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Prolog

 



Dunkle Wolken die am Horizont aufgezogen waren, kündigten bereits in den frühen Morgenstunden ein Unwetter an. Nun war es bis auf wenige Meile entfernt und bereits so heftig, das selbst hier in der kleinen Stadt im nirgendwo, die Fensterläden klapperten und die Scheiben vibrierten. Ein paar huschten im dicken Nebelschleier noch auf der Strasse umher. Der silberne Vorhang ließ nur schemenhaft einzelne Gestalten erkennen die entweder zielstrebig den nächsten Hauseingang ansteuerten, oder sich heillos verirrt hatten. Sén wollte nicht wetten wer von ihnen noch hierher gehörte und wer nicht.
„Shichoson“ war ein kleines Städtchen, eigentlich eher ein Dorf, zumindest wenn man die Bewohner mit der Anzahl der Häuser verglich, aber es war nicht irgendeine Stadt. Ihr Ruf als Stadt in der sich Gut und Böse die Hand gaben, eilte ihr voraus. Dementsprechend selten waren auch Touristen zu erwarten. Nicht das es hier irgendwann besonders viel gegeben hätte, aber die meisten kamen und verschwanden ohne je wieder gesehen zu werden. Das meiste war wahrscheinlich ziemlicher Blödsinn, vielleicht waren sie einfach nur mitten in der Nacht wieder abgereist und nicht verschwunden.
Sén lebte zusammen mit seiner älteren Schwester hier, doch die war sowieso die meiste Zeit, entweder beschäftigt oder tagelang verschwunden. Ihre Eltern waren bei einem Autounfall gestorben, das war inzwischen 12 Jahre her. Sén und Mika hatten es irgendwie geschafft alles allein zu bewältigen, nicht zuletzt auch wegen der Hilfe die sie von allen Seiten bekamen.
Doch heute war irgendetwas seltsam. Es begann schon mit den ersten Regentropfen und setze sich bis zum Nachmittag fort. Die wenigen Menschen die auf der Strasse noch ab und an zu sehen waren, waren inzwischen verschwunden. Die Strassen leergefegt, die Fenster dunkel. Im Moment konnte man getrost von einer Geisterstadt sprechen. Natürlich war das Blödsinn, doch Sén kam genau dieser Vergleich in den Sinn. Er schreckte aus seinen fantastischen Gedanken auf, als er ein Geräusch zu hören glaubte.
Was war das? Es kam eindeutig aus Richtung der Tür, doch das war eigentlich unmöglich. Den Eingang hinter dem Haus kannten nur die wenigstens. Außer Mika und er selbst, fielen ihm vielleicht noch ein oder zwei Personen ein.
Er lauschte weiter. Mika konnte es nicht sein. Die war schon wieder bei ihrem Freund in einem kleinen Nachbarort. Überhaupt hatte er sie die letzen Jahre eher selten zu Gesicht bekommen. Sie war 16 als ihre Eltern starben, er gerade 12. Mika hatte die Schule beendet, ihre Pläne für Uni und Studium verworfen und sich stattdessen eine Ausbildung gesucht und war Architektin geworden. Natürlich nicht in Shichoson, sonder in der nächst größeren Stadt die es gab. In der Zeit war sie kaum zu Hause gewesen. Sie kam 1 oder auch 2-mal im Monat zu Besuch. Die Zeit dazwischen bat sie einen alten Freund ihrer Eltern sich um Sén zu kümmern, solang es noch nötig war. Jetzt war er inzwischen alt genug um auf sich selbst aufzupassen, doch gegen einen freundlichen Besuch, hatte er natürlich nichts einzuwenden. Schließlich waren diese Leute so etwas wie die zweiten Eltern geworden. Es war eine schwere Zeit und lange hatte er nicht begriffen, warum ihn plötzlich alle Welt verlassen hatte. Erst mit der Zeit hatte er es verstanden, nun war aus dem Trotz von damals Respekt geworden.
Dann wurde seine Aufmerksamkeit erneut auf die Tür gelenkt.
Nun war er ganz sicher, jemand war an der Tür oder wenigstens davor.
Das Unwetter war inzwischen direkt über ihm, dass Trommel des Regens übertönte annähernd jedes andere Geräusch, nur das Donnergrollen übertraf es noch. Umso erstaunlicher war es, das Sén noch überhaupt etwas anderes wahrnahm.
Er spähte, vergeblich, durch eines der Fenster nach draußen. Es sah nicht weiter als vielleicht ein paar Zentimeter, eben soweit das Licht des Zimmer reichte bevor es sich im dichten Regen verlor. Ein Blitz zuckte vom Himmel und mit ihm entlud sich wie auf Kommando ein anderer. Im Garten nahm er ein Schemen wahr. Irritiert ging er schließlich zur Tür und öffnete sie nur einen Spalt. Das hieß, das wollte er, doch sie flog förmlich von selbst auf und mit ihr etwas ins Haus. Wie in Trance reagierte der Junge und fing den Sturz ab.
Ein Schwall kalten Regens löst die Starre die ihn im Griff hielt. Irritiert blickte er an sich herab. Das Etwas war ein Mensch, oder wenigstens sah es auch wie einer. Ob es sich hierbei um einen Mann oder um eine Frau handelt, konnte er jetzt noch nicht sagen, dazu war er oder sie zu vermummt.
Vorsichtig ließ er ihn zu Boden gleiten, dann schloss er die Tür und verriegelte sie. Stirnrunzeln betrachtet er seinen überraschenden und wahrscheinlich nicht ganz freiwilligen Besuch. Hier liegen lassen konnte er ihn nicht, also hob er ihn hoch und schleifte ihn ins Wohnzimmer auf die Couch, dann befreiter er ihn von dem nassen Mantel. Wirklich geholfen hatte er damit wahrscheinlich nicht, denn der Fremde war auch noch unter dem Mantel völlig durchnässt. Am wahrscheinlichsten war es, dass er sich verirrt hatte. Bei dem Wetter war das auch kein Wunder, allerdings, was hatte er bitte im Hinterhof ihres Hauses verloren?
Während das Unwetter über ihnen tobte, ruckte sich der Fremde keinen Zentimeter. Zeit genug ihn genauer zu betrachten. Er hatte halblanges, helleres Haar und schien kaum älter zu sein als er selbst. Doch der Junge war sich sicher dass er ihn noch nie zuvor gesehen hatte. Das wunderte ihn wenig, er war erst vor kurzen in eine Nachbarstadt gegangen um endlich sein Studium zu beginnen, ansonsten arbeitete er.
Nachdenklich sah er zur Couch, als er endlich eine Regung bemerkte. Kurz darauf schlug er die Augen auf und richtete sich erschrocken auf. Sén war dabei nicht entgangen, dass er merklich zusammen zuckte. Das wiederum bestätigte seinen Verdacht nur, dass er nicht freiwillig hier war. Unbemerkt musterte er sein Gegenüber. Die Verletzung musste sich auf dem Oberkörper befinden.
„Wo bin ich?“ fragte dieser misstrauisch.
„In Shichoson, in meinem Haus.“
„Und wie komm ich hier rein?“
„Du bist sprichwörtlich mit der Tür ins Haus gefallen. Ich bin Sén…ich hab dich erst einmal herein gebracht.“
Irritiert sah sich der Fremde um. Er konnte sich nur noch schemenhaft an das Erinnern was vorher war. Tatsächlich war er kurz davor in einem Zwiespalt geraten, an dem er nach eigener Einschätzung, zumindest einen Teil Schuld trug.
„Entschuldige, ich wollte keine Umstände machen.“
„Nicht so schlimm, bei dem Wetter ist es ein Wunder das du überhaupt irgendwo gelandet bist. Hast du eigentlich auch einen Namen?“
„Zhera…“
Sén runzelte die Stirn. „Zhera? Das klingt ja wie ein Mädchenname.“
„Ich hab ihn mir nicht ausgesucht.“
„Schon gut, das sollte keine Beleidigung sein, möchtest du etwas essen oder trinken? Oder willst du dich vielleicht erst mal duschen und umziehen? So kannst du ja nicht bleiben.“

Kapitel 1



Vom Unwetter in der Nacht, war am nächsten Morgen, wenig mehr als eine leichte Brise und ein paar Pfützen geblieben. Diese Launen kannte Sén inzwischen nur zu gut, er war schließlich mit ihnen aufgewachsen.
Zhera…oder besser Zed wie ihn Sén in Gedanken bereits getauft hatte, war über Nacht hiergeblieben, doch jetzt fehlte von ihm jede Spur. Bevor er noch lange darüber nachdenken konnte, riefen sich die Glocken der Kirchenuhr in sein Gedächtnis. Es wurde Zeit sich auf den Weg zu machen, wenn er noch einigermaßen pünktlich an der Uni ankommen wollte

Nach einer halben Stunde, war er da. Wie immer war er einer der Letzen, doch wie sonst auch nahm niemand merklich Notiz davon. Wahrscheinlich hatte ihm das, das eine oder andere mal den Hals gerettet.
Nach den ersten beiden Stunden wartete wieder einmal eine Ausfallstunde. Das war nicht weiter verwunderlich, im Moment hielt eine Grippewelle sämtliche Menschen und Lehrer in ihren Fängen. Böse war er darüber nicht, so hatte er Zeit genug um in die Bibliothek zu gehen und sich nach ein paar Büchern umzusehen, schließlich konnte Sén nach der Uni nicht noch groß lernen, da ihn dann schon sein Chef erwartete. Er war zwar ein geduldiger und auch freundlicher Mann, doch es machte sich besser, dessen Gutmütigkeit nicht zu sehr auf die Probe zu stellen, erst recht nicht, wenn ,man im gewissen Sinne auf den Job angewiesen war.
Noch während er sich auf den Weg machte, bemerkte er im Augenwinkel, dass sich schon wieder eine dunkle Wolkenfront zusammenbraute. Als er in der Bibliothek angekommen war, schlug ihm bereits unruhiges Gemurmel entgegen. Selbst dieser Umstand rang ihm nur ein schwaches Lächeln ab, denn im Gegensatz zu den meisten wohlbehüteten Stadtkinder, schmiegte sich Shichoson mitten in ein Tal, das es von beiden Seiten mit Bergen umrahmte und den Wolken mehr als nur ein Hindernis boten. Somit war Shichoson den Launen der Natur beinahe willkürlich ausgeliefert. Da wo er herkam, konnte man fast täglich mit Niederschlägen, Sturmwänden, Gewitterzellen und allen Gesichtern eines Unwetters rechnen. Mal stärkere, mal schwächere, aber eines waren sie immer, unangenehm. Hier in der Stadt kamen wenn überhaupt nur 3 oder auch 4 Tage im ganzen Jahr zusammen.

Das einzige was Sén ein wenig Aufmerksamkeit abrang, war die Tatsache, das sich durch die dunklen Wolken, sowie die kühlen Brisen, die er durch die Fenster hin und wieder abbekam, das Gefühl vermischte, jeden Moment würde die Luft explodieren.
„Schon wieder ein Unwetter…“ murmelte er gedankenverloren.
„Kann es sein das das in letzter Zeit immer mehr werden?“
„Ist das so ungewöhnlich?“
Sén sah auf. Vor ihm war ein junger Mann etwa in seinem Alter der unruhig wirkte. Er wollte nicht darum wetten ihn nicht schon einmal gesehen zu haben. Er war erst vor kurzen als Student an diese Uni gekommen, nachdem er sich lange mit Mika, seiner Schwester zusammen gesetzt und eine Lösung gesucht hatte, wie sie das anfallende Studiengeld zusammen bekommen könnten. Mika war 4 Jahre älter als er und nach dem Tod ihrer Eltern hatten sie nur noch sich selbst gehabt. Glücklicherweise hatten sie genügend Geld übertragen bekommen, um ohne Probleme über die Runden kommen zu können, doch seit Mika ihre Lehre abgeschlossen hatte, entschied sie sich zu arbeiten, schließlich würde das Geld nicht ein Leben lang für sie ausreichen können.
Natürlich wollte er ihrem Beispiel folgen, doch sie hatte darauf bestanden, dass er seinen Traum verwirklichen sollte. Er wollte Geschichte und Mythologien auf den Grund gehen, doch das konnte er nur wenn er studieren würde. Letztendlich hatten sie sich geeinigt, dass Sén einen Studentenjob annehmen sollte, um einen Teil der Kosten zu decken, den anderen Teil trug Mika.
„Ach du bist noch nicht so lang hier, ich erinner mich, du bist doch in der Parallelklasse oder?“
„Schon möglich.“
„Ich bin Yujin. Es ist nur ein bisschen seltsam, weil es hier kaum Unwetter gibt.“
„Ach so ich verstehe. Mein Name ist Sén, da wo ich herkomme ist das ganz normal.“
„Und woher kommst du?“
„Aus Shichoson.“
„Hm ist das nicht so ein kleines Nest im Norden?“
„Ja ist es.“
„Und wieso bist du nicht gleich von dort weggezogen?“
„Weil ich dort noch einen Job habe und mich um das Haus kümmern muss.“
„Hast du keine Mutter die das machen kann?“
„Nein, meine Eltern leben nicht mehr, ich wohne mit meiner Schwester zusammen.“
„Oh…tut mir leid.“
„Schon gut, kannst du ja nicht wissen.“
„Sag mal, dein Name war Sén? Bist du nicht derjenige der ein Stipendium für eine weitaus renommiertere Uni abgelehnt hat und stattdessen hier her gekommen ist?“
„Ja und? Ich habe meine Gründe wieso ich hier her gekommen bin.“
„Aber warum hast du dann nicht darauf bestanden das sie es einfach umschreiben?“
„Weil ich nicht der einzige war der für ein Stipendium dort vorgeschlagen war, nur der erste der es abgelehnt hat.“
„Mhm na gut wenn du meinst. Jedem das seine.“
„Eben. Solltest du mit dem Fahrrad oder dem Moped unterwegs sein, würde ich es an deiner Stelle unterstellen. Das wird ein Regenguss und eine ziemlich steile Brise.“ Sén war bemüht möglichst höflich zu bleiben. Natürlich war es ihm nicht leicht gefallen so ein Angebot auszuschlagen, doch er hatte einen Job, ein Haus und eine Schwester die auf seine Unterstützung angewiesen waren, außerdem hatte er noch nie besonders viel Interesse daran gezeigt zu weit von seinem Heimatort zu lernen. Und diese Uni war nicht schlechter als eine andere, außerdem war sie schnell erreichbar und das war ihm wichtig gewesen.
Sicher aus Sicht einer anderen Person wahrscheinlich völlig unlogisch, aber er war ja auch er und nicht eine andere Person. Schließlich schüttelte er in Gedanken den Kopf und sah wieder in das Buch welches er sich geholt hatte. Es handelte sich um eine altes Geschichtsbuch, gerade als er in eine spannende Passage vertieft war durchriss ein nachhallender Donner die Ruhe und das zischeln eines Blitzes folgte unmittelbar nach. Wie elektrisiert schnellten sämtliche Köpfe zum Fenster, außer Sén´s. Er sah kurz auf und blickte aber dann ins Buch zurück. Das lernen daraus, wurde danach allerdings mehr als unmöglich, aufgeregte Stimmen wurden laut und die Nervosität der anderen Studenten war fast hautnah zu spüren. Seufzend richtete sich der Junge auf und sah in die Runde, keine Sekunde später schnellte auch er endgültig nach oben und starrte zur Tür.

Diese hatte sich gerade hinter Zhera geschlossen und niemand, außer Sén schien ihn bis jetzt bemerkt zu haben. Während sich der Großteil noch an die Fenster drängte, hielt Zhera genau auf Sén zu.
Ein eigenartiges Gefühl machte sich in ihm breit. Irgendwie war es ein seltsamer Zufall, dass sein nächtlicher Besucher gerade in dem Moment die Bibliothek betrat, als sich der Blitz entlud. In Gedanken schüttelte Sén den Kopf, es war nur ein Zufall, nichts weiter. Doch wie kam es das er nun hier war?
Die Antwort war simpel. Wahrscheinlich war er auch ein Student dieser Uni, das erklärte zwar immer noch nicht warum er gestern in seinem Hinterhof war, aber wieso sollte es mehr als ein Zufall sein, das Zhera eben in diesen Moment die Bibliothek betrat als der Blitz vom Himmel fuhr.
Doch so wirklich verstummen wollten die Zweifel in ihm nicht.

„Dich scheint das Wetter ja nicht weiter zu stören.“ Sprach eben dieser ihn plötzlich an.
Bemüht sich seinen Schreck nicht zu sehr anmerken zu lassen, sah Sén ihn an.
„Wieso auch. Ich bin es gewohnt jeden Tag ein anderes Gesicht des Wetters zu sehen. Mich würde es nur interessieren, wenn es plötzlich an mehr als einem Tag freundlich bliebe.“
Sein Gegenüber nickte.
„Ich habe mich noch gar nicht für deine Gastfreundschaft bedankt.“
Sén winkte ab.
„Schon gut, das ist nicht so ungewöhnlich wie du dir vorstellen kannst. Kann es sein das du auch hier zur Uni gehst?“
„Nein, noch nicht. Ich bin den ersten Tag hier und schau mich um.“
„Ich verstehe. Ich kann dir zwar sagen, wo du das Direktorat findest aber mit allem anderen bin ich überfragt. Vielleicht schaffen die es ja heut noch sich vom Anblick aus dem Fenster zu befreien und können da weiterhelfen.“
„Schon ok, ich denke das Direktorat genügt für den Anfang.“

Gerade als sie sich umwandten und zur Tür gehen wollten, ging die ein weiteres mal auf. Die Person steuerte direkt auf Zhera zu, ohne nach Links und Rechts zu schauen um sich zu vergewissern, ob er vielleicht jemanden umrennen könnte. Erst als er den mahnenden Blick von Zhera auffing, schien er zu registrieren, dass sie nicht allein waren.
„Hast du einen Moment?“
„Aber nur kurz, ich habe noch ein paar wichtige Dinge zu erledigen.“
Sén sah ein wenig zweifelnd zu den beiden fremden, schon wieder schien keiner der anderen Studenten Notiz von ihnen zu nehmen. Täuschte er sich, oder hatte er eben einen leichten Unterton in der Stimme seines Gegenübers vernommen? Innerlich schüttelte er den Kopf, doch seine Zweifel flammten erneut auf, als er sah, wie der andere merklich zusammen gezuckt war. Was ihm verborgen blieb, war das gefährliche Aufblitzen das den unerwarteten Besuch empfing.
„Ich warte dann einfach hier.“
Zhera wandte sich um und nickte.
„Gut ich bin gleich zurück. Tut mir leid.“
Dann verließen sie zusammen die Bibliothek.


Als der ungebetene Gast sicher war, dass sie keiner mehr sehen oder hören konnte, blieb er stehen.
„Ihr wurdet bereits überall gesucht. Warum seit ihr nicht wie besprochen zurück gekehrt?“
„Ich glaube nicht, dass du dich in einer Position befindest, in der du eine Antwort verdient hättest Amnas.“
„Natürlich nicht, verzeiht.“ Der angesprochene deutete eine leichte Verbeugung an.
„Wie dem auch sei, ich habe mit hoher Wahrscheinlichkeit einen dieser Schlüssel ausfindig gemacht.
Du kannst ausrichten, dass ich noch eine Weile hier bleiben werde und versuche sein Vertrauen zu gewinnen. Vielleicht weiß er wo sich die anderen befinden. Dann kehrst du wieder hier her zurück in dieser Form. Hast du mich verstanden?“
„Ja…ich werde es melden wie ihr sagtet und kehre dann zurück.“
„Gut.“
„Gestattet ihr mir eine Frage?“
„Was ist denn noch?“
„Wo soll sich dieser Schlüssel befinden?“
„Du standest ihm gegenüber. Hast du nicht bemerkt das er uns gesehen hat?“
„Erlaubt mir euch zu warnen.“
„Du strapazierst meine Geduld.“
„Ihr solltet wachsam, sein, wenn es so ist, dann werdet ihr nicht der einzige sein der sich auf die Suche begibt. Außerdem erzählt man, sich zu lang hier in der Oberwelt aufzuhalten, würde nachdrücklich negative Auswirkungen auf das eigenen Wesen haben.“
„Das sollte deine geringste Sorge sein…oder wurdest du geschickt um mir diesen Blödsinn zu erzählen?“
„Nein…“
„Dann vergiss nicht was du tun sollst.“
„Natürlich nicht.“
Damit wandte sich Zhera um und ging zurück.

Als er vor der Bibliothek angekommen war, entschied er sich, noch ein wenig mehr Zauber an zu wenden. Schließlich war ihm der Zweifel, dieses Jungen nicht entgangen und es war sicher besser, wenn ihn auch andere sehen könnten. Ihm fiel eine gute Geschichte ein, die er ihm erzählen konnte, sollte er auf die wahnwitzige Idee kommen ihn danach zu fragen woher er kam. Außerdem entschied er es so aussehen zu lassen, als hätte er sich tatsächlich für diese Uni entschieden. Alle übrigen Menschen zu manipulieren war eine Kleinigkeit für ihn. Doch auch, dass er die Träger der Schlüssel nicht unterschätzen sollte berücksichtigte er in seinen Überlegungen. Nun galt es nur noch herauszufinden, welche Fächer Sén belegt hatte um möglichst oft in seiner Nähe bleiben zu können.

Diesmal wandten sich tatsächlich einige Köpfe zur Tür als diese aufging und Zhera zurück kam.
Doch auch die zeigten wenig Interesse an ihm. Es war schließlich nichts ungewöhnliches, das die Bibliothek für jedermann zugänglich war.
„Tut mir Leid. Können wir?“
Sén hatte gerade eines der Bücher zurück gebracht als Zhera herein gekommen war.
„Schon in Ordnung. Dann sollten wir uns mal auf den Weg machen, die Pause ist gleich um.“

Zusammen liefen sie durch das Gebäude und blieben schließlich in einer der oberen Etagen stehen. Im Gegensatz zu der Etage auf der sich die Bibliothek und auch Sén´s Seminarraum befand, war es hier fast gespenstig still, nur das Läuter der Glocke durchriss diese Stille dann und wann.
„Hier wären wir. Der Direktor müsste jetzt anzutreffen sein. Ich muss aber erstmal zurück. Vielleicht trifft man sich noch mal.“
„Danke, das war wirklich eine große Hilfe. Ciao.“
Der Junge nickte und war im Laufschritt bereits zur Hälfte die Treppen hinuntergeeilt.

Zhera schmunzelte zufrieden. Das lief besser als er gedacht hatte. Dann ging er einfach hinein und ließ die Luft für einen kurzen Moment erstarren. So hatte er genügend Zeit sich umzusehen und wurde bald fündig. Die Akte des Jungen lag noch offen auf dem Tisch, hinter dem der Direktor saß. Er war ein Mann mittleren Alters und machte nicht den Eindruck als wäre mit ihm gut Kirschen essen. Doch was kümmerte ihn das schon? Kurz darauf löste er die Starre und klopfte, wie es sich gehörte, an die schwere Holzverkleidete Tür und trat ein.
Ganz offensichtlich, hatte der Mann gerade vor aufzubrechen, dementsprechend kühl fiel auch seine Begrüßung aus. Der Rest erledigte sich fast von allein und kaum 10 Minuten später führte man ihn in die unteren Etagen zurück in einen der Seminarräume.
Der Ton verstummte und ein missmutiges Seufzen entfuhr dem Mann auf dem Podest, der sichtlich wenig erfreut über die Unterbrechung war, dann wurde allgemeines Gemurmel laut.
„Entschuldigen sie die Unterbrechung Professor, aber ich habe noch einen weiteren Teilnehmer für sie.“
„Aber bitte Herr Direktor.“ Erwiderte der Mann mit der Brille seine Begrüßung, wandte sich dann jedoch direkt an Zhera.
„Suchen sie sich einen Platz aus, ihre Vorstellung muss leider warten, auch wenn ich ebenso auf diese gespannt bin wie die anderen hier. Ich fürchte sich werden sich bis zur nächsten Pause gedulden müssen junger Mann.“
Zhera nickte und hielt, ohne sich besonders lang umzusehen, auf den freien Platz neben Sén zu. Der Direktor verabschiedete sich mit einem Nicken und verschwand. Dann ging der Unterricht weiter. Zumindest für ein Drittel der Teilnehmer, der Rest sah immer wieder interessiert zu den Neuankömmling.

„Dein Name war doch Zhera…nicht? Ich meine, niemand kann etwas für einen Namen, aber dieser klingt immer noch ein wenig…naja…eigenartig.“
Erwiderte Sén zweifelnd als er die Blicke bemerkte die sie von allen Seiten musterten.
„Nun, das ist ja auch nicht mein vollständiger Name.“
„Ich verstehe….wenn der mir nicht gefällt, darf ich dich dann wenigstens Zed nennen?“
Ehrlich irritiert sah Zhera ihn an.
„Wenn du unbedingt möchtest…meinetwegen, aber das ist und bleibt eine Ausnahme.“
„Ja selbstverständlich.“

Als der Professor mit seinen Ausführungen am Ende angekommen war, bat er Zhera noch vorn zu kommen und die überfällige Vorstellung nach zu holen.
Begleitet wurde sein Weg mit Flüstern und Raunen, das erst verstummte als er sich umwandte und ansetze.
„Mein Name ist Zheranoth, ich bin vor ein paar Wochen mit meiner Familie hier her gekommen und habe die Zeit damit verbracht mir eine angemessene Uni zu suchen, die hab ich jetzt gefunden. Wenn ihr fragen habt, dann fragt mich einfach, ich kann es nicht besonders gut leiden wenn man sich wilde Geschichten ausdenkt.“ Damit ging er auf seinen Platz zurück. Sén runzelte die Stirn. Diese Vorstellung fiel kühler aus als er erwartet hatte, aber immerhin hatte er es geschafft die meisten zu verblüffen, bevor sie erneut anfingen zu murmeln.
„Zheranoth? Also dann doch Zed.“ Erwiderte der Junge als er wieder neben ihm saß.
Seine Gedanken allerdings überschlugen sich. Dieser Name hatte in ihm irgendetwas angeregt und wachgerufen. Zum jetzigen Zeitpunkt konnte er nur noch nicht sagen was es genau war. Vielleicht hatte der Name auch nur ähnlich geklungen, aber er würde ja genug Zeit haben dies herauszufinden. Und wenn gar nicht anders, hatte er schließlich noch einen Mund zum fragen.

Wie erwartet, nutzen alle anderen Teilnehmer die Pause um auf Zhera einzustürmen. Sén widerfuhr ein leichtes Schmunzeln, dieses allerdings erlosch relativ schnell wieder, als auch auf ihn von allen Seiten mit Fragen eingeschossen wurde. Wäre es möglich gewesen, wäre er aufgesprungen und hätte sein Heil in der Flucht gesucht, so blieb ihm nichts als zu hoffen das sie möglichst schnell das Interesse wieder verloren. Im Grunde hätte er sich aber auch gleich denken können, das es keine so kluge Idee gewesen war, sich schon von Anfang an mit Zhera zu unterhalten, folglich musste das für die anderen so aussehen als kannten sie sich, nun hatte er den Salat, dabei wusste er nicht wirklich etwas über die Person neben sich.
Das Läuten der Schulglocke rettete sie schließlich. Sonderlich viel hatten sie nicht erfahren, das war ja auch kaum möglich sie hatten ja weder ihn noch Zhera aussprechen oder gar zu Wort kommen lassen.

Nachdem auch diese 90 Minuten ihr Ende gefunden hatten, waren sie bereits vor dem Gong auf dem Weg zum nächsten Raum, bevor auch nur einer die Chance hatte, sie von Neuem anzusprechen,
Sén war dieses plötzliche Interesse an seiner Person beinahe unangenehm, Zed hingegen schien das kaum zu interessieren. Als er hin und wieder in seine Richtung gesehen hatte, kam es ihm so vor, als ob er die Meute um sich kaum wahr nahm.

„Welche Kurse hast du eigentlich ausgesucht, also neben den Füllfächern?“ eröffnete der Junge das Gespräch um das Schweigen zu unterbrechen das sich ausgebreitet hatte.
„Ich denke das Geschichte, Mythologie und Sprache ein Anfang sein werden.“
„Oh, dann werden wir uns ja öfters über den Weg laufen. Ich belege dieselben Kurse.“
„Tatsächlich? Nun dann kann ich zumindest behaupten nicht ganz fremd zu sein.“
„So lang bin ich auch noch nicht hier, ich werde dir also auch keine große Hilfe sein können.“
„Dann werden wir eben abwarten.“
„Viel Wahl bleibt ja nicht. Aber wir sollten dann langsam los. Das Seminar wird gleich anfangen und der Raum ist im 3. Stock, in der Nähe der Bibliothek.“

Zusammen machten sie sich auf den Weg. Sén behielt seinen Begleiter im Auge. Irgendetwas an ihm war eigenartig. Nicht nur das er im Gegensatz zu seiner Vorstellung, die eher kühl ausfiel, nun ganz anders war, auch noch etwas anderes irritierte ihn an ihm und er wusste nicht ob das nun eine gute oder eine Schlechte Erkenntnis war. Vielleicht war er aber auch nur einfach so und reagierte allgemein sehr sensibel wenn er den Eindruck hatte das das Interesse der anderen nicht wirklich ihm galt. Natürlich könnte es auch sein, das er so war, weil er ihm vor 2 Tagen geholfen hatte. In Anbetracht dessen, war es ganz gut, dass er scheinbar doch recht umgänglich war.

Natürlich blieben sie auf den Weg zum Seminarraum nicht allein. Kaum das sie den Gang betreten hatten, stürmten erneut tausend Fragen auf sie ein. Doch als Zed nur ein einziges Wort sagte, schien es, als würde ein Schalter umgelegt. Die Folge war, dass sich die „Meute“ nach und nach auflöste. Schon wieder ein Umstand, der Sén nicht zum ersten Mal aufgefallen war. Es war zwar schon eigenartig genug, das sich Erwachsene Menschen wie ein Haufen Teenager aufführten, doch auch das, das jeder Kontakt mit Zhera offensichtlich eine nachhaltige Wirkung zeigte.
Wäre das alles nicht so eigenartig, oder vielleicht auch normal in einer großen Stadt, wer konnte das schon wissen, wäre Sén recht froh darüber. Dennoch blieben einige Zweifel zurück. Irgendwas Eigenartiges hatte er einfach an sich. Der Junge kam zu dem Schluss, dass er sich nicht zu schnell ein Urteil über ihn bilden sollte, bevor er ihn nicht ein wenig länger kannte, schließlich hatte er kaum mehr als einen Namen vor zu weisen den er vor allen anderen kannte.

„Wieso hast du dich für diese Kurse eingetragen?“ riss ihn Zhera aus seinen Gedanken, in die Wirklichkeit zurück.
„Ich weiß nicht, es hat mich einfach interessiert. Außerdem denke ich dass es mehr gibt als wir zu wissen glauben. Ich weiß nicht wieso das so ist, aber es gibt wenig, dem ich nicht mit einer Portion Zweifel gegenübertrete. Und ich habe schon mehr als einen Beweis für diese Zweifel gefunden, wenn ich selbst einige Nachforschungen durchgeführt hatte. Doch wie das so ist, vieles trifft in erster Linie auf Ablehnung, selbst wenn es schwarz auf weiß bewiesen werden könnte. Hier ist es zwar nicht anders, doch man setzt sich zumindest mit einigen Ideen, oder Theorien auseinander. Das ist mehr als man außerhalb dieser Mauern erwarten kann.“
„Dann denkst du ähnlich wie ich. Festgeschriebene Tatsachen interessieren mich nicht. Es gibt immer mehr als man tatsächlich sehen kann, man muss nur an den richtigen Stellen danach suchen.“
Sén nickte. Das konnte er verstehen.
„Gibt es eigentlich eine bestimmte Richtung, die dich besonders interessiert?“
„Wie meinst du das?“
„Gibt es bestimmte Themengebiete die dich besonders herausfordern?“
„Weniger. Ich finde in allem eine Herausforderung.“
„Aha. Weißt du, mich interessieren alte Sagen, Legenden und Geschichten, in ihrer Urschrift, nicht in einer der unzähligen und meistens nicht ganz richtigen Abschriften. Ich glaube auch, dass unsere Weltgeschichte, ein ganz anderes Gesicht trägt. Eines das der modernen Wissenschaft sicherlich gar nicht gefallen würde.“
„Es gibt 3 Welten.“

Kapitel 2



Inzwischen waren sie im Lehrsaal angekommen und auf den Weg zu der mittleren
Reihe um sich einen Platz zu suchen, als Sén abrupt stehen blieb und Zhera
überrascht ansah.“
„Wie meinst du das?“
„Hast du nie daran gedacht dass es mehr als diese eine Welt geben könnte?“
„Doch schon, aber ich hatte nicht viel Vorstellung davon.“
„Aber das ist doch gar nicht so schwer…“
Zhera wurde jäh unterbrochen, als der Professor sich vorstellte und sie
begrüßte.
„Wie ich mit Freuden sehe, haben wir erneut Zuwachs gewonnen. Je mehr Stimmen,
desto mehr unterschiedliche Meinungen. Aber setzen wir uns doch erst einmal mit
unserem heutigen Thema auseinander.“
Überraschtes Flüstern wurde laut, dann hob der zierliche Mann beschwichtigend
die Hände und sprach weiter.
„Bitte meine Damen und Herren. Natürlich haben sie sich nicht im Raum geirrt,
doch wie viele von ihnen wissen dürften, oder jetzt erfahren werden, war einer
der größten Propheten der griechischen Antike, Platon. Seine Voraussagen
reichten bis weit nach seiner Zeit und viele von ihnen bewahrheiteten sich
sogar. Ich möchte sie bitten, sich heute mit einer ganz bestimmten Aussage
dieses Mannes zu befassen. Zum einen steht natürlich die Frage im Raum, ob er
all das tatsächlich, gesehen hatte, oder ob er einfach nur gut geraten hatte.
Vordergründig jedoch, sollte der Eindruck Platons über die Welt sein. Wie sie
alle wissen, waren die alten Kulturen sehr gläubig und glaubten an ein
Paradies, sowie an ein Leben nach dem Tod. Platon behauptete sogar, es gäbe
Türen zu diesen Welten. Denken sie über diese Aussage nach, ich bin sehr
gespannt.“
Erneutes Raunen stieg auf.

„Ein Gutes Thema, es passt zu unserer Unterhaltung.“ Stellte Zhera fest. Ein
Guter Vorwand um den Jungen erneut auf die Probe zu stellen.
„In der Tat.“ Sén holte inzwischen ein altes Buch heraus und schlug es auf.
Er blätterte darin herum und hielt dann inne.
„Ich habe hier schon vor einiger Zeit eine Passage entdeckt die sehr
interessant ist.“ Sagte er während er auf sie zeigte.
„Hier heißt es, das die hiesige Welt, nur ein Teil eines Ganzen ist.“
„Wie ich schon sagte, es gibt 3 Welten.“
„Stimmt und du warst gerate dabei zu erläutern wie du darauf gekommen
bist.“
„Das ist nicht schwer. Es gibt schließlich auch verschiedene Menschen. Wieso
sollte es dann nicht auch verschiedene Welten geben?“
„Ich glaube ich verstehe was du meinst. Es sind die starken Kontraste, mit
denen die Menschen tagtäglich konfrontiert werden. Schlagzeilen über
Gewaltverbrechen, geben sich mit Wundern die ein Bischof bewirkt haben soll, die
Hand und mitten drin steht ein ganz normaler Beitrag zu einem einzelnen
Schicksal.
Das negative und das Positive das letztendlich das ist, was wir als normal
empfinden.“
„So ähnlich ja. Es gibt eine gute und eine böse Seite, in allen Menschen.
Bei manchen setzt sich die böse Seite durch, bei anderen gewinnt die gute Seite
die Oberhand über ihn. Wenn beides jedoch im Gleichgewicht ist, ist das ein
Zustand, der als normal angesehen wird.“
„Aus diesem Blickwinkel betrachtet, wäre es tatsächlich so wie du sagtest.
Denn es muss dann ja ein Gleichgewicht existieren. Das würde bedeuten, die Gute
und die Böse Seite würden durch die Welt die wir kennen im Gleichgewicht
gehalten. Allerdings müsste man sich dann Gedanken über diese Welten machen,
oder sich schlicht und einfach mit der Tatsache anfreunden, das es Engel und
Dämonen nicht länger nur in Büchern gibt.“
„So ist es. Das Reingute und das Reinböse. Die Welt der Dämonen und die Welt
der Engel, die Welt der Menschen mittendrin.“ Pflichtete Zhera ihm bei.
„Wenn das so wäre, welche Rolle spielte dann unsere Welt? Ich meine in allen
Generationen und Büchern spricht man nur über den ewigen Krieg zwischen
Dämonen und Engeln, niemals über die Menschen.“
„Nun, die Welt der Menschen bildet das Gleichgewicht zwischen den beiden
Welten, sonst würde dieser Krieg immerfort Präsent sein.“
„Aber das würde ja bedeuten, wenn das Gleichgewicht gestört oder sogar
vernichtet würde, gäbe es in Absehbarer Zeit keine der 3 Welten mehr, wenn die
Gute oder die Böse Seite den Sieg davon tragen würde.“ Murmelte Sén eher zu
sich selbst. Es war plötzlich alles klar und logisch, obwohl er diese
Möglichkeit vorher nie in Betracht gezogen hatte.
„Du wirkst so überrascht. Hast du nie daran gedacht das es tatsächlich so
sein könnte?“
„Nicht sehr oft, das ist richtig, doch wirklich ausgeschlossen habe ich es
auch nicht. Vielleicht habe ich noch nie diese Form der Konstellation in
Betracht gezogen, doch wenn das die Wahrheit wäre, dann würde das die gesamte
Weltgeschichte völlig auf den Kopf stellen. Dann sehe man sich plötzlich damit
konfrontiert, all das was man aus Fantasiegeschichten und Märchen nur kannte,
akzeptieren zu müssen.“
„Natürlich. Was glaubst du würde geschehen, wenn es keine Zwischenwelt mehr
gäbe die das Gleichgewicht bewahrt?“
„Nun vielleicht würde eine der beiden anderen Welten irgendwann einen Sieg
davon tragen.“
„Und dann? Gäbe es dann eine Böse oder eine Gute Welt?“
Sén sah ihn einen Moment lang schweigend an. Die Art wie er diese Fragen
stellte, machte ihn nachdenklich. Woher hatte er sich, oder wie war er darauf
gekommen. Zwischenzeitlich hatte er sich sogar dabei ertappt wie er fast daran
zu glauben begann, Zhera würde als einziges die Wahrheit kennen. Diese Gedanken
jedoch hatte er schnell vertrieben und von sich gewiesen.
„Ich weiß nicht, ich denke nicht, das eine kann ja ohne das andere nicht
existieren…“

Plötzlich riss sie die Stimme des Professors aus ihren Überlegungen. Sén
schreckte merklich zusammen, er hatte ganz vergessen wo er tatsächlich war.
„Entschuldigen sie, sie schienen sehr vertieft zu sein. Ich habe mir erlaubt,
ihren Überlegungen einen Moment zu lauschen. Wollen sie diese Interessante
Diskussion nicht mit der gesamten Klasse teilen? Ich denke nämlich das sie auf
einem sehr guten Weg sind.“
„Vielleicht machen sie den Anfang Professor.“ Erwiderte Zhera, der über
diese Unterbrechung nicht ganz glücklich war. Er hätte zu gern gewusst, wie
Sén weiter dachte und ob es dem entsprach was er erwartet hatte.
Der Mann räusperte sich, nickte dann aber, und setzte an.
„Meine Damen, meine Herren, ich habe hier einem sehr interessantes Gespräch
gelauscht und denke, das wir uns alle an diesem beteiligen sollten.
Wie Platon schon sagte, glaubte er, dass es mehr als eine Welt gab. Was wäre
wenn er damit Recht hat? Was wenn es tatsächlich so etwas wie verschiedene
Welten geben würde, die in einem Gleichgewicht zusammengehalten werden.“
„Wie meinen sie das? Wie soll das aussehen?“ fragte einer der anderen
Teilnehmern, der ganz offensichtlich nicht folgen konnte.
„Nun, gehen wir davon aus es gibt insgesamt 3 Welten. Eine Gute, eine Böse
und eine die das Gleichgewicht zwischen beiden hält.“
„Sie meinen sowas wie Engel und Dämonen?“ folgte eine andere Stimme.
„Ja so etwas in der Art.“
„Und wie soll das aussehen?“
„Seht euch doch mal um.“ Mischte sich Zhera ein.
„Dieser Saal ist komplett beleuchtet, aber seht ihr auf den Boden eure
Schatten? Obwohl überall Licht ist, gibt es immer noch die Schatten und ihr
seid das Medium das beide vereint um zu sein.“
Damit hatte er schlagartig für Stille gesorgt und Sén musste ihm erneut Recht
geben.
„Ok…nehmen wir einmal an das wäre tatsächlich so. Wie würde sich das dann
auf die Welten auswirken, wenn eine davon zerstört würde?“
„Es würde nicht mehr lang dauern bis aus drei Welten Nichts geworden
wäre.“ Beantwortete Sén diese Frage.
„Nichts?“
„Nichts…keine Welt mehr nur noch Nichts.“
„Aber wie soll das denn gehen?“
„Das Beispiel mit Licht und Schatten. Gäbe es Schatten wenn es kein Licht
mehr gäbe? Oder Gäbe es auch dann noch Licht wenn es keine Schatten mehr
gäbe? Oder der Vergleich mit Gut und Böse. Kann es etwas Gutes geben wenn es
nichts Böses gäbe? Oder kann es etwas Böses geben wenn es nichts Gutes mehr
gäbe? Schwerlich, da dann ein Maßstab für das was gut oder böse ist, nicht
existieren würde, ebenso wie die Tatsache das wir nicht wüssten was Licht oder
Schatten wäre, wenn eines von beiden fehlen würde, wir könnten ja keinen
Unterschied sehen.“ Erwiderte Sén. Innerlich nickte Zehra zufrieden. Das kam
seinen Vorstellungen von einem Schlüssel ziemlich nah. Nun musste er versuchen
das verborgende Wissen, welches er mit ziemlicher Sicherheit besaß, dass ihm
aber durch das Siegel verschlossen war, heraus zu locken. Es musste eine
Möglichkeit geben die Siegel der Ringe zu lösen, bevor sie wirklich gebraucht
würden, er würde sie finden und Sén würde dabei eine wichtige Rolle
spielen.

Immernoch herrschte Stille im Saal, scheinbar waren die meisten mit diesen
Aussagen überfordert. Hier befand sich keiner der anderen Schlüssel mehr. Dann
ertönte die Klingel und alle verließen schweigend den Saal. Nur Sén blieb
noch zurück.
„Sag mal, wenn es diese Welten wirklich gibt, dann muss es auch eine
Verbindung unter ihnen geben oder?“
„Die gibt es auch.“
„Denkst du?“
„Es gibt immer eine Verbindung zu anderen Welten, man muss nur wissen wo.“
„Und wo würde sie sich befinden? Ich meine es müsste ja schon ein mystischer
oder magischer Zugang sein, für den es mehr als einen Schlüssel geben müsste,
nicht?“
„Anzunehmen, ja.“
„Wie kamst du auf diese Theorie? Es scheint mir nicht so, das du sie eben
erfunden hättest.“
„Habe ich auch nicht. Es ist vielmehr so, das ich danach suche.“
„Aber du musst doch irgendwann die Idee dazu gefasst haben.“
„Nein, habe ich nicht, diese Vermutung war schon immer vorhanden, seit ich
denken kann.“
„Ich verstehe, ich…“
„Zhera!“
Sén zuckte abermals zusammen. Für einen Moment war ihm als hätte sich etwas
in der Wirklichkeit bewegt, bis ihm dann auffiel das es Zhera war, der ihn
diesen Schrecken eingejagt hatte. In dem Moment als sein Name ertönte dachte
er, ein kurzes auflodern in dessen Augen zu sehen. Doch das war sicher nur
Einbildung und er schüttelte die Gedanken ab.
„Was ist?“
„Ich habe Neuigkeiten.“
„Ist das so. Gut ich komme gleich, warte im Hof auf mich.“
„Jawohl.“
Nun wandte sich Sén ganz um. Was war denn das für eine eigenartige Form der
Zustimmung? Das kannte er nur aus Filmen.
„Hm ist das nicht derselbe der heut Morgen schon in der Bibliothek war?“
„Ja, eine Art Kurier, der das Talent hat immer unerwünscht zu erscheinen.“
„Nun, es schien mir wichtig was er zu sagen hatte.“
„Das werde ich ja gleich sehen. Ich bin bis zur nächsten Stunde zurück.
Entschuldige mich.“
„Der Saal ist in der untersten Etage.“
„Danke.“

Sén lief zügig zur Bibliothek. Etwas an der These, die ihn Zed so leichtfertig
vor die Füße geworfen hatte, kam ihm bekannt vor. Er meinte etwas ähnliches
schon einmal gelesen zu haben in einer der alten Schriften, die im separaten
Teil der Unieigenen Bibliothek lagerten. Er wurde ziemlich schnell fündig, denn
kaum ein andere als er selbst, interessierte sich dafür und so kam es das die
Pergamente, die er bereits vor seiner Uni-Zeit las, noch an derselben Stelle
lagen.

„Ich hoffe du hast einen Guten Grund mich schon wieder zu stören Amnas.“
„Es tut mir leid, doch es muss sein. Man erwartet euch im Thronsaal, es gab
wohl ein paar seltsame Ereignisse mit dem Tor.“
„Mit DEM Tor?“
„Ja, mit diesem Tor. Ich soll euch sofort begleiten.“
„Geh vor ich werde gleich nach kommen.“
„Jawohl…“ damit war er schon wieder verschwunden.
Zhera lief zurück. Sén würde er in der Bibliothek finden, allerdings
überraschte ihn die Abteilung. Er hatte ihm nicht zugetraut, alte Pergamente
entschlüsseln zu können die zu Zeiten geschrieben wurden, in denen selbst
Platon noch nicht existierte.

«Sieben Siegel braucht es um die verborgenen Wege zu öffnen. Sieben Ringe
braucht es um die Formel lesen zu können und sieben Träger dieser Schlüssel
befinden sich irgendwo auf der Welt.
Doch wird das Tor geöffnet, aus Eigennutz oder Habgier, werden schwere Zeiten
einbrechen und gefallene Krieger an ihre Leiden erinnert. Das Tor der Welten
…»

Dann war der Text unleserlich geworden. Doch das was Sén gelesen hatte,
genügte ihm um seinen Verdacht zu bestätigen. Es gab schon einmal eine Zeit in
der man ganz offensichtlich über die Existenz eines Tores wusste und
wahrscheinlich wusste man auch da um die Theorie der drei Welten. Doch wie
sicher war diese Quelle?

Kapitel 3



„Das lässt dir wohl keine Ruhe.“ Riss ihn Zed aus seinen Gedanken.
„Was meinst du?“ versuchte Sén seine Überraschung zu überspielen.
„Die Geschichte mit den Welten und dem Tor.“
„Stimmt, es kam mir irgendwie vage bekannt vor und da wollte ich nur sicher
gehen. Wie es aussieht ist diese These schon viel älter.“
„Das ist sie ohne Frage. Aber woher wusstest du wonach du suchen
müsstest?“
„Ich wusste es nicht, es war Zufall.“
„Zufall…und war dieser Zufall hilfreich?“
„Nur zu einem geringen Teil, ich habe zwar herausgefunden, das es ein Tor
geben soll, das von sieben Schlüssel oder Siegel oder Ringen geöffnet werden
kann, aber das mit den Trägern und den gefallen Kriegern habe ich nicht ganz
verstanden.“
„Es sind sieben Siegel, die in sieben Ringen verborgen sind und die von sieben
Menschen getragen werden.“
„Also braucht man Sieben Ringe die von Sieben Menschen irgendwo auf der Welt
spazieren getragen werden?“
„Nicht ganz, man braucht zwar sieben Menschen, aber die tragen diese
besonderen Ringe nicht sichtbar irgendwo an ihrem Körper herum. Wahrscheinlich
wissen diese sieben Menschen noch nicht einmal das sie diese Ringe überhaupt
besitzen.“
„Wie soll man das verstehen? Und welche Rollen spielen dann bitte gefallene
Krieger dabei?“
„Ich kann dir gern mehr dazu erzählen, das heißt, ich kann dir nur soviel
erzählen wie ich selbst herausgefunden habe, aber ich habe dafür jetzt keine
Zeit. Ich habe etwas zu erledigen und werde den Rest des Nachmittages nicht hier
sein. Aber wenn du möchtest, kann ich dich ja besuchen und wir unterhalten uns
in Ruhe darüber.“
„Gut ich werde dich entschuldigen, aber wenn du mich schon besuchst, dann nimm
diesmal wenigstens die Haustür.“
Sén grinste leicht bevor er sich wieder dem alten Pergament zuwandte. Er
beschloss es zu kopieren und diese Kopie mit nach Hause zu nehmen.

Die letzten beiden Stunden waren wie immer, niemand nahm mehr Notiz von ihm,
aber das war ihm nur Recht. Viel mehr war er darüber verwundert, das keiner
nach Zed gefragt hatte, nun das konnte vielleicht auch daran liegen, das der
Professor und ein Teil der Klasse ihn noch nicht zu Gesicht bekommen hatten.
Im Grunde konnte ihm das auch reichlich egal sein. Als das Seminar endlich
beendet war, beeilte er sich aus dem Gebäude zu kommen. Er musste schließlich
noch zur Arbeit.

Zhera war inzwischen in seinem Reich angekommen. Tatsächlich wurde er bereits
ungeduldig erwartet. Amnas hatte sich beeilt um ihn mit den wichtigsten
Informationen vertraut zu machen.
„Was gibt es das ihr mir seit Tagen auf die Nerven gehen müsst?“ eröffnete
er das Gespräch bevor er richtig eingetreten war.
„Das Tor.“
„Was ist damit?“
„Vielleicht solltet ihr euch das besser selbst ansehen, die niederen Dämonen
können sich nicht mehr in seine Nähe wagen ohne sofort zerfetzt zu werden.“

„Gut dann werde ich mir das eben ansehen, und du solltest vielleicht dafür
sorgen, dass diese Idioten sich nicht zu nah heranwagen. Nicht das wir
Dummköpfe nicht ersetzen könnten, aber wir brauchen noch ein paar davon für
die Grenzen des Reiches, oder willst du das vielleicht übernehmen Tugar.“
„Natürlich nicht...“
„Gut…“

Ohne ein weiteres Wort wandte er sich schließlich um und folgten den gewundenen
Gängen hinab.
Amnas folgte ihm auf sicheren Abstand. Nicht das er sich darum gesorgt hätte
ebenfalls vernichtet zu werden, doch er wusste das der Zwiespalt unter den
Dämonen in erster Linie zwei Fronten hatte, jene die auf Seiten Zheranoth´s
standen und jene die gegen ihn waren. Tugar gehörte definitiv nicht zu seinen
loyalsten Dienern und er hielt es für ratsam seinen Herrn den Rücken frei zu
halten, sollte er vorhaben, sich offiziell gegen ihn zu stellen.
„Was genau ist mit dem Tor vorgefallen?“ fragte Zhera, dem die Schritte
hinter ihm nicht entgangen waren.
„Es scheint als, würde es sich wehren wollen. Es hat eine Art Schild um sich
errichtet, das stark genug ist eben schwache Dämonen sofort zu eliminieren.“
„Hm, könnte es sein, das es dabei ist zu erwachen?“
„Das Tor erwachen?“
„Ganz Recht erwachen. Dieses Tor ist nicht irgendein Tor, es hat eine Art
Seele um sich vor unwürdigen zu schützen.“
„Kann es dann nicht auch euch gefährlich werden?“
„Warum sollte es? Es hat nichts zu befürchten solang man es nicht gewaltsam
aufbrechen möchte.“
„Glaubt ihr etwa, das Tugar absichtlich Dämonen herab geschickt hat um einen
Durchgang zu finden?“
„Nein, soviel Gribs traue ich ihm nicht zu, aber es ist auch nicht ganz von
der Hand zu weisen, dass er irgendetwas ahnt.“
„Haltet ihr es dann für klug ihm ohne zu zögern den Rücken zu kehren?“
„Wer sagt denn dass ich ihm den Rücken kehre. Er kann es nicht mit mir
aufnehmen, dafür ist er einfach nicht stark genug, er ist wie ihr alle nur ein
Diener, und er existiert nur solang ich Verwendung für ihn oder irgendeinen
anderen habe. Oder glaubst du ernsthaft, ich schaufle mir mein eigenes Grab
indem ich eine Armee befehle die ich nicht selbst sofort vernichten könnte?“
„Nein, natürlich nicht, aber ihr solltet trotzdem wachsam bleiben. Ich habe
bemerkt, wie auf seltsame Weise einige stärker sind als sie es sein sollten.
Wenn sie eine Quelle haben und genügend Verbündete auf ihrer Seite, dann
könnten sie euch wirklich irgendwann gefährlich werden, mein Fürst. Ihr wisst
dass nicht alle eure Ziele verstehen.“
„Amnas, mir scheint du unterschätz meine Macht noch immer. Du bist seit
vielen tausenden Jahren ein treuer Diener gewesen, denkst du das du meine
gesamte Macht ein einziges mal erlebt hättest?“
„Nein, das denke ich nicht.“
„Gut, da das nun geklärt ist, wirst du mich ab sofort in die Welt der
Menschen begleiten. Geh nun und such dir eine brauchbare Gestalt aus, niemand
sollte sehen was du bist.“
„Die habe ich bereits. Aber ich kann euch nicht begleiten, meine Macht reicht
nicht um mehr als einen Moment lang eine Illusion zu erschaffen. Das wisst
ihr.“
„Sie wird reichen, nun geh und lerne. Ich erwarte dich morgen in dieser
Uni.“
„Jawohl…“ damit wandte sich Zhera um und ging weiter.

Wie er erwartet hatte, hatte das Tor die Anwesenheit eines Schlüssels bemerkt
und war erwacht. Wieso es erst jetzt auf ihn reagierte war ihm ein Rätsel.
Nun wusste er sicher, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis sich die
Schlacht wiederholen würde. Doch das hieß auch, dass er nicht mehr viel Zeit
hatte die anderen Schlüssel zu finden. Sollte es ihm nicht gelingen, würde das
schwerwiegende Folgen für die Bewohner der menschlichen Welt bedeuten.
Vielleicht würde sie auch in dieser Schlacht vernichtet und mit ihr würde es
nicht mehr lang dauern bis auch die anderen Welten zerstört werden würden. Das
wollte er verhindern. Das hieß zum einen, er musste eine Möglichkeit finden
die Siegel zu vernichten, oder für sich zu gewinnen und zum anderen, er musste
dafür sorgen, dass weder seine Welt, noch die Welt der Menschen und auch die
Welt der verhassten Engel nicht zu viel Schaden nahm, wenn sie überleben
wollten. Für diese Absichten würde er kaum einen hier in seinem Reich finden,
der dieses Vorhaben unterstützen oder gar verstehen würde. Das war ein Grund
dafür, dass er mehr in der oberen Welt herumreiste anstatt sich hier um sein
eigenes Reich zu kümmern. Die Absicht dahinter kannten nur sehr wenige
Vertraute, oder besonders loyale Diener die ihm sprichwörtlich verfallen waren.
Doch selbst ihnen hatte er nicht erzählt was er wirklich mit den Schlüsseln
vor hatte.

Das Wetter war immer schlechter geworden je weiter Sén Shichoson kam. Das
wunderte ihn nicht wirklich, wie schon die Tage davor, hatte sich auch heute
Morgen schon ein dunkler Tag angekündigt. Letztendlich war er zwar durchnässt
bis auf die Knochen, von oben bis unten mit Schmutz bespritzt, aber wenigstens
pünktlich auf Arbeit angekommen.
Bark, sein Chef, sah ihn Kopfschüttelnd an. Er kannte Sén bereits von
Kindesbeinen an und war einer der wenigen die sich um ihn und seine Schwester
gekümmert hatten. Allerdings war er immer schon streng gewesen, wenn es um die
Arbeit gegangen war. Er schätze den Eifer den der Junge an den Tag legte,
jedoch wäre er manches Mal froh gewesen, wenn er wenigstens ein Regencape dabei
haben würde. Doch das würde er wohl nie erleben. Wenigstens hatte er es
geschafft, Wechselkleidung in seiner Kammer liegen zu lassen.
„Sén…“
„Ich zieh mich gleich um und mach mich dann sofort an die Arbeit.“
„Nun mal nichts überstürzen. Bei dem Wetter sind nicht viele Menschen auf
den Beinen. Mika hat angerufen, sie wird am Wochenende zu Besuch kommen.“
„Wann hat sie denn angerufen?“
„Heut Mittag, sie klang ein wenig besorgt, aber sie versicherte mir dass alles
in Ordnung ist.“
„Sie kennen Mika doch, sie ist immer ein bisschen besorgt, wenn sie nicht
jeden Tag mindestens einen Tagesbericht von ihnen bekommt.“ Scherzte der
Junge.
„Wenn du meinst. Na zieh du dich erst mal um und komm dann runter.“
Sofort verschwand Sén in der oberen Etage, wusch sich schnell und zog sich um.
Auch wenn Bark sagte das heute nicht viel da sein werden, er wusste, das es den
meisten nicht anders ging, als ihm selbst und sie das Wetter gewohnt waren.
Spätestens in einer Stunde würde es voll sein.
Er sollte Recht behalten. Sén arbeitet in einem kleinen Restaurant ziemlich in
der Mitte von Shichoson. Wenn er nicht gerade den Kellner mimte, war er
Barkeeper. Vieles hatte er sich im Laufe der Jahre angeeignet, er war fast
täglich hier gewesen als er noch jünger war, und schließlich, als das Thema
Uni endgültig beschlossen war, hatte er das Angebot von Bark angenommen. Das
war jetzt ungefähr 3 Wochen her. Er hatte es grad so zu Semesterbeginn
geschafft. Seitdem hatte er Mika auch nicht mehr gesehen. Doch sie wusste schon
da, das sie in nächster Zeit sehr viel zu tun haben würde und es nur noch
selten schaffte ihn zu besuchen. Sonderlich begeistert war er zwar nicht
gewesen, aber es war ja selten anders gewesen, schließlich mussten sie
irgendwann selbst Geld verdienen, auch wenn das was sie hatten noch für einige
Zeit gereicht hätte. Er hatte sich den Anfang ziemlich schwierig vorgestellt,
aber schon nach der ersten Woche war ihm gar nicht mehr aufgefallen wie die Zeit
vergangen war. Wie sollte es auch, außer an den Wochenenden war er nicht selten
14 oder mehr Stunden auf den Beinen.
Gegen zehn Uhr schickte ihn Bark schließlich nach Hause. Erschöpft war er fast
in derselben Sekunde eingeschlafen in der er sich hingelegt hatte.

In dieser Nacht konnte ihn nicht einmal das Unwetter aus dem Schlaf reißen.
Er träumte verrückte Dinge. Am eigenartigsten war es, das es in diesen
Träumen um all das ging, mit dem er sich im Laufe des Tages konfrontiert
fühlte. Selbst Zed fehlte nicht und die sieben Schlüssel spielten ebenso eine
Rolle. Dann wiederrum träumte er von schweren Schlachten, von denen er nicht
sagen konnte welche Ursache sie hatten. Außerdem sah er so etwas Ähnliches wie
Engel und Dämonen auf der Gegenseite, zumindest fiel ihm kein anderer Vergleich
ein. Fasziniert war er allerdings nur von einer Erscheinung. Es war eine
Gestalt, die sowas wie das Oberhaupt der dunklen Scharen darstellen mochte, aber
er sah so ganz anders aus, als man sich einen Dämonenfürsten vorstellte. Er
hatte weder Hörner noch Flügel und bis auf ein paar ziemlich langen
Fingernägel, sah er fast menschlich aus. Zumindest wenn man die schwer
verkleideten Handgelenke, sowie den Kragen und die halbe Maske aus schwarzem
Gold, im Gesicht außer acht ließ. Und er sah bei weitem nicht so alt aus wie
er wahrscheinlich war. Im Gegenteil, man konnte fast sagen, das er sogar
unheimlich anziehend aussah, grazil und sogar ein wenig zerbrechlicher als er
tatsächlich war. Und Sén sah sich selbst mitten drin ohne, dass er sagen
konnte was ihn nun mehr faszinierte. Der Anblick der geflügelten,
wunderschönen Engel, oder der Anblick dieses einen Dämons. Wahnwitziger Weise
sah er Zhera immer wieder. Das zumindest nahm er an, er konnte nicht sagen ob er
es tatsächlich war. Er wirkte durchsichtig und nicht real, ganz so als sei er
nur eine Illusion.

Als er am nächsten Morgen unsanft von seinem Wecker aus dem Schlaf gerissen
wurde, fühlte er sich zwar erholt, aber auch ein wenig flau. Er konnte sich an
vieles aus diesem verrückten Traum erinnern und der Anblick des Dämons hatte
sich unfreiwillig in sein Gedächtnis gebrannt. Er fragte sich warum er so einen
Unsinn träumte und vor allem, wieso er das Gesicht eines, im Traum gesehen
Wesens, noch dazu eines was aussah wie ein junger Mann in seinem Alter, immer
noch deutlich vor sich sah, während um ihn herum, in denselben Traum all die
Engel weilten, einer schöner als der andere und mit einer Anmut wie man sie
sich von Engeln vorstellte. Er schüttelte den Kopf, es war ja nur ein Traum,
der wahrscheinlich einfach nur zu Stande kam, weil er all die Dinge die sie am
Tag davor besprochen hatten, ob nun wahr oder nicht, verarbeiten musste.
Schließlich war es nicht nur um 3 vermeidliche Welten gegangen, sondern auch
über einen ewigen Krieg und Zed hatte ihn von 7 Siegeln erzählt und einem
dazugehörigen Tor. Kein Wunder also, das ihm seine Phantasie einen lebhaften
Traum geliefert hatte. Er entschied sich dafür, dem nicht weiter Beachtung zu
schenken. Dann stand er auf. Streckte sich und ging duschen. Nach einer guten
Tasse Kaffee verließ er das Haus und machte sich auf den Weg zur Uni.

Wie immer auf den letzen Drücker, aber diesmal zumindest nicht ganz allein, kam
er an. Zhera und ein anderer standen noch im Hof und schienen sich gerade zu
unterhalten.
„Guten Morgen.“ Begrüßte er sie, während er an ihnen vorbeifuhr und sein
Rad abstellte. Es war der vermeidliche Kurier von Vortag.
„Ihr solltet vielleicht lieber mit rein gehen, es ist eigentlich schon fast zu
spät.“ Rief er ihnen noch zu bevor er in der Tür verschwand.

„Seid ihr euch sicher, dass das eine gute Idee ist? Ich meine, sollte es hier
einen Spitzel geben, wie würde das wohl aussehen?“
„Darüber brauchen wir uns keine Gedanken machen. Selbst wenn, sind es nicht
wir die für ihre Neugier zahlen müssen. Jetzt sollten wir allerdings der
Aufforderung nachkommen. Und denk daran, benimm dich nicht wie ein Diener,
sondern wie ein Mensch.“
„Jawohl…“
„Ach und noch etwas, dieses Jawohl gewöhnst du dir ganz schnell ab.“
„Gut wie ich meint mein Fürst.“
„Amnas…“
„Verzeiht, natürlich.“
„Du brauchst einen andren Namen…ab sofort werde ich dich Alec rufen und du
stellst dich auch mit diesem Namen vor, hast du mich verstanden?“
„Ja, aber warum?“
„Weil der Junge nicht auf den Kopf gefallen ist und ihn auch dein Name
misstrauisch werden lassen würde.“
„Ich verstehe.“
„Gut dann lass uns endlich rein gehen.“

Die Prozedur des Vortages wiederholte sich. Amnas, oder besser Alec, wie er sich
nun nannte musste dasselbe Spiel spielen, wie Zed einen Tag davor. Natürlich
stürmten auch hier erst einmal die meisten auf ihn ein, allerdings verloren sie
genauso schnell auch das Interesse sobald Zhera den Raum betrat.
Und noch etwas fiel Sén auf. Alec verfolgte sie beide auf Schritt und Tritt.
„Ist er nur schüchtern oder ist er immer so?“ fragte er eher beiläufig.
„Er ist ein wenig anhänglich, das ist wohl war, kann aber auch daran liegen
das er noch fremd hier ist und keinen weiter kennt.“ Erwiderte Zhera. Er
hätte ihm wohl vorher sagen sollen, dass er sich auch nicht wie ein
Schoßhündchen verhalten sollte.
„Woher kennt ihr euch?“
„Wir sind im selben Haus aufgewachsen, bevor unsere Eltern weg gezogen
sind.“ Improvisierte er.
„Aha und wieso ist er dann jetzt hier?“
„Hm. Zufall.“
„Ach ja, das habe ich gestern ganz vergessen. Ich habe mir ein paar Kopien mit
nach Haus genommen, aber ich bin unter der Woche nicht zu erreichen. Ich
arbeite, mit Ausnahme der Wochenenden, nach der Uni.“
„Gut, dann komme ich eben am Wochenende vorbei.“
„Dann sollte ich dich vielleicht warnen.“
„Wovor? Dem Wetter? Das hab ich schon einmal überlebt.“
„Nein, vor meiner Schwester. Sie wollte am Wochenende vorbei kommen.
Eigentlich ist sie ganz nett, nur sie kann einem auch ziemlich auf die Nerven
gehen mit ihrer Neugier.“
„Das macht nichts, das werde ich auch schon überleben.“
„Gut, wie du meinst.“
Amnas verfolgte das Gespräch nur halbherzig, er hatte etwas bemerkt und das
gefiel ihm gar nicht. Er hatte schon im Hof das Gefühl einer von Tugars Diener
schleiche hier herum. Bisher hatte er ihn nur noch nicht entdeckt. Erst als er
unsanft gegen Zhera rempelte besann er sich wo er war.
„Entschuldigung…“ murmelte er.
„Träumst du?“
„Nein…ich…“
„Schon gut…“
„Zed?“

Sén war schon vorgegangen, als ihn der Professor im Saal abgefangen hatte. Er
wollte das Thema des gestrigen Tages noch einmal aufrollen und hatte ihn gebeten
zusammen mit Zhera eine Art Kurzreferat, sowie eine Zusammenfassung zu halten,
damit die Klasse nicht wie gestern heillos überfordert mit ihren Thesen war.
„Er heißt immer noch Zhera.“ Unterbrach in Amnas als er gerade fortfahren
wollte.
„Weiß ich, ich nenn ihn aber Zed. Ist das ein Problem für dich?“
„Das ist unhöflich…“
„Das ist in Ordnung ich habe es ihm erlaubt.“ Mischte sich Zhera ein.
„Ja…“
„Was ist?“
„Der Professor, möchte, dass wir zu Beginn des Seminars, kurz zusammenfassen
was wir gestern schon besprochen hatten. Er meint, er möchte vermeiden, das der
Rest der Gruppe erneut überfordert würde.“
„Das kann er gern haben, aber das wird den andren nicht helfen. Wer nicht
versucht sich etwas vorzustellen, kann dieser These nicht folgen, egal was der
Professor sagt.“
„Damit hast du sicher Recht, aber er besteht leider darauf.“
Zhera nickte, warf Amnas noch einen strengen Blick zu und zusammen folgten sie
dem Jungen in den Saal.

Es war wie Zhera gesagt hatte, selbst mit Erklärungen und Erläuterungen, sah
sie der Rest fragend an, das hieß, alle außer Alec.
„Ich glaube das hat keinen Sinn.“ Flüsterte Sén ihm zu.
„Genauso gut könnte man sich auch mit der Wand unterhalten, die guckt einen
wenigstens nicht so dämlich an.“
„Das hab ich doch gesagt.“
„Nun, wie ich schon anmerkte, diese Theorie ist äußerst interessant. Man
sollte allerdings auch Willens sein, seine Phantasie zu gebrauchen.“ Erwiderte
der Professor, dessen Eindruck in eine ähnliche Richtung gegangen sein musste.
„Ich schlage vor, sie lassen das alles auf sich wirken, während sie eine
Tasse Kaffee trinken. Außer sie beide, sie würde ich kurz noch bitten zu
bleiben.“
Wortlos folgte der Rest der Gruppe dem Vorschlag, außer Alec, der blieb wo er
war.
„Sie können auch gehen wenn sie möchten.“
„Nein, ich bin sehr gespannt wie sie über die weiteren Ausführungen denken
werden. Immerhin fehlt noch ein entscheidender Teil an dieser These.“
„Gut, sie scheinen zumindest den Ausführungen der beiden folgen zu können,
dann machen wir doch einfach weiter. Ihre Beispiele waren sehr anschaulich und
logisch. Ich frage mich wie man auf so eine Theorie kommt. Oder anders. Mich
würde sehr interessieren wie eine Verbindung mit diesen Welten, ihrer
Vorstellung nach aussehen könnte.“
Zhera sah ihn für einen Moment prüfend an. Er nahm nur die Gegenwart von Sén
war, also konnte er davon ausgehen, dass dieser Mensch nichts mit dieser
Geschichte zu tun haben würde. Weshalb also war er so interessiert daran zu
erfahren was sich noch alles verbergen mochte?
„Woher kommt ihr Interesse Professor?“
„Nun ich bin eben Professor und ab und zu habe ich mir auch vorgestellt wie es
wohl wäre, wenn es Engel und Dämonen wirklich gäbe. Ich finde es einfach
interessant, wie sie diese These darstellen, auch wenn es nicht mehr ist.“
„Kennen sie die alten Rollen im Archivierten Bereich der Bibliothek?“ hackte
Sén nach.
„Ich habe gehört das es sie geben soll, und das dort auch einige Rollen
liegen, die schon sehr, sehr alt sind, leider liegt es nicht in meiner Macht sie
auch zu lesen. Ich bin nicht besonders begabt darin, alte Schriften zu
entschlüsseln.“
„Ich verstehe. Und sie haben Recht, unter ihnen befinden sich auch
Orginalschriften aus einem Zeitalter, bevor es Platon gab. Diese These, die
Zhera und ich hier aufgestellt haben, ist schon wesentlich älter als sie
glauben, es hat sich nur niemand weiter daran gemacht, der nach zu gehen.“
„Wie meinen sie das?“
„Ganz einfach, ich habe mir ein paar Kopien gezogen und sie mit genommen.
Unter ihnen habe ich auch eine Niederschrift gefunden die eben diese These schon
einmal aufgestellt hat. Glauben sie mir, damit hängt viel mehr zusammen, als
sie sich vorstellen können.“
„Nun ich kann mir so einiges Vorstellen. Zum Beispiel, das es, wenn es diese 3
Welten gibt, auch eine Verbindung unter ihnen geben muss.“
„Wahrscheinlich gibt es diese auch.“ Erwiderte Sén.
„Es wird sie mit Sicherheit geben.“ Fiel ihnen Alec ins Wort.
„Vielleicht ein Tor, oder eine Tunnel.“
„Zum Beispiel ja.“ Stimmte Sén ihm zu. Ihm fiel der Traum wieder ein den er
diese Nacht gehabt hatte. Zhera sagte gar nichts.
„Und wo es ein Tor gibt, muss es auch einen Schlüssel geben.“
„Nicht nur einen.“ Erwiderte Alec.
„Wie meinen sie das?“
„Naja wenn es nur einen Schlüssel gäbe wäre die ganze Geschichte ein wenig
zu einfach finden sie nicht?“
„Das wäre sie wahrscheinlich tatsächlich.“
„Und er hat vermutlich nicht ganz Unrecht mit seinem Einwand. In den
Aufzeichnungen, von denen ich ihnen erzählt habe, ist die Rede von 7
Schlüsseln.“
„Sieben? Das ist aber eine ungewöhnliche Zahl.“
„Nicht viel ungewöhnlicher als eine andere.“ Erwiderte Zhera.
„Und stand dort auch wo sich diese Schlüssel befinden sollen?“
„Irgendwo auf der Welt.“
„Das ist mal wieder typisch. Sieben Schlüssel irgendwo auf der Welt. Dieser
Planet ist ja auch nur ein Zelt.“
„Nun übertreiben sie aber Professor.“ Erwiderte Sén.
„Ganz so ist es ja nun auch nicht. Genau genommen wird von 7 Siegeln
gesprochen, die nur gelöst oder verbunden werden können wenn 7 Ringe zusammen
kommen, die natürlich, wie auch nicht anders zu erwarten, von 7 Menschen
getragen werden.“
„Natürlich…mir scheint die alten Zivilisationen hatten eine Vorliebe für
Rätsel oder unlösbare Aufgaben.“
„Wieso denn? Das ist doch nicht so schwer zu verstehen.“
„Das ist ja richtig, aber ich kann mir nicht vorstellen, das diese 7 Menschen
zusammen auftauchen und einfach mal so <Hallo, wir haben die Ringe die gesucht
werden> sagen würden.“
„Da haben sie Recht. Wahrscheinlich wissen sie es noch nicht mal selbst.“
„Zumindest nicht bewusst.“ Erwiderte Zhera.
„Wie meinst du das?“
„Naja, bewusst werden sie es nicht ahnen, aber unbewusst sind sie sich dessen
ziemlich sicher bewusst. Aber die meisten Menschen haben ja verlernt auf die
unbewussten Hinweise zu achten die überall sein könnten.“
„Ach so ich verstehe, du meinst Wahrnehmungsstörungen oder Träume?“
„Ja, zum Beispiel.“
„Das klingt ja alles wirklich sehr nett, aber die Wissenschaft ist davon
überzeugt, dass es nur Phantasie ist. Dass das was wir träumen, einfach eine
bildliche Darstellung von dem ist, was über den Tag erlebt wurde. Keiner wird
auf die Idee kommen ihnen mehr Beachtung zuzugestehen als sie verdient haben,
dazu müsste schon einer mit Schild auftauchen der ihnen sagt, das das nicht nur
ein Traum ist.“
„Damit haben sie wahrscheinlich sogar Recht.“
„Ja, nun gut, dann möchte ich ihre Zeit nicht länger in Anspruch nehmen, es
hat bereits geklingelt.“

Als sie zusammen in der Uniinternen Cafeteria saßen, schweiften Sén´s
Gedanken zu diesem eigenartigen Traum zurück. Wenn er es genau nahm, hatte er
sich gestern nicht über Truppen unterhalten die gegeneinander kämpften, und
wenn er weiter nachdachte, war er sich auch ziemlich sicher, dass er sich nicht
über einen Dämonenfürsten unterhalten hatte, der aber da war. Doch sein
Gegenstück hatte er nicht gesehen, was auch immer das war, vielleicht ein
Erzengel oder auch drei, wer konnte schon wissen wie die Gesetze in diesen
Welten liegen würden. Aber warum hatte er ihn dann gesehen, er konnte doch
nicht mal wissen, dass es sowas geben könnte?
Zhera, dem seine Abwesenheit aufgefallen war, sah Amnas einen kurzen Moment an,
daraufhin war er plötzlich verschwunden. Im Augenwinkel hatte es der Junge zwar
registriert, aber nicht weiter darauf reagiert, erst als er wieder in seine
Tasse sah, stellte er überrascht fest, das Alec tatsächlich nicht mehr bei
ihnen war.
„Nanu…wo ist denn Alec?“
„Der wollte was erledigen, aber der kommt wieder. Ist alles in Ordnung?“
„Sicher, warum sollte es nicht.“
„Ich dachte nur dass du ein wenig abwesend wirkst.“
„Ach so, nein alles in Ordnung ich hab nur nachgedacht.“
„Ach und über was?“
„Ach…das ist nur so eine Idee gewesen, ziemlich eigenartig.“
„Nur zu.“
„Ich hab mir gerade überlegt, wie so eine Schlacht zwischen dem Himmel- und
den Dämonenreich wohl aussehen würde. Gäbe es auf jeder Seite sowas wie ein
Oberhaupt oder sogar mehr.“
„Auf jeden Fall wäre sie fern der Vorstellungskraft des menschlichen
Verstandes. Und ja, natürlich gibt es auf jeder Seite ein Oberhaupt.“
„Auf der Seite der Dämonen die Fürsten und auf der Seite der Engel die
Erzengel…“ erwiderte Sén unbewusst.
„Ein Fürst…“
„Was?“
„Du sagtest Fürsten der Dämonen, es gibt nur einen Fürst, einen einzigen.
Und es gibt auch nur einen Erzengel der die Truppen führt. Natürlich nicht
ohne seine 2 Berater.“
„Was? Hab ich das wirklich gesagt?“
„Ja, hast du.“
„Und wie kannst du dir da so sicher sein das es so ist und nicht anders?“
„Naja es ist ein bisschen schwierig sich vorzustellen, das ein Dämon eine
Familie haben könnte nicht?“
„Stimmt, das war eine blöde Frage. Es sind ja immer nur Diener.“
„Möglich.“
Plötzlich war Alec wieder da. Diesmal hatte es sich Sén nicht einfach nur
eingebildet. Er war plötzlich wieder da und die Wirklichkeit hatte sich erneut
bewegt.
„Was war das?“
„Was?“
„Diese Verzerrung.“
„Von was redest du?“
„Ich bin mir sicher, dass ich eine Verzerrung gesehen hab und plötzlich stand
Alec da.“
Da schon wieder. Da war doch eben ein kurzes Glimmen in den Augen seines
Gegenübers, bevor er sich umgedreht hatte.
Zhera warf Amnas einen bösen Blick zu der ihn zusammen fahren ließ.

Kapitel 4


„Also ich glaube ich sollte nach Hause gehen…“
„Warum?“
„Ich hab wohl doch nicht so gut geschlafen wie ich gedacht habe. Jedenfalls
hab ich das Gefühl Halluzinationen zu sehen.“
„Na vielleicht schlägt dir das Wetter doch langsam aufs Gemüt.“
„Nein…mit dem Wetter hat das nichts zu tun. Also bis morgen.“ Damit war er
verschwunden.

Für einen Moment war Sén tatsächlich versucht der aberwitzigen Idee
nachzukommen Zhera zu fragen ob er überhaupt real war, doch das ließ er lieber
sein, am Ende würde er ihn wirklich noch für verrückt erklären.

„Habe ich dir nicht ausdrücklich gesagt, dass du nicht auffallen sollst?“
„Verzeiht, ich wusste ja nicht, dass er so empfindlich ist.“
„Du bist ein Idiot. Das Tor. Warum glaubst du ist das wohl so? Das Tor
versucht seine Siegelringe zu warnen. Der Junge fantasiert sich da nicht nur
irgendwas zusammen, er sieht es. Er sieht die Schlachten, er sieht all das was
das Tor je gesehen hat. Natürlich sieht er dann auch die Raumverzerrung wenn
wir die Portale nutzen. Sei in Zukunft vorsichtiger und nutze die Tür wie jeder
andere auch wenn du einen Raum betrittst!“
„Jawohl…ich werde mich daran halten mein Gebieter.“
„Ach und noch etwas, renn mir nicht hinterher wie ein Schoßhund.“
„Aber ich…“
„Verhalte dich nicht wie ein Diener, verhalte dich wie ein Mensch.“
„Jawohl.“

Als Sén an diesem Abend nach Hause kam, hatte er das Gefühl, etwas wäre
anders als sonst. Er hatte keine Gelegenheit mehr, länger über einen Grund
nach zu grübeln, denn wie schon den Tag davor, war er erschöpft eingeschlafen.
Die Eindrücke der vergangenen Nacht wiederholten sich, und er hatte den
Eindruck als würde er heute mehr erkennen als am Tag davor. Seltsamerweise
konnte er sich auch diesmal nicht wirklich von dem Geschehen lösen, er war wie
eine Warnung, doch wovor und wegen was? Er wusste, dass er träumte, allerdings
kamen ihn die Ereignisse seltsam vertraut vor, es war als wüsste er plötzlich
Dinge die er vorher nicht geahnt hatte. Selbst das Wissen über die 3Welten, die
Siegel und dem Tor, waren ihm auf einmal so vertraut, als wäre alles was er
bisher gehört hatte tatsächlich wahr.
Als er gerade das Gefühl hatte, das sich einige der Puzzelteile plötzlich
zusammenfügten, wurde er von seinem Wecker aus dem Traum gerissen. Verträumt
und noch nicht ganz wach entglitten ihn alle Eindrücke von eben und waren nur
noch blasse Erinnerungen, von denen er sicher war, das er sich im Laufe des
Tages nicht einmal mehr daran erinnern würde das er sie gedacht hatte.
Er stand auf, duschte sich, trank einen Kaffee und machte sich auf den Weg.

Auch diesmal war er nicht der einzige der fast zu spät gekommen wäre,
allerdings lag das wohl daran, das Zhera und Alec auf ihn gewartet hatten.
„Na, wieder alles klar?“
„Ja, so ziemlich.“
„Dann lass uns mal rein gehen.“
Doch bevor sie überhaupt in die Nähe der Tür kamen, blieb Alec abrupt
stehen.
„Was ist?“ fragte Sén der beinahe auf ihn aufgelaufen wäre.
„Wir sind nicht allein.“
„Natürlich nicht, das ist eine Uni.“ Erwiderte der Junge ein wenig
überrascht, ohne böse Absicht.
„Das meine ich nicht.“
„Ach…“
Doch viel weiter kam er nicht, plötzlich kam ein leichter, aber unangenehmer
Windzug auf und schon wieder schien sich die Wirklichkeit zu bewegen.
„Was ist das denn?“ entfuhr es Sén dem auch das keinesfalls entgangen war.
„Alec…“ murrte Zhera der neben dem Jungen stehen geblieben war.
„Ich habe es ja gleich geahnt.“ Antwortete Amnas, wohl darin bedacht seinen
Herrn möglichst nicht direkt anzusprechen, denn so sehr er sich auch bemühte,
er konnte einfach nicht in eine lockere Umgangssprache wechseln wie Sén, der ja
nicht wusste wen er vor sich stehen hatte.
„Was redest du denn da?“
Plötzlich wiederholte sich das Szenario.
„Ok…auch auf die Gefahr hin das ihr mich für verrückt haltet, ich glaube
diesmal muss ich Alec Recht geben. Etwas ist hier ganz und gar nicht in
Ordnung.“
„Das ist nur das Wetter, es wird sich wieder etwas zusammen brauen mehr
nicht.“ Erwiderte Zhera der natürlich bereits wusste um wen es sich handelte
und das er kaum auf einen Höflichkeitsbesuch vorbei gekommen war.
„Nein…das denke ich nicht. Ich kenn die Luft wenn sich irgendwas
zusammenbraut, das hier ist ganz eindeutig was völlig anderes.“
„Herrje, dann gehen wir jetzt eben nachsehen.“
Sén nickte, das war zwar nicht unbedingt das was er sich vorgestellt hatte,
aber eine große Wahl blieb nicht. Er wusste zwar nicht wieso, aber er hatte das
Gefühl das es keine gute Idee war allein ins Gebäude zu gehen.
„Wieso gehst du nicht einfach schon rein?“ erkundigte sich Amnas, dem die
Situation ein wenig zu brenzlig war. Was wenn der Junge früher herausbekam was
hier gespielt wurde als er sollte?
„Ich weiß nicht, ich werde das Gefühl nicht los das das keine gute Idee
ist.“
„Da vorn.“ erwiderte Zhera.
Sén sah kaum mehr als einem Schemen, aber es genügte um das Gefühl zu
bestätigen, dass er richtig entschieden hatte.

Amnas der schon drauf und dran war los zu stürmen, wurde mit einem mahnenden
Blick seines Herrn davon abgehalten Dummheiten zu machen. Das war diesmal auch
Sén nicht entgangen. Etwas ging hier vor sich und irgendwie flimmerte die Luft
um seine beiden Begleiter. Der Schemen war vergessen, plötzlich galt sein
ganzes Interesse nur noch Zhera. Schon wieder war ihm als würde etwas Seltsames
um sich gehen, und schon wieder sah er eindeutig ein Glimmen in den Augen des
anderen. Dann war plötzlich alles vorbei und alles war wieder so wie vorher.
Ob nun Halluzination oder nicht, das hatte er sich nicht eingebildet, darin war
er sich plötzlich ziemlich sicher.

„Ok…was ist hier los?“
„Was soll los sein?“
„Was war das eben?“
„Was genau meinst du?“
„Diese ganze Situation von eben.“
„Hm nichts Ungewöhnliches. Nur ein Tier würd ich sagen.“
„Ich meinte nicht den Schemen über dem Unigebäude…ich meinte dieses
komische Glimmen in deinen Augen.“
„Glimmen? Was für ein Glimmen?“
„Ein Glimmen halt…“
„Ach so…ich verstehe, das sind nur ein paar Kontaktlinsen.“
„Kontaktlinsen Glimmen aber nicht.“
„Sie sind mit einer speziellen Schicht versehen die ein bestimmtes
Lichtspektrum filtern, wenn das Licht drauf fällt kann das schon mal ein
bisschen seltsam aussehen.“
Selbst Amnas sah ihn ungläubig an, doch vielleicht sollte er sich lieber mit
dieser Erklärung zufrieden geben. Sowieso schien er ein bisschen neben sich zu
stehen.
„Davon hab ich zwar noch nichts gehört, aber ich will es dir mal glauben.“
Erwiderte er.
„Gut, können wir dann vielleicht das machen wozu wir hergekommen sind?
Inzwischen dürfte die erste Vorlesung schon Laufen.“ Meinte Zhera. Die beiden
anderen folgten ihn ohne Widerworte.

Das war wirklich knapp. Selbst Zhera wusste das Sén ihn diese Geschichte nur
für den Moment abgekauft hatte, weil er selbst nicht genau wusste, was er
eigentlich wirklich gesehen hatte. Hätte er ihm gesagt das, er völlig richtig
mit seiner Vermutung lag, dann würde das nur Ärger geben. Es war noch ein
bisschen zu früh um die Maskerade auffliegen zu lassen. Das Risiko, das er es
nicht wirklich begreifen konnte, war einfach noch zu groß. Später würde er
Amnas nach seinem Auftrag, und dessen Resultat befragen. Sollte alles seiner
Vermutung entsprechen, konnte er sich ruhigen Gewissens um den Jungen kümmern.
Die Fragen die er stellte, waren misstrauisch genug. Er würde einfach versuchen
sein Vertrauen zu gewinnen und dann sehen ob sich auch ein paar andere alte
Legenden bewahrheiten würden. Die besagten, dass es einen der Siegel bedurfte
um die anderen in seine Umgebung zu ziehen, vielleicht war das auch bereits
geschehen ohne dass er es wusste.

Diesmal kamen sie wirklich weit nach der Zeit und diesmal blieb das auch leider
nicht ungesehen. Jedoch beließ es der Professor bei einem tadelnden Blick bevor
er fort fuhr.
Sén war immer noch misstrauisch doch als sich keine weiteren ungewöhnlichen
Ereignisse abspielten hatte er den Vorfall fast wieder vergessen. In einer der
großen Pausen gingen sie gemeinsam in die Bibliothek und suchten nach weiteren
Hinweisen. Als sie ein vielversprechendes Pergament gefunden hatten, ließ Zhera
ihn allein, er wusste ohnehin bereits was darin geschrieben stand, doch er hielt
es für klüger den Jungen das erledigen zu lassen.

„Amnas, was hast du herausgefunden?“
Fragte er ihn abseits der anderen.
„Das ihr völlig richtig mit eurer Vermutung lagt. Das Tor scheint wirklich
eine Art Verbindung zu diesen Jungem hergestellt zu haben. Zumindest, kommen
alle seine sogenannten Halluzinationen, aus einigen Träumen die er hat. Das Tor
zeigt ihm beide Seiten, und er würde euch mit Sicherheit sofort erkennen wenn
ihr ihm gegenüber stündet. Genau genommen seid ihr das deutlichste in diesen
ganzen Bildern.“
„Gut, dann werde ich mich noch eine Weile um ihn kümmern. Wenn das Tor eine
Verbindung zu ihm gefunden hat, dann wird es nicht lang dauern bis die anderen
in Erscheinung treten werden, wenn sie nicht schon hier sind.“
„Aber was wollt ihr machen? Er traut uns nicht.“
„Er traut dir nicht Amnas, also halt dich besser auch in Zukunft zurück. Wir
können es noch nicht riskieren ihn alles zu sagen was wir wissen. Er muss erst
verstehen und dann selbst auf das kommen was er eigentlich jetzt schon
weiß.“
„Und wenn es soweit ist?“
„Wird er mir hoffentlich mit weniger Misstrauen entgegentreten.“
„Nun, wie ihr meint…“
„Gehen wir zurück, inzwischen dürfte er einen Teil gelesen haben.“

Tatsächlich hatte Zhera damit Recht, doch wirklich aufschlussreich war dieses
Pergament nicht. Sén seufzte leicht.
„Alles in Ordnung?“
„Was? Ach ihr seid es. Ja und nein, ich verstehe den Text nicht ganz.“
„Nun was sagt er denn?“
„Nicht viel, er erzählt von einer Verbindung und wie sie sich auf die
Schlüssel auswirkt. Ich weiß nicht was das soll. Wenn es eine Verbindung unter
diesen Schlüsseln gibt dann würde es doch, theoretisch, auch eine zu diesem
Tor geben. Wie sollte man es sonst finden?“
„Das Tor, sollte eigentlich gar nicht gefunden werden und eigentlich sollte
man die Siegel auch nicht aktivieren müssen. Es ist nicht vorgesehen, dass sich
die Schlüssel treffen. Das ist nur eine allerletze Maßnahme um das schlimmste
zu verhindern.“
„Woher weißt du das?“
„Na es steht doch da.“ Zhera deutete auf eine der Zeilen, die Sén noch gar
nicht angesehen hatte. Jetzt stellte er fest, dass es tatsächlich schwarz auf
weiß zu lesen war.
„Woher kannst du das eigentlich?“ erkundigte sich Alec.
„Was?“
„Na diese alte Schrift lesen.“
„Weiß ich nicht, es war einfach da. Ich hab sie gesehen und ich konnte sie
lesen. Meine Schwester erzählte mir mal, dass unser Ahnenstamm bis weit vor
Christi Geburt zurückreicht. Vielleicht war einer davon ja der Verfasser dieses
Pergamentes, wer weiß das schon. Das ist zwar eine lustige Vorstellung, aber
doch eher unwahrscheinlich, niemand kann einen Ahnenstamm so weit
zurückverfolgen.“
„Auch gut, dann ist es eben ein Wunder.“
„Ja, hab ich ihr auch gesagt.“
„Hm was hat das wohl zu bedeuten. Das Schlimmste zu verhindern?“
„Ich glaube diesen Punkt hatten wir schon angeschnitten. Du hast selbst gesagt
das es das eine ohne das andere nicht geben kann.“ Beantwortete Zhera seine
indirekte Frage nach einer Erklärung.
„Stimmt, aber was sollte dann ein Tor daran ändern?“
„Keine Ahnung, vielleicht zieht es den Stecker.“
„Wie soll es denn das machen? Es müsste dann ja, rein theoretisch wenigstens,
soviel negative und positive Energie besitzen um diese Defizite auf beiden mit
einem Schlag auszugleichen.“
„Na vielleicht hat es die ja.“
„Dann wäre es aber erst Recht besonders unklug wirklich danach zu suchen um
irgendwelchen Schabernack damit zu treiben.“
„Da hast du sicherlich Recht, aber dann hätte man es niemals erwähnen
sollen.“
„Hm stimmt auch wieder. Aber wieso eigentlich, wenn doch alles in Ordnung
ist?“
„Wir wissen doch gar nicht ob alles in Ordnung ist. Was ist wenn die beiden
Seiten gerade vor diesem Tor stehen und versuchen es zu öffnen?“
„Jetzt wird es mir aber ein wenig zu unglaubwürdig.“
„Wieso?“
„Wenn das Tor wirklich so mächtig sein soll, das es mit einem Schlag alles
beenden kann, dann ist es sicher schon eine Herausforderung überhaupt in seine
Nähe zu kommen. Ich meine, haben die nicht immer sowas wie ein
Schutzschild?“
„Ja stimmt, das ist wirklich ein wenig absurd.“
„Können wir dann langsam zurück gehen?“ mischte sich Amnas ein, der noch
immer nicht ganz verstand worauf Zhera eigentlich hinaus wollte.
„Das sollten wir, ja.“
„Ich komm gleich nach, ich geh schnell kopieren.“ Erwiderte Sén, der erst
jetzt begriff, dass er unbewusst etwas gesagt hatte, ohne es irgendwo gelesen zu
haben. Kopfschüttelnd machte er sich auf den Weg und war kurz darauf ebenfalls
im nächsten Seminar angekommen.

Kapitel 5



Er war ganz froh dass er endlich zurück fahren konnte.
Die Ereignisse und
Erkenntnisse dieses Tages, hatte unangenehme Ähnlichkeit mit dem was er geträumt hatte, vielleicht nicht identisch, aber nah genug an diesen Bildern dran. Zhera und Amnas folgten ihn.
„Was werdet ihr nun weiter unternehmen? Er scheint tatsächlich einen der
Ringe zu besitzen.“
„Ich werde gar nichts unternehmen, sondern du.“
„Was befiehlt ihr?“
„Suche dir noch ein paar Lakaien und sorge dafür, dass sie auf den Jungen
achten. So etwas wie heut morgen darf kein zweites Mal passieren. Sie werden
dafür sorgen das keiner auch nur in seine Nähe kommt der nicht auf meiner Seite ist und wenn doch werden sie ohne weiteres eliminiert. Und wenn du schon dabei bist, keiner wird den Jungen anrühren, keiner außer mir selbst sollte es nötig sein.“
„Ich habe verstanden, ich werde mich sofort auf den Weg machen.“
„Gut.“

Kurz darauf war Amnas in einem der Konferenzräumen verschwunden und mit ihm ein
paar wenige Gestalten die, wie er, alles für ihren Gebieter tun würden, ein Teil waren weibliche Dämonen, der andere war ihm schon seit Jahrtausenden loyal ergeben.
„Was hast du, das du uns hier her bestellst?“
„Ich habe neue Befehle von Zheranoth.“
„Ist er immer noch in der Welt der Menschen?“
„Ja, und da wird er wohl auch noch eine Weile bleiben.“
„Das kann ja nur bedeuten er war bei der Suche erfolgreich.“
„Das ist möglich, aber genau weiß ich es nicht.“
„Nun wie lauten seine Anweisungen?“
„Er befiehlt, dass sich ein paar von euch um diesen Jungen kümmern.“
Amnas erzeugte ein Bild von Sén. „Keiner außer ihm selbst darf ihn anrühren, aber ihr sollt dafür sorgen dass keiner auch nur in seine Nähe kommt, der gegen Zheranoth ist. Sollte einer versagen wir er vernichtet.“
„Och wie Schade, so ein hübsches Exemplar und dann darf man nur gucken.“
„Und du tust gut daran dich daran zu halten Menora, es sei denn du möchtest
in Missgunst fallen.“
„Natürlich nicht. Ich werde gern ein Auge auf ihn haben.“
„Gut, dir ist klar, dass du in einem Kampf trotzdem unterliegen könntest?“
„Ja das ist mir natürlich klar. Aber wenn nicht, steige ich eine Stufe auf
und darf den Fürsten persönlich sehen wann ich es möchte.“
„Wer noch?“
Es fanden sich wie erwartet genügend Freiwillige, auch wenn viele von ihnen
zweifelhafte Motivationen hatten. Die meisten wollten einfach nur die Gelegenheit nutzen um auch einmal in Zhera´s Nähe sein zu können, wenn sie schon so kaum eine Chance hatten ihn zu sehen oder zu sprechen.

Am Abend kehrte Amnas zurück.
„Ich habe eure Befehle ausgeführt. Ab sofort werden ständig Wachen um ihn
sein.“
„Sehr gut, sag ihnen sie sollen sich versammeln, ich möchte sie sprechen.“
„Das wird sie sehr freuen mein Fürst.“ Dann war er verschwunden.

„Hört her, Zheranoth möchte das ihr euch versammelt. Er möchte euch sprechen. Sofort.“
Das sofort hätte er sich eigentlich auch sparen können, denn schon nach den
ersten Worten waren einige schon verschwunden.
Zhera erwartete sie wie Amnas gesagt hatte.
Die meisten hatten sich schon ihm Halbkreis um ihn versammelt und die Häupter gesenkt. Jeder wollte ihn sehen, keiner hatte jedoch den Mut dazu aufzublicken ohne einen klaren Befehl.
„Steht auf, das ist ja lächerlich und noch dazu mehr als unpassend, schließlich sind wir hier in der Welt der Menschen.“
Sofort gehorchte jeder.
„Amnas hat euch schon gesagt wofür ihr gebraucht werdet. Um eines ganz deutlich klar zu machen. Ihr werdet dafür sorgen das Sén euch weder sieht noch wahrnimmt. Ihr werdet euch ihm auch nicht zeigen, es sei denn es geht nicht anders. Sollte einer von euch seinen Auftrag nicht erfüllen, werde ich mich
persönlich darum kümmern. Niemand nähert sich ihm und niemand rührt ihn an, niemand außer mir selbst. Habe ich mir deutlich ausgedrückt?“
„Jawohl!“ erscholl es wie im Chor.
Dann nahm er wieder die Gestalt des Studenten an, für den ihn alle halten sollten.
„Und vergesst nicht, ich weiß ganz genau was ihr gerade treibt. Sollte es Probleme geben, werdet ihr mir das ohne Umwege melden, allerdings werdet ihr dafür genauso eine Gestalt annehmen wie ich oder wie Amnas. Und keine Sorge, solang ihr euch in meiner Nähe befindet, kann euch keiner in eurer wahren
Gestalt erkennen. Ihr müsst euch auch nicht umständlich bemerkbar machen. Der Junge kennt mich unter den Namen Zhera, vermeidet aber meinen kompletten Namen.
Sollte es Überläufer unter euch geben, werden die keine Möglichkeit haben
etwas zu berichten. Ich werde sie finden, dafür braucht es nur einen Atemzug.
Macht euch an die Arbeit.“
„Jawohl mein Fürst.“ Damit waren sie verschwunden.
„Gute Arbeit.“
„Ich tue nur was ihr befehlt.“
„Geh jetzt ich werde noch einmal nach dem Jungen sehen.“
„Jawohl.“

Wie erwartet, war Sén noch nicht zurück. Erst als es weit nach 23 Uhr war sah er ihn kommen.
„Zhera? Was machst du denn um die Zeit noch hier? Ich hab dir doch gesagt das
ich unter der Woche keine Zeit habe.“
„Ich weiß, aber du hast die hier verloren.“
„Oh, das hab ich gar nicht bemerkt, danke.
Zhera winkte ab, dann gab er ihm seine Tasche und wollte gerade gehen.
„Möchtest du kurz mit rein kommen?“
„Möchtest du nicht lieber schlafen?“
„Nur einen Moment, ich hab da noch was gefunden was ich nicht einordnen kann,
vielleicht möchtest du es dir kurz ansehen.“
„Kannst du das nicht einfach mitbringen?“
„Schwerlich, es lässt sich nicht so gut transportieren.“
„Na gut aber wirklich nur kurz einen Blick drauf werfen.“
„Super. Danke.“

Er führte ihn in die obere Etage. Im alten Arbeitszimmer seines Vaters, zierte ein riesiges Buch die Tischplatte. Es war ungefähr dreimal größer als ein normales Buch und ungefähr 1000mal dicker. Zhera wusste sofort, das es sich um ein Relikt handelte, das normalerweise nicht einfach so in einem Zimmer
aufgebaut werden konnte.
„Wo hast du das denn her?“
„Das gehört mir nicht, das hat mein Vater eines Tages angeschleppt als er von
einer Reise zurück kehrte.“
„Und wo hat er es her gehabt?“
„Er hat es in einer alten Hütte gefunden, eingelassen in den mindestens
genauso alten Schreibtisch, der plötzlich zusammen gebrochen war. Aber das ist
nicht das einzige was ich dir zeigen wollte.“
„Sondern?“
„Hier, sieh dir diese alte Zeichnung an.“
Er tat es und war einigermaßen überrascht. Sie zeigte das Tor und seine sieben
Siegelringe. Wenigstens annähernd.
„Und das soll es sein?“
„Zumindest behauptet das der Verfasser dieses Wälzers.“
„Da fehlt ein Symbol.“ Erwiderte Zhera unbewusst.
„Woher willst du das denn wissen?“
„Hm?“
„Na das da ein Symbol fehlt.“
„Naja, es sind sieben Ringe aber nur 6 Symbole.“ Antwortete er schnell.
„Stimmt…du bist aber ganz schön kleinlich.“
„Es sind die kleinen Dinge die man besser im Auge haben sollte, nicht nur die
offensichtlichen.“
„Ja, damit hast du sicher Recht.“
„War es das?“
„Für heute schon, wenn mehr Zeit ist, könnten wir uns das Buch vielleicht ein wenig genauer ansehen.“
„Gute Idee.“
„Aber sag mal…wo musst du eigentlich hin?“
„Zurück in die Stadt.“
„Es ist fast zwölf.“
„Und?“
„Du kannst auch hier bleiben, ist ja nicht das erste Mal.“
„Nein, ich möchte keine Umstände machen.“
„Machst du nicht. Es gibt ein Gästezimmer, das immer vorbereitet ist. Ich weiß ja nie wann Mika hier unangemeldet aufkreuzt, wenn sie mal wieder vergessen hat, anzurufen das sie in Begleitung kommt.“
„Na vielleicht hast du Recht.“
„Komm, ich bring dich hin.“
Sén ging an ihm vorbei, an das andre Ende des Ganges. Sein Zimmer befand sich
auf der andren Seite, nur zwei Türen weiter.
„So hier wären wir. Es gibt noch ein angrenzendes Bad.“
„Danke.“
„Nicht dafür. Gute Nacht.“
„Gute Nacht.“

Eine gute Gelegenheit herauszufinden was Sén wohl genau sah. Der war natürlich wieder auf der Stelle eingeschlafen. Wieder sah er dieselben Bilder und wieder sah er Zhera sehr deutlich vor sich, oder das was er für ihn hielt, ebenso den Dämon der an der Spitze der Dunkelheit zu schweben schien.
Die Warnung des Tores war so eindeutig, das er sich wunderte, wieso Sén sie nicht wirklich ernst nahm. Das würde sich noch ändern, dessen war sich Zhera ziemlich sicher. Noch hatte er weder einen Engeln oder einen Dämonen, wirklich
zu Gesicht bekommen und das obwohl er täglich von ihnen umgeben war.

Er ging zurück. Einzig sein klares Abbild beunruhigte ihn ein wenig. Wieso war
das so? Sén schien tatsächlich mehr von diesem Bild fasziniert zu sein als
von den anderen Eindrücken die ihm das Tor sandte. Vielleicht begünstigte sein
persönliches Interesse auch dieses Abbild. Schließlich war er stets in seiner
Nähe und der Junge regelmäßig seinem Geist ausgesetzt, zumindest Zhera wusste
das, er nahm ihn nicht wahr.

Am nächsten Morgen wurde Sén erneut unsanft von seinem Wecker aus dem Schlaf
gerissen, doch diesmal war ein bestimmter Eindruck in ihm zurück geblieben. Er
glaubte, die Präsenz dieses Dämonenfürsten so deutlich wahr zu nehmen, das es beinahe zu real schien um nur ein Traum zu sein. Er schüttelte den Kopf, in letzter Zeit hatte er schon ziemlich eigenartige Gedanken. Schließlich stand er endgültig auf, duschte, zog sich an und machte Kaffee. Kurz darauf leistete ihm Zhera Gesellschaft.
„Das ist sicher nicht ganz einfach oder?“
„Was meinst du?“
„Neben der Uni noch zu arbeiten.“
„Es geht, die erste Zeit war es zwar mühsam, aber es ist deutlich besser geworden. Ich glaube langsam gewöhn ich mich daran.“
„Sicher?“
„Ja ich denke schon, auch wenn ich mitunter ziemlich verrückte Sachen träume.“
„Zum Beispiel?“
„Zum Beispiel über irgendwelche Schlachten und irgendwelche Wesen.“
„Du hast eben eine lebhafte Phantasie.“
„Schon möglich, nur langsam könnte sie sich mal was neues Ausdenken.“
„Vielleicht ist es ja auch eine Art Hinweis.“
„Wenn man ständig dasselbe sieht? Das glaube ich eher nicht. Und selbst wenn, auf was könnte dieser Traum denn hinweisen?“
„Ich kenn ihn ja nicht, aber vielleicht solltest du mal drauf achten.“
„Ja, kann ich ja versuchen.“
Als sie fertig waren, machten sie sich zusammen auf den Weg.
Amnas erwartete sie bereits.

Die ersten Stunden verliefen zähflüssiger als Teer, so zumindest kam es dem Jungen vor.
Obwohl er noch heut morgen behauptet hatte, er hätte sich schon recht gut an seinen Tagesablauf gewöhnt, war er wie erschlagen. Der wenige Schlaf machte sich deutlich bemerkbar, und er hatte Mühe die Augen aufzuhalten. Der Pausenschlag rettete ihn, endlich konnte er den Raum verlassen und kurz an die frische Luft gehen.

Das war ein Fehler, die frische Luft machte ihn noch mehr zu schaffen als der
stickige Raum. So nahm er erst sehr viel später eine Bewegung war, die schon wieder ein eigenartiges Gefühl in ihm wachrief.
Der Schemen befand sich keine 10 Meter vor ihm und hielt auf ihn zu. Genau in diesem Moment kam ein zweiter dazu und stellte sich zwischen ihn und den anderen.
Sén blinzelte ein paar Mal und rieb sich die Augen, aber das Bild blieb das gleiche.
Inzwischen hatten die beiden Schemen Formen angenommen, und die sahen irgendwie
nicht wirklich menschlich aus.
„Was ist denn hier schon wieder los?“ murmelte er. Doch schon wurde er von einer Böe getroffen.
Sén wankte ein paar Schritte zur Seite und plötzlich war die Müdigkeit wie weggeblasen.
Vor ihm spielte sich grad eine ganz und gar unwahrscheinliche Szene ab. Die beiden Gestalten sahen fast so aus wie die einzelnen wenigen Gestalten in seinem Traum. Nur das die hier sehr viel realer waren.
„Dämonen?“ entfuhr es ihm.
„Nein, Gartenzwerge.“ Schnappte es zurück.
Das war ganz eindeutig eine weibliche Stimme und sie kam genauso deutlich von dem Wesen das sich schützend, oder wenigstens sah es aus als wäre es so, vor ihn gestellt hatte.
„Aber sag mal…solltest du jetzt nicht irgendwas andres machen als nur blöd
hier rum zu stehen und zu staunen?“
„Und was zum Beispiel?“
„Na vielleicht sowas wie davon laufen, was weiß ich denn was ihr Menschen
macht, wenn ihr was seht was nicht in euren Verstand will.“
„Moment wer sagt denn das ich nicht grad träume.“
„Ich sag das. Und jetzt solltest du wirklich verschwinden.“
Verwirrt und ein wenig perplex ging er ein paar Schritte rückwärts. Das genügte um nun auch den andren Dämon auf den Plan zu rufen. Der sah irgendwie nicht annähernd so freundlich aus wie der der mit ihm gesprochen hatte, wenn er mit ihm gesprochen hatte und er sah auch nicht so aus, als würde er sonderlich
lang fackeln.
„Geh mir aus dem Weg.“ Fuhr der den andren an.
„Ich denk ja gar nicht dran. Du lässt den da schön in Ruhe.“
„Was ist denn hier los?“ Plötzlich war noch ein weitere aufgetaucht. Der sah auch nicht sonderlich freundlich aus. Er hatte zwar ein ziemlich menschliches Aussehen, aber da waren ein paar Unterschiede die diesen Eindruck
zu nichte machte. Er war zwar nicht überdimensional groß, aber die langen
Nägel und die etwas längeren Eckzähne waren schon ungewöhnlich genug, davon, das er über den Boden schwebte, mal ganz abgesehen.
Dazu trug er eine Art Hose, mit unzähligen Schnallen, dazu passendes Schuhwerk sowie ein passendes Oberteil. Die unnatürlichen Haare, die irgendwie blau waren, passten auch nicht
wirklich zu einem Menschen.
„Amnas?“
„So heiß ich. Was soll das, hast du vergessen wie deine Aufgabe lautet?“
So langsam dämmerte es Sén. Die drei Dämonen hatten alle einen andren Rang.
Während die der ersten beiden relativ niedrig sein mussten, war der des dritten
schon um einiges Höher.
„Nein, sonst wäre ich ja jetzt nicht hier.“
„Wieso bist du es dann?“
„Er hat das Schild unbemerkt passiert, ich konnte grad noch schlimmeres verhindern.“
„Seit wann kann ein Schild unbemerkt passiert werden Hybris?“
„Ich weiß es nicht, er ist auch irgendwie nicht mehr der alte.“
„Dann weißt du ja was du zu tun hast.“
„Du könntest mir ja helfen.“
„Und warum sollte ich das tun? Ihr habt Zh...unseren Fürsten doch gehört, was glaubst du stellt er mit mir an wenn ich ihn wegen so einer Kleinigkeit belästigen würde?“
„Du musst es ihm ja nicht verraten.“
„Ich glaube das ist auch gar nicht nötig…“ mischte sich Sén plötzlich dazwischen.
„Wer hat dich denn gefragt? Wieso bist du überhaupt noch hier?“
„Ich mein ja nur. Wenn euer Fürst, euer Fürst ist, dann weiß er doch sicher schon was ihr hier veranstaltet.“
„Damit hat er nicht ganz Unrecht. Also beseitige dieses Problem.“
„Ich bin dabei.“
„Vielleicht verratet ihr mir erst mal was ihr überhaupt von mir wollt?“
„Ich will gar nichts von dir, aber der da, der will was von dir und das muss ich verhindern.“
„Aha und wenn dir das nicht gelingt?“
„Ist es sowieso egal. Ich überlebe es so oder so nicht. Wenn der da mich nicht vernichtet tut es mein Herr.“
„Ihr habt ja seltsame Gepflogenheiten.“
„So ist das eben, als niederer Dämon hat man nicht viel zu lachen, man hat eine Aufgabe zu erfüllen und wenn man der nicht gewachsen ist heißt es auf nimmer wiedersehen.“
„Dafür seid ihr aber ziemlich gesprächig…“
„Man lebt eben nur einmal und wenn das so kurz ist wie meins grad zu werden droht, hab ich nichts zu verlieren. Jetzt tu mir aber bitten einen Gefallen und mach dich vom Acker, sonst erregst du nur noch mehr Aufsehen, ich bin nicht sonderlich scharf darauf meinen Herrn auf die Bildfläche zu rufen.“

Dieser Hinweis kam ein wenig zu spät. Zhera hatte schon mitbekommen was vor sich gegangen war und hatte sie aus dem Hintergrund heraus beobachtet.
Inzwischen war es ihm aber auch zu bunt geworden. Was sollte es schon, später
würde er ihn wecken und behaupten er hätte alles nur geträumt.
„Was soll dieses Theater?“
Sén musste nicht wirklich lang überlegen wen er da gerade vor sich stehen hatte, es war als würde ihn der Schlag treffen. Ihn kannte er, ihn erkannte er sofort, aber woher hatte er dieses Bild gehabt? War das nicht alles nur ein
Traum?
Eigentlich wollte er sich gerade der Bitte der Dämonin beugen, nun aber verharre er auf der Stelle und sah Zhera an.
„Äh…ich kann das klarstellen…dieser…dieser…“
„Halt die Klappe Hybris.“
„Jawohl…“
Der nächste Schlag traf den Jungen. Entgegen seiner Position war seine Stimme
unglaublich klar und auf erschreckende Weise sanft. Wenn er wirklich der war für den er ihn hielt, dann passte das noch weniger zu der Vorstellung eines Dämonenherrschers, als sein Aussehen.
„Und was dich angeht…ich weiß zwar nicht, was Tugar dir versprochen hat, aber du wirst keine Gelegenheit mehr haben es einzufordern.“

Entgegen Sén´s Erwartung der Dämon würde sich gleich zu Füßen seines Gebieters werfen und um irgendwas betteln flog der plötzlich auf eben diesen zu und griff ihn tatsächlich an.
„Ist der denn ganz und gar bescheuert?“
„Schätze eher der hälts genauso wie du…wenn er nicht gegen dich stirbt, stirbt er eben so.“
„Du bist ganz schön frech…“
„Danke ebenfalls. Aber sag mal, schickt er dich wirklich in die ewigen Jagdgründe? Ich meine immerhin hast du mir ja doch irgendwie geholfen…“
„Sicher wird er das…doch das wusste ich vorher, er hat uns ja gewarnt.“
„Er sieht mir gar nicht so grausam aus.“
„Wieso grausam? Er ist doch eher eine atemberaubende Erscheinung.“
„Ich fürchte darin muss ich dir sogar Recht geben…“ erwiderte Sén immer noch den Blick an ihm gefesselt.
„Er ist nicht grausam, aber solche wie mich gibt es mehr als genug. Außerdem
habe ich meine Aufgabe nicht erfüllt und bin es sowieso nicht würdig noch länger unter ihm zu dienen.“
„Du meinst du würdest dich auf der Stelle ausradieren wenn er es dir sagen würde?“
„Dafür bin ich da und dafür lebe ich.“
„Oh man das ist schon ein bisschen gewöhnungsbedürftig.“
„Aber eigentlich solltest du dich eher um dich selbst sorgen…“
„Wieso?“
„Du starrst ihn ja immer noch an…pass auf das er dich nicht in seinen Bann zieht, das könnte mächtig Ärger geben.“
„Ich bin nur überrascht…“
„Ja sicher…“
„Was hast du denn jetzt vor?“
„Na was wohl ich verschwinde. War nett mit dir zu Plaudern.“
Dann sprang sie auf und löschte sich und den anderen Dämon mit einem Schlag aus, bevor dieser tatsächlich auf Zhera treffen konnte.
„Hm…“
„Hm? Mehr fällt dir dazu nicht ein?“ fragte Sén fast ein wenig empört, bevor er sich entsann mit wem er da eigentlich grad sprach.
„Entschuldigung…“
„Amnas!“
„Hier bin ich.“
„Hol sie her.“
„Alle?“
„Nein! Natürlich alle was soll diese blöde Frage? Und was dich angeht…bevor ich mich wundere was du überhaupt noch hier zu suchen
hast…“
Sén starrte ihn tatsächlich immer noch an. Ein eiskalter Schauer jagte ihn über den Rücken.
Waren das wirklich lila Augen?
„Sag mal…ist irgendwas?“
„Was?“
„Du stehst hier rum wie ein Ölgötze. Jeder normale Mensch wäre lang über alle Berge, was willst du noch hier?“
„Die Frage ist ja wohl eher, was sollte das hier?“
„Du besitzt etwas, was dir Arid wegnehmen wollte.“
„Und was soll das bitte sein?“
„Etwas von besonderem Wert, du solltest wirklich vorsichtiger mit der Wahl deiner Freunde sein.“
„Wie bitte? Na…und wieso wollte mir diese Hybris dann helfen?“
„Weil es ihre Aufgabe war. Du stellst zu viele Fragen, aber jetzt bin ich
dran. Bist du Herr deines Schicksals oder Sklave deiner Angst?“
„Hm?“
Plötzlich wurde es dunkel um ihn und alles war verschwunden, bevor er allmählich eine andre Stimme wahr nahm.
„He!“
Blinzelnd schlug er die Augen auf.
„Na endlich wach. Wolltest du dir hier draußen den Tod holen?“
„Was?“
„Du bist auf der Bank eingeschlafen.“
„Eingeschlafen?“
„Eingeschlafen…sag mal alles in Ordnung du siehst aus als hättest du ein Gespenst gesehen. Vielleicht solltest du besser nach Hause gehen und dich noch ein bisschen ausruhen.“
„Aber ich hab doch gar nicht geschlafen…“
„Sén…ich habe eben geschlagene 5 Minuten versucht dich zu wecken, was hast
du denn sonst getan?“ fragte Zhera ihn.
„Oh man…was für ein verrückter Traum…“
„Die meisten sind verrückt…was ist jetzt? Gehst du nach Hause?“
„Nein…ich bleib hier…“
„Wie du willst, dann komm, die Pause ist lang vorbei.“
Er folgte ihm ins Gebäude.

Glücklicherweise nahm keiner merklich Notiz von seiner Verspätung. Aber so wirklich auf den Unterricht konnte er sich auch nicht konzentrieren. Selbst wenn alles nur ein Traum war, es kam ihm unheimlich real vor, schon fast zu real.
Doch offensichtlich hatte Zed recht mit dem was er gesagt hatte. Zumindest hatte ihm seine Phantasie nun mal gezeigt wie sie sich Dämonen vorstellte. Aber am meisten verwirrten ihn die Fragen von deren Herrn. Was sollte das?
„Sén?“
„Was?“
„Du träumst ja immer noch.“
„Ich…nein ich hab nur an etwas denken müssen…“
„Na schön, ich bin gleich zurück, versuch nicht wieder einzuschlafen.“
„Nein, nein.“
Damit stand er auf und ging nach draußen.

„Amnas.“
„Hier bin ich.“
„Wo hast du sie versammeln lassen?“
„In der Sporthalle.“
„Gut.“
Im nächsten Moment war er schon da.
„Ich glaube ich muss euch nicht erklären was ich von euch wissen will.“
„Nein mein Gebieter.“
„Also wie konnte das passieren? Ich dachte ich hätte mich deutlich ausgedrückt.“
„Es war wie Hybris sagte…er hat sich unbemerkt durch die Schilde geschlichen…wir wissen nicht wie das passieren konnte.“
„Niemand schleicht sich unbemerkt durch irgendwelche Schilde.“
„Er konnte es, er war auch nicht mehr er selbst, etwas Fremdes war um ihn.“
„Davon konnte ich mich selbst überzeugen. Ihr müsst unbedingt wachsamer sein, diese Aktion möchte ich nicht noch einmal erleben, ihr habt
unwahrscheinliches Glück das der Junge heute völlig übermüdet ist und es so ein leichtes ist ihn zu täuschen. Noch einmal werde ich so einen Fehler nicht übersehen und jeden, der sich zum Zeitpunkt in der Nähe befunden hat,
bestrafen.“
„Es wird nicht wieder geschehen.“
„Ich werde euch einen anderen Zauber zur Verfügung stellen, dieser sollte solche Aktionen unmöglich machen. Aber dies ist die letze Hilfe die ich euch gewähre.“
„Das ist mehr als wir verdienen mein Gebieter.“
„Macht euch an die Arbeit.“
„Jawohl.“
Damit waren sie verschwunden.
„Und du, lässt solche Mätzchen in Zukunft gefälligst nicht mehr durchgehen.“
„Es war keine Absicht…ich werde ebenfalls wachsamer sein.“
„Das rate ich dir. Sén ist nicht blöd, wenn er dich auch nur noch ein einziges Mal sieht, wirst du die Konsequenzen dafür tragen.“
„Natürlich.“
„Gut, gehen wir zurück, wer weiß was er sich sonst noch alles zusammenreimen könnte.“

Tatsächlich grübelte Sén noch immer über dieser einen Frage. Er hatte sie zwar gehört, aber welcher Grund stand dahinter, dass er sie stellte?
Entweder verlor er tatsächlich langsam den Verstand, oder er hatte gar nicht geträumt. Er sollte schleunigst damit beginnen, ernsthaft nach Hinweisen zu suchen, die wenigstens einen kleinen Teil dieser These festigen konnten.
Eigentlich wäre ihm auch schon geholfen, wenn ihm jemand versicherte, dass er tatsächlich gesehen hatte, was er dachte.
„Kommst du?“
„Was? Wohin?“
„Zur nächsten Vorlesung? Oder willst du hier sitzen bleiben und die Wand hypnotisieren?“
Zhera hatte ihn einen Moment lang beobachtet. Bisher verlief alles nach Plan.
Amnas schüttelte unbemerkt den Kopf. Er verstand seinen Herrn einfach nicht.
Es war doch offensichtlich, das der Junge völlig eingenommen von seiner Erscheinung gewesen war.
„Nein, natürlich nicht.“
„Das muss ja wirklich ein verrückter Traum gewesen sein, das du immer noch völlig neben der Spur bist.“
„Auf jeden Fall war er seltsam genug.“
„Seltsam ist ein dehnbarer Begriff. Man könnte auch einen Blitz als seltsam bezeichnen.“
„Nein, nicht auf diese Weise seltsam, vielleicht ist seltsam auch das falsche
Wort, er war anders…irgendwie fast zu wirklich um nicht mehr als ein Traum gewesen zu sein.“
„Na wer weiß, vielleicht offenbart deine Neugier nach dem Tor und der Suche
der drei Welten das du selbst was damit zu tun hast.“
„Machst du dich etwa lustig?“
„Nein, aber findest du es nicht ein bisschen merkwürdig, dass dieses Durcheinander überhaupt erst mit unserer Unterhaltung begonnen hat?“
„Nun sei doch nicht albern. Das ist doch nur Zufall.“
„Und davon bist du überzeugt?“
„Ich weiß nicht. Eigenartig ist es schon, aber dieser Zusammenhang passt nicht in diese Welt.“
„Wenn es danach ginge, würde so einiges nicht in diese Welt passen.“
„Stimmt auch wieder.“
„Vielleicht sollten wir die letzen Stunden einfach vergessen und uns um dein
Wunderbuch kümmer. Du kannst dich ja doch nicht mehr konzentrieren.“
„Das geht doch nicht.“
„Und wie das geht, los komm.“ Er zog ihn auf die Beine und hinter sich her.

Für einen Moment war Sén so perplex das er sich das einfach gefallen ließ.
Bis ihn bewusst wurde wie das für andere aussehen musste.
Schnell löste er sich aus Zhera´s Griff.
Tatsächlich waren sie nach ein paar Minuten auf den Weg zu Sén.
Amnas sollte sich im Hintergrund halten, nur für den Fall das sein Eingreifen
tatsächlich von Nöten war.

Zusammen begannen sie die Seiten des Buches nach Hinweisen zu durchforsten. Der
Erfolg hielt sich in Grenzen, einige Dinge waren zwar korrekt überliefert, aber
ein nicht ganz zu verachtender Teil war unbrauchbar. Insbesondere die Passage die sich mit den Fähigkeiten der Ringe rühmte.
„So ein Blödsinn.“ Murmelte Zhera.
„Warum?“
„Glaubst du das etwa?“
„Wieso nicht? Könnte doch gut möglich sein, dass sich die Ringe selbst verteidigen wenn sie in Gefahr wären.“
„Dann definiere diese Gefahr doch mal genauer. Hast du schon vergessen, das, wenn das alles so sein sollte, die Träger nicht mal selbst wissen das sie die Ringe besitzen?“
„Aber du hast doch auch gesagt, dass man sie nicht sehen kann, zumindest nicht wenn sie nicht benötigt werden.“
„Man kann sie auch nicht direkt sehen, aber wenn, würden wahrscheinlich alle, außer die Menschen ihre Präsenz wahrnehmen, sofern man wirklich nach ihnen sucht und dann müssten wir tatsächlich von Gefahr sprechen, es sei denn du
siehst das anders.“
„Nein, du hast ja Recht, aber dann muss es ja trotzdem auch einen Weg geben, das selbst mit zu schneiden.“
„Den gibt es, wenn die Zeit gekommen ist. Schließlich müssen sie ja immer noch reaktiviert werden.“
„Wenn man dir so zuhört, kommt man leicht auf den Gedanken, dass du das alles tatsächlich weißt und es nicht nur vermutest. Manchmal frage ich mich ob du wirklich der bist der du vorgibst zu sein.“
„Was soll ich denn deiner Meinung nach verbergen?“
„Ich weiß nicht, sag du´s mir.“
„Kann ich nicht.“
„Warum? Ist die Zeit noch nicht gekommen?“
„Quatsch, ich kann´s nicht weil ich nichts verberge.“
„Das glaub ich dir zwar nicht ganz, aber das ist in Ordnung. Schließlich sollte man ein paar Geheimnisse für sich behalten, solang man nicht sicher ist einem anderen trauen zu können.“
„Siehst du, also bist du der einzige der irgendwas noch verbirgt.“
„Das täuscht. Es gibt nichts zu verbergen, es sei denn deine Theorien werden
irgendwann Wirklichkeit, dann müsste ich langsam anfangen mir tatsächlich Gedanken zu machen.“
„Und dann? Was wäre dann deiner Meinung nach das wichtigste für jetzt?“
„Heraus zu finden ob die Ringe gefährlich werden könnten, wenn man sie unterschätzt.“
„Werden sie nicht. Jeder der sie besitzt, ist einzig nach dem Privileg ausgewählt, das er sie richtig gebraucht und einsetzt.“
„Und woraus schließt du das?“
„Alles andere wäre Selbstmord.“
„Woher weißt du das alles? Das kann doch nicht wirklich nur einfache Theorie sein.“
„Ich versuche nur eins und eins zusammen zu zählen.“
„Es hat nicht viel Sinn mit dir zu Diskutieren oder?“
„Nein.“
„Gut, dann nehm ich das einfach mal so hin. Was ist hiermit?“
„Auch Blödsinn.“
„Warum?“
„Das Tor befindet sich sicher nicht hier.“
„Sondern?“
„Streng genommen muss das Tor ja irgendwohin führen, und das geht nur wenn es noch ein anderes gibt.“
„Also gibt es eins in der Welt der Dämonen und eins in der Welt der Engel. Da die Welt der Menschen, sowas wie eine neutrale Zone ist.“
„Das ist auf jeden Fall wahrscheinlicher.“
Sén blättere weiter. Im Grunde war ihm das Tor und alles was damit zusammenhing im Moment völlig egal. Er wollte etwas über Dämonen oder Engelfinden.
„Wonach suchst du eigentlich?“
„Ich frage mich ob sie in diesen Seiten nicht auch eine Passage über Engel und Dämonen finden lässt.“
„Wieso ist das wichtig?“
„Nur so, es interessiert mich einfach, ich möchte mir auch ein Bild davon machen.“
„Erledigt das nicht schon deine Phantasie?“
„Naja, etwas Schriftliches wäre mir lieber.“
„Aber hast du da nicht etwas entscheidendes übersehen?“
„Was denn?“
„Wenn du etwas darüber findest, und du müsstest dich für eine Seite
entscheiden, wäre es dann nicht besser, nichts zu wissen?“
„Wie meinst du das?“
„So wie ich es gesagt habe. Würde alles was du erfährst nichts anderes sein als Theorien? Ich meine wer sagt dir denn das es stimmen würde was du erfährst? Und was wäre wenn es in Wirklichkeit ganz anders wäre?“
„Was sollte ich denn da anderes erfahren? Engel werden immer als die Guten gesehen und die Dämonen immer als die Bösen.“
„Und woher weißt du dass das stimmt?“
„Woher willst du wissen dass es nicht so ist?“ fragte er zweifelnd.

Plötzlich fiel ihm der Traum, wenn es denn einer war, wieder ein. Ihn wollte ein Dämon angreifen, aber ein anderer hatte ihm geholfen…und nicht nur das, selbst der Fürst hatte nichts getan, was dem entsprach was man von ihm erwartet hätte. Er hatte weder den einen noch den anderen ausgelöscht, sie haben es selbst getan. Und, das wichtigste, einen Engel hatte er da nirgendwo entdecken
können.
„Siehst du, nun kommen dir Zweifel auf.“
„Ich bin nur irritiert.“
„Wovon? Von so ein paar zweifelhaften Fragen?“
„So zweifelhaft sind die gar nicht. Niemand weiß wie es wirklich ist, was wenn es gar keinen Unterschied zwischen ihnen gibt?“
„Das wage ich dann doch zu bezweifeln.“
„He, du hast schließlich damit angefangen.“ Protestierte Sén.
„Ok, lassen wir das. Hier, das solltest du dir mal ansehen.“
Er deute auf eine Illustration. Sie stellte ein Schmuckstück dar. Sén müsste
es eigentlich erkennen.
„Was ist das?“ er beugte sich näher zu ihm, und zuckte augenblicklich wieder zurück.
Es war die Maske die er beim Herrn der Dämonen gesehen hatte. Zweifellos, aber was hatte sie in diesem Buch hier verloren?
„Das hab ich schon mal gesehen. Eine Maske aus schwarzem Gold, die gehört dem Fürst der Dämonen…aber wie kommt die in das Buch?“
„Du meinst das glaubst du.“
„Nein ich hab sie gesehen.“
„Und wo?“
„Na bei diesem Dämon eben.“
„Bei welchem?“
„Der von dem ich dir erzählt hab…oder wenigstens den ich gemeint hab.“
„Ich dachte schon. Diese Maske wurde niemals gefunden, gesehen oder in irgendeiner Weise erwähnt.“
„Und wieso ist sie dann da?“
„Weil sie ein Prophet gesehen haben will.“
Er nickte. Allmählich wurde es ihm ein wenig unheimlich.
„Wollen wir nicht erstmal eine Pause oder so machen?“
„Ist dir nicht gut?“
„Doch, warum?“
„Kriegst du jetzt doch langsam Angst?“
„Wovor denn? Vor ein paar albernen Träumen?“
„Na wer weiß. Aber eine Pause klingt gut.“

Sén war fast im selben Augenblick nach unten gegangen, hatte Kaffee zugesetzt und ein paar Kekse auf ein Tablett gelegt.
Nun wartete er darauf, dass die braune Flüssigkeit fertig war und er sich ins
Wohnzimmer setzen konnte.

„Zehra…was habt ihr eigentlich vor?“ Amnas hatte sich zu seinem Herrn gesellt als der Junge außer Sicht war.
„Ich sorge dafür, dass er vorbereitet ist.“
„Aber er ist euch doch schon so gut wie sicher.“
„Ach, und wie kommst du darauf?“
„Ich habe ihn beobachtet. Auf dem Unigelände. Er war starr wie Stein, während er euch nicht aus den Augen gelassen hat.“
„Das war nur ein Augenblick und hat kaum Gewicht.“
„Das würde aber zumindest eines erklären.“
„Das da wäre?“ fragte er gereizt.
„Das nur ihr es seid den man in den Bildern ganz klar und deutlich erkennt. Ich denke, das er schon auf eurer Seite steht, ohne es zu ahnen.“
„Wenn das so ist, ist das erfreulich, was aber wenn du sich täuschst?“
Amnas neigte sein Haupt und verschwand wieder in den Hintergrund. Einen Moment
später kam Sén mit dem Tablett zurück.

„Wann gehst du auf Arbeit?“
„Ich hab noch ein wenig Zeit.“
„Vielleicht solltest du die nutzen, und dich noch ein bisschen ausruhen.“
„Ach das wird schon gehen, ich glaube nicht das heut wieder soviel los sein wird.“
„Es ist deine Entscheidung.“
Sén sah ihn für den Moment eines Herzschlages an. Diese Stimmlage hatte er doch schon mal gehört…innerlich schüttelte er den Kopf. Allmählich übertrieb es seine Phantasie.
Und als er feststellte, dass er ihn noch immer anstarrte, senkte er den Blick ein wenig zu schnell.
Das war verrückt…war da grad eine leichter Hauch eines Schattens, der ihn
unweigerlich an dieses lila erinnerte?
„Ich glaub…ich sollte mich doch noch ein bisschen ausruhen. Du kannst dir ja
das Buch auch ohne mich ansehen oder?“
„Und dich stört das nicht?“
„Nein, hier gibt’s ja sonst nichts was irgendeinen Wert hat und das Buch ist
sowieso viel zu schwer um es irgendwo hin zu schleppen ohne das ich es bemerken
würde, außerdem hast du auch schon hier übernachtet. Ich sehe keinen Grund
wieso ich dich jetzt nach Hause schicken sollte. Aber verwirr mich nicht wieder
mit irgendwelchen Gewissensfragen.“
„Wie du meinst.“
Damit nickte der Junge ihm zu und verschwand im Zimmer gegenüber. Er legte sich
aufs Bett und schloss die Augen um zum einen seinen Puls wieder zu beruhigen und
zum anderen um den Kopf wieder frei zu bekommen. Im nu war er auch schon
eingeschlafen. Zhera stand in der Tür und sah ihn an.

So dumm war Amnas´ Einwand vielleicht doch nicht. Doch nun musste er in Erfahrung bringen, welches Siegel der Junge trug. Wenn es das war was er vermutete, war es nur noch eine Frage der Zeit bis die Schatten der Illusionen für Sén durchsichtig wurden. Und dann musste er sein Ziel bereits erreicht
haben. Sofern das überhaupt noch nötig war.
Er ging zurück.

„Amnas, geh zum Tor und versuche herauszubekommen, welches Siegel es ist.“
„Habt ihr einen konkreten Verdacht?“
„Es gefällt mir nicht, wie er so schnell etwas wahr nimmt. Ich will nur sicher gehen. Vielleicht ist es der Spiegel.“
„Der Spiegel der alles zeigt was wahr ist?“
„Genau der, wenn er es ist, dann haben wir nicht mehr viel Zeit und müssen den Jungen bald auf unserer Seite wissen.“
„Ich bin schon auf dem Weg.“
Und wenn es soweit ist, werd ich ihm noch so einiges erklären müssen.
Schoß es ihm durch den Kopf. Aber wieso solang warten, er konnte ja schon in eine gewisse Richtung gehen.

Später an diesem Nachmittag, hatte Zhera das Buch einmal komplett durchgesehen.
Es würde kaum noch eine Hilfe sein, jetzt war es an der Zeit seinen eigenen Kopf zu gebrauchen. Sein Einfluss und der Einfluss des Toren, sollten inzwischen weit genug vorangekommen sein, um einen Teil dessen was der Junge bereits seit Urgedenken wusste, wach zu rufen.
Er entschied damit zu beginnen, sobald Amnas zurück war. Nun sollte er ihn vielleicht erstmal wecken.
Zhera ging zu ihm.
„Sén. Es wird Zeit, komm in die Hufe.“
Erst nach einem weiteren Versuch war er wach. Diesmal allerdings hatte er keinen
eigenartigen Traum gehabt, das dachte er zumindest bis zu dem Moment, in dem er
die Augen aufgeschlagen und Zhera angesehen hatte…das hieß theoretisch wäre es Zhera gewesen, denn kein anderer war bei ihm. Was er aber im ersten Moment
sah, war der Herr der Dämonen. Er rieb sich über die Augen, aber erst nach einem weiteren Blinzeln war das Bild verschwunden und es war wirklich Zhera den er ansah.
„Bist du nun wach oder träumst du mit offenen Augen weiter?“
„Nein…doch…ich mein ich bin wach…“
„Gut. Ich hab zwar keine Ahnung wann du zur Arbeit musst, aber theoretisch
hätten wir jetzt Feierabend.“
„Gut…danke.“
Dann richtete er sich auf und sah seinen Besuch nachdenklich hinterher. Was war
das denn nun schon wieder für ein Streich? Er schüttelte den Kopf, heute
würde er Bark bitten eher Feierabend machen zu dürfen, für den Fall das wieder so viel Betrieb sein würde.
Nach ein paar Minuten, holte er sich noch
eine Tasse Kaffee aus der Küche und ging ins Arbeitszimmer zurück. Ziemlich ungünstig wie er kurz darauf feststellte, denn gerade als er die Tür aufgemacht und hineingehen wollte, flirrte die Luft um ihn und der Dämon mit
den blauen Haaren stand mitten im Raum. Zhera hatte gerade noch mitbekommen wie
Sén resignierend den Kopf schüttelte und die Tür schloss.
„Ich bin doch wach oder?“
„Nehm ich an. Warum?“
„Ach nur so ich dachte ich hätte da jemanden gesehen.“
„Hier war keiner.“ Amnas war wie erstarrt und sah nun zwischen Zhera und
Sén hin und her.
„Und hier ist auch keiner…“
„Also ich sehe zumindest niemanden weiter.“ Obwohl Amnas immer noch mitten
im Raum stand.
„Gut…dann bin ich doch noch nicht richtig wach.“
Auf dieses Stichwort hatte Amnas gewartet und verschwand.

„Was ist los mit dir? Die Wüste ist ein paar tausend Meilen entfernt.“
„Keine Ahnung. Hast du dir das Buch angesehen?“
„Hab ich.“
„Und ist es hilfreich?“
„Nicht viel hilfreicher als die Seminarteilnehmer.“
„Verstehe. Um noch mal auf diese Ringe zurück zu kommen. Haben die auch gewissen Eigenschaften? Zum Beispiel sowas wie ein Siegel der was weiß ich was?“
„Sicher, ein Siegel der Wahrheit, ein Siegel der Täuschung, ein Siegel des
Wasser, ein Siegel des Lichtes, ein Siegel der Luft, ein Siegel des Feuers und
ein Siegel der Erde. So oder so ähnlich.“
„Das du woher weißt?“
„Das war ausnahmsweise etwas Brauchbares aus dem Buch hier.
„Hm ich nehme an die wirken sich aus wenn das Tor…sagen wir erwachen würde oder?“
„Kann sein ja. Aber stell ich mir ein wenig kompliziert vor, wenigstens die ersten beiden.“
„Warum? Was ist so schlecht daran immer das zu sehen was wahr ist?“
„Nun, was ist so gut daran? Einige können mit der Wahrheit nicht viel anfangen.“
„Schon aber der Träger dieses Siegels hätte die Chance zu sehen ob es Engel oder Dämonen gibt.“
„Und er hätte die Gewissheit, dass sich hinter jeder Ecke eine Gefahr befinden könnte. Nicht sehr schmeichelhaft.“
„Auch wieder wahr. Das Siegel der Täuschung stelle ich mir allerdings noch
viel undankbarer vor. Woher soll man denn dann wissen wen man trauen kann und
wem nicht?“
„Gute Frage aber vielleicht ist es nicht die Art von Täuschung die wir kennen.“
„Kann auch sein. Na gut ich muss erstmal los. Bis später oder bis morgen.“
Damit war er verschwunden.

Kapitel 6



„Amnas, er ist weg.“
„Verzeiht ich habe ihn nicht bemerkt…“
„Schon gut, du kannst nichts dafür. Das Siegel ist es. Sein Einfluss gewinnt an Stärke.“
„Ja…das ist richtig. Es ist wie ihr vermutet habt.“
„Das dachte ich mir, wenn er aus dem Schlaf gerissen wird wirken, die Schatten nicht mehr.“
„Dann ist es nur noch eine Frage der Zeit bis es in sein Bewusst sein gedrungen ist.“
„Das ist das geringste Problem, solang er nicht glaubt, dass wir ihm etwas tun wollten, kann er das ganz gut vertragen. Aber es ist auch gut für uns, so wird er die anderen sehen sobald sie in seiner Nähe sind.“
„Aber das ist alles viel früher als wir erwartet hatten.“
„Nein, alles läuft genau nach Plan.“
„Ihr wusstet es schon nicht wahr?“
„Allerdings. Nun ist mehr Vorsicht geboten als sonst, wenn das Siegel ganz erwacht ist, werden seine Wellen nicht mehr zu verhüllen sein.“
„Ihr solltet es ihm bald sagen, sonst lernt er nicht es zu beherrschen.“
„Das muss er nicht, das kann er bereits. Er sieht nur was er sehen will, und noch ist es ihm nicht in den Sinn gekommen, wirklich eine Verbindung zwischen mir und den Warnungen des Tores zu suchen.“
„Aber er ahnt es bereits.“
„Dann werden wir bald wissen ob er mir traut.“
„Wie wollt ihr dann weiter vorgehen?“
„Im Moment nicht anders als sonst, aber für heute kannst du dich zurück ziehen.“
„Jawohl…“

Schon auf dem Weg zur Arbeit hatte Sén das Gefühl etwas war anders als sonst. Er konnte zwar nicht direkt sagen, was es genau war, aber er glaubte, Dinge um ihn auf einmal ganz anders wahrzunehmen als noch heut morgen. Er schüttelte den Kopf, der wenige Schlaf war sicherlich nicht unbedingt gesund, aber deswegen würde sich kaum sein ganzes Weltbild verändern, außerdem war er bereits am Restaurant angekommen. Schon als er dir Tür öffnete, empfingen ihn gut gefüllte Tische.

Als Sén nach Hause kam, war Zhera bereits gegangen. Kurze Zeit später fand er sich im Arbeitszimmer seines Vaters wieder. Er sah das Buch an und schlug es auf, er wusste nicht wieso, aber irgendwie hatte er das Gefühl etwas vielleicht übersehen zu haben. Vielleicht war es nicht sehr wichtig, dennoch konnte es ja einen versteckten Hinweis enthalten, etwas, das sie beide übersehen hatten. Vorsichtig blättere er die Seiten des Buches durch. Sén wusste nicht einmal wonach er eigentlich suchte, aber er war sich sicher es zu wissen, sollte er es gefunden haben. Dann blieb er an einer Seite hängen.
Als er diese kurz durchlaß, stellte er fest, das es die Seite war, die Zed erwähnt hatte. Sie beinhaltete die Überlieferung der sieben Siegel und das was sie darstellen würden.
Sén war nicht einmal sonderlich überrascht, dass darin tatsächlich etwas geschrieben stand, sondern eher das nichts anderes als die Siegel und ihre Elemente genannt worden. Kein Hinweis darauf ob man sie nicht doch irgendwie erkennen konnte, kein Hinweis darauf, was mit einem ihrer Träger geschehen könnte. Er schlug das Buch wieder zu und ertappte sich dabei, wie er daran dachte, ob Zhera wohl etwas merken würde, wenn er einem der Träger gegenüberstehen würde. Doch diese Gedanken verdrängte er erneut. Soweit er das beurteilen konnte, war Zhera, Zhera und nicht irgendein Wesen, das es laut der Wissenschaft gar nicht gab.
Seltsamerweise überraschte ihn die Verbindung zu diesem Gedanken. Obwohl er eigentlich davon überzeugt war, all das was heut Morgen geschah und was vorhin geschah, war nichts als ein Traum. Etwas das so fremd für die gegenwärtige Welt war, das er sich einfach nicht davon lösen konnte.

Es beschäftigten ihn immer mehr Fragen zu diesen Siegeln, für die es weder Tatkräftige Beweise noch etwas anderes als eine namentlich Erwähnung gab. Konnte man sie nicht vielleicht doch irgendwie erahnen? Vielleicht an besonders ausgeprägten Wesenszügen. Ihm kam der Gedanke in den Sinn, das jemand der zum Beispiel das Siegel der Wahrheit trug, niemals lügen und niemals mit seiner Meinung hinterm Berg halten konnte, jemand der einfach immer die Wahrheit sagen würde und jemand der nicht anders konnte als seine Mitmenschen zu täuschen, oder zu belügen, als das passende Gegenstück. Das Siegel der Täuschung. Ob es wirklich so sein konnte? Oder war die Überlieferung am Ende doch bloß Blödsinn und die Siegel folgten ganz anderen Gesetzen, als er sich das vorstellen konnte.
Seufzend stand er auf und ging in sein Zimmer. Solang er auch darüber nachdenken würde und das Buch anstarrte, es würde ihm wahrscheinlich nicht die Antwort geben können die er suchte. Er tat das einzige was ihn auf andere Gedanken bringen konnte. Er legte sich hin und schlief, es war schon fast wieder zu spät und auf noch einen dieser Tage, wie heute, konnte er gut verzichten.

Am nächsten Morgen hätte er es beinahe verschlafen, wenn ihn ein nachhallender Donnerschlag nicht aus diesen, seit Tagen immer wieder kehrenden, Traum in die Wirklichkeit gerissen hätte.
Sén schreckte auf, rieb sich im Aufstehen noch den letzen Schlaf aus den Augen und schaffte es in Rekordzeit zu duschen und anschließend in die Uni zu fahren.
Das ihm auch heut das Gefühl nicht loslassen wollte, etwas wäre anders, verdrängte er. Wie auch schon die Tage davor wurde er erwartet. Noch im vorbei fahren begrüßte er Alec und Zhera und ging kurz darauf mit ihnen ins Gebäude.
Vielleicht sollte er einem Außenstehenden von den seltsamen Ereignissen und den damit verbundenen Empfindungen erzählen, vielleicht übersah er ja auch nur etwas. Allerdings scheiterte sein Vorhaben daran, das er nicht sicher sagen konnte, ob das Vertrauen, das er dazu brauchte und was er schon zu einem kleinen Teil versucht hatte aufzubauen, auch ausreichen würde.
Er entschied sich dafür noch etwas zu warten, vielleicht könnte er es ihm erzählen, wenn sie sich intensiv über das unterhielten, was Zhera über die Siegel wusste. Er zweifelte nicht daran, dass er die Überlieferung schon kannte bevor er sie selbst gesucht hatte und damit zweifelte er auch nicht daran, dass er vielleicht etwas mehr darüber wissen könnte.
Als sie endlich den Saal erreicht hatten, stellte Sén erleichtet fest, das sich die Lage endlich normalisiert zu haben schien und sie nicht mehr länger jeden Morgen einen halben Hürdenlauf würden bewältigen müssen.

„Sag mal, hast du das Buch gestern genauer angesehen?“ fragte er eher beiläufig. Natürlich war Zhera nicht entgangen, das er vor Neugier fast verging.
„Wie ich gesagt habe, ich habe es durchgesehen, aber bis auf eine Überlieferung, von der ich dir erzählt habe, nichts brauchbares mehr gefunden.“
„Wieviel Wahrheit steckt dahinter?“ fragte Sén.
Zhera sah ihn an.
„Nicht mehr als du ihnen zugestehst. Warum?“
„Weil es eigenartig ist, das nur die Siegel erwähnt werden, aber nichts wirklich hilfreich ist auf der Suche nach ihnen.“
„Das habe ich dir auch schon gesagt. Es ist nicht vorgesehen das sie sich treffen.“
„Und wenn doch?“
„Ich weiß nicht. Worauf willst du hinauf?“
„Es muss doch eine Möglichkeit geben, wie man sie erkennt. Kannst du dir denn gar nichts vorstellen?“
„Möglicherweise werden bestimmte Eigenschaften einfach stärker ausgeprägt wenn man eines der Siegel besitzt. Einen besonders großen Unterschied zwischen den einzelnen Elementen und den normalen Menschen, kann ich mir aber nicht wirklich vorstellen.“
„Und was ist dann mit den restlichen beiden? Sind sie denn gefährlicher nur weil ihnen keine Elemente zu Grunde liegen?“
„Das vielleicht nicht, möglicherweise aber sehr viel einflussreicher.“
„Schon möglich, aber ich könnte mir sehr viel vorstellen, nur nicht wie groß die Nachteile sein sollen.“
„Wer eines dieser beiden Siegel trägt, trägt mit ihnen sehr viel Verantwortung sich selbst und den Menschen um ihn herum gegenüber. Ich meine wer möchte schon an jeder Ecke mit Wahrheit oder Lüge konfrontiert werden?“
„Aber was ist denn an der Wahrheit so schlimm? Ist sie nicht der beste Weg um Missverständnisse aus dem Weg zu räumen?“
„Vielleicht ist es eine andere Art der Wahrheit mit der man dann leben muss und nicht die, die du meinst.“
„Denkst du?“
„Es ist möglich. Ich glaube das Siegel der Wahrheit ist Fluch und Segen zugleich. Es zeigt seinem Träger nicht nur die Dinge die er sehen möchte, es zeigt ihm auch zugleich die Dinge die er nicht sehen möchte. Ist das wirklich das was er sich für sein Leben wünschen würde?“
„Wenn man dagegen nichts unternehmen kann ist es wahrlich beides. Aber sagtest du nicht, die die eines der Siegel haben, werden mit ihnen umgehen und sie beherrschen können?“
„Das schon, aber wenn das nun nicht stimmt? Man könnte damit auch sehr großen Schaden anrichten oder es missbrauchen. Sollte eines dieser Siegel tatsächlich existieren, und sollte es tatsächlich erwachen, gäbe es nur eine Frage. Kannst du es beherrschen, oder beherrscht es am Ende dich selbst?“
Sén sah ihn mit einer Mischung aus verstehen und verwirren an. So eine ähnliche Frage hatte er doch schon einmal erhalten. Und sie war genauso rätselhaft und klar wie diese.
„Kann es das denn? Mich beherrschen?“
„Das kommt ganz darauf an. Das Siegel befähigt seinen Träger Dinge zu vollbringen, die er nicht zu hoffen gewagt hatte. Es lässt ihn sehen und es kann so eine seiner stärksten Waffen werden, wenn er lernt es zu kontrollieren und richtig einsetzen zu können. Was es am Ende tut, dessen Weg war schon vorher geebnet.“
„Woher weißt du das alles?“
„Ich weiß es nicht, aber es ist das was man fürchtet. Mächte die machen was sie wollen, ohne das man etwas gegen sie unternehmen könnte, weil man sie verdrängt und nicht wahr nehmen will.“
„Soll das heißen, wenn man das Siegel nicht kontrollieren kann, tut es was es will?“
„Nein, das Siegel selbst handelt nicht, aber es kann durch Unwissen oder Verleugnung sehr wohl missbraucht werden und so, sehr großen Schaden anrichten. Aber wieso interessiert es dich so sehr? Ich meine, bisher warst du doch der Meinung, es gibt eine Menge Thesen, aber kaum jemand der sie für voll nimmt.“
„Stimmt, das war aber bevor sich irgendetwas verändert hat.“
„Was meinst du damit?“
„Ich weiß es nicht. Etwas ist anders, es ist als ob ich eine Strasse entlangfahre, die ich vorher noch nie gesehen habe.“
„Gibst du mir dein Wort das du nicht auf und davon rennst, wenn du Dinge erfährst die so gar nicht in deine Welt passen wollen und ich erzähle dir dafür, was ich bisher alles herausgefunden habe?“
Für den Moment eines Herzschlages sah Sén ihn an, dann nickte er.
„Du hast es.“
„Gut, dann werde ich weiter ausholen müssen.“
„Nur zu, wir haben Zeit.“ Erwiderte Sén, der seine Neugier nur noch schwer im Zaum halten konnte. Aber wer wusste schon ob er das immer noch tat wenn Zed mit seinen Ausführungen fertig war? Das hieß wenn die 120 Minuten dafür ausreichen würden.

„Wie ich schon erzählt hab, beschäftige ich mich schon lange mit der Überlieferung eines Tores und des Tores selbst. Alec kann das bestätigen.“
Obwohl er unbemerkt zusammen gezuckt war, nickte dieser zur Bestätigung. Sén kam er ungewohnt angespannt vor.
„Und in wie weit passt dann das mit dem zusammen was du schon erzählt hast und was noch fehlt?“ nahm der Junge den Faden wieder auf.
„Alles was ich bereits gesagt habe ist ein Teil von dem was ich herausgefunden habe.“
Sén nickte.
„Das Tor, das heißt, eigentlich sind es zwei Tore, denn schließlich braucht man für ein Tor auch einen Zugang und einen Ausgang. Diese beiden Tore befinden sich in der Welt der Dämonen und in der Welt der Engel. Es befindet sich definitiv nicht in der Welt der Menschen. Es kann auch nur zu 2 Seiten geöffnet werden, in die obere und in die untere Welt. Was aber leider wesentlich öfters passiert ist der offene Durchgang zu der gegenwärtigen, hiesigen Welt. Es kommt darauf an, in welcher Richtung und in welcher Reihenfolge die Siegel bewegt werden. Diese sind das was man auch Schlüssel nennen könnte.“
„Das liegt nahe. Worauf möchtest du genau heraus?“
„Es ist einfach die einzige Möglichkeit die 3 Welten miteinander zu verbinden. Das Tor wurde auch schon geöffnet, es ist keinesfalls so, das es zu keiner Zeit wirklich gewesen wäre. Keiner kann sagen wie oft genau es schon geöffnet wurde, doch beim letzen Mal, dauerte es Millionen von Jahren bis sich die 3 Welten wieder regeneriert hatten. Zum jetzigen Zeitpunkt befinden wir uns wieder an einem solchen Scheitelpunkt der Zeit. Der weitere Verlauf wird entscheidend darüber sein, ob es zur völligen Vernichtung kommt oder lediglich zu einem glimpflich verlaufenden Krieg.
Es heißt, wenn das Tor zu oft benutzt wird, wird es nicht nur die Zeit einfrieren sondern auch alles auslöschen was sich vor oder hinter ihm befindet.“
„Wie bitte?“ Sén war halb aufgesprungen.
Zhera nickte nur.
„Aber das würde ja bedeuten…“
„…das alles zerstört werden würde, nur diesmal endgültig. Richtig.“
„Aber wenn es nun doch so gefährlich ist, wieso hat man es dann erst wieder von neuem erwähnt?“
„Das ist gar nicht nötig, es soll auch schon immer Wächter gegeben haben. Anders als die Siegel, deren eigentliche Wächter sie waren, blieben ihnen Leben um Leben das Wissen um das Tor und ihre Aufgabe bewahrt. Auch das sie schweigen mussten solang es keine ernsthafte Bedrohung gab.“
„Dass bedeutet es gibt tatsächlich mehr als wir wissen.“
„Es gab schon immer mehr zwischen Himmel und Erde was die meisten nie sehen konnten.“
„Und wo sind diese Wächter wenn es sie denn geben sollte?“
„Nie weiter als einen Steinwurf entfernt, wenn die Überlieferung korrekt ist.“
„Man würde ihnen also nicht begegnen wenn man die suchen würde?“
„Nein, aber sie werden sich zeigen, wenn das Tor vollständig erwachen sollte.“
„Wann wird das als nächstes geschehen können?“
„Es ist bereits dabei erneut zu erwachen.“
„Und was macht dich da so sicher?“
"Alle Zeichen sprechen dafür. Die Menschen sind dabei sich eine globale Katastrophe zu erwirtschaften und damit rufen sie nicht nur Umweltschützer und Minister auf den Plan, sondern auch die Wesen die es eigentlich gar nicht geben soll.“
„Engel und Dämonen?“
„Ja.“
„Kann man denn nichts dagegen unternehmen?“
„Das weiß ich leider nicht, vielleicht finden wir die Antwort auf diese Frage zusammen.“

Nun war es Amnas der seinen Herrn kritisch musterte. Konnte es sein das er doch nicht so ganz uneigennützig nach den Siegeln suchte wie er behauptet hatte? Aber welche Absichten verfolgte er mit seinen Aussagen? Es musste ihm doch klar sein das Sén nur eins und eins zusammen zählen müsste, wenn er dahinter kam wem er wirklich gegenüber saß. Auch wenn er ein wenig ungeschickt war, der Junge war eines sicher nicht, ein Narr.

„Wenn du das schon die ganze Zeit gewusst hattest, wieso hast du dann nicht gleich etwas gesagt, als ich darauf gestoßen bin?“
„Weil es nicht glaubwürdig gewesen wäre. Nicht solang man nicht bereit ist auch andere Blickwinkel zu betrachten und zu akzeptieren.“
„Ich sollte also allein darauf kommen?“
„Mehr oder weniger.“
Eigentlich war jetzt ein guter Zeitpunkt ihm die Wahrheit zu sagen. Doch er entschied sich dagegen. Zhera wusste das die wenigen Widerstände nicht die einzigen bleiben würden. Er musste nach wie vor auf der Hut sein. Es würde nicht mehr lange dauern bis Tugar und seine Anhänger stärkere Dämonen schickten um den Jungen zu töten. Es war einfach noch zu gefährlich ihn mit der gesamten Wahrheit zu konfrontieren, damit würde er vielleicht noch ein wenig mehr der kostbaren Zeit verlieren, die ohnehin schon knapp war, aber dann konnte er wenigstens sicher sein das Sén nicht vollkommen verstört würde wenn er hinter die Schatten blicken würde. Inzwischen waren die Wellen schon für niedere Rang 6 Dämonen zu spüren und das war nur ein Grund wieso Amnas immer nervöser wurde.

„Das ist eine ganze Menge.“ Murmelte Sén unbewusst.
„Kann es sein, das dieser seltsame Traum einen ganz bestimmten Grund hat?“
„Ich weiß nicht, ich kenn ihn nicht, aber es könnte schon möglich sein.“ Erwiderte Zhera.
„Es könnte eine Warnung sein. Zumindest sagt man dass doch von Dingen die immer wieder kehren. Oder?“ warf Alec ein und empfing sofort wieder einen mahnenden Blick von Zhera.
„Eine Warnung? Aber vor was und vor allem vor wem? Das ergibt doch gar keinen Sinn. Und selbst wenn, was hab ich damit zu tun?“
„Das war nur eine Vermutung.“ Beschwichtigte Zhera die Situation.
„Schon…aber was wenn es so wäre?“
Der angesprochene zuckte mit den Schultern. Er könnte ihm die Frage leicht beantworten, doch dafür war es noch zu früh.

Im weiteren Verlauf der Stunde hatte Sén nicht mehr viel gesagt. Er war damit beschäftigt, das gehörte zu ordnen und zu verstehen. Letzeres fiel ihm nicht einmal besonders schwer, aber das Ausmaß war so gewaltig, dass sich seine Fantasy schlichtweg weigerte ihm ein Bild des gehörten zu assoziieren. Erst in den letzen 10 Minuten fand er seine Sprache wieder.
„Was passiert wenn das Tor geöffnet ist? Und wo halten sich dann diese ganzen Siegel auf?“
„Ist das Tor erst einmal geöffnet, ist sowieso alles zu spät. Und was die Siegel angeht, es gibt 2 Möglichkeiten sie zu finden. Es heißt zum einen, dass ein Siegel die anderen nach sich zieht.
Wenn das erste offenbarte Siegel das ist was die Wahrheit zeigt, das ist die zweite Möglichkeit, wird der der es trägt die anderen sofort erkennen.“
„Also ist es ein Wettlauf gegen die Zeit wenn erstmal das Siegel der Wahrheit erwacht.“
„Nein, denn solang keine unmittelbare Gefahr droht wird nichts geschehen.“
„Ist es das was das Siegel auch tut? Leere und gefüllte Hüllen zeigen?“
„Was meinst du mit Hüllen?“
„Ich mein die anderen 6 Milliarden Menschen die keines der Siegel besitzen.“
„Nein, so ist es wahrscheinlich auch nicht. Doch der Träger dieses Siegels, sollte sich auch keinen Illusionen hingeben. Er wird sich nicht gegen das wehren können, was ihm die Zeit als Aufgabe zugedacht hat.“
„Aber wäre denn dann nicht allen geholfen, wenn sich alle 3 Welten gemeinsam gegen die bevorstehende Katastrophe stellen würden? Ich meine, ich kann mir nun wirklich nicht vorstellen, das es auch nur eine Welt gibt, die freiwillig und untätig ihrer Vernichtung zusehen wollte.“
„Sicherlich ist diese Überlegung nicht verkehrt, aber wie willst du es bitte fertig bringen das sich Dämonen und Engel miteinander verbünden? Von den Menschen mal ganz zu schweigen, die weder an die einen noch an die anderen glauben wollen.“
„Die Menschen sind das geringste Problem. Vielleicht wissen sie nichts davon, aber es gibt genügend die glauben wollen und es auch tun, nur das sie es nicht öffentlich zugeben.“
„Selbst wenn du Recht hast, wäre dann aber noch immer ein viel größeres Problem zu lösen.“
„Das stimmt, doch wenn man es nicht versucht, wie will man dann wissen das es nicht doch funktioniert hätte?“
„Und wie soll das dann bitte deiner Meinung nach aussehen?“
„Auch auf Seiten der Engel und Dämonen muss es doch irgendjemanden, mit genügend Stimmgewicht geben, der ähnlich darüber denkt. Man müsste nur versuchen zwischen ihnen zu vermitteln. Was ist zum Beispiel mit deren sogenannten gefallenen Engeln oder gebrannten Dämonen?“
„Deine gefallenen Engel und gebrannten Dämonen sind doch die Menschen.“ Erwiderte Zhera ohne nach zudenken.
„Was?“
„Das ist die einzig mögliche Erklärung, sie sind ja nicht verschwunden, sie können nur in einer Zwischenwelt weiter existieren. Und diese Zwischenwelt…“
„…ist die gegenwärtige Welt. Aber natürlich…wieso ist mir das nicht schon frühere aufgefallen, die gefallen Krieger…das meinte die Rolle, davon hat sie gesprochen.“
„Ja, damit könntest du Recht haben. Dennoch ist das Problem deswegen nicht beseitigt.“
„Das nicht, aber es wäre ein Beweis.“
„Und wofür?“
„Dafür dass Engel und Dämonen doch zusammen leben können.“
„Aber nur weil sie keine Erinnerung mehr an eine andere Zeit besitzen.“
„Darum geht es ja, was passiert wenn man das Tor auf die jeweils andere Seite durchqueren würde?“
„Ich weiß nicht. Es gibt nicht viele die ihm gewachsen sind, ohne sofort ausgelöscht zu werden.“
„Und jemand der eines der Siegel trägt?“
„Dem könnte es gelingen.“
„Also bräuchte man nur einen Zugang zu finden.“
„Und weiter?“
„Jemanden suchen der ähnliche Ansichten hat.“
„Du stellst dir diese Aufgabe leichter vor als sie möglicherweise ist.“
„Vielleicht, doch als Mensch muss es doch möglich sein zwischen ihnen zu vermitteln.“
„Vielleicht, vielleicht aber auch nicht.“
„Dann sollte man es einfach versuchen.“
„Ja, wenn die Zeit dafür angebrochen ist.“
Sén nickte. Ganz abwegig waren die Zweifel die Zhera streute nicht.
„Weißt du was, wir unterhalten uns ein andermal weiter darüber. Die Stunde ist auch schon vorbei und heut ist Freitag. Du solltest dich jetzt lieber erstmal auf dein Wochenende mit deiner Schwester freuen.“
„Ja stimmt, damit hast du Recht.“

Kapitel 7


Sén stand auf und ging auf den Hof. Es waren nur noch 120 Minuten bis er den
Tag überstanden hatte, aber ihm schwirrte der Kopf und brauchte ein bisschen
frische Luft. Plötzlich nahm er eine Bewegung im Augenwinkel wahr. Wie schon
vor 2 Tagen flirrte die Luft und der Wind frischte auf. Vor ihm nahm ein
Schatten Gestalt an.
„Hab ich dich gefunden.“
„Und wer bist du?“
„Mein Name ist Cran und ich muss dich jetzt leider aus dem Weg räumen.“
Sén sah ihn zweifelnd an, nicht sicher ob das am Ende vielleicht nur wieder
eine Einbildung war.
„Und was verschafft mir die Ehre dass du mich dafür erst gesucht hast?“
„Weiß ich nicht, das war meine Aufgabe.“
Im Grunde überraschte ihn diese Aussage nicht wirklich. Scheinbar war es
üblich das Dämonen Aufgaben erhielten. Zumindest hatte Hybris das glaubhaft
erklärt. Das einzige was ihn wirklich überraschte, war die Tatsache, dass er
immernoch allein war.
„Ich weiß zwar nicht wieso du so stark überwacht wirst, aber auf deren Hilfe
wirst du vergeblich warten.“
„Ich hab keine Ahnung wovon du überhaupt sprichst.“
„Glaubst du, dass alles ist ein Traum?“
„Ich glaube, dass ich dich zuvor noch nicht gesehen habe und dass ich keine
Ahnung habe wer du bist, oder was du von mir willst. Ich glaube noch nicht
einmal ob du wirklich so real bist wie du aussiehst.“
„Schlecht für dich, gut für mich, dann muss ich mich wenigstens nicht mit
noch mehr Widerstand herumärgern.“

Zhera und Amnas hatten sich noch einen Moment schweigend angesehen.
„Was habt ihr vor? Welche Absichten verfolgt ihr?“ durchbrach er die
Stille.
„Das habe ich doch bereits mehrfach erwähnt. Es ist wichtig das Vertrauen
dieses Jungen zu gewinnen, sonst werden wir die anderen Siegel nie finden.“
„Ist das wirklich eure einzige Absicht?“
Doch plötzlich schreckte er hoch und sah aus dem Fenster. In derselben Sekunde
war Amnas auch schon verschwunden, ohne darauf zu warten ob Zhera etwas auf
seinen laut ausgesprochenen Zweifel erwidern würde.

„Da wäre ich mir lieber nicht so sicher.“ Erwiderte Sén.
Plötzlich grinste sein Gegenüber und hielt blitzschnell auf ihn zu. Allerdings
erreichte er den Jungen nicht einmal, denn er wurde von einem unsichtbaren
Schild zurück geworfen.
„Was tust du?“
„Ich tue gar nichts.“ Protestierte Sén. Und schon wieder prallte Cran vor
ihm zurück.
„Ist das vielleicht die Art Widerstand die du gemeint hast?“
Eigentlich hatte er bei seiner Aussage eher an einem weiteren Dämonen gedacht,
nicht an sich selbst. Doch er stand immernoch völlig allein vor ihm. Er war
klug genug das nicht auszusprechen.
„Schon möglich.“ Erwiderte er stattdessen.
Dann kam ein erneuter Windstoß auf und der Typ aus dem Arbeitszimmer seines
Vaters stand neben oder besser über ihm.
Er sah Sén nicht gerade freundlich an.
„Kann man dich denn keine Minute aus den Augen lassen, ohne dass dir
irgendetwas passiert?“
„Wieso ich? Ich hab doch gar nichts getan.“ Erwiderte der Junge ungerührt.
„Richtig, das ist ja das schlimme.“
„Amnas, ich fühle mich ja geehrt das du persönlich hier auftauchst.“
„Schön für dich, Cran. Was willst du hier?“
„Nur meine Aufgabe erfüllen.“
„Hieß die hier rum zu stehen und nichts zu tun?“
„Ich werde ihn vernichten, ganz gleich was dazu nötig sein wird.“
„Das gelingt dir ja doch nicht. Du magst vielleicht die niederen Dämonen
vernichten können, aber hier ist für dich Endstation.“
„Du magst vielleicht seine rechte Hand sein, aber auch dein Widerstand wird an
seine Grenzen stoßen.“
„Schon möglich, aber du bist nicht derjenige der das schaffen kann.“
Erwiderte der Blauhaarige bevor er ihn mit einem Schlag hinwegfegte und
vernichtete.
„Ist das eigentlich normal?“ wandte sich Sén an seinen unerwarteten
Beistand, der noch immer in der Luft schwebte. Inzwischen war er sich sicher
dass er sich nichts von alledem eingebildet hatte.
„Was?“ herrschte ihn Amnas an.
„Das ihr euch gegenseitig an die Gurgel geht.“
„Das kommt ganz auf den Standpunkt an.“
„Aber seid ihr nicht beide...Dämonen?“ fragte er zögerlich, nicht sicher
ob es das Richtige Wort war.
„Schon, aber auch bei uns gibt es gewisse Unstimmigkeiten.“
„Dann erkläre mir bitte wieso mich die einen umbringen und die anderen
schützen wollen. Ihr stellt ja das ganze Weltbild von Dämonen auf den
Kopf…“
Ein wenig perplex sah ihn Amnas jetzt doch an. Das war gerade zu lächerlich.
Wieso diskutierte er überhaupt mit ihm?
„Das weiß ich nicht. Ich hab auch keine Ahnung welche Absichten mein Herr
verfolgt, das er so erpicht darauf ist ein Auge auf die zu wissen.“
„Aber du scheinst ja doch eine einnehmende Rolle inne zu haben.“
„Und wenn schon, das geht dich nichts an.“
„Das geht mich nichts an? Wann geht es mich denn was an? Wenn die anderen mich
erwischt haben?“
„Soweit wird es schon nicht kommen.“
Dann war er verschwunden.

„Amnas?“
„Hier mein Fürst.“
„Was war da draußen los?“
„Das war Cran, er hat die niederen Dämonen alle vernichtet. Es scheint so als
würde es ernst werden.“
„Keine Sorge soweit ist es noch nicht.“
„Ich musste eingreifen.“
„Ich weiß, aber das ist nicht so schlimm, du solltest es in Zukunft
allerdings vermeiden, dich auf Gespräche mit ihm einzulassen. Du neigst dazu
schneller zu sprechen als zu denken.“
„Glaubt ihr er lässt sich erneut mit Halbwahrheiten abspeisen?“
„Nein, aber das ist auch gar nicht mehr nötig, er wird schon bald verstehen.
Immerhin hat er nicht einmal die Flucht ergriffen.“
„Das ist wahr.“
„Warten wir ab was noch geschieht, bis dahin such dir noch ein paar Helfer,
und diesmal dürfen sie gern einen ebenbürtigen Rang haben.“
„Jawohl.“

Nach dem Sén sich noch ein- zweimal umgesehen hatte und feststellte, das Amnas
tatsächlich einfach verschwunden war, ging er zurück. Ob er Zhera von den
seltsamen Vorkommnissen berichten sollte? Oder wusste er es am Ende schon?
„Was hast du?“
„Ach nichts weiter, nur eine seltsame Zusammenkunft.“
„Und welcher Art?“
„Ich glaube etwas ist im Gange, jedenfalls glaube ich dass ich irgendwie ein
paar Dämonen auf mich aufmerksam gemacht habe…“
„Bist du sicher?“
„Nein, ich such immer noch nach einer Erklärung wie ein scheinbar
menschliches Wesen über den Boden schweben kann und das ohne Schnur.“
Erwiderte Sén heftiger als gewollt. Dementsprechend fragend sah ihn der andere
auch an.
„Entschuldige, ich glaub ich weiß selbst nicht genau was ich gesehen hab.“
„Nun, warum nicht, wenn es sie doch gibt, umso besser.“
„Besser?“
„Würde es dir gefallen wenn du dich damit anfreunden müsstest sie wären
nicht real?“
„Nein natürlich nicht, aber das ist so unwirklich und doch war es definitiv
keine Einbildung.“
„Dann nimm es als Tatsache doch erstmal so hin, vielleicht gibt es auch dafür
eine Erklärung.“
„Vielleicht hast du Recht. Immerhin sollte man nicht nur einen einzigen
Blickwinkel in Betracht ziehen.“
„Eben. Lass uns nach oben gehen. Die Pause ist gleich um.“
„Hast du vielleicht auch ein paar Weisheiten für Dämonen übrig?“
„Wie meinst du das?“
„Nun ich bin nicht blind, daher vermute ich mal, das sie Ränge besetzen, oder
sowas.“
„Ja das stimmt. Da wären einmal die Lakaien, Dämonen des Ranges 10-9, die
Helfer, dementsprechend schon ein bisschen höher, 8-7, dann gibt es noch die
gehobenen Dämonen, Rang 6-4 und schließlich die Offiziere unter ihnen mit den
Rängen 3-1. Über ihnen steht nur noch der Fürst selbst.“
„Und woher weißt du das nun wieder?“
„Das stand ebenfalls in dem Buch deines Vaters, du kannst gern selbst
nachsehen.“
„Nein schon gut, ich glaube dir ja.“
„Aber warum fragst du danach?“
„Nun, ich bin mir fast sicher, dass ich doch nicht geschlafen hab, vor 2 Tagen
meine ich. Da hab ich ebenfalls ein paar gesehen. Aber die waren irgendwie
anders als dieser Cran. Lediglich Amnas habe ich schon zum zweiten Mal gesehen.
Das könnte so ein Offizier sein.“ Alec verschluckte sich fast. So war das
aber nicht gedacht, wie kam er darauf?
„Gut möglich. Na wenn er das nächste Mal auftaucht kannst du ihn ja selbst
fragen.“
„Machst du dich etwa lustig?“
„Nein, das meinte ich schon ernst.“
„Diese Maske, erinnerst du dich?“
„Allerdings, du sagtest die gehöre dem Fürst der Dämonen.“
„Ja…ich habe sie schließlich zweimal an ihm gesehen.“
„Glaubst du wirklich?“
„Ich weiß langsam gar nicht mehr was ich glauben soll.“
„Weißt du was. Denk nicht mehr zu sehr darüber nach, es ist bald Wochenende
und da solltest du deine Zeit wirklich anders nutzen.“
„Und was ist wenn es wieder passiert?“
„Wird es schon nicht. Schließlich wird es einen Grund geben wieso dir
geholfen wurde.“
„Ich bin mir nur noch nicht sicher ob es mich freut, wenn ich ihn irgendwann
erfahre.“
„Dann solltest du wohl besser darauf vorbereitet sein, das er deinen
Vorstellungen nicht ganz entsprechen könnte.“
„Ach, was soll´s. Solang sie mich in Ruhe lassen kann ich auch damit
leben.“ Seufzte er resignierend.
Ein leises Lachen war die Entgegnung zu seiner Äußerung.
Amnas musterte sie. Das war nun wirklich mal etwas Neues.

Als der Tag endlich vorbei war, kam Sén im strömenden Regen ins Restaurant und
wurde überschwänglich begrüßt.
„Da bist du ja!“
„Mika? Du bist schon hier?“
„He, ein bisschen mehr Begeisterung wenn ich bitten darf.“
Sie kam auf ihn zu und umarmte ihn überschwänglich. Seit sie nur noch sich
selbst hatten, war ihr Verhältnis ein wenig tiefer als das anderer
Geschwister.
„Aber ich fürchte ich muss dich noch ein Weilchen allein lassen, ich hab noch
zu tun.“
Dann ging die Tür erneut auf.
„Zed? Was machst du hier?“
Er hob die Tasche hoch und ging einige Schritte auf ihn zu um sie ihm zu geben.
Dann blieb er plötzlich stehen und sah Mika an. Diese tat es ihm gleich, für
einen Moment war es als würde die Luft knistern.
„Nicht schon wieder. Danke. Aber wenn du schon mal hier bist. Das ist Mika.
Meine Schwester. Das ist Zhera. Wir sind zusammen in einem Jahrgang.“ Stellte
er die beiden vor.
„Sehr erfreut.“ Erwiderte Zed.
„Ebenso.“ Mika reichte ihm die Hand.
„Ich hoffe das wird nicht zur Gewohnheit. So wie ich meinen Bruder kenne,
würde er noch seinen Kopf vergessen, wäre der nicht angewachsen.“
„Jetzt übertreibst du aber.“
„Schon gut, wollen wir noch schnell was essen bevor der Laden wirklich
brummt?“ Sie sah dabei ganz bewusst auch Zhera an.
„Du weißt dass das nicht geht. Bark wird davon nicht sonderlich begeistert
sein, schließlich werde ich bezahlt um hier zu arbeiten, nicht um mir den Magen
voll zu schlagen.“
„Ich glaube ich kann da ein oder auch zweimal eine Ausnahme machen. Außerdem
bist du viel zu früh dran, also macht es euch doch einfach gemütlich.“
Bark war unbemerkt zu ihnen gekommen.
„Aber…“
„Keine Wiederrede.“

Sén gab sich geschlagen, gemeinsam nahmen sie Platz.
„Und wie ist es an der Uni?“
„Ganz okay…nur ein wenig…gewöhnungsbedürftig.“
„Ich hab gehört, dass die Unwetter in den vergangenen Wochen zugenommen
haben.
„Das kann schon sein, aber du weißt ja dass mich das nicht sonderlich
beeindruckt.“
„Das hat es noch nie das stimmt allerdings. Und dich?“
Sie sah Zhera an.
„Es waren nur ein paar Regenwolken mehr, nichts worüber man sich sonderlich
viel Sorgen machen müsste.“
„Hm, dann kommst du wohl auch eher aus einer rauen Gegend?“
„Nicht ganz, aber es war auch dort nicht ungewöhnlich wenn es ein paar
Unwetter gab. Schließlich ist die Küste ein offenes Gebiet.“
„Ja das stimmt. Was hat dich dann hierher verschlagen?“
„Das war Zufall. Ich habe keinen bestimmten Grund.“
Mika sah beide abwechselnd an.
„Hm sonderlich viel war ja anscheinend nicht los.“
„Stimmt, es blieb kaum Zeit. Zumindest für mich nicht. Und bei dir?“
„Immernoch derselbe Auftrag. Sieht so aus als ziehe er sich weiter in die
Länge als wir dachten.“
„Wieso? Passt euer Entwurf nicht zu den Vorstellungen des Auftragsgebers?“
„Das schon, aber die Struktur des Gebäudes wird nach seinem Wünschen niemals
stabil werden. Das hätte zur Folge, bei dem kleinsten Sturm würde alles in
sich zusammen fallen. Wir haben daran gearbeitet, das Objekt soweit
umzugestalten, das es noch immer seinem Ursprung entspricht, aber natürlich um
einiges stabiler wird. Du kannst dir sicher lebhaft vorstellen wieviel
Überredungskunst es erfordert das ok zu bekommen.“
„Warum argumentierst du nicht einfach mit den Tatsachen? Ich meine wer will
schon ein halbes Vermögen ausgeben, für ein Projekt, das beim kleinsten
Windzug wieder in sich zusammen fällt?“
„Das ist leider nicht so ganz einfach Sén, das hab ich schon versucht.“
„Dann ist er ziemlich naiv wenn er glaubt es besser zu wissen.“
„Schon möglich, aber letztendlich ist er es der zustimmen oder ablehnen
wird.“
„Ja, was auch sonst. Ich geh mal nach hinten. Bark hat zwar gesagt, dass ich
mich hinsetzen soll, aber ich denke, gegen eine helfende Hand wird er nichts
einzuwenden haben.“

Als Sén außer Sichtweite war, fixierte Mika Zhera.
„Was tust du hier?“
„Was meinst du damit?“
„Mein Vater hatte also tatsächlich Recht. Also was tust du hier?“
„Gar nichts, ich habe nur ein Auge auf ihn. Sonst nichts.“
„Warum?“
„Weil es noch andere gibt, die nicht so umsichtig sind.“
„Ich habe eine Aufgabe und das weißt du sehr genau.“
„Du bist ein Wächter, ich weiß. Doch du kannst mir glauben, ich habe nicht
die Absicht etwas zu tun was ihn in Gefahr bringen würde.“
„Woher soll ich die Sicherheit dafür nehmen?“
„Hätte ich die Absicht ihn etwas anzutun, dann wäre das schon lang
geschehen.“
„Aber warum jetzt?“
„Ich suche mir die Zeit nicht aus Wächterin, aber vielleicht kannst du es mir
ja sagen.“
„Das Tor ist dabei zu erwachen?“
„So ist es und diesmal wird es in einer Katastrophe enden, wenn es geöffnet
wird.“
„Er trägt also ein Siegel…ich hätte es ahnen müssen seit er angefangen
hat nach diesen Mythen zu suchen.“
„Es gibt auch normale Menschen die sich dafür interessieren.“
„Um normale Menschen kümmert sich der Fürst der Dämonen ja wohl nicht
persönlich.“
„Wie ich schon sagte ich hab nur ein Auge auf ihm.“
„Gibst du mir dein Wort das das wahr ist und ihm nichts passiert?“
„Dämonen geben keine Versprechen, aber ich gebe dir gerne eine Garantie wenn
du möchtest.“
„Gut, dann nehme ich diese an. Welches ist es?“
„Was glaubst du wohl?“
„Das Siegel der Wahrheit.“
„Es wird nicht mehr sehr lang dauern bis es vollständig erwacht ist. Danach
werden die Schatten verschwinden und er sieht eine völlig neue Welt vor
sich.“
„Und die wird ihn mehr als einmal schlucken lassen. Und dann? Dann wird er
wissen wer du bist.“
„Das ist richtig, doch ich bin mir ziemlich sicher dass er sich für einen
eigenen Weg entscheiden wird.“
„Gut…ich glaube dir, was du sagst, doch ich warne dich…“
„…das ist nicht nötig. Wie ich bereits sagte, ich habe nicht die Absicht
ihm etwas an zu tun.“
„Ich möchte über jede weitere Aktivierung informiert werden.“
„Das lässt sich einrichten. Ich werde dir einen Boten überlassen, dann
kannst du getrost jeden Schritt deines Bruders verfolgen.“
„Hand drauf.“
Zhera fand diese Riten eigentlich schon immer ein wenig albern, doch er ließ
sich darauf ein. Es war nicht besonders klug einen Wächter gegen sich zu haben,
bloß weil man einem Handschlag nicht viel abgewinnen konnte. Er fand es eher
ein wenig überraschend dass sie so kooperativ war.
„Seit wann seit ihr eigentlich so kooperativ? Ich kann mich an Zeiten erinnern
da wurdet ihr schon ungemütlich, als man nicht mal direkt in der Nähe eines
Siegels war.“
„Das kommt ganz darauf an wie ihr euch verkauft. Ich sehe dir an das du keine
böswilligen Absichten hegst, das heißt aber nicht dass ich nicht eingreife
wenn es erforderlich wird. Außerdem scheint dir Sén ein gewisses Maß an
Vertrauen entgegen zu bringen, das heißt, das Siegel spürt keine Gefahr von
dir ausgehend. Ob das immernoch so ist wenn er erstmal dahinter kommt kann ich
allerdings nicht versprechen.“
„Das werden wir noch früh genug erfahren.“

Sén kam gerade zurück. Aus der Küche heraus hatte er beobachtet wie sich
Zhera und Mika unterhalten hatten. Irgendwie wirkte sie sehr ernst und es machte
ihn stutzig dass sie irgendwas miteinander ausgeheckt zu haben schienen. Er
würde es wohl nie erleben dass sie sich nicht etwas einfallen lassen würde. Er
musste schmunzeln. So war sie eigentlich schon immer. Dann kam er mit 3 Tellern
zurück.
„Du kannst es nicht lassen oder?“ tadelte sie ihn.
„Ich mache mich nur warm.“
Sie schüttelte den Kopf und gemeinsam aßen sie. Gegen Nachmittag
verabschiedete sich Zhera und ging. Mika hielt ihren Bruder davon ab aufzustehen
und sofort wieder an die Arbeit zu gehen.
„Wie lang musst du heute hier bleiben?“
„Ich weiß nicht, vielleicht bis neun vielleicht auch länger. Warum, was
ist?“
„Ich bin nur neugierig. Dann sehen wir uns später.“
„Gut bis dann.“

Der Abend verlief relativ ruhig, zumindest ruhiger als an den Tagen davor. Das
führte dazu, dass Bark Sén schon um acht nach Hause schickte. Er begründete
es damit dass seine Schwester da war und er sich noch ein paar schöne Stunden
mit ihr machen sollte. Natürlich hatte der Junge erst abgelehnt, doch
letztendlich gab er sich doch geschlagen.

„Mika?“
„Ich bin oben.“
Sén folgte ihrer Stimme.
„Was machst du denn im Arbeitszimmer? Das hast du doch immer gemieden.“
„Schon, aber mir fiel auf das das Buch zugeklappt war. Du hast es gelesen?“
„Nein, ich hab es eher durchgeblättert.“
„Und war es interessant?“
„Das kommt darauf an, aber es wusste schöne Geschichten zu erzählen.“
Sie lachte.
„Wie lang kennst du Zhera schon?“
„Seit letzer Woche. Er ist sprichwörtlich mit der Tür ins Haus gefallen,
einen Tag später war er an meiner Uni. Ist wohl das was man einen Zufall nennen
sollte.“
„Er scheint recht nett zu sein.“
„Ja, schon und er kennt eine Menge Überlieferungen.“
„Du meinst die Dinge die du auch immer wieder so interessant gefunden
hast?“
„Ja, genau. Aber warum fragst du danach?“
„Ach nur so. Gab es wirklich nichts Sonderbares in den letzen Tagen?“
„Du meinst außer den Unwettern?“
„Ja.“
„Nein, eigentlich nicht, nur ein paar Hirngespinste und ein ziemlich
abgedrehter Traum.“
„Echt? Erzähl.“ Forderte sie ihn auf.
Sén zögerte einen Moment doch dann erzählte er ihr was er außerhalb des
normalen Lebens gesehen und erlebt hatte. Sie unterbrach ihn nicht ein einziges
Mal.
„Und dieser Traum kommt immer wieder zurück?“
„Ich weiß nicht ob er überhaupt schon mal weg war.“
„Hm vielleicht ist es ein Hinweis, oder eine Warnung auf irgendwas?“
„Das könnte sein, aber ich habe wirklich keine Vorstellung.“
„Na vielleicht weißt er dich nur daraufhin das du nicht leichtfertig mit
deinem Vertrauen um dich werfen solltest. Vielleicht hast du ja einen
unsichtbaren Beobachter.“
„Du immer mit deiner Fantasy.“
„Naja ich wollte auch mal ein bisschen was mystisches erzählen.“
„Dann musst du aber noch eine Menge üben.“
Beide mussten lachen.

Auch in dieser Nacht ließ ihn der Traum nicht aus seinen Fängen. Anders als
die Tage davor, änderte sich das Bild jedoch ständig. Bevor es jedoch wieder
klarer werden konnte, steig ihm der Geruch von Kaffee und Brötchen in die Nase
und er wachte auf. Mika. Das hatte sie immer gemacht wenn sie da war, doch auch
heut morgen schien sie irgendwie verändert.
„Guten Morgen.“ Begrüßte sie ihn.
„Guten Morgen. Hast du gut geschlafen?“
„Ja und du?“
„Du kennst mich doch, ich kann immer und überall schlafen.“
„Stimmt. Darum könnte man dich manchmal beneiden. Setz dich.“
Nachdem die gefrühstückt hatte betrachtet sie Sén noch einmal genauer.
„Sag mal ist wirklich alles in Ordnung?“
„Sicher. Warum fragst du?“
„Du kommst mir irgendwie so anders vor.“
„Ach das, ich hatte die letzen Tage nicht besonders viel Schlaf, dazu noch das
Chaos auf Arbeit, und schon sieht man aus wie erschlagen.“
„Das meinte ich aber nicht. Du wirkst irgendwie besorgt.“
„Das täuscht nur.“
„Komm schon, wem willst du eigentlich was vor machen?“
„Ich hab mich mit Zhera unterhalten.“
„Das hab ich gesehen.“
„Er hat mir einiges über das Tor und die Siegel erzählt, und mir ist
eingefallen, dass auch Vater ab und zu davon gesprochen hatte.“
„Was? Aber wieso das denn?“
„Ich weiß nicht, er nannte es eine große Verantwortung.“
„Das ist genaugenommen alles was mit dieser Geschichte zu tun hat.“
„Ja…damit hast du Recht. Sén, vielleicht bist du in größerer Gefahr als
du denkst. Hast du daran keinen Gedanken verschwendet?“
„Wegen ein paar Dämonen? Mika, sie haben mir nichts getan, der eine konnte es
noch nicht mal.“
„Findest du das nicht alles ein bisschen merkwürdig? Ich meine Dämonen? Sén
wir sind doch keine Kinder mehr.“
„Das weiß ich, aber was soll es sonst gewesen sein? Mika ich schwöre dir,
das waren keine Menschen.“
„Und das glaube ich dir, aber was ist der Grund dafür?“
„Ich weiß es nicht. Ich habe ihn noch nicht gefunden.“
„Dann sollten wir anfangen nach ihm zu suchen.“
„Und wo willst du damit anfangen?“
„Vielleicht hier drin.“
Mika ging auf ihn zu und deutete auf sein Shirt unter dem deutlich sein
Herzschlag zu sehen war.
„Was soll das?“
„Denk einfach kurz darüber nach. Wann haben diese Träume angefangen und wann
kamen die ersten Dämonen?“
„Kurz nachdem der letzte schwere Sturm um die Häuser fegte.“
„Also kurz nachdem Zhera aufgetaucht ist.“
„Schon möglich, obwohl ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann was
er damit zu tun haben soll.“
„Er hat damit wahrscheinlich auch nicht viel zu tun, dennoch solltest du auf
verborgene Hinweise achten Bruderherz.“
„Worauf willst du eigentlich hinaus?“
„Das weiß ich selbst nicht so genau, aber etwas ist im Gange und erzähl mir
nicht dass es dir nicht auch schon aufgefallen ist.“
„Das schon, aber was spielt das für eine Rolle?“
„Vielleicht eine wichtigere als dir bewusst ist.“
„Weißt du mehr darüber als du sagst?“
„Nein, ich weiß nur das was ich gehört habe und das war eine ganze
Menge.“
„Von Zhera oder von Dad?“
„Von beiden.“
„Dann erzähl es mir doch einfach.“
„Das ist überflüssig, alles was ich weiß ist das was dir sicher auch schon
Zhera erzählt hat.“
„Was ist es dann? Hat es was mit den Dingen um dieses Tor zu tun? Vielleicht
mit diesen Wächtern?“
„Auch das kann ich dir nicht sagen…du bist doch derjenige der sich damit
beschäftigt.“
„Das schon, aber das heißt nicht das ich mit meinen Vermutungen auch richtig
liege.“
„Nein…das heißt es nicht.“
Plötzlich wurde der Wind stärker und blies um das Dach, die Temperaturen
fielen ungewöhnlich schnell ab und wieder einmal flirrte die Luft um sie.
„Was ist das?“
„Nicht schon wieder. Komm lass uns nach draußen gehen, wer weiß ob das Haus
sonst noch steht.“
„Was meinst du damit?“
„So ist es immer wenn irgendeiner auftaucht.“

Kapitel 8



Sie hatten die Tür gerade hinter sich geschlossen als auch schon dunkle Wolken
aufzogen und sich ein Schatten formte.
„Was ist das?“
„Ein Dämon. Aber ein anderer als die übrigen, der scheint wirklich was auf
den Kasten zu haben.“
„Woher weißt du das?“
„Weil es niemals so war wie jetzt.“
„Woher willst du das wissen? Es ist doch nur ein oder zweimal passiert.“
Mika musste schon schreien um das Tosen des Windes zu übertönen.
„Ich weiß es eben.“

Und Plötzlich wurde es ganz still. Vor ihnen stand nun tatsächlich ein
Dämon.
„Das sieht irgendwie nicht gut aus.“ Murmelte Sén.
„Da muss ich dir zustimmen.“ Flüsterte seine Schwester zurück. Sie sahen
fragend zu dem unerwünschten Besucher empor. Der tat noch nichts, sonders sah
sie nur stumm an.
„Das ist also der Grund weshalb so ein Aufruhr gemacht wird.“
„Wer bist du?“
„Mein Name ist Ruar.“
„Und du bist hier weil du eine Aufgabe hast.“ Mutmaßte Sén.
„Du hast ein loses Mundwerk, aber das wird dir nicht helfen.“
„Das glaube ich dir sogar, aber es würde mir schon erstmal helfen, wenn mir
einer sagen würde, was ihr eigentlich alle ausgerechnet von mir wollt.“
„Das weiß ich auch nicht. Es ist ein Auftrag, man fragt nicht nach einem
Sinn.“
„Eure Regeln kamen mir schon immer ein wenig undurchsichtig vor, aber was hab
ich getan, das ich keinen Tag mehr meine Ruhe habe?“
„Auch das weiß ich nicht, ich weiß nur dass du störst.“
„Wie reizend…“

Mika sah der Szene mit gemischten Gefühlen zu. Sie wusste warum alle hinter
ihrem Bruder her waren, und sie wusste auch welchem Rang sie gegenüberstanden.
Die Aussicht, dass das halb erwachte Siegel einen Angriff abfangen könnte, war
gering, es war zweifelsohne ein gehobener Dämon.
Dann griff er ohne Warnung an. Unerwarteter Widerstand war seine Antwort, doch
der kam nicht allein von dem Jungen.
Als er nach einem zweiten und dritten Anlauf bemerkte das es sinnlos war, war er
plötzlich hinter ihm und hob ihn hoch. Allein würde sein Widerstand weniger
heftig ausfallen.
„Spinnst du! Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, ich kann nicht in der
Luft rum stehen! Lass mich runter!“
Ruar sah ihn an und grinste.
„Dann hoffe ich für dich dass du wenigstens schwindelfrei bist.“
Als Sén sich umdrehte stellte er fest, das er weiter über dem Boden war als er
geglaubt hatte. Wenn der wirklich hergekommen war um das Werk seiner Vorgänger
zu vollenden, dann würde er ihn einfach nur loslassen müssen.
„Schwindelfrei schon, aber ich hab meinen Freiflugschein noch nicht
gemacht.“
„Den wirst du auch nicht mehr brauchen…“
Plötzlich durchfuhr Ruar ein Ruck, allerdings brachte ihn das nicht dazu den
Jungen fallen zu lassen.
„Amnas?“ Mika schlug sich erschrocken die Hand vor dem Mund. Als Sén zu ihr
sah hatte er auf einmal das Gefühl sie als etwas ganz anderes zu betrachten.
Sie schien irgendwie zu leuchten und erinnerte an eine furchtlose Kriegerin, als
er Blinzelte war das Bild verschwunden.
Dann durchfuhr ein erneutes Zucken den Dämon und diesmal wesentlich heftiger.
Sén spürte wie sich sein Griff lockerte und er sich wortwörtlich vor seinen
Augen auflöste und er plötzlich nach unten rauschte.
Er sah noch wie Amnas versuchte ihn zu packen, aber er war so überrascht das er
nicht mal erschrocken nach Luft schnappen konnte.
„Sén!“
„Was ist denn hier schon wieder los?“ Zhera, der von dem ganzen Aufruhr mehr
als genug mitbekommen hatte, kam gerade rechtzeitig. Plötzlich begann etwas um
Sén herum zu leuchten. Amnas drehte sich weg und Zhera, eben noch in der
Gestalt des Studenten erkannte die Lage. Nur eine Sekunde später fing er den
Jungen mitten in der Luft auf. Das Leuchten erlosch.
Perplex sah Sén ihn an. Er hielt ihn wie ein Kind und als ob das nicht schon
unangenehm genug für ihn war, blieb er auch noch an Ort und Stelle stehen und
wartete darauf dass sich sein Offizier wieder zu ihnen wandte.
„Amnas, ich sagte, auf ihn aufpassen, nicht, ihn umbringen.“
„Verzeiht…“
„Das war hoffentlich der letze Vorfall dieser Art…“ erwiderte er und
stellte Sén nach ein paar Sekunden sicher auf den Beinen und auf den Boden ab.
Ein erleichtertes Seufzen entwich Mika.
Sén glühte förmlich.

„Bist du in Ordnung?“ Mika kam sofort auf ihn zu.
„Glaub schon…aber was andres ist hier nicht mehr in Ordnung.“
„Wie meinst du das?“
„Du kennst den da.“ Er deutet nach oben, auf Amnas.
„Und ihn hier wahrscheinlich auch.“
Damit deutete er auf Zhera.
„Und als nächstes willst du mir sicher erzählen das das alles vollkommener
Blödsinn ist.“
Mika sah ihn betroffen an. Er kannte sie wirklich sehr gut.
„Nein…das ist richtig…ich habe sie schon mal gesehen.“
„Und wo?“
„Überall…sie sind ständig um dich…“
„Was meinst du damit?“
„Hast du es bemerkt? Die Verschiebung zwischen der Zeit?“
„Du meinst das kurze Bild in einem Bühnenreifen Outfit? Allerdings, das habe
ich.“
„Sieh dich nochmal um…“
Er sah seine Schwester ein wenig irritiert an, blieb dann jedoch erstmal wieder
bei seinem Fürsten hängen und löste sich mit Gewalt von seinem Anblick. Dann
sah er zu Amnas. Der schien immernoch nicht ganz sicher zu sein, ob die
Ermahnung seines Herrn das einzige war, was er dazu zu sagen hatte.
Dann fiel ihm der kurze Bildsprung ein, während er nach unten fiel. War nicht
Zhera auch hier?

„Ok…was ist hier genau los. Und erzählt mir keine Märchen.“
Mika sah ihn schweigend an, dann fiel sein Blick wieder auf Zhera.
„Du hast ein paar starke Feinde, aber du hast auch ein paar mächtige
Verbündete.“ Versuchte sich Mika in einer Erklärung, er winkte ab.
„Sie sind nicht hinter mir her…sondern hinter den Siegeln.“ Sagte der
Junge und ließ Zhera dabei nicht
aus den Augen.
„So könnte man das auch sehen.“
„Ich habe ein Siegel…“
„….mit ziemlicher Sicherheit ja.“
Jetzt fiel ihm auf das er den Fürsten immer noch anstarrte. Und feststellte,
das ihn seine Phantasie kein Hirngespinst geliefert hatte. Es stimmte alles was
er schon vorher gesehen hatte. Die schwarzen Haare, die lila Augen und die
Maske…derselbe lila Schimmer den er schon bei Zhera bemerkt hatte.
Zhera…natürlich. Zhera war selbst der Fürst der Dämonen und daher wusste
er auch soviel über all diese Legenden und Mythen.
Aber wieso hatte er ihm davon erzählt?
„Ok…nochmal von vorn…ich habe eines dieser Siegel…dann bist du…“ er
sah seine Schwester an.
„….einer der Wächter?“ Sie nickte langsam.
„Zhera und Amnas…ihr seid schon die ganze Zeit in meiner Nähe…deshalb
hast du soviel über das alles hier gewusst.“ Und noch immer ruhte sein Blick
auf ihm.
„Ist das irgendwie ein schlechter Scherz oder sowas?“
„Nicht ganz, aber das ist nicht unbedingt die passenden Umgebung um zu
diskutieren.“Erwiderte Zhera. Jetzt fiel dem Jungen noch eine Ähnlichkeit
auf. Die Stimme war dieselbe, das konnte nur bedeuten, dass er mit seinem ersten
Rateversuch ins Schwarze getroffen hatte. Er wurde ein wenig sauer auf ihn, doch
er entschied sich dafür, ihm zumindest die Möglichkeit einzuräumen etwas dazu
zu sagen. Dasselbe galt auch für seine Schwester.

Eigentlich hatte Zhera eher damit gerechnet dass er für einen Moment komplett
die Fassung verlieren würde, dass er so ruhig blieb überraschte ihn wirklich.
„Vielleicht hast du Recht, aber wenn wir jetzt ins Haus gehen, möchte ich
keine Halbwahrheiten mehr präsentiert bekommen.“ Lenkte er ein. Mühsam
beherrscht zwar, aber so ruhig wie möglich.
„Ich werde mit dir und deiner Schwester gehen. Amnas hat noch etwas zu
erledigen.“ Er sah ihn an. Der angesprochene blieb zwar in der Luft stehen,
senkte jedoch sein Haupt und sah ihn nicht an.
„Ich höre…“
„Kehre zurück und versuche in Erfahrung zu bringen, was sich Tugar noch alles
einfallen lassen will.
Sollte er eine Gruppe Dämonen zusammen horten, um einen Weiteren Ausfall zu
wagen, wirst du dieses Vorhaben im Keim ersticken.“
„Jawohl.“ Dann war er verschwunden.

Sén sah ihn an. Eigentlich war das ganz eindeutig ein Befehl, aber irgendwie
klang es nicht ansatzweise so.
„Was passiert wenn er das nicht schafft?“
„Darüber mache ich mir keine Gedanken. Amnas ist in solchen Sachen sehr
sorgfältig und gut informiert.“
„Was ich von mir nicht gerade behaupten kann.“
„Das würde ich so nicht sagen.“
Sén deute zum Haus und zusammen gingen sie hinein. Mika hatte kein Wort mehr
gesagt.
„Ich mache Kaffee.“ Erwiderte die bevor sie in der Küche verschwand. Was um
alles in der Welt wollte Zhera nur von ihrem Bruder oder umgedreht, wieso
starrte der ihn unentwegt an?

„Also ich höre.“ Forderte der Junge auf.
„Was willst du denn hören?“
„Hast du mir Lügen aufgetischt?“
„Nein, alles was ich dir bereits erzählt habe, entspricht der Wahrheit.“
„Bis auf die Kleinigkeit das du selbst der Fürst der Dämonen bist, und das
Mika und ich keine gewöhnlichen Menschen sind.“
„Das ist so nicht richtig. Du hast keine entsprechende Frage gestellt.“
„Aber du hättest es mir doch schon viel eher sagen können!“
„Nein, es war wichtig dass du selbst dahinter kommst. Das Siegel…“
„Was interessiert mich das Siegel jetzt!“
„…es ist inzwischen vollständig erwacht. Die Welt wie du sie kennst wird
sich von jetzt an Stück für Stück verändern.“ Fuhr er ungerührt fort.
„In wie fern? Was ist das für ein Siegel?“
„Das einzige über das wir uns unterhalten haben. Amnas hat es bestätigt.“
„Wusstest du es?“
„Nein. Ich nehme nur ihre Anwesenheit wahr, doch deswegen erkenne ich sie
nicht. Und ich war mir nicht sicher, aber ich habe es geahnt.“
„Und wie lange schon?“
„Eine ganze Weile.“
„Wie lang wolltest du warten bis es herauskommen würde?“
„Es wäre ohnehin nur noch eine Frage der Zeit gewesen.“
„Meine Güte Zhera, was um alles in der Welt geht hier vor sich?“
„Das habe ich dir schon gesagt.“
„Aber das war doch noch nicht alles. Was hat es mit diesen ganzen Dämonen auf
sich? Was soll das?“
„Es ist kein Geheimnis, das es Unstimmigkeiten im Reich gibt, und es ist auch
kein Geheimnis, das es 2 Fronten gibt. Eine die gegen mich und eine die für
mich ist.“
„Könnten sie eine ernsthafte Gefahr darstellen?“
„Unwahrscheinlich, aber nicht auszuschließen.“
„Gut. Ich habe dir schließlich mein Wort gegeben, also erzähl mir was ich
noch alles wissen sollte, schließlich geht es jetzt nicht mehr länger nur dich
etwas an.“
„Damit hast du sogar Recht, doch erst solltest du dir anhören, was dir deine
Schwester erzählen kann.“
„Sie wird nicht reden wollen. Worüber habt ihr euch im Restaurant
unterhalten?“
„Um dich.“
„Und warum?“
„Sie wollte wissen was ich vorhabe.“
„Ich glaube nicht dass ich vor dir Gefahr zu befürchten habe. Hättest du so
etwas vor, stünde dir nichts im Weg.“
„Das ist richtig, ich habe auch nicht vor etwas zu unternehmen, das dich in
Gefahr bringen könnte.“
„Du hast gesagt, wenn das Tor das nächste Mal geöffnet würde, gäbe das
eine Katastrophe. Was willst du dagegen unternehmen?“
„Um schlimmeres zu verhindern?“
„Gibt es denn eine Möglichkeit etwas zu verhindern?“
„Nicht nur eine, aber für die anderen ist es bereits zu spät. Um ein Öffnen
des Tores zu verhindern, muss in erster Linie gewährleistet werden, dass weder
meine Welt, noch deine Welt und auch die Welt der Engel keinen größeren
Schaden nimmt. Ich muss dir sicher nicht erklären wie gut die Idee, bei einem
Reich das von Dämonen bevölkert ist, einschlägt.“
„Ich nehme an du hast vor genau das zu verhindern oder? Aber du hast keinem
davon erzählt.“
„Das ist richtig, ich habe ihnen nur von den Schlüsseln erzählt, nicht aber
von meiner Absicht. Letztendlich haben wir schließlich einen Ruf zu
verlieren.“
„Aber ist es dafür nicht schon zu spät? Also zumindest mein Weltbild ist
völlig gekippt.“
„Im Grunde war es nicht vorgesehen, dass sich die Zeichen der Zeit so schnell
gegen uns wenden, und ich meine uns alle. In diesem Moment beginnt die Suche
nach den Schlüsseln auch in der anderen Welt.“
„Wieso erst jetzt?“
„Weil dein Siegel nicht länger schläft und weil der, der die Schlüssel hat,
für den Moment der Sieger ist.“
„Aber du hast doch gesagt…“
„…ja. Weder die Menschen noch die Engel wissen, dass es nicht mehr zu einem
weiteren Öffnen des Tores kommen darf, wenn wir weiter leben wollen.“
„Kannst du mich zu ihm bringen?“
„Dem Tor?“
Sén nickte.
„Das ist nicht ganz ungefährlich. Das Tor befindet sich in meinem Reich, auch
wenn du ein Siegelträger bist, kann ich nicht dafür garantieren dass du es
dort lang genug aushalten würdest um es zu erreichen. Ich kenn das Ausmaß
nicht was der Einfluss dämonischer Energie mit dir anrichten würde.“
„Aber du bist doch auch hier.“
„Ich bin ja auch schon ein paar tausend Jahre älter. Mit der Zeit entwickelt
man Zauber und Schilde die einen erlauben sich überall aufzuhalten.“
„Und wenn du ein solches Schild schaffen würdest?“
„Das geht nicht.“
„Wieso?“
„Sieh her.“
Zhera ließ eine kleiner Kugel entstehen und schickte sie in Sén´s Richtung.
Sie zerbarst weit vor ihn an dem Schild das das Siegel errichtet hatte.
„Was war das?“
„Das Siegel. Es schütz dich vor dem Einfluss anderer Zauber.“
„Wieso konnte mich dann dieser Ruar überhaupt erwischen?“
„Er war ein gehobener Dämon. Dämonen der Ränge 10-6 würden das nicht mehr
schaffen, aber Ruar, war ein Rang 4 Dämon und damit gegen ein halbes Siegel
völlig immun.“
„Und was ist mit dir?“
„Was meinst du?“
„Könnten dich die Siegel nicht auch abweisen?“
„Nein, ich habe keine böswilligen Absichten und lasse mich auch nicht von
einem Tor überwältigen.“
Sén sah ihn immer wieder und wieder an. Schließlich kam Mika zurück und
stellte das Tablett ab.
„Er nimmt es gefasst auf, würde ich sagen.“
„Ja, allerdings. Es wundert mich aber auch nicht wirklich.“
Erwiderte Zhera. Sén sah sie an.
„Du hast es auch gewusst?“
„Ja…schließlich bin ich ein Wächter und als solcher…“
„…behältst du dein Wissen in jeden Leben bei.“
„Richtig, und das ist nicht gerade einfach, schließlich wusste keiner das es
in diesem Leben gesehen würde.“
„Und welche Entschuldigung hast du für dein Schweigen?“ Sén sah sie an. Er
wusste das sie wahrscheinlich eher wissen würde was genau mit ihm passieren
würde, wenn er das Siegel nutzen musste.
„Das ist alles ziemlich kompliziert.“
„Das ist hier so einiges, aber was kannst du mir sagen?“
„Ich kann dir nicht alles erzählen wenn du das meinst, es ist mir verboten
verstehst du.“
„Gut, dann erzähl mir eben nur das was du erzählen kannst und du, komm ja
nicht auf die Idee zu verschwinden. Ich bin noch lang nicht fertig mit dir.“
Erwiderte er an Zhera gewandt.
„Hatte ich ohnehin nicht vor, schließlich bin ich auch nicht allwissend.“
„Umso besser. Also Mika…wir hören.“
„Gut, dann hört mir einen Moment zu und seid euch darüber klar, das es nicht
in falsche Ohren geraten sollte. Wie ernst die Lage tatsächlich ist wusste ich
nicht. Erst als ich sah, dass die Schatten dich nicht mehr täuschen konnten. Es
ist bisher nicht vorgekommen, dass ein Siegel seinen Wächter erkennt, bevor die
Zeit gekommen ist. Das beweist nur einmal mehr wie wichtig es ist, dass du es
auch verstehst.“
„Was passiert mit der Welt? Zhera sagt, sie würde sich jetzt Stück für
Stück verändern.“
„Das ist richtig, du wirst es bald sehen. Du wirst sehen was war, was ist und
was noch passieren könnte, wenn es so weiter geht wie bisher. Du wirst auch
sehen welche Auswirkungen der ewige Krieg zwischen Engeln und Dämonen auf
unsere Welt hat, und dir wird es nicht gefallen. Im Grunde kann man die anderen
nur beneiden, dass ihnen das alles erspart bleibt und sie es nicht sehen
können. Es wird dir auch nicht erspart bleiben das Ausmaß der Neutralisierung
zu sehen, wenn das Tor geöffnet wird. Diese Zone ist zerrüttet und
zerklüftet, sie wird bald nichts mehr mit dem gemein haben was du bisher zu
kennen geglaubt hast. Das ist die wahre Macht deines Siegels und du musst sie
kontrollieren können.“
„Das klingt irgendwie nicht besonders gut.“
„Nun, das ist nun einmal das Los eines Siegels das nur die Wirklichkeit
sieht.“
„Kann ich das Tor nutzen?“
„Dazu brauchst du mehr als nur den Willen es zu tun Sén. Der einzige Zugang,
liegt in Zhera´s Reich und es ist nicht ganz ungefährlich dort. Es gibt Krieg
zwischen den Dämonen, und auch du wirst das sehen wenn du jemals dort sein
solltest. Es ist nicht so das Zhera die Kontrolle über seine Welt verloren
hätte, im Gegenteil, ich zweifle nicht daran, dass er seine Krieger im
Ernstfall mit einem Schlag vernichten könnte.
Aber du solltest auch keinem anderen außer ihm trauen. Eigentlich sollte man ja
keinem Dämonen trauen, aber besondere Zeiten erfordern nun einmal auch
besondere Maßnahmen, selbst dann wenn es noch andere Stimme gibt die einen
davon nur abraten würden.
Doch es gibt ein Ungleichgewicht. Eines der Symbole, im Tor, ist vor vielen
Jahren verschwunden. Keiner weiß wo es ist, deswegen wurde das Tor von mal zu
mal immer ein wenig mehr zerstört, inzwischen ist es soweit gekommen, das es
nicht mehr nur die Zeit neutralisiert, sondern das es auch schon ganze Zonen
zerstört hat. Von jetzt an werden dir immer wieder Menschen begegnen und manche
unter ihnen tragen ebenfalls ein Siegel, mit ihnen werden andere Wächter kommen
und sollten sie auf dich zukommen, dann höre dir an was sie zu sagen haben,
doch vertrau nicht nur auf ihr Wort. Höre auf das was tiefer geht, auf deine
innere Stimme. Es gibt nicht viele die derselben Meinung sind wie du, Zhera oder
ich. Du musst versuchen das letzte Siegel und das letzte Symbol zu finden bevor
die anderen Siegel sich gegenüberstehen. Das ist die Aufgabe die du diesmal zu
bewältigen hast und sie wird nicht leicht werden.“
„Warum ich?“
„Weil du der einzige bist der sie sehen kann und weil du der einzige bist der
die Möglichkeit hat etwas zu unternehmen.“
Mika nickte. „Zhera hat Recht. Du bist im Moment der Grat der darüber
entscheidet wie es weitergehen wird.“
„Das ist ein bisschen viel auf einmal meint ihr nicht? Ich meine ich bin ja
begeistert, das ihr euch so wunderbar einig seid, aber wie stellt ihr euch das
eigentlich vor?“
„Du kannst das Tor benutzen.“ Sagte Mika.
„Ich kann das Tor benutzen?“
„Ja, Zhera hat sicher erwähnt was die Menschen wirklich sind, oder?“
„Gefallenen Engel, gebrannt Dämonen?“
„Ja, genau. Auch wenn das wahrscheinlich nicht seine Absicht war, aber es ist
die Wahrheit. Menschen sind die Opfer die der Krieg schon gefordert hat, jedes
neue Leben ist ein gefallener Krieger, ohne eine Erinnerung an seine Herkunft.
Ist das Tor geöffnet werden sie es sein die sein Werk vollenden. Sie sind
stärker und mächtiger als reine Engel oder reine Dämonen, deswegen gibt es
kein Entkommen vor dem Unvermeidlichen.“

Kapitel 9



Sén sah sie eine Weile zweifelnd an, er wusste dass sie ihn nicht belog, doch
das was er gehört hatte, überstieg seine Vorstellung um Meilen.
„Du könntest zur Abwechslung auch mal etwas Positives erzählen.“ Meinte
Zhera. Mika sah ihn bedauernd an.
„Wenn es davon etwas gäbe, hätte ich es getan. Es gibt nichts mehr was wir
tun könnten um das Ausmaß der Katastrophe in irgendeiner Weise schön zu
reden.“
„Das habe ich auch nicht gesagt.“
„Schon gut, das ist zwar alles ein bisschen viel auf einmal, aber ich komm
schon zurecht. Wenn ihr mir jetzt noch erklärt, was das Tor von mir will, wäre
mir auch dabei geholfen.“
„Das Tor hat eine Verbindung zu dir hergestellt. Es will dich warnen, das
heißt, es wollte dich warnen.“
„Ihr meint das Tor denkt?“
„So etwas ähnliches. Das Tor hat eine Art Seele, und es war schon seit jeher
so, dass es seine Siegelringe vor drohenden Gefahren gewarnt hat, allerdings
schien dich das ja nicht sonderlich zu interessieren.“ Erwiderte Zhera,
behielt es aber für sich was er mit der Aussage meinte.
„Ja, auch da hat er Recht.“
„Und welche Rolle spielst du dabei?“ Sén sah seine Schwester an.
„Ich habe die Aufgabe von Vater übernommen, daher wusste ich dass sie tot
waren, bevor man es uns gesagt hatte. Der Wächter eines Siegels ist nie weiter
als ein Steinwurf entfernt, und ich war nun mal nur noch die einzige die in
deiner Nähe war. Vielleicht kannst du dir das nicht vorstellen, doch er kam in
seiner Urform zu mir und bat mich seine Aufgabe zu übernehmen. Ich wusste zwar
nicht was er meinte, doch ich sah, das es ihm sehr am Herzen lag, also willigte
ich ein, damit ging das ganze Theater erst los. Wäre Vater noch hier, würde er
dir sicher ganz anderes raten, doch wie auch Zhera habe ich erkannt, dass es an
der Zeit ist, Dinge ändern zu müssen um überleben zu wollen. Ich selbst
spiele keine wirkliche Rolle dabei, ich bin nur dafür da dich vor Schaden zu
bewahren und im Ernstfall für dich zu kämpfen.“
„Und wieso weißt du dann soviel über all die Dinge?“
„Es ist ihre Bestimmung. Die Siegel müssen reanimiert werden und dafür
brauchen sie das Wissen der Wächter, daher ist es wichtig, dass sie nicht
getrennt werden.“ Beantworte Zhera seine Frage.
Der Junge nickte.
„Deswegen hast du also eine Art Wächter abgestellt…“
„Ja.“
„Und wieso sind die anderen jetzt wirklich hinter mir her?“
„Weil sie mit allen Mitteln versuchen, einen Weg zu finden sich meinem
Einfluss zu entziehen, und glauben das sie es schaffen könnten, wenn sie Dinge
zerstören um die ich mich persönlich kümmere.“
„Könnten sie das denn irgendwann?“
„Das sollte nicht möglich sein. Ich würde mir nur mein eignes Grab
schaufeln, wenn ich eine Armee aufstellte, die ich nicht mit einem einzigen
Schlag auch wieder auslöschen könnte. Doch es geht etwas Seltsames vor sich,
es gibt Dämonen die mit anderen Kräften ausgestattet sind als sie sein
sollten. Sie sind zwar keine Gefahr, aber man sollte diesen Umstand auch nicht
zu leichtfertig hinnehmen.“
„Aber wieso bekriegen sie sich denn Gegenseitig?“
„Weil das nun mal ihre Natur ist. Dämonen sind Einzelgänger, das einzige was
sie verbindet ist ihre Ergebenheit mir, oder einem anderen Gegenüber. Es wird
immer wieder welche geben, die nach mehr streben als nur den Posten eines
Offiziers. So war es immer und so wird es auch immer bleiben.“
„Wie viele Dämonen gibt es eigentlich?“
„Eine ganze Welt voll…“
„Und die könntest du ohne weiteres aus dem Weg räumen?“
„Inklusive der gesamten Welt der Dämonen, ja.“
„Aber würdest du dir damit nicht nur selbst schaden?“
„Nein, ich könnte mir jederzeit wieder eine Neue Welt und neue Diener
erschaffen wenn ich es wollte, aber diese ganze Arbeit muss ja nicht sein.“
Irritiert sah Sén ihn an. Wenn das stimmte, dann war seine Macht ja
unvorstellbar groß.
„Das ist das Gesetz, während es in der Welt der Engel immer wieder zu
Machtkonflikten kommt, unterbindet Zhera jeden größeren Aufruhr bevor er
wirklich gefährlich für seine oder unsere Welt werden könnte. Man könnte
fast sagen, er spielt mit ihnen mit, solang sie sich an seine Regeln halten.“
Erwiderte Mika die den fragenden Gesichtsausdruck ihres Bruders bemerkt und
richtig gedeutet hatte.
Er nickte. Dann blieb er wieder an Zhera hängen. Dies quittierte nun Mika mit
unausgesprochenen Fragen.

Sén rückte näher zu ihm und fuhr mit dem Finger über die Maske. Sie fühlte
sich wirklich an wie Metall. Zhera packte ihn am Handgelenkt und hielt es fest.
Der Junge schreckte zusammen, er war keine 5cm mehr von seinem Gesicht entfernt.
Er schluckte leicht, während sein Puls zu Höchstleitungen anstieg und ihn ein
leichte Röte ins Gesicht steigen ließ.
„Wenn du etwas über die Maske erfahren willst, dann zöge ich es vor, wenn du
danach fragen würdest.“
Sein Griff war nicht besonders hart, aber das schob er darauf, das Zhera ihn
nicht unnötig weh tun wollte.
„Tut mir Leid…ich war nur neugierig.“ Erwiderte er zögerlich während er
Gefahr lief sich dem Anblick seines Gegenübers, und diesen Augen nie wieder
entziehen zu wollen. Dann endlich ließ er ihn los.
„Sie ist natürlich aus Metall, was hast du denn gedacht? Das sie angewachsen
ist?“ fragte Mika ihn.
„Nein…ich weiß nicht…“
„Wieso eine Maske…eine halbe…“ fragte er an Zhera gewandt.
Der seufzte leicht, schüttelte den Kopf und hielt sie plötzlich in der Hand.
„Fang.“

Völlig überrascht kam Sén seiner Aufforderung unbewusst nach.
Als er sie in der Hand hielt und betrachtete, fühlte er die starke Magie die
ihr innewohnte und ihn durchströmte.
Er sah sie genauer an und dachte an ein Portal, das unmittelbar neben ihn
erschien.
Zhera schnippte kurz mit den Fingern und das Schmuckstück war wieder da wo es
hingehörte. Fast schon bedauerte Sén es, ohne sie wirkte er noch viel
atemberaubender, doch er verstand.
„Sie hat sehr viel Macht…man könnte damit eine ganze Menge Schaden
anrichten.“
„Insbesondere wenn sie in falsche Hände fällt.“ Damit löste er das Portal
wieder auf.
„Verstehe…wie kommt die dann aber in das Buch? Die ist doch nicht erst ein
paar Jahrhunderte in deinem Besitz.“
„Zufall. Die Maske ist vor ein paar tausend Jahren geschmiedet wurden. Sie
hätte beinahe alles ausgelöscht. Der der sie schmiedete, hatte ihre Macht
unterschätzt und so hat sie sich erst seiner und dann des halben Sonnensystems
entledigt.“
„Ist sie immer noch so gefährlich?“
„Nein, es ist nur noch die Hälfte einer ganzen und selbst das ist schon
genug. Die andre Hälfte befindet sich nicht in meiner Welt sondern in der Welt
der Engel. Im Grunde ist es diesen beiden Hälften zu verdanken, dass es die
Welt der Menschen überhaupt gibt.“
„Das wusste ich nicht.“
„Das solltest du auch nicht weiter erzählen.“
„Natürlich nicht.“

„Zhera!“
Plötzlich war Amnas zurück, er sah ein wenig ramponiert aus, aber schien nicht
viel mehr von seinem Temperament eingebüßt zu haben.
„Was ist?“
„Tugar ist dabei einen Aufstand anzuzetteln.“
„Dann lass ihn doch seinen Spaß.“
„Er ist dabei sich ein paar neue Verbündete zu suchen, er sät Zweifel, weil
ihr euch solang schon hier aufhaltet, die Dämonen verlieren ihre Objektivität,
weil sie glauben, dass der Einfluss der Menschen kein Guter ist. Vielleicht
solltet ihr euch besser selbst darum kümmern.“
„Ist gut…was ist mit deinem Auftrag?“
„Habe ich erledigt.“
„Dann bleibst du erstmal hier.“
„Aber…“
„Ich bin ja gleich wieder da.“
„Jawohl…“

Damit war Zhera verschwunden.
„Du bist also seine rechte Hand…“ erwiderte Sén. Der Dämon sah ihn an.
Etwas gefiel ihm nicht an diesem Blick.
„Was ist wirklich los?“ fragte der Junge unvermittelt.
„Nichts von Belang.“
„So siehst du aber nicht aus.“
„Das kann dir auch egal sein.“
„Gut…wie du meinst...“
Sén setzte sich hin und nahm sich einen Kaffee, während er Amnas beobachtete.
Ihm war, als würde die Kratzer und Schrammen die er kassiert hatte stetig
zurückgehen oder schon wieder verschwunden sein.
Doch dann fuhr er auf einmal herum. Mika sah in dieselbe Richtung und Als Sén
es ihnen gleich tat, war bereits wieder eine dunkle Wolkenfront zusammen
gekommen.
„Nicht schon wieder…“ murmelte der Junge.
„Hat er das etwa auch geahnt?“
„Was glaub ihr denn…“ murrte Amnas, bevor er aufstand und nach draußen
ging.

„Bleib hier Sén.“ Hielt ihn Mika auf ihm zu folgen.
„Aber…“
„Er wird schon wissen was er tut. Aber du solltest auf dich acht geben.“
„Was meinst du damit?“
„Ich habe dich beobachtet, du darfst nicht vergessen, wer Zhera ist und noch
weniger darfst du dich einer Illusion hingeben. Auch wenn du ihm trauen kannst,
heißt das nicht dass du ihm verfallen sollst, das ist ungefähr so, als
würdest du mehr als eine Spielregel verletzen. Eine Verbindung zu einem
Dämonen ist noch zu keiner einzigen Zeit gut ausgegangen.“
„Wovon redest du bitte?“
„Du weißt was ich meine. Sei vorsichtig.“
Eine Windbö erschütterte das Haus.
„Ist das normal?“
„Ich weiß es nicht. Wenn es stimmt was Amnas gesagt hat, dann wird Zhera so
schnell nicht wieder zurück kommen. Es ist nicht ganz ungefährlich wenn
Dämonen Zweifel haben, neben denen die bewusst gegen ihn agieren wollen.“
„Du meinst sie könnten sich verraten fühlen?“
„Möglicherweise. Ich hab nicht viel mit ihnen zu tun gehabt, aber ich habe
die Kämpfe unter ihnen oft erlebt, die wenigsten gingen glimpflich aus.“
Schon wieder erschütterte ein Windstoß die Mauern.
„Vielleicht sollten wir ihm doch lieber helfen. Wer weiß ob wir sonst noch
ein Haus haben.“
„Wir sollten uns da besser nicht einmischen.“
„Ich möchte aber gerne ein ganzen Haus haben wenn sie fertig sind und nicht
nur ein halbes.“
„Na schön, gehen wir nachsehen, aber mehr nicht.“
Sén nickte und war schon fast aus der Tür als er erschrocken zur Seite
hechtete.
Neben ihn schlug ein Gegenstand auf. Erst nach dem zweiten Blick sah er dass es
sich um ein paar übergroße Wurfsterne handelte. Was war denn das schon wieder
für ein seltsames Spiel.

Er sah nach oben. Amnas und ein andere Dämon schienen gegeneinander zu
kämpfen, irgendwie sah es fast so aus als hätten sich diesmal einigermaßen
ebenwürdige Gegner gefunden.
„Könntet ihr vielleicht davon absehen mein Haus umzublasen?“ rief er ihnen
zu. Als Antwort kam noch ein übergroßer Wurfstern auf ihn zu.
„He! Ich kann nichts für deine miese Laune.“

Amnas sah ihn zweifelnd an. War der eigentlich noch zu retten? Warum war er
nicht im Haus geblieben?
„Sag mal, kannst du dir vielleicht vorstellen dass das kein Spiel ist?“
„Allerdings, deswegen mache ich mir ja Sorgen.“
„Wer ist das?“
„Geht dich nichts an. Sag mir lieber was du hier willst.“ Fuhr Amnas wieder
herum.
„Ein paar Antworten.“
„Und worauf?“
„Was sich Zhera dabei denkt sich hier in der Menschenwelt herumzutreiben,
während bei uns immer mehr einfach so verschwinden!“
„Warum fragst du nicht Tugar danach? Ich bin mir sicher das er dir ganz
bestimmt sagen kann wieso das so ist.“
„Das habe ich bereits.“
„Oh…dann kann ich mir seine Antwort ja lebhaft vorstellen. Was hat er denn
diesmal für Ausreden gefunden Sua?“
„Gar keine, aber ich bin mir nicht sicher ob er nicht vielleicht doch Recht
hatte.“
„Womit? Dass der Einfluss der Menschen ungesund ist?“
„Das ist kein Geheimnis.“
„Aber ein beliebter Köder für Idioten die darauf hereinfallen.“
„Du wagst es so mit mir zu reden?“
„Ich rede mit dir wie ich es für angemessen halte. Wenn du allerdings so dumm
bist seinen zweifelhaften Antworten Glauben zu schenken, das bist du noch viel
einfältiger als ich dachte.“
„Wenn du so schlau bist, dann erklär du mir doch was Zhera hier oben zu
suchen hat.“
„Das könnte ich, aber ich tu es nicht, und du tätest gut daran zurück zu
gehen und zu hoffen dass du ihm nicht über den Weg läufst.“
„Das hättest du wohl gern. Tugar vermutet das der ganze Ärger mit diesem
verflixten Tor seinen Ursprung hier hat, also werde ich die Ursache einfach
entsorgen und auf diese Weise für Ruhe sorgen.“
„Und das glaubst du ihm? Warum wundere ich mich überhaupt, du warst schon
immer ein Dummkopf. Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, Tugar spielt ein
falsches Spiel, er lechzt nahezu danach endlich eine Möglichkeit zu finden um
noch mehr Unsinn verbreiten zu können. Und du hilfst ihm auch noch dabei.“
„Der einzige der Unsinn verbreitet bist du. Du bist ja völlig geblendet.“
„Nein Sua, nicht ich habe mich blenden lassen, sondern nur du. Tugar versucht
mit allen Mitteln seine Hirngespinste auch auf andere zu übertragen. Er kann
nicht gewinnen und jeder der sich auf seine Seite stellt wird mit ihm verlieren,
das solltest du inzwischen begriffen haben.“
„Halt den Mund.“ Damit ging der Angriff weiter.

Sén hatte nichts mehr gesagt sondern nur völlig überrascht nach oben gesehen.
Ganz offensichtlich gab es noch ganz andere Dinge von denen Zhera entweder
nichts wusste, oder über die er absichtlich geschwiegen hatte. Nun begriff er
auch wieso Amnas seine rechte Hand war. Er war nicht nur außergewöhnlich
stark, er hatte auch noch seinen Verstand den er zu nutzen wusste. Ganz
offensichtlich war er genauso wenig zu täuschen wie sein Fürst selbst. Als die
beiden aneinander gerieten, vibrierte der Boden leicht.

„Du kannst nicht gewinnen. Begreif das endlich.“ sagte Amnas.
„Ich werde gewinnen.“ Damit griff er wieder an. Tatsächlich gelang es ihm
Amnas auf Abstand zu bringen. Diesen Moment nutzte er um direkt Sén
anzugreifen, doch bei seinem ersten Versuch prallte er ein kleines Stück
zurück.
„Ich verstehe…“ Selbst Sén konnte spüren wie er plötzlich mehr Kraft zu
bekommen schien. Er bezweifelte dass er diesmal wieder daneben schlagen würde.
Doch soweit kam es nicht, plötzlich tauchte Amnas vor ihn auf und hielt Sua
auf.
Er sah ihn an. Er schien sichtlich Mühe zu haben den anderen zu halten. Sén
zuckte unmerklich zusammen. So nah war er noch nie neben ihm zum stehen
gekommen. Er hatte ihm immer nur auf einen gewissen Abstand gesehen. Er sah viel
jünger aus als er gedacht hatte, und er hatte ebenfalls eine sehr
ungewöhnliche Augenfarbe. Sie waren rot.
„Hör zu, du solltest wirklich verschwinden. Ich weiß nicht ob ich ihn
aufhalten kann, wenn er seine Kraft noch weiter steigert. Es gibt ein paar
Ungereimtheiten. Vorkommnisse die ohne Zhera´s Wissen unternommen wurden, das
ist auch der Grund wieso es in letzer Zeit so viele Übergriffe auf dich
gab.“
„Kann ich dir helfen?“
„Eher nicht, dafür dürfte deine Kraft noch nicht ganz ausreichen.“
Dann stieß er Sua wieder ein Stück von sich, dieser quittierte das mit einem
Schwert und schaffte es tatsächlich ihn zu erwischen, während seine Kraft noch
immer wuchs.
Inzwischen war auch Mika bei ihm.
„Komm zurück Sén. Das ist zu gefährlich. Wenn selbst Amnas Probleme hat,
dann steckt da wesentlich mehr dahinter.“
„Wie meinst du das?“
„Amnas ist ein Rang 0 Dämon, er ist quasi sowas wie Zhera´s Stellvertreter.
Solche Dämonen gibt es fast nicht mehr, die meisten wurden beim letzen
Stillstand vernichtet.“
„Was?“
„Du kannst ihm noch nicht helfen.“
„Aber das geht doch nicht. Es muss doch eine Möglichkeit geben, dieser Sua
wird immernoch stärker.“
„Deswegen solltest du zurück kommen, ich weiß nicht was für ein Zauber das
ist, aber es ist keiner von Zhera´s.“
Plötzlich kam Sua erneut auf sie zu, doch diesmal traf ihn ein wesentlich
heftiger Widerstand. Eine Sekunde Luft für Amnas um wieder Herr der Lage zu
werden.
„Was passiert wenn er es nicht schafft…“ fragte Sén schon fast zu leise,
doch scheinbar nicht leise genug.
„Dann ist es so oder so vorbei. Wenn dir was passiert, wird sich Zhera
persönlich um mich kümmern, falls das überhaupt noch nötig ist.“
„Was? Aber das geht doch nicht.“
„Und wie das geht, du hast nur kein Vorstellung davon. Ich weiß nicht warum,
aber Zhera hat ein ganz persönliches Interesse an dir und deinem Wohlbefinden.
Ich kenne ihn schon lang genug um das sehr gut einschätzen zu können. Welches
Ziel er auch immer im Auge hat, du spielst darin eine ganz tragende Rolle und
ich meine nicht nur deine Aufgabe. Er hat jeden anderen untersagt dich auch nur
anzurühren und das hat er sonst nie getan. Was mich an geht, ich bin nur hier,
weil ich den Auftrag habe auf dich aufzupassen und das wenn es sein muss auch
mit meiner Existenz.“

Völlig perplex sah der Junge ihn an, ohne zu bemerken dass schon wieder ein
gewisser Rotschimmer auf seinem Gesicht zu sehen war. Er wollte noch etwas
entgegnen aber ein kurzer Schmerz ließ ihn auf der Stelle zurück schrecken.
Sua war wieder heran und diesmal hatte er ihn mit seinem übergroßen Messer
erwischt. Ein dünner Schnitt zierte nun den Oberarm des Jungen. Es brannte wie
Feuer.
Grund genug für Amnas einen weiteren Gegenschlag zu beginnen. Er war sicher
noch nicht an den Grenzen seiner Kraft angekommen, doch auch ein Dämon musste
merken wie Verletzungen schmerzen konnten. Und davon hatte er sich in der kurzen
Zeit mehr als genug eingefangen.
„Los jetzt, steh auf, wir müssen uns zurück ziehen. Amnas kann nicht auch
noch auf dich aufpassen.“
„Nein, es muss doch eine Möglichkeit geben ihm irgendwie zu helfen! Das kann
doch kein Ende für ihn sein!“ protestierte Sén.
„Was willst du denn tun? Du müsstest Sua schon von dem dunklen Einfluss
befreien der ihn geblendet hat, aber selbst dann wird einer von ihnen
sterben.“ Erwiderte Mika, die sich gut vorstellen konnte, wie sehr er es
hasste nur zu zusehen.
„Dann muss ich es eben versuchen.“
„Nein Sén, das kann ich nicht zulassen.“
„Und ich kann es nicht zulassen das Amnas so ein Ende finden soll. Er tut doch
schon sein möglichstes um uns zu schützen.“
„Das tut er, das weiß auch Zhera. Nicht umsonst hat er ihn hier zurück
gelassen, aber wenn Amnas zu schwer verletzt wird, oder zuviel Kraft verliert,
wird er früher oder später so oder so verschwinden. Nicht Zhera ist es der sie
ohne Vorwarnung einfach so auslöscht ohne Grund, er erspart ihnen nur unnötige
Leiden. Dämonen sind materialisierte Energie, auch ihr Vorrat an dieser ist
irgendwann erschöpft.“
„Dann muss das doch auch für Sua zutreffen.“
„Sein eigentlicher Energievorrat wäre unter normalen Umständen auch schon
lang verbraucht. Amnas sagte doch schon das etwas nicht mit rechten Dingen
zugeht und das ist das gefährliche daran, niemand weiß wie weit er sich noch
steigern kann. Möglicherweise bis ins unendliche, aber das wird nicht mal
nötig sein, denn vorher wird Amnas geschlagen werden können. Sieh doch.“

Tatsächlich schien es langsam ernst zu werden. Sén hatte nicht alles
mitbekommen was sich vor seinen Augen abspielte, da sie die beiden viel zu
schnell bewegt hatten, aber so wie es aussah, war Mika´s Einwand nicht von
irgendwoher gekommen. Während die eine Kraft deutlich schneller und weiter
stieg, hielt sich die von Amnas noch ein wenig zurück. Das konnte nicht gut
ausgehen.
„Sén jetzt komm endlich.“
„Nein. Ich bleibe. Mir wird schon etwas einfallen.“
„Bist du denn von allen Guten Geistern verlassen? Du kannst es doch nicht
allein mit einem einzigen Dämonen aufnehmen, noch dazu mit einem wie Sua.“
Doch gerade als sie wieder Einspruch erheben wollte, war Sén ein paar Schritte
nach vorn gegangen.
„Sén!“
Doch der hatte schienbar nicht die Absicht sein Vorhaben abzubrechen.
Amnas kam neben ihm zum stehen. Er musste seinen Eindruck noch einmal
korrigieren, inzwischen sah es wirklich nicht mehr sehr gut für ihn aus.

Im Augenwinkel nahm er einen Schatten war. Amnas hatte sich gerade wieder
aufgerappelt und war schon wieder dabei zu kontern, doch Sén hielt ihn einfach
zurück.
„Bist du bescheuert?! Was stehst du immernoch hier rum!?“
„Ich versuche dir zu helfen.“
Sén sah ihn an und erschrak abermals, er war wirklich noch sehr jung…oder sah
zumindest so aus. Doch dann spürte er einen unschönen Aufprall der ihn fast
von den Füßen gerissen hätte.
„Was bist du eigentlich?“ fragte ihn Sua plötzlich, der einsah dass er so
leicht nicht an ihm vorbeikam. Selbst Amnas sah ihn eindeutig verwundert an.
Doch statt eine Antwort abzuwarten holte er mit seinem Schwert aus und wollte
ihn einfach spalten, doch der Junge sprang zu Seite und die Waffe schlug ins
Leere.
„Ich verstehe so ist das also. Na schön, dann wird es mir eine besondere
Freude bereiten, gleich euch beide zu vernichten.“
„Dazu wirst du keine Gelegenheit haben.“
Sén hatte sich inzwischen wieder aufgerappelt und sah Sua an.
„Misch dich nicht ein.“
Amnas stand oder hockte vielmehr hinter ihm und schüttelte den Kopf. So langsam
verstand er was Zhera an ihm finden mochte.
„Lass das meine Sorge sein. Du sagst das er nicht er selbst ist, du hast
Recht, also werden wir etwas dagegen unternehmen müssen.“
„Und was soll das sein?“
„Weiß ich nicht, aber für irgendwas anderes, außer dafür ein Tor zu
öffnen, muss dieses Siegel schließlich auch noch gut sein.“
„Du weißt doch gar nicht wie du es aktivieren und seine Kraft nutzen
kannst.“
„Das werden wir ja noch sehen.“
Amnas schüttelte den Kopf, dann stand er auf und ging zu ihm.
„Geh zurück…ich weiß nicht was passiert.“

Kapitel 10



Ein wenig überrascht sah er ihn an, doch gerade als er Widerspruch erheben
wollte, spürte er eine gewaltige Kraft die von seinem Gegenüber ausging.
Sua wurde mit einem einzigen Schlag hinweggefegt und schien auch schwer
getroffen zu sein. Sén sah ihm hinterher, bis ihm auffiel, dass er seine
Umgebung wie durch einen hellen Schleier wahr nahm. Das Siegel hatte ein Schild
errichtet um ihn vor Amnas Gegenangriff zu schützen, dabei stand er gut 5 Meter
hinter ihm. Dann fielen ihm die Worte seiner Schwester wieder ein.
Sua schien nicht vor zu haben sich so leicht geschlagen zu geben. Er war schwer
verwundet, doch er wirkte fast so als würde er das nicht einmal mehr
wahrnehmen, dennoch stieg seine Kraft unentwegt an und auf einmal war sich Sén
sicher, dass wenn Sua es nicht schaffen würde, Amnas sich selbst zerstören
würde, sollte er vorhaben noch einen solchen Angriff zu wagen.

Gerade als Sua erneut auf Amnas zuhielt um endgültig zu entscheiden wer von
beiden nun verlieren würde, stellte sich Sén vor Amnas. Der wollte ihn noch
zur Seite stoßen, doch gerade in diesem Moment wurde das Leuchten um ihn herum
immer heller. Amnas hob schützend einen Arm vor seine Augen, doch Sua reagierte
nicht schnell genug und geriet direkt in die Kette aus Licht die Sén mit Hilfe
des Siegels erschaffen hatte. Er brach den Angriff ab und kam kurz vor Amnas zum
stehen. Die gehobene Waffe fiel auf den Boden. Irgendetwas war passiert.
Plötzlich wusste er dass er tatsächlich getäuscht wurde und die ganze Zeit
das falsche geglaubt hatte. Er hatte sich wirklich gegen seinen Fürst
gestellt?
Sén hatte sich inzwischen zu beiden gedreht und sah sie an. Sua sah ihn an. Um
ihn herum bildete sich noch immer eine Kreis aus Licht. Was er nicht sah war
das, was Sén während des kurzen Zusammenstoßes gesehen hatte, und dies schien
sich gerade nur zu deutlich auf seinem Gesicht wieder zu spiegeln.
Sua ging in die Knie, jetzt endlich schien er zu registrieren das er stärker
verletzt war als er es normalerweise sein konnte.
Als sich die Zeit erneut verschob, wusste jeder was nun folgen würde.

Diesmal tat der Dämon das, was Sén erwartet hatte. Er sah kurz auf, dann zu
Amnas.
„Das war keine Absicht…das muss aufhören…“
Als er den Blick gänzlich gesenkt hatte, stand Zhera inzwischen vor ihm und
sagte keinen einzigen Ton.
Sén durchfuhr ein Schauer. Wenn er noch Zweifel an seiner Autorität gehabt
hätte, dann wären sie spätestens jetzt in alle Winde zerstoben.
„Mein Fürst…was das Wesen verändert…birgt sich tief in einem Reich
unweit des Nichts. Tugar sendet in diesem Moment Boten aus um hinter das
Geheimnis des Tores zu kommen, ein anderer Teil trägt das Gift in euer Reich,
ihr müsst bald handeln, ihr müsst ihn unbedingt aufhalten. Er weiß nicht was
er mit seiner Dummheit anrichtet. Er verändert sich sowie die, die auch nur den
kleinsten Zweifel haben und richtet damit sehr großen Schaden an…“
Als er den letzen Satz beendet hatte, löste er sich schließlich auf.
So war das also. Obwohl Sua recht ruhig gesprochen hatte, konnte Sén sehen wie
er sich bereits während der letzen Minuten auflöste. Er konnte es nicht selbst
spüren, doch er hatte eine ungefähre Vorstellung davon wie schmerzhaft dies
sein musste.

Amnas hatte sich inzwischen mühsam aufgerichtet und sah den Jungen noch immer
an.
„Bist du eigentlich noch zu retten? Das hätte gewaltig schief gehen können."
Fuhr er ihn heftiger an als gewollt.
„Ist es aber nicht.“
„Dieses Mal nicht! Was hast du dir eigentlich dabei gedacht?“
Sén sah ihn ganz ruhig an, er wusste dass er es nicht so meinte wie er es
sagte, doch immerhin hatte er damit sogar Recht. Er hatte gar nicht gedacht und
das war vielleicht das erschreckendste an der Geschichte.
„Das reicht.“ Ging Zhera dazwischen.
„Du bist zwar völlig verrückt, aber ich schätze ich sollte dir trotzdem
danken.“ Murrte Amnas der immernoch nicht ganz auf den Beinen war.
„Danke, ebenfalls.“ Konterte Sén. Doch als er Zhera ansah wünschte er sich
lieber den Mund gehalten zu haben. Der hatte im Moment jedoch nur Augen für den
anderen und er sah dabei nicht gerade sonderlich zufrieden aus.
Das musste auch Amnas bemerken.
„Es ist meine Schuld, ich habe nicht rechtzeitig reagiert. Ich habe ihn
unterschätzt, das war ein Fehler.“
„Ein Fehler der deinen sicheren Tod bedeutet...“
„Das weiß ich…“
„Warte Zhera.“ Mischte sich Sén ein.
„Er konnte wirklich nichts dafür, ich hab nicht auf das gehört was er gesagt
hat.“
„Das hätte es auch nicht geändert.“
„Vielleicht nicht, aber du hast es doch mit eigenen Augen gesehen, Sua war
nicht er selbst, er wurde vergiftet, so wie viele andere die mit diesem Nichts
in Berührung gekommen sind, ich hab es gesehen. Amnas hatte doch gar keine
andre Chance mehr gehabt als sich am Ende selbst umzubringen ohne das die Gefahr
damit gebannt gewesen wäre. Willst du ihn dafür wirklich bestrafen? Er hätte
sich ohne zu fragen…“
„Hör auf Sén. Das geht dich nichts an, mit unseren Regeln bist du nicht
vertraut und ich habe immernoch auch selbst einen Mund zum reden.“ Schnitt ihn
Amnas das Wort ab. Der Unterton in seiner Stimme, hinderte ihn erfolgreich daran
zu widersprechen. Er hatte sich eigentlich nicht gewünscht, dass er am Ende
doch noch verschwinden musste.
„Das reicht jetzt. Amnas…“
„Ja.“
„Noch ein Fehler dieses Ausmaßes sehe ich dir nicht nach. Zieh dich zurück
und ruh dich aus, ich kümmere mich schon um den Jungen.“
„Jawohl…“ damit war er schon verschwunden.
„Danke.“ Murmelte Sén als sie allein waren.“
„Wofür?“
„Das du ihn nicht bestraft hast.“
„Das hatte ich nicht vor, er hat bessere Arbeit geleistet, als ich erwarten
konnte und er hatte Glück, noch einen Gegenschlag dieses Ausmaßes hätte ihn
wohl vernichtet.“
„Du wusstest es?“
„Natürlich.“
Sén biss sich auf die Zunge. Wieso war er dann erst so spät gekommen und nicht
bereits früher? Hätte er ihn einfach so sterben lassen? Doch er verkniff sich
eine entsprechende Frage und schwenkte das Thema um.
„Konntest du die Unruhen im Keim ersticken?“
„Das war nicht nötig. Dieses Nichts von dem du gesprochen hast, wurde für
eine Weile zurückgestoßen, als das Siegel die Grenzen meiner Welt erreicht
hatte und damit erstmal einen ganzen Schwall dieses seltsamen Nebels mit sich
genommen hat. Im Grunde habe ich gar nichts getan, sondern du allein.“
„Was?“
„Du hast die Kraft des Siegels benutzt und damit hast du einen kurzen Moment
Verbindung zu der Welt gehabt, gegen die sein Licht strahlte, in dem Fall das
Arsenal um einen Bereich der im Grunde nicht greifbar existiert, aber von dem
das Gift kommt, von dem auch Sua gesprochen hat.“
„Du weißt davon?“
„Ich habe davon gehört und es ist auch nichts Neues, doch bisher war es keine
Sache über die man sich Gedanken hätte machen müssen.“
Er sah ihn an, er leuchtete noch immer. Wie er das Siegel aktivierte wusste er
nun also, auch wenn es Zhera bisher noch nicht erlebt hatte, das ein Siegel
einen Dämonen zu Hilfe kam, doch nun galt es diese Kraft auch wieder zu
verschließen.
„Reaktiviere das Siegel Sén.“
„Wie bitte?“
„Die solltest die Kraft des Siegels reaktivieren. Sie ist immer noch aktiv,
zwar nicht mehr so heftig wie eben, aber stark genug um sie noch zu sehen.“
„Oh…entschuldige.“ Damit erlosch der Kreis um ihn herum endgültig.

Dann sah er ihn genauer an. Ganz spurlos war die Auseinandersetzung nicht an ihm
vorübergezogen. Kleinere Kratzer und auch ein oder zwei Schnittwunden hatte er
sich eingefangen. Sie waren nicht tief, sie würden zwar noch ein wenig brennen,
doch sie würden heilen.
„Das war wirklich nicht besonders klug von dir.“ Fasste er das Gespräch
wieder auf, während er auf ihn zuging.
„Du magst ein Siegel tragen, das bedeutet jedoch nicht dass dich das auch vor
Wunden bewahrt. Letztendlich bist du immernoch zum größeren Teil ein Mensch,
vergiss das nicht.“ Er blieb vor ihm stehen und sah ihn an. Sén wurde
nervös.
„Also was hast du dir dabei gedacht?“
„Gar nichts, ich wollte nur helfen. Ich fand es nicht fair es so enden lassen
zu müssen.“
„Das ist zwar alles schön und gut, aber du kannst dich nicht einfach in Dinge
einmischen von denen du bislang nur einen Bruchteil kennengelernt hast.“
„Dann erklär es mir.“
„Das werde ich, wenn es erforderlich ist. Im Moment solltest du dich einfach
nur zurück halten, ich mag es nicht wenn man mich unterbricht.“ Stellte Zhera
deutlich klar.
„Das war keine Absicht.“ Erwiderte er, unfähig seinen Blick zu senken. Was
hatte er nur an sich das, er ihn unentwegt ansehen wollte.

„Ich störe ja nur ungern, aber ich finde wir sollten ins Haus gehen.“ Mika
hatte sich inzwischen von dem Schrecken erholt und stand hinter ihnen.
Die beiden folgten ihr.
Als Sén die Tür geschlossen hatte, baute sie sich vor ihm auf.
„Sag mal, bist denn völlig verrückt geworden? Was wolltest du denn mit
dieser Rambo Nummer beweisen? Sén! Du bist immernoch ein Mensch und als solcher
alles andere als unverletzlich! Du hättest bei dieser Auseinandersetzung
umkommen können. Ist dir das eigentlich klar?“
„Ja.“
„Ja? Ist das alles?“
„Mika, ich weiß das es nicht grad die beste Idee war, aber es ist nichts
passiert, also belass es dabei.“ Damit ging er an ihr vorbei und nach oben.
„Ich hab mir Sorgen gemacht, du bist schließlich mein einziger Bruder!“
rief sie ihm nach.
„Lass ihn, das hat wenig Sinn.“
„Das musst du gerade sagen.“
„Sén hat im Moment ganz andere Sorgen.“
„Und woher willst du das wissen?“
„Weil er etwas gesehen hat. Etwas das vielleicht nicht sehr schön, aber
womöglich wichtig ist.“
„Ist das ein Grund sich fast umzubringen?“
„Das hätte er nicht getan, wenn er nicht sicher gewesen wäre, dass es
gelingen würde.“
„Sicher? Wie hat er sich dessen sicher sein können? Er wusste es ja bis vor
ein paar Stunden noch nicht mal!“ Widersprach Mika ihm heftig.
„Was hast du mit ihm angestellt?“
„Ich habe nichts mit ihm angestellt, er folgte seinem eigenen Willen.“
„Aber er hat sich gegen einen Dämonen gestellt um einen andren zu schützen.
Ist das vielleicht nichts?“
„Das habe ich vorher auch noch nicht erlebt, doch es ist nun mal nicht mehr zu
ändern.“
„Was ist passiert?“
„Mit ihm? Ich weiß es nicht.“
„Du weißt es nicht? Und wieso hat Amnas dann behauptet das du ein
persönliches Interesse an ihm hättest?“
„Mein persönliches Interesse beschränkt sich auf die Unversehrtheit deines
Bruders.“
„Dafür tust du aber schon beinahe wieder zuviel für ihn.“
„Nicht mehr als nötig.“
„Tut mir leid, das kaufe ich dir nicht ab, aber ich werde dich beim Wort
nehmen. Seine Kräfte für deine Garantie und ich rate dir, verletz ihn
nicht.“
„Was soll dieser Unsinn?“
„Das ist kein Unsinn, ich werde bald zurück gehen und überlasse ihn deiner
Obhut. Wenn er Schaden nimmt, nur weil er seinen Blick nicht von dir abwenden
kann, werde ich dich persönlich dafür verantwortlich machen.“
„Gut, wie du meinst.“
„Und jetzt? Willst du vielleicht wieder verschwinden?“
„Es ist doch alles in Ordnung.“
„Ist es das? Wirklich?“
„Ich soll mit ihm reden?“
„Nein, du sollst Babysitter spielen. Was dachtest du denn? Mit mir will er ja
ganz offensichtlich nicht reden.“
„Das ist auch kein Wunder, anstatt dich darüber zu freuen das ihm nichts
passiert ist, kommst du ihn mit denselben Aussagen die er heut mehr als einmal
zu hören bekommen hat, ohne ihn dabei zu fragen was wirklich dahinter
steckte.“
„Wieso diskutiere ich überhaupt mit dir. Tu was du für richtig hältst, ich
geh hoch und ruh mich aus.“ Damit ließ sie ihn stehen und ging ebenfalls.

Zhera schüttelte den Kopf, er würde einen Wächter wahrscheinlich nie
verstehen. Letztendlich blieb er doch. Vielleicht sollte er wirklich mit ihm
reden, schließlich war das nicht der letze Übergriff den er zu erwarten hatte,
soviel war sicher.

Kurz darauf stand er in Sén Zimmer und sah ihn an. Er lag auf dem Bett und
starrte die Decke an.
Zhera ging zu ihm und sah ihn an.
„Was hast du gesehen?“
„Das weiß ich selbst nicht so genau.“
„Dann versuch es zu beschreiben, vielleicht kann ich damit was anfangen.“
„Dieser Sua…er wurde nicht von seinem eigenen Willen gelenkt. Es war wie ein
dunkler Schatten, der ihn umhüllte und ihn führte wie eine…Marionette. Er
wollte Amnas nicht wirklich so sehr zusetzen, eigentlich wollte er gar nicht
nach oben gehen, doch etwas andres hat sich seiner Kräfte bemächtigt. Ich
glaube, Sua unterstand Amnas, zumindest hatte ich das Gefühl es wäre so. Es
war eher so, dass er das Siegel gebeten hat ein Ende zu machen und ich bin
seiner Aufforderung nur nachgekommen. Als ihn das Licht erreicht hatte, blitze
ein Bild auf, oder eher eine Art Eindruck.
Es war nur ein kurzer Moment, aber es war nicht unbedingt der schönste. Er
zeigte eine…Grenze…nach ihr war nichts außer tiefste Leere und mitten drin
ein seltsames Gebilde, das etwas tat, dann brach es ab.“
„Das ist eigenartig. Normalerweise ist es unüblich, dass ein Siegel einem
Dämon hilft. Ich hab es jedenfalls noch nicht erlebt, das heißt bis jetzt. Der
letze Stillstand scheint mehr als nur ein paar Zonen vernichtet zu haben, er
scheint auch den Einfluss der Siegel geändert zu haben.“
„Von wieviel Zeit sprechen wir überhaupt nach einem Stillstand?“
„Von ein paar tausend Jahre normalerweise. Warum?“
„Weil Amnas noch so jung ist…“
„Was ist denn deiner Meinung nach jung?“
„In Menschenjahre würde ich schätzen das er keine 17 ist, aber das ist
natürlich völliger Blödsinn.“
„Allerdings.“
„Mika sagte er sei ein Dämon des Ranges 0…warum hast du davon nichts
gesagt?“
„Weil es davon so gut wie keine mehr gibt.“
„Ich weiß, sie wurden nach dem letzen Stillstand nahezu ausgelöscht. Doch
was ist das besondere an ihnen?“
„Ihre Fähigkeiten. Die meisten von ihnen waren nicht immer Dämonen.“
„Wie bitte?“
Zhera hatte inzwischen die Arme verschränkt und sah Sén über die Bettkante
hinweg an.
„Das ist ein bisschen kompliziert, Rang 0 Dämonen haben sich für so eine
Existenz entschieden.“
„Und ihre Fähigkeiten? Irgendwoher müssen sie die doch haben.“
„Stimmt, sie richten sich stark danach was sie vorher waren.“
„Du möchtest es mir nicht sagen?“
„Du solltest das besser selbst heraus finden. Außerdem, könnte Amnas darauf
extrem empfindlich reagieren.“
„Stimmt, er hat unwahrscheinlich viel Temperament…“ murmelte Sén.
„Das auch ja, doch er hat nichts davon je vergessen und sagen wir mal so,
nicht alle hatten wirklich eine Wahl gehabt. Verstehst du.“
„So ist das. Tut mir leid, ich hätte danach nicht fragen sollen.“
„Schon gut.“
„Da ist noch etwas.“ Der Junge sah ihn an.
„Das Gift hat keinen natürlichen Ursprung. Es wird…wie soll ich sagen,
irgendwie durch etwas begünstigt sich zu verbreiten.“
„In wie fern?“
„Jemand, oder etwas, lässt es ganz bewusst kontrollieren, oder sagen wir eher
denkt dass es oder er das tut. Das Gift…denkt.“
„Hm, schon möglich, hat es seinen Ursprung denn dort wo du es gesehen
hast?“
„So sah es nicht aus.“
„Ich verstehe.“
„Glaubst du wirklich dass es jemand geschickt haben könnte?“
„Ich weiß es nicht. Alles könnte möglich sein. Vielleicht ist es auch nur
noch ein weiterer unerwünschter Nebeneffekt des Tores gewesen.“
„Ein Fehler?“
„Eine Lücke. Es gab einmal etwas ähnliches, doch das breitete sich nicht nur
hinter der Grenze meiner Welt aus, sondern über alle Welten. Um es aufzuhalten,
wurden die Schlüssel gesucht und das Tor geöffnet, danach war es zwar
verschwunden, doch wie es scheint nicht ganz so endgültig wie es sollte.“
„Zu dieser Zeit fehlte das letze Siegel bereits?“
„Das fehlt schon seit Ewigkeiten, aber vielleicht war das der erste Riss im
Tor und das Gift ist der Überrest von dem was es eigentlich vernichten
sollte.“
„Du meinst die Gefahr könnte damit noch schlimmer werden.“
„Möglich, wenn wirklich jemand bewusst danach Ausschau hält.“
„Und was kann man dagegen unternehmen?“
„Da bin ich überfragt.“
„Wer hat denn damals etwas unternommen?“
„Keiner. Weil es keine Lösung gab, nur eine Eindämmung.“
„Könnte man es diesmal nicht wieder so machen?“
„Nein, der Ursprung von damals befand sich hier, das hieß, ob ich nun wollte
oder nicht, es blieb keine andere Möglichkeit als die Magische Kraft aller
Welten zu verbinden.“
„Das hieße, es müssten Engel und Menschen…“
„…irgendwie zu diesem Gebilde kommen. Das ist aber nicht möglich.“
„Wieso nicht?“
„Zum einen weil die Welt der Dämonen nicht von Menschen betreten werden kann
und zum anderen, weil die Engel nicht mal in die Nähe kämen ohne vorher von
Horden überrannt zu werden.“
„Kannst du ihnen nicht befehlen das sein zu lassen?“
„Sicher, aber ich rede auch nicht von meinen Dienern, sondern von den Geistern
der gefallenen. Die unterstehen meinem Befehl nicht, sie unterstehen nur dem
Nichts.“
„Aber es ist doch deine Welt.“
„Sicher, aber wie deine Schwester schon sagte, die deren Leben der Krieg
bereits gefordert hat, sind wesentlich stärker als alles andere, nicht anders
würde es sonst funktionieren das alle Zeit wirklich still steht. Außer die
meine natürlich.“
„In der Zeit des Stillstandes bewegt sich also gar nichts mehr?“
„Nein, nur noch die Zeit derer, die, die Welten beherrschen.“
„Also haben wir schon 2 Probleme. Das Siegel und das Symbol finden und dieses
Nichts in Luft aufzulösen.“
„Im übertragenen Sinne ist das richtig, nur das wir lediglich Zeit für eins
dieser Probleme haben.“
„Ja…das stimmt.“ Sén sah ihn zwar weiter an, aber hinter seiner Stirn
arbeitete es gewaltig. Nicht nur das sein Herz bis zum Hals schlug, sondern das
er auch keine Sekunde seinen Blick senken konnte, begünstigte seinen
Überlegungen nicht gerade. Das war sicher gar nicht gesund und fast schon
wünschte er sich, dass alles was er bereits gesehen und erlebt hatte, nur ein
Traum war. Doch er scheuchte den Gedanken bei Seite. Schließlich hatte er sich
lang entschieden wenn es tatsächlich ernster werden würde.
„Diese ganzen Übergriffe. Das war noch lang nicht alles oder?“
„Nein, aber sie werden vorerst weniger heftig Ausfallen, doch so hast du
wenigstens schon erlebt, wie ernst es werden könnte.“
„Wie nett…besonders beruhigend ist das aber nicht gerade.“
„Du wirst dein Leben noch solang weiter leben wie es geht, dir kann nichts
passieren, dafür sorg ich schon.“
„Darum mache ich mir eigentlich auch gar keine Gedanken.“
„Sondern?“
„Nicht so wichtig.“
„Du solltest nach deiner Schwester sehen.“
„Ja…vielleicht sollte ich das tun.“
„Aber?“
„Es hat irgendwas beruhigendes sich mit dir zu unterhalten.“ Erwiderte Sén.

Als ihm bewusst wurde, was er da gerade gesagt hatte, schoss ihm das Blut ins
Gesicht. Selbst Zhera sah ihn leicht überrascht an. Das hatte er doch nicht
wirklich gesagt oder doch?
„Das…hab ich nicht wirklich gesagt oder?“
Das Schweigen bestätigte seinen Verdacht nur noch.
„Das war anders gemeint…“ versuchte er die Situation erträglicher für
sich selbst zu machen.
„Das war das Siegel.“ Entgegnete Zhera.
„Das Siegel?“
„Naja…es sieht nicht nur die Wahrheit…wenn man nicht aufpasst, kommt auch
so etwas ab und zu dabei heraus.“
„Aber warum denn das?“
„Weiß ich nicht genau, könnte daran liegen, wenn man unter allen Umständen
irgendwas versucht zu verschweigen. Oder anders gesagt, du kannst nicht bewusst
lügen ohne doch die Wahrheit zu sagen.“
„Das ist ja furchtbar…“
„Was ist denn? Du hast doch selbst gesagt, das du nicht verstehen kannst was
an einem wahren Wort so falsch sein soll.“
„Schon, aber das war als ich noch die Wahl hatte, notfalls was andres zu
sagen.“
„Dann wirst du wohl in Zukunft noch viel besser aufpassen müssen. Es könnte
sonst wieder passieren.“
„Und was kann ich dagegen unternehmen?“
„Nichts, nur ehrlich sein.“
„Gehört das zu der Verantwortung die du gemeint hast?“
„Nein, das ist etwas ganz anderes, das hat nichts damit zu tun. Was die
Verantwortung angeht, von der ich gesprochen habe, das wirst du bald sehen,
einen Vorgeschmack davon hast du ja bereits erhalten.“
Sén nickte. Es war nur ein kurzer Moment, doch allein das Wissen, das es so
etwas gab, war zum einen faszinierend, zum anderen aber auch beängstigend. Was
wenn die Welt in Wirklichkeit ganz ähnlich aussah?
„Wird sich Amnas wieder erholen?“
„Ja. Sua hat ihm zwar ordentlich zugesetzt, aber so schnell läßt er sich nun
auch wieder nicht klein kriegen. Morgen wird er schon wieder auf den Beinen
sein.“
„Hm, sag mal, was hat er gemeint, als er davon sprach, dass er nicht weiß
welche Absichten du wirklich verfolgst?“
„Das er auch nicht alles weiß.“
„Schon, aber solltest du es nicht besser sagen, wenn es etwas gibt was er
nicht weiß? Immerhin, treibt das Gift sein Unwesen in jedem der nur den
kleinsten Zweifel hegt.“
„Schon gut, das ist nicht der Fall. Bevor Amnas sich gegen mich richtet ist
die Welt untergegangen, das kann ich dir sogar schriftlich geben.“
„Ich hoffe sehr dass du damit Recht hast.“
„Anderenfalls, wird es auch eine andere Lösung geben.“
„Von der will ich nichts mehr hören.“
„Sén, ich habe niemanden wirklich ohne Grund aus dem Leben gerissen.“
„Ja ich weiß, Mika hat versucht es mir zu erklären. Gibt es eine
Möglichkeit es vorher zu bemerken, ich meine für den Fall das es einen andren
erwischt.“
„Das kann ich dir nicht sagen, falls es so sein sollte, dann wirst du es in
irgendeiner Form erkennen.“
„Ich verstehe.“

Er sah ihn immernoch an und so langsam konnte er sich auch nicht mehr mit dem
Gedanken heraus reden, dass es nur allein sein Erscheinungsbild war. Was würde
das nur werden, wenn sie erst mal wieder an die Uni müssten?
„Was hast du?“
„Ich denke nach.“
„Worüber?“
„Was noch alles geschehen wird.“
„Das wirst du früh genug erfahren, schätze ich.
„Das meinte ich nicht, aber ist auch nicht so wichtig.“
„Ich hatte dir eine Frage gestellt, erinnerst du dich?“
„Du hast mir eine ganze Menge Fragen gestellt.“
„Ich meinte die erste Frage die ich dir gestellt hatte. Und, kannst du sie
beantworten?“
Sén sah ihn eine Weile an, dann fiel sie ihm wieder ein.
Bist du Herr deines Schicksals, oder Sklave deiner Angst?
„Ich kenn die Antwort noch nicht. Bisher musste ich keines von beidem
sein.“
„Erst wenn du sie beantworten kannst, wirst du auch das Tor betreten können,
also wähle deine Antwort weise.“
„Wo willst du hin?“
„Ich werde mich für heute verabschieden. Es gibt keinen Ärger mehr auf den
wir vorbereitet sein sollten, aber du solltest dich mit Mika aussprechen. Denk
dran sie wird schon Morgen wieder abreisen und keiner von euch weiß wann sie
wieder hier sein wird.“
„Ja, du hast ja Recht. Dann werde ich wohl mal zu ihr gehen.“
Sén stand auf und ging zur Tür.
„Sag mal…in der Uni wird doch alles wieder beim Alten sein oder?“
„Soweit das möglich ist, ja.“
„Ok…“
Als er sich umdrehte, war Zhera verschwunden.

Ein paar Minuten später war er nach unten Gegangen und hatte etwas zu essen
gemacht, dann ging er zu seiner Schwester.
Sie saß am Schreibtisch und sah nach draußen. Sén war sich sicher, dass das
nicht nur etwas mit ihm zu tun hatte.
„Kommst du mit runter?“
„Ja.“
Als sie am Tisch saßen sah er sie an.
„Tut mir leid. Ich schätze ich hab nicht wirklich dabei nachgedacht.“
„Schon gut, letztendlich hättest du dich ja trotzdem durchgesetzt. Es ist ja
nichts passiert.“
„Worüber denkst du nach?“
„Nichts weiter.“
„Das stimmt nicht.“
„Und du? Worüber denkst du nach?“
„Äh…“
„Siehst du, man möchte auch ab und zu mal Schweigen.“
„Schon gut ich hab verstanden. Aber ich denke du machst dir immernoch Gedanken
über Zhera.“
„Nein, ich mache mir Gedanken über dich. Zhera weiß was er tut. Nur ob das
auch für dich gilt weiß ich nicht.“
„Was meinst du damit?“
„Ist dir immernoch nicht klar was es bedeutet ein aktives Siegel zu besitzen?
Zhera hat dir doch gesagt was damit alles möglich ist, oder etwa nicht?“
„Ja, aber solang ich es unter Kontrolle halten kann ist doch alles in
Ordnung.“
„Das vielleicht schon, aber was ist mit den Momenten wo du mal nicht daran
denkst? Sén, das Siegel ist aktiv, es ist aktiv wenn du daran denkst und es ist
aktiv wenn du es einmal nicht tust, aber in erster Linie solltest du nicht mehr
versuchen, irgendetwas verschweigen zu wollen. Das geht nun nicht mehr und wenn
du nicht aufpasst, wird das ein böses Erwachen für dich geben, glaub mir das
bitte.“
„Ich glaub es dir ja, aber was meinst du damit?“
„Werde dir darüber klar, wieso du ihn ständig und ich meine ununterbrochen,
ansehen musst oder willst.“
„Das weiß ich nicht.“
„Dann wird es Zeit das zu ändern.“
„Und wie?“
„Finde heraus was er wirklich hier macht, das er ein Auge auf dich hat, heißt
nicht das da nicht auch mehr dahinter stecken könnte. Du solltest vorsichtig
sein.“
„Glaubst du etwa…das…“
„Ich glaube, diese Frage kannst nur du allein beantworten, Sén. Und nur du
allein wirst auch eine Antwort von ihm bekommen.“
„Was? Aber wovon redest du denn?“
„Amnas hatte Recht weißt du. Was auch immer Zhera tatsächlich vor hat, er
hat dir dabei eine ganz bestimmte Rolle zu gedacht, und zwar nur dir.“
„Und was macht dich da so sicher?“
„Diese Maske, ich hab sie noch nie bei irgend einem anderen gesehen als bei
ihm, du hast sie gehalten und du hast gewusst was sie so besonders macht. Zhera
ist ein Dämon, er hält weder etwas von Versprechen noch von andren Dingen die
in dieser Welt völlig normal sind und Vertrauen ist so gar nicht seine Art. Er
hat etwas vor und mich soll der Teufel holen wenn es nichts mit dir zu tun
hat.“
„Pass auf mit dem was du dir wünschst, er könnte näher sein als du
dachtest.“ Erwiderte ihr Bruder unbewusst, während über ihre Wort
nachdachte.
Sén sah sie irritiert an. Ok, so ganz abwegig waren ihre Worte nicht und
vielleicht war das ja auch genau das was ihn an diesen Dämon so irritierte,
oder eher faszinierte und er ihn deswegen unentwegt ansehen wollte. Er wollte,
er musste es nicht, er tat es weil es sein Wille war.
„Oh nein...nicht doch…“ entfuhr es ihm.
„Doch, genauso ist es mein Lieber…du solltest Warnungen nicht leichtfertig
überhören, sie könnten einen Grund haben.“
„Schon gut, ich hab es ja verstanden.“ Erwiderte er leicht verlegen.
„Das ist nichts Neues, das passiert öfters als du denkst. Ich schätze die
ersten Tage, nachdem er auf der Uni aufgetaucht ist, waren ein ziemliches
Abenteuer.“
„Das ist noch milde ausgedrückt.“
„So ist es nun mal, er hat etwas an sich, das die meisten unweigerlich in
seinen Bann zieht, sie können nicht mal etwas dagegen unternehmen, aber er hat
auch Mittel und Wege das zu verhindern.“
„Und woran liegt das?“
„Weiß ich nicht. Ein Zauber ist es nicht wenn du das meinst. Es muss von ihm
selbst kommen.“
„Das beruhigt mich nicht wirklich.“
„Lass gut sein, du wirst schon noch dahinter kommen.“
„Ja, das hoffe ich.“

Mika stand auf und räumte den Tisch ab, obwohl es wie eine Befreiung war, nicht
mehr Schweigen zu müssen, war es auch irgendwie plötzlich eine große
Verantwortung.
„Sag mal. Du hast gesagt ich kann das Tor benutzen.“
„Ja, sofern du bis dahin gelangen solltest.“
„Angenommen ich würde es schaffen, und hindurch gehen,
was erwartet mich dann auf der anderen Seite?“
„Du meinst in der Welt der Engel?“
„Ja.“
„Nun, wahrscheinlich kein ungewohntes Bild, aber auf Wolken und Himmelgeläut,

wirst du vergeblich hoffen.“
„Und wie finde ich dort jemanden der ein bisschen mehr zu sagen hat,
als ein Engel an der nächsten Ecke?“
„Meinst du die Erzengel?“
„Nennt man sie so?“
„Ja, tut man. Es gibt auch immer drei, soweit stimmen die Geschichten, aber
nur einer der wirklich etwas ausrichten kann. Er wird sich dir nicht zu erkennen
geben, also wirst du mit allen dreien sprechen müssen. Aber warum fragst du
mich das? Was hast du vor?“
„Nun, ich würde mir gern auch ein Bild von dieser Welt machen, und wer weiß,
vielleicht befindet sich das verschwundene Siegel ja dort.“
„Bis dahin hast du aber noch einen langen Weg vor dir.“
„Das hat Zhera auch schon gesagt.“
„Nun, es ist seine Welt in der du das Tor findest, er wird es besser wissen
denkst du nicht?“
„Schon, aber er wird sich nicht so schnell überzeugen lassen.“
„Das wird schon einen Grund haben, übe dich in Geduld, er tut nie etwas ohne
vorher gründlich darüber nach zu denken.“
„Aber ich dachte die Zeit wird knapp.“
„Schon, doch wenn du jetzt gehst, könntest du das womöglich mit deinem Leben
bezahlen und glaub mir eines, bevor er das zu läßt bringt er dich lieber
selbst um.“
„Falls du vor hattest mich aufzumuntern, ist dir das gründlich
misslungen.“
„Ich wollte dir nur versuchen es zu erklären.“
„Schon gut, das weiß ich ja. Ich werde einfach abwarten und sehen wie die
nächsten Tage werden, Er sagte die Nebel seien zurück gedrängt wurden, und
damit hätte ich uns ein wenig Zeit verschafft.“
„Ja das stimmt. Doch von Zeit hat er nichts gesagt.“
„Aber gedacht.“
„Moment Mal, seit wann kannst du denn Gedanken lesen?“
„Ich weiß es nicht, es sind nur kurze Eindrücke, immer dann wenn etwas, das
von dem Siegel ausgeht, auf einen anderen trifft. Daher wusste ich auch das Sua
die Wahrheit sagte und daher hab ich auch gesehen was er gedacht, oder gesehen
hat. Ich hoffe nur das es in diesem Maße bleibt, mir ist nicht wirklich wohl
bei dem Gedanken das das jetzt immer passieren könnte.“
„Der letze Stillstand muss wirklich erheblichen Schaden angerichtet haben.“
„Warum?“
„Weil das was das Siegel bisher getan hat, wenig mit dem zu tun hat was du
erzählt hast. Es konnte Lichtwellen aussenden, aber niemanden damit ernsthaft
verletzen, oder sogar Eindrücke aus dessen Erinnerungen offenbaren. Die Siegel
müssen verändert wurden sein. Das bedeutet sie werden langsam wirklich auch zu
Waffen.“
„Moment mal, ich hab niemanden verletzt Sua hat mich gebeten das Siegel zu
benutzen und ich bin dieser Bitte nachgekommen. Er war nicht er selbst, aber
seinen Geist konnte das, was ihn gefangen hielt nicht verwirren.“
„Dann solltest du auch weiterhin auf so etwas achten. Auch wenn er sagte dass
es im Moment ruhig ist, es reicht ein einziger der mit diesem Nebel, oder was
auch immer in Berührung gekommen ist und es mit geschleppt hat.“
„Nun scheinbar käme dann nicht nur einer in Frage.“
„Stimmt. Wäre ich jemand der etwas aushecken wollte, dann würde ich es an
andrer Stelle versuchen.“
„Und an welcher?“
„Naja, du hast gesagt, dass es ein paar Übergriffe gab und das hier und da
auch Amnas dabei war.“
„Meinst du sie könnten es bei ihm versuchen?“
„Also, ich bin zwar der Meinung dass die meisten nicht einmal soweit denken
würden, doch ich bin mir nicht sicher ob es da nicht doch ein paar Ausnahmen
gibt. Was wäre naheliegender? Immerhin ist Amnas immer in Zhera´s Nähe
zumindest einen Großteil der Zeit.“
„Aber er sagte dieser Nebel wirke auf ihn nicht.“
„Tut er auch nicht, aber vielleicht auf ihn.“
„Und was soll ich dagegen unternehmen? Du hast ihn doch erlebt, Amnas ist
ziemlich eigen in solchen Angelegenheiten, noch dazu mit seinem Temperament. Der
würde doch nie auf etwas hören was ich ihm nahe lege.“
„Ja damit hast du wahrscheinlich sogar Recht, aber dann musst du es wenigstens
versuchen. Ich kenne Amnas schon sehr lange und ich kann mir auch den Grund
seines Misstrauens vorstellen. Ich werde es dir nicht sagen, genauso wenig wie
Zhera, vielleicht kommst du auch selbst dahinter, schließlich siehst du durch
die Schatten hindurch, du weißt ob etwas wahr ist oder Illusion. Und du hast
das Siegel, wenn du es geschickt nutzt, kann es dir eine große Hilfe sein.“
„Gut, du hast Recht. Ich werde vorsichtig sein und auf meine Umgebung
achten.“
„Versprich mir dass du auch auf dich selbst achtest.“
„Natürlich, ich pass schon auf. Ich bin schließlich keine kleiner Junge
mehr.“
Mika nickte erleichtert.

Sie unterhielten sich bis spät in die Nacht hinein. Als sie schließlich ins
Bett gegangen waren, braute sich schon wieder ein Unwetter zusammen. Doch keiner
von ihnen nahm merklich Notiz davon. Sie waren viel zu erschöpft von den
Ereignissen des Tages. Selbst als Sén am nächsten Morgen aufwachte war er
nicht unbedingt erholt. Er hatte zwar gut geschlafen, aber hinter seiner Stirn
hatte es die ganze Nacht über gearbeitet. Die Bilder der vergangenen Tage
ließen ihn nicht mehr los. Sie waren nicht identisch, doch erzählten sie
dennoch eine Geschichte. Diese jedoch war verblasst als er die Augen auf schlug.


Mika hatte Frühstück gemacht und wartete bereits auf ihn. Nach ihrem Outfit zu
urteilen, hatte sie vor, bald wieder auf zu brechen.
„Na, hast du gut geschlafen?“
„Es ging so. Und du?“
„Ja schon, aber das Unwetter hat mich ein oder zweimal geweckt.“
„Wann willst du los?“
„Bald, die Wolkenfront hat sich nicht aufgelöst und ich fürchte es dauert
nicht mehr all zu lang bis der nächste Regenschwall runter kommt. So wie es
aussieht wird das heut den ganzen Tag so gehen.“
„Dann solltest du dich beeilen, nicht das du noch hier fest sitzt.“
„He, willst du mich los werden?“
„Nein, aber ich weiß doch wie wichtig dieser Auftrag ist.“
„So wichtig ist er nicht, es gibt wichtigere Dinge die im Leben viel mehr
Gewicht haben.“
„He, wirst du jetzt etwa wieder sentimental?“
„Nein, ich wollte es nur auch mal sagen.“
Sie mussten lachen. Kurz nach Mittag war sie weg und Sén wieder allein.

Kapitel 10


Wie es Mika vorher gesehen hatte, blieb es den ganzen Tag trüb. Die kurzen
Momente, in denen es nicht regnete fegte ein heftiger Wind durch die Strassen.
Dann klingelte das Telefon. Es war Mika, sie war gut angekommen und
vergewisserte sich nur noch einmal ob alles in Ordnung war.
Als er aufgelegt hatte bekam er Besuch.

„Amnas? Wie ich sehe geht´s dir wieder gut.“ Stellte er fest.
„Nur ein paar Kratzer.“
„Ist was passiert?“
„Nein wieso? Ich sollte nur nach sehen ob alles in Ordnung ist.“
„Ja, bis auf das Wetter gab es nichts Ungewöhnliches.“
„Bist du schon mal vor die Tür gegangen?“
„Nur kurz warum?“
„Das Bild wird dir nicht gefallen.“
Sén sah ihn fragend an, bevor er aufstand und nach sah. Tatsächlich war er im
ersten Moment sprachlos.
Shichoson gab es nicht mehr, es hatte sich völlig verändert. Zumindest für
ihn.
„Was ist denn das?“
„Das was dir Zhera auch schon gesagt hat. Die Welt ändert sich mit jedem Tag
ein Stückchen mehr und das was du sehen kannst ist das was wirklich vor deinen
Augen liegt.“
„So schlimm hatte ich es mir nicht vorgestellt.“
„Das ist noch nicht schlimm, das ist nur der Anfang.“ Erwiderte Amnas der
neben ihn getreten war.
„Nur der Anfang also.“
„Allerdings. Ach ja und ich wollte mich noch für deine Hilfe bedanken.“
„Schon gut, das ist nicht nötig. Schließlich hat man nicht jeden Tag die
Gelegenheit sich zu revanchieren.“
„Auch gut…Zhera wird später zu dir kommen, er möchte mit dir reden.“
„Ist doch was passiert?“
„Noch nicht, aber wer weiß, vielleicht wird noch etwas passieren.“
„Warte mal.“
„Was ist denn?“
„Ist dir irgendwas Ungewöhnliches aufgefallen?“
„Nein wieso?“
„Schon gut, nur eine Vermutung, aber wenn doch, dann solltest du lieber
zweimal hinsehen.“
Amnas sah ihn fragend an.
„Gut, wie du meinst. Deine Schwester ist nicht mehr bei dir, von jetzt an bist
du auf dich allein gestellt. Meinst du das kriegst du hin?“
Sén sah sich um. Wie nicht anders zu erwarten sah er noch ein paar mehr
Dämonen um ihn herum.
„So allein bin ich ja nicht, aber ich denke ich komm klar.“
Damit war er verschwunden.
„Aus ihm wird man einfach nicht schlau.“ Murmelte er.

„He du da!“ rief ihm eine Stimme entgegen. Sén sah auf.
Es war ein weiblicher Dämon der ihn angesprochen hatte.
„Was ist?“
„Kannst du uns wirklich alle sehen?“
„Und noch ein bisschen mehr, warum?“
„Und du hast keine Angst?“
„Warum sollte ich?“
„Du bist ein komischer Typ.“
„Nun, man sucht sich seine Umgebung nicht aus.“
„Stimmt, hier ist es ganz schön ungemütlich.“
„Ja, das hat dieser Ort so an sich, aber es gibt auch bessere Tage. Die halten
sich zwar arg in Grenzen aber sie sind immerhin vorhanden.“
„Ich bin Menora.“ Plötzlich stand sie vor ihm und musterte ihn neugierig.
Sie war, wenn man mal davon absah dass es ein Dämon war, sehr hübsch. Doch
offensichtlich war das sowas wie ein Urzustand. Sie hatte lange Haare und einen
wachen Blick. Wenn man von den kleinen Unterschieden, wie den scharfen Zähnen
und den eigenwilligen Haar- bzw. Augenfarben mal absah, konnte man sie beinahe
attraktiv finden.
„Sén…“
„Ich weiß. Amnas hat uns schon deinen Namen verraten.“
„Dann seid ihr ja bestens informiert.“
„Ja, das ist unser….“
„…Auftrag ich weiß.“
„He, du bist aber ganz schön frech.“
„Und du ziemlich neugierig. Dürft ihr überhaupt mit mir reden?“
„Nein…aber wenn du uns sowieso sehen kannst, wird das schon in Ordnung
sein.“
„Gut wie du meinst. Aber vielleicht solltest du jetzt besser wieder auf deinen
Posten gehen.“
„He, ich wollte doch bloß nett sein.“
„Das weiß ich zu schätzen, aber Zhera nicht wenn er hier ist.“
„Oh…wollte er noch herkommen.“
„Er ist schon da...“ erwiderte Sén der hoffte dass er es ihr nachsehen
würde. Sie nickte kurz und war dann auch schon verschwunden.
„Menora ist ein wenig zu neugierig. Sei vorsichtig, sie spielt gern.“ War
sein einziger Kommentar.
„Davon konnte ich mich gerade eben überzeugen.“


Sie gingen zurück ins Haus.
„Kein sehr schöner Anblick nicht.“
„Nein, ein bisschen eigenartig und gewöhnungsbedürftig, aber es geht
schon.“
„Das ist noch nicht alles, es wird noch mehr geschehen.“
„Ja, ich weiß, Amnas war kurz hier und hat etwas Ähnliches gesagt.“
„Und du meinst damit kannst du leben?“
„Bleibt mir eine Wahl?“
„Nein.“
„Dann werd ich das schon schaffen.“
„Ab Morgen wird es schwerer für dich werden. Die Illusionen die diese Welt
umspannen, wirken nicht mehr länger auf dich, das heißt, auch wenn mich die
anderen noch so sehen wie du letze Woche, für dich wird das Bild das gleiche
bleiben.“
„Schon gut, das krieg ich hin, das passt auch viel besser zu dir.“ Schon
wieder wollte er sich am liebsten auf die Zunge beißen.
„Das heißt aber auch, dass du ab sofort noch andre Dinge sehen kannst, wenn
du willst, heißt das.“
„Ja, das ist mir bewusst.“
„Gut, dann ist ja alles soweit geklärt.“
„Wann kann ich dich begleiten?“
„Dafür ist es noch zu früh.“
„Uns läuft die Zeit davon.“
„Das weiß ich, aber es geht einfach noch nicht.“
„Und aus welchem Grund? Sagtest du nicht das es ruhiger geworden ist?“
„Das schon, aber es ist noch lange nicht vorbei. Die nächsten Tage wird eine
Menge geschehen. Würde ich dich jetzt mitnehmen, gäbe dies ein böses Ende und
ich werde das verhindern.“
„Es wird doch nie richtig ruhig werden. Wieso also noch mehr Zeit verschwenden
wenn sie ohnehin schon viel zu kurz ist?“
„Das du das nicht verstehst, kann ich nach vollziehen, doch wenn ich mich
jetzt von dir überzeugen ließe, wäre das alles andre als gesund.“
„Und wann ist es deiner Meinung nach gesund?“
„Bald. Nur noch ein wenig Geduld, du weißt doch noch gar nicht was du dann
tun möchtest.“
„Das weiß ich sehr wohl.“
Zhera schüttelte leicht den Kopf.
„Was du weißt ist, dass du eine Idee gefasst hast und dass du diese umsetzen
möchtest. Doch wenn das alles ist, dann wird dir das gründlich misslingen.“
„Ich möchte mir doch nur ein Bild machen.“
„Das verstehe ich ja, aber auch dafür ist es einfach noch zu früh.“
„Dann sag mir was du vorhast. Langsam kann ich dir nämlich nicht mehr
folgen.“
„Kannst du meine Frage beantworten?“
„Was?“ Sén sah ihn entgeistert an, was hatte das denn damit zu tun?
„Du kannst es nicht, das ist auch kein Wunder, schließlich hat es erst
angefangen.“
„Was meinst du damit?“
„Das wirst du bald bemerken, doch bis dahin musst du noch ein bisschen Geduld
haben.“
„Ich komme schon klar.“
„Das werden wir sehen.“
Es war tatsächlich völlig sinnlos mit ihm diskutieren zu wollen.
„Gut…wie du meinst.“
„Ich möchte genauso wenig Zeit verschwenden wie du, doch du kannst mir
glauben, auch wenn du es nicht verstehst. Es ist spät, wir sehen uns
morgen.“
Der Junge nickte, dann war er verschwunden. Was blieb ihm auch schon für eine
Wahl. Seltsamerweise glaubte er ihm tatsächlich. Er sah auf die Stelle, die
jetzt leer war.

In dieser Nacht änderte sich das Bild erneut. Anstelle von weiten Flächen,
deren Grenzen die Engel und Dämonen bildeten, füllten diese nun eine schwere
Schlacht aus.
Sén konnte fast körperlich spüren, mit welchen Mächten hier gekämpft wurde
und wie schwer diese Zeiten waren. Doch das war es nicht nur allein, es war noch
viel schlimmer so viele fallen zu sehen, dazu verdammt, als Wesen der
Zwischenwelt neu zu erwachen und all dem ein Ende zu bereiten, was sie bedrohte.
Dann blendete ihn ein helles Licht und er wachte auf. Kurze Zeit später
schrillte ein Wecker.
Was war das? Kopfschüttelnd stand er auf, ging ins Bad, trank einen Kaffee und
machte sich auf den Weg zu Uni.
Ein Weg den er als fremd bezeichnet hätte, wenn er nicht wüsste dass es
derselbe wie immer war.
Die Landschaft war staubtrocken, dabei tränkten Regenmassen noch am gestrigen
Tag die Oberfläche der Strassen und Häuser, was diese zu kleinen reißenden
Flüssen verwandelt hatte.
Nun war davon absolut nichts mehr zu sehen, es war trocken, trüb und vollkommen
leblos.
Sén erschrak bei dem letzen Gedanken. War das etwas ein Teil der Veränderung
von der Zhera und Mika gesprochen hatten? Doch eigentlich war es nicht einmal
wirklich der Gedanke selbst, sondern eher das Bild was sich ihm zeigte. Narben
und Wunden, tief gerissen in die Oberfläche und was viel schlimmer war, es
zeugte nicht eine Spur von Leben. Kein Gras, kein Baum, nicht einmal ein paar
Würmer und andre Insekten die es normalerweise immer gab, es war absolut tot.
Ein Stück Land, gebeutelt durch die Folgen eines ewig währenden Krieges.

So zog sich sein Weg hin. Nicht einmal als er die Uni erreicht hatte, hatte sich
seine Umgebung merklich geändert. Bis auf die Tatsache, das es um die Uni
herum Menschen gab. Sowie Zhera und Amnas, die wie immer auf ihn warteten.
„Morgen.“ Grüßte er sie, als er an ihnen vorbeifuhr und kurz darauf
zurück lief.
„Wollt ihr nicht rein gehen?“
„Doch, doch gleich.“ Erwiderte Amnas, der wie gebannt und auch ein wenig
gehetzt um sich sah.
„Was ist?“ Sén ging zu ihm, doch bis auf ein Trostloses Bild, das ihn schon
die ganze Zeit über begleitet hatte, sah er nichts Ungewöhnliches.
„Amnas, hat wohl etwas bemerkt.“ Erwiderte Zhera.
„Ach so. Aber hier ist doch gar nichts.“
„Dort vorn.“ sagte der blauhaarige und deutete in eine entsprechende
Richtung.
Sén folgte seinem Blick, doch bis auf eine etwas zu dunkle Wolke, konnte er
auch dort nichts Außergewöhnliches entdecken. Fragend sah er Zhera an, dann
zurück zu Amnas.
„Ich seh nichts.“
„Schon gut, nicht so wichtig.“ Doch seine anhaltende Anspannung straften
seine Worte Lüge.
Was war nur los mit ihm? Als er noch einmal auf die Stelle sah, hatte sich das
Bild verändert. Die Wolke hatte sich weiter gesenkt und zu einem Nebel
verdichtet und plötzlich begriff Sén die Lage. Es war nicht einfach nur eine
Wolke, Hier war vielleicht jemand, der nun verschwunden war, doch er hatte etwas
zurück gelassen, etwas, das wenn man es nicht sofort neutralisierte, sein Ziel
erreichen könnte. Doch warum? Der Junge schüttelte den Kopf und folgte Amnas,
der sich weiter in die Richtung des Nebels bewegt hatte.
„Amnas, hör zu, das ist nicht real. Es ist nur eine Täuschung.“ Doch der
Angesprochene hörte ihm gar nicht richtig zu, stattdessen ging er nur noch
weiter.
Sén folgte ihm und packte ihm am Handgelenkt, als Amnas plötzlich schneller
werden wollte.
„Bleib hier, da ist nichts. Es ist nicht real, ein Trick, ein Schatten nichts
Wirkliches.“
Amnas fuhr herum und sah ihn an. Sén hätte ihm am liebsten losgelassen, doch
er unterdrückte diesen Impuls und hielt ihn weiter fest.
„Lass mich los.“
„Nein.“ Obwohl es Wahnsinn war. Glaubte er wirklich dass er ihn allen
Ernstes festhalten konnte, wenn er das nicht wollte? Das war geradezu
lächerlich, er hatte schließlich mit eigenen Augen gesehen, wieviel Kraft
wirklich in ihm ruhte.
„Es ist nur ein Schatten. Es hat weder Masse noch Form.“ Sagte er noch
einmal.
„Was meinst du damit?“
„Es ist nicht wirklich. Erinnere dich daran, was Sua gesagt hat. Das Gift
breitet sich nicht willkürlich aus. Lass deine Zweifel nicht zu, welchen
Ursprung sie auch haben sollten. Sprich sie aus. Lass dich nicht von etwas
täuschen, dass nicht real ist. Bitte Amnas.“
Und dann geschah es wieder. Ein kurzes Leuchten striff sie und Sén ließ ihn
los. Er hatte noch nicht wirklich verstanden wie er das Siegel einsetzen konnte,
doch er war auf einem guten Weg es zu schaffen.
Wenn er wirklich etwas nicht wollte, dann waren es unnötiger Ärger und
formlose Schatten die ihr Unwesen trieben. Solang er uneigennützig handelte und
sicher war das alles nur Schein war, gehorchte ihm das Siegel und sendete seine
Kraft aus.
Amnas war tatsächlich stehen geblieben und sah zwischen der Stelle und Sén hin
und her. Dort war nun tatsächlich nichts mehr zu sehen.
„Entschuldige.“
„Schon gut, es ist ja nicht deine Schuld.“ Erwiderte der Junge bevor sie
gemeinsam zurück gingen.

„Was war los?“ Zhera hatte sich inzwischen im Saal gesetzt und wartete auf
sie.
„Nichts weiter, nur ein kleines Missverständnis.“ Erwiderte Sén.
Sein Gegenüber maß ihn zwar mit kritischem Blick, doch beließ es dabei.
Amnas sah sie abwechselnd an.
Wieso erzählte Sén ihm nicht was los war? Warum schwieg er? Doch dann dachte
er wieder an den gestrigen Zwischenfall mit Sua. Es wäre um ihn geschehen
gewesen, wenn der Junge nicht eingegriffen hätte, soviel war sicher. Und
genauso sicher war er plötzlich, dass auch Sén das gewusst haben mussten.
Obwohl er gar nicht sicher sein konnte, das es gelingen würde und er sich damit
selbst verletzt hätte, oder schlimmeres. Doch das alles erklärte nicht, wieso
er es tatsächlich geschafft hatte, das Siegel zu nutzen und damit beiden zu
helfen, ihm zu helfen. Was hat ihm den Grund dafür gegeben?
Amnas wusste zwar nicht mehr genau was diese Siegel taten, doch er wusste
ziemlich sicher, das noch keines je einen Dämonen geholfen hätte, sondern ihn
eher angegriffen hatte. Konnte es also wirklich sein, das sein Träger einen
wesentlich stärkeren Einfluss hatte als er bisher dachte? Er beschloss, Zhera
bei Gelegenheit danach zu fragen.

Der restliche Tag verließ verhältnismäßig ruhig, das hieß, wenn man von den
wenigen Unterbrechungen einmal absah. Als Sén an diesem Tag zurück fuhr, hatte
sich seine Umgebung erneut verändert. Er sah zwar Zhera´s Dämonen, kahle
Landschaften und zerklüftete Bereiche, doch das war nicht alles. Er sah nicht
nur keinen Himmel, auch keine Engel, sondern nun auch Menschen mit all ihrer
Vergangenheit. Selbst jetzt noch, nach so vielen Jahren, sah er jedem einzelnen
seine Wurzeln deutlich an. Plötzlich wurde ihm bewusst, wie schwer der gesamte
Zwiespalt die menschliche Welt tatsächlich belastete. Aber was hatte er denn
auch anderes erwartet? Es hatten ihn schließlich genügend vor dem gewarnt, was
nun einsetzen würde. Und wie würde es wohl morgen hier aussehen?
Er drängte die Gedanken zurück. Er hatte sich schließlich etwas vorgenommen
und nun galt es dieser Aufgabe auch gerecht zu werden. Wenn er das Siegel nicht
in den Griff bekam, würde er für keinen eine Hilfe sein, für sich selbst am
allerwenigsten. Er würde noch viel Schlimmeres sehen, nur das Tor nicht bevor
es zu spät war. Es war letztendlich genau das was Zhera gesagt hatte, eine
Probe, ein Test seiner Fähigkeiten. War sein Geist stark genug um all diese
Eindrücke zu ertragen, oder würde er daran zerbrechen?
Wenn er es war, da war sich Sén sicher, dann war er auch Herr seines
Schicksals, wenn nicht, würde ihn nur noch die Angst aufrecht halten und er
würde zu dem was er nicht sein wollte. Ein Sklave.
Noch einmal schüttelte er entschlossen den Kopf. Niemals würde er sich einer
Illusion ergeben und wenn er Zhera beeindrucken wollte, tat er gut daran das
auch tatsächlich nicht zu tun. Dann ging er ins Restaurant.

In dieser Nacht nahm der Sturm, der schon den ganzen Tag darauf lauerte endlich
loszubrechen, wieder zu. Er schaffte eine Atmosphäre die erdrückender nicht
hätte sein können. Sén wachte zwar kurz auf, doch er verdrängte das Tosen
und Dröhnen, dann schlief er wieder ein.
Die Bilder seiner Vergangenheit formten sich auf andere, viel erschreckendere
Weise als zuvor. Er durchlief viele verschiedene Zyklen der Zeit, doch sie alle
endeten auf dieselbe Weise, in absoluter Stille.
Die Zeit stand für einen kurzen Moment völlig still, bevor sie langsam weiter
lief. Jedesmal ein bisschen zurück und dann wieder vor, doch ihre Aufgaben und
Ziele änderten sich ständig.
Als ihn der Wecker endlich wieder in die Realität riss, war er noch für einen
kurzen Moment gefangen, doch dann verschwanden die Schatten und er zelebrierte
sein allmorgendliches Programm.

Das Bild hatte sich nicht merklich verändert, doch dafür seine Sicht der Dinge
die so abrupt endete wie sie auf den Kopf gestellt wurde. Er sah nun Dinge die
immer existent waren, Dinge die er niemals jemanden würde erklären können und
trotzdem war es wie eine unglaublich anspruchsvolle Aufgabe die er vom
Schicksal, oder der Zeit auferlegt bekommen hatte. Dinge zu sehen und zu
begreifen, mit denen er fast völlig allein war.
Zhera hatte Recht, er wusste noch nicht was außerdem noch auf ihn zukommen
würde, er wusste auch nicht wie schlimm es noch werden mochte, doch er wusste
das er sich nicht würde abschrecken lassen. Weder von den Schatten der
Vergangenheit, noch von denen der Gegenwart oder denen die noch auf ihn lauern
mochten.

Wie jeden Morgen wurde er auch heute wieder erwartet. Im Augenwinkel sah er noch
weitere Augenpaare auf sich ruhen und sie alle sahen unsicher aus.
„Guten Morgen.“ Begrüßte er sie.
„Komm mit.“ Zhera packte ihn und zog ihn einfach mit sich. Bevor er einen
Gedanken daran verschwenden konnte, wie das auf die anderen wirken würde, war
er noch ein wenig schneller gelaufen.
„Was hast du vor?“
„Das wirst du gleich sehen.“
„Aber die Uni…“
„…hat sich verändert. Sieh selbst.“
Sie blieben im hinteren Teil des Hofes stehen. Sén sah auf und schrak zusammen.
Das Gebäude war auf dieser Seite völlig vernichtet. Qualm stieg in die Luft
und das Glimmen von Feuer konnte er deutlich erkennen. Vor den Schleiern, war es
nur eine kleine Verzögerung, ein technischer Defekt, doch dahinter sah es viel
schlimmer aus, eine mittlere Katastrophe.
„Was ist hier passiert?“ fragte er leise.
„Das wollte ich eigentlich von dir wissen.“ Erwiderte Zhera.
„Jemand oder etwas hat die Uni ergriffen. Doch wieso sollte man das tun?“
„Erinnerst du dich noch daran was deine Schwester dir erzählt hat? Die Welt
der Menschen ist eine neutrale Zone, doch ab und zu wirken sich die Ausläufer
der Angriffe auch bis hier her aus.“
„Das ist mir bewusst, aber hier war doch gar keiner. Kein Mensch und auch kein
Dämon, die Spuren stammen von etwas ganz anderem. Ich habe wirklich nichts
bemerkt.“
„Schon gut, ich glaube dir ja, doch was siehst du außerdem noch? Kein Urheber
der Spuren? Kein Rückstand von irgendetwas Andrem?“
„Das war nicht das Werk von Dämonen, auch nicht von Menschen, es war etwas
anderes. Vielleicht waren es die Engel.“
Zhera nickte. Er wusste das natürlich, doch er wollte das Sén es selbst sah.
Ihn testen, sehen ob es der Wirklichkeit entsprach, was er gestern beobachtet
hatte.
Es war zwar auch für ihn noch immer reichlich ungewöhnlich, das die Aktivität
der Siegel so eine Änderung erfahren hatte und nun sehr wohl, ob von seinem
Träger begünstig oder nicht, die angriff, die im Unrecht waren, doch
vielleicht war es auch genau das was immer gefehlt hatte.
„Die ersten paar Stunden werden wohl erstmal ausfallen, doch das wird bald
vorbei sein.“
„Kann man etwas dagegen unternehmen?“
„Vielleicht, doch das müssen wir abwarten.“
„Wenn die Menschen und die Dämonen nicht für dieses Chaos verantwortlich
sind, dann haben wir nicht mehr viel Auswahl. Könnten es die Engel tatsächlich
gewesen sein?“
„Weiß ich nicht, sie sind natürlich ebenfalls sehr mächtig, doch es muss
nicht sein, vielleicht war es noch etwas anderes.“
„Das Nichts? Aber das ist doch völlig Gegenstandslos, es kann nicht solche
Auswirkungen haben.“
„Das schon, das heißt das war es bis jetzt, doch was wenn es sich ebenfalls
verändert hat?“
„Aber müsste man die Auswirkungen dann nicht wesentlich deutlicher sehen oder
spüren?“
„Wie willst du etwas sehen oder spüren, wenn es formlos ist?“
Sén sah ihn an. Er hatte Recht, aber wie sollte man dann gegen das vorgehen
können?
„Und was sollen wir jetzt tun?“
„Abwarten. Es kann auch alles ganz anders sein.“
„Können wir das denn? Noch länger abwarten?“
Zhera sah ihn an. Eine leichte Windbö striff ihn und schien für einen Moment
auf der Stelle zu verharren.
Eigentlich wäre es verständlicher wenn er völlig anders reagiert hätte, doch
er stand einfach nur da und schien abzuwägen. Es war etwas was ihm schon bei
seinem ersten Zusammentreffen mit seinen Dienern aufgefallen war. Sén war
gefasster als er angenommen hatte, das war ausschlaggebend dafür, sich dafür
zu entscheiden ihn ein wenig zu erklären und zu erzählen. Mit der Tarnung als
Student. Doch was war die Ursache für sein außergewöhnliches Wesen?

„Komm, lass uns erstmal zurück gehen. Im Moment können wir nicht viel tun.
Ich werde sehen was sich herausfinden lässt.“ Erwiderte der Dämon bevor er
sich umwandte und ging.
Sén nickte und folgte ihm. Zweifelsohne war das Bild eines was man weder oft
sah noch gern. Es war einfach nur erschreckend, doch er war sich fast sicher,
dass dahinter keine Absicht stand. Nichts von dem was er sehen konnte, deutete
darauf hin.

„Du bist ja ganz schön hartnäckig.“ Menora hatte eine Weile stiller
Beobachter gespielt und passte Sén gerade ab. Der Junge zuckte unmerklich
zusammen, er hatte ganz vergessen, dass er seit ein paar Tagen keinen Schritt
mehr ohne Beobachtung getan hatte. Nun blieb er stehen und sah sie an.
„Was willst du schon wieder hier? Zhera ist keine 10 Meter vor uns.“
„Ich weiß, aber das ist mir im Moment egal. Er wirkt nachdenklich, fast so,
als würde er selbst nicht wissen was hier passiert ist.“
„Was hat das mit mir zu tun?“
„Ich weiß nicht, aber so hab ich ihn noch nicht erlebt. Er hilft dir, sorgt
dafür dass dir keiner zu nah kommt, und hat scheinbar seinen Sinn für Humor
hinten angestellt. Da frage ich mich, warum und warum du dabei ein Rolle
spielst.“
„Menora, was willst du mir damit sagen?“ Sén war inzwischen stehen
geblieben. Er wusste zwar nicht in wie fern das ok war, aber zumindest für
einen Moment konnte er so verhindern das Zhera gleich wieder hier auf der
Bildfläche erscheinen würde und sie vielleicht, ja was eigentlich? Sie von
ihrem Auftrag entbinden?
„Ich finde dass man sehr schnell, sehr falsche Schlüsse aus seinem Verhalten
ziehen könnte. Außerdem verhaltet ihr euch beide irgendwie total schräg.“
„In wie fern du irgendwelche Schlüsse ziehst, möchte ich gar nicht wissen.
Was das Verhalten angeht, dazu kann ich dir noch viel weniger sagen.
Schließlich kommt es nicht alle Tage vor das sich ein Weltbild komplett auf den
Kopf stellt. Und was dich angeht, du solltest vorsichtig mit dem sein was du
sagst, vielleicht bist du sonst ebenfalls nur noch eine Marionette, die genau
das Gegenteil von dem tut was sie geschworen hat, nämliche ihren Herrn folgen
und zu helfen. Wenn du das möchtest, kannst du deine Mitstreiter gern auf die
Probe stellen.“
„He, nun werd doch nicht gleich so ruppig. Ich meine ja nur, dass er irgendwas
an dir zu finden scheint und du auch. Das ist ungewöhnlich.“
„Besondere Zeiten, verlangen nun mal nach besonderen Maßnahmen. In wie fern
das auf deine Ansicht der Dinge zutrifft, kann ich dir nicht sagen.“
„Meine Meinung ist auch gar nicht so wichtig, sondern eigentlich nur deine und
seine. Denk mal drüber nach.“ Sie zwinkerte ihm zu und war dann verschwunden.
Sén stand noch einen Moment irritiert da, dann ging er wieder nach vorn.

„Was wollte sie diesmal?“ fragte Amnas der sehr wohl mitbekommen hatte, das
Menora, sich mal wieder nicht an die Regeln hielt. Sie würde sich damit noch
ihr eigenes Grab schaufeln.
„Nichts weiter, nur wieder spielen.“
„Ihre Spiele, könnten böse enden, vielleicht solltest du ihr das auch klar
machen.“
„Das habe ich bereits, aber egal wer von euch das ist, ihr scheint alle
zusammen unbelehrbar zu sein.“
Seufzte Sén und sah ihn an. Es war nicht bös gemeint, doch vielleicht waren es
die falschen Worte.
Der blauhaarige sah ihn an.
„Was dich ja nicht unbedingt von ihr unterscheidet, nicht wahr.“
„Stimmt, aber das Wesen der Menschen ist eben verschlossen und unbelehrbar. Es
gibt mehr als genügend Dinge, die sie verschweigen und erst dann mit der
Sprache heraus rücken, wenn fast alles zu spät ist.“
„Dem kann ich ausnahmsweise nur zustimmen.“
Sén schüttelte resignierend den Kopf und ließ ihn stehen.
„Der Junge hat eine Menge Temperament.“
Amnas fuhr herum.
„Wer hat dir eigentlich erlaubt sich mit ihm zu unterhalten?“
„Niemand.“
„Und was willst du Zhera erzählen?“
„Das spielt doch gar keine Rolle mehr, egal wie oder was ich sage, wenn es ihm
nicht gefällt, werde ich so oder so nicht mehr viel Zeit haben über etwas
anderes nachzudenken.“
„Und wieso tust du dann nicht einfach das was man dir aufgetragen hat?“
„Das ist langweilig. Außerdem erinnert mich Sén an jemanden.“
„Ach tatsächlich.“
Menora grinste und nickte nur.
„Er erinnert mich an dich, ihr seid euch irgendwie ziemlich ähnlich und das
kannst sogar du nicht abstreiten. Schließlich seid ihr beiden die einzigen die
auf die Idee kommen Zhera auch mal zu widersprechen oder eine andere Meinung
einzubringen. Fast schon beneidenswert.“
„So ein Unsinn.“ Amnas wandte sich ab und verschwand. Dann war der Hof
leer.

Kapitel 12



Zhera ging zusammen mit Sén die Strasse hinunter. In einem kleinen Café
kehrten sie ein.
Sén bestellte sich einen Kaffee. Irgendwas hatte Menora in ihm wach gerüttelt
und irgendwie schien ihm als wollte sie ihn auf eine ganz bestimmte Fährte
locken. Und nicht nur sie, auch Amnas und Mika hatten sich schon so merkwürdig
verhalten und Andeutungen gemacht, die für ihn bestenfalls lächerlich klangen,
aber nicht als ernstgemeinter Hinweis. Vielleicht sollte er diese Überlegungen
noch einmal grundlegend überdenken. Er sah Zhera an und schwieg. Er stellte
ohne große Überraschung fest, dass er tatsächlich ein wenig ernster wirkte
als sonst.
„Was ist?“ Zhera riss ihn aus seinen Gedanken.
„Ich denke nach.“
„Aha und über was?“
„Welche Ursache der Vorfall an die Uni hat. Es war kein Hinweis darauf zu
sehen, dass es absichtlich geschehen wäre. Das kommt mir ein wenig seltsam vor.
Vielleicht war es tatsächlich nur ein Versehen.“
„Schon möglich, aber falls du meinst ich könnte dir diese Frage beantworten
muss ich dich enttäuschen.“
„Schon gut, das erwarte ich auch nicht, es wundert mich nur. Ich verstehe
immernoch nicht was du wirklich vor hast. Ich meine, es muss doch einen Grund
geben, wieso alles so gekommen ist und nicht anders.“
„Den gibt es auch, und das hat dir dein Schwester auch schon gesagt.“
„Weil es die Aufgabe ist die die Zeit sich für mich ausgedacht hat? Ich bitte
dich, ich bin keiner deiner Diener. Mich kann dieses Argument noch lang nicht
überzeugen. Ich handle nicht nach Aufgaben sondern nach Intuitionen. Ich gehe
Dingen auf den Grund die mich misstrauisch machen und versuche Lösungen für
Probleme zu finden die hilfreich sind. Doch das alles ist nicht das was ich in
einer Aufgabe gestellt bekommen habe, das alles tue ich weil ich es möchte. Ich
möchte dir helfen, aber ich möchte auch den andren helfen, ich möchte nicht
dass das Siegel mein Leben bestimmt, sondern dass ich es bestimme. Und ich
möchte nicht belogen werden, von dir am allerwenigstens.“ Zu spät stellte er
fest dass er schon wieder etwas gesagt hatte was eigentlich nichts mit der
momentanen Situation zu tun hatte. Und schon wieder hätte er sich dafür am
liebsten auf die Zunge gebissen. Doch nun war es nun einmal nicht mehr zu
ändern. Dementsprechend überrascht sah ihn sein gegenüber auch an. Dann
nickte er plötzlich.
„Vielleicht hast du damit Recht. Aber das meiste…“
„…von dem was du erzählt hast ist richtig. Und das glaube ich dir auch,
aber was ist mit dem Rest?“
„Es gibt keinen Rest, zumindest nicht hier.“ War seine einzige Antwort. Sén
sah ihn an.
„Du möchtest es mir nicht verraten.“
Das war nicht wirklich eine Frage, sondern eher eine Feststellung.
„Es gibt gewisse Dinge über die man besser nicht zu viel sagen sollte, schon
gar nicht wenn an allen Ecken und Enden neugierige Ohren durch die Wände
lauschen.“
„Das nicht, aber wenn ich mich recht entsinne, hast du die selbst hier
herbestellt, bestell sie doch einfach wieder ab.“ Zhera sah ihn zweifelnd an.
Natürlich konnte der Junge ihm nicht folgen, wie auch schließlich kannte er
nur einen Bruchteil eines Planes, den es galt umzusetzen. Wie sich
herausstellte, und das sehr schnell, war das jedoch so gut wie unmöglich wenn
man die gegenwärtige Situation betrachtete.
„Das könnte ich, doch das wäre kein geschickter Schachzug.“
„Gut, dann anders. Was war eigentlich an diesem Sonntag los, als du hier
aufgetaucht bist?“ erwiderte Sén. So würde er nicht an ein Ziel kommen, doch
wie weit traute ihm Zhera überhaupt?
„Was meinst du?“
„Du warst verletzt, und erzähl mir jetzt nicht dass das nicht stimmt, ich
hatte nur nichts gesagt, weil ich dich nicht kannte.“ Erwiderte der Junge.
„Ach das…nur ein kleiner Kratzer, ein paar Unstimmigkeiten, nichts
Schlimmes.“
„Danach sah es mir aber nicht aus.“
„Willst du dich vielleicht persönlich davon überzeugen dass nichts passiert
ist?“
Nein, das war nicht die Antwort die er hören wollte, und schon gar nicht sehen.
Allein schon der Gedanke daran machte ihn verlegen und nervös.
„Nein…“ murmelte er und sah nach draußen.
„Ein kleiner Zwischenfall mit ein paar Dämonen.“ Sagte Zhera dann.
„Ein Angriff also.“
„Wenn du das so nennen willst. Doch wie ich schon sagte, es wäre töricht
sich mit Dingen zu umgeben die man irgendwann nicht mehr unter Kontrolle halten
können würde. Mein Reich kommt und geht mit mir. Unruhen lass ich nur solang
gelten, wie sie keine Gefahr werden.“
„Also wurden sie es.“
„Mehr oder weniger. Allerdings ist das nichts worüber du dir Gedanken machen
solltest.“
„Tu ich aber, denn so wie ich das sehe, läuft hier etwas ganz und gar nicht
mehr so wie es sollte. Ich möchte dir doch nur helfen, aber wie soll ich das
anstellen, wenn du mir nicht verraten möchtest was passiert ist? Ich bin doch
nur ein Moment in der Zeit. Ich bin jetzt hier, ich kann dir nur jetzt helfen
und nicht mehr in ein paar tausend Jahren, sofern wir dazu überhaupt noch eine
Gelegenheit bekommen sollten.“ Damit hatte er Recht, das wusste er
natürlich.
„Das geht nicht.“
„Wieso?“ Sén war aufgestanden und sah ihn nun an.
„Ist die Zeit dafür unpassend, oder glaubst du ich könnte es nicht
verstehen?“ er war eindeutig aufgewühlt. „Das eine hat mit dem andren gar
nichts zu tun.“
„Ach tatsächlich? Mit was hat es denn zu tun? Legenden, Prophezeiungen und
Geschichten deren tatsächliche Aussage nicht mal dem Hauch der Wahrheit
endsprechen? Dinge die du mir selbst erzählt hast? Ist es das? Glaubst du all
die Dinge die nachlesbar sind, wären völlig daneben oder nicht gültig, obwohl
sie sich mit dem decken was du auch schon gesagt hast? Dinge die sich
wiederholen? Dinge die mehrere Generationen unabhängig von einander
niedergeschrieben haben und nicht ein Augenblick Platz für Unstimmigkeiten
ließen? Zhera, was soll das? Glaubst du wirklich dass ich nicht in der Lage bin
Wahrheit von Lüge zu unterscheiden, wenn es so offensichtlich wäre? Du musst
doch noch besser wissen als ich, was davon der Wahrheit entspricht und was
erfundene Fantasie ist! Warum bist du der Meinung das ich dir nicht glaube?“

Der Angesprochene war inzwischen ebenfalls aufgestanden und sah ihn an. Das
registrierte der Junge allerdings erst als es schon zu spät war.
„Das habe ich nicht gesagt, ich sagte lediglich dass es viel mehr gibt als man
sehen kann.“
„Das ist mir klar, ich seh es schließlich den ganzen Tag lang, aber auch wenn
es nicht unbedingt das ist was ich erwartet hatte, es ist doch immernoch
wirklich, wieso sollte ich mich davor scheuen auch die andren Wahrheiten zu
sehen? Wieviel schlimmer kann es denn noch werden? Kriege, Schlachten,
Todesschreie? Und wenn schon…“
Weiter kam er nicht denn plötzlich nahm er ihm den Rest des Satzes
wortwörtlich von den Lippen.
„Kannst du nicht einfach mal die Klappe halten?“ Erwiderte der Dämon als er
ihn endlich wieder los ließ. Sén sah ihn rot glühend und völlig irritiert
an, unfähig irgendetwas zu entgegen.
„Na geht doch.“ Erwiderte der Dämon bevor er sich wieder hinsetze, ganz so
als wäre alles in bester Ordnung.
Mit fast Roboterähnlicher Anmut, wankte der Junge ebenfalls auf seinen Platz
zurück und umklammerte seine Tasse.
Seine Gedanken fuhren Achterbahn, von seinen Gefühlen mal ganz zu schweigen.
Was war denn das nun schon wieder für ein Spiel? Wusste Zhera überhaupt was er
damit anrichten konnte?
Wie lang er so da saß und einfach nur nach vorn sah, wusste er nicht.
Vielleicht waren es Sekunden, vielleicht auch schon Minuten, doch bei weiten war
noch nicht genug Zeit vergangen um seine Sprache wieder zu finden. Es war ihm
noch nicht einmal mehr möglich, den Taifun seiner Gedanken soweit zu ordnen das
er zumindest wieder in normalen Bahnen denken konnte.

„Es wird noch genügend Schlimmes passieren, du musst nicht auch noch mit
vollem Einsatz danach suchen, oder gar darauf bestehen.“ Erwiderte der Dämon,
nach ein paar Augenblicken.
„Und wie geht´s dann weiter?“ Nach endlos scheinenden Minuten schien er
seine Sprache gefunden zu haben.
„Mit Geduld.“ War die Antwort die er erntete.
Sén nickte nur, zu viel mehr war sein Körper auch noch nicht in der Lage. Es
war schon ein kleines Wunder, das er wieder etwas sagen konnte, und das er
zumindest ansatzweise begriff was hier eben geschehen war. So verrückt es auch
klang, es war wohl doch nicht so weit von der Hand zu weisen, das Menora, Mika
und auch Amnas mit ihren, zum Teil recht abenteuerlichen Spekulationen, recht
gehabt hatten. Aber wieso sprachen sie in Rätseln? Und wieso schien er als
einziger noch immer nicht begriffen zu haben was offensichtlicher war, als er
glaubte? Aber wo musste er anfangen nach einem Grund dafür zu suchen? Bei sich
selbst, oder bei Zhera?

Ein lautes Tosen schreckte Sén aus seinen Gedanken auf. Als er den Blick nach
draußen gleiten ließ, wich urplötzlich alle Farbe aus seinem Gesicht. Nicht
nur das sich das Bild schon wieder verändert hatte, auch das da wo einmal der
Zugang zum Park war, nun eine gähnend schwarze Leere klaffte. Sie war zwar
nicht breit genug um sie nicht überwinden zu können, jedoch groß genug um
sich Sorgen zu machen.
„Was ist das?“ flüsterte er, als würde jeden Moment ein Unwetter
losbrechen, würde er lauter sprechen.
Zhera war seinen Blick gefolgt und sah mindestens genau so irritiert aus wie er
selbst.
„Weiß ich nicht. Aber bist du immer noch der Meinung das das alles keine
Absicht ist?“
„Ich weiß es nicht.“ Gab der Junge zu.
„Dann sollten wir uns das ein bisschen näher ansehen.“ Bevor er den Satz
beendet hatte, war er bereits an der Tür. Sén sprang auf und folgte ihm so
schnell er es vermochte, ohne das seine Knie, die noch immer weich wie Pudding
waren, unter seinem Gewicht einknicken würden.

Kurz darauf hatten sie die Stelle erreicht. Sén musste sich korrigieren, es war
nicht nur schwarz, es schien auch unendlich tief und es war ganz eindeutig kalt
in der Nähe dieser Leere.
Das Dunkle was von ihm ausging, war fast körperlich zu spüren.
„Das ist nicht gut.“ Es war Zhera der die Stille durchschnitt und das Wort
erhob.
„So wie es aussieht, geraten die Portale außer Kontrolle, oder jemand sorgt
dafür. Geh nach Hause, ich seh nach was dort los ist.“
„Aber…“
Doch der Dämon schüttelte den Kopf.
„An meinem Leben und an meiner Aufgabe ist nichts aus zu setzen, was mich
angeht. Aber für dich hatte ich auf etwas Besseres gehofft. Bitte geh nach
Hause und tu nichts unüberlegtes, ich werde dir Bescheid geben, sobald ich
etwas gefunden habe.“
„Das kann ich aber nicht. Ich kann doch nicht einfach nach Hause gehen und die
Hände in den Schoß legen.“ Protestierte der Junge.
„Zwing mich nicht, dich dorthin bringen zu lassen.“
„Ich möchte hier bleiben.“
Zhera ging noch ein wenig näher zu ihm und sah ihn an.
„Deine Zeit ist noch nicht gekommen, du wirst noch gebraucht, und das sag ich
nicht nur, weil du ein Siegel besitzt, sondern weil ich es auch genauso meine.
Und jetzt geh bitte.“
Sén sah ihn an. Sicher hatte er Recht damit. Noch war es möglicherweise zu
früh, doch was wenn Zhera es nicht schaffen würde? Obwohl das ja eigentlich
fast nicht möglich war.

Als Sén sich noch immer keinen Meter bewegt hatte, dauerte es keine Sekunde,
bis Menora und Amnas vor ihm auftauchten. Wann hatte er sie denn gerufen? Hatte
er sie überhaupt gerufen?
„Bringt ihn nach Hause und sorgt dafür dass er auch da bleibt.“
Amnas und Menora nickten, keine Sekunde später war der Junge gepackt, in die
Luft gehoben und mit ihnen durch ein Portal verschwunden.
Das alles konnte nicht länger als ein paar Sekunden dauern, doch der kurze
Moment, genügte um erneut ein völlig andres Bild seiner Umgebung zu bekommen.
Die Welt wie er sie kannte basierte auf Ketten und Glieder die Geschickt zu
einem Gewebe verarbeitet wurden. Die winzigen Löcher in ihm, wurden als
Reisepunkte genommen, in diesem Fall mit Portalen.

Er hatte kaum genügend Zeit die Neuen Eindrücke zu verarbeiten, denn schon
nach nur wenigen Sekunden war er tatsächlich in seinem Haus. Amnas und Menora
sahen in gleichermaßen an.
„Du bist tatsächlich unbelehrbar oder?“
Es war Menora, die das Wort ergriff.
„Kommt jetzt schon wieder einer deiner ach so klugen Ratschläge?“ erwiderte
Sén heftiger als gewollt.
„Nein, denn die haben ja sowieso kein Gehör bei dir.“
„Menora, kriegst du das hier allein hin?“ Amnas hatte wenig Lust, der
anbahnenden Diskussion, Zeuge zu sein.
„Ja ja, das schaffe ich gerade noch.“
„Gut, dann bleib hier, aber setz ihm nicht wieder irgendwelche Flausen in den
Kopf. Es ist sowieso schon erstaunlich genug, das Zhera soviel durchgehen
läßt.“ Dann war er auch schon wieder verschwunden.

„Ich bin schon alt genug. Ich brauche keinen Babysitter mehr.“ Erwiderte der
Junge als sie allein waren.
„Nein, das nicht, aber offensichtlich ist es an der Zeit, das dir jemand sagt,
dass du langsam deinen Verstand gebrauchen solltest. Du scheinst immer noch
nicht ganz begriffen zu haben, dass alles auch mal ein Ende hat, und wenn du so
weiter machst, mein Lieber, dann kommt deines schneller als du dir vorstellen
kannst. Begreife endlich, das Zhera nicht so handelt, weil er dich ärgern will,
sondern weil er um die Gefahren weiß, die du dir mit deinem Verhalten
unweigerlich ans Bein binden wirst. Glaubst du dein süßes kleines Siegelchen
kann dich gegen eine ganze Horde Dämonen schützen oder gar bestehen? Wach
endlich auf Sén. Zeit zum Träumen bleibt dir nicht mehr, denn das ist genau
das was wir am wenigsten übrig haben.“
Das saß. Menora hatte nicht einmal die Stimme gehoben. Sie sagte diese Dinge in
einer Ruhe wie man sie nicht von einem Dämon erwartet hätte, trotzdem traf sie
damit unweigerlich ins Schwarze.

„Keiner will dir wirklich etwas vorendhalten und niemand auf unserer Seite
wird dich dafür tadeln. Doch es gibt genügend denen der Umgang, den Zhera mit
dir pflegt, schwer aufs Gemüt schlägt. Sie werden dich deswegen nicht
angreifen oder ihren Auftrag vergessen, doch du musst wissen, dass die meisten,
die unter Zhera´s Befehl stehen, liebend gern mit dir oder Amnas tauschen
würden, wenn sie die Chance dafür bekämen. Du wirst ihn niemals für dich
allein haben, das steht fest, und so sehr dich das auch verwirren mag, du weißt
das du ihn ebenso ergeben bist wie all jene die auf seiner Seite sind. Menschen
tendieren nicht selten dazu der Wahrheit erst ins Gesicht zu sehen wenn es
bereits zu spät ist. Das waren deine eigenen Worte, dann halt dich bitte auch
daran und lass es gar nicht erst soweit kommen. Es wird nicht mehr lang dauern
bis du die ganzen Zusammenhänge erkennen wirst, für die Zeit in dem dir das
jedoch noch nicht gelingt, musst du einfach belehrbar sein.“

Er hatte ihr schweigend zugehört. Im Grunde war das alles nicht wirklich etwas
Neues, doch er hatte nicht geglaubt das es laut ausgesprochen so deutlich
klingen würde. Er fand nicht einmal einen Widerspruch in ihren Worten.
Tatsächlich hatte sie genau das ausgesprochen was er schon seit ein paar Tagen
fast geahnt hatte, jedoch soweit verdrängte, dass er sich darüber keine
weiteren Gedanken gemacht hatte.
„Und wieso erzählst du mir das alles?“
„Nicht alle von uns waren immer Dämonen.“
„Ich weiß.“
„Ich auch nicht.“
Sén sah sie an. Aber wie war das möglich? Der einzige Rang 0 Dämon der ihm
bisher vorgestellt wurde war Amnas.
„Du weißt dass es Rang 0 Dämonen gibt. Und du weißt dass du einen davon
kennst. Sicher fragst du dich jetzt, wieso ich behaupte, dass ich auch nicht
immer ein Dämon war.“
„Allerdings, doch ich habe auch davon gehört, dass darüber ungern gesprochen
wird.“
„Das ist richtig, und das mag auch auf die meisten zutreffen. Doch ich bin
natürlich kein Rang 0 Dämon. Ich habe dem weltlichen Leben entsagt, meine
Vergangenheit verdrängt und bin schließlich in Zhera´s Dienst getreten. Ich
bin das was du sicher unter der Bezeichnung, gefallener Engel kennst.“
„Aber du siehst gar nicht aus wie einer.“ Sén fühlte sich ein bisschen
überrumpelt. Er hatte sich die Art der Engel immer ein bisschen anders
vorgestellt. Menora interpretierte seine unglückliche Reaktion jedoch richtig.
„Natürlich, das ist auch nicht schlimm, schließlich weißt du nicht einmal
wie ein Engel aussieht. Ich kann mir vorstellen, das dir bei diesem Wort, Wesen
mit Flügeln und weißen Gewändern im Kopf herum spucken. Doch darin muss ich
dich enttäuschen. Engel unterscheiden sich nicht von einem normalen Menschen,
oder das was du für sie hältst. Natürlich verfügen sie ebenfalls über
spezielle Begabungen, doch sie schweben weder in der Luft noch sind sie
durchsichtig.“
„Aber ein gefallener Engel hat doch angeblich schweren Frevel begangen und
wurde verbannt.“
„Nun das ist so nicht ganz richtig. Niemand wird verbannt, normalerweise wird
man zu einem Duell gefordert. Ein Duell auf Leben und Tod. Doch ich bin
gegangen. Die Dinge, wie sie in der anderen Welt gesehen wurden, passten nicht
mehr mit dem gesamten Weltbild zusammen. Ich habe keinen Frevel begangen, ich
habe nur aufgehört an die Illusionen zu glauben die einen die Erzengel immer
wieder und wieder eingepflanzt haben. Doch da ich keine große Gefahr
darstellte, konnte ich gehen. Jeder hat geglaubt, dass ich im ewigen Krieg
gefallen wäre, doch tatsächlich habe ich auf eigenen Willen angefangen, die
Geschicke der drei Welten zu ergründen und zu verstehen. Dafür habe ich mein
Aussehen aufgegeben und mir die andere Seiten angehört und angesehen. Es war
schwer, Zhera davon zu überzeugen, das man tatsächlich aufgehört hat nur eine
Geschichte zu glauben, doch schließlich hat er mir die Möglichkeit gegeben
mich zu beweisen und so wurde ich zu einem seiner Diener. Selbstverständlich
macht man ihm, was den eigenen Ursprung betrifft, ebenso wenig etwas vor wie
deinem Siegel. So ist das nun mal bei den Obersten Rängen, in dem Fall der
Fürst aller Dämonen. Ich muss sagen, die Wahl für diesen Weg fiel mir nicht
besonders schwer. Die Kontrolle der Erzengel basieren im Grunde nur auf
Illusion, Lug und Trug, ohne ihre Weltillusion würden sie bald ganz allein da
stehen. Sie haben nur solang die Macht über die anderen, solang diese an das
glauben was sie ihnen fälschlicherweise darstellen. Selbst die Welt der Engel
wird in einer Illusion gebannt, das wirst du sehen wenn du einmal durch das Tor
gehen solltest. Doch ich gebe dir einen Rat, lass es dir nicht anmerken, wenn du
auch nur einen Verdacht in diese Richtung aussprichst, wirst du es sehr schwer
haben, dein Ziel zu erreichen, worin auch immer das liegt.“
„Das ist verwirrend. Alle Geschichten von Engel und Dämonen, würden damit
erfunden sein. Du sagst mir das Engel nichts als Willenlose Marionetten sind,
während Dämonen ihren eigenen Kopf gebrauchen?“
„So ist es. So war es und so wird es immer sein. Nicht immer sind die Dämonen
zwangsläufig die bösen, ab und zu gibt es Ausnahmen, doch das hast du schon
selbst bemerkt. Tatsächlich geht ein weitaus größeres Gefahrenpotential von
den Engeln aus, denn die tun wirklich nur stur das was ihnen gesagt, oder
vorgegaukelt wird und das schlimmste dabei ist noch nicht einmal die Zerstörung
die sie bringen, sondern die, ihre Dummheit zu glauben im absoluten Recht zu
sein.“

Auch diesmal hatte ihr Sén nur schweigend zugehört. Ihre Erzählung klang
nicht wie eine Lüge, aber der Gesamt Inhalt war irgendwie so völlig
unvorstellbar, dass er nicht wusste ob er sich damit anfreunden könnte.
Letztendlich half ihm das aber auch nicht dabei Zweifel an ihren Worten
aufkommen zu lassen. Im Gegenteil, er war sich sicher das er es bemerkt hätte,
wenn sie geglaubt hatte, das sie ihn anflunkern könnte.
„Aber warum erzählst du mir das alles jetzt so plötzlich? Ich meine, bisher
wurden mir immer nur kleine Brocken zu geworfen an denen ich mir den Kopf
zerbrechen konnte, doch niemals hat mir jemand etwas in so einer Art und Weise
erzählt.“
„Im Gegensatz zu den meisten andren Dämonen, habe ich immernoch die
Empfindungen eines Engels, ich kenne Gefühle und ihre Macht Dinge zu
entscheiden oder abzulehnen. Es wäre nicht richtig zu sagen, dass Dämonen
gefühllose Wesen wären, denn das sind sie nicht. Auch wenn sich eine ganze
Gruppe selten gut versteht, auch Dämonen haben Gefühle, nur sind diese um ein
vielfaches abgeschwächt und stark davon abhängig was sie tun oder denken.
Sollte es aber vorkommen, dass diese Gefühle plötzlich wieder in ihr
Bewusstsein dringen, werden sie den oder diejenige zu verteidigen und zu
schützen wissen, sie würden niemals zulassen das ihr oder ihm etwas geschieht,
eher stellen sie sich selbst dem Fegefeuer. Vergiss das nicht und vielleicht
denkst du auch einmal darüber nach.“ Menora wollte damit auf einen ganz
bestimmten Punkt aufmerksam machen, das war dem Jungen klar. Er musste noch
nicht einmal lang darüber nachdenken wen sie damit indirekt meinte.
„Das Zhera und Amnas, dich nur mit dem wichtigsten Vertraut machen, geschieht
nicht ohne Grund. Sie schulen dich und dein Einschätzungsvermögen auf diese
Art und Weise. Auf das wirst du dich irgendwann voll und ganz verlassen müssen.
Und ich habe es dir erzählt, weil ich nicht weiß wie lang ich sonst noch
Gelegenheit dazu bekommen könnte, schließlich werden die Unruhen immer
heftiger und die Auseinandersetzungen immer verlustreicher. Außerdem mag ich
dich und finde, dass es langsam Zeit ist, dir ein bisschen mehr über all das zu
erklären, auch wenn du es möglicherweise noch nicht im vollen Ausmaß
begreifen kannst.“ Der letze Satz klang so beiläufig, das er auch von Mika
hätte stammen können.

Sén sah sie nur an und schwieg. Hinter seiner Stirn arbeitete es auf
Hochtouren, um das eben erfahrene so in sich zu vereinen, das er nicht völlig
überrascht auf der andren Seite des Tores heraus kommen würde.
„Gibt es wirklich nur einen einzigen Zugang in je einer der beiden Welten?“
er stellte diese Frage eher unbewusst.
„Ja, nur in je einer der beiden, und nur Zhera kann dich zu ihm bringen, wenn
er denkt das du soweit bist, auf die Hilfe der andren wirst du vergeblich
warten. Sie wollen vom Ernst der Lage nichts wissen, oder besser, sie können
den Ernst der Lage gar nicht erkennen. Das ihre Welt, deine Welt und meine Welt
beim nächsten Stillstand völlig zerstört werden könnte, daran verschwenden
sie nicht einmal einen einzigen Gedanken. Sie sind einfach zu naiv und zu dumm
um die Wahrheit zu sehen. Die Erzengel wissen das, doch sie glauben immernoch
dass sie die alleinigen Herrscher sind und alles Unheil abwenden könnten. Doch
sie irren sich. So schlimm wie jetzt war es nie und noch viel schlimmer kann es
nicht mehr werden. Der nächste Stillstand wird unweigerlich der Untergang sein
und selbst Zhera wird ihn nicht überstehen können.“ Menora´s Stimme hatte
einen traurigen Unterton angenommen und auch Sén schluckte schwer. Soweit
durfte es nicht kommen. Aber vielleicht irrte sie sich ja auch.
„Vielleicht ist das auch noch gar nicht der Endgültige Untergang von dem du
sprichst. Natürlich werden sie immer schlimmer, doch glaubst du wirklich das es
so sein könnte?“
„Ich fürchte ich muss ihre Bedenken teilen. Es ist schlimmer als alles was
bisher war.“ Zhera war unbemerkt zu ihnen gekommen und hatte genügend
gehört. Normalerweise würde er Menora für ihren Ungehorsam gehörig den Kopf
waschen, doch er entschied sich dagegen. Sie hatte Recht mit dem was sie sagte.
Es war wirklich an der Zeit Sén auf das schlimmste vor zu bereiten.
„Das Tor weist inzwischen sichtbare Spuren auf, es ist fast in der Hälfte
gespalten. Es wird keinem weiteren Stillstand mehr überstehen können. So
liegen die Tatsachen und Menora hat ziemlich sicher Recht mit ihrer Aussage.“
„Und seit wann weißt du das?“ fragte Sén, in dem schon wieder eine Woge
von Wut aufstieg.
„Ich habe es erst vor ein paar Tagen gesehen, als es die ersten Bewegungen
gab.“
Er nickte. Der Junge entschied lieber keinen Kommentar dazu abzugeben, da er
fürchtete, er würde ihn unfairer Weise heftiger Anfahren als er eigentlich
wollte. Er war nach oben gegangen und sah aus dem Fenster. Shichoson hatte sich
weiter verändert. Über dem was einmal eine Strasse war, wallten dichte
schwarze Nebel über den Boden. Häuser gab es gar keine Mehr nur vom Feuer
geschwärzte Skelette, die im besten Fall einmal welche gewesen sein könnten.
Die Menschen hatten sich verändern, auch ihre Schuld und ihre Vergangenheit
hatte sie gezeichnet. Während die einen mit klaffenden Wunden und entstellten
Aussehen über die tote Einöde wandelten, gab es andere die nicht ganz so
schlimm gezeichnet waren, jedoch schlimm genug um ihnen ihre Kriegswunden noch
anzusehen. Es gab keine Welt der Menschen mehr, nur noch eine Zone des Todes.
Der Gedanke erschreckte Sén. War das eine der Zonen die der Letze Stillstand
mit in den Untergang gerissen hatte?

„Die Welt stirbt.“ Er sprach diesen Gedanken eher unbewusst aus.
„Ja.“ Zhera war ihm gefolgt, nach dem ihn Menora mit mehr als nur einem
Blick dazu aufgefordert hatte.
Sén schrak nicht mal zusammen, er wusste dass er hier war, auch wenn er das
bewusst nicht wahr nahm.
„Ist Shichoson eine der Zonen die der letze Stillstand gefordert hat?“
„Wäre dem so, dann wäre sie jetzt nicht mehr hier.“
„Willst du das etwa als einen Ort bezeichnen? Hier gibt es nichts mehr, hier
wird es nie wieder etwas geben, dieser Teil haucht jeden Tag ein bisschen mehr
seines Lebens aus. Sieht es so überall aus?“
„In vielen Teilen, allerdings. Doch du wirst sie nicht alle sehen. Ein Bereich
der Stirbt, ist immer ein Bereich, auf dem das Tor seine Pforten öffnen wird.
Da hier das Leben verschwindet, ist es kein Verlust für die Welt.“
„Welches Leben denn Zhera? Meinst du die wenigen armen Kreaturen die hier
umher wandeln und darauf hoffen dass es bald zu Ende geht?“
„Verstehst du nun wieso ich dich noch nicht zum Tor begleiten kann?“
„Ja…es ist schlimmer als ich dachte, aber…“ er wandte sich um und sah
ihn an.
„…ich lasse nicht zu das mich das Gesehene einschüchtert. Das Siegel wird
mein Leben nicht kontrollieren, ich kontrolliere das Siegel. Wenn das, dass
schlimmste ist was mir das Tor zeigen will, dann kann es nicht mehr viel
schlimmer werden. Wenn das seine Warnung ist, dann werde ich sie lediglich im
Hinterkopf bewahren, als Teil dessen was noch geschehen kann.“ Sofort erhellte
ein weiches Licht das Zimmer, es war nicht sehr hell, doch dann fielen die
Schleier zusammen und aus dem Teil der Welt an dem das Licht nicht mehr schien,
die Strahlen der Sonne ihn nicht mehr erreichten, wurde wieder das was vorher da
war. Die schrecklichen Schatten verschwanden und einzig die kahle Landschaft mit
seinen halben Häuserruinien und den Staubtrocknen Boden erschien vor ihm.
„Ich bin nicht der Sklave den das Tor möchte, ich bin ich, ich bin Herr
meines Schicksals.“ Erwiderte Sén nach dem sich das Bild vollständig zurück
verwandelt hatte.
Zhera hatte zwar keine Ahnung was Sén meinte, doch als das Licht sich
aktivierte, schien sich eine kleine dunkle Wolke in Luft aufzulösen. Es war
also ein weiterer Versuch unternommen wurden. Diesmal traf es keinen Dämon,
sondern Sén.
In Gedanken beschied er schon das Ende des Boten, der das Gift hier her getragen
hatte, doch eigentlich musste er fast dankbar sein. Zumindest war nun eines ganz
sicher. Auch Sén war immun gegen das was sich seine Gegenspieler als Waffe
erhofft hatten. Auch wenn er noch nicht wusste woher der Junge die Überzeugung
seiner Worte nahm, er war auf seiner Seite und das war im Moment eines der
wichtigsten Ziele in seinem Vorhaben. Nun konnte er bald ganz offen mit ihm
darüber reden was er eigentlich vorhatte. Irritiert schob er den letzen
Gedanken bei Seite. Scheinbar färbte der Einfluss eines Siegels, eines
Wächters und der Menschen tatsächlich langsam auf ihn ab.

Er schüttelte leicht den Kopf.
„Die Zeit wird knapp. Teilweise fallen ganze Zonen aus und sind dann wieder
da. Welches Siegel kann so etwas bewirken? Und wo haben sich die anderen
versteckt?“
„Das kann ich dir nicht sagen. Ich weiß nicht einmal ob sie in deiner Nähe
sind, doch wenn du den ersten Begegnest, möchte ich das sofort erfahren.“
„Das wird sich nicht vermeiden lassen, du bist doch so oder so immer in der
Nähe.“ Erwiderte der Junge.
„Und das werde ich auch noch eine Weile bleiben.“
„Ja, das habe ich erwartet.“
„Vielleicht solltest du ebenfalls ein wenig wachsamer sein. Menora ist nur
einer von vielen die zu dir kommen werden. Jeder mit einer anderen
Geschichte.“
„Und es ist sicher dass ihnen das von deiner Seite aus gestattet ist?“
„Sie werden sich nicht davon abschrecken lassen. Was du mit ihren Geschichten
allerdings anfängst, das liegt allein in deiner Hand.“
Sén nickte und wandte sich schließlich ganz zu ihm um. Er sah nachdenklich
aus.
„Was von dem was bisher geschehen ist, war dir eigentlich bekannt? Du siehst
nicht so aus als wäre es das, was du erwartet hast.“
„Stimmt, vieles war zwar erwartend, aber doch in einer gewissen andren Weise
als es eingetreten ist. Das ist aber nicht das beunruhigteste an der ganzen
Sache. Eher die vielen Widersprüche zu der Vergangenheit.“
„Stimmt, du hattest gesagt, dass sich die Siegel und auch das Tor verändert
haben.“
„Und das nicht unbedingt in beruhigender Weise. Aber dazu werde ich dir bald
mehr sagen können. Jetzt muss ich erst einmal für Ruhe sorgen, bleib im Haus.
Einen ersten Überblick konnte ich mir noch nicht eindeutig verschaffen.“
„Aber…“
„Nein, du wirst nichts unternehmen. Ich muss noch einmal zurück aber ich
werde bis zum Abend wieder hier sein.“ Dann war er aber auch schon
verschwunden.

Menora erschien im Türrahmen.
„Sieht so aus als habe da noch jemand Sehnsucht nach dir.“ Sie deutete
hinter sich.
„Amnas?“
„Ja.“
„Hat er gesagt wieso er hier ist?“
„Nein hat er nicht, aber solltest du mit dem Gedanken spielen, ihn zu fragen,
was ihn dazu bewogen hat auf Zhera´s Seite zu wechseln, rate ich dir das noch
sein zu lassen. Seine Geschichte ist nicht halb so logisch wie meine.“
„Schon gut das habe ich nicht vor. Wenn er dazu etwas sagen sollte, kann er
das jeder Zeit tun.“
Der Dämon nickte und verschwand.

Der Junge ging nach unten. Was konnte Amnas jetzt schon wieder wollen? Zhera war
doch eben erst verschwunden.
„Gibt es Ärger?“ fragte er unvermittelt und blieb stehen.
„Nein, nicht direkt. Ich wollte nur sicher gehen, das Menora dir keine Flausen
in den Kopf setzt.“
„Das gelingt ihr schon nicht. Doch warum bist du noch hier? Ich meine Zhera
ist vor ein paar Minuten verschwunden. Er war sich sicher das es keinen Ärger
mehr geben würde.“
„Darum bin ich nicht hier. Ich habe euch beobachtet und denke, das es an der
Zeit ist dich über gewissen Dinge aufzuklären, bevor es zu spät ist.“
„Was meinst du damit?“ Sén sah ihn zweifelnd an. Etwas an der Stimmlage
seines Gegenübers ließ ihn stutzen.
„Ich weiß nicht welche Ziele Zhera tatsächlich verfolgt, doch wie ich schon
sagte, ich bin mir sehr sicher, dass du dabei eine entscheidende Rollen spielen
sollst. Aber vorher solltest du dir Gedanken über die Konsequenzen machen, die
zweifelsohne eintreten werden.“
„In wie fern?“
„Ich nehme an du wirst helfen wenn du es denn kannst. Oder sollte ich mich
dabei täuschen?“
„Nein, selbstverständlich möchte ich helfen wenn ich es kann.“
Amnas nickte.
„Dann solltest du wissen, dass du nicht dieselbe Wahl hast wie einige andere
in einer ähnlichen Position.“
„Du meinst mich zu entscheiden ob ich in seinen Diensten bleiben möchte?“
Der Dämon nickte bedächtig.
„So ähnlich. Ein Siegel kann nur auf neutralen Boden seine ganze Kraft
entfalten. Wenn dich Zhera mit nach unten nimmt und dich zum Tor bringt, musst
du damit rechnen dass dies nicht ungesehen geschehen wird. Doch sein Schutz,
wird dich nur bedingt vor großem Schaden bewahren. Und ich meine nicht
Übergriffe durch Dämonen, sondern das was diese Welt ausmacht ihre eigenen
Energien.“
Sén sah ihn an. Damit hatte er zwar gerechnet, doch jetzt wo er es sicher
wusste war er irritiert.
„Ist das der Grund wieso ich jetzt noch nicht zum Tor gehen kann?“
Amnas schüttelte leicht den Kopf.
„Darum geht es eigentlich gar nicht. Zhera…er würde es dir jetzt einfach
noch nicht erlauben.“
„Aber warum denn?“
„Weiß ich nicht und ich will´s auch gar nicht wissen, aber du solltest auf
ein paar unschöne Überraschungen gefasst sein. Eine mögliche Begründung ist
die, das du vorher schon klar denken können solltest.“
„Was meinst du damit?“
Amnas sah ihn zweifelnd an. Hatte er wirklich noch keine Ahnung was er meinte?
„Solang du nicht weißt was du willst, kannst du dort nicht hin. Es ist wie du
schon selbst gesagt hast, ein leichtes jemanden gegen seinen Willen zu steuern,
wenn er erst einmal anfängt Dinge zu glauben, die falsch sind.“
Sén sah ihn an. Ok das war zur Abwechslung mal eine Begründung, die er
verstehen konnte.
„Du meinst, diesen seltsamen Nebel, der fürs erste seinen Vorsprung verloren
hat?“
Der Dämon nickte.
„So ist es.“
„Aber mir kann er doch nichts anhaben.“
„Unterschätze nicht, was du nicht kennst, wenn es in seiner Dimension ist.
Dieser Nebel, kann dir hier vielleicht nichts antun, aber in unsere Welt ist er
um ein vielfaches stärker.“
„Aber, kannst du mich dann nicht dorthin begleiten?“
„Nein, das ist ausgeschlossen, damit würde ich gegen eine Anweisung
verstoßen und das werde ich definitiv nicht tun.“
„Schon gut, das verlange ich auch gar nicht. Ich schätze Zhera könnte dann
auch sehr böse werden.“
„Nein, das nicht, er würde nur ungehalten sein.“
„Hm…kann ich mir redlich vorstellen…ist ja nicht so das mir das noch nicht
aufgefallen wäre…Entschuldige, ich hab wieder schneller gesprochen als
gedacht.“ seufzte der Junge.
„Schon gut…Aber sag mal…etwas anderes…“
„Hm? Was denn?“ irgendwas sagte ihm, das er nicht nur wegen einem reinen
Kontrollgang hier aufgetaucht war. Allerdings ließ sein Verhalten nicht viel
Spielraum für Spekulationen.
„Hast du auch verstanden was ich dir gesagt hab?“
„Natürlich, schließlich bin ich nicht schwerhörig.“ Erwiderte Sén
irritiert.
Der Dämon sah in an. Ganz offensichtlich hatte er nicht verstanden was er
gesagt hatte. Nun gut was wollte man auch von einem Menschen erwarten, der
schneller handelte als zu denken, oder schlimmer noch, viel zu „rein“ für
so eine Welt war.
„Also gut hör zu, du als der Träger eines Siegels…hast gewisse Privilegien
über die dich keiner beneiden würde, und die du wahrscheinlich lieber gar
nicht kennen wolltest. Tatsache ist, du hast nicht die Wahl auf einer der beiden
Seiten zu stehen. Du kannst nicht handeln ohne das es sich auf alles andre NICHT
auswirken würde.“ Amnas sah ihn an. „Oder einfacher, wenn du etwas
unternimmst, in der Welt der Dämonen, wird dein Handeln auch hier und in der
Welt der Engel zu spüren sein und umgekehrt. Du bist Neutral, du kannst gar
nichts andres sein, auch wenn du ja ganz offensichtlich eine Menge Sympathie
für Zhera übrig hast und denkst, das du eher auf unsere Seite bist. Doch das
ist nicht der Fall, das ist nicht möglich. So wie du einem Dämon die Kraft
nehmen und ihn reinigen kannst, kannst du auch einem Engel, einem Wächter,
einem Menschen dasselbe schenken oder nehmen. Nur dir selbst kannst du nicht
helfen. Wenn du es nur willst, siehst du was in andren vorgeht oder was sie
beschäftigt, nur dich selbst kannst du so nicht sehen, weder durch einen
Spiegel noch durch eine Scheibe. Alles was du tust, tust du so, wie du es selbst
meinst. Ganz gleich ob man dir sagt tu dies oder das, du wirst es nicht tun, es
sei denn, es kommt dem, was du als das richtige zu erkennen glaubst, nahe, und
endet in einem ähnlichen Ergebnis.“ Fügte er dazu, als er sicher war, das er
ihn immer noch nicht verstanden hatte.
Bist du Herr deines Schicksals, oder Sklave deiner Angst?
Da war sie wieder. Die Frage die ihm Zhera bei ihrer ersten Begegnung gestellt
hatte. Er meinte damit nicht das was ihn ab diesem Tag erwartete, er meinte
nicht den Umstand, dass er nun die Welten so sehen konnte wie sie wirklich sind.
Er meinte etwas ganz anderes. Und das was Amnas ihn erzählt hatte, berechtigte
diese Frage noch viel mehr, gestellt zu werden.
„Jetzt hast du verstanden. Dann wähle deine Worte weise und entscheide dich
klug.“
„Woher weißt du das?“
„Ich weiß es eben.“
„Das habe ich nicht gefragt. Wieso hast du es mir gesagt, obwohl du wusstest
das ich nie danach fragen würde?“
„Ganz einfach, Menschen sind einfach viel zu leicht zu durchschauen, seien sie
nun Siegel oder nicht.“
„Ist es das was dich als einen Rang 0 Dämonen auszeichnet? Deine
Vergangenheit als einer von den andren? Ein Mensch der die Kraft kennt mit der
ich mich jetzt rumärgern darf?“ er sah ihn an.
„Sagtet ihr nicht die Siegel können nur auf neutralem Boden existieren? Wieso
wurde der Geist deines´ vom eigentlichen Kern getrennt?“
„Du lernst schnell und das ist gut. Nach jedem Stillstand verschwindet alles,
auch die Siegel suchen sich andere Orte um dort zu ruhen bis sie wieder benötig
werden. Nach jedem Stillstand werden sie geteilt und reaktiviert, solang bis
ihre Kraft erwacht. Das kann Jahrzehnte, Jahrhunderte oder auch Jahrtausende
dauern. Doch einmal gab es einen Fehler, die Siegel wurden nicht getrennt und
ihre Träger wurden nicht mit allen andren in eine andre Zeit geschickt. Sie
blieben beim Tor und wurden von ihm fast zerstört. Sie wurden getrennt. So
blieb ein Kern ohne Geist und ein Geist ohne Kern, erst nach unendlich langer
Zeit, wurden sie erneut zusammengefügt, doch eines dieser Siegel war dann
plötzlich verschwunden. Jedem Träger bleibt seine Kraft, auch wenn die Siegel
lang schon verschwunden sind. Wenn du durch die Strassen gehst, ist es also
besser genau hinzusehen, denn nicht jeder der die Aura eines Siegels ausstrahlt
muss zwangsläufig auch eins besitzen.“
„Und wieso bist du ein Dämon geworden?“
„Ich bin kein richtiger Dämon, auch wenn du glaubst dass dies
unwahrscheinlich ist. Ich bin nur ein Geist gefangen in einem Körper der nicht
verlassen werden kann, es sei denn er zerstört sich selbst.“
„Oder ein Geist der seinen Ursprung noch nicht wieder gefunden hat.“
„Was?“
„Du hast gesagt, dass Kern und Geist einmal getrennt wurden.“
„Das schon aber…“
„Was wenn das Siegel das nun verschwunden ist, der Kern ist zudem dein Geist
gehört? Solang er verschwunden ist, kannst du nicht frei sein, dein Geist hat
sich selbst gebannt, weil es ohne das Gegenstück zwar möglich ist einen Bann
zu legen, jedoch nicht ihn auch wieder aufzuheben.“
„Wagemutige Erklärung aber ein wenig zu einfach…“
„Hast du eine bessere?“
„Nein, doch ich habe dir auch gesagt, das Siegel, ganz gleich wem sie sich
verbundener fühlen, niemals auf nur einer einzigen Seite kämpfen können.“
„Und wenn das auch nur dann der Fall ist wenn beide Teile ein ganzes Ergeben?
Oder Drei Teile ein Ganzes ergeben?“
„Wieso drei?“
„Die Wächter. Wenn die Siegel aktiviert werden müssen, tun sie das nicht von
sich aus, sie brauchen ihren Wächter. Wenn also Kern und Geist zwei Teile sind,
dann ist der Wächter der dritte Teil eines Ganzen.“
Amnas sah ihn irritiert an. Die Ideen waren gut, aber wie wirklich waren sie?
„Das sind ja hübsche Erklärungen, aber niemand weiß was davon auch
verwertet werden kann.“ Erwiderte er.
„Du willst gar nicht mehr zurück?“ vermutete er und sah den Dämon
forschend an. Amnas wich seinem Blick aus, ging zum Fenster und schwieg. Sén
seufzte.
„Gut…ich stell ja schon gar keine Fragen mehr…“ resignierte er und ließ
sich in den Sessel fallen.
„Zuviele Fragen lassen nur zu viel Raum für Vermutungen…die sind aber hier
völlig fehl am Platz.“ Erwiderte der Dämon und war dann auch schon wieder
verschwunden. Sén seufzte. Hatte er was Falsches Gesagt? Doch er entschied
sich, im Moment nicht weiter darüber nach zu denken. Schließlich gab es auch
hier schon genügend Chaos, ohne das er zusätzliches herauf beschwören musste.
Er ging zum Sofa und legte sich darauf. Er war ein bisschen erschöpft und
außerdem schwirrte ihm der Kopf. Vor ein paar Tagen hatte er nur darüber
spekulieren können, ob es mehr gab als man sehen konnte, doch inzwischen
unterhielt er sich mit Dämonen als wäre es das normalste der Welt…und nicht
nur das….

 

Kapitel 13

Widerwillig schüttelte Sén die Gedanken an Zhera wieder ab…war er nicht eigentlich allein an allem schuld? Oder anders, konnte er ihm nicht einfach eine ganz normale Antwort auf seine Fragen geben? Irgendwie sprach er doch die meiste Zeit immernoch in Rätseln oder? Oder war er einfach noch nicht fähig zu begreifen? Seine Gedanken schwirrten und zeitweilig hatte er das Gefühl, das sie ihm ganz entgleiten würden wenn er sich nicht an ihnen festhielt…doch irgendwann war er dann doch kurz eingenickt… Die Bilder die ihn schon seit Tagen folgten, erzählten unbeirrt ihre Geschichten. Er konnte von mal zu mal, mehr Einzelheiten erkennen. Viel hatten sie von ihrem Schrecken jedoch nicht eingebüßt. Es war unvorstellbar zu was Engel und Dämonen in der Lage waren, wenn sie in Gefahr waren, angegriffen wurden, oder sich auf falsche Pfade lenken ließen. Leichtes Donnergrollen ließ ihn schließlich wieder aufschrecken. Sén sah sich um. Er war wohl auf dem Sofa eingeschlafen. Er rieb sich über den Nacken und ein Blick auf die Uhr ließ ihn aufspringen. Er musste arbeiten. Schnell wusch er sich die Müdigkeit mit kühlem Wasser aus dem Gesicht, ordnete seine Garderobe und steuerte schließlich schnellen Fußes auf sein Rad zu. Shichoson hatte sich noch einmal verändert. Nachdem Sén nun einen Eindruck davon hatte, wie es in einem anderen Teil der Welt noch hätte aussehen können, war das was sich ihm hier bot nur noch halb so schlimm. Natürlich war es schwer vorstellbar, dass er sich in einer Wüste…fast schon einer Geisterstadt befand, doch bei Weiten war dieses Bild noch erträglicher als das was ihm der dunkle Nebel hatte zeigen und glauben machen wollen. Was würde ihn wohl im Restaurant erwarten? Auf halben Weg hielt er an. Sén sah sich aufmerksam um. Etwas passte nicht ganz in die Umgebung, etwas störte ihn. Doch außer ein paar einzelnen Fußgängern und ein paar weiteren Radfahren, fiel ihm nichts Ungewöhnliches auf. Der Junge zuckte mit den Schultern und fuhr weiter. Nach wenigen Minuten war er schon im Restaurant angekommen. Erneut empfingen ihm bereits gut gefüllte Tische und ein ausgelastetes Personal. Sén entschuldigte sich bei Bark für seine kleine Verspätung, doch der winkte nur ab und wies ihn an am besten sofort mit der Arbeit zu beginnen. Während der Junge seinen Job nachkam, fiel ihm siedend heiß ein, das Zhera ihn eigentlich gebeten hatte im Haus zu bleiben. Nun gut, sicher war es egal welches Haus er damit meinte…hoffte er wenigstens. Der Abend wurde lang, es wurde sehr spät und als Sén gerade dabei war, den letzen Gast abzukassieren, überfiel ihn erneut das Gefühl, beobachtet zu werden. Er schüttelte in Gedanken den Kopf, bevor er den letzen Rechnungsbetrag entgegen nahm und gerade hinter der Kasse verschwinden wollte. „Einen Moment bitte.“ Es war eine junge Frau, die schon die ganze Zeit über im Restaurant allein gesessen hatte. Sén war sie weniger aufgefallen durch die Tatsache das sie allein saß, sondern durch die Tatsache, dass sie eigentlich kaum etwas bestellte, nur Getränke und die Zeit damit zubrachte sich forschend im Lokal um zu sehen. Wie alt mochte sie sein? Vielleicht in seinem Alter? „Ja bitte? Was kann ich für sie tun?“ fragte er höflich. Eine Spur von Erleichterung zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. „Ich habe dich gefunden.“ Erwiderte sie und lächelte. Der Junge sah sie irritiert an. „Was meinen sie?“ fragte er. „Hast du noch ein wenig Zeit?“ „Sicher…ich werde nur noch schnell den Tagesabschluss vornehmen, dann habe ich Zeit.“ erwiderte er. Sie nickte und Sén ging mit gemischten Gefühlen zur Kasse und schloss den Tag ab. Bark stand inzwischen Stirnrunzelnd in der Tür. „Kennst du sie?“ „Nein. Ich weiß nicht wer das ist.“ Erwiderte der jüngere wahrheitsgemäß.“ „Hm…sie ist schon die ganze Zeit hier und hat dich beobachtet. Vielleicht eine heimliche Verehrerin.“ Erwiderte der grinsend. „Bark…ich bitte sie.“ Erwiderte Sén ein wenig verlegen und reichte ihm den Abschluss der Kasse. „Schon gut. Dann wünsch ich dir mal einen schönen Feierabend.“ „Danke.“ Erwiderte der Junge und nahm seine Jacke. Als er beim Tisch angekommen war, folgte ihm die junge Frau sofort. Sie wirkte ein wenig gehetzt, aber das konnte auch täuschen. Sén war sich sicher, dass sie nicht aus der Gegend stammen konnte, so groß war Shichoson nicht und ihr Gesicht war ihm unbekannt. Wahrscheinlich irritierte sie nur das Wetter, aber viel wichtiger war, was sie ausgerechnet von ihm wollte. Sie war keine von Zhera´s Dämonen, sie hatte auch verhältnismäßig wenig alte Wunden aus einer anderen Zeit, der Verdacht lag nahe, das sie ihn entweder verwechselte oder einer von den anderen Wächter war. „Wir können.“ Erwiderte er und ließ sie vorgehen. Er sah sich noch einmal im Restaurant um, oder besser in dem Raum, der viele Schäden hatte und Ruß geschwärzt war. Auch hier war der Krieg nicht spurlos vorüber gegangen und Bark...eine solch arme Kreatur, wie er sie erst gestern auf den Straßen von Shichoson gesehen hatte. Glücklicherweise hatte er genug zu tun gehabt und keine Zeit sich mit der Welt hinter der Illusion, in der er nun schon seit einiger Zeit zu arbeiten geglaubt hatte, auseinander zu setzen. „Danke dass du dir Zeit genommen hast. Mein Name ist Elnora.“ Stellte sie sich flüchtig vor, sah sich um und reichte ihm die Hand. „Sén.“ Erwiderte er und ergriff sie. „Ich wurde bereits darauf aufmerksam gemacht, das von jetzt an einige auf mich zukommen würden.“ Erwiderte er. Elnora nickte. „Das ist richtig, es werden noch viele Folgen.“ Sagte sie. „Aber…bevor ich dir sage was du wissen solltest, muss ich wissen ob ich mich auch nicht geirrt habe.“ Erwiderte sie und blieb stehen. Der Junge sah sie irritiert an, doch dann verstand er. Natürlich, vermutlich gehörte sie zu der Kategorie Wächter, und die wussten ja noch immer alles aus ihren verschiedenen Leben. „Du bist kein Siegel, jedoch wachst du über das Wasser. Dein richtiger Name lautet Majim. Dein Siegel befindet sich in einer kleinen Stadt nicht weit von hier, es handelt sich um deine Schwester.“ Sagte er. Elnora sah ihn verblüfft an, doch dann lächelte sie leicht. „Das ist richtig. Ich habe gespürt dass eines der Siegel erwacht ist. Es war überraschend, doch die Umstände, haben fast schon keine andere Möglichkeit mehr zugelassen.“ „Das Tor sendet seine Wellen, es versucht seine Schlüssel zu finden.“ „Ja das ist richtig. Und ich bin hier um dich zu warnen.“ „Um mich zu warnen?“ Sén sah sie irritiert an. Inzwischen hatte es leicht angefangen zu regnen. Elnora jedoch schien das nicht zu interessieren, sie lief neben ihn und wechselte ein paar besorgte Blicke mit ihm. „Ja, hör mir nur zu.“ Sagte sie. „Die Ausläufer des letzen Stillstandes sind weitreichender als wir angenommen hatten. Wir brauchen Hilfe und Unterstützung. Es gibt einige Hinweise darauf, dass sich einige Engel in der Welt der Menschen aufhalten um ebenfalls nach den Siegeln zu suchen. Das ich dich gefunden habe ist nur Zufall, mein Spiegel hat es mir gezeigt. Du scheinst in einen Kampf verwickelt gewesen zu sein. Ist dem so?“ „Ja, das ist richtig.“ Elnora nickte. „Du solltest vorsichtig sein. Jedesmal wenn du das Siegel aktivierst, schickst du Wellen aus, diese erreichen zum einen die anderen Siegel…oder uns Wächter, oder Menschen und Lebewesen die nicht nur gute Absichten haben. Das Siegel des Wassers schläft noch, doch es ist nur noch eine Frage der Zeit bis es erwachen wird.“ Erzählte sie weiter. „Von welcher Hilfe hast du gesprochen?“ „Das Tor darf kein weiteres Mal geöffnet werden.“ Erwiderte sie. „Es würde in einer Katastrophe enden. Wie dir deine Schwester sicher schon sagte, ist es diesmal deine Aufgabe, das fehlende Siegel zu finden und es zurück zu holen, nur so können wir eine totale Auslöschung verhindern.“ Erwiderte sie. Sén nickte. „Ja, das hat sie gesagt, aber wo soll ich mit der Suche beginnen? Bisher habe ich noch keine weiterführenden Hinweise gefunden.“ „Du solltest Zheranoth, den Fürst der Dämonen um Hilfe bitten. In seiner Welt gibt es einen Zugang zum Tor in die Welt der Engel. Die Engel kannst du nicht finden, die die wissen wo das Tor in ihrer Welt ist, kommen nicht in die neutrale Zone, sie senden nur Boten um die Siegel zu suchen.“ „Ich weiß, das Tor befindet sich in der Welt der Dämonen. Aber ich kann noch nicht zu ihm gehen.“ Elnora sah ihn irritiert an. „Der Fürst der Dämonen hat mich bereits gefunden und mir einige wesentliche Dinge erzählt. Er hat sich bisher allerdings auch geweigert mir Zugang zu seiner Welt zu verschaffen.“ Erklärte Sén, dem das fragende Gesicht seines Gegenübers nicht entgangen war. „Ich verstehe, das ist gut. Ich habe schon befürchtet, dass meine Bitte, Zheranoth zu finden argwöhnisch betrachtet würde. Sicher wurde bereits gesagt, dass man Dämonen niemals über den Weg trauen, oder sogar mit ihnen arbeiten sollte. Lange Zeit war dem auch so, doch ich habe Zheranoth seit einiger Zeit immer wieder beobachtet, er ist auf den richtigen Weg, auch er möchte verhindern das das Tor erneut geöffnet würde.“ Sagte sie erleichtert. „Ist dein Zuspruch uns gewiss? Sicher werden wir womöglich auch die Hilfe der Wächter brauchen wenn die Zeit gekommen ist, das Tor zu durchschreiten.“ Fragte der Junge sie. Er wusste nicht einmal wieso er sie fragte, doch soweit er das begriffen hatte, fand er in ihr eine weitere Befürworterin für Zhera´s Vorhaben. „Natürlich, doch eines noch, wenn die verbliebenen 5 Siegel aufeinander Treffen und erwachen, ist es zu spät. Wir haben nicht mehr viel Zeit für…“ den Rest des Satzes verschlag ein ohrenbetäubender Donnerschlag. Elnora schrak zusammen und Sén gelang es gerade noch sie zu sich zu ziehen, bevor ein Blitz auf sie niederfuhr und sie beinahe erwischt hätte. Erneut tauchte Sén seine Umgebung in ein seichtes Licht, dann erlosch es und ein Schatten über ihnen nahm Form und Gestalt an. „Bist du in Ordnung?“ fragte Sén das Mädchen das noch ein wenig perplex zu ihm aufsah und schließlich registriert hatte, dass sie soeben angegriffen wurden. „Ja…ich denke schon.“ Erneut erklang ein lautes Grollen und neben einigen Blitzen fuhr nun auch eine Kette auf sie herab, eine Kette mit Dornen. Doch sie zerbarst. Dann erschien ein weiterer Schatten über ihnen und ein Kampf entfachte. Sén griff Elnora an der Hand und zog sie in die Deckung eines Hauses. „Hör mir zu, auch das solltest du vielleicht wissen.“ Sagte er, als er sich ihrer Aufmerksamkeit wieder gewiss sein konnte. „Wenn das Siegel des Wassers erwacht ist, kann es sein, das seine Eigenschaften sich verändert haben. Der Letzte Stillstand, hat nicht nur tiefe Wunden gerissen und viel Zerstörung gebracht, er hat auch die Siegel verändert.“ Erklärte er und sah nach oben. Gerade in diesem Moment wurde der Dämon, der zu seiner Rettung gekommen war, in seine Einzelteile zerschnitten und ein weiterer der ihm helfen wollte erlitt ein ähnliches Schicksal. Als er auch die nachkommenden eliminiert hatte, wanderte sein Blick wieder zu dem Jungen. „So…du bist also die Ursache für diesen ganzen Tumult…“ erwiderte er und ließ sich auf die Erde sinken. Er blieb gerade einen Meter vor ihm stehen und musterte ihn. „Das ist ein Rang 4 Dämon.“ Wisperte Elnora Sén zu. Dieser nickte und richtete sich auf. „Und du bist?“ fragte er. „Jar…aber ich weiß nicht was dich das zu interessieren hat.“ „Was willst du von mir?“ fragte Sén. „Du bist im Weg und musst verschwinden.“ Der Junge seufzte, das war nichts Neues, und wieder einmal hatte das Gift eine Marionette gefunden. Jar griff erneut an, doch er reichte nicht einmal ganz an Sén heran. „So ist das also. Du hast einen Wächter hinter dir versteckt.“ Griente er und visierte Elnora an. Die hatte sich inzwischen von ihrer Überraschung erholt und stand bereit im Ernstfall zu kämpfen. „Sén lass mich das erledigen. Du kannst ihn nicht besiegen.“ „Nein, aber ich kann ihn reinigen.“ Erwiderte er und versuchte das Siegel zu nutzen, doch es gelang nicht. „Nicht wenn er es nicht möchte.“ Erwiderte das Mädchen und als sich der Junge umwandte erschien sie in ihrer Urgestalt vor ihm. Diesmal erlosch das Bild nicht und keine Sekunde später prasselte eine Vielzahl von Wasserpfeilen auf Jar nieder. Die ersten trafen, doch danach entstieg nur ein grausliches Lachen seiner Kehle bevor er seine Kraft einfach steigerte und den Angriff ohne Mühe abwehrt. „Netter Versuch…aber es braucht schon ein wenig mehr, als einen Wächter ohne sein rechtmäßiges Siegel.“ Erwiderte er. „Aber wie ihr wollt, ich werde euch mit Vergnügen auch beide verschwinden lassen.“ Kaum das er das gesagt hatte, erfolgte ein erneuter Angriff. Elnora und Sén wichen aus so gut es ging. Wenn es Jar doch gelang in den Bereich des Schildes, das das Siegel Séns um sie errichtet hatte, prallte er zwar zurück, aber mit jedem Aufprall wurde seine Kraft immernoch stärker. „Er ist nicht er selbst, er wird von etwas kontrolliert.“ Erwiderte der Junge. „Jar muss verletzt werden um gegen ihn anzukommen, aber er steigert seine Kraft mit jedem Schlag weiter.“ Gerade als die Kette sich um Elnora´s Handgelenkt geschlungen hatte, ertönte ein metallischer Schlag und sie zerbarst. Als der Junge aufblickte erkannte er Menora. „Ich dachte schon ich hätte einen ruhigen Abend.“ Erwiderte sie und grinste. Sén lächelte. „Und ich dachte schon er hat alle aus dem Weg geräumt.“ Menora beförderte Jar ein gutes Stück davon. Sie war nicht ganz so stark wie er, doch der Junge hoffte, dass es genügen würde. „Nein noch nicht…aber fast.“ Erwiderte sie bedauernd. „Ich weiß nicht ob ich dir helfen kann, aber sicher wird Zhera nicht zulassen das es soweit kommt und dir was geschieht.“ Meinte sie. „Sei vorsichtig…“ sagte Sén. Er wollte nicht dass sie verschwand wie die anderen Dämonen vor ihr, sicher konnte er ihre Hilfe noch gebrauchen, gerade im Bezug auf die Welt der Engel und die Sippen dort. Mit anderen Worten, wahrscheinlich war sie die einzige die ihm sagen konnte was er auf der anderen Seite des Tores vorfinden würde und wohin er gehen musste wenn er die 3 Erzengel sprechen wollte. Plötzlich erhellte das Siegel den Bereich weiter. Jar wurde abgelenkt, Menora gelang es ihm Arme und Beine abzutrennen während sie selbst durch Séns Siegel mit geschützt wurde. Elnora begriff zunächst nicht was sie sah, doch wahrscheinlich gehörte die Tatsache, dass Sén einen Dämon half zu dessen Aussage, dass sich die Siegel verändert hatten. Offensichtlich konnte man sie als Träger geringfügig aber gezielt in einem Kampf einsetzen. Obwohl Jar, inzwischen nur noch ein Rupf mit Kopf, lange hätte verschwunden sein müssen, mobilisierte sich noch einmal eine enorme Kraft die nun auf sie zuhielt. Der Aufprall riss Sén von den Beinen und Menora sackte getroffen auf die Erde. „Sén!“ Elnora rappelte sich auf und lief auf ihn zu. „Nein! Bleib wo du bist.“ Erschrocken fuhr das Mädchen herum. „Zheranoth.“ Entfuhr es ihr. Er musterte sie mit kühlem Blick, wandte sich dann jedoch dem Geschehen vor ihm zu. Sén war gerade in Begriff sich wieder aufzurichten, als Jar erneut auf ihn zuhielt und ein Stück weit in die Erde drückte ohne ihn tatsächlich zu berühren. Sén sah ihn an, er wurde blass. Dann war alles vorbei, ein einzelner Streich genügte und der Dämon löste sich auf. Jar sah sich um, ließ einen Gegenstand fallen und verschwand mit gebeugtem Haupt. Elnora lief auf Sén zu und half ihn wieder auf die Beine. „Bist du in Ordnung?“ „Ja…ich glaube schon…“ er stand auf und ging zu Menora. Die hatte sich inzwischen auf die Knie nach oben gearbeitet und sah ihn an. Sén nickte leicht. „Zhera…ich muss mit dir reden.“ Erwiderte der Junge ohne sich umzuwenden, das war nicht nötig, er hatte es allein an der Haltung Jars erkannt, dass sie nicht mehr allein waren. Außerdem spürte er die Anwesenheit des Dämonenfürsten. „Wieso hast du nicht schon vorher etwas unternommen?“ fuhr Elnora Zhera schließlich an. Der sah sie an und musterte sie. „Ich habe meine Gründe.“ War seine Antwort. Elnora erwiderte nichts darauf, sie wirkte noch ein wenig erschrocken, doch keineswegs unentschlossen im Ernstfall selbst Zhera anzugreifen. Nachdem sich Sén sicher war, das Menora sich wieder soweit erholen würde, wandte er sich schließlich doch um. „Die meisten Dämonen sind vernichtet.“ Ließ er den ohne Umschweife wissen. „Ich sehe sie zumindest nicht mehr, nur noch wenige.“ Der Dämon nickte. „Was hast du gesehen?“ „Dasselbe Bild nur um einiges deutlicher mit einer noch viel größeren Gefahr.“ Erwiderte er. „Majim…“ wandte sich Zhera an das Mädchen, das ein wenig perplex zu wirken schien. „Geh zurück…dein Siegel wird bald erwachen.“ „Ich weiß…ich spüre es.“ Erwiderte sie. „Tut mir Leid das du da mit reingezogen wurdest.“ Es war Sén der neben ihr zum stehen gekommen war. „Ist schon gut…immerhin leben wir ja noch.“ Erwiderte diese etwas verbittert. „Doch du solltest wachsam sein…das war nicht der letzte Angriff…“ „Ich weiß…“ „Ich teile ihre Meinung…du solltest im Haus bleiben…“ entgegnete Zhera, was Elnora erneut ein Stirnrunzeln abgewann. „Ich musste arbeiten.“ „Ich sagte, du wirst dein gewohntes Leben solang weiter führen wie es noch möglich ist…aber das ist nun vorbei. Egal wo du hingehst und egal wo du dich aufhältst. Tugar hat eine ganze Horde nichtsnutziger Dämonen ausgesandt um dich zu jeder sich bietenden Gelegenheit anzugreifen. Dein gewohntes Leben ist vorbei, ab jetzt stehst du ständig unter Schutz.“ Erwiderte der Dämon. „Wie soll ich denn dann die anderen Siegel finden wenn du mich einsperren willst?“ fragte Sén den diese Aussage ganz gewaltig gegen den Strich ging. „Ich habe nichts von einsperren gesagt. Du wirst ab sofort entweder in meiner Begleitung oder in Amnas Begleitung unterwegs sein.“ Erwiderte Zhera. „Und was ist mit den anderen? Was ist mit Menora? Vielleicht kann ich ihr Wissen nutzen.“ „Sie wird dir weiter zur Verfügung stehen wenn du darauf bestehst, aber ab sofort wirst du keinen Schritt mehr ohne mein Wissen tun.“ Die Stimme des Dämons hatte einen Unterton angenommen, der jeden Widerspruch im Keim erstickte. „Was ist nach dem letzten Stillstand geschehen Zheranoth? Seit wann setzen sich die Siegel für UND gegen Dämonen ein?“ schaltete sich Elnora nun doch wieder ein. Von dem etwas zurückhaltend wirkenden Mädchen war nichts mehr zu sehen. Dieselbe Wandlung hatte Sén auch bei Mika bemerkt, seit er ihre wahre Gestalt zu Gesicht bekommen hatte. Der angesprochene wandte sich zu ihr um. „Das kann ich dir auch nicht sagen Wächterin, das ist der zweite Vorfall dieser Art. Wie Sén bereits sagte, wahrscheinlich haben sich mit dem letzen Stillstand auch die Siegel verändert. Eine andere Möglichkeit fällt mir nicht ein, ich habe auch keine Anomalitäten registriert oder bestätigt bekommen.“ „Wenn das stimmt, dann ist sehr großer Schaden entstanden und die Siegel könnten eine Gefahr werden, für ihre Träger und für das Tor.“ „Das ist so nicht richtig, die Siegel können nur dann zur Gefahr werden, wenn man als Träger nicht in der Lage ist sie zu beherrschen und sich stattdessen von ihnen beherrschen lässt.“ Widersprach Zhera ihr. Elnora musterte ihn argwöhnisch. Ihr war nicht entgangen wie Sén ihn ansah oder umgedreht, doch vermutlich lag das einfach nur daran, dass es auch in der neutralen Zonen Menschen gab, die mit der Meinung eines Engels oder eines Dämons übereinstimmten, einfach, weil ihre Wesen ähnlich waren. Selbst wenn man noch nicht in Erfahrung bringen konnte, wie so etwas möglich war. Elnora wandte sich an Sén. „Hör mir zu, achte auf deine Umgebung und lass dich nicht beirren. Man sollte immer ein gewisses Maß an Vorsicht walten lassen. Ich traue Zheranoth zwar nicht, aber ich sehe im Moment keine negativen Absichten die er verfolgt. Daher denke ich, bist du in seiner Obhut recht gut aufgehoben. Ich muss mich auf den Rückweg machen. Die Veränderung der Siegel hat uns Wächter vor eine weitere Aufgabe gestellt.“ „Gut…dann sei vorsichtig und achte darauf, dass dich niemand hinters Licht führt.“ Erwiderte Sén. „Amnas?“ Zhera sah nach oben. „Jawohl…“ „Bring Majim zurück, es ist zu gefährlich sie jetzt allein irgendwohin gehen zu lassen. Das Siegel braucht schnellsten seinen Wächter wieder.“ „Jawohl.“ Dann waren sie auch schon verschwunden. Zhera kam auf Sén zu und öffnete ein Portal hinter ihm. „Es wird Zeit das du Nach Hause kommst. Menora!“ Sofort war sie da, sie wirkte ziemlich angeschlagen. „Bring ihn nach Hause, ich komme sofort nach.“ „Jawohl.“ Erwiderte sie und kurz darauf waren auch sie verschwunden. Erneut bestaunte Sén das Gebilde das die Welten verband und Reisen innerhalb der Zonen ermöglichte. „Das war ganz schön knapp.“ Meinte sie als sie im Haus angekommen waren. „Wieso hast du mir geholfen? Ich bin doch nur ein Dämon.“ „Weil ich denke, das ich deine Hilfe sicher noch einmal brauchen werde.“ Erwiderte er. „Du wirkst ein wenig blass.“ „Das liegt daran, dass ich gesehen habe was in deiner Welt vor sich geht, oder auf was zumindest hingearbeitet wird.“ Erwiderte Sén und ließ sich auf das Sofa sinken. „Du hast das Siegel benutzt.“ „Ja…und es hat funktioniert.“ „Du bist ein komischer Typ…aber trotzdem…Danke für deine Hilfe.“ Erwiderte sie bevor sie verschwand. Nur einen Moment später erschien Zhera im Zimmer. Sén seufzte innerlich. Dann flog ein Gegenstand auf ihn zu, den er auffing. Sofort prasselten ein paar Bilder auf ihn nieder und er der Junge ließ ihn los. „Was ist das?“ fragte er an Zed gewandt. „Das was Jar fallen ließ bevor er verschwand. Du wolltest mit mir reden?“ „Ja…das Nichts hat an Masse gewonnen…es wächst. Ich konnte den Ursprung dieses Wachstums nicht erkennen, aber so wie es aussieht, hat jemand einen Zugang zu dieser existenzlosen Masse geschaffen.“ Zhera setzte sich zu ihm. „Wie meinst du das?“ „Es muss irgendeinem Dämon im Reich gelungen sein, einen Zugang zu schaffen, oder eine Möglichkeit das Nichts zu…nutzen. Es ist nicht so dass man das tatsächlich beherrschen könnte, aber es hart aus und übt sich in Geduld, bis es genügend Nährboden gesammelt hat und mit einem Ausfall zuschlagen kann. Das Amulett ist eine Art…Schlüssel glaube ich…jedenfalls stammt es aus der Region in der eigentlich nichts mehr ist.“ Versuchte Sén zu erklären. Zhera war nachdenklich geworden und sah ihn an. „Wenn das so ist, gibt es sicher auch noch mehr dieser Amulette. Hast du sehen können, wer sie besitzt?“ „Nein…habe ich nicht…aber ich habe gesehen, dass man sie vernichten kann, solang sie…unausgereift sind.“ „Wie?“ Sén nahm das Amulett in die Hand und zerbrach es einfach. Eine kleine Wolke dunklen Nebels löste sich auf und verschwand. Das Amulett zerfiel und verschwand ebenfalls. „Das ist nicht eben erfreulich.“ Meinte der Dämon schließlich. Kaum das er seine Aussage beendet hatte, erschien auch Amnas im Zimmer. Er wirkte ein wenig verstimmt, aber das musste bei ihm nicht sonderlich viel heißen. „Amnas…wir sollten uns auf die Suche nach Amuletten machen…“ er ließ ein Bild erscheinen das das Amulett zeigte, welches Sén eben zerbrochen hat. „Hol dir ein wenig Hilfe, ich möchte dass sie aus meinem Reich verschwinden und vernichtet werden.“ Erwiderte Zhera. „Und wie vernichtet man sie?“ „Man zerbricht sie einfach, das geht aber nur solang sie nicht voll ausgereift sind.“ Sén sah ihn an und sprach weiter. „Es ist sehr wahrscheinlich das Tugar und seine Anhängsel welche besitzen könnten.“ Hängte er noch an. „Gut ich werde sehen was wir tun können.“ Dann verbeugte er sich leicht und war verschwunden. Nach einer Weile setzte sich Sén richtig auf. „Ich habe mit Amnas gesprochen…er hat mir erzählt was ihn zu einem Rang 0 Dämon macht.“ Erwiderte der Junge und sah den Dämonenfürsten an. Der runzelte leicht die Stirn und wirkte in der Tat ein wenig überrascht. „So…das ist recht ungewöhnlich.“ „Aber ich habe natürlich nicht alle Hintergründe in Erfahrung bringen können…das war auch gar nicht nötig. Ich glaube ich habe eine Anhalt wie man das letzte Siegel möglicherweise finden könnte.“ „Und der Wäre?“ „Amnas ist kein richtiger Dämon, er ist im Grunde durch einen Fehler in der Welt verblieben und auf deine Seite gekommen.“ Setzte Sén an, nicht sicher wie er ihm seine Theorie glaubhaft vermitteln könnte. „Ein Fehler? Du spricht von dem Zwischenfall, als die Siegel nicht wie vorgesehen getrennt wurden?“ „Ja. Seither fehlt schließlich auch das letzte Siegel. Ich könnte mir vorstellen, dass, wenn Kern und Geist getrennt werden, eines ohne dem anderen nicht in dem Maße wirken kann wie es sollte. Wenn Amnas also der Kern oder der Geist dieses letzten Siegels ist, dann müssen wir nur versuchen den anderen Teil zu finden.“ Zhera hatte ihm zugehört und schien über diese Möglichkeit nachzudenken. „Soweit so gut, aber ist das nicht ein bisschen zu einfach?“ „Ja…wahrscheinlich schon, deswegen habe ich vermutet, dass es nicht nur 2 Teile sind sondern 3.“ „3 Teile? Du meinst ein Kern, ein Geist und der Wächter?“ „Ja.“ „Hm das könnte eine Möglichkeit sein, aber selbst wenn du damit Recht haben solltest, wie willst du einen Wächter finden, wenn es das Siegel nicht mehr vollständig gibt?“ „Wie meinst du das?“ „Ich versuche es dir zu erklären. Wir haben ein Tor, zu diesem haben wir normalerweise 7 Schlüssel, aber nur 6 können gefunden werden, da das letzte Siegel seit Ewigkeiten verschwunden ist. Niemand bestreitet, dass es erneut auftauchen wird, aber es wird schon sehr schwierig einen Anfangspunkt für die Suche zu finden. Erinnerst du dich noch an die Passage in dem Ringe erwähnt wurden?“ Sén dachte einen Moment nach. Er hatte Mühe Zhera zu folgen, er war müde und scheinbar kostete es Energie wenn man das Siegel bewusst einzusetzen versuchte, doch schließlich nickte er leicht. „Ja…ich glaube ich weiß was du meinst.“ „Die Ringe in dieser Niederschrift, symbolisieren einen Kreislauf. Ein Ring ist rund, es gibt keinen Anfang und es gibt kein Ende. Also entweder ist dieser Kreislauf ungebrochen, oder eben nicht mehr intakt. Und wir haben hier das Problem, das wir nur einen geteilten Ring haben…es wird uns nicht gelingen ihn wieder korrekt zusammen zu setzen, denn uns fehlt ein entscheidendes Stück davon.“ Erkläre Zhera. „Der Wächter…da das Siegel nicht wie vorgesehen mit den anderen in eine andere Zeit versetzt wurde, haben wir zwar den Geist des Siegels um uns, aber es fehlt der Kern. Diesen könnte man zwar finden, aber dann fehlt der Wächter…wir haben also 6 Siegel und das 7. Ohne Wächter und ohne Wächter gibt es keine Reanimation…“ murmelte Sén. „Ja…genau das ist das Problem. Möglicherweise genügen 6 Wächter um auch das 7. Siegel zu reanimieren, wenn Kern und Geist zusammengeführt wurden, aber es gibt keine Gewährleistung, das es auch tatsächlich gelingt, außerdem stehen wir dann vor dem nächsten Problem.“ Erinnerte der Dämon den Jungen. „Die verbliebenen 6 Siegel dürfen sich nicht gegenüberstehen, oder?“ „Genau, sie dürfen sich nicht gegenüberstehen bevor wir nicht wissen wo das letzte ist, auch wenn es nur ein Teil ist.“ Der jüngere seufzte und musterte Zhera weiterhin. „Dann haben wir schon 3 Probleme…“ „…und immernoch nur Zeit eins davon zu lösen.“ Beendete der andere den Satz. „Angenommen, Amnas könnte uns mit seinem Wissen, das er zweifelsohne noch hat, helfen indem er sich vielleicht daran erinnert wer zu seiner Zeit sein Wächter war…könnte uns das nicht helfen?“ Zhera sah ihn erneut an. „Das kann er nicht, wie auch das Siegel ist nur ein Teil seiner Erinnerungen noch abrufbar, außerdem wissen wir nicht sicher ob Amnas tatsächlich jemals ein Siegel getragen hat.“ „Ich glaube du verstehst mich nicht. Amnas ist kein Dämon, Amnas ist auch kein Engel und noch weniger ist er ein Mensch, er ist vielmehr nur noch eine Hülle ohne Kern. Was ich damit sagen möchte ist, Amnas war ein Siegelträger, sein Geist wurde durch den Fehler in dieser Hülle in der er sich jetzt zeigt gebannt, aber er kann sich nicht befreien, denn ein Siegel kann zwar sich selbst bannen, aber ohne seinen Kern kann es sich nicht mehr befreien.“ „Das klingt sehr abenteuerlich, das würde heißen, das 7. Siegel war nie wirklich verschwunden, sondern nur unvollständig.“ „Ja…und möglicherweise ist das ein Grund wieso Amnas mit dir zusammen die Stillstände der Vergangenheit überleben konnte. Immerhin gehört er in keine der zukünftigen Zeiten, nach diesem Fehler und damit sollte er für jegliche Zeitdifferenzierungen unantastbar sein.“ „Gut, angenommen du könntest damit Recht haben, wie wollen wir herausfinden ob es so ist wie du glaubst? Hat Amnas dir das gesagt?“ „Nein…er hat es als eine Möglichkeit in Betracht gezogen, aber ich glaube, wirklich überzeugt von dieser Theorie ist er nicht.“ „Bist du es denn?“ Der dunkelhaarige musterte seinen Gegenüber ausgiebig. Es war selten dass ein Siegelträger soweit in der Lage war das Geschehene zu erfassen und zu deuten. Sén schien wirklich außergewöhnlicher zu sein als alle Siegelträger vor ihm. Vielleicht war er aber auch einfach nur die Urform des Siegels als sie geschaffen wurden? Doch Zhera sprach seinen Verdacht nicht aus, er würde näheres zu den Ursprung der Siegel herausfinden müssen um diese fixe Idee zu analysieren und zu festigen, sofern es etwas zu analysieren und festigen gab. „Im Moment ist es die einzige mögliche Erklärung die mir einfällt, möglicherweise liege ich auch weit daneben. Aber das werden wir vielleicht nicht mehr erfahren.“ „Es ist so wie du vermutest.“ Sén und Zhera fuhren herum. „Menora?“ „Ja.“ „Wieso glaubst du dass es so ist?“ „Entschuldigt mein Fürst…aber ich habe etwas noch nicht erwähnt…jedoch wäre nun ein geeigneter Zeitpunkt dafür.“ „Dann nur zu.“ Erwiderte Zhera. „Im Reich der Engel gibt es ein Werk der Schöpfung. Es handelt sich um ein Buch, das seit Anbeginn der Zeit mit Seiten gefüllt wird. In ihm findet man auch den Ursprung der 7 Siegel. Das Tor…das gab es schon immer, doch es war eine Gefahr. Lange bevor es 3 Welten gab. Da es über eine eigene Energie verfügt, oder sagen wir so, da es selbst eine Art Ursprung aller ist, mehrte sich natürlich auch diese Energie im Laufe der Zeit und je mehr sich der Krieg zwischen dem Reich der Dämonen und dem Reich der Engel entwickelte, desto größer und gefährlicher wurde diese Energie. Der erste Fürst der Dämonen und der erste Erzengel dieser Welten erkannten die Gefahr und entschieden dass man das Tor versiegeln müsse. So schmiedete man mit den Elementen die 7 Siegel. Als sie fertig waren wurden sie auf das Tor eingestellt. So kam es das man sich überlegte, wo und wie man diese 7 Siegel, die gleichzeitig Schlüssel waren, am besten verwahren sollte. Während man darüber noch spekulierte, schmiedete ein andere die Maske der Zerstörung.“ „Maske der Zerstörung?“ Sén sah sie zweifelnd an. „So nannte man die gesamte Maske. Zhera trägt die eine Hälfte, einer der Erzengel bewahrt die andere Hälfte. Mit dieser ist es den Erzengeln überhaupt erst möglich die Illusionen in ihrer Welt aufrecht zu erhalten. Sie ist sehr mächtig und in den falschen Händen eine totbringende und zerstörende Maske. Als sie zerbrach, war bereits das halbe Sonnensystem vernichtet. Und seitdem gibt es auch die neutrale Zone…die Welt der Menschen.“ Erläuterte Menora seine Frage. „Also mit anderen Worten, als das alles hier noch jung war, gab es gar keinen Krieg?“ „Richtig, es gab keinen Krieg, es gab auch keine Engel oder Dämonen, aber mit der Zeit prägten verschiedenen Eigenschaften die Charaktere der Wesen die damals existierten. Mit ihnen spalteten sich schließlich Engel und Dämonen ab. Es entstanden 2 Welten.“ „Und dieses Buch befindet sich noch im Reich der Engel?“ „Ja, es befindet sich noch dort. In ihm findet man auch die Namen aller Siegelträger die je gelebt haben und deren Wächter. Man entschied zum Schutze aller, die Siegel über die beiden Welten zu verteilen um sie nur dann zu suchen wenn es wirklich notwendig war um sie so vor Diebstahl oder aus falschen Motiven zu nutzen und zu bewahren. So wurde der Kreislauf der Siegel über die Jahrmillionen geprägt und gefestigt.“ „Wieso erster Fürst der Dämonen?“ „Die Welten wurden schon einmal fast vollständig vernichtet, es hat viele Jahre gedauert bis sie aus der Asche neu erschaffen waren und mit ihnen gab es dann eben einen anderen Fürst der Dämonen und 3 anstelle von 1 Erzengel.“ „Und Zhera ist also der Fürst der anderen Zeit?“ mutmaßte Sén. „Ja…die Maske ist ein Mahnmal das jeden daran erinnert was einmal war und wie weit die falschen Motive gehen können.“ „Also ist es genauso gut möglich, dass die Siegel in allen 3 Welten verteilt sind?“ „Nein, nicht mehr, seit es die neutrale Zone gibt, befinden sich die Siegel in ihr, dort können sie den wenigsten Schaden anrichten denn auf neutralem Boden kann man sie nicht aktivieren. Was allerdings hinfällig zu sein scheint, nachdem du deines Einsetzen kannst.“ Erwiderte Menora. „Gibt es so ein Buch auch in der Welt der Dämonen?“ erkundigte sich Sén, der ihr bisher aufmerksam gefolgt war. „Nein, dieses Buch existiert nur in einer Illusion, denn es selbst ist im Grunde die größte Illusion überhaupt.“ „Wie soll man es dann finden?“ „Man kann es nicht finden, das Buch ist nicht greifbar, es sucht sich die Empfänger seiner Botschaften selbst.“ Erklärte Menora. „Das ist alles ziemlich viel auf einmal und noch dazu nicht ganz so leicht zu verstehen.“ Erwiderte Sén mit leicht resignierendem Unterton in der Stimme. „Danke Menora, das war sehr aufschlussreich. Ruh dich noch ein wenig aus. Ich erlaube dir dich zu äußern und dich in der Nähe des Jungen aufzuhalten.“ „Danke mein Fürst. Ich werde euch im Laufe der Zeit erzählen was ich weiß, wenn ich glaube das es von Nutzen sein könnte.“ „Das ist gut. Geh nun.“ „Jawohl.“ Damit war sie verschwunden.

Kapitel 14

Zhera und Sén waren allein. Der Junge musterte ihn eingehend. „Du wirkst nachdenklich…“ stellte er ohne Umschweife fest. „Was denkst du über das was sie erzählt hat?“fragte er an den Dämon gewandt. „Ich bin unschlüssig. Ich habe ähnliches zwar schon gehört, aber ich bin mir auch nicht sicher ob sie vor ihrer Zeit als Dämon, einen Rang inne hatte, der sie befugt hat sich dieses Wissen anzueignen. Ich denke nicht das sie es den ihren so sagen würden, das wäre gegen die Logik dieser Besserwisser.“ Antwortete Zhera. „Und wenn sie selbst einer dieser Besserwisser war? Oder wenigstens in ähnlicher Stellung? Besteht die Möglichkeit, das Engel durch ein Erlebnis, negativer Art, die Illusionen nicht mehr annehmen wollen oder können?“ „Was meinst du damit?“ „Menora sagte, dass das gesamte Reich der Engel nur aus einer einzigen großen Illusion besteht. Aber die scheint so perfekt zu sein, dass man nicht befürchten muss man könnte dahinter kommen. Was also wenn sie durch irgendeinen Zwischenfall ausgeschlossen wurde und plötzlich gesehen hat was allen anderen verborgen ist?“ sinnierte Sén und sah Zhera an. „Nun ja…denkbar wäre eine solche Möglichkeit, aber sicher ist es nicht.“ Erwiderte der Dämon. „Mhm…man müsste sie vielleicht zu gegebener Zeit danach fragen…Was wäre denn in deinem Reich ein Verbrechen, was es rechtfertigen würde, ausgeschlossen zu werden?“ fragte der Junge an den Dämonen gewandt. „Es gibt keine Regeln was das betrifft. Die meisten Unstimmigkeiten werden in Duellen beigelegt oder im Kampf. Aber wenn es so eine Regelung gäbe, dann würde sie wohl schwerwiegender sein als ein paar Unstimmigkeiten oder Neid unter Dämonen. Die meisten werden durch Neid und Hass genährt und nur die wenigsten sind dahinter gekommen, dass sie einen Verstand haben den man nutzen könnte und so einige Dinge besser zu verstehen oder zu überstehen. Je nachdem.“ „Gut…das ist nicht gerade nett ausgedrückt, aber es scheint den Kern zu treffen.“ Meinte Sén der irgendwie ahnte, dass er keine befriedigende Antwort darauf erhalten würde. Zhera musterte den Jungen noch einmal. Er wirkte ein wenig erschöpft und wahrscheinlich taten die Eindrücke die ihn dann und wann heimsuchten ihr übriges dazu bei. „Vielleicht solltest du dich ein bisschen ausruhen. Für heute hast du schon genug erlebt.“ Sén sah ihn an…er verspürte beinahe so etwas wie leise Enttäuschung, doch bevor er dieses Gefühl ganz zu lassen wollte, nickte er schließlich nur. „Möglicherweise hast du damit Recht…“ meinte er und stand, sich streckend, auf. „Wir brauchen einen Plan…ich muss in die Welt der Engel…vielleicht wird dann vieles klarer oder einfacher.“ Meinte er an Zhera gewandt bevor er die erste Stufe nach oben gegangen war. „Ich kann dich nicht gehen lassen…nicht solang ich nicht sicher bin, das du weißt was du tust.“ Sén blieb stehen und sah ihn fest an. Schon wieder so eine Bemerkung die ihn schlucken ließ. „Wir haben nicht mehr so viel Zeit…möglicherweise sind die Siegel schon auf den Weg hier her, und wenn nicht, dann genügend Lakaien die nach Tugars Befehl handeln und alles daran setzen werden um mich in die Finger zu bekommen. Wir brauchen einen weiteren Anhaltspunkt, die Wächter werden mir nicht helfen können was diese Theorie betrifft. Wenn eines der Siegel nicht hier in der neutralen Zone sein sollte…dann werden wir gar keine Zeit mehr haben etwas gegen eine endgültige Katastrophe auszurichten.“ „Das ändert nichts an meinen Eindruck. Was willst du tun wenn du das Tor lebend erreichst und du auf die andere Seite kommst? Ist dir schon in den Sinn gekommen, das wir gar nicht wissen was dann mit einem Siegelträger geschieht oder ob du dich dort überhaupt bewegen kannst? Dieser gesamte Komplex ist so gewaltig, dass es unmöglich ist eine Aussage zu treffen die kein einziges Risiko bergen würde. Versteh mich bitte, ich kann dich nicht gehen lassen, ich brauche dich hier in dieser Zone um schlimmeres zu verhindern.“ Sén war wieder unter den Türrahmen getreten und sah Zhera perplex an. Irgendwie schien er immer weniger mit einem Dämon gemein zu haben. „Ist das dein einziger Grund oder gibt es da noch mehr?“ fragte er frei heraus, auch auf die Gefahr hin, dass seine Gesichtsfarbe noch einmal an Nuance gewinnen würde. „Es gäbe tausend Gründe dich am Durchschreiten dieses Tores zu hindern.“ Erwiderte der Dämon. „Und einer davon ist deinem persönlichen Interesse an mir gewidmet. Das eigentlich woraus besteht? Nur an meiner Unversehrtheit?“ Vermutete der Junge. Zhera seufzte leicht. „ Natürlich…woraus sollte es sonst bestehen?“ fragte er ihn. „Halt mich für Lebensmüde oder naiv, das ist mir relativ egal…aber ich mag dich und ich müsste schon mehr als nur blind sein um nicht zu sehen das der große Fürst der Dämonen hier und da mit einigen eigenen Gefühlsregungen zu kämpfen hat die ihm gänzlich entfallen sind.“ Sagte er und ging endgültig die Stufen hinauf. Als er in seinem Zimmer angekommen war, schüttelte er den Kopf. Wieso war er der Meinung Zhera das sagen zu müssen? Bisher schien es eher so, als würde sein Interesse tatsächlich nur an seiner Unversehrtheit liegen, doch offensichtlich war das Siegel da anderer Meinung und diese Worte hatten es ihm sprichwörtlich in den Mund gelegt. Doch Sén dachte gar nicht daran sich dagegen zu wehren. Immerhin entsprach es auch seiner eigenen Meinung…auch wenn die eher wenig zählen mochte wenn es um Tore und verschiedene Welten ging. Zhera sah ihm nach, verzichtete jedoch darauf ihn zu folgen und schwieg. Was hätte er darauf auch sagen sollen? Offensichtlich schien allmählich tatsächlich eine Veränderung mit ihm vorzugehen und nicht nur ihm selbst, sondern auch dem Jungen…mindestens aber dem Siegel war das ebenso wenig entgangen. Ein weiteres Problem das er irgendwie nach hinten schieben musste. Es war einfach zu lang her als das er noch mit Gefühlen jeglicher Art umzugehen wusste. Außerdem hatte Sén Recht, sie hatten keine Zeit mehr. Das ärgerlichste daran war, das Zeit knapper zu werden schien als sie gehofft hatten. Es musste eine Lösung her…egal wie…sie mussten in Erfahrung bringen was es mit dem Buch der Schöpfung und den vergangenen Siegeln auf sich hatte…und vor allem mussten sie heraus finden wo das letzte Siegel war. Sén lag auf dem Bett und starrte die Decke an. Er versuchte noch immer das erfahrene zu ordnen und zu versuchen zu verstehen. Kein leichtes Unterfangen, auch wenn er Rätsel stets gemocht hatte, noch nie war er selbst Bestandteil eines eben solchen. Schließlich schlief er über seinen Überlegungen ein. Doch wirklich erholsam war dieser Schlaf auch nicht. Er sah tausende Bilder an seinem inneren Auge vorbei ziehen. Sie alle handelten vom Kampf und sie alle führten ihn in verschiedene Epochen und ließen Bilder aufblitzen die er nicht zu deuten wusste. Als er schließlich wieder aufwachte, war es Nacht geworden und seine Gedanken rasten noch immer. Sén setzte sich auf und versuchte die wilden Farben hinter seiner Stirn zu ordnen und zu verstehen. Doch schließlich gab er es auf und ging nach unten. Vielleicht würde ihm ein Tee helfen können. Außerdem wollte er versuchen seine Schwester zu erreichen. Irgendwie musste er versuchen mit ihr zu reden. Vielleicht wusste sie doch noch etwas. Das Zhera oder Amnas seine Fragen nicht beantworten würden…zumindest nicht jetzt…hatten sie ihm mehr oder weniger verständlich gemacht. Während das Wasser im Kocher vor sich hin brodelte, griff der Junge zum Telefon und wählte Mikas Nummer. Es war spät und vermutlich würde er sie wecken, aber darauf konnte er keine Rücksicht nehmen. Ihnen lief die Zeit davon und auch wenn er es selber nicht nah genug an sich heranlassen wollte, Majim´s Auftauchen hatte ihm deutlich gezeigt das es höchste Zeit war etwas zu unternehmen, auch auf die Gefahr hin, dass es unvorbereitet und möglicherweise zu gefährlich sein würde. Es läutete drei oder viermal bevor sich Mika meldete. „Ja?“ sie klang ein bisschen verschlafen, war jedoch hellwach als sie die Stimme ihres Bruders hörte. „Mika? Es tut mir leid das ich dich geweckt habe, aber ich wusste nicht wen ich sonst anrufen sollte.“ Hielt er sich kurz. „Sén? Was ist denn passiert?“ „Majim…“ „Der Wächter des Wassers? Was ist mir ihr?“ „Sie hat mich aufgesucht und mich gewarnt. Sie wird uns in unserem Vorhaben unterstützen…aber wir haben noch ganz andere Probleme…“ „Was für Probleme?“ fragte Mika, ihre Stimme klang höchst alarmierend. „Das kann ich dir nicht am Telefon sagen.“ „Ich verstehe…ich pack meine Sachen und komm zu dir…bleib im Haus und rühr dich nicht von der Stelle…“ meinte sie und schon lag der Hörer auf der Gabel. Der junge sah das Telefon verständnislos an. Sie hatte ihn eben abgefertigt wie einen kleinen Jungen. Darüber hätte er sich eigentlich ärgern müssen, doch er spürte stattdessen eine ungewöhnliche Erleichterung. Schließlich goss er den Tee auf und setzte sich in das Arbeitszimmer seiner Vaters. Er nahm das alte Buch erneut vor und blätterte wahllos in den Seiten. Es war unwahrscheinlich das er in ihm noch irgendwelche Hinweise finden würde…das Buch war vielleicht alt, doch nun völlig nutzlos…dachte er zumindest. Gerade als er die nächsten Seiten durchblättern wollte erschien ein leichter Schimmer und die Seite verharrte. Sén sah genauer hin. Tatsächlich erkannte er eine alte Zeichnung wieder, eine Zeichnung die ihn verdächtig an die Bilder seiner Gedankenwelt erinnerte. Wenn auch nicht ganz korrekt und viel zu harmlos als er sie gesehen hatte. Er beugte sich über die Seite und laß den Text. Erneut füllten Fakten die Zeilen die er bereits kannte, wenigstens die meisten. Schließlich erkannte er ein Muster zwischen den Buchstaben und war schlagartig hellwach. Er nahm ein Blatt und einen Stift und ließ seine Hand das auf Papier bringen was ihm das Siegel zeigte. Als der Zauber verschwunden war sah er mit ungläubigem Blick auf das was er gezeichnet und geschrieben hatte. Es handelte sich um das Tor, welches mit wirren Zeichen versehen war. Jedem Zeichen hatte er eine Erklärung beigefügt und nach einiger Zeit erkannte er das Muster wieder. In der Zeichnung zeigte sich das fehlende Siegel, mit der korrekten Dauer seiner letzten Aktivierung und den daraus folgendem Stillstand. Seit 2 Milliarden Jahren war das Siegel geteilt. Sén sah noch einmal hin, ja…es war geteilt…es war nicht verschwunden…das Siegel war da…bei jedem weiteren Stillstand… Perplex studierte der Junge die Zeichnung weiter. Doch soviel er sich auch anstrengte, er sah nur das geteilte Siegel, keinen Hinweis auf seinen Träger, keinen Hinweis auf einen Wächter und keine Chance in Erfahrung zu bringen, welche Eigenschaft dieses Siegel beherbergte. Außerdem erkannte er noch mehr auf seinem Blatt und diese Erkenntnis traf ihn wie ein Blitzschlag. Sie hatten kaum mehr Zeit…die Zusammenkunft der nächsten Siegel würde noch in den nächsten 8 Wochen geschehen…und mit ihm die Aktivierung des Tores…und damit würde der Untergang aller Welten beginnen. Sein Herz raste…das war eine Katastrophe…er wusste ja das sie nur wenig Zeit hatten…aber er hatte nicht erwartet das sie praktisch gar keine Zeit mehr hatten. In den nächsten Tagen würden die Wächter ganz erwacht sein…mit ihnen würden sich ihre Siegel auf den Weg machen…und damit würde der Countdown beginnen…denn es war nur eine Frage der Zeit bis sich die verbliebenen 6 Siegel gegenüberstehen würden. Er musste zu Zhera, er musste ihn sprechen…jetzt. Unglücklicherweise hatte der Fürst der Dämonen versäumt ihn ein Kommunikationsmittel zur Verfügung zu stellen….Er faltete das Blatt zusammen und packte es sicher in eine seiner Hosentaschen. „Menora, bist du da?“ rief er stattdessen einmal in der Hoffnung sie würde ihn hören. Es dauerte auch gar nicht lang als sie vor ihm stand. Sie wirkte ein wenig abgeschlagen, aber sah inzwischen wieder wesentlich besser aus als heut Nachmittag. „Was ist denn los?“ fragte sie und musterte ihn. „Du siehst besorgt aus…“ „Sag Zhera das ich mit ihm reden muss und zwar jetzt.“ Bat er sie, doch sie zuckte hilflos mit den Schultern. „So gern ich das wollte…aber das kann ich nicht. Derzeit hält er sich ihm Thronsaal auf…meine Befähigung reicht nicht aus mich ihm dort zu nähern…“ erwiderte sie bedauernd. Sie ahnte dass es wichtig war. „Dann bring mich zu ihm…“ „Bist du verrückt?“ „Vielleicht…aber wenn ich es nicht bin…werden wir alle zu Grunde gehen…unsere Zeit ist kürzer als wir alle erwartet haben…ich muss jetzt zu ihm. Bitte Menora…“ Der Dämon sah ihn an. Sie war sichtlich hin und her gerissen. „So dringend?“ „Ja…Mika ist auf den Weg hierher…ich werde keinen Blödsinn anstellen…aber ich muss ihn wirklich dringend sprechen…bitte.“ Bat er sich noch einmal. Mit gemischten Gefühlen nickte sie schließlich. „In Ordnung…dann hoffe ich das es wirklich so dringend ist wie du sagst…denn Zhera findet es gar nicht witzig wenn man ihn unterbricht.“ „Es sind nur noch 8 Wochen….“ Sagte er nun schließlich leiser und fast schon resignierend. Menora sah ihn mit großen Augen an. „8 Wochen? Bis was geschehen wird?“ „…8 Wochen bis die Welten zum letzten mal…“ Er brachte den Satz nicht zu Ende, stattdessen striff ihn ein kühler Hauch und einen Moment später fand er sich in einer Welt wieder die er irgendwie ganz anders erwartet hatte. Menora hielt ihm am Arm, schließlich wusste niemand was nun geschehen würde, Sén sah sich um…was er sich auch vorgestellt hatte…es kam dem was sich ihm bot nicht annähernd nahe. Die Welt der Dämonen war in den Vorstellungen des Jungen ausschließlich düster und kalt, doch es war eine Lüge…die Welt war sicherlich anders als seine…aber sie war nicht kalt und sie war auch nicht düster…sie war einfach nur kahl. Statt einem blauen Himmel, färbten rote Wolken den Horizont und anstelle der Sonne erschien ein bläulicher Mond umgeben von vielen kleinen grünen Punkten. Seine Umgebung war angenehm warm…nicht zu kalt und nicht zu heiß. Die Landschaft war ausschließlich von Bergen geprägt, hier und da durchzog ein weißer Flaum die Gebilde. Selbst Tiere gab es…oder wenigstens irgendwas in dieser Art. Diese waren allerdings tatsächlich so hässlich und schwarz wie man sich das mit den Worten Dämonenwelt vorstellen würde. Sén sah sich staunend um. Er fühlte sich ausgesprochen gut, verspürte keinerlei Veränderungen und wurde schließlich erst dann aus seinen Gedanken gerissen als ihn Menora ansprach. „Willkommen in der Dämonenwelt. Wie geht es dir?“ fragte sie besorgt. Der Junge sah sie an. „Ich fühl mich eigentlich ganz gut…ich hatte es mir nur…anders vorgestellt.“ Erwiderte er. „Gut…dort vorn ist schon der Thronsaal…ich kann dich bis vor das Portal bringen, danach ist es mir nicht gestattet weiter zu gehen. Sei vorsichtig…auch wenn Zhera unmittelbar dahinter zu finden sein wird, er ist sicher nicht allein und er ist sicher nicht nur von seinen Treuen Dienern umgeben…vermutlich ist deine Ankunft bereits registriert wurden.“ Sagte sie weiter und zog ein schnelles Tempo an. Es war Wahnsinn den Jungen hier her gebracht zu haben…und wahrscheinlich würde das noch ein Nachspiel haben…er war in Gefahr…auch wenn er sich unmittelbar in Zhera´s Nähe befand…doch sie hatte gar nicht über die Konsequenzen nachgedacht und nun musste sie sehen dass sie heil ankamen und hoffen, das Zhera, der Dringlichkeit wegen, davon absah sie entsprechend dafür zur Verantwortung zu ziehen. „Beeil dich Sén…rasch.“ Sagte sie bevor sie ihn ein Stück nach vorn stieß und inständig hoffte dass er das Portal durchschreiten können würde. Doch kaum das sie sich von ihm gelöst hatte, ertönten Schritte hinter ihr. „Geh!“ rief sie ihm nach während sie schon ihre Waffe gezogen hatte und die Wachen…oder Dämonen…oder was auch immer in Schach zu halten um den Jungen einen Vorsprung zu sichern. Schließlich war ein Mensch hier unten ein gefundenes Fressen. Sén wirbelte auf den Absatz herum und lief durch die Wand. Er schloss die Augen...doch als der erwartete Aufprall ausblieb öffnete er sie und sah sich verblüfft um. Das war ganz eindeutig ein Thronsaal…vor ihm führte eine Treppe nach oben…und eine große Flügeltür mit düsteren Gesichtern verkündetet ihm sein Ziel. Für einen Moment kam sich der Junge vor wie in einem wahr gewordenen schlechten Traum. Doch er lief schnell nach oben und stieß die Tür auf…sie war unerwartet leicht und der Junge hatte Mühe sein Gleichgewicht nicht durch seinen eigenen Schwung zu ruinieren. Die Gespräche die eben noch geführt wurden verstummten auf der Stelle und für einen Moment genoss der Jungen den merklich verblüfften Gesichtsausdruck des Fürsten der Dämonen, fing sich jedoch rasch wieder und schritt unbeirrt nach vorn ohne nach rechts oder links zu sehen. Gerade als sich der erste anschicken wollte erhob Zhera die Hand. „Geht…“ befahl er und schon waren alle verschwunden…alle bis auf Amnas und Sén selbst. In diesen Mauern hallte seine Stimme gebieterisch wieder und plötzlich hatte er den Eindruck Zhera bisweilen nicht richtig gekannt zu haben. Er blieb vor dem Thron stehen…auch der entsprach so ziemlich genau dem was man sich vorstellte wenn man von einer Welt der Dämonen sprach. Doch trotz aller unguten Gefühle konnte sich Sén nicht vollends beherrschen. Er wartete bis sie tatsächlich nur noch allein waren. „Also…ein bisschen Klischee ist das ja dann doch…“ erwiderte er leicht amüsiert, wurde jedoch sofort wieder ernst. „Nicht alle Überlieferungen sind reine Hirngespinste…“ erwiderte Zhera kurz. „Was hast du hier zu suchen?“ fragte er ohne Umwege…offensichtlich auch genauso wenig begeistert wie Menora befürchtet hatte. „Wie bist du überhaupt hier her gekommen?“ doch er wartete gar nicht auf eine Antwort. „Hol sie rein…sofort…“ wies er Amnas an, der sich hütete auch nur ein Wort zu sagen. „Warte Zhera…“ erwiderte Sén der sich zusehends unwohler in seiner Haut fühlte. Doch der Dämon hörte ihn zunächst gar nicht zu und einen Moment später war Amnas zurück…zusammen mit Menora. „Mein Fürst….“ Erwiderte sie kleinlaut und sah nicht auf. „Was hast du dir eigentlich dabei gedacht den Jungen hier her zu bringen?“ fragte er sie mühsam beherrscht. „Das ist keine Welt für einen Menschen. Es ist viel zu gefährlich…er hätte dabei umkommen können!“ Menora schwieg und biss sich verbissen auf die Lippen. „Ich habe sie genötigt mich hier her zu bringen.“ Erhob Sén das Wort. „Mit dir rede ich nicht.“ Sagte er und sah ihn an. Seltsamerweise war der erwartete Zorn nicht in seinen Augen wieder zu finden. „Ich weiß…aber ich hatte keine andere Möglichkeit…Sén hat mich überzeugt das die Dringlichkeit es rechtfertigen würde euch aufzusuchen.“ Erwiderte sie. „Welche Dringlichkeit?“ „In 8 Wochen ist unsere Zeit abgelaufen…der Countdown hat bereits begonnen.“ Beantwortete Sén statt ihrer die Frage und hoffte, nun endlich Zhera´s Aufmerksamkeit zu bekommen. Schließlich konnte Menora das wenigste dafür das er nun hier war...er war sogar davon überzeugt das er sie mit bitten und betteln nicht dazu hätte bringen können ihn das Portal zu öffnen. Tatsächlich funktionierte es. „Was?“ Endlich sah Zhera ihn an. „Das Buch meines Vaters…erinnerst du dich?“ „Was ist damit.“ „Ich hatte nicht damit gerechnet dass es noch irgendeinen Nutzen erfüllen würde…bis ich das gefunden hab.“ Er zog den Zettel heraus und reichte diesen dem Dämon. Zhera entfaltete das Papier und laß es durch. Er laß es noch ein 2. Mal, aber sein Blick änderte sich nicht…er sah höchst unzufrieden aus…oder alarmiert…ihm trüben Zwielicht der spärlichen Fenster und des bläulichen Schimmer des Mondes konnte man das nicht mit Bestimmtheit sagen. „Wo hast du das her?“ „Das Siegel hat meine Hand geführt…als die Seiten plötzlich anfingen zu leuchten. Laut dieser Botschaft war das letzte Siegel immer da…aber es war nicht an seinem Platz im Tor. Das Siegel wurde geteilt…vor 2 Milliarden Menschenjahren um genau zu sein.“ Sagte er. Eine weitere Erklärung war unnötig, schließlich sah Zhera´s Gesichtsausduck fast genauso aus wie sein eigener als er feststellen musste, das sie noch weniger Zeit hatten als gedacht. „Das ist nicht gut…das ist ganz und gar nicht gut…das bedeutet das die anderen Wächter und Siegel bereits auf den Weg sind…“ sagte Zhera und plötzlich schien aller Ärger vergessen. „Ich wusste dass wir wenig Zeit haben…aber ich hatte ein bisschen mehr erwartet.“ Meinte er. „Danke Menora…du kannst gehen…aber halt dich bereit…“ befahl er und gab Sén den Zettel zurück. „Jawohl mein Fürst.“ Erwiderte sie und verschwand. „Was sollen wir jetzt machen Zhera?“ fragte Sén. Der Angesprochene setzte sich erneut. „Zuerst sollten wir dich wieder nach oben bringen…das hier ist wirklich keine Welt für dich. Ist deine Schwester unterwegs?“, Sén nickte.

 

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Tag der Veröffentlichung: 04.05.2010

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