei junge Männer die sich mit besorgtem Blick über sie beugten. Alanja stöhnte ein weiteres Mal auf. War es denn nicht Tortur genug, mussten sie sie noch weiter quälen. Die beiden Männer – wenn man sie denn so bezeichnen wollte, sie wusste nicht ob die zwei legal Bier in den USA kaufen könnten – waren beide athletisch gebaut und trieften vor Nässe. Sie waren kräftig und gutaussehend, einer von ihnen blond der andere dunkelhaarig. Und es ging geradezu ein Leuchten von ihnen aus. Alanja konnte es fühlen, riechen, spüren ja sie bildete sich sogar ein es sehen zu können. Sie wimmerte und stieß die Männerhände beiseite als die sie wieder zu Boden drücken wollten. Sie halb taumelte, halb krabbelte zurück zum Wasser, weg von den beiden bevor sie etwas falsches tat, weg, nur weg. Sie war schwach. Der Fall hatte ihr viel Kraft geraubt – auch wenn er sie leider nicht umgebracht hatte. Die Männer hielten sie zurück. Sie fauchte, kratzte und wehrte sich aber sie war erbärmlich schwach. Sie WOLLTE bei ihnen bleiben, sie WOLLTE es. Doch sie hatte es so lange bezwungen, hatte es so lange geschafft. Sie versuchte sich die Familien der Männer vorzustellen, ihre Freunde ihre Freundinnen. Das Leben das sie hatten. Was passiert wäre wenn sie sie in ihrem alten Leben kennengelernt hätte. Sie hätten Kaffee getrunken, geflirtet, gelacht und geredet. Das half normalerweise, doch dieses Mal war sie zu schwach und schließlich konnte sie nur mehr zurücksinken lassen und all ihre verbliebene Kraft aufbieten die sie hatte. Um sich zu beherrschen, um es nicht zu tun.
Der blonde der Männer, er war ein wenig größer dafür aber schlanker als der andere mit kurzen Bartstoppeln und Haselnussbraunen Augen, hockte sich neben sie und legte ihr seinen Arm um ihre Schultern. Sie zuckte zusammen und rückte weg. Doch die kurze, nur sekundenlange Berührung hatte gereicht. Sie hatte gespürt wie sich die Tentakel ausgestreckt hatten. Wie sie ihn abgetastet, gekostet hatten. Sie musste ihre letzten Kraftreserven aufbieten um sich nicht auf ihn zu stürzen, sich nicht mit ihm auf den Boden zu werfen und ein wenig seiner Kraft zu nehmen. Ein ganz kleines bisschen nur, es würde ihm nicht viel schaden, er war kräftig. Aber sie wusste das sie sich jetzt selbst anlog, sie hatte keine Ahnung was passieren würde. Wie es ihm gehen würde. Sie verstand nicht was sie tat. Wer, was sie war. Außerdem hatten er und sein Freund hatten ihr Leben gerettet – auch wenn sie nicht hatte gerettet werden wollen. Das machte sie nicht dankbar sondern eher wütend, warum hatten sie sich einmischen müssen, ohne sie hätte es vielleicht geklappt. Dieser Gedanke verlieh ihr neue Kraft und sie sprang auf – auch wenn sie noch immer schwankte. Sie schaute die beiden an und nur für den Bruchteil einer Sekunde fragte wie die zwei sich jetzt wohl fühlten wenn sie sie so sahen. Ein Mädchen augenscheinlich zart und klein mit nassem wirren Haar, zerrissenen Klamotten und einem irren Blick in den Augen dessen Kraft ihrem restlichen Aussehen Lügen strafte. Doch so schnell wie er gekommen war, verschwand der Gedanke auch schon wieder und sie fauchte die beiden an „Warum mischt ihr euch ein, was zur Hölle geht es euch an was ich tue.“ Die beiden Männer wechselten einen erschrockenen, vor allem aber erstaunten Blick und dieses Mal ergriff der Dunkelhaarige zuerst das Wort „Ruhig Kleine, du bist wahrscheinlich noch ein bisschen im Schock, egal was es ist ich bin sicher wir finden eine Lösung“ Alanja starrte ihn unverwandt an. Seine Kraft wäre die Lösung, sie würde sie wieder stark machen, würde ihr helfen, sie möglicherweise retten. Es war so schwer, so schwer zu wiederstehen. Sie wusste sie wollte sterben doch die pulsierende Kraft, die Auren der beiden schlug ihr entgegen wie ein warmer Sommerwind, wie ein Versprechen nach Erlösung, nach Befreiung von der Schwäche und dem Schmerz der sich in ihrem ganzen Körper ausbreitete. Sie stöhnte, bewegte sich aber nicht von der Stelle und der Blonde kam näher um ihr ein Decke um die Schultern zu legen. Es kostete sie unglaublich viel Überwindung nicht auf ihn zuzugehen, ihn mit offenen Armen willkommen zu heißen, ihn und die Stärkung die er versprach. Doch sie überwand sich und wich ein paar Schritte zurück. Er sah sie an und sprach mit leiser beruhigender Stimme „Komm Kleines, zu zitterst, dir ist kalt, komm deine Eltern machen sich sicher Sorgen.“ Alanja schnaubte verächtlich und genervt. Immer wieder hörte sie das, niemand nahm sie jemals ernst. Sie verfluchte dass sie erst 16 war und mit ihren kleinen zarten Körper wie 13 aussah. Sie hatte viel mehr erlebt als diese beiden Männer und trotzdem behandelten sie sie wie ein kleines Kind. Und ihre Eltern. Ihre Eltern. Alanja spürte wie Tränen in ihre Augen stiegen. Ihre Eltern waren tot. Gestorben. Genau heute vor einem Monat. Es hatte ein Feuer gegeben. Überall waren Hitze und Flammen gewesen. Sie war mit ihren Eltern im Wohnzimmer gewesen und ihr Vater hatte versucht die Fenster einzuschlagen aber es war nicht gegangen. Obwohl sie erst ein paar Minuten zuvor durch die Tür gekommen war, waren auf einmal alle geschlossen gewesen. Sie waren eingesperrt gewesen. Es hatte keine Möglichkeit zu befreien. Ihre Eltern waren verbrannt. Und sie selbst. Sie wusste nicht was mit ihr selbst passiert war in jener Nacht. Sie hatte die Hitze, die Flammen gefühlt. Den beißenden Rauch in ihrer Lunge. Und die gnädige Dunkelheit die sich wie die Nacht über sie gesenkt hatte. Sie sollte tot sein. Mit einer schnellen Bewegung schüttelte sie den Kopf in Richtung Decke „Nein Danke“ sagte sie mit einer Stimme wie fließende Seide die nur vor Schwäche ein wenig aufgeraut klang. Der Mann schien verwirrt ließ jedoch die Hand mit der Decke sinken und setzte sich auf das Gras. Er schaute sie mit seinen braunen Augen aufmerksam an und Alanja wusste das sie gehen sollte. Mit überirdischer Anstrengung drehte sie sich um und versuchte sich Richtung Straße zu schleppen. Doch gerade als sie sich umgedreht hatte, spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter. Es war der Dunklere der beiden und er schaute sie besorgt mit seinen fast schwarzen Augen an. Alanja versuchte sich loszureißen aber sie konnte es nicht. Sie schlang ihm ihre Arme um den Hals, umarmte ihn, während sich ihre unsichtbaren Tentakel ausstreckten. Er war stark, hatte so viel Kraft in sich und als sie ihre Sinne erweiterten begann diese Kraft in sie zu fließen, zu strömen wie alter, dunkler, schwerer Wein. Sie spürte wie ihre Schwäche wich, wie die Kälte aus ihren Glieder wich und ihre Kraft zurückkehrte. Aber sie spürte auch wie seine Stärke wich. Sie versuchte die Verbindung zu lösen, aufzuhören und ihn wegzustoßen aber es war so unglaublich schwer. Wie aus einem fernen Nebel hörte sie die Stimme des blonden „David?“ Was ist los. Kurz blitzte ein Bild auf wie es für den Mann aussehen musste. Ihre Arme um seinen Freund geschlungen, in dieser Bewegung erstarrt während seine Augen schwächer wurden, er sich nicht rührte. „David“ dachte sie, und mit diesem Gedanken, mit dem Namen wurde er wieder zu einer Person, nicht mehr zu einer Kraftquelle, sondern zu einem Menschen mit einem Leben vor sich. Dieser Gedanke gab ihr die Kraft sich loszureißen. Ihn fortzustoßen und ihre Sinne abzuwenden. Er war geschwächt doch er würde es überleben, glaubte sie zumindest. Die beiden Männer starrten sie an, der dunkelhaarige mit einem irren Blick in seinen Augen. Er konnte sich nicht erklären was passiert war und doch würde er das eben erlebte nie mehr vergessen. Nie mehr. Tränen standen ihr in den Augen. Schon wieder. Sie war immer noch schwach. Aber nicht schwach genug. „Es… es tut mir leid“ ihre Stimme war kaum mehr als ein Wispern. Danach drehte sie sich um und stürzte in Richtung der Straße. Dieses mal hielt sie keiner auf.
Auf dem Asphalt angekommen hatte sie keine Ahnung wo sie hin sollte also marschierte sie einfach los. Dass sie kein Ziel hatte, machte ihr nicht aus. Sie hatte schon so lange kein Ziel, keinen Plan mehr. So ging sie weiter, immer weiter und weiter. Wusste einfach nicht was sie machen sollte. Was sie probieren sollte. Sie hatte alles versucht. Sich von Brücken, Häusern und Türmen gestürzt. Sich ein Messer ins Herz gestochen. Gift geschluckt und noch viel mehr. Doch bis auf ein paar einsame Blutstropfen und zerstörter Kleidung war nichts passiert. Nie. Egal wie geschwächt sie war. Es hatte nie gereicht. Nie. Und sie wusste nicht wieso. Sollte ein normaler Mensch nicht ganz schnell sterben. Ihre Rasse war doch so zerbrechlich. Oder war sie kein Menschmehr. Nicht mehr normal. Wahrscheinlich. Ziemlich sicher sogar. Vielleicht hatte sie auch neun Leben wie eine Katze. Aber neun waren nicht genug. Sie hatte es so oft probiert. Viel öfters als nur neun Mal. Während sie sich all das durch den Kopf gehen ließ. Zum hundertsten nein zum Tausendesten mal ging sie immer weiter. Weiter und weiter. Bis sie irgendwann die Verzweiflung und Erschöpfung übermannte und sie sich am Wegrand auf einen Stein fallen ließ. Sie hatte keine Ahnung wo sie war. Sie war im letzten Monat so viel gegangen, in verschiedenste Züge und Busse gestiegen ohne zu sehen wohin sie sie brachen. Weg, weg einfach nur weg. Immer weiter. Fort, fort von allem was sie kannte. Nicht zurück. Sie vergrub das Gesicht in ihren Händen und ihre schwarzen Haare fielen ihr über die Schultern. Was, was sollte sie nur machen. Ja was.
„Hi Chica, wie geht’s.“ Erschrocken zog sie die Hände vom Gesicht und sah sich um. Von wo war die Stimme gekommen? „Hey hier oben, Süße!“ Sie sah auf und erblickte ein paar lange, muskulöse Beine in alten, zerrissenen Jeans und Füße in ausgetretenen, kaputten Turnschuhen die über und über mit Dreck beschmiert waren. Der junge zu dem die Beine gehörten saß auf einem Ast in dem Baum neben ihr und grinste auf sie herunter. Eine Sekunde später hatte er sich aus drei Metern Höhe fallen lassen und stand neben ihr, ein breites Grinsen auf dem Gesicht. Alanja bemerkte dass er außerdem ein altes T-shirt trug dass schon bessere Zeiten (und schon lange keine Waschmaschine mehr) gesehen hatte. Aber wer war sie zu urteilen. Mit ihrem immer noch komplett durchnässten, mittlerweile schon sehr zerrissenen Klamotten und den zerzausten Haaren sah sie wahrscheinlich noch schlimmer aus. Der Junge ließ sich ungefragt neben sie auf den Stein sinken „Also ich bin Ben und du?“ „Alanja“ sagte sie vorsichtig und musterte sein Gesicht. Er lächelte noch immer während sein mittellanges, dunkelblondes Haar im immer wieder in die Stirn fiel. Seine Haut war sonnengebräunt und er hatte dunkelblaue durchdringende Augen die viel älter und gleichzeitig viel jünger wirkten als sein restliches Äußeres. Auf seinen weichen Lippen lag noch immer ein Grinsen. Sie versuchte sich auf die Worte zu konzentrieren die daraus ertönten „Also Alanja, du siehst ja ziemlich fertig, was ist passiert, und wie alt bist du eigentlich?“ Er lächelte während er diese Frage stellte. Alanja runzelte die Stirn „16, wieso?“ Ben begann lauthals zu lachen „Ja, ja das ist schon gut, aber wann bist du gestorben?“ „WAS?“ Alanja schaute ihn an. Was meinte er damit oder wollte er sie nur verarschen, er… er konnte doch nicht wirklich wissen was mit ihr passiert war. Nun war das Grinsen aus seinem Gesicht gewichen „Du bist doch eine Elana, oder?“ „Willst du mich verarschen, was ist das?“ Zum ersten mal seit dem Feuer verspürte sie wieder einen Funken Interesse. Entweder dieser Typ war total verrückt, oder er wusste etwas. Noch aufmerksamer als vorher sah sie in an. Er hatte jetzt einen sehr ernsthaften und besorgten Ausdruck auf seinem Gesicht, der im krassen Gegensatz zu dem grinsenden Jungen stand der vorher vom Baum gesprungen war. „Hör mal Alanja, ist in letzter Zeit irgendetwas passiert, hast du jemanden besonderen kennengelernt?“ Kennengelernt? Alanja schüttelte den Kopf „Ich hab niemanden kennengelernt… aber…“ sie zögerte, sollte sie wirklich einem Fremden ihre Geschichte erzählen „Aber, was?“ Sie holte tief Luft und erzählte ihm dann von dem Feuer, bei dem ihre Eltern gestorben waren. Er sah sie erschrocken und eindringlich an. „Und seitdem geht es dir ganz anders, nicht?“ Er ließ sie gar nicht erst antworten sondern redete gleich weiter „Ich,… ich hab dich vorher auf der Brücke gesehen, ich meine das überlebt kein normaler Mensch und wenn dich ein paar heiße Typen dann nachher aus dem Wasser ziehen, dann höchstens tot. Uns hingegen“ bei diesen Worten blitzte sein schelmischer Grinser wieder auf und er klang gespielt selbstgefällig „Uns hingegen bescherret so ein Sprung keinerlei Schwierigkeiten. Elli zum Beispiel macht das oft weil sie findet es ist außer gewöhnlich lustig.“ Er verzog das Gesicht „Ich finde ja das ist ein bisschen komisch aber ich dachte, vielleicht bist du ja wie sie.“ Alanje schwirrte der Kopf. Sie hatte keine Ahnung, was Ben da redete und dass schien er auch mitzukriegen, denn seine Miene wurde augenblicklich wieder sehr ernst. „Ich verwirre dich, oder?“ Alanja konnte nur nicken und er schaute zerknirscht. „komm mit, wir suchen uns etwas zu essen und dann und dann erkläre ich dir alles.“ Alanja zögerte kurz. Einen Augenblick blitzte ein Bild von ihren Eltern die ihr erklärten dass sie mit keinem Fremden mitgehen solle. Aber dann tat sie das Bild ab, ihre Eltern waren tot und außerdem was konnte ihr schon passieren. Schlimmer als Tod gabs wahrscheinlich nicht, und der war ihr noch vor einer Stunde sehr verlockend vorgekommen.
Zögernd will ich mich aufrichten, aber da hat Ben mir schon grinsend seine Hand hingestreckt und zieht mcih mit einer Leichtigkeit hoch die mich erstaunte. Er lächelt wieder und nimmt meine Hand „Komm mit…“ er fängt mit unglaublich langen Schritten an zu laufen. Ich will ihm folgen und stolpere. Er wirbelt herum und sieht mich entschuldigend an als er mir wieder hochhilft „Tschuldigung…“ murmelt er zerknirscht „Ich hab vergessen wie es zu Anfang ist….komm ich zeig dir das Laufen später…wenn du wieder erholt bist…“ bevor ich mich versehe hat er mich schon hochgehoben und beginnt loszurennen. Die Straße, die Bäume, der Fluss und die Landschaft…all das zischt so schnell an uns vorbei das ich nur mehr grüne, braune und graue schatten erkennen kann. Irgendwann lässt er mich auf einer Wiese unter einem Baum sinken. Durch die anderen Bäume kann ich sehen, dass ganz in der Nähe ein Autobahnparkplatz war…und daneben einige Fast-Food-Restaurants. „Irgendwelche besonderen Wünsche?“ fragt er mich grinsend und deutet auf die Fressschuppen. Noch immer benommen schüttle ich den Kopf und versuche mich aufzurichten, aber er drückt mich nur wieder auf den Boden „Stopp, stopp! Nicht so schnell! Das war dein erster Lauf, da solltest du dich erst mal ein wenig erholen!“ er lächelt „Ich besorg uns jetzt mal was zu futtern!“ „Ähmm…“ ich zögere und sehe ihn verschämt an „Ich hab leider kein Geld mit…“ Da lacht er überraschenderweise laut auf „Keine Sorge Schätzchen….Ich auch nicht!“ und weg ist er. Ich lasse mich gegen den Baum sinken und halte mein Gesicht in die Sonne. Seit einem Monat hatte ich mich nicht mehr so hoffnungsvoll gefühlt. Vielleicht konnte Ben mir wirklich helfen! Vielleicht wusste er was mit mir los war….vielleicht war er selber so etwas wie ich…und vielleicht wusste er auch wie ich diesen riesigen Hunger bekämpfen konnte… Kaum hatte ich diesen Gedanken zu Ende gebracht, da stand er auch schon wieder mit unzähligen vollgestopften Tüten von Taco Bell, Burger King, McDonalds und Wendys wieder vor mir. Er grinst „ich wusste nicht worauf du Lust hast, also hab ich einfach von überall etwas mitgebracht.“ Er lässt sich neben mir aufs Gras sinken und breitet die Sachen vor uns aus. Bei dem Geruch merke ich erst wie hungrig ich war. Genüsslich beiße ich in einen Hamburger und stopfe mir ein paar Pommes in den Mund. Er grinst noch immer und tut es mir gleich „Mhmmmm…“ murmelt er genüsslich „Eine der besten Erfindungen die jemals gemacht wurden…“ er grinst und nimmt sich seinen dritten Burger. Ich lächle ebenfalls, lasse mich aber nicht vom Essen abhalten. Nachdem wir beide pappsatt waren, sehe ich ihn aufmerksam an „Also….du… du hast gesagt du …du erklärst….erklärst mir…..was los ist…mit mir?“ frage ich ihn vorsichtig und zögerlich. Seine Finger zerpflügen einen Pommes-Stängel bevor er ihm einen Vogel zum Fraß vorwarf „Ich kanns…ich kanns versuchen….“ Er holt tief Luft und sieht mich entschuldigend an „Ich bin aber selber noch nicht SOOO alt…also…..also weiß ich nicht ob ich es gut erklären kann….oder selbst genau verstehe…“ er lächelt und schlägt die Beine unter, während er einen Schluck von seinem Erdbeer-Shake nimmt. „Also damit du es erst mal weißt, du bist nicht die einzige deiner ‚Art‘ und wir zwei sind ebenfalls nicht die einzigen“ er grinst und nimmt sich ein weiteres Pommes „Es gibt einige von uns, auch wenn ich nicht weiß wie viele….aber ich hab schon ein paar von uns getroffen. Einige von uns wandern in Gruppen umher, einige allein“ er runzelt die Stirn „es gibt auch einige mit festem Wohnsitz, aber…“ wieder huscht ein Grinsen über sein Gesicht „ …aber die meisten von uns wollen mehr,…einfach mehr sehen, mehr erleben,… und deshalb…deshalb reisen die meisten von uns immer weiter umher…und da treffen wir uns hier und da mal…. Wir können spüren wenn einer unserer Art in der Nähe ist…“ er lacht laut auf als er ihr überraschtes Gesicht sieht „Keine angst, das lernst du schon noch,….aber jetzt…“ er kramt in der Tüte um noch etwas zu essen zu suchen. Mann der Typ konnte ja mengen verschlingen die die Teilnehmer eines Essenswettbewerbes alt aussehen lassen würde. Nachdem er sich noch einen Taco geschnappt und ihn in zwei Bissen verschlungen hatte fährt er mit vollem Mund fort „…aber jetzt….jetzt erst mal zu dem WAS ‚wir‘ sind….ich hab keine Ahnung.“ Er lacht wieder als er meinen fassungslosen Gesichtsausdruck sieht „nein kleiner Scherz!“ ich atme erleichtert auf und schlage ihm böse auf den Oberarm. Er grinst nur und erzählt weiter „Also, wir….wir sind alle gestorben…“ Er zögert kurz um meine Reaktion abzuwarten, aber ich unterdrücke jegliche Emotionen und mein Gesicht bleibt ausdruckslos also fährt er leiser und nachdenklicher als er es bisher war fort „wir…wir wissen nicht genau…warum wir so sind…wir sind alle gestorben und wir waren alle nicht alt…alle noch Teenager…“ seine Hand pflückt einen Gashalm und zerpflügte ihn „Wir waren alle Teenager und wir sind alle gestorben…der jüngste von uns den ich je getroffen hab war 14 als er gestorben ist…die älteste 23…. Aber dies sind nur die Menschenalter….sie haben nichts mehr zu bedeuten, denn wir“ er lacht übermütig auf „denn wir sind unsterblich!“ seine blauen Augen blitzten auf und er lacht laut als er meinen ungläubigen Blick sieht „oder zumindest fast unsterblich“ er springt auf und schlägt einen übermütigen Salto mit Handstandüberschlag „Wir sind schneller, stärker und um einiges weniger zerbrechlich als die Menschen…“ meint er lachend aber auch ein Schimmer Arroganz war in seiner Stimme zu hören, doch dann wird er wieder nachdenklich „….aber wir wissen nicht wieso… wir sind alle gestorben und jetzt…jetzt sind wir viel lebendiger als je zuvor…“ er lehnt sich wieder zurück und betrachtet den Himmel. Ich sitze noch immer mit geraden Rücken da, all die Eindrücke stürmten auf mich ein und ich konnte mich ihnen nicht erwehren. Ich war tot. Gestorben. Ich hatte es gewusst. Und doch…. Mir wurde auf einmal klar dass ich bis jetzt noch einen Schimmer Hoffnung in mir gehabt hatte. Das ich aus irgendeinem unerfindlichen Grund überlebt hätte und ein wenig verrückt geworden war. Das ich mir das alles nur einbildete. Kurz lache ich zynisch auf. Was war denn jetzt die wünschenswertere Variante: verrückt zu sein oder tot? Doch dafür dass sie eigentlich tot war fühlte sie sich bemerkenswert lebendig. Also wie sollte sie es jetzt nennen? Übernatürlich vielleicht?! Aber trotzdem wäre sie „Nur“ verrückt gewesen oder hätte sie sich das alles nur eingebildet, hätte sie darauf hoffen können irgendwo in Therapie zu gehen und wieder normal zu werden. Aber das konnte sie jetzt wohl vergessen…Andererseits…sie warf Ben einen raschen Blick zu, er wirkte glücklich…lebenslustig. Vielleicht war das ganze ja gar nicht so schlimm. Vielleicht hatte sie einfach noch eine zweite Chance bekommen…ein zweites Leben. Wieder sehe ich Ben kurz an „wie…wie bist du eigentlich gestorben….und wann…“ frage ich zögerlich. Keine Ahnung ob man das unter „Uns“ so fragen durfte oder ob ich jetzt gerade in ein riesiges Fettnäpfchen trat, aber ich würde es ja gleich herausfinden. Glücklicherweise lacht Ben wiederum und richtet sich wieder auf um zu antworten. Ich atme verstohlen auf, zum Glück ist er nicht beleidigt – oder er lässt es sich zumindest so gar nicht anmerken. „Ich war 17 als es geschah und es war….ein Autounfall…“ Ben lacht jetzt nicht mehr sondern betrachtet nachdenklich den Himmel „Es war 1970…denke ich…“ ich ziehe laut und erschrocken Luft ein. Er hatte mir zwar gesagt, dass wir unsterblich waren aber bis jetzt hatte ich ihm das nicht so wirklich geglaubt. Ich meine – hey lasst ihr euch mal auf einer Wiese, den Mund mit Fast-Food vollgestopft sagen dass ihr eigentlich tot aber gleichzeitig unsterblich und um einiges schneller und stärker seit als alle anderen. Ich meine ich glaube dass da jeder ein wenig überfordert wäre. Und dann sagte mir Ben auch noch wie er gestorben war. Das alles war so unwirklich …. Vor allem aber immer noch die Jahreszahl seines Todes. 1970…. „du… du bist über 50 Jahre alt…“ murmle ich fassungslos und sehe ihn mit offenem Mund an. Meine Augen wandern über sein Gesicht und seinen Körper…auf der Suche nach Alterserscheinungen, nach Falten, Leberflecken, grauen Haaren oder sonst irgendeinem Anzeichen Aber da war nichts….nicht das geringste…. Er war immer noch ein siebzehnjähriger Bursche mit gebräunter Haut, dunkelblondem Haar und athletischem Körper. Attraktiv und vor allem sehr jugendlich. Er grinst „Da kannst du so genau hinschauen wie du willst, ich bin äußerlich siebzehn…“ Sein Grinsen vertieft sich noch und er springt auf die Beine, schlägt noch einen weiteren Salto und steht dann plötzlich direkt vor mir. Ich zucke kurz zurück und sein Gesicht ist ganz nah bei meinem „Du kannst sogar…“ ich kann seine Körperwärme spüren als er über mir auf der Wiese liegt und ich kann seine Grübchen und die Sommersprossen auf seiner Nase erkennen „Du kannst sogar nachfühlen ob ich wirklich noch siebzehn bin….“ Ich erstarre als seine Lippen sanft über mein Wangenbein streichen und sich meinem Mund nähern. In letzter Sekunde wende ich den Kopf ab und er springt wieder auf. Unsicher lächle ich als er nach einer Sekunde laut auflacht „Überzeugt oder willst du nochmals nachprüfen?“ ich schüttle den Kopf „Über-überzeugt“ stottere ich und werde zu meiner großen Verlegenheit knallrot. Nach einiger Zeit nimmt mein Gesicht wieder eine halbwegs normale Farbe an und Ben fährt fort zu erzählen „Ich war mit meinen Eltern auf den Weg…“ er runzelt die Stirn als er überlegt „ich glaube wir waren auf den Weg zu meiner Tante...es war regnerisch und wir kamen vom Weg ab…als ich aufwachte waren meine Eltern tot…ich bin davongerannt und glaube mir ich war in der ersten Zeit genauso verwirrt und verzweifelt wie du es jetzt bist…oder warst“ nachdem die ersten Worte ernst und auch – verständlicherweise traurig geklungen hatten, sprach er die letzten wieder mit einem versteckten Lächeln auf den Lippen „Denn jetzt hast du ja mich gefunden….oder besser gesagt ich dich und in meiner Gegenwart brauchst du nun wirklich nicht verzweifelt zu sein…“ sein Gesicht ist von einem selbstgefälligen aber gleichzeitig humorvollen Lächeln bedeckt. Wieder herrscht eine lange Pause dann stelle ich endlich die Frage…die Frage die mich seit meinem „Tod“ beschäftigt…und die mich in den Wahnsinn und in unzählige Selbstmordversuche getrieben hatte „Dieser….dieser ‚Hunger‘ ….wie“ ein verzweifelter Laut schlüpft aus meiner Kehle „Wie bekämpft oder unterdrückt man ihn….?“ Sein Gesicht ist wieder ernst und seine Stimmungsschwankungen erstaunten mich aufs Neue. Er wechselte vom Lachen und Herumalbern auf Ernst schneller als ein Chamäleon seine Farben. Aber ich war froh, dass er jetzt ausnahmsweise mal wieder vollkommen ernst war. Denn diese Frage war meiner Meinung nach nicht zum Lachen. „Du meinst der Hunger auf die Lebensenergie, nicht?“ seine Stimme klingt abwesend und seine Finger biegen und falten mit unglaublicher Geschwindigkeit an einem Grashalm. Ich nicke und er schweigt, dann sieht er mir wieder in die Augen „Es…ich werde dich nicht anlügen…es gibt einige von uns die töten dafür…für sie ist der Rausch…die Kraft die sie bekommen….einfach alles…“ er denkt wieder nach „Vielleicht kann man es mit dem Essen der Menschen vergleichen…“ er deutet mit dem Kopf auf die leeren Papiertüten „…die Menschen brauchen Essen….sie benötigen…wir benötigten es zum Überleben….und die meisten essen so viel wie sie brauchen….manche auch zu wenig, ganz einfach weil sie nicht genug besitzen oder weil sie schlank sein wollen…aber…manche essen auch mehr als sie brauchen…viel mehr...“ er sieht mich wieder an „Und so ist es auch mit uns…wir essen gewissermaßen zweimal einmal das normale Essen…auch wenn wir es nicht SO dringend brauchen wie die Menschen“ seine Hand macht eine abwertende Bewegung auf die Tüten „Und dann….dann das was für uns wichtig…für uns UNBEDINGT notwendig ist wenn wir überleben wollen…und auch wenn wir nicht überleben wollen wie du vorhin….dann ist der Drang in uns so groß das wir sie trotzdem brauchen und in uns aufnehmen wollen und werden.“ Wieder hält er inne dann sieht er mich beruhigend an „Aber keine Angst…wir sind keine Monster....wir sind nicht wie diese Fantasiegestalten ‚Vampire‘ wir saugen kein Blut – ganz ernsthaft der Gedanke daran ist doch ernsthaft ekelerregend, meinst du nicht auch?! – und wir töten auch keine Menschen – oder wie eben gesagt die meisten von uns töten keine Menschen…“ er lächelt mich entschuldigend an „Wir brauchen nur ein bisschen Energie – ab und zu ein wenig davon…. Nicht einmal täglich sondern alle paar Tage….frag nicht ich weiß nicht wieso es so ist!“ er lächelt jetzt noch einmal „Aber wenn wir unsere Sache gut machen dann merken die Menschen nicht einmal etwas davon….wir nehmen nicht von einer Person alles sondern von vielen Personen ein ganz klein wenig.“ Er sieht meinen bestürzten und legt mir beruhigend eine Hand auf den Arm „Keine Angst, Schätzchen, das lernst du schon…und ich helf dir eh dabei…“ wieder bereitet sich ein breites Grinsen über sein Gesicht und seine Augen funkeln „Ich sag doch: du hast Glück das du mich hast!!“ Ich seufze…auch wenn jetzt vieles klarer war….ich wusste immer noch nicht wer oder besser gesagt was ich war. Ben sah meinen verwirrtet Gesichtsausdruck und interpretierte ihn richtig „Ich weiß…..das alles ist sehr verwirrend und wahrscheinlich keine große Hilfe, aber….aber es ist auch alles was ich weiß…denke ich. Und es gibt einige von uns die zu Anfang noch weniger wissen…ich meine du weißt doch noch wie es war seit du so geworden bist…da ist das jetzt zumindest eine kleine Steigerung, nicht?“ Ich zucke lächelnd mit den Schultern. Wahrscheinlich hatte er Recht. Und hey ein neues Leben wär nicht schlecht…eine zweite Chance. Und wenn ich wirklich niemanden damit schadete wenn ich ein ganz klein wenig Kraft von ihm nahm…dann war das ja auch nichts Schlimmes. Trotzdem sehe ich ihn noch fragend an „Gibt es eigentlich irgendwem, der….der weiß was genau wir sind???“ Ben zuckt mit den Schultern „vermutlich, aber bis jetzt habe ich noch keinen getroffen. Ich habe gehört das es immer wieder ein paar gibt die nach den Antworten suchen…ich schätze mal wenn wir einige Zeit leben werden wir es schon noch erfahren… ich meine Zeit haben wir ja genug….“ Er grinst wieder und fährt sich mit der Hand durch die Haare. Aber ich habe noch eine Frage an ihn „du…du hast gesagt wir sind unsterblich…stimmt das wirklich?“ Er lacht „ja klar, ich lüg dich doch nicht an!!!“ dann runzelt er die Stirn „Es gibt aber glaub ich ein paar Ausnahmen,…wir altern zwar nicht und sind auch sehr viel widerstandsfähiger als normale Menschen, aber wenn uns zum Beispiel jemand den Kopf abschlägt glaub ich sterben wir trotzdem…“ er sieht mich entschuldigend an „Es tut mir leid, dass ich nicht all deine Fragen beantworten kann, aber ich bin selbst noch nicht so alt und die anderen unserer Art die ich getroffen habe waren es auch nicht.“ Er sieht wieder in die Ferne „Ich weiß genug um zu überleben und alles, aber mehr….hab ich leider keine Ahnung von…“ wieder grinst er. Es schien ihn auch nicht sonderlich zu kümmern. Er genoss sein Leben und alles andere war ihm so ziemlich egal…aber eigentlich warum auch nicht?!? Ich legte mich auf dem Rücken ins Gras und blicke hinauf durch das grüne Blätterdach in den strahlend-blauen Himmel. Ich brauchte mir keine Sorgen um die Zukunft mehr zu machen, einfach nur in den Tag hineinleben…Ben würde mir zeigen wie…und einfach nur genießen. Ich musste zugeben, das war eine sehr schöne Vorstellung. Mein ganzes Leben war immer zielgerichtet gewesen. Du musst den nächsten Test, die nächste Schularbeit, die nächste Prüfung schaffen. Immer gab es etwas zu tun zu bestehen, zu lernen. Ich schätze mal das lag in der Natur des Menschen. Wir alle wussten das wir nur eine begrenzte Zeit zu leben hatten und wir wollten das ausnutzen „Das Beste daraus machen…“ aber jetzt…jetzt hatte ich so viel Zeit wie ich wollte (solange mir keiner den Kopf abschlug). Der Gedanke an die Ewigkeit war gleichzeitig erschreckend und schön.
Ebenso wie ich lag auch Ben im Gras und hing seinen Gedanken nach, welchen konnte ich unmöglich sagen bis ich ein leises Schnarchen vernahm bei dem ich mir ein Lachen verkneifen musste. Das war ja klar – Andererseits die Idee war nicht schlecht. Nach meinem x-ten Selbstmordversuch musste ich zugeben, dass ich selbst nach der Kraftaufnahme von dem heißen Typen noch ziemlich erschöpft und müde war. Ich schließe die Augen und musste noch daran denken wie gut es war das ich meinen zwei „Lebensrettern“ keinen Schaden zugefügt hatte. Mittlerweile war ich ihnen sogar dankbar dass sie mich aus dem Fluss gezogen hatte. Ben war…interessant. Nicht nur hatte er versprochen mir zu helfen er hatte meinem Leben auch wieder …. Ich suchte in Gedanken nach einen Wort aber „einen Sinn gegeben“ war zu abgedroschen. Ich musste lächeln. Es war eher dass er mich wieder neugierig darauf gemacht hatte…was kommen würde und wie das Leben jetzt so war. Er hatte mir zwar viel erklärt aber noch mehr Fragen waren offen geblieben…die Sachen die er selbst nicht wusste. Andererseits…es schien ihn nicht weiter zu beunruhigen und eigentlich warum denn auch? Solange er das Leben genießen konnte, war es ja eigentlich auch egal. Ich recke mich wohlig in der Wärme der Sonne und wenig später war ich ebenfalls eingeschlafen.
Als ich aufwache sitzt Ben grinsend an einem Baumstamm gelehnt und schlürft an einer Cola. Sein Blick wandert über meinen Körper und er zieht eine Augenbraue hoch. Ich sehe ebenfalls an mir herunter und seufze. Hätte ich Geld, würde ich mir jetzt was Neues zum Anziehen besorgen. Aber da ich keins hatte war der Gedanke sowieso umsonst. Mein T-Shirt war nicht nur ausgebleicht sondern auch schon einigermaßen zerrissen und die Jeans war ebenso schon ziemlich fadenscheinig. Meine Selbstmordversuche hatten vielleicht mir nichts anhaben können – bei meinen Klamotten sah es da anders aus. Andererseits, ich werfe Ben einen raschen Blick zu, sah er auch nicht besser aus. Aber ihn schien es auch nicht wirklich zu stören. Aber warum sollte es auch, er war – das musste ich ohne Abstriche zugeben – außerordentlich attraktiv und unter dem zerissenen Shirt kamen seine Muskeln hervorragend zur Geltung. Als er meine Blicke bemerkt vertieft sich sein Grinsen und ich wende rasch den Kopf ab. Da fängt er laut an zu lachen, sagt aber nichts.
Nach einer Weile meint er – noch immer leise glucksend – „Hey, ich brauch neue Klamotten und ich glaub dir würden sie auch nicht schaden oder?“ er versucht nicht mal das Lachen zu unterdrücken.
Ich überlege ob ich beleidigt sein sollte, entscheide mich aber dann dass es der ganzen Sache nicht wert war und stimme in sein Lachen ein „Aber hey Schlaumeier, ich hab dir heut schon mal gesagt, dass ich keine Kohle hab…“ Er zuckt nur mit den Schultern „Und ich hab dir heut schon mal gesagt: Ich auch nicht!“ er steht auf und streckt mir den Arm hin um mich hochzuziehen „Aber keine Angst, wir brauchen auch keine“ wieder grinst er und zieht mich mühelos hoch „Ich hoffe du hast keine moralischen Einwände gegen Diebstahl…“ er sieht mich halb fragend mit hochgezogener Augenbraue an. Ich dachte nach. Eigentlich war ich nicht wirklich fürs Stehlen…auf der anderen Seite. Hey: Ich war gewissermaßen tot…also was solls. Ich zucke mit den Schultern „Solange wir keinen damit schaden, eigentlich nicht…“ Er nickt zufrieden „Na dann…“ Er sieht aus als wolle er davon laufen dann hält er plötzlich mitten in der Bewegung inne und sieht mich entschuldigend an „Uuppps….tut mir leid! Ich hatte vergessen dass du noch nicht richtig laufen kannst….Normalerweise lernt man das mit der Zeit von selbst….aber ich denke wir können das ganze beschleunigen indem ich es dir beibringe…“ er runzelt die Stirn und sieht mich prüfend an „Du bist aber immer noch nicht allzu stark….bzw. du bist geschwächt weil du so dumm warst dich von der Brücke zu stürzen…also…“ ich merke wie e zögert und dann Luft holt „Also werde ich dir etwas von meiner Kraft geben….aber sei versichert: das bleibt eine Ausnahme, ich lerne dir so bald wie möglich wie du dich selbst versorgen kannst!“ er lächelt und tritt näher zu mir heran.
Ich sehe in seine entschlossenen blauen Augen und erstarre. Was hatte er vor? Er hatte gesagt er würde mir helfen, mir Kraft geben….aber er hatte nicht gesagt wie…was war wenn es etwas blutiges war… oder etwas gefährliches. Sein Gesichtsausdruck machte mir auch nicht gerade Mut. Er war entschlossen aber in einer seltsamen Weise auch ausdruckslos…als wäre er selbst nicht sehr begeistert von dem was er gern tun würde. Erschrocken und ängstlich weiche ich einen unsicheren Schritt zurück. Er sieht meine Angst und lächelt leicht „Bloß keine Panik Süße…es ist bald vorbei und es wird nicht wehtun …. Ganz im Gegenteil…“ er berührt sanft meinen Arm und ich schließe die Augen. Sanft zieht er mich zu sich und presst seine Lippen auf meine. Ich spüre die Kraft unter seiner Haut pulsieren – viel stärker als bei den Typen die mich aus dem Fluss gezogen hatten. Aufstöhnend vergrub ich meine Hände in seinen dunkelblonden Haaren und presste mich enger an ihn. Meine Fühler streckten sich aus und nahmen seine Kraft in mir auf. Währenddessen fuhr seine Zungenspitze über meine Lippen und bat mich um Einlass, den ich auch gewährte. Erst seine Hand die begann die Haut unter meinem fadenscheinigen T-Shirt zu liebkosen brachte mich weder zur Besinnung.
Laut aufkeuchend lies ich ihn los und stolpere zurück. „Tut…tut mir leid…“ meine Hand fliegt zum Mund und ich sehe ihn entschuldigend und peinlich berührt an. Er jedoch lacht nur „Schon okay…ich hab dir ja gesagt ich geb dir die Stärke…“ er steht wieder ganz nah vor mir und seine Lippen berühren fast mein Ohr „Glaub mir eines Tages wirst du sie mir zurückgeben können….“ Ich nicke wie im Trance und eine Gänsehaut rinnt mir auf. Er lacht und weicht wieder ein paar Schritte zurück „So und jetzt bringen wir dir erst mal das ‚Laufen‘ bei…“ Er steht locker da und sieht mich grinsend an „also du fühlst jetzt doch die Kraft die du von mir bekommen hast…oder?“ als ich verlegen nicke fährt er noch immer grinsend fort „Du konzentrierst dich jetzt darauf und lässt ein ganz, ganz, ganz klein wenig davon in deine Beine fließen… und dann…rennst du“ ich sehe nur mehr einen Schatten und weg war er. Verwirrt sehe ich mich um „Ben…wo…wo bist du?“ rufe ich verwirrt. „Such mich doch…“ kommt es übermütig zurück“ Verdammt. Ich schließe die Augen und versuche genau das zu tun was er mir erklärt hatte. Meine Beine setzten sich fast wie von selbst in Bewegung und als ich die Augen aufreiße merke ich wie schnell ich bin….alles rast an mir vorbei aber ich fühle mich als wäre alles erstarrt und nur ich selbst bewege mich in dieser unglaublichen Geschwindigkeit. Gleichzeitig sind all meine Sinne geschärft und ich fühle mich so gesund, so kraftstrotzend wie nie zuvor. Wie im Rausch renne ich immer weiter bis ich ein leises, knacksendes Geräusch hinter mir höre. Im gleichen Moment werde ich schon an einen Baum gepresst. Vor mir steht Ben wie immer mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht „Du bist gut…aber du brauchst noch Übung damit du mich schlägst.“ Lacht er. Seine Hände halten meine fest, aber da er übers ganze Gesicht lacht, habe ich keine Angst „Kann sein…“ lächle ich dann kommt mir eine verwegene Idee. Ich hatte mich noch nie so lebendig und lebenslustig gefühlt und jetzt wollte ich es so richtig ausnutzen…Außerdem wurde es an der Zeit das auch mal ich ihm zeigte wo es so langging und nicht immer nur umgekehrt. Ich senke den Blick und lasse Tränen in meine Augen steigen „Ich…ich werd das alles hier nie richtig zusammenkriegen…“ schluchze ich leise und meine Haare fallen mir ins Gesicht. Aus gesenkten Wimpern bemerke ich wie erschrocken er schaut und wie sein Blick mitleidig wird „Nein…Alanja…das war doch nicht so gemeint… es tut mir leid…“ er lässt meine Hände los um mir eine Träne von der Wange zu wischen. Auf geanu diesen Moment hatte ich gewartet. Ich konzentriere meine Kraft und befreie mich. Ich werfe ihn zu Boden und halte ihn lachend dort fest „Ich brauch also noch Übung?“ frage ich ihn grinsend. Er lacht ebenfalls und wirft mich mit einer Leichtigkeit von sich die mich erstaunt. Ich meine ich wusste ja das ich nicht gerade ein Schwergewicht oder ein Sumoringer war. Aber selbst bei meinem Fliegengewicht war seine Stärke noch immer erstaunlich. Wir lagen beide im Gras und lachten bis uns die Seiten wehtaten. Seit ich ihn getroffen hatte war ich wie im Rausch wie neugeboren. Na ja um ehrlich zu sein war ich ja auch irgendwie neugeboren. Bei dem Gedanken musste ich wieder laut auflachen und ich springe auf die Beine um auch ihn hochzuziehen „Und jetzt darfst du mir erklären wo wir Klamotten herbekommen…ich hab nämlich keine Ahnung wo wir jetzt gerade sind….“ Sein Grinsen verschwindet immer noch nicht „Ja ich auch nicht so genau…aber das ist egal…hier in der Nähe ist eine Stadt, dort können wir uns was holen..“ er hält kurz inne „irgendwelche Wünsche….irgendein bevorzugtes Geschäft?“ Ich schüttle lachend den Kopf „Nein gar nicht…solange es sauberer und nicht so zerrissen ist wie meine jetzigen Klamotten bin ich zufrieden…“ Er nimmt meine Hand und danach rennen wir los. Es ist so mühelos und ohne Anstrengung das ich am liebsten laut aufgelacht hätte. Wenn es nach mir ginge könnte es immer so weitergehen….so sorglos und glücklich. Ich verschwendete keinen Gedanken mehr an meine Vergangenheit oder an meine Zukunft…ich lebte einfach im hier und jetzt.

Neues Leben


Ich wusste nicht wie lange wir so rannten als er schließlich in einer Gasse stehen blieb. Am Ende konnte ich einige Leute mit verschiedensten Tüten und Taschen herumgehen sehen. Eine typische Einkaufsstraße „Pass auf das dich nie jemand quasi aus dem nichts auftauchen sieht“ warnt er mich eindringlich „wenn wir laufen sind wir für gewöhnliche Menschen nicht zu sehen und deshalb wirkt es für sie sehr befremdlich wenn plötzlich jemand vor ihnen auftaucht, der eine Sekunde zuvor noch nicht da war…“ Ich nicke und präge mir die Warnung gut ein…ich hatte keine Lust meine „Unsichtbarkeit“ dutzenden von Menschen zu erklären. Ben nimmt derweil meinen Arm und wir schlendern die Fußgängerzone hinab. Vor einem Klamottenshop bleibt er stehen und zieht mich dann wieder in eine Seitengasse „Also du rennst einfach rein und holst dir das was du möchtest….wir sind so schnell das sie nicht einmal was davon mitbekommen,…okay?“ Ich nicke unsicher und atme tief durch. Er sieht mich aufmunternd an „Hey…es kann gar nichts passieren….wir sind um einiges schneller und stärker als sie, also was wollen sie machen?! Ganz zu schweigen davon dass sie uns nicht sehen können wenn wir es nicht wollen.“ Noch einmal nicke ich, dieses mal aber selbstsicher dann hole ich tief Luft und laufe los. Schon Sekunden später war ich mit neuen Klamotten und einem Rucksack wieder bei ihm. Er sieht mich anerkennend an „Gut gemacht….warte kurz und verpack die Klamotten im Rucksack, ich hol mir nur selber was frisches…“ Ich habe kaum Zeit zu nicken da ist er auch schon weg und kurze Zeit später auch schon wieder bei mir. Meinem Beispiel folgend hat auch er sich einen Rucksack und ein paar Anziehsachen geschnappt. Außerdem war er anscheinend noch im Supermarkt gewesen denn er hatte auch Kekse und Obst dabei. Nachdem wir alles verpackt haben, gingen wir locker als Rucksacktouristen durch. „Was hältst du davon, wenn wir uns für heute ein Hotel suchen?“ fragt er grinsend „ich würd gern duschen, und außerdem bin ich nach deiner Kraftabnahme von heute ungewöhnlich müde.“ Er lacht als er meinen schuldbewussten Blick bemerkt „Nein Scherz, aber ernsthaft, ist das okay für dich?“ Ich nicke „klar…“ ich wusste ernsthaft nicht wann ich das letzte mal in einem richtigen Bett geschlafen hatte…wann ich – von dem kleinen Schläfchen am Nachmittag – überhaupt das letzte mal geschlafen hatte. Er legt einen Arm um mich und geht drauflos auch wenn ich nicht wusste wohin…
Kurz darauf standen wir vor einer kleinen Pension und er führt mich hinein. Leise redet er mit der Rezeptionistin und nickt mir dann aufmunternd zu. Wenig später öffnet er mir mit einer galanten Verbeugung die Tür zu unserem Zimmer. Ich lächle und trete ein. Das erste was mir auffällt ist das Bett. Ein Doppelbett. Suchend sehe ich mich um und werfe dann den Rucksack auf die Couch. „Mein Schlafplatz!“ stelle ich mit einem Blick auf die Couch entschieden fest. Er zuckt nur mit der Schulter und verschwindet mit einem Grinsen auf dem Gesicht im Badezimmer „Dein Verlust…“ Ich schüttle belustigt den Kopf und hole mir ein Kissen und eine Decke vom Bett. Er kommt mit einem Handtuch um die Hüften geschlungen, den Oberkörper noch immer nass glänzend und die _Haare mit einem zweiten, kleineren Handtuch abtrocknend wieder zurück. Als er meine Vorbereitungen für die Nacht sieht grinst er zwar, sagt aber nichts. Ich werfe ihm einen warnenden Blick zu und gehe dann selbst ins Bad. Genüsslich lasse ich mir das heiße Wasser über den Körper laufen und spüle mir den Schmutz von ich weiß nicht wie lange hinunter. Danach schlüpfe ich in ein frisches T-Shirt und eine ebenso geklaute Jogginghose und gehe wieder ins Zimmer. Ben hatte es sich mittlerweile auf dem Bett gemütlich gemacht und zappte durch die verschiedensten Fernsehprogramme. Ich lasse mich wieder auf die Couch sinken und sehe ihn aufmerksam an „du…du hast doch gesagt …das viele in Gruppen umherreisen…warum du nicht?“ frage ich leise. Er wirkte nicht wie ein typischer Einzelgänger. Auf mich machte er mehr den Eindruck als wäre er gern unter Menschen. Er lachte viel und redete fast noch mehr. Er wäre wirklich der perfekte Weggefährte. Also warum hatte er keinen. Er scheint zu überlegen und stellt die Lautstärke am Gerät leiser „Ich bin ab und zu mit ein paar Leuten umhergereist…aber bis jetzt hat es einfach noch nie so wirklich gepasst…“ meint er ausweichend und sein Blick konzentriert sich wieder auf den Bildschirm. Ich zucke mit den Schultern und kuschle mich auf die Couch. Erschöpft schlafe ich wenig später ein.
Am nächsten Morgen wache ich auf um mir den Schlaf aus den Augen zu reiben. Ben schläft noch mit weit offenem Mund auf dem Bett und ich muss mir bei dem Anblick ein Lächeln verkneifen. Nach einer Dusche und Zähneputzen fühle ich mich wieder mehr wie ein Mensch – oder ein übernatürliches Wesen oder was auch immer ich jetzt wirklich war. Fröhlich pfeifend komme ich zurück ins Zimmer „Guten Morgen“ grüßt Ben mich verschlafen und steht dann mit einem schnellen Sprung auf wobei das Laken hinunterrutscht und den Blick auf seine perfekte Brustmuskulatur freigibt. Verlegen wende ich den Blick ab „Gu..gut..en Mo,,orgen“ stottere ich und werde prompt rot bis zu den Haarwurzeln. Sein inzwischen so bekanntes Grinsen erscheint wieder auf dem Gesicht und er wirft mir eine Kusshand zu „Du kannst gern genauer hinschauen….aber dafür schuldest du mir dann ebenfalls einen Blick…“ „Vergiss es…“ ich krame in meinem Rucksack. Ich suchte zwar nichts Bestimmtes aber so konnte ich zumindest mein noch immer tomatenrotes Gesicht vor ihm verbergen. Ein lautes Auflachen ertönt und plötzlich spüre ich seinem Atem an meinem Nacken „Hey…nicht nervös werden…ich versprech dir ich tu dir nichts….“ Seine Lippen streifen sanft über meinen Nacken „…außer natürlich du willst es ebenfalls….“ Seine Hände liegen auf meiner Hüfte „…und glaub mir bald wirst du es wollen…“ er knabbert an meinem Ohr „….du kannst mir nicht auf ewig widerstehen…“ ich merke wie mir abwechselnd heiß und kalt wird und meine Knie weich werden. „Ich…ich glaube du musst dich jetzt frisch machen…“ meine Stimme zittert und ich versuche mir meine Unsicherheit nicht anmerken zu lassen. Ben lacht laut auf und lässt mich dann los. Pfeifend geht er wieder ins Bad „Du kannst mir gerne Gesellschaft leisten….“ Ruft er heraus. „Verzichte…“ gebe ich inzwischen sicherer und mit einem Auflachen zurück „Dein Pech…“
Nachdem er wieder aus der Dusche rausgekommen war – natürlich mit nacktem Oberkörper, ich könnte schwören dass er nur tat um mich aus der Fassung zu bringen – gingen bzw. liefen wir wieder los. Ich wusste nicht mit welchem Geld er die Pension gezahlt hatte und als ich ihn fragte zuckt er nur mit der Schulter „Ich hab irgendeinem reichen Anzugträger-Sackgesicht gestern die Kreditkarte abgenommen…“ Dann lief er weiter. Ich beschloss dass das als Antwort ausreichen musste und folge ihm. So verbrachten wir den Tag mit herumlaufen, essen und Leute beobachten. Am Nachmittag schlichen wir uns in einen Kinofilm und danach standen wir in der Straße während er mich kritisch musterte. „Du hast gestern einiges an Stärke von mir bekommen, aber ich denke du brauchst noch mehr…und ich auch…“ ich sehe ihn verwirrt an, dann merke ich wie mein Herz zu klopfen anfängt. Er würde mir jetzt zeigen wie ich möglichst unauffällig Stärke von den Menschen nehmen konnte „Es schadet ihnen wirklich nicht, oder?“ versichere ich mich unsicher während wir die Straße entlangschlendern. Er schüttelt den Kopf „Aber es gibt ein paar Regeln die du beachten solltest. Die erste davon ist die die ich dir gestern schon erklärt habe. Du darfst von jedem nur ein ganz wenig nehmen….dafür halt von ein paar Menschen und nicht nur von einem.“ Er kickt mit den Füßen ein paar Steine nach vorne und fährt dann fort zu reden „Außerdem ist es immer besser wenn du die Energie von Menschen nimmst die gerade sehr…nun ja energiegeladen und abgelenkt sind…du musst sie dabei berühren…also ich zum Beispiel nehme sie meist auf Partys oder Versammlungen…da spüren sie es nicht so sehr. Und du kannst sie ganz ‚zufällig‘ berühren oder streifen…auch wenn du zum Beispiel mit ihnen tanzt…“ eine konzentrierte Falte erscheint auf seiner Stirn als würde er ernsthaft über etwas nachdenken, doch sie macht schon bald wieder einer amüsierten Miene Platz „Eine andere Möglichkeit bildet sich auch noch beim Knutschen, oder…“ er grinst mich zweideutig an „oder beim ficken…da sind die Menschen auch sehr abgelenkt und voller Energie und Lebenslust…was für uns sehr hilfreich ist…“ ich sehe ihn fassungslos an doch er zuckt nur mit den Schultern „reine Wahrheit…“ ich muss schlucken „Ich glaub ich nehm die Variante mit den Partys und Versammlungen.“ Er lacht „Hab ich mir fast gedacht…“ dann sieht er mich wieder von oben bis unten kritisch an „Warte kurz“ und schon ist er wieder weg. Ich schlendere langsam und gedankenverloren die Straße entlang und frage mich wo er jetzt schon wieder hin verschwunden war. Da spüre ich auch schon einen leichten Lufthauch und er steht wieder neben mir. Beunruhigt sehe ich mich um, aber die Straße war verlassen, nur ein Pärchen schlenderte ebenso wie wir hier entlang und die konnten die Augen nicht einmal für eine Sekunde voneinander lassen. Von daher bestand also keine Gefahr gesehen zu werden. Trotzdem sehe ich ihn streng an „du solltest besser aufpassen!“ Er lacht nur und hält mir etwas Dunkles entgegen. „Was ist das..?“ frage ich misstrauisch und nehme es…es fühlte sich an wie ein leichter Stoff und als ich es ausbreite erkenne ich das es ein kurzes, schwarzes Kleid war „Für was ist das?“ Er zuckt mit den Schultern „Du hast gesagt du bevorzugst die Party-Variante und so…“ er deutet auf meine Jeans und das T-Shirt mit den Turnschuhen „…so kommst du in keinen Club hinein..“ er hält mir noch hochhackige Schuhe hin und ich stöhne auf „Muss das sein?!“ Er grinst und nickt nur „Ja muss es!!!“ „Und wo bitte soll ich mich umziehen?“ Ben verdreht die Augen und zieht mich hinter sich her. Dann stößt er mich quasi in eine der öffentlichen Toiletten. Ich verziehe angeekelt das Gesicht und ziehe mich so schnell wie möglich um. Ben hat mir noch ein Säckchen mit Mascara, Kajal und ähnlichem Zeugs besorgt und ich donnere mich so gut ich kann auf. Trotzdem weiß ich, dass er noch immer um Welten besser aussieht als ich.
Achselzuckend öffnete ich die Tür und verließ (endlich – meine Güte, es stank hier drinnen, vor allem mit meinen neuen super Sinnen) die Toilette. Ein anerkennendes Pfeifen begrüßte mich

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Tag der Veröffentlichung: 20.04.2012

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