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Kapitel

                                                                       

 

 

 

 

 Bluthungrig von Kim Marie Gue

23 Jahre zuvor

Die Frau zuckte unter der heftigen Wehe zusammen. Zischend sog sie die Luft durch die Nase ein. Nur am Rande nahm sie wahr, wie der Fahrer neben ihr viel zu schnell in die Kurve hineinfuhr. Leise fluchte er vor sich hin.

Was tat er der geliebten Frau nur an? Seit Monaten stellte er sich die Frage. Inzwischen verzweifelt, hoffnungslos. Sie würde ihre Meinung nicht ändern.

Er setzte zum Sprechen an, wollte mit ihr reden. Trotz der starken Wehe bekam sie seine Überlegungen mit.

„Bitte! Nicht! Ich will keinen erneuten Streit!“, bat sie verzweifelt. Doch in ihrem Ton lag unverkennbar eine Sturheit, über die der Fahrer die Zähne fest zusammenpresste. „Wie lange noch?“, fragte sie seufzend.

„Wir sind sofort da!“, sagte er hilflos. Die Bitte der geliebten Frau nachgebend.

„War es das dann?“, blickte sie ihm mit Tränen in den Augen an.

Er sieht sie nicht an. Den Blick stur nach vorn gerichtet, hält er vor der Notaufnahme des Krankenhauses an. „Es ist deine Entscheidung! Ich werde sie respektieren.“

Sie nickte. Mühsam unter Schmerzen stieg sie aus den Wagen. „Werfe dir nichts vor! Ich will es so!“ schlug sie die Tür zu. Leise setzt sie hinzu, „Ich liebe dich.“

Sie sah den gequälten Ausdruck des Fahrers nicht. Wie er noch versuchte sie aufzuhalten, doch dann die Hand nutzlos sinken ließ. Mit quietschenden Reifen fuhr er davon.

 

 

 

23 Jahre später

Endlich der letzte Arbeitstag war geschafft. Drei Wochen Urlaub lagen vor mir. Drei Wochen ohne dieses Großraumbüro, ohne Hektik, ohne Telefon und ständigem Raunen vieler Stimmen. Endlich frei! Drei Wochen jubilierte ich innerlich und winkte vergnügt dem Pförtner zu.

Morgen würde ich um diese Zeit schon fast am Ziel sein. Mein erster Urlaub. Naja, eigentlich kein richtiger Urlaub, eher ein Suchen nach der Familie meines Vaters. Vielleicht ihn selbst? Keine zu großen Hoffnungen zulassen, mäßige dich Sarah. Sei froh, wenn du wenigstens etwas über ihn herausfindest.

Nach all den Jahren der Unwissenheit sollte ich endlich mehr erfahren. Meine Mutter verstarb direkt nach meiner Geburt. Lange dachte ich, sie sei meinetwegen gestorben. Diese Überzeugung war es, die mich nie zur Ruhe kommen ließ.

Mein Onkel, bei dem ich ein Zuhause fand, versuchte mir Mutter und Vater zu ersetzten. Wobei er oftmals kläglich versagte, wenn ich mal wieder meinen Willen durchsetzte. Er war mehr ein Kamerad, auf den ich mich in allen Lagen verlassen konnte.

Traurig dachte ich an ihn. Es tat weh, heute noch genauso wie vor Monaten. Krebs lautete die Diagnose, zu spät festgestellt, keine Heilchancen. Innerhalb kürzester Zeit fiel mein Onkel in sich zusammen. Für ihn war es eine Erlösung, für mich blieb die schmerzhafte Erinnerung.

Die Beerdigung, die Auflösung seiner Wohnung all die Kleinigkeiten die erledigt werden mussten. Verrichtete ich wie eine gut geölte Maschine. Nur kein Gefühl zulassen, wies ich die Trauer entschieden zurück.

Die Kartons voller Erinnerungsstücke und wichtigen Papieren ignorierend. Schob ich das Aussortieren jeden Tag auf den Nächsten hinaus. Obwohl meine Bekannten mich drängten. Ich sollte abschließen! Den Tod des geliebten Menschen akzeptieren. Nein das konnte ich nicht!

So blieb mir keiner mehr. Ich vergraulte meine wenigen Freunde. Einen, nach den Anderen.

Täglich ging ich zur Arbeit, verrichtete sie und ging nach Haus starrte ins Leere. Dachte an die Vergangenheit, zu mehr konnte ich mich nicht aufraffen.

Eines Tages zitierte mich mein Abteilungsleiter zu sich. Er machte mir unmissverständlich klar, dass meine Leistungen untragbar seien. Entweder ich fand schnellstens zu meiner alten Leistungsfähigkeit zurück oder unsere Wege müssten sich trennen.

Das rüttelte mich wach! Der Job war zwar kein Traum aber sehr gut bezahlt. Zudem verdankte ich es meinen Onkel, dass ich hier überhaupt arbeiten durfte. Es wäre mir wie Verrat vorgekommen, sollte ich die Arbeit verlieren.

Als Erstes, riss ich mich nach dem Gespräch zusammen. Erledigte so viel wie seit langen nicht mehr.

Zu Haus nahm ich mir entschlossen die Kartons vor. Die Fotoalben durchblätternd brach endlich der Damm. Mein Gott, wie klein ich war! Babyfotos, noch im Krankenhaus. Endlich konnte ich meinen Gefühlen freien Lauf lassen.

Was musste mein Onkel damals gefühlt haben? Seine kleine Schwester verstorben, lag nun kalt ohne Leben in irgendeinen Raum. Und mich hielt er stolz in den Armen.

Niemals habe ich darüber nachgedacht. Ich wusste, dass die Geschwister sich nahe standen. Oft genug hat er mir von seiner Schwester, meiner Mutter erzählt. Kleine Anekdoten des Wirbelwindes, die niemals ruhig auf einer Stelle sitzen konnte.

Lächelnd erinnerte ich mich an eine besonders lustige Geschichte. Es brachte mir nichts ein. Entschlossen schlug ich das Album zu, ein Bild rutschte heraus.

Nein, kein Bild. Was? Eine Geburtsurkunde? Meine Geburtsurkunde und was ich nie für möglich hielt. Ich las den Namen meines Vaters! Da stand er! Vlad Sardovan! Mit zitternden Fingern hielt ich das Blatt ungläubig fest. Woher kam sie? Gab meine Mutter diesen Namen an? Mein Onkel schwor, dass er nicht wusste, wer mein Vater war. Er legte die Alben an!

Fieberhaft riss ich den Karton mit den Papieren auf. Alles sorgfältig in Ordnern sortiert. Tatsächlich ein Ordner mit meinen Namen. Wie konnte ich den übersehen?

Egal mit zitternden Fingern schlug ich ihn auf. Dort stand es! Tatsächlich mit Stempel und allem Drum und Dran. Mein Onkel adoptierte mich und hier stand mein leiblicher Vater, verzichtete auf seine Rechte. Er lehnte mich ab, gab mich einfach weg!

Dumm! Wie dumm ich war. Wie oft habe ich mir vorgestellt, dass mein Dad überhaupt nicht wusste, dass ich existierte. Träumte davon, er würde eines Tages auftauchen. Natürlich war er ein angesehener Agent, ein Diplomat, mein Ritter in goldener Rüstung.

Tagträume, er wollte mich nicht. Die Realität war selten schön. Weiter den Ordner durchblätternd fand ich ein Sparbuch mit meinen Namen. Als ich die Summe sah, verschlug es mir den Atem. Woher kam das Geld? Soviel besaß mein Onkel nicht und blätterte weiter.

Seit meiner Geburt wurde monatlich ein Festbetrag auf ein Konto überwiesen und dieses dann aufgeteilt. In Fonds und Versicherungen sowie auf dem Sparbuch. Mein Gott, wenn ich das zusammenrechnete, konnte ich mich als wohlhabend bezeichnen. Woher kam das Geld?

In den nächsten Tagen wurde ich auch nicht schlauer. Nach einem Gespräch in der Bank wusste ich auch nicht mehr. Von einem ausländischen Konto war die einzige Aussage. Warum hat mein Onkel mir dies verschwiegen? Was sonst noch alles?

Eines ließ mich nicht los. Vlad Sardovan! Der Name meines Erzeugers, so betitelte ich Vlad ab jetzt. Wer war er? Woher kam er? Dieser Gedanke schwirrte ständig in meinen Kopf herum. Kamen von ihm diese Unsummen? Wenn ja? Warum, verzichtete er dann auf mich?

In meiner Freizeit versuchte ich etwas über den Namen und seiner Herkunft, herauszufinden. Nach einigen Recherchen, wusste ich der Name kam aus Rumänien.

Laut Internet gab es sogar eine Burg, die den Namen Sardovan trug.

Eine kleine Touristenattraktion, mit einem Museum, hieß es. Ein Teil der Burg wurde zu einem Hotel umgewandelt. Nun das Interessante es wurde auch bewohnt, von einem gewissen Corvin Sardovan. Eine Spur, eine sehr heiße Spur.

Kurz entschlossen sendete ich eine Mail an das Hotel. Zu meiner eigenen Verwunderung bekam ich prompte Antwort von einer Alia Sardovan.

Seitdem liefen die Drähte heiß, zwischen Bucuru und Dortmund. Alia, die in meinen Alter war, also Mitte zwanzig war. Sandte mir Fotos von ihrem Onkel Vlad Sardovan. Es waren alte Fotos, sehr verschwommen auf denen nur schemenhaft ein Mann zu sehen war. Sie war fest davon überzeugt, dass wir miteinander verwandt seien. Vlad Sardovan lebte! Ob es mein leiblicher Vater war, konnte nur er beantworten. Laut Alia war Vlad eine gewisse Zeit in Deutschland. Doch wann und wo konnte sie nicht sagen. Da Vlad momentan im Ausland weilte, konnte sie ihn diesbezüglich auch nicht befragen. Wollte es jedoch auf dem Familientreffen nachholen. Inzwischen schrieben wir uns oft.

So erfuhr ich von ihrer Familie, sie erzählte von deren Oberhaupt Corvin, der ein strenges Regiment, innerhalb der Familie führte. Von unzähligen Verwandten, die ich unbedingt kennenlernen sollte. Wir stellten uns vor, uns gegenseitig besuchen.

Dann kam eines Abends die Einladung. Alia hatte die glorreiche Idee, ich sollte meinen Urlaub in Bucuru verbringen. Von dort konnte ich meinen Vater suchen, falls ihr Onkel es nicht sei.

Mein Jahresurlaub stand bald bevor. Nur musste ich erst mit meinem Abteilungsleiter reden. Uns fehlten einige Mitarbeiter und die Arbeit stapelte sich. Wie ich schon befürchtete, sollte aus unseren Wünschen nichts werden. Es galt eine allgemeine Urlaubssperre.

Als ich Alia die bedauerliche Nachricht übermittelte, war ich erstaunt über ihre Antwort. Ich solle mir keinen Kopf machen, da ja noch drei Wochen ins Land standen. Da könnte viel passieren. Ich sollte lieber meine sieben Sachen packen, anstatt Trübsal zu blasen.

Alia behielt recht! Eine Woche vor dem gestrichenen Urlaub kam der Abteilungsleiter zu mir an den Schreibtisch. Was an sich schon ein Wunder war. Normalerweise wurden wir aufgefordert, in seinem Büro zu erscheinen.

Jedenfalls teilte er mir mit empörter Miene mit, dass ich den Urlaub antreten dürfe. Verblüfft bedankte ich mich. Er sah mich studierend an, „Sagen sie mal Frau Wagner. Kennen sie jemanden aus der oberen Etage?“

„Nein!“, erwiderte ich überrascht, „Wieso?“

„Ihr Urlaub wurde von oberster Stelle angeordnet! Das ist seltsam, deshalb frage ich sie.“ Blickte er mich zweifelnd an.

„Das kann ich mir wirklich nicht erklären.“ Sagte ich ihn erstaunt ansehend. Er glaubte mir kein Wort, seine skeptische Miene sprach Bände.

Das war nun eine Woche her und heute würde ich zu meinem Abenteuer aufbrechen. Das Auto war Tipp top in Ordnung, bepackt und abfahrbereit. Laut Routenplaner dauerte die Fahrt ca. 18 Stunden. Ich wollte sie in zwei Etappen hinter mich bringen. Vielleicht auch drei, mich trieb ja niemand.

Nun stand ich in Cugir an der Strada Victoriei und keine Spur von Alia. Nochmals überprüfte ich die Adresse, nein ich stand genau am verabredeten Treffpunkt.

Langsam wurde es dunkel, sollte ich einfach zu ihrer Adresse fahren? Aber Alia meinte, ihr Haus sei so abseits gelegen, dass ich es nie finden würde.

Vielleicht ein Hotel? Eines musste es doch in der Stadt geben, dass ich mir leisten konnte. Denn das Geld auf dem Sparbuch rührte ich nicht an. Aus irgendeinem Grunde scheute ich davor zurück.

Hin und her gerissen entschloss ich mich, noch eine halbe Stunde zu warten. Falls Alia nicht kam, würde ich mir für die Nacht ein Zimmer suchen.

Die mir gesetzte Zeit war fast verstrichen, als Alia angebraust kam. Mein Gott, was für ein Flitzer. Mein altes Möhrchen lief glatt rot an, vor Scham.

Alia sprang graziös aus dem Sportwagen. Über das ganze Gesicht strahlend. Jedenfalls, soweit ich sehen konnte, da sie eine riesige Sonnenbrille trug. Verdattert sah ich sie auf mich zukommen.

„Sarah! Endlich lernen wir uns kennen! Ich bin ja so aufgeregt!“, schloss sie mich stürmisch in ihre Arme.

Völlig verdutzt starrte ich Alia an. Vor mir stand eine echte Schönheit. Gesicht, Haare, Figur alles stimmte. Sogar ihre Stimme klang bezaubernd. Es gab keinen Makel an ihr. Alia konnte so alt wie ich sein oder auch dreißig Jahre älter. Ich konnte es nicht definieren. So sah sie auf den Fotos, die sie mir schickte nie aus.

„Sarah, wie schweigsam du bist. Sicher willst du dich ausruhen, das kannst du bald.“ Versicherte sie mir mit einem hinreißenden Lächeln. „Ach, wie schön dich hier zu haben. Jetzt lasse ich dich nicht wieder weg.“ Zwitscherte sie. „Fahr hinter mir her!“, forderte sie mich auf und kletterte elegant in ihren Wagen.

Schweigend folgte ich ihrer Anweisung. Was musste sie von mir denken? Starrte sie nur wortlos an! Dabei kam ich mir, wie eine kleine Göre vor die zu schüchtern ist, ein Wort zu sagen.

Knapp eine viertel Stunde später erspähte ich Alias Anwesen. Anders konnte man das nicht bezeichnen. Ehrfürchtig betrachtete ich das weitläufige Haus und den dazu gehörenden Park.

Alia gesellte sich zu mir, „Das gehört alles meinen Vetter Corvin!“ holte sie weit mit dem Arm aus. „Ich darf hier wohnen, wenigstens eine Weile.“ Fügte sie verdrossen hinzu.

„Eine Weile? Du meinst, er wirft dich wieder raus?“ nachdem was sie mir von ihm berichtete, war es Corvin durchaus zuzutrauen.

 „Wenn ich schön artig bin, darf ich bleiben. Ansonsten steckt er mich ins Verlies!“ gurrte sie lachend. Das konnte ja nur ein Scherz sein.

„Nun komm, dein Zimmer ist hergerichtet. Es liegt im Südflügel des Hauses, du hast dort einen fantastischen Ausblick auf den Park und den Weiher.“

Inzwischen betraten wir das Haus. Ähm, Villa passt besser. In der Halle erwarteten uns ein älterer Herr und ein junges Mädchen.

„Das sind Leon und Kathi. Sie werden deine Wünsche erfüllen. Du brauchst ihnen nur zu sagen, was du benötigst. Sie sprechen ausgezeichnet Deutsch, wie fast alle in der Gegend.“

Ich kam mir wie eine Prinzessin vor, Hauspersonal! Jetzt machte Leon sogar noch einen Diener und das Mädchen knickste vor mir.

Was mir mehr als unangenehm war. „Hallo ich bin Sarah!“, sagte ich schnell vor Verlegenheit und streckte ihnen die Hand entgegen. Was sie völlig übersahen.

„Frau Wagner“, meinte Alia distanziert, „will sich als Erstes ausruhen!“ wandte sie sich mir zu, „Oder möchtest du baden, duschen oder essen? Alles, was du willst!“

„Eine Dusche und dann etwas essen. Aber nichts besonders eine Kleinigkeit reicht völlig aus.“ sagte ich zu Leon. Der verbeugte sich wieder, „Ich werde es der Köchin ausrichten.“ Und schlurfte davon. Kathi ging ebenfalls - sie bereite das Bad vor. „Aber das kann …“

„Sarah, bitte! Dafür sind sie da. Nimm ihnen ihre Arbeit nicht weg. Mein Vetter ist mit Kündigungen schnell zur Hand.“ Warnte sie mich leise aber eindringlich.

Dann führte sie mich in mein Zimmer hinauf. Auf den Weg dorthin redete Alia und ich hörte nur halb zu. Stattdessen bewunderte ich die Bilder. Alles war kostbar und erlesen, soweit ich das erkennen konnte. Ein großer Kunstkenner war ich nicht.

„Ach, du hörst mir gar nicht zu! Und recht hast du! Sage mir lieber, verlief die Reise reibungslos?“

„Ja!“, meinte ich zerstreut an die einzige Panne der Reise denkend. Eigentlich war es ja meine Schuld. Aber dieser Mann so super er auch aussah, ängstigte mich noch im Nachhinein.

Dabei war es völlig unbeabsichtigt, man gießt doch einen Wildfremden keinen Kaffee über die Schuhe. Was ich zu meinen Leidwesen tat, doch er behauptete stur es war Vorsatz. Kein nennenswertes Thema.

„So du machst dich frisch und dann fahren wir hinüber zur Festung. Mein Vetter ist zum Glück heute Abend nicht daheim. Oder bist du zu müde? Wir können auch morgen fahren.“ Fragte sie schon im Voraus enttäuscht nach.

„Sicher fahren wir, auf eine Bekanntschaft mit deinem Vetter kann ich gut verzichten.“ Nicht nach allem, was sie mir über Corvin Sardovan anvertraute.

Alia erzählte von weiteren Familienmitgliedern. Während ich aß, drängelte sie mich wortlos.

Worauf ich sie ansprach. „Ich will nur jede Minute auskosten, denn tagsüber bist du auf dich allein gestellt. Wie du weißt, muss ich arbeiten.“ Teilte sie mir bekümmert mit, „Außerdem ist Corvin gerade heute Abend außer Haus und ich möchte dir so gern unseren Wohntrakt im Turm zeigen. Corvin mag keine Fremden, schon gar nicht im privaten Bereich.“

Ich schob mir die letzten Bissen in den Mund, „Worauf warten wir dann noch? Auf in die Höhle des Löwen!“ Lachend liefen wir die Treppen hinunter. Alia schritt direkt auf ihren Sportwagen zu, „Wir können auch mit meinen Wagen fahren!“ schlug ich zaghaft vor.

„Nein! Ich fahre und du kannst die Landschaft bewundern.“ Alia fuhr und ich bekam es mit der Angst zu tun. Gas geben und vergessen, wo die Bremse ist und das durch enge schmale kurvige Straßen. In Abgründe blickend sah ich mein letztes Stündlein schlagen. Und das mehrmals krallte ich mich in den Sitz.

Mitten auf einen verlassenen Parkplatz legte sie eine Vollbremsung hin. Hier war rein gar nichts, stellte ich verwundert fest.

„Du bist ungeduldig, Sarah! Wir müssen dort den Weg entlang.“ Lachte Alia und schritt in die schnell aufziehende Dunkelheit hinein.

Welchen Weg? Ich sah nur Schwärze, die Nacht war vollständig undurchsichtig.

„Dorthin! Siehst du den Pfad?“ Ich sah rein gar nichts. Alia wartete ungeduldig. Ich bekam das deutliche Gefühl hier getestet zu werden.

Sie seufzte kurz enttäuscht auf, „Ich gehe vor, bleib direkt hinter mir, wenn du nichts siehst, kann es gefährlich werden.“ Sie ging mit langen Schritten voraus und ich wider besseres Wissen hinterher. „Hast du keine Taschenlampe im Wagen?“, fragte ich sie.

„Die brauche ich nicht!“

Na du vielleicht nicht, ich schon!

„Sarah, schärfe deine Sinne, stell dich auf die um uns wogende Dunkelheit ein. Sie ist nicht einfach nur schwarz, es gibt hellere Abschnitte, die einen fast schon blenden.“

„Dann kannst du ja so gut wie Katzen sehen!“ japste ich hinter Alia. Sie griff weit aus, sodass ich kaum mitkam.

„Katzen? Ich würde ein anderes Tier vorziehen.“

Gott die Frau schnaufte noch nicht mal. Während sie diesen verdammten Pfad erkletterte. Nein sie kannte oder sah auch noch jede Unebenheit auf dem Weg. „Du gehst oft hier entlang, nicht wahr.“

Alia blieb abrupt stehen, „Nein, ich war schon seit Jahren nicht mehr hier.“ ging dann schnell weiter.

„Aber …“

„Warum ich dich dieser Strapaze aussetze? Einmal, weil du die Festung das erste Mal aus dieser Sicht sehen sollst …“ weiter kam kein Wort, sie hielt mitten im Satz inne.

„Aha!“ holte ich mühsam Atem, „warum noch?“

„Ich verstehe nicht, was du meinst?“ sprach sie zögernd.

„Du sagtest einmal, darauf folgt eigentlich noch was.“

„Das ist doch nur so eine Redensart! Habe ich das falsch angewendet? Verzeih, das liegt wahrscheinlich daran, dass ich meistens in meiner Landessprache rede.“

Wieder krabbelte ein ungutes Gefühl meinen Rücken hoch. Ehe ich es genau analysieren konnte, sprach Alia weiter, „So, das ist unser Familiensitz!“ verkündete sie stolz.

Es war eine mächtige Festung, die auf dem gegenüberliegenden Berg zu sehen war. Angestrahlt von Scheinwerfern streckte sie sich in den Himmel. Ehrlich gesagt sah die Burg gar nicht mal so toll aus. Ein Klotz aus Mauern geradezu unfreundlich.

„Nimmt sie den ganzen Berg ein?“, fragte ich nach. Eines versprach die Festung; Sicherheit innerhalb der Wälle. Wehe den Feind, der versuchte dort einzudringen.

„Ja, die äußeren Mauern laufen über die gesamte Bergkuppe, es gibt einen Innenhof. Früher kamen die Bauern der Umgebung her und suchten dort Schutz. Diese Unterkünfte wurden zum Museum. Ein Teil des Anbaus ist das Hotel. Nur die eigentliche Festung ist privat.“ Klärte sie mich auf. „Komm wir gehen hier entlang, Leon wird meinen Wagen sicher schon zur Burg gefahren haben.“

Wir gingen eine schmale gesicherte Treppe hinab. Unten angekommen erwartete uns ein junger Bursche mit einem weiteren Auto.

„Das hast du vorher alles geplant?“, fragte ich überrascht nach. Alia lächelte zufrieden, „Ja, und noch viel mehr“, meinte sie geheimnisvoll.

Was einen Magenkrampf in meinen Bauch heraufbeschwor. Warum argwöhnte ich so? Sie bemühte sich außerordentlich und ich undankbares Geschöpf misstraute ihr.

So in meinem schlechten Gewissen gehüllt erreichten wir die Festung. Alia befragte den Fahrer. Das nahm ich an, denn sie redeten in einer Sprache, die nicht verstand.

„Wie erhofft wird Corvin erst morgen erwartet“, klärte sie mich auf, „so kann ich dir in Ruhe alles zeigen.“ Freute sie sich. Mir selbst war nicht ganz wohl bei der Sache, schließlich drangen wir in eine Privatsphäre ein.

Alia stand über solche Gefühle. Ungeniert führte sie mich durch die Festung. Sogar das Schlafzimmer ihres Vetters ließ sie nicht aus. Durch wie viele Zimmer sie mich schleifte, konnte ich nachher nicht mehr sagen. Irgendwann verlor ich die Übersicht.

Die dezente Eleganz der Einrichtung viel mir in jedem Raum auf, sie konnte über ihren Vetter sagen, was sie wollte. Aber er besaß eindeutig Geschmack.

„So jetzt habe ich dir unser Stammhaus gezeigt. Was hältst du davon?!“

„Es ist riesig. Was mich vor allem fasziniert.“ Sah ich mich um, „man spürt das Alter. Die Vergangenheit! Man könnte glauben, jeden Augenblick erscheint ein Gespenst.“

„Kaum!“, meinte sie trocken, „Und wenn dann würden sie vor Corvin flüchten.“ Klang Alias Stimme ungewöhnlich hart.

Deshalb fragte ich nach, „Habe ich etwas Falsches gesagt, Alia?“

„Nein, nein! Es ist nur diese Festung. Corvin. Es weckt alte Erinnerungen. Weißt du, ich sollte die Gemahlin Corvins werden. Aber er, er blies alles ab, nur weil ich einen kleinen Fehler beging. Ach er ist ja so selbstgerecht. Jeder begeht doch mal eine Unachtsamkeit. Muss man denn gleich so hart bestraft werden?“

Nun war ich perplex, „Ich dachte, du magst deinen Vetter nicht?“

„Corvin naja, er ist hart aber auch ein interessanter Mann. Er ist halt aus einer anderen Generation.“ Alia seufzte auf. „Was ist mit dir? Hast du einen festen Freund? Oder sogar mehrere?“

„Nein, ich erhole mich noch von der letzten Trennung.“ Meinte ich wage, so gut kannten wir nun denn doch nicht. Alia wusste zwar einiges doch nicht alles. Mein Intimleben blieb meine Sache.

„Männer“ spuckte sie förmlich aus, „Sie wollen alles, erfahren doch jungfräulich. Wo gibt’s das denn? Ich nehme mir den Mann, der mir gefällt. Wann und wo ich Lust dazu habe. Sie tun es doch auch.“

Wollte sie mich schockieren? Nein aus der Reserve locken, ihr angespannter intensiver Blick verriet sie. Deshalb zog ich nichtssagend die Schultern hoch und wechselte das Thema. „Können wir fahren? Ehrlich gesagt kann ich mich kaum noch auf den Beinen halten.“

Sofort schlug ihre Stimmung um, „Was bin ich doch für ein Esel.“ Schimpfte sie sich selbst aus.

Nachdem wir nach einer höllischen Fahrt, heil an ihrem Haus ankamen, ging ich ohne weitere Verzögerung ins Bett. Froh schlafen zu dürfen.

Etwas weckte mich, zuerst musste ich mich orientieren, schlaftrunken entsann ich mich, wo ich war. Bestimmt die ungewohnte Umgebung und nickte wieder ein.

Nein! Das waren eindeutig Geräusche, ich lauschte angestrengt - Stimmen. Ohne weiter darüber nachzudenken, stand ich auf und öffnete die Tür. Horchend ging ich weiter zur Treppe. Alia und ein Mann - sie stritten sich. Nun das ging mich wirklich keineswegs was an und trat leise den Rückzug an.

Doch fiel in diesem Moment ein Name, Corvin. Ach, der tolle Vetter! Neugierig spitzte ich nun meine Ohren.

„… meintest du ich bekomme es nicht mit? Alia ich sagte es dir bereits. Ich will mit dieser Frau nichts zu tun haben.“

„So und warum hast du mir dann geholfen, dass sie herkommen kann?“, fragte Alia gereizt.

„Das weiß ich auch nicht mehr, jedenfalls bereue ich es.“

Die Stimme ließ mich frösteln. Absolut kalt hallte sie zu mir herauf. Sie war bar jeglichen Gefühls, sogar bei diesen letzten Worten hörte man weder Ärger noch Aufregung heraus. Emotionslos das war das richtige Wort für den Sprecher.

„Aber Corvin, Sarah ist Vladis Tochter sie …“ Neugierig spähte ich die Treppe hinunter, wenigstens einen Blick wollte ich auf Corvin Sardovan werfen. „Weißt du …“

„Still!“ ich hörte Schritte, fluchtartig zog ich mich vom Geländer zurück. Jemand wahrscheinlich Corvin sah hinauf. Sollte ich in mein Zimmer? Würde er mich hören?

 „Corvin was ist denn?“, fragte Alia nach.

„Nichts!“ Das war ganz nah. Fest drückte ich mich gegen die Wand. Wünschte sie würde mich verschlucken. Es wäre mehr als peinlich von diesem Mann beim Lauschen, erwischt zu werden.

„Oder doch, ich glaube, du hast Ungeziefer im Haus.“ Das war noch näher.

„Das kann unmöglich sein, warte ich komme.“

„Bleib, wo du bist.“ Kam der scharfe Befehl, Alia gab keinen Mucks von sich. Sowie ich den Atem anhaltend, die Augen fest zusammengekniffen, nur das verängstige Klopfen meines Herzens hörend.

„Wahrlich! Und was für ein Monstrum da an der Wand klebt.“ Rief er laut, sodass ich jedes Timbre seiner nun amüsierten Stimme in meinen Eingeweiden spürte.

„Ich rate dir eines Sarah Wagner, reise ab!“ leise geflüsterte Worte, die nur für mich bestimmt waren.

Jetzt riss ich die Augen auf. Nur ein Schatten, der die Treppe hinunterglitt. Ich wagte es nicht nachzusehen. Er musste direkt vor mir gestanden haben. Noch spürte ich seinen warmen Atem auf meiner Haut.

Blind vor Angst floh ich in mein Bett. Eine Warnung. Warum? Wovor? Wieso?

Der Mann bereitete mir eine Heidenangst. Ich sollte wirklich so schnell wie möglich verschwinden. Für morgen sollte ich mir eine gute Ausrede einfallen lassen. Alia wird bestimmt enttäuscht sein. Diese Warnung nahm ich ernst, todernst sogar.

 

   

Kapitel 2

Als ich am Morgen nach unten kam, erwartete mich bereits der Butler. Die Herrin sei außer Haus, das Frühstück warte im Speisesaal. Leon spulte die Informationen wie ein altes Tonband ab.

„Danke Leon.“ Erwiderte ich mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen. Keine Reaktion. Seltsam dachte ich noch, als ich auf den gedeckten Tisch zuging. Das gleiche Essen wie gestern abermals beschlich mich ein ungutes Gefühl. Wer tafelte denn zweimal das Gleiche auf? War das sogar mein Teller, von dem ich aß? Angewidert ließ ich es unberührt, nur der Kaffee war heiß und stark.

Dann machte ich mich auf. In der Nähe war ein Dorf, dort wollte ich mir ein kräftiges Frühstück gönnen. Sobald ich den Flur betrat, kam Leon herbei. Wartete er etwa hinter einer Wand?

„Sie wollen ausgehen?“ befragte er mich spitz. Sollte ich ihn um Erlaubnis bitten?

„Ja!“, sagte ich eintönig und ging an ihm vorbei, hinaus in die helle Sonne.

Erst als ich die Straße zum Dorf entlangfuhr, entspannte ich mich. Über mich selbst verwundert. Wann fing diese Anspannung an? War es nach der eindringlichen Warnung, oder schon vorher? Heute nahm ich mir fest vor, wollte ich den Tag genießen.

Vielleicht erfuhr ich auch etwas über die Familie Sardovan. Meine Angst auf mein schlechtes Gewissen schiebend. Am helllichten Tag sah alles anders aus. Corvin Sardovan konnte mich mal, kreuzweise.

Schnell fand ich eine Kneipe, die Einzige im Dorf. Hoffentlich konnte ich dem Wirt begreiflich machen, was ich wollte. Die Karte sofort weglegend, da sie in Rumänisch verfasst war.

Ein älterer Herr mit freundlichem Gesicht kam auf mich zu, „Ähm, guten Morgen ich …“ Sein Ausdruck erheiterte sich, „Ich spreche deutsch.“ Grinste er mich an.

„Oh, gut.“ Atmete ich erleichtert auf, „Kann ich ein Frühstück haben?“

„Brot, Wurst, Käse, ein gekochtes Ei? Ist ihnen das Recht?“ ich nickte, „Selbstverständlich mit einem Kaffee, eine große Tasse. Ja?“ Sah er mich fragend an.

„Das wäre perfekt.“ Dankte ich ihm, er nickte mir zwinkernd zu und verschwand in den hinteren Raum. Indessen sah ich mich um, wenn ich die Gaststätte genauer betrachtete, könnte ich irgendwo in Deutschland in einer bayrischen Kneipe sitzen. Der Wirt brachte mir vorab den Kaffee. „Sie kommen aus Deutschland?“

„Ja. Genauer gesagt aus Dortmund.“ Fügte ich erklärend hinzu.

„Dortmund? Das Ruhrgebiet? Sehr viel Industrie.“ Plapperte er drauf los, „da sind sie wohl mal froh die Natur zu genießen?“, ich verzichtete darauf, ihm mitzuteilen, das es in Dortmund sehr schöne Gegenden gab. „Oder besuchen sie Verwandte?“

„Beides!“ beantwortete ich seine Frage, „Eigentlich suche ich nach Verwandten und eine Bekannte hilft mir.“

„So, so, eine Bekannte hier aus dem Dorf? Wer denn, ich kenne alle, wenn ich die Frage stellen darf.“

„Es ist kein Geheimnis, Alia Sardovan und ich suche Hinweise über Vlad Sardovan.“ Irgendwo musste ich ja mal anfangen und ein Wirt kennt normalerweise alle Leute in der Umgebung. „Kennen sie ihn?“

Es trat ein vorsichtiger Ausdruck in seine Mimik. Das freundliche Lächeln verschwand sofort. „Sie sind mit den Sardovans verwandt?“

„Das ist ja mein Dilemma.“ Kurzerhand entschloss ich mich dem Wirt anzuvertrauen, dabei konnte ich nur gewinnen. „Es ist eine lange Geschichte, wollen sie sich setzten?“ Er prüfte mich genau, aber schließlich siegte seine Neugier. „Erst hole ich ihnen das Frühstück.“

Er kam gleich darauf mit Gedecken zurück, „Das ist doch viel gemütlicher!“ zwinkerte er mir zu. „Na dann erzählen sie mal.“ Forderte er mich auf.

Mein Grinsen musste ich mir verkneifen, er setzte sich zurecht und sah mich gespannt an. Nachdem ich mit meiner Geschichte fertig war, schlürfte er den Rest seines Kaffees hinunter, dann meinte er. „Sie sind ein liebes Mädchen, kaum älter als meine Tochter. Deshalb gebe ich ihnen diese Worte mit. Ihr Bedürfnis zu erfahren, wer ihr Vater ist, verstehe ich. Nur manchmal ist es besser, unwissend zu bleiben.“

Mit solch einer Aussage habe ich überhaupt nicht gerechnet. Unzufrieden nickte ich ihm dankend zu. Es war ein Versuch wert, dachte ich enttäuscht.

„Sie werden weiterforschen?“, fragte er mich musternd, „Ah ja das sehe ich ihnen an. Na gut, aber ich habe sie gewarnt.“ Setzte er sich zurecht.

„Also die Sardovan sind ein Clan. Sie sind alle miteinander verwandt und die Festung da oben auf dem Berg ist der Stammsitz. Auch wenn dort nur das Oberhaupt wohnt, einmal jährlich schließen sie das Hotel und dann kommen sie aus allen Teilen der Welt. Das ist ihre Chance Vlad ausfindig zu machen, wenn sie denn in die Festung kommen.“

Er beugte sich vor, sah sich vorsichtig um, obwohl wir allein im Schankraum saßen, leise sagte er, „Die Festung wird geschlossen, kein Außenstehender wird eingelassen. Das gesamte Personal hat Urlaub während der vier Wochen. Was dort oben geschieht, wer weiß.“ Hob er fragend eine Braue.

„Eines kann ich ihnen sagen früher war diese Familie berühmt, berüchtigt. In den umliegenden Dörfern kam es immer wieder zu Übergriffen und jedes Mal war ein Sardovan darin verstrickt. Das haben sie nicht von mir. Corvin Sardovan ist bemüht, die alten Geschichten vergessen zu machen. Ja, ja ein Hotel, ein Museum nur um uns Sand in die Augen zu streuen.“ Sagte er abfällig, dann lehnte er sich zufrieden zurück.

Er erzählte mir alte Geschichten, wer weiß, zu welcher Zeit sie spielten. Wirklich Neues erfuhr ich keineswegs. So versuchte ich mir meine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen und dankte ihm. Bald darauf ging ich, das Wetter schien eins mit mir zu sein, bewölkt! So wie meine Aussicht mehr über Vlad Sardovan herauszufinden. Jedenfalls nicht in diesem Dorf.

Unschlüssig ging ich durch den Ort, kein bestimmtes Ziel vor Augen. Bis mir ein Aushang auffiel, das Museum! Ja dort könnte ich etwas erfahren und machte ich mich auf. Dagegen konnte ja das Stammesoberhaupt nichts haben. Schließlich war das Museum öffentlich zugänglich.

Die Frau an der Kasse sah geduldig zu, wie ich unbeholfen die Bani herauskramte. Es wunderte mich nicht, dass ich der einzige Besucher des Museums war.

Das Eintrittsgeld tat mir jetzt schon leid. Hier standen ein paar Rüstungen, einige Bücher, Bilder der Festung aus verschiedenen Perspektiven und Epochen. Keinerlei Bezug auf die Familie Sardovan. Enttäuscht seufzte ich auf, wieder eine Sackgasse.

Nun konnte ich den Innenhof der Festung bei Tage begutachten. Das Hotel lag auf der gegenüberliegenden Seite des Museums. Es schien gut besucht zu sein, denn es standen einige Wagen vor dem Hotel.

Der hohe Turm mit seinen Anbauten prangte im hinteren Teil. Der gesamt Hof wies kein Stück grün auf, kahl und unfreundlich wirkte dieser. Zur Abschreckung gedacht, sowie die Außenmauern mit ihren drohenden Wachtürmen. Ungastlich war das richtige Wort. Wie es wohl von dort oben aussah, fragte ich mich, die Wehrmauer betrachtend.

„Soviel ich weiß, darf man dort hinauf.“ Erschrocken wandte ich mich der männlichen Stimme zu.

Ein sympathisch aussehender Mann fixierte mich. „Entschuldigen sie, ich wollte sie keinesfalls erschrecken.“ Bat er reumütig mit einem süßen Schmunzeln auf den Lippen. Ich verzieh ihm sofort. „Sind sie sicher?“, fragte ich nach.

„Das sagte zumindest die Dame an der Kasse; ist im Eintrittspreis enthalten.“ Behauptete der Fremde. Ein äußerst gut aussehendes Exemplar der männlichen Gattung. Kurz taxierte ich sein Erscheinungsbild. Gepflegt, gute Figur in Shirt und Jeans. „Danke! Können sie mir auch sagen, wie ich dort hinaufgelange?“

„Ich weiß was Besseres, ich gehe mit. Natürlich nur, falls sie einverstanden sind.“ Kurz überlegte ich. Eigentlich sprach nichts dagegen, er würde mich ja wohl kaum über die Brüstung werfen. „Gern.“ Willigte ich ein.

Er führte mich zu einem der Wehrtürme, „Seien sie vorsichtig die Leiter sieht nicht gerade vertrauenserweckend aus. Vielleicht ist es zu gefährlich.“ Blickte er die Leiter skeptisch an.

Das passte ja zu meinem Eindruck von der Scharade, die hier gespielt wurde. Nun ich wollte auf den Wehrgang, und wenn die Leiter zerbrach, würde der Schlossherr Corvin Sardovan einige Fragen beantworten müssen. Entschlossen erklomm ich die Stufen, sie hielt.

„Nicht nur hübsch, sondern auch noch mutig!“ lachte der Unbekannte und kam hinter mir her. „Ich vergaß eines, leichtsinnig. Das Ding ist wirklich altersschwach, man sollte ihn verklagen.“

Der nette Herr zeigte also sein wahres Gesicht. „Oh entschuldigen sie. So etwas regt mich auf. Wenn ein jeder, solch eine Gefahrenquelle beseitigt, gäbe es weniger Unfälle. Ich bin Anwalt und solche Fälle sind mir wohlbekannt.“

„Nun das kann man von zwei Seiten sehen. Schließlich verdienen sie ihren Lebensunterhalt damit.“

„Es gibt genug Schlachten vor Gericht, auf solche kann ich verzichten.“ Meinte er ernsthaft. Dann erzählte er mir von einigen besonders schlimmen Fällen, die er vertrat.

Er hieß Jens Stegmann, war fünf Jahre älter als ich und lebte in München. Wie sich herausstellte, verlebte er hier einen Teil seiner Kindheit. Bevor er und seine Eltern wegzogen.

Indessen gingen wir den Wehrgang entlang, ich achtete kaum auf die Aussicht, von meinem Begleiter fasziniert. Auf meine Frage, warum er seinen Urlaub hier verbringe. Meinte Jens, er habe Verwandte in der Gegend wohnen, die er besuchte.

Verwundert stellte ich fest, wie einfach es war mit Jens zu reden. Schon bald erzählte ich ihm von meinem verstorbenen Onkel. Meiner Suche und ich konnte es kaum fassen, meiner letzten Beziehung. Verlegen schwieg ich, als es mir auffiel, aber Jens lachte. „Das gehört zu meinem Beruf, die Menschen müssen mir vertrauen.“

Er gefiel mir mit jeder Minute besser, gestand ich mir ein. Dann fiel mein Blick auf einen Garten. Wir gingen gerade hinter dem hohen Festungsturm. Ich blieb stehen, während Jens weiterging.

Na das überraschte mich aber. Ein schön angelegter Garten, der trotz der hohen Mauern gedieh. So versteckt, warum nur? In meinen Überlegungen wanderte mein Blick den Turm hoch. Ungeniert wurde ich von einem abschätzenden Blick, beobachtet. Den ich entsprechend erwiderte, schließlich war der Rundgang im Eintrittspreis enthalten.

War das Corvin Sardovan? Wenn ja, war er jünger als ich bisher dachte. Irgendwie habe ich ihn mir als alten glatzköpfigen Despoten vorgestellt. Zumindest nicht diesen gut aussehenden Mann. Oder war es einer aus der zahlreichen Verwandtschaft? Mir konnte es egal sein, Corvin wollte mich loswerden. Entsprechend würde ich wohl niemals erfahren, wer dieser arrogante Typ war.

Ebenso hochtrabend streckte ich mein Kinn vor. Das schien dem Gaffer zu amüsieren. Empört wandte ich mich ab, meine kindliche Neigung unterdrückend dem Typen einfach die Zunge herauszustrecken.

Aber aus den Augenwinkeln beobachtete ich ihn. Etwas anderes erregte seine Aufmerksamkeit, tatsächlich sein Gesicht verdüsterte sich. Eine kalte Brise erfasste mich, waberte langsam weiter. Unwillkürlich folgte ich dem Blick des Mannes.

Jens! Er sah hinab ins Tal, in diesem Moment wandte er sich um. Fröstelnd zog er die Schultern ein, „Das Wetter schlägt um, wir sollten unseren Rundgang beenden.“ Schlug er vor, „Gehen wir weiter bis zum Hotel. Dort können wir den Wehrgang verlassen.“ Ich willigte ein, trotzdem musste ich noch einmal hinüber zum Turm schauen. Der Mann war fort, seltsam dieses Verhalten.

Später saßen wir im Restaurant des Hotels und wärmten uns bei einer heißen Schokolade auf. Wie aufmerksam das Personal war, fiel mir sofort auf, als wir in die Lobby traten. Die Zeit mit Jens flog nur so dahin.

Bald schon kam Alia von der Arbeit nach Hause, bis dahin wollte ich zurück sein. Denn sie wollte mir eine weitere Überraschung bereiten. Hoffentlich keine, die mit einer Fahrt in Zusammenhang stand.

Jens rührte bekümmert in seiner Tasse, schließlich seufzte er sich auf, „Sarah ich möchte ja nicht aufdringlich sein, aber können wir uns wiedersehen?“ dagegen war nicht das Geringste einzuwenden. Im Gegenteil er gefiel mir ausnehmend gut und stimmte so freudig zu.

Mit einer Ausnahme, denn meine Nachforschungen wollte ich weiter betreiben. „Gut! Dann helfe ich dir. Ich kenne ein paar ältere Leute, vielleicht können sie weiterhelfen.“ Mit diesen Versprechen fuhr ich zu Alias Haus. Schnell machte ich mich frisch und wartete auf sie.

Alia kam erst spät und schlecht gelaunt Heim. Kathi das Dienstmädchen floh schnell durch eine Nebentür. Anscheinend kein überraschender Zustand.

Nun, wenn sie mich genauso anfuhr, würde ich sie eben stehen lassen. „Hallo Sarah, gib mir ein paar Minuten. Ich habe entsetzliche Kopfschmerzen. Was hast du den lieben Tag über gemacht?“ fragte sie mich, nicht ohne Schärfe in der Stimme.

Kurz schilderte ich meinen Ausflug ins Dorf und auf die Festung. Nebenbei erwähnte ich Jens.

„Jens? Jens Stegmann?“ ich nickte. Sie sah mich mit einem undurchdringlichen Blick an, „Was hat er über mich gesagt?“ nahm ihre Stimme an Schärfe zu.

„Nichts besonders, nur das ihr euch schon als Kinder kanntet.“

„So!“ sie legte eine Pause ein, „Ja, das ist lang her und hast du was herausbekommen? Der Wirt weiß doch alles. Heißt es.“

„Leider nein, er sagte nur, alle Sardovan sind miteinander verwandt.“

„Genau, deshalb bin ich ja so überzeugt das Vlad dein Vater ist. Anders kann es gar nicht sein. Es gibt nur den einen Vlad Sardovan. Du musst gar nicht mehr weitersuchen, verstehst du. Wann siehst du Jens wieder?“ wechselte sie abrupt das Thema.

„Morgen, wir wollen …“ sie hörte mir nicht zu, gedankenverloren sah sie aus dem Fenster. Es war schon Nacht.

„Mein Bruder, er wird noch heute Abend anreisen. Ich möchte, dass du ihn kennenlernst. Er ist ein ausnehmend gut aussehender Mann, du wirst ihn mögen.“

„Wir werden sehen. Ich habe festgestellt, nur weil einer attraktiv ist, besitzt er nicht gerade einen netten Charakter.“

„Oh“, lachte Alia auf, „Sarah du wirst meinen Bruder lieben, alle Frauen tun das.“ Sie goss sich einen Wein ein. Dafür ging sie an einen Schrank und schloss ihn auf. Was ich schon merkwürdig fand, auch als sie mir kein Glas anbot. „Der Wein ist zu stark für dich, du wirst ihn kaum mögen. Hier der ist gut. Mein Vetter hat einen erlesenen Geschmack, was das angeht.“ Und reichte mir ein Glas.

„So dann werden wir auf Vadim warten. Ah, das macht mich alles verrückt, Corvin mein lieber Vetter hat die Familienzusammenkunft vorgezogen. Das teilt er einem einfach so nebenher mit. Die Gäste werden einfach hinausgeworfen. Was das für eine schlechte Werbung ist, kümmert ihn nicht. Ich habe alle Hände voll zu tun, bis Ende nächster Woche muss das Hotel leer sein. Die ganzen Stornierungen, was das alles kostet. Die Angestellten auch sie haben ein Leben alles muss ich unter einem Hut bringen. Und mein Vetter ordnet nur an. Zum Glück wird Vadim mithelfen, allein kann ich das keinesfalls schaffen.“

Das war mein Stichwort. So konnte ich meine Abreise erklären. „Alia wenn du so viel zu tun hast werde ich früher nach Haus fahren.“

„Nein kommt nicht infrage, bis nächste Woche bleibst du auf jeden Fall. Was allerdings danach ist, wir werden sehen.“ Meinte sie ausweichend, schon wieder dieses unangenehme Kribbeln im Magen.

„Es macht mir wirklich nichts aus, du musst mir schon …“

„Sarah ich habe dich eingeladen.“ Fuhr sie mich an, ruhiger sagte sie, „bitte bleib, egal was dieser … ah, ich könnte ihn …, doch lassen wir das. Du bleibst.“ Entschied sie, wogegen ich eigentlich nichts hatte. Auch wenn ich an die Warnung dachte. Mein Wunsch hierzubleiben, lag ganz woanders, ich wollte Jens näher kennenlernen.

Es war schon spät, als ich mich endlich hinlegte. Alias Bruder ließ sich auf sich warten, entsprechend gereizt war sie. Zwar wollte Alia, dass ich noch wartete, doch ich wollte für morgen ausgeruht sein. „Wie schaffst du das nur?“, fragte ich sie, „Du bist kein bisschen müde, obwohl du früh aufstehst.“

„Ich brauche nicht viel Schlaf.“ Entgegnete sie, dabei ließ sie keinen Augenblick die Fenster aus den Augen. „Ist dort draußen jemand?“

„Was? Nein, ich hasse es nur zu warten.“ Zuckte sie die Achseln. „Ich wünsch dir eine gute Nacht. Wenn Vadim kommt, stelle ich ihn dir noch vor.“

Mitten in der Nacht, es wurde schon hell, weckte mich Alia, „Er ist da!“ strahlte sie mich an, „Komm er wartet unten auf dich. Vadim will dich sofort kennenlernen.“ Zog sie mir die Decke weg.

„Dann muss er bis morgen gedulden.“ Murmelte ich die Decke hochziehend.

„Aber nein! Du musst sofort aufstehen Sarah. Vadim ...“, Alia Stimme überschlug sich, ein hysterischer Ton klang mit. Die Augen öffnend sah ich sie an, „Alia, es ist mitten in der Nacht. Dein Bruder ist Morgen auch noch da, ich brauche meinen Schlaf.“

„Bitte Sarah, er wird wütend werden und ich …“ mein Gott. Sie schlotterte ja beinahe. Etwa vor Angst?

„Er ist mein großer Bruder. Ich liebe ihn und will doch nur seine Wünsche erfüllen.“

„Das hörte sich gerade anders an. Du hast Angst vor ihm!“ und zog mir einen Morgenmantel über.

„Angst? Nein Sarah nur Angst seine Liebe zu verlieren.“ Blieb sie bei ihrer Aussage, dabei drängelte sie mich die Treppe hinunter.

„Vadim, hier ist sie. Sarah mein Bruder Vadim.“ Mir verschlug es die Sprache, der Typ den ich heißen Kaffee über den Schuh kleckerte. Dieser anmaßende, eingebildete Prahler lächelte mir zu. Meinen Ärger hinunterschluckend reichte ich ihm die Hand. Denn er brachte mich anscheinend mit diesem Vorfall nicht in Zusammenhang.

„Wie schön dich kennenzulernen Sarah. Ich freue mich, sobald wir Zeit miteinander verbringen werden.“ Lächelte er mich an. Dabei zog er mich gleich mit den Augen aus und wie er gedachte mit mir Zeit zu verbringen, daran ließ er keinen Zweifel.

 

Nur mit Mühe gelang es mir, ein höfliches Gesicht zu ziehen. Alia schwebte beinahe zu ihrem Bruder und hing an ihm wie eine Klette. Was mich ein wenig abstieß. Zwar besaß ich keinen Bruder, doch dieses Geschwisterpaar benahm sich meiner Meinung wie ein Liebespaar.

Eng aneinandergeschmiegt streichelte Vadim ungeniert über Alias Rücken bis zum Po hinab. Was ihr angeblich gefiel, denn sie drückte ihre Hüften noch enger an Vadim heran. Das war keine geschwisterliche Zuneigung, es widerte mich an. So schnell wie möglich verabschiedete ich mich. Sie bemerkten meine lahme Entschuldigung noch nicht einmal, so sehr waren sie mit sich selbst beschäftigt. Fehlte nur noch das er ihr die Zunge in den Hals steckte. Die gesamte Situation ekelte mich an.

Kapitel 3

Jens holte mich am Morgen ab. Zuerst fuhren wir zu einer älteren Dame, die wirres Zeug über die Familie Sardovan erzählte. Das konnte niemand ernst nehmen. Von Wegen böses Blut. Das verflucht sei und sich von Generation zu Generation weitervererbte. Besonders Vlad sei in ihrer Jugend des Öfteren mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Demnach müsste mein Vater so alt wie Methusalem sein.

„Tut mir leid, ich wusste nicht, dass sie so durcheinander ist.“ Sagte Jens, als wir aus dem muffeligen Haus hinaustraten. Wann wurde dort das letzte Mal gelüftet, fragte ich mich entsetzt. Jens schnüffelte eben angewidert an seinem Shirt und ich musste lachen. „Gehen wir spazieren.“ Schlug er humorvoll vor.

Zwar nieselte es, aber die Luft war angenehm und im Wald bekamen wir fast keinen Regen ab. Stundenlang wanderten wir bergauf und bergab. „Weißt du eigentlich noch, wo wir sind?“, fragte ich ihn völlig orientierungslos.

„Nein, ich dachte, du kennst den Weg.“ Hielt er erschrocken an, die Augen weit aufgerissen.

„Mach keine Scherze, hier kann man tagelang herumlaufen, ohne auf eine menschliche Seele zu treffen.“

In diesem Moment hörten wir Hufschlag, ein Pferd mit Reiter galoppierte an uns vorbei. War das der Gaffer von gestern? Mit Bestimmtheit konnte ich das nicht sagen, er war zu schnell an uns vorüber.

„Das zu tagelang!“, meinte Jens betroffen, „Dabei hoffte ich, mich als rettender Held darzustellen.“ Schüttelte er traurig den Kopf, „Der Weg endet dort.“ Scherzend gingen wir weiter, tatsächlich wir kamen am Ausgangspunkt an.

Doch trotz des langen Spazierganges muffelte die Kleidung noch immer. Wir kamen überein sie zu wechseln. So fuhr er mich zu Alia, später wollte er mich abholen.

Frisch angezogen lief ich die Treppe hinab. Wie jedes Mal kam Leon wie aus dem nichts hervor. „Frau Wagner es gab einen Anruf für sie.“ Auffordernd sah ich ihn an, „Ein Herr! Er sagte Treffen auf der Festung.“

„Danke Leon.“ Wofür eigentlich? Die aussagekräftige Auskunft?

„Wann hat der Herr anger …, Leon?“ Kein Leon, wie vom Erdboden verschluckt. Na das sollte ihm mal einer nachmachen. Also auf ins Hotel.

Im Hotel wurde ich sofort von einem aufmerksamen Angestellten in ein separates Zimmer geführt. Jens machte mir Spaß, ließ mich in einen extra Raum führen.

„Der Herr wird gleichkommen, er führt gerade ein Telefonat.“ Gab mir der Angestellte Auskunft. Mich in den Raum umsehend musste ich zugeben, wie elegant er eingerichtet war. Ich wagte mich nicht einmal, auf einen der zierlichen Sessel Platz zu nehmen. Die Tür öffnete sich.

Der Gaffer! Noch in Reithosen die mehr Preisgaben als schicklich war, wie ich mit einem Blick feststellte. Mein erster Impuls so schnell wie möglich die Flucht ergreifen. All meine Instinkte warnten mich vor einer Gefahr, die von diesem Mann ausging.

Sein kalter abschätzender Blick traf mich. „Denke noch nicht einmal an Flucht. Die Chance hast du vertan. Nun lebe mit den Folgen. Was ist zwischen dir und Stegmann? Wie lange kennt ihr euch?“ seine Stimme klang volltönend vertrauensvoll. Doch darin fehlte jegliches Gefühl, dieser Mann war kalt total gefühlsarm. An seiner Stimme erkannte ich ihn wieder. War das Corvin Sardovan? Oder irrte ich mich?

Obwohl mich seine dunkelbraunen Augen durchbohrten, schwieg ich. „Nun mach schon den Mund auf!“, forderte er mich auf. Ungeduldig wartete er einige Sekunden, „Wie du willst“. Seufzte er auf, als müsse er eine schwerwiegende Entscheidung treffen.

Schnell kam er auf mich zu, er überragte mich um bestimmt zwei Kopflängen, fasste mich grob am Arm und zog mich mit. Ich war so perplex, erschrocken und ja ängstlich das er mich widerstandslos mitschleifen konnte. Über eine enge Treppe hinauf in einen anderen Raum schubste er mich sanft hinein.

„Ich frage später noch einmal.“ Sagte er völlig entspannt in höflichen Ton. Weder drohend noch die Stimme erhoben. Gerade dieser ruhige höfliche Umgang, mit dem er mich behandelte, jagte mir einen Schauer über den Rücken. Die Tür wurde sacht geschlossen und unüberhörbar abgeschlossen.

Erst einmal stand ich einfach nur da. Konnte nicht glauben, was eben geschehen war. Das war doch nur ein Traum, ein schlechter Scherz. Gleich würde Alia hereinkommen, von mir aus auch mit ihrem widerlichen Bruder. Sie würde lachen nur ein Ulk! Zwar ein makabrer, doch wirklich nur ein Gag, ich wartete. Nichts geschah, die Tür blieb verschlossen.

Bis ich mich aus meiner Erstarrung löste. Mein Verstand mir sagte, in welcher Situation ich geraten war, dauerte es schon eine Weile, wie ich ehrlich gestehen muss. Viel zu lange nach meinem Geschmack.

Flucht, an nichts anderes konnte ich denken. Als Erstes die Tür. Verschlossen! Massives Holz mit Sicherheitsschloss. Wer brachte schon an alten Türen solche Schlösser an? Das Fenster! So hoch lag der Raum nicht, dort konnte ich bequem heraus, frohlockte ich. Jedoch ließ es sich nicht öffnen.

Verdammt, nun wer auch immer du bist, du … du Kerkermeister. Mich kennst du nicht und ich lass mich nicht so einfach einschließen. Meine Wut loderte endlich auf.

Der Stuhl kam mir gerade recht, weit holte ich mit aller Kraft aus. Der Knall musste im ganzen Hotel zu hören sein, grinste ich zufrieden. Doch das Einzige, was geschah, war der Schmerz in den Armen durch die Wucht des Aufpralls. Aussichtslos das Fenster wies noch nicht einmal einen Kratzer auf, stellte ich entmutigt fest.

War das etwa Sicherheitsglas? Mein Gott wer bunkerte sich dermaßen ein? Der Typ musste doch echt krank sein. Horchend blieb ich stehen, jemand musste doch den Krach hören und nachsehen, nichts. Ich wartete vergebens.

Meine Wut verrauchte, niedergeschlagen setzte ich mich auf den Stuhl, der nun verräterisch knarrte. Meine Augen suchten eine weitere Fluchtmöglichkeit. Aber dieser verdammte Raum wies nur ein Bett, einen Tisch und den Stuhl auf. Und meterdicke Mauern. Das war ein verdammtes Gefängnis!

Jens und Alia sie würden nach mir suchen. Ja auf Jens konnte ich mich verlassen, obwohl ich ihn erst seit gestern kannte, vertraute ich ihm. Er war auch der Einzige, auf den ich setzten konnte. Außer auf Alia, doch würde sie ihrem Vetter die Stirn bieten? Wenn es denn Corvin war, was ich bezweifelte. Denn dazu erschien mir dieser Mann einfach zu jung. Höchstens dreißig, schätzte ich ihn ein.

Verflucht noch mal, ein Mensch, verschwand doch nicht einfach so, es gab Zeugen. Leon. Die Angestellten. Zudem wie sollte er dem Oberhaupt Corvin den verschlossenen Raum erklären. Den Angestellten das ist schließlich ein Hotel. Wiederum hämmerte ich auf die Tür ein, jemand musste mich doch hören, irgendwer.

Doch nichts geschah. Stunden saß ich nun schon hier fest. Egal was ich auch tat, gegen Tür und Fenster schlagend mit dem inzwischen zerstörten Stuhl. Mein Rufen, das sich in ein Wispern verwandelte. Bis sich schließlich nur noch ein heiseres Krächzen in meiner Kehle bildete. Zudem kam eine weitere Notdurft hinzu, die mir arge Pein bereitete. Lange hielt ich das nicht mehr aus. Unruhig hin und her wandernd, eine Toilette herbeisehnend.

Nun wurde es dunkel, die Nacht brach herein. Wie viele Stunden sind vergangen? Dieser dreiste Verbrecher, er musste doch mal nach mir sehen.

Und wenn nicht, fragte ich mich bange. Natürlich wird er, vielleicht traut er sich ja nicht. Hat ein schlechtes Gewissen eine Kurzschlusshandlung, die er nun bereute. Ja gleich würde er die Tür aufschließen und mich hinauslassen. Doch es könnte ja auch sein, das die Tür schon  lange unverschlossen ist. Was ich sofort mit Herzklopfen kontrollierte.

Verschlossen sowie den gesamten Tag über. Himmel noch mal, ich musste hier raus. Verzweifelnd gegen die Tür hämmernd musste ich der Tatsache ins Auge sehen. Dieser Mann hat mich eingeschlossen und vergessen. Er würde mich keinesfalls aus dem Gefängnis befreien.

Nun mal halblang maßregelte ich mich. Dazu gehörte einiges mehr, noch lag ich nicht verdurstet auf den kalten Steinfliesen, noch konnte ich etwas unternehmen. Doch was, das war die Frage. Ich wollte es nicht, doch fielen mir die Augen zu. Mitten in der Nacht übermannte mich der Schlaf.

Kapitel 4

Die Morgensonne weckte mich, indem sie meine übernächtigten Augen blendete. Wie spät war es? Jegliches Zeitgefühl ging verloren. Mich missmutig aufrichtend sah ich einen Krug auf dem Tisch stehen. Die Vase die ich zweckentfremdete verschwunden. Noch jetzt plagte mich das schlechte Gewissen, aber besser als in die Hose zu pinkeln.

Unfassbar Wasser und ein Kanten Brot. Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man doch lachen. Bei Wasser und Brot eingesperrt in einem Kerker. Wo sind wir denn im Mittelalter? Jeder Schwerverbrecher bekam mehr.

Erst wollte ich alles durch das Zimmer werfen, erst! Doch dann trank ich dann lieber, ich musste meine Kraft behalten. Meine einzige Chance bestand auf einen tätlichen Angriff, soviel war klar. Ich würde einfach warten müssen, bis er kam. Der Überraschungseffekt und das Stuhlbein bedeutete Freiheit.

So entschlossen bereitete ich mich entsprechend vor. Maß die Tür ab, genau hier musste ich stehen einen Schlag mehr stand mir wahrscheinlich nicht zur Verfügung. Die Bettdecke knuddelte ich so, dass es aussah, als liege ich dort. Während ich auf meinen Gefängniswärter wartete, übte ich den besten Schlag. Er war groß, also kam der Kopf nicht infrage.

Ein mächtiger Hieb in die unteren Extremitäten konnte einem Mann ebenfalls außer Gefecht setzen. Mit einer Nachkommenschaft sollte es wohl vorbei sein, doch das geschah ihm recht. Außerdem wer wollte schon so einen Vater. Die Welt würde es mir danken.

Geduldig warten, keine meiner Stärken. Eingebildete Geräusche ließen mich sofort zur Tür laufen. Meine Waffe immer in der Hand. Sogar als ich mich des Eimers bediente, wenigstens mit Deckel. Diese unwürdige Prozedur, die würde er mir ebenso bezahlen müssen. Eventuell einen extra Hieb, malte ich mir genüsslich aus.

Mitten in der Nacht, endlich das ersehnte Geräusch. Die Klinke bewegte sich langsam. Ich wartete, bereit den Schlag auszuführen. Na warte Kerlchen du hast dich mit der Falschen angelegt.

Wie ich vorausberechnete, ging die Tür auf. Ich stand an der perfekten Stelle, mein Herz raste vor Aufregung, gleich bist du reif und ich in Freiheit. Der Schatten vergrößerte sich, noch nicht ermahnte ich mich. Nun mach schon! Einen Schritt und du lernst was Schmerzen bedeuten, komm. Lockte ich in Gedanken und schlug zu.

Scheppernd fiel etwas auf den Boden. Ein schmerzvolles Aufstöhnen, was mich innerlich mit Genugtuung erfüllte. Nur eines im Sinn hinaus, preschte ich vor. Lediglich um von starken Armen aufgehalten zu werden.

„Du kleines Miststück! Warte …“ der Rest ging unter, denn ich schlug nochmals zu. Mein Stuhlbein die nützliche Waffe sprach von Vergeltung, bis sie mir aus der Hand gerissen wurde. Der Kerl sollte doch eigentlich Matsche sein, ein Klecks auf den Boden. Aber nein er zischte irgendeinen Fluch, bevor er mich zurück ins Zimmer schleuderte. Zum Glück auf das Bett.

Sofort war ich wieder auf den Beinen. Wo war er? Die Tür stand auf, egal raus hier. Meine Füße berührten kaum den Boden, so schnell spurtete ich los. Gleißend blendete mich das aufflammende Licht. Einen Moment nur und dann sah ich ihn direkt vor mir ins Angesicht. Ich sah, hielt mitten in der Bewegung inne. Eine Fantasie, eine Maske doch das grausame Grinsen mit diesen … Hauern. Zu viel, einfach zu viel und sackte zusammen.

„Ist sie wirklich Vladis Tochter?“ eine fremde weibliche Stimme. Nahm ich als Erstes wahr, als ich zu mir kam, dann die Umgebung. Ich lag im Bett, das gleiche Gefängnis stellte ich sofort fest. War mein Martyrium denn noch nicht vorbei?

„Das sagte ich dir schon.“ Oh, der Kerl! Diese Stimme erkannte ich, Furcht ergriff mich. Sofort sprang mich die Erinnerung an, die entstellte Fratze erschien vor meinem inneren Auge. Trotzdem versuchte ich ruhig und gleichmäßig zu Atmen vielleicht erfuhr ich ja den Grund – warum mich dieses Scheusal gefangen hielt.

Die Frau schnaufte empört auf, „Du hast sie hier eingesperrt? Wie ein Tier?“ Eventuell meine Erlösung?

„Willst du meine Vorgehensweise kritisieren? Oder mir helfen?“ Die Frage kam gelangweilt, so als interessiere ihm die Meinung der Frau einen Dreck.

„Dieses kleine Biest wollte mich entmannen, nur einige Zentimeter und ich …“, lachend unterbrach ihn die Frau,

„Die Dienstmädchen hätten ihr gedankt, so wie du hinter ihnen hersteigst. Außerdem bin ich keineswegs um dich besorgt und das weißt du. Das Mädchen, du bist dir hundert Prozent sicher? Sie ist seine Tochter.“

„Ja!“ gelangweilt aufseufzend, „Doch frag sie doch selbst, sie ist wach.“ Ich zuckte zusammen und warf dem Kerl einen bösen Blick zu, den er mit der Andeutung eines grimmigen Lächelns quittierte.

„Oh, hallo Sarah, ich bin Dana.“ In mein Blickfeld tauchte eine ältere Frau auf. Trotz ihres hohen Alters konnte man ihre einstige Schönheit sehen. Nein sie war schön, korrigierte ich mein Urteil sofort wieder.

„Nun du hast uns einen schönen Schreck eingejagt. Geht es wieder?“ fragte sie mich besorgt. Ich nickte und dachte sarkastisch - ich ihnen? Wer fragte nach meinem Schock, meiner Angst?

Ein anderes Gesicht erschien hinter Dana. Mein Kerkermeister! Die Erinnerung seines unmenschlichen Aussehens noch zu gut im Gedächtnis eingebrannt. Wich ich seinem Blick aus. Fröstelnd zog ich schützend die Decke hoch, als könne sie mich gegen diese Kreatur verteidigen. Ein grimmiges Grunzen entfuhr ihm.

Dana übersah und überhörte die jeweilige Reaktion. Lächelnd studierte sie mich. „Tatsächlich, du bist Vladis Tochter. Seine Augen, du hast seine Augen.“ Stellte sie überrascht aber auch erfreut fest. „Kannst du aufstehen? Erst einmal brauchst du kraftvolle Nahrung, dann ein Bad. Ich kann mich nur für diesen eigensinnigen Mann entschuldigen, er reagiert manchmal unüberlegt.“

„Du brauchst dich für mich nicht entschuldigen, sie hat es sich selbst zuzuschreiben.“ Blaffte der Mann hinter Dana. Sie winkte seinen Einwand einfach mit einem Handstreich hinweg. „Hilf unserem Gast auf. Du kannst von Glück sagen, dass es ihr gut geht.“

Gast! Dass ich nicht lache, eine Gefangene war ich, mehr nicht. Daran konnten auch Danas freundliche Worte nicht rütteln. Er schob sich an Dana vorbei und ich flüchtete in die hinterste Ecke des Bettes. Knurrend schnellte seine Hand vor.

„Aber, aber wir wollen doch vernünftig bleiben.“ Sagte Dana streng. Die Hand zog sich langsam zurück. Entsetzt mit dem Finger auf den Mann zeigend, „Er ist ein …“

„Ganz ruhig, Sarah.“ Beruhigte sie mich, „Darüber, reden wir noch, jetzt sollten wir deinen derangierten Zustand in Ordnung bringen. Danach erzähle ich dir von deinem Vater. Ich kann es noch immer nicht glauben, Vlad´s Tochter.“ Lächelte sie.

Die Frau wandte sich noch immer lächelnd an das Schreckgespenst, was anders war dieses Monster für mich nicht. „Richte doch den Koch aus, er möge eine kräftige Brühe bereithalten. So mein Kind wir gehen in meine Räume dort bist du sicher und kannst dich bei einem Bad von den Strapazen erholen.“

Ich wunderte mich über die Frau. Es war Nacht und sie befahl diesem Mann oder was auch immer er war, eine Brühe zu besorgen. Als wäre es das einfachste der Welt. Was mich noch mehr wunderte er/es gehorchte. Dieses Tier in Menschengestalt verließ den Raum, aufatmend löste sich die Anspannung. Meine Rippen, mein Bauch, meine Beine alles tat weh so verkrampft hockte ich im Bett.

Fluchtbereit, sobald es mir zu nahe kam, denn das Monster war weder ein Albtraum noch eine Fantasiegestalt. Der Mann oder Tier besaß eindeutig Reißzähne. Seine Augen waren das schlimmste an ihm, ganz schwarz, gefährlich, ein Raubtier. Diesen Anblick würde ich niemals wieder vergessen.

„Nun alles wird sich regeln, Sarah. Kannst du aufstehen?“ sie half mir auf. Für eine ältere Dame besaß sie ungewöhnlich viel Kraft. Doch sie war eben auch eine ältere Frau. Das Monster nicht da!

Meine Chance! So schnell, wie meine Füße mich trugen, sauste ich los. Die Frau namens Dana rief mir nach, ungeachtet ließ ich sie hinter mir.

Da eine Treppe hinunter! Das war immer besser. Hinauf lief man in eine Sackgasse oder auf ein Dach. Mich regte das in Filmen immer auf, warum waren die so blöd und rannten hoch. Wenn ich flüchten will, dann nehme ich doch wohl den direkten Weg nach unten.

Zwei Stufen auf einmal nehmend sprang ich meiner Freiheit entgegen. Direkt in die Arme des Monsters, das mich auffing. „Na wen haben wir denn da? Wo willst du denn hin?“

Solch eine blöde Frage! Wohin wohl?

„Lassen sie mich los oder ich rufe die Polizei!“ ich fand schon, dass ich in der gegebenen Situation, sehr nachdrücklich sprach.

Die Kreatur jedoch lachte, wahrscheinlich war er nicht der Hellste. Waren blutrünstige Monster nie verließ ich mich auf meine wenigen Kenntnisse.

Wer lacht schon, wenn die Polizei ins Spiel kam. Wirklich Dumme oder die ganz Gefährlichen, schoss es mir durch den Kopf. Was war diese Kreatur? Die mich einfach wie einen nassen Sack über die Schulter warf und genügsam die Treppe hinauf schritt.

„Corvin!“, rief die Frau brüsk, als wir auf sie trafen, leider konnte ich sie nicht sehen. „Lass sie sofort hinunter!“, befahl sie.

Ah, die Frau, sie war der eigentliche Drahtzieher. Doch was wollten sie von mir? Weder war ich berühmt noch reich. Noch konnten sie jemanden erpressen - da ich allein im Leben stand.

Der Mann ließ mich einfach los und ich schlug unsanft auf den Boden auf. „Ich sperre sie wieder ein, bis man vernünftig mit dem Biest reden kann.“ Schon griff er nach mir, trotz meiner schmerzenden Knochen, krabbelte ich so schnell es ging davon.

„Das wirst du nicht!“ sprach die Frau beherzt. Der Mann knurrte erbost, ließ aber zu, dass die Frau mir half, aufzustehen. „Nun komm mein Kind, wir gehen in meine Räume, bleib ganz ruhig.“

Das tat ich, da die Kreatur uns folgte.

Resolut steckte sie mich in ein Bad. Ohne auf meine Intimsphäre zu achten, blieb sie und schwatze nichtiges Zeug. Nachdem ich - zu ihrer Zufriedenheit sauber und duftend die Wanne entstieg, hüllte sie mich in ein übergroßes Laken. „Wir müssen Kleidung für dich besorgen, für heute kannst du eines meiner Hemden tragen.“

„Ich habe Kleidung, bei Alia …“ wieder unterbrach sie mich, „… so bei Alia. Dann werde ich sie mir ansehen. Natürlich brauchst du für unser Familientreffen einige Kleider, ja und Reitkleidung. Kannst du reiten? Wir werden sehen, welchen Sport betreibst du? Du bist gut durchtrainiert, ich nehme an - du läufst?“ bequemerweise beantwortete sie ihre Fragen gleich selbst. „Das Laufen es befreit dich, nicht wahr?“ Woher wusste die Frau davon? Als Kind fing ich damit an, auf dem Spielplatz, im Kindergarten. Sobald ich eine freie Fläche vor mir sah, konnte ich nicht anders ich musste laufen.

Schon damals fanden die Erzieher es ungewöhnlich. Sie rieten meinem Onkel einen Kinderpsychiater aufzusuchen. Wie viele es im Laufe der Jahre waren, konnte ich nicht nachvollziehen, jeder stellte eine andere Prognose auf. Doch ich wollte nur eines laufen, am liebsten querfeldein.

So kaufte mein Onkel kurzerhand ein Fahrrad und radelte hinter mir her. Meinen Wunsch entsprechend, mir während des Laufes fern zu bleiben. Denn dabei wollte ich allein sein. Er meinte immer, ich sei eine kleine Raubkatze, so liefe ich nach Beute suchend.

Das ärgerte mich. Zu einem, weil darin ein Körnchen Wahrheit lag, zum anderen, weil er mich so mühelos durchschaute. Und nun diese Frau, die mich nicht kannte.

Sie lächelte mich wissend an, „Ja ich kann mich an meine Marathonläufe erinnern, doch das ist lange her. Heute schaffe ich es gerade mal bis zum … na, ich schweife ab.“ Sie sah sich um, „Setz dich, deine Brühe kommt.“

Kaum saß ich, da wurde die Tür geöffnet, sofort spannte ich mich an. Dana legte mir beruhigend die Hand auf die Schultern, „Corvin wird sich benehmen!“ dabei sah sie den Mann streng an.

Er lächelte wölfisch, „Ich benehme mich immer!“ was bei mir einen unwiderstehlichen Drang hervorrief zu widersprechen. Obwohl ich vor Angst vor ihm fast verging. Dann viel mir auf das sie Corvin sagte. Also war das der Burgherr?

Es schien so. Wie anders ich ihn mir vorgestellt hatte. Dieser Mann oder Monster war bei Weitem einer der attraktivsten Männer, die ich je sah. Allein seine imposante Größe dazu gut gebaut. Denn seine Muskulatur hatte ich am eigenen Körper gespürt. Das fast schwarze Haar, die ausdrucksvollen dunklen Augen. Sein energisches Kinn die wohlgeformte Nase und zuletzt der sinnliche Mund. Sarah! Rief ich mich selbst zur Ordnung, er ist ein Ungeheuer, warf ich ihm einen Seitenblick zu. Er grinste anzüglich was für ein arroganter Lulatsch. Sein Blick verfinsterte sich augenblicklich.

Dana drückte mir kurz die Schulter, ob warnend oder tröstend, das konnte ich nicht sagen. „Das ist Auslegungssache, Corvin“, maßregelte sie ihn. Was ihm keineswegs ein schlechtes Gewissen einhauchte, nein er vertiefte sein Grinsen noch. Zu meiner Verwunderung sah er ganz normal aus, keine Reißzähne. Seine braunen Augen studierten mich sorgsam.

Wie konnte das sein? Ich habe das doch nicht geträumt, sondern ihn deutlich gesehen. Verlor ich den Verstand? Indessen beobachtete er mich zurückhaltend. Einige Male setze er zum Sprechen an, doch dann ließ er es bleiben.

Dana forderte mich wiederholt auf die Suppe zu essen. „Du bist wie dein Vater. Auch er kann schweigen und in diesem tausend Fragen stellen. Meinst du nicht auch, Corvin?“

„Hm, Vlad hat nie versucht, mich zu entmannen!“

„Fängst du schon wieder damit an. Es war Sarahs Recht sich gegen dich zur Wehr zu setzen. Man kann doch einen Menschen nicht einfach so einsperren.“ Tadelte sie Corvin, der zuckte noch nicht einmal zusammen, sondern behielt seine stoische Haltung bei.

„Sie hat sich geweigert, mir Auskünfte zu geben.“ In einem Ton als müsste jeder Mensch vor ihm Rechenschaft ablegen. Auskünfte? Meinte er damit die Fragen, die er mir stellte?

Unsäglicher Zorn wallte in mir auf, diese Kreatur sie … „Wer sind sie denn? Sie lassen mich hierher kommen. Stellen mir Fragen und dann sperren sie mich ein. Wer gibt ihnen das Recht so etwas zu tun?“ brauste ich auf, es reichte mir langsam.

 „Dein Vater …“ stand er mit einem Male neben mir. Ehe ich auch nur einmal blinzeln konnte, überbrückte er die drei Meter. Eine Hand auf die Stuhllehne die andere auf dem Tisch gestützt, funkelte er mich an. Ruhiger fuhr er fort. „Ich erwarte eine Antwort!“

„Auf was?“ giftete ich nun ebenfalls. Der konnte den starken Mann spielen so lange er wollte.

„Jens Stegmann!“, sagte er ruhig, sehr ruhig. Dahinter witterte ich Gefahr, selbst Dana zog die Schultern ein.

„Ich wiederhole ungern einmal gestellte Fragen, also ich warte.“ Stur reckte ich mein Kinn vor.

„Dana würdest du uns allein lassen?“ die alte Dame sah mich fürsorglich an.

„Keine Angst ich beherrsche mich, Dana.“ Sobald Dana die Tür hinter sich schloss. Er rührte sich indessen keinen Zentimeter, senkte er sein Gesicht zu mir herab. „Du kannst von Glück reden das Dana hier ist, ansonsten …“ er hielt inne, kniff die Augen zusammen.

„Ansonsten? Würde ich noch in dem Gefängnis sein? Sagen sie mal, wie handhabt man eigentlich mit Entführern in diesem Land?“

Er lachte, anstatt sich seiner Tat bewusst zu werden, lachte er. „Wer nennt mich einen Entführer? Du? Dabei bist du freiwillig in mein Haus gekommen. Ich habe dir lediglich Unterschlupf gewährt.“

Über so viel Frechheit konnte ich nur staunen, der verdrehte ja einem das Wort im Mund herum, wie es ihm passte.

„Nun danke für diese fragwürdige Gastfreundschaft. Richten sie Dana meine Grüße aus, und ich hoffe sie niemals wieder zu sehen.“ Trotz seiner Hand, die auf der Lehne lag, stand ich auf.

Kapitel 5

Er sah mich von oben bis unten amüsiert an. „Wo will die Lady denn hin? In diesem Aufzug? Ohne Papiere, ohne Geld, ohne Auto! Landstreicherei wird in diesem Land übrigens mit Einkerkerung bestraft. Besonders auf meinen Land.“ Dahinter steckte eine unmissverständliche Drohung.

„Das habe ich verstanden, ich werde umgehend abreisen. Zudem habe ich genug erfahren über die Familie Sardovan. Eines kann ich nur hoffen. Dass mein Vater zu einem anderen Zweig ihrer Sippe gehört.“ Raffte ich mein Badetuch fest um meinen Körper.

Corvin Sardovans Mimik änderte sich abrupt. Mit kalter emotionsloser Miene schätzte er mich ab, wandte sich dem Fenster zu und öffnete es. Tief atmete er die frische Nachtluft ein. „Du überrascht mich, meine Liebe.“ Meinte er höflich, „Du wirst nirgendwo hingehen, die Chance hast du vertan. Dies ist ab sofort dein neues Heim.“ Mir entfuhr ein kurzes ängstliches Auflachen, der war ja total irre. Was ich ihm auch sagte. Mit drei riesigen Schritten stand er vor mir. Packte mich an den Schultern, die Fratze starrte mich an.

„Widerspruch dulde ich nicht in meinem Haus. Gewöhne dich lieber an den Gedanken.“ Knurrte er. Ich war so geschockt von seinem Aussehen, konnte mich keinen Millimeter rühren. Böse grinste er mich an, „Du hast Angst. Das ist gut, denn eines merke dir. Mein Wort ist Gesetz.“ Ließ er mich nun los.

„Was bist du?“ torkelte ich zurück. Soviel Entfernung suchend, wie der Raum hergab, das dämonische Gesicht betrachtend.

 „Vampir, Bestie der Dunkelheit, Blutsauger und was es noch für Bezeichnungen für unsere Gattung gibt.“ Mit dem ersten Wort hob ich schützend meine Hände an die Kehle.

Was er durchaus registrierte, „Dich werde ich nicht beißen. Jedenfalls noch nicht, aber reize mich nicht weiter.“ Kam er geduckt auf mich zu.

„Corvin!“ hielt ihn Danas Ruf auf. Sofort veränderte sich das Angesicht vor meinen Augen. Die Zähne zogen sich in den Mund zurück, das Weiß der Iris kehrte zurück.

„Du wolltest dich benehmen.“ Warf sie ihm sanft vor. Ein Tier, ein Tier in Menschengestalt, ja das war er! Was wäre geschehen hätte ihn Dana nicht zurückgepfiffen? Sie schien ihn ganz gut bändigen zu können.

Wo war ich hier in einem versteckten Versuchslabor? Das mit den Vampiren konnte ja jeder erzählen. Wahrscheinlich bin ich durch Zufall auf dieses Labor gestoßen. Vielleicht hing es ja mit Vlad Sardovan zusammen? Sie dachten jedenfalls, er ist mein Vater.

„Ich will augenblicklich mit meinem Vater reden.“ Beharrte ich in der Hoffnung, vernünftige Antworten zu bekommen.

„Mach mit ihr, was du willst, Dana. Sie darf sich im Turm und Garten frei bewegen. Sollte sie einen Fluchtversuch wagen, wird sie eingesperrt. Oder ich nehme mir ihren Freund Stegmann vor.“

Mein ersticktes Stöhnen erregte seine Aufmerksamkeit. „Ja, ich werde ihm mit Vergnügen die Kehle aufreißen und mich an seinem Blut laben. Wie ich sehe, verstehst du die Worte. Also halte dich an meine Anweisungen. Dana halte sie mir vom Leibe!“ ordnete er an, bevor er drohend den Raum verließ.

Meine Beine hielten mein Gewicht nicht mehr. Langsam glitt ich an der Wand entlang auf den Boden. Entsetzt über das, was ich sah und hörte. Schutz suchend sah ich Dana an. „Wird er das wirklich tun?“

„Corvin? Ja, er meint, was er sagt.“ Sie war ebenso entsetzt wie ich.

„Dana ich muss hier weg, ich kann doch … ich … meine Arbeit, meine Wohnung …“ doch sie wich meinen verzweifelnden Blick aus. Mitfühlend meinte sie, „Ach Kindchen, ich fürchte, du wirst Corvin gehorchen müssen. Da kann man nichts machen.“

Hoffnung keimte auf, anscheinend zweifelte sie an Corvins Entscheidung. „Mit deiner Hilfe Dana kann ich es schaffen.“ Versuchte ich sie zu überzeugen.

Sie schüttelte den Kopf, „Er wird zuerst deinen Bekannten aufspüren, dann dich. Weiß Gott allein, zu was sich Corvin hinreißen lässt.“

„Du meinst wirklich, er tötet Jens?“ was ich kaum glauben konnte. Doch Dana nickte bekümmert, das machte mir mehr Angst als ihre folgenden Worte. „Ja Sarah das wird er und glaub mir Jens wird den Tod herbeisehnen. So wie ich Corvin kenne, wirst du danach nie wieder an Flucht denken.“ Prophezeite sie.

Trotzdem war ich nicht ganz überzeugt, „Ohne Jens hat er kein Druckmittel, dann warte ich eben, bis Jens abreist.“ Wollte ich mich von Danas Worten nicht einschüchtern lassen.

 „Kind, Corvin wird Jens aufspüren. Glaub mir egal wo er sich aufhält. Corvin hat die Möglichkeit dazu. Kannst du zusehen, wie ein Mensch gefoltert wird? Er um Gnade winselt? Tag für Tag, Nacht für Nacht? Mensch nach Mensch? Denn er wird dich dabei zusehen lassen, Sarah. Lass nicht zu das er dich zerbricht. Denn er wird es tun, ohne zu zögern, wenn du gegen seinen Willen handelst.“ Warnte sie mich eindringlich.

„Soll das Bedeuten, er würde unschuldige Menschen foltern, nur um mein Gehorsam einzufordern?“ die Antwort lag in Danas Gesicht geschrieben. „Dich zu bestrafen, wenn du ungehorsam bist, ja. Corvin kennt deinen Schwachpunkt, glaub mir. Dein Mitgefühl ist seine Waffe, er wird vor nichts zurückschrecken.“

Blieb mir denn keine Wahl? Sollte ich mein Leben auf dieser Burg fristen? Nein! Alles in mir schrie dagegen auf. Doch wie kam ich von hier fort? Ohne jemanden zu schaden?

„Gewinn sein Vertrauen, wenn er überzeugt ist. Dass du keine Gefahr für uns darstellst, wird er dich ziehen lassen.“ Riet Dana mir.

„Dieser Kreatur? Ich weiß ja noch nicht einmal, ob ich diese Nacht heil überstehe. Falls ihm nach Blut gelüstet ist es aus mit mir.“ Davon war ich überzeugt.

Dana lachte schallend auf, „Ja die alten Geschichten, das ist lange her. Heutzutage nehmen wir unsere Nahrung aus Blutbeuteln, jedenfalls die Sesshaften. Es gibt einzelne Vampire, die ihren Instinkten folgen, doch es sind wenige. Wir sind zivilisiert genug und schleichen uns nicht mehr an Menschen heran um sie dann auszusaugen.“

Mit großen Augen sah ich sie an, „Du bist auch ein …“ ich konnte das Wort nicht aussprechen, nicht auf Bezug zu Dana.

„Vampir? Aber ja, ich dachte du wüsstest es? Hat Corvin es nicht erwähnt?“ fragte sie staunend.

„Nein nur das er einer ist und ehrlich gesagt glaube ich nicht das es so ist. Was seid ihr? Soldaten, die heimlich herangezüchtet wurden? Oder genmanipulierte Experimente, die fehlschlugen?“

„Kindchen, was für eine Fantasie du hast, nein all das sind wir nicht. Es ist, wie Corvin schon sagte, wir sind Vampire.“ Bekräftigte sie mir.

Sollte ich ihr wirklich glauben? Konnte ich das?

Mir fiel mein Vater ein, doch wies ich das weit zurück. Meine Mutter sollte sich mit solch einer Kreatur eingelassen haben? Niemals! Das alles konnte doch nicht wahr sein.

 „Sarah du solltest die Tatsache akzeptieren. Wie kann ich dich überzeugen?“ Dana strich sich zweifelnd über die Stirn. „Du warst als Kind immer anders. Da ist zum Beispiel dein Drang zu laufen. Tiere, ja Tiere reagierten auf dich, sie scheuten vor dir. Ich sehe es dir an, genau so war es, nicht wahr. Du hast auch keine überaus festen Freunde, allenfalls Bekannte. Das liegt an deiner Andersartigkeit. Die Menschen spüren etwas doch definieren können sie es nicht. Die Tiere spüren es, ihr Sinn ist feiner.“

Das stimmte zwar alles, doch überzeugten mich ihre Worte nicht. Alia gehörte sie auch dazu? Und wer war dann der angebliche Bruder? Deshalb befragte ich Dana. „Ja, Alia und Vadim.“ Meinte sie zögernd, verzog dabei angewidert ihren Mund. „Du hast Vadim kennengelernt?“

 „Ja gestern, nein vorgestern Nacht.“ Rechnete ich zurück, „Ein unangenehmer Zeitgenosse“ und erzählte Dana mein kurzes unangenehmes Erlebnis mit ihm. Warum erzählte ich ihr das? Sonst war ich doch keine Quatschtante, die alles herausposaunte.

„Das passt zu ihm. Nimm dich vor ihm in acht. Wer weiß, wozu es gut war, das Corvin dich einlud.“ Meinte sie ernsthaft.

„Einlud?“, meinte ich verächtlich, „ich nenne es Freiheitsberaubung und Entführung.“

„Nichtsdestotrotz bist du Vadim’s Fängen entgangen. Er fragt nicht nach, ob eine Frau will. Er nimmt sich was er begehrt, du verstehst.“ Da Dana so offen sprach, schilderte ich ihr meine Beobachtungen sowie meine Vermutung.

„Alia ist ihrem Bruder hörig, ihm verfallen. Ach Gott sie sind eine Schande für unsere Familie. Du musst Folgendes verstehen, nach der Wandlung zum Vampir“, nun wieder das! Ich dachte, ich machte Fortschritte, „geben wir unser altes Ich auf. Wir wählen uns einen Clan, dieser wird unsere Familie.“

Ich unterbrach sie, „Heißt das es gibt noch mehr?“ es wurde ja immer besser, außer den Vier sollte es noch mehr geben?

„Sicher, überall auf der Erde. Es gibt größere Clans als unserer, aber auch kleinere. Die Sardovans sind ein mächtiger Clan dank der Voraussicht Corvins. Er hat uns über das Jahrhundert gebracht mit Bedacht und klugen Schachzügen. Er baute ein Imperium auf, heute sind wir unabhängig von anderen Clans.“ Sagte sie voller Stolz.

„Nimm dir meinen Rat zu herzen, ich weiß er kann ungezügelt reagieren, aber er schützt unsere Familie von innen und außen. Oje ich hoffe, Vadim wird sich von Alia fernhalten. Alia ist ein liebes Kind, nur diese abnormen Gefühle, die sie für ihren Bruder hegt. Daran ist letztendlich auch die Heirat zwischen ihnen gescheitert. Was für ein Theater, ach lassen wir das es ist lange her.“ Meinte sie stirnrunzelnd.

Jetzt heiraten Vampire sogar! Ich musste lachen, als ich mir eine Braut in weißem Kleid vorstellte, nach der Mahlzeit ein wenig blutig gesprenkelt. Kicherte ich vor mich hin.

„Das sind die Nerven, Sarah. Du solltest dich wirklich hinlegen, morgen geht es dir schon besser.“

„Nein so hören sie doch auf mit der Scharade, sagen sie mir lieber die Wahrheit.“ Schrie ich die Frau an.

„Aber das tue ich doch, Kindchen. Also so was Verbohrtes habe ich noch nie erlebt, außer bei deinem Vater diesem sturen Felis!“

„Bitte was?“ ich konnte es nicht glauben, so nannte mich mein Onkel, wenn er versuchte meinen Dickkopf zu knacken.

„Du meinst Felis? Katze!“ klärte sie mich auf.

„Ja das weiß ich …“

Sie lachte, „es ist der Spitzname deines Dads, Sarah. So stellt er sich manchmal vor. Zumindest denen die ihm sympathisch sind. Kannte deine Mutter ihn unter diesen Namen?“

„Das weiß ich nicht mein Onkel nannte mich manchmal so.“

Oftmals sagte er, du bist ein Felis, sowie dein … ja was? Er sprach nie weiter, sah mich nur mit traurigen Augen an, ich dachte, er erinnerte sich an seine Schwester. Konnte es möglich sein das er meinen Vater kannte und meinte. Wie verwirrend es war, Vampir! Vampir stammte ich von einem ab? Dana sah mir meine Zweifel an.

„Hör auf dein Blut, Sarah akzeptiere die Tatsache.“ Sprach sie leise auf mich ein.

„Es ist also wirklich wahr? Deshalb hat Alia mich ausgetestet auf diesem stockdunklen Weg?“

„Hat sie das? Wie dumm von ihr! Du besitzt keine außergewöhnlichen Fähigkeiten, nur einige hm … sagen wir Defizite in Umgang mit lebenden Wesen.“ Grinste sie mich heiter an, dass ich unwillkürlich erwiderte.

„Komm Sarah, ich zeige dir dein Zimmer, es liegt im Hotel.“

Herzklopfend folgte ich ihr, also konnte ich mich innerhalb der Festung frei bewegen. Es sollte mir nicht schwerfallen, eine Mitfahrgelegenheit zu finden. Doch zu welchem Preis? Durfte ich ein Leben riskieren? Nein.

Kapitel 6

Innerlich fluchend wanderte ich in dem unpersönlichen Hotelzimmer umher. Es musste eine andere Lösung geben. Jens - ich musste mich ihm anvertrauen, er könnte die Behörden informieren. Dann würde sich Corvin Sardovan hüten sich an Jens zu vergreifen.

Ja, morgen wollte ich versuchen Jens ausfindig zu machen. Telefonieren durfte ich ja wohl, der Wirt aus dem Dorf wusste bestimmt, wo Jens wohnte. Doch zuerst musste ich mir Kleidung besorgen schließlich konnte ich nicht mit einem Tuch bekleidet durch das Hotel laufen.

Erleichtert eine Lösung zur Hand zu haben, legte ich mich hin. Egal wer oder was mein Vater ist, ich gehörte keinesfalls dazu. Eigentlich wollte ich nicht einschlafen, doch als am nächsten Morgen Dana anklopfte, fuhr ich aus einem tiefen Schlaf.

„Hallo du Schlafmütze“ riss sie die Vorhänge auf, „Es ist Mittag und du verschläfst den ganzen Tag. Dabei waren Alia und ich schon fleißig.“

Murrend zog ich die Decke über meinen Kopf. Eindeutig zugute Laune für mich Morgenmuffel. Dana hob die Decke leicht an, „Wie lange brauchst du? Eine halbe Stunde?“ stöhnend bejahte ich ihre Frage. „Gut“ ich hörte, wie sie leise die Tür hinter sich zuzog.

Nur um gleich darauf im Bett hochzuschrecken, wie ist sie reingekommen? Der Stuhl, den ich gestern Abend unter die Türklinke drückte. In Ermanglung eines Schlüssels stand am Sekretär. Man konnte mir viel erzählen von wegen zivilisiert und Blutbeuteln, ich aß auch lieber ein frisches Steak als Tiefkühlkost!

Wie war das möglich, die Tür war von innen blockiert. Gab es einen geheimen Zugang zu diesem Zimmer? So was gab es doch in alten Burgen und Schlössern, warum also auch nicht hier?

Sofort war jede Müdigkeit vergessen, aufspringend klopfte ich die Wände ab. Nichts keine Hohlräume, auch der Schrank, den ich verschob, wies keinen Gang auf.

Als Dana erneut anklopfte, huschte ich schnell ins Bett zurück, beinahe über das lange Nachthemd stolpernd. Gott woher kam das? Ich wusste doch, wie ich mich hinlegte - nackt und nun trug ich dieses hauchdünne Etwas.

„Sarah?“, rief Dana, meine Panik unterdrückend antwortete ich ihr. Sofort als sie eintrat, fragte ich Dana nach dem Nachthemd.

„Es ist sehr hübsch, woher hast du es?“ meine Haare raufend sah ich sie kläglich an. „Genau das wollte ich von dir wissen.“

Sie zuckte die Achseln, „Dann ist es von Corvin. Das ist doch sehr nett von ihm!“ Dana sah mich pikiert an, als ich fluchend aus dem Bett sprang.

Allein  die  Vorstellung  Corvin  Sardovan  hätte  etwas  damit  zu  tun,  machte  mich  krank.  Ich  musste  meine Vorstellungskraft zügeln. Denn schließlich musste es mir jemand übergezogen haben.

Nein, nein Sarah Wagner. Denk nicht weiter. Er hat dich nackt gesehen, während du schliefst. Dich berührt. Besaß er überhaupt keinen Anstand?

„Was ist? Willst du den ganzen lieben Tag im Zimmer bleiben?“ Tag, es war Tag und Dana stand vor mir, sollten Vampire nicht zu Staub verfallen?

Dana klärte mich auf, „Unsere Augen sind empfindlich und ich verspreche dir ich kokle nicht im Sonnenschein. Auch mag ich Knoblauch, trage Silber und zur Not bekomme ich sogar ein Menü hinunter. So waren das alle, angebliche Vampirkiller? Ach, ein Holzpflock im Herzen bringt mich um, genauso wie dich.“ Lächelte sie. „Sieh mal, ich glaube das müsste dir passen.“ Hielt sie mir einige Kleidungsstücke entgegen. „Alia wird im Laufe des Tages dein Gepäck herbringen. Ich soll dir Grüße ausrichten. Sie ist sehr froh, dass du in Ordnung bist. So nun beeil dich, dein Bekannter ist in der Halle. Er ist sehr ungeduldig.“

„Jens? Darf ich ihn denn sprechen?“ das fand ich überraschend.

„Warum? Willst du ihn denn nicht sehen?“

„Eigentlich dachte ich …, naja Corvin er …“

„… Corvin hat mich beauftragt deinen Aufenthalt so bequem wie möglich zu gestalten. Einen Freund zusehen und dann auch noch einen so gut aussehenden Mann, gehört doch dazu.“ Grinste sie mich verschwörerisch an.

„Da bin ich absolut ihrer Meinung.“ Grinste ich zurück, es war alles eine Frage der Auslegung. Deshalb fragte ich Dana erst gar nicht wie und ob Corvin über ihre Großzügigkeit Bescheid wusste.

„Da du nun zur Familie gehörst solltest du uns duzen.“ , schlug sie freundlich vor. Was ich nur zu gern tat, schließlich konnte sie nichts dafür das mich ein gewisse Kreatur gefangen hielt. Hastig zog ich mich an, zwar saßen die Sachen von Alia ein wenig eng, doch es ging. Schnell ins Bad, einmal mit den Händen durch das Haar. Naja es ging. Keine verdächtigen Spuren an meinen Hals stellte ich erleichtert fest.

Zu meiner Verwunderung akzeptierte ich die Tatsache von Vampiren umgeben zu sein. Gerade Dana mochte ich, auch Alia - naja die männliche Spezies ließ zu wünschen übrig. Weder Corvin noch Vadim waren angenehme Zeitgenossen. War mein Vater auch so? Diese Frage würde bald beantwortet werden.

Dana rief mich und ich beeilte mich mit der Morgentoilette. Dann marsch hinaus. „Dana, ich gehe.“ Sie lächelte verschwörerisch. Ich flog beinahe die Treppe hinunter in Sorge Jens könnte gehen. Oder noch schlimmer Corvin traf auf ihn.

Nein der wartete, kurz vor der Halle. Ich stockte. Was wollte er? Warum zog er mir dieses Dessous an? Vor allem wie? Verlegen ging ich zögernd auf ihn zu. Er rührte sich nicht, schnell wollte ich an ihm vorbei.

„Einen Moment, Sarah“, sagte er höflich und bat mich in den Raum.

Eine Besenkammer! Wollte er mich wieder einsperren? Und blieb mitten in der Bewegung stehen. Er schob mich einfach weiter hinein. Zwischen Besen und Staubwedeln gezwängt, schloss er hinter sich die Tür.

„Nur zur Sicherheit, denn was ich dir zu sagen habe brauchen keine fremden Ohren mitbekommen. Offiziell bist du Vlad´s Tochter, von der die Familie nichts wusste. Natürlich waren wir überrascht, doch haben wir dich freundlich aufgenommen. Daran wirst du dich halten. Ein falsches Wort, Sarah es liegt an dir.“ Meinte er ruhig, die Warnung stand Unheil verkündend in dieser Kammer. Warum zog er mir das Hemd an? Ich musste die Frage einfach stellen.

Er grinste süffisant, dabei bleckte er die Zähne als wolle er mich beißen. „Nur eine kleine Aufmerksamkeit.“ Zuckte er die Schultern, abrupt das Thema wechselnd, warnte er mich abermalig.

„Noch was?“, fragte ich bockig nach. Mein schöner Plan zerfiel zu Staub. Ich musste mich in Acht nehmen der Vampir wägte alles genau ab. Ja so wie Dana schon sagte durch kluge Schachzüge baute er ein Imperium auf.

 „Aber ja, du wirst doch deinen neuen Verwandten vorstellen wollen.“ Und öffnete die Tür, „Nein das wollte ich eigentlich tunlichst vermeiden.“

Er lächelte. Himmel, wenn er einem, so ansah, bekam man ganz weiche Knie. „Schön, dass du deine Meinung geändert hast. Nun komm, der Herr wartet in der Halle.“ Noch bevor wir die Halle betraten, kam uns eines der Zimmermädchen entgegen, sie lächelte hüftschwingend den Herrn des Hauses einladend zu.

Corvin Sardovan sah sie nur kurz an, seine Miene gefror zu einer eiskalten Maske. Die junge Frau erschrocken, lief mit gesenktem Kopf davon. Hat er hier auf die Frau gewartet? Und bin ich ihm nur durch Zufall begegnet? So ein Mist aber auch. Zwei Minuten später fluchte ich.

„So, da hinten ist er. Du darfst ruhig lächeln, schließlich bist du in einer großen reichen Familie aufgenommen worden.“ Meinte er zynisch.

„Ja, und wie ich aufgenommen wurde. Ich war so entzückt, dass ich vor Rührung mein Zimmer nicht verlassen konnte.“ Erwiderte ich bissig.

„So sensibel? Meine Liebe. Das hätte ich eher wissen müssen. Dann wäre ich weitaus behutsamer vorgegangen.“ Blickte er mich lächelnd an.

Verwirrt über diesen undefinierbaren Blick, der nicht nur weiche Knie hinterließ. Nein darüber hinaus stülpte mein Magen sich auch noch um und ich musste mir genau ins Gedächtnis rufen, was er eigentlich war. So in meinen Gedanken verstrickt bemerkte ich gar nicht, wie er mich umarmte. Erst als Jens fragend mich und dann Corvin musterte, wurde mir die körperliche Nähe des Vampirs bewusst.

„Sarah du hast mir einen Schreck eingejagt, einfach so zu verschwinden.“ Seine Worte waren Balsam in meinen Ohren. Er sorgte sich also.

„Darf ich mich schuldig bekennen. Corvin Sardovan.“ Stellte er sich selbst vor. Jens griff zögernd nach der entgegengestreckten Hand des Burgherrn. „Jens Stegmann“, erwiderte er den Gruß steif.

„Nun sie dürfen Sarah keine Vorhaltungen machen. Ich habe sie mir gleich einverleibt, nachdem ich erfuhr, wer sie ist.“

Wer zuckte mehr zusammen Jens oder ich. Hat diese Kreatur doch an mir gesaugt? Entsetzt trat ich zurück. Vielmehr ich wollte doch ich konnte nicht, wurde sogar näher an die Bestie gedrückt.

Er hielt mich fest umklammert. „Sie können sich unsere Überraschung vorstellen. Ein Familienmitglied taucht aus dem Nichts aus. Natürlich musste ich sie gebührend willkommen heißen.“ Sagte Corvin maliziös, er genoss es sichtlich Jens zu piesacken.

Jens aschfahl, sah mich besorgt an. Kannte er Corvin besser als er bisher vorgab? Ich fand es schon seltsam, wie er reagierte.

„Verstehe! Also ist Vlad Sardovan dein Vater?“ fragte er mich direkt, Corvin ignorierend. Bevor ich antworten konnte, ergriff Corvin das Wort. „Haben sie daran gezweifelt?“

„Ich? Nun dazu müsste ich die Hintergründe besser kennen. Ich habe Sarah lediglich angeboten bei ihren Nachforschungen zu helfen.“ Jens suchte geradezu nach Worten wie ein in die Enge getriebenes Tier. Irgendetwas stank hier zum Himmel.

„Wie reizend. Einer völlig Fremden den Urlaub zu opfern.“ Zweifelte Corvin vor so viel Großzügigkeit. Nach meiner Meinung waren seine Zweifel nicht unbegründet. Jens verheimlichte etwas, doch was? Fragte ich mich.

„Eine ungewöhnlich hübsche fremde Frau.“ Gab Jens offen zu und warf mir einen warmen Blick zu. Der meinen Pulsschlag drastisch erhöhte, obwohl ich seine Worte infrage stellte, fand ich ihn noch immer äußerst sympathisch. Der Vampir an meiner Seite spannte sich leicht an, behielt jedoch Jens ungebrochen im Auge. „Nun ja, es war nett von ihnen. Doch nun hat Sarah ja ihre Familie gefunden. Sie können ihren Urlaub unbeschwert fortsetzen.“ Nickte Corvin verabschiedend Jens zu.

Jens verstand den Hinweis, doch so schnell gab er nicht auf. „Das hoffe ich doch, vor allem da Sarah nun mehr Zeit zur Verfügung steht.“ Meinte er an Corvin, wandte sich dann mir zu, „Hast du heute Abend Lust mit mir essen zu gehen?“

„Nein! Hat sie nicht.“ fuhr Corvin barsch dazwischen, „denn wir veranstalten ein Familienmahl. Sie dürfen doch gern daran teilnehmen.“ Antwortete Corvin und sah sich den Besucher sorgfältig an.

In meinen Gedanken rauschten Bilder vorbei. Corvin mit gebleckten Zähnen einen Latz um den Hals gebunden. Der Ober trägt seinen Hauptgang herein, Jens a la bloody. Nein das durfte ich auf keinen Fall zulassen. „Ein andermal gern Jens. Was hältst du von morgen, dann kann ich dir auch Dana vorstellen?“

Dagegen konnte weder Corvin noch Jens etwas einwenden. Egal was die Beiden auch miteinander hatten, ich wollte nicht der Zünder sein. Denn ihr gegenseitiges Misstrauen lag tiefer, wahrscheinlich in der Vergangenheit.

„Morgen also.“ Nahm er mir das Versprechen ab, „Gegen zehn Uhr? Ist dir das Recht? Wir können dann den ganzen Tag miteinander verbringen.“

Unsicher ob Dana zu dieser Zeit nichts vorhatte, bat ich ihn einen Moment zu warten. Damit ich Dana fragen konnte. „Aber sicher, ich warte.“ Willigte Jens ein.

Corvin ließ mich zögernd los. Mir fiel auf das es mir keineswegs unangenehm war, so von ihm umarmt zu werden. Das brachte mich einen Augenblick total aus der Fassung und sah den Vampir irritiert an.

Erst fragend dann mit einem rätselhaften Lächeln erwiderte er meinen Blick. „Dana wird in der Küche sein.“ Flüsterte er mir zu, hintergründig grinsend fuhr er fort, „An der Besenkammer vorbei, die kennst du ja inzwischen, immer geradeaus.“ Wie um seine Aussage zu bestätigen, zupfte er eine Fluse aus meinem unordentlichen Haar.

Verunsichert was Corvin Sardovan damit bezweckte, musterte ich ihn verdutzt. „Lass Herrn Stegmann nicht solange warten, meine Liebe.“ Schickte er mich fort.

Auf meinen Lippen beißend überlegte ich was er damit bezweckte, als ich Dana fand. Zu meiner Verwunderung antwortete sie mir, bevor ich überhaupt die Frage stellen konnte. „Woher weißt du …“ wie üblich fiel sie mir ins Wort. „Corvin teilte es mir mit. Zehn Uhr ist perfekt. Sag deinem Jens ich, freue mich ihn kennenzulernen.“

„Das ist nicht mein Jens.“ Und wurde puterrot wie ein Teenager.

Musste Dana solche Kommentare äußern? Jetzt konnte ich an nichts anderes denken. War Jens ernsthaft an mir interessiert? Wenn ja? Wollte - konnte ich eine Beziehung eingehen? Nach der letzten, die in einem Fiasko endete. Damals wurde mir bewusst das ich zwar die Schmetterlinge, die Vorfreude, dass verliebt sein mochte. Darüber hinaus jedoch jede körperliche Intimität über mich ergehen ließ.

Sex gehörte zu einer Partnerschaft, nur ich fand darin keinen Genuss oder Sonstiges. Mein damaliger Freund drückte es so aus. Eine Gummipuppe weist mehr Aktivität auf. Zwar verletzte es mich, konnte ihm jedoch nicht widersprechen. Warte es einfach ab, Sarah vielleicht ist Jens der Richtige.

Jens und Corvin standen genau dort, wo ich sie verließ. Die Spannung zwischen den Männern spürte man deutlich. Sogar die Gäste, die in der Halle verweilten gingen in einem großen Bogen um die beiden Männer herum. Innerlich aufstöhnend ging ich auf sie zu.

 

Jens Gesicht leuchtete auf, als ich ihm zusagte. Corvin dagegen schnaufte ärgerlich. „Nun dann ist ja alles geklärt, sie entschuldigen uns, ich habe mit meiner … ähm, Sarah einiges zu besprechen.“

Wollte er Gefangenen sagen? Wär doch ganz lustig geworden, Corvin Sardovan verplapperte sich. Ha, dann könnte er niemanden dafür zur Rechenschaft ziehen.

„Sarah, meine Liebe kommst du?“ wenn er noch einmal meine Liebe zu mir sagt, beiße ich ihm die Kehle durch. Darauf konnte er sich verlassen.

Er führte mich in einen Flur hinter der Rezeption von dort auf die Tür vor Kopf. Ich erkannte den Raum, den wir nun betraten. Ein Herrenzimmer, mit wuchtigem Schreibtisch, einigen Computern, die heiß liefen und einer gemütlichen Sofaecke, die zum Verweilen einlud. Dieses Zimmer gehörte zu seinem privaten Bereich im Turm.

„Setz dich ruhig, willst du etwas? Einen Wein? Kaffee oder Tee?“

„Nein“ obwohl meine Kehle mit einem Male völlig ausgedörrt war. Das Schlucken fiel mir schwer. Ich nahm auf dem Sofa Platz, so weit von Corvin entfernt wie möglich. Was wollte er? Bange die Hände ineinander verkrampft.

„Du wirst die Verabredung morgen absagen. Erzähl ihm von mir aus eine Lügengeschichte, warum du ihn in Zukunft nicht mehr sehen willst. Des Weiteren verlange ich dass du ordentlich gekleidet und frisiert in der Halle erscheinst. Das ist mein Hotel und ich dulde es nicht, dass Angehörige der Familie sich in diesem desolaten Zustand dort sehen lassen. Ab morgen wirst du wie das gesamte Personal pünktlich sieben Uhr in der Küche frühstücken. Frage Hendrik, wann du zum Mittagsmahl erscheinen darfst. Das Abendessen wirst du im Turm mit der Familie einnehmen. Du kannst gehen.“ Entließ er mich schroff.

Das also dazu, dass er Dana die Aufgabe übertrug. So schnell veränderte sich die Lage. „Wie lange gedenken sie mich hier festzuhalten?“

Er sah genervt auf mich herab, „solange wie ich es für richtig halte, das sagte ich bereits. Du solltest dir deine wiederholenden Fragen verkneifen.“ Er drehte mir den Rücken zu und tippte auf eine Tastatur ein. Ich wartete, seufzend drehte es sich um, „Was noch?“

„Man wird mich vermissen, meine Freunde, meine Arbeitskollegen, meine Verwandten.“

Er zog eine Braue hoch, nun sah er direkt gefährlich aus. „So? Wer sollte dich vermissen? Freunde, Verwandte, die du nicht hast? Arbeitskollegen, vielleicht sogar dein Abteilungsleiter? Deine leere Wohnung? Nein niemand wird dein Fehlen hinterfragen. Deine Wohnung wird in diesem Augenblick aufgelöst. Sowie deine Konten, wie dein bisheriges Leben in Wohlgefallen verschwindet.“

„Nein“, krächzte ich ungläubig, „das können sie nicht.“ Und ließ mich auf das Sofa plumpsen, meine Beine gaben einfach ihren Dienst auf.

„Ach wirklich? Seltsam ich dachte ich habe mich klar ausgedrückt. Nun ja einigen Menschen mangelt es einfach an Intelligenz.“

„Wie bitte?“ beleidigte der mich? Ja! Das bekam sogar mein verzweifeltes, ängstliches Hirn mit. Es schaffte sogar mich Wut empfinden zu lassen. Die brauchte ich auch gerade bitter nötig. Dieser unverschämte Vampir benötigte unbedingt jemanden der ihn zur Raison brachte und dies gedachte ich zu tun.

Jähzorn in meinen Eingeweiden aufbrodelnd, sprang ich auf. Diesmal war ich es die auf ihn zustürmte, „Sie eingebildeter Möchtegern Diktator, sie werden mich sofort gehen lassen. Ansonsten verständige ich die Polizei. Dann werden wir ja sehen, wenn sie bedrohen können. Was werden die wohl dazu sagen, dass sie mich gegen meinen Willen festhalten. Und noch etwas, ich treffe mich mit Jens Stegmann, wann immer ich will.“

„Ja? Ist er denn der Richtige für dich? Glaubst du ernsthaft so ein Typ, könnte dich befriedigen? Daran zweifle ich doch, sehr.“

Erschüttert blieben mir die Worte im Halse stecken, er fuhr ungeniert fort. „Wie sagte dein Ex noch?“ er legte überlegend einen Finger an seinem hämisch grinsenden Mund. „Ach hilf mir doch Püppchen. Verflixt die Puppe verschaffte ihm ja Erleichterung.“ Grinste er mich höhnisch an. Rot! Vor meinen Augen. Und schlug zu.

Noch bevor ich ihn traf, hielt er meinen Schlag auf. „Nun höre gut zu. Ich mag ein geordnetes ruhiges Haus. Du lebst hier und hältst dich an meine Regeln. Sollte dir dies Schwierigkeiten bereiten. Schluck sie hinunter. Hol dir von mir aus Magengeschwüre oder sonst was. Nun verschwinde.“ Fauchte er mich barsch an.

Doch ich war zu aufgebracht, wollte auf seine Warnung nicht hören. „Sie mögen ein geordnetes Haus? Das ist doch zum Lachen. Ich werde gegen meinen Willen festgehalten. Sie hecheln hinter jeden Rock her und Alia turnt mit ihrem Bruder in der Horizontalen, ja …“

„Vadim ist da?“ mit einem Schlag verwandelte sich der zornige Mann in ein kaltes gefährliches Raubtier. Er ließ mich  einfach  stehen,  eilte  zur Tür  hinaus.  Nur  um nach  einigen  Sekunden  mit Alia  im  Schlepptau  wieder aufzukreuzen. Ruhig setzte er sich an seinem Schreibtisch.

Alia sah mich fragend an, bevor sie sich an Corvin wandte. „Was also ist so Dringendes das du mich von meiner Arbeit wegholst?“

„Das fragst du mich? Alia, du wolltest mir doch etwas mitteilen.“ Nun kam ich langsam dahinter, wie dieser Vampir tickte. Solange er schnaufte, schrie und fluchte war er wenigstens in einem gewissen Maß zugänglich für vernünftige Einwände. Sollte er aber ruhig sein, höflich, mit diesen Teufelsfalten mitten auf der Stirn. Dem kalten Blick der einen durchbohrte bis in die tiefste Seele, hielt man am besten den Mund.

Alia wusste so gut wie ich, was das Stündlein schlug. Vorsichtig wägte sie die Situation ab. „Ah, du meinst Vadim. Erwähnte ich es nicht? Also ich …“

„Alia hör auf nach Ausreden zu suchen. Du wirst bis auf Weiteres im Turm wohnen.“ Befahl er.

 „Wie du willst Corvin, ich werde sofort nach Leon schicken, er soll meine Habe bringen.“ Gab sie sofort nach und ging zur Tür.

„Warte Alia“ Corvin fletschte fast mit den Zähnen, „bleib im Haus, Dana wird zu dir ziehen.“

Alia nickte, ihren Triumph unterdrückend. Doch nicht ganz, denn Corvin bekam es mit. „Ich bin noch nicht fertig, Alia. Leon wird die Schlüsselgewalt des Anwesens übertragen, des Gesamten. Vadim wird keinen Zutritt erhalten, ferner wird Leon dich und Dana zur Arbeit begleiten und abholen. Weitere Instruktionen gebe ich ihm persönlich. Du darfst dich wieder deiner Arbeit widmen.“ Entließ er sie.

Alia stampfte mit dem Fuß auf wagte jedoch keinen Widerspruch. Kaum erreichte sie die Tür, „Ah noch etwas, dein Handy.“ Und streckte die Hand aus.

„Corvin da sind sehr persönliche …“ protestierte sie nun.

„Ich warte, Alia.“ Wutschnaubend gab sie ihm das Handy, „Du treibst es zu weit Corvin. Vadim ist mein Bruder du kannst mich nicht von ihm fernhalten.“

„Solange du keine Vernunft annimmst, werde ich dich vor ihm schützen.“

Alia lachte gurrend auf. „Ach Corvin du bist nur eifersüchtig. Denn Vadim bekommt von mir war er braucht und du versagst dir das Vergnügen.“ Ekel wallte in mir auf, Alia war auch noch stolz auf dieses kranke Verhältnis.

„Alia ich könnte mich niemals mit dir Vergnügen. Dazu wäre ich einfach nicht in der Lage.“

„Du bist nicht Manns genug.“ Schrie sie ihn an.

„Ja wenn du es so ausdrücken willst, bitte.“ Das war ein heftiger Tiefschlag den Alia austeilte. Umso mehr musste ich Corvin bewundern, er behielt die Ruhe. Alia rauschte aufschluchzend hinaus, unauffällig wollte ich hinter ihr her. „Wo willst du hin? Wir waren noch nicht fertig.“ Fuhr er mich an.

„Ich denke schon.“ Die noch geöffnete Tür vor Augen.

Genervt fuhr sich Corvin über die Stirn, „Gehst du ihr nach und verschwörst dich mit Alia gegen mich?“ fragte er beißend.

„Nein wie kommen sie denn auf die Idee? Ich sehe durchaus ein, dass sie Alia vor sich selbst schützen.“ Gab ich ehrlich zu.

„Nun erstaunst du mich, das kommt selten vor. Darf ich fragen, woher diese Annahme kommt.“

„Das liegt doch wohl auf der Hand. Alia ist ihrem Bruder völlig ausgeliefert …“

„So  wie  Vadim,  auch  er  ist  von  seiner  Schwester  besessen.  Es  beruht  auf  Gegenseitigkeit,  eine  wirklich krankhafte Beziehung. Eines Tages muss ich eine Entscheidung treffen.“ Er sprach mehr zu sich selbst, schien meine Anwesenheit vergessen zu haben. Leise machte ich auf den Raum zu verlassen.

„Ich  habe  dich  keineswegs  vergessen.  Nun  wenn  würdest  du  verschonen? Alia  oder  Vadim?“  ich  zuckte zusammen, er sprach davon einen der Geschwister umzubringen und das in einem völlig ruhigen sachlichen Tonfall. Zucker oder Milch? Auf was verzichtest du? Alia oder Vadim? Auf wen verzichtest du?

„Sie sind ja krank! Auch nur daran zu denken.“ Und diesmal konnte mich kein Befehl aufhalten, ich stürmte hinaus. Corvins Sardovan Lachen hinter mir lassend.

Kapitel 7

An der Rezeption hielt mich ein junger Mann auf. „Hallo, bist du Sarah? Ich bin Hendrik.“

„Ja?“ sah ich ihn fragend an, „Corvin sagte ich solle dir mitteilen, wann die Mahlzeiten serviert werden.“

Noch völlig von der Rolle über das eben gehörte starrte ich den jungen Mann an. „Oh ja, entschuldigen sie, ich…“

„So alt bin ich nun wieder nicht.“ Lachte er freundlich, „Du kannst mich ruhig duzen. Also morgens sieben Uhr wird gefrühstückt. Mittagstisch wird in der Zeit von halb eins etwa eine Stunde gehalten, das sehen wir nicht so genau. Hast du sonst noch Fragen?“ ich sah auf die Uhr, supergleich drei und ich habe heute noch keinen Bissen bekommen. Geschweige denn einen Kaffee. Reumütig gestand ich Hendrik mein Dilemma.

„Dann komm mal mit.“ Sah er sich vorsichtig um. „Also in ganz besonderen Fällen hält die Köchin eine Reserve zurück. Wollen wir unser Glück versuchen?“ dagegen war ich keineswegs und mein knurrender Magen jubilierte in der Hoffnung feste Nahrung zu bekommen.

Hendrik war ein liebenswerter unkomplizierter Bursche. Er sagte er sei das Mädchen für alles. Später erfuhr ich, er leitete das Hotel. „Nun was machst du gerne? Corvin sagte du bleibst für eine Weile und ich soll dir eine Aufgabe zuteilen, die dir liegt.“

 

Er sah mich mit seinen himmelblauen Augen erwartungsvoll an. Wahrscheinlich sollte ich jetzt dankbar eine Wahl treffen. „Ich laufe gerne.“ War meine lahme Antwort.

„Gut, ich laufe auch jeden Morgen, es wäre nett, wenn wir zusammenlaufen. Doch ich warne dich ein guter Gesellschafter bin ich dann nicht. Was noch? Welchen Beruf hast du ausgeführt?“

Ich verzog griesgrämig meine Miene. „Also wie wäre es, ich stecke dich in die Rezeption. Von dort kannst du dir einen Überblick verschaffen.“ schlug er vor. Damit war ich einverstanden, erleichtert atmete er auf. Ich war keineswegs sehr begeistert, schließlich war das mein Urlaub.

Meinen letzten Bissen auf die Gabel spießend fragte ich ihn, warum er so erleichtert war. „Es ist keineswegs das erste Mal, das eine Verwandte im Hotel arbeitet.“ Verwandte setzte er in Anführungszeichen.

„Mir kommt es zu, der jeweiligen Favoritin eine Arbeit zuzuteilen, wenn sie denn dazu bereit ist. Einige sind, nun ja, recht von sich eingenommen, die meisten sogar.“ Er sprach von Frauen, ich kapierte. Corvin hielt sich seine Verhältnisse im Hotel und Hendrik dachte ich gehöre dazu. „Oh, aber ich bin eine Verwandte.“ Klärte ich ihn auf.

„Du bist also keine seiner Liebschaften?“ hinterfragte er nochmals.

„Nein!“ protestierte ich vehement.

„Hätte ich mir auch denken können, du bist zu normal. Corvin hat eine Vorliebe für schöne mondäne Frauen. Doch trotzdem …“ ließ er den Satz unvollendet.

„Danke auch.“ Neckte ich Hendrik. Er lief wirklich rot an. Verlegen versuchte er sich herauszureden.

„Ist schon gut. Ich weiß, wie du es meintest.“ Amüsierte ich mich königlich, das erste Mal in dieser ehrenwerten Burg.

„Oh da bist du ja, Sarah.“ Rief Dana erleichtert aus, „Hendrik hast du dich gut um Sarah gekümmert?“ er erhob sich sofort und Dana drückte ihn zurück auf den Stuhl.

„Bleib sitzen mein Junge. Sarah in zwei Stunden erwartet uns Corvin.“ Sie sah entsetzt auf meinen Teller, „Ich hoffe du hast noch genug Platz, es gibt ein Menü mit fünf Gängen.“

„Ups, das werde ich kaum schaffen, ich bin so richtig satt.“

„Dann steck dir den Finger in den Hals.“ Meinte sie trocken, war das etwa ernst gemeint? Hendrik prustete los.

„Soll ich mit der Köchin reden, sie kann deinen Teller ein wenig manipulieren.“

 „Ich wusste doch, warum ich dich mag, Hendrik. Also zwei Teller.“ Entschied Dana, „Wer serviert? Ich möchte nicht wieder solch ein Debakel wie beim letzten Mal erleben. Da hat Corvin den für mich bestimmten Teller vorgesetzt bekommen.“

„Alles geregelt, Dana.“ Beruhigte, Hendrik die alte Dame.

„Na dann komm nicht zu spät Sarah. Ich habe dir etwas Passendes herausgelegt. So ich werde meine Sachen packen. In der nächsten Zeit werde ich bei Alia wohnen.“

„Du willst uns verlassen, Dana?“

„Nur für eine Weile, Alia ist enttäuscht, das Sarah hier im Hotel wohnt, da springe ich eben ein. So ist das, die Kinder werden nie erwachsen.“

Ich musste Dana einfach bewundern, ohne ein Wort von den internen Schwierigkeiten zu erwähnen, begründete sie glaubhaft ihren Auszug. Welche Familiengeheimnisse gab es noch? Außer natürlich das sie Blutsauger waren. Was mir nicht mehr halb so viel Angst einjagte.

Hendrik erläuterte mir den Ablauf in der Rezeption. Dann stellte er mich den diensthabenden Empfangschef vor, der mich geringschätzig begutachtete. Er bat Hendrik um eine Unterredung unter vier Augen. Leise sprach der Empfangschef auf Hendrik ein. Als dieser ihm antwortete, warf der Empfangschef mir einen verkniffenen Blick zu. Keine gute Ausgangssituation dachte ich noch, als Hendrik mich zu sich winkte. Wir gingen durch die Tür die Corvin schon zuvor nahm. Diesmal gingen wir jedoch sofort links.

„Das ist der Umkleideraum für die Damen. Warte hier müssten die Uniformen liegen, ah da. Lege jeden Tag eine Neue an, alles ist nach Größen sortiert. Dort ist ein Wäschekorb, die Uniformen werden täglich gereinigt. Dein Dienst beginnt morgen neun Uhr. Achte auf ein gepflegtes Äußeres, keinen übermäßigen Schmuck, ein leichtes Make-up, dezent parfümiert. Binde dir das Haar zusammen und noch eines sei höflich. Der Gast ist König, egal was er sagt oder tut. Sollte dir einer Schwierigkeiten machen, rufe den Empfangschef er weiß, was zu tun ist. Diskutiere nie mit einem Gast. Wenn du dir das merkst, kommst du schon klar, den Rest lernst du.“

„So schlimm? Der Empfangschef will mich nicht, hm.“

„Nein und ich kann ihm das auch nicht verübeln. Er hat schon so manche Erfahrung mit Corvins Damen erlebt. Doch du wirst ihn schon beeindrucken, ich glaube das ist der perfekte Platz für dich.“ Machte er mir Mut. „Ah, hier sieh dir das an. Die Angebote des Hotels und der Umgebung. Nun sieh mich nicht so an, du schaffst es.“

„Dein Wort in Gottes Ohr. Da fällt mir gerade meine Verabredung ein, ich habe morgen eine. Was mach ich denn nur? Ich will ihm nicht vor den Kopf stoßen.“

„Der Mann, der auf dich wartete?“ ich nickte, „er soll für seine Ausdauer belohnt werden. Du kannst dich mit ihm Treffen. Nimm den Raum an der Rezeption gleich links, dort könnt ihr euch unterhalten.“ Grinste er mich an.

Eines wurde mir klar, es war schwierig ein Geheimnis in dieser Burg zu wahren. Wie stellten es die Vampire an? Schließlich war dies mehr als ein wartender Kavalier. Indessen klärte mich Hendrik weiter auf. „Sechs Uhr kommt die Ablösung, danach kannst du deine Zeit frei einteilen.“

Sofern Corvin Sardovan keine weiteren gemeinsamen Abende plante. „Danke Hendrik ich werde mein Bestes geben. Gerade weil du dich eben für mich eingesetzt hast.“

„Dann auf gute Zusammenarbeit. Doch nun solltest du dich sputen der Obermacker wartet nicht gern.“

„Lass ihn das nicht hören.“ Warnte ich Hendrik. Der schmunzelte nur und winkte mir zum Abschied zu. Mein Zimmer war nicht wiederzuerkennen. All meine Sachen waren ordentlich verstaut, das Bild meines Onkels stand auf dem Sekretär. Eine Vase mit frischen Blumen zierte den kleinen Tisch. Die unpersönliche Atmosphäre war verschwunden. Dana dankte ich ihr im Stillen.

Es klopfte, Dana trat ein, als ich mir gerade die Jacke vom Hosenanzug anzog. „Sehr geschäftsmäßig.“ Meinte ich, „jedenfalls für ein familiäres Essen.“

„Es  ist  fast  immer  ein  Geschäftsessen,  auch  wenn  es  klein  gehalten  wird.  Corvin  ist  durch  und  durch Unternehmer, er lädt gern seine Geschäftspartner ein. Seine Zukünftigen und die, von denen er sich einen Vorteil verspricht. Das ist genau richtig für den heutigen Abend. Wir sind sein Aushängeschild, warte, bis du Alia siehst. Denn die heutigen Gäste sind ein Ehepaar, die einen neuen Besitzer für ihre Firma suchen. Sie haben ihr Geschäft aufgebaut und hängen daran. Beide, die Frau hat ein Wörtchen mitzureden und Corvin versprüht seinen Charme, doch beeindruckt das sie nicht im Geringsten. Nun kommen wir ins Spiel, er will beweisen, dass seine Frauen gleichberechtigt mitarbeiten. Du als Neuling fängst von unten an, also kannst du ruhig deine zukünftige Beschäftigung erwähnen, sei einfach ehrlich.“

Der Abend verlief anscheinend wunschgemäß. Corvin guter Laune war ein charmanter Gastgeber. Alia ebenfalls in einem Kostüm unterhielt sich mit der Frau über diverse Praktiken.

Was mich persönlich freute, auch Hendrik war da, mit dem ich mich gut unterhielt. Dana übte den Status einer perfekten Gastgeberin aus. Für die Familie Sardovan also ein gelungener Abend. Was die Frau auch bestätigte, sie war über Alias geschäftliche Kenntnisse hocherfreut. „Sagen sie Corvin, ist das in ihren Betrieben normal? Die Frauen arbeiten Seite an Seite mit den Männern?“

„Das kann ich ihnen versichern. Wir sind ein Familienbetrieb, auch unsere Angestellten profitieren davon. Da unsere Frauen genau wissen, wie es ist, voll berufsfähig zu sein. Der Stress Familie und Beruf unter einem Hut zu bekommen.“

Ich schaltete ab und stellte mir vor wie entsetzt das Paar wäre, würden sie hinter der glatten Fassade ihres Gastgebers sehen. Ja mir Gesichter der Beiden vorzustellen, erheiterte mich.

Endlich wurde die Tafel aufgehoben, das Paar verabschiedete sich bald darauf. Ich ging mit Hendrik während Alia und Corvin noch den Abend diskutierten. Dana war schon gegangen sie wollte noch einige Sachen einpacken.

Hendrik versprach mir mich am nächsten Morgen zu seiner Runde mitzunehmen. In meinem Zimmer fiel mir ein, dass ich keine Erlaubnis von Corvin eingeholt habe. Sollte ich es riskieren? Nein wer weiß, was der Vampir mit Hendrik anstellte. Lektion gelernt Sarah und machte mich auf den Weg zu Corvins Gemächern.

Im Speisesaal brannte Licht, die Tür stand auf. Der Ober der uns den Abend über bediente meinte Corvin sei in seinem Büro. Er wies mir den Weg dorthin.

Aufatmend klopfte ich zaghaft, die Tür wurde sofort geöffnet. Corvin sah mich verblüfft an, „Was verschafft mir die Ehre deines späten Besuchs? Oder sollte ich mich geschmeichelt fühlen, dass du mich in der Nacht aufsuchst?“

„Reden sie keinen Quatsch. Ich komme nur aus einem Grund. Ihre Erlaubnis, ich möchte mit Hendrik laufen gehen. Darf ich das?“ es fiel mir schwer die übliche Höflichkeit zu wahren. Zudem eine Bitte auszusprechen.

Er ließ sich Zeit mit der Antwort, „Was bekomme ich dafür, dass ich dir die Genehmigung gebe?“

„Mein Wort, das ich keinen Fluchtversuch wagen werde.“

„Das wirst du nicht, schließlich willst du den armen Hendrik kein Leid zufügen. Nein ich dachte eher an etwas Angemessenes. Sagen wir des Ortes und der Zeit entsprechend.“

„Ich verstehe ihre Andeutungen nicht und will es auch gar nicht. Nun da sie mir keine Antwort geben, werde ich mich zurückziehen.“ Er machte mir Angst, sein ganzes Wesen verursachte mir eine Gänsehaut nach der anderen. Wie konnte ich nur denken mit ihm vernünftig zu reden. Schon fast draußen rief er mir seine Erlaubnis zu, erleichtert atmete ich auf. „Doch bedenke eines Sarah, ich werde zu gegebener Zeit meine offene Rechnung einfordern.“

 

Der  Lauf  mit  Hendrik  gestaltete  sich  erfreulicher  als  ich  zunächst  annahm.  Hendrik  schwieg  zu  meiner Erleichterung, es war ein stummes Miteinander. Ich fühlte mich befreit, ließ meine Sorgen hinter mir.

Es war gut, dass ich an diesem Morgen einen Teil meines Frustes loswurde. Denn schon während des Frühstücks wurde mir bewusst, wie schwer mein Stand unter den übrigen Angestellten sein würde. Sobald ich die Küche betrat, empfing mich ein stilles Schweigen, das zuvor lustige Geschnatter erstarb. Von allen Seiten wurde ich beäugt, einige taten so als sahen sie mich nicht, andere blickten mich mit offener Abneigung an.

Freundlich stellte ich mich vor, was bei einigen ein zurückhaltendes Lächeln hervorzauberte. Hendrik nickte mir aufmunternd zu und lud mich ein mich zu setzen. Nach einigen Minuten löste sich die Anspannung, der Raum erscholl in einem vielstimmigen Singsang.

Nachdem alle mit dem Frühstück fertig waren, teilte Hendrik verschiedene Aufgaben ein. Weiterhin befragte er die   Leute   ob   irgendwelche Probleme oder   sonstige   Dispute   herrschten.   Ich   fand   diese   interne Auseinandersetzung sehr interessant, jeder konnte sich mitteilen von dem Obersten bis hinunter in der  Rangliste. Die Runde wurde bald darauf aufgelöst.

Eine Frau mittleren Alters sprach mich an, „Hallo ich bin Sybil, wir werden zusammenarbeiten. Hendrik bat mich dir ein wenig unter die Arme zu greifen.“ Sie schien nett zu sein und offen. Denn als wir im Umkleideraum waren, fragte sie mich geradeheraus. „Du bist also die Neue unseres Bosses. Ungewöhnlich das du arbeitest. Wie kommt das?“

„Ganz einfach, weil ich nicht die Neue bin.“ Ich hielt mich an Corvins offizielle Version. „Vlad ist dein Vater?“ meinte sie zweifelnd, „Im Grunde geht es mich ja nichts an.“ Zuckte sie gleichgültig eine Schulter hoch. „Vlad gehört zu der netten Sorte. Immer höflich, für jedermann ein freundliches Wort. Stell dir vor er kennt jeden mit Namen und er hat keine Angst sich die Finger schmutzig zu machen. Einmal hat der Stallbursche einen über den Durst getrunken, ihm ging es an dem Morgen sehr schlecht. Da hat Vlad ihn in die Scheune geschickt, er sollte seinen Rausch ausschlafen. Dein Vater hat den Stalldienst übernommen. Natürlich spricht sich so was herum, ach Vlad ist ein toller Mann.“

Ich saugte jedes Wort gierig auf, die ersten handfesten Worte über meinen Erzeuger. Er stieg in meiner Achtung, die Rüstung meines goldenen Ritters fing an zu glänzen.

„Weißt du, wann er im Hotel ist.“ Sie runzelte die Stirn, „Nein, es ist ungewöhnlich, jetzt wo du es sagst. Denn er kommt normalerweise mehrfach in der Woche. Mal bleibt er für ein, zwei Tage. Doch meistens kommt und geht er. Ich habe ihn seit ein paar Wochen nicht mehr gesehen. Aber auch das kam schon vor, er wird sicher bald kommen.“ Versicherte sie mir zuversichtlich.

Das hoffte ich von ganzem Herzen. Zwar vergaß ich nie, dass er auf mich verzichtete. Doch anhand seines Wesens konnte ich es zum Teil verstehen. Einen Vampir als Vater ist doch recht ungewöhnlich. Eines fragte ich mich jedoch, inzwischen musste er doch wissen, dass ich hier war. Warum kam er nicht? Oder wies Corvin Sardovan an, es ihm zu verschweigen? Was ich ihm durchaus zutraute.

Die Arbeit an der Rezeption machte mir Spaß. Ich durfte den Gästen die Schlüssel herausgeben und gegebenenfalls die Post. Der Empfangschef am Morgen erwies sich als netter Kollege, der keine Vorurteile gegen mich hegte. Er erklärte mir den Arbeitsablauf, die besonderen Sehenswürdigkeiten in der Gegend und zu meinem Erstaunen erfuhr ich das es im Keller einen Wellness Bereich gab mit Pool.

„Sybil dürfen die Angestellten dorthin?“ sie sah mich grübelnd an. „Die Normalen wahrscheinlich nicht, du bist aber keine normale.“ Verdrehte sie lustig die Augen. „Frag Hendrik“, ich wusste, worauf sie anspielte.

Die Stunde, die ich mit Jens verbrachte. Dana kam pünktlich und spielte die Anstandsdame sehr zurückhaltend. Sie verzog sich in eine Ecke mit einem Buch in der Hand. Jens sehr erstaunt mich in der Uniform eines  Angestellten  zu  sehen,  fasste  sich  sogleich  wieder.  Er  wollte  später  sobald  mein  Dienst  endete wiederkommen. Sein ganzes Verhalten sprach dafür, dass er an mir interessiert war, doch ich zweifelte. Der Stachel saß tief.

Noch mit diesem Problem beschäftigt, trat ein Mann in die Halle. Arrogant und gut aussehend sich seiner vollkommen bewusst. Er überschaute mit wachen Augen die Halle, jede Kleinigkeit registrierend.

Sybil neben mir stöhnte bekümmert auf, „Den überlass ich dir.“ Und verschwand durch die Tür. Noch von ihrer Flucht irritiert, kam der neue Gast auf mich zu.

„Schlüssel!“, verlangte er die offene Hand hinhaltend.

 „Guten Tag darf ich …“

„Hör zu ich habe …“, verdutzt sah er mich an, seine Augen blitzten kurz auf. „Ah, eine neue Schönheit.“ Setzte er seine vollkommenen Lippen ein, ein Lächeln hervorzaubernd.

„Ganz recht, ich bin neu. Deshalb verzeihen sie mir meine Unwissenheit. Sind sie Gast in diesem Hotel?“

„Nicht ganz, meine Schöne, Sardovan; Henry Sardovan.“ Stellte er sich vor, mit einer Stimme, die Eis zum Schmelzen brachte. Er beugte sich weit vor, sodass ich mich zurückziehen musste. Er tat, als ob er mein Namensschild lesen würde.

„Sarah!“ ließ er meinen Namen auf der Zunge zergehen. „Zimmer 18 merke es dir mein Schatz, du darfst mich jederzeit aufsuchen. Zum Beispiel heute Abend, elf Uhr. Ich erwarte dich dann. Nun gib mir meinen Schlüssel, Kleine.“

Ohne ein weiteres Wort übergab ich ihm das Verlangte. Er hielt meine Hand kurz fest. „Ja, wir werden viel Spaß miteinander haben.“ Lächelte er mich hinreißend an, dann schwebte er geradezu durch die Halle davon.

„Ist er weg? Gott das war im letzten Augenblick. Einen schlimmeren Casanova gibt es nicht. Jede Frau legt er flach, man kann ihm einfach nicht widerstehen.“

„Nun ich fand ihn ziemlich arrogant und anmaßend.“ Und sah hinter dem Typen her. Schön er sah gut aus aber das war auch schon alles. Kein Grund gleich da hinzuschmelzen.

Sybil sah mich mit großen Augen an, „Du bist ihm nicht verfallen? Sieh mich an Sarah ich will deinen Geifer sehen …“ Forderte sie mich auf, „ … den jede Frau vor dem Mund bekommt, wenn er das Wort an sie richtet. Keinen leeren Blick, kein Schaum vor dem Mund? Tatsächlich du bist immun! Das glaub ich einfach nicht. In wen bist du verknallt? Dieser Jens kann es nicht sein, dafür gibt der zu wenig her.“

„Vielleicht liegt es an der Verwandtschaft?“, schlug ich vorsichtig vor.

„Ja das kann sein. Unserem Chef siehst du ja auch nicht sehnsüchtig nach.“

„Wie meinst du das?“

Sybil seufzte, „Hör zu, du bist neu, wir kriegen dich vorgesetzt. Du behauptest du seist keinesfalls sein Flittchen. Gut und schön, aber ich verlasse mich auf meine Instinkte. Unser Boss ist heute ungewöhnlich oft in der Halle. Jedes Mal wirft er dir einen Blick zu. Na da läuten doch meine Alarmglocken. Der will dich. Sarah aber sieht nicht mal auf, oder versucht seine Aufmerksamkeit zu erringen. Entweder bist du total abgebrüht oder wirklich ein Unschuldslamm.“

„Eines kann ich dir versichern. An Corvin Sardovan bin ich keineswegs interessiert, allein die Vorstellung.“ Schüttelte ich die Gänsehaut ab die meinen Rücken überzog, als ich an Corvin Sardovan dachte. Halte dir nur sein Monstergesicht vor Augen, dachte ich, nicht die braunen Augen die mir … Ich schüttelte den Kopf, das fehlte mir noch Corvin Sardovan war und ist mein ganz persönlicher Albtraum. Wenn ich nur an gestern Abend dachte, seine Anzüglichkeit von wegen offener Rechnung. Als ob ich mich freiwillig in seine Nähe begeben würde. Nein er übersah da das Wesentliche ich musste betteln, damit ich mit Hendrik laufen durfte. Aufseufzend verdrängte ich den Gedanken an den Vampir und wandte mich Sybil zu, „Jens, ja der ist was anderes.“ Schwärmte ich von ihm.

„Du hast´ne Macke. Eine Gewaltige sogar. Dein Jens kann Corvin nicht das Wasser reichen.“

„So welche Vorzüge hat unser Boss denn gegen den netten Herrn?“ steckte Hendrik neugierig den Kopf zwischen uns.

„Ach du, wie kannst du uns so erschrecken?“ knuffte Sybil ihn in die Seite.

„Ja wie kann ich nur? Wo ist denn der Empfangschef, er lässt seine Sache ganz schön schleifen.“

„Zu Tisch, wie du sehr genau weißt.“

„Ach ja, und ihr habt nichts Besseres zu tun als euch über Corvin zu unterhalten?“ sah er uns verschmilzt an.

„Henry ist da!“, sagte sie, als würde das alles erklären.

„So, so wen hat er diesmal auserkoren?“, fragte Hendrik mit gerunzelter Stirn. Sybil lachte in sich hinein, während ich die Augen verdrehte. „Sarah! Doch sie ist immun.“

„Das höre ich gern, eine Sorge weniger. Na dann meine Damen, vergessen sie nicht zwischendurch ein wenig zu arbeiten.“ Winkte er uns zu.

„Hendrik!“ hielt ich ihn auf, er wandte sich um, „Das Schwimmbad? Darf ich es, benutzten?“ er überlegte kurz.

„Ab zweiundzwanzig Uhr ist es für Gäste gesperrt. Dann wird dort ca. eine halbe Stunde alles gereinigt, danach darfst du.“

Kapitel 8

„Danke“ neben Laufen war schwimmen meine zweite Leidenschaft. Das Beste daran ich musste noch nicht einmal um Erlaubnis bitten. Jens kam am Abend nicht, traurig ging ich in mein Zimmer. Es war schon zum Verzweifeln, ich saß hier fest und ein unglaublich süßer Typ, bei dem ich Herzklopfen bekam, wohnte gleich um die Ecke. Unerreichbar für mich.

Alia platzte herein, „Sarah wo bleibst du? Corvin kocht vor Wut, das Essen steht auf den Tisch und wir müssen warten. Mein Gott, du bist ja überhaupt nicht angezogen! Nun aber schnell.“

Sie rauschte zu meinen Schrank und riss ihn auf. Endlich fand ich meine Sprache wieder. „Was soll das, Alia?“, fragte ich sie verdutzt. In meinen Schrank kramend, gab sie mir Antwort. „Jeden Abend, Sarah pünktlich halb sieben im Speisesaal. Nur wenn du gerade auf dem Totenbett liegst, ist das eine angemessene Entschuldigung. Hier zieh das an! Deine Haare warte …“ sie marschierte ins Bad und kam mit Kamm und Bürste bewaffnet zurück.

„Schneller beeil dich.“ Während ich mich anzog, kämmte und frisierte sie mich. „Jetzt im Laufschritt, in deiner Haut möchte ich nicht stecken. Nun komm schon!“ lief sie voraus.

Abgehetzt und außer Atem kam ich im Speisesaal an. Alia saß schon an ihrem Platz. Das beredete Schweigen dröhnte überlaut in meinen Ohren. Ich steuerte auf Hendrik zu, der mich angrinste.

„Sarah wie nett das du uns mit deiner Gesellschaft beehrst.“ Raunte Corvin leise, sehr leise. „Komm setz dich zu mir!“ kommandierte er. „Alia du darfst dich zu Hendrik setzen, auch in Zukunft.“ Sie stand totenbleich auf, ich musste auch so aussehen, den betroffenen Blick von Dana nach zu urteilen.

 „Nun da wir vollzählig versammelt sind, können wir ja endlich anfangen.“ Zischte Corvin mit einem Seitenblick in meine Richtung. Ansonsten verschonte er mich eine ganze Weile.

So sah ich es, denn er bestrafte mich. Indem er mich aus der allgemeinen Unterhaltung ausschloss. Niemand wagte das Wort an mich zu richten. Auch nicht Henry, der mir gegenübersaß. Er sah mich immer wieder fragend an. Man konnte seine grübelnden Gedanken direkt hören.

Schließlich seufzte Corvin, er lehnte sich zurück nahm Henry in Augenschein. „Du hast unser neustes Mitglied schon kennengelernt?“

„Ja und nein! Ich dachte sie ist eine Angestellte, das Sarah zur Familie gehört davon ahnte ich nichts. Inwieweit gehört das Mädchen denn zur Familie?“ Corvin ließ die Frage unbeantwortet und aß genüsslich weiter.

Henry neugierig wandte sich mir zu, Corvin lehnte sich demonstrativ vor, ein warnender Blick traf Henry.

„Ach Corvin wie lange willst du sie denn noch bestrafen? Obwohl ich denke Sarah sieht dies gar nicht so. Sie scheint ganz zufrieden zu sein.“ Grinste mir dieser Verräter zu. Warum konnte er nicht einfach den Mund halten?

Corvin nahm nun mich aufs Korn, ertappt! Errötend sah ich gramgebeugt auf meinen Teller.

„Ja du hast Recht, Henry. Meine Gleichgültigkeit ist ihr lieber.“ Seufzend meinte er, „Vielleicht sollte ich mich doch mal mit ihr beschäftigen?“ das klang eher wie eine Drohung.

Erschreckt sah ich auf, nur um in amüsierte, hinterlistige Augen zu schauen. Einen grimmigen Zug um den Mund beobachtete er mich genau. Er beugte sich zu mir herüber, „Ich werde mich dir ganz persönlich widmen. Das verspreche ich dir, meine Liebe.“ Raunte er mir leise zu, mein Herz sank in irgendwelche Tiefen hinab.

Laut klapperte Besteck auf den Boden, zusammenfahrend blickte ich auf. War das gerade Einbildung oder streifte sein Mund wirklich meine Wange? Er rührte sich noch immer nicht, war mir sehr nah. Zu nah. In meinen Magen bildete sich ein dicker Klumpen.

Alia entschuldigte sich für ihr Ungeschick, er sah mich noch immer an. Niemand am Tisch sprach ein Wort.

„Ja es wird mir ein Vergnügen sein.“ Durchbrach er die Stille, jedes Wort hinterließ seinen warmen Atem auf mein Gesicht. Meine Kehle war ausgetrocknet, ich schluckte in meinen Ohren klang es überlaut.

Langsam kamen leise Stimmen auf, Corvin rührte sich noch immer nicht. Ich wagte keine Bewegung, hielt krampfhaft mein Besteck fest. Den Blick auf den Teller konzentrierte ich mich auf das Stück Fleisch vor mir, seine Fasern, die Form und Corvin sah mich noch immer an. Das Gemüse, er ließ mich nicht aus den Augen, schlug er jemals die Lider nieder?

Bei den anderen wurden die Teller abgeräumt, meine Erlösung nahte. Doch aus den Augenwinkeln sah ich eine abwehrende Handbewegung. Unsere wurden ausgelassen, Corvin sah mich noch immer an. Mein Rücken verkrampfte sich. Wie lange noch? Wie lange wollte er dieses Spiel noch treiben?

Und wie lange wollte ich mir das noch gefallen lassen? Wer war er denn? Nichts als ein Vampir der in seine Macht verliebt war, ein Despot mit gewaltigen Hauern, mehr nicht. Und sah auf, direkt in seine unergründlichen Augen.

Was dann geschah, war so schnell so unvorhersehbar das ich dachte, ich träumte. Blitzschnell küsste er mich direkt auf den Mund. Hielt mein Gesicht mit beiden Händen fest. Erst als seine Zunge meine Lippen durchbrachen. Auffordernd an meine Zähnen spielte und ich seiner entgegenkam ließ er mich frei.

Was habe ich mir nur dabei gedacht? Wahrscheinlich gar nichts denn mein Kopf war leer gefegt ähnelte mehr einer trockenen trostlosen Wüste. Wie konnte ich nur seinen Kuss erwidern? Feuerrot im Gesicht saß ich einfach nur da und rührte mich nicht. Noch hallte die ungewohnte Empfindung in mir nach. Erregend ja das war das richtige Wort sein Kuss war erregend.

„Doch nicht so kalt? Wir werden sehen!“ leise geflüsterte Worte, warmer Atem an meinem Ohr. Ein Kribbeln, das mir durch Mark und Bein ging. Und ich konnte mich noch immer nicht rühren, vor Scham und Entsetzen.

„Nun die Fronten sind also geklärt, Corvin. Sarah ist also deine neue Verwandte! Eine Nichte?“ Lachte Henry trocken auf und warf sich im Stuhl zurück.

Alia sprang auf, der Stuhl schepperte noch durch die Gegend. Während sie schon nicht mehr zu sehen war. Corvin sah stirnrunzelnd auf die geöffnete Tür, ein Blick von ihm und Dana entschuldigte sich.

Sehnsuchtsvoll sah ich Dana nach, wünschte ich könnte mit ihr gehen. Doch Corvin hielt seine Hand auf meinen Arm, meine Bestrafung war noch nicht beendet. Die illustre Runde verkleinerte sich als Hendrik nun ging, ihm verdankte ich im Endeffekt meine Erlösung. „Du willst schon gehen Hendrik?“, fragte Corvin unmutig nach.

„Ja, morgen wird ein anstrengender Tag, für alle.“ Blickte er mich an. Corvin nickte ihm zu, „Und du Henry willst du uns auch verlassen?“

Aber Henry verneinte grinsend, „Um nichts in der Welt, möchte ich etwas verpassen. Außerdem denke ich braucht die Kleine ein wenig Unterstützung.“ Er beugte sich vor, „Du überschreitest Grenzen, mein Freund. Wir nehmen keine Frau gegen ihren Willen und Sarah will nicht, das sehe sogar ich.“

„Raus Henry! Nun gehst du zu weit. Das geht nur mich etwas an.“ Knurrte Corvin seine Fangzähne ausgefahren, wie schnell, konnten sie sich verwandeln oder wie das auch immer hieß. Denn auch Henrys schwarze Augen glitzerten nun gefährlich auf. „Du setzt für ein paar Schenkel alles aufs Spiel, Corvin. Wir haben gewaltigere Probleme als dein …“

Corvin versetzte Henry einen so gewaltigen Faustschlag, das dieser einfach wegknickte. „Du solltest jetzt besser gehen, Sarah und schließ deine Tür gut.“

Bei den ersten Worten sprang ich sofort auf und flüchtete. Seine nächsten Worte ließen mich innehalten. „Pass auf dich auf, ich habe getan, was mir möglich war.“

„Was soll das bedeuten?“ ich musste einfach fragen.

Er sah mich mit seinen unheimlichen Augen an, die Fangzähne waren deutlich sichtbar. „Was meinst du? Dass ich dir einen Platz an meiner Seite zuwies? Damit Alia beleidigte. Das ich dich daran hinderte deinen Teller zu leeren, der auffällig nach k. o. Tropfen stank? Oder den Kuss? Nun was genau meinst du, Sarah Wagner?“

Ich drehte mich einfach um und wollte keine weiteren Andeutungen mehr hören.

„Du darfst eines nie vergessen, trotz des zivilisierten Äußeren, sind wir Vampire. Wir nehmen uns was wir begehren, vergiss das nicht. Nur weil du die Tochter deines Vaters bist, bekommst du diesen Aufschub. Doch wie lange die guten Vorsätze halten, weiß ich nicht zu sagen.“

„Wen meinen sie damit? Vadim, Henry, Alia, Dana oder gar sich selbst.“

Plötzlich stand er vor mir, „Eine gute Frage, kleine Sarah. Dein Körper verspricht einige Lustbarkeiten. Doch bevor ich dich in mein Bett hole, meine Liebe. Wirst du lernen was Lust und Sehnsucht bedeuten. Du wirst dich nach mir sehnen mich anflehen zwischen deinen Schenkeln zu reiten. Erst dann besteige ich dich, denn auf eine frigide kalte Frau habe ich keine Lust.“ Lächelte er zynisch auf mich herab.

Das war nun das zweite Mal, dass dieses Ungeheuer mich beleidigte. Egal ob es der Wahrheit entsprach oder nicht. Es ging nur mich etwas an. „Darf ich jetzt gehen oder wollen sie mich noch weiter demütigen? Was sie ja am besten können, außer Befehle zu erteilen.“

„Lauf nur  davon.  Leck deine Wunden.  Zu gegebener  Zeit werde  ich dir antworten.“  Lachte  er mich  aus, „Vielleicht schon schneller als du denkst. Dein Hinterteil ist äußerst anziehend.“ Rief er hinter mir her. Wütend und verletzt knallte ich jede Tür zu die ich passieren musste.

„Sarah?“ Danas leise Stimme aus der Dunkelheit, „hier im Nebenraum. Schließ die Tür.“ Bat sie mich. Alia saß verheult auf einem Stuhl, Dana kniete vor ihr. „Siehst du, er hat Sarah gehen lassen. Du grämst dich völlig umsonst.“

„Nein Dana er will sie! Ich sehe es ihm an. Die Frauen tuscheln schon, wie er sie beobachtet. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann er sich Sarah ins Bett holt.“ Auch das noch, Alia war verletzt, weil Corvin mich küsste.

„Alia ich schwöre dir ich will nichts von Corvin, er ist …“ sie sah mich mit großen Augen an, „Corvin? Ich spreche von Henry und von meinen Bruder. Du hast Vadim verhext, er rührt mich seitdem nicht mehr an. Und nun auch noch Henry. Was hast du das sie nach dir verlangen? Wie kommst du auf Corvin? Ah du meinst, weil er dich küsste? Mach dir keine Hoffnungen, Corvin wird sich niemals mit dir einlassen, du bist Vladis Tochter.“

Ich war total perplex. Alia und Henry? Dazu noch Vadim?

„Ehrlich gesagt solltest du das ausnutzten Alia. Vielleicht ist das die Gelegenheit dich endlich von deinem Bruder zu lösen.“

„Du verstehst doch gar nichts, Sarah. Was weißt du schon über mich und Vadim. Ja wir lieben einander, doch warum. Willst du es wissen? Er hat sich um mich gekümmert, seitdem ich ein Baby war. Wir hatten nur einander. Eingepfercht in diesem feuchten Keller. Die Reste der Hunde durften wir fressen. Über Jahrzehnte vegetierten wir dahin, wir wurden erwachsen. Wir erlebten das erste Mal in unserem Leben etwas Schönes Wunderbares. Niemand konnte es uns nehmen, es gehörte uns ganz allein.“

Seufzte sie in der Erinnerung, „Eines Tages kam dieser Vampir. Er biss mich ohne mich zu fragen. O ja ich genoss seine fähigen rauen Hände, seine Stärke, seine Ausdauer, wie er mich lustvoll befriedigte. Doch ich sah auch Vadim, der verängstigt in der Ecke hockte. Ich überredete den Vampir auch Vadim zu wandeln, er tat es. Oft befriedigte er mich, ich fand Gefallen an seine rüde Art. Sie war fordernder, Vadim war zärtlich, sacht. Doch dieser Vampir war ein ausgewachsener Mann.“

Alia bekam wieder dieses Glitzern in den Augen, „Als Vadim stark war, da brachten wir den Vampir um. Denn jetzt konnte Vadim mir geben, was ich brauchte.“

Wahnsinn! In Alia loderte der Wahnsinn. Anders konnte ich es nicht beschreiben. Besessen? Nach Sex? Ein Ersatz für Liebe? Ich wusste nur eines, darüber hinaus wurde sie wahnsinnig.

Sie fixierte mich mit geschlitzten Augen, „Vadim gehört mir, Sarah. Er wird mir immer gehören. Sowie Henry. Es wird Zeit für dich nach Deutschland zurückzukehren. Besser noch heute Nacht. Denn ich werde dich umbringen, wenn du mir Vadim, Henry oder Corvin wegnimmst. Sie gehören alle mir.“ Fletschte sie nun die Zähne, die vollausgefahren waren. Dana hielt sie fest, „Hol Vadim er sitzt im Nebenraum, nur er kann sie beruhigen.“

Das musste man mir nicht zweimal sagen und spurtete los. Zum Glück musste ich nicht erst große Erklärungen abgeben. Vadim schaltete sofort und stürzte an mir vorbei.

Leise liebevolle gemurmelte Worte. Dana ergriff mich am Arm, „Sarah komm“ sie führte mich hinaus, bis zu meinen Zimmer. Erst als sie die Tür hinter sich schloss, stöhnte Dana auf. Sie zitterte wie Espenlaub. Schnell schob ich ihr den Stuhl unter, „Dana was …“

„Einen Moment, Sarah gib mir einen Moment.“

Die Tür wurde aufgerissen, „Seid ihr in Ordnung?“ Corvin kniete vor Dana, besorgt sah er sie an. „Dana? Henry hol ihr was! Schnell!“ Ich nahm eine Bewegung an der Tür wahr.

„Konnte Vadim sie beruhigen?“, fragte Corvin mich, „Ich weiß nicht, Dana hat mich sofort raus geführt.“

„Hier!“ Henry reichte Corvin eine Flasche, „Dana trink.“ Angeekelt neigte sie ihren Kopf zur Seite. „Ich kann nicht.“

„Dana das ist Wein, den kannst du trinken.“ Henry hob eine Braue. Dana setzte die Flasche an und Corvin sprang auf. Hielt die Flasche fest an ihren Mund gepresst, halb über Dana gebeugt. Während Henry sich auf Danas Körper stürzte.

Das konnte ich nicht mich ansehen. Sie taten ihr weh! Waren sie denn alle total übergeschnappt? Die Vase vom Tisch nehmend und auf Corvins Kopf niedersausen zu lassen gelang mir in einem Handstreich. Der andere bekam ein paar kräftige Fußtritte ab. Doch sie ließen Dana nicht los, die erstickend schluckte.

In Ermanglung weiterer Waffen sprang ich Corvin an. Auf seinem Rücken, in seinem Haar festgekrallt biss ich zu. Wie auf einem bockenden Pferd hielt ich mich im Sattel.

Der bekam mich nicht hier runter. Diesmal bekam ich ein Ohr zu fassen. Meine Beine um Corvins Leib schlingend suchte ich nach Halt, bekam die Nase zu fassen. Mit Loch! Corvin Sardovan jaulte gepeinigt auf, was mich noch tiefer in die schleimige Höhle vordringen ließ.

Henry, der kurzweilig in mein Gesichtsfeld erschien, weil er von Dana wie ein nasser Waschlappen ausgeschüttelt wurde. Sah entsetzt zu Corvin hinauf, der noch immer vor Schmerz heulte. Doch sie ließen keineswegs von Dana ab.

Ja, ja Vampir, das tat weh. Eine Nase ist ein empfindlicher Ort. Dachte ich noch voller Stolz, bis ich den Halt verlor und an dem Vampir herunterrutschte. Doch auch seine Waden eigneten sich hervorragend als Angriffsziel. Zudem konnte ich dem anderen, der noch immer hin und her geschleudert wurde, meinen Fuß in den Bauch rammen oder wo ich gerade traf. Das konnte ich nicht so genau verfolgen, weil ich mich an der Wade festbiss.

„Du kannst sie loslassen“ ertönte Corvins gequälter Ruf. Henry rollte sich geschickt auf die andere Seite des Raumes. Während Corvin zurücksprang, nicht ganz so wie er sich das dachte denn ich hing noch an seinem Bein. Entsetzt sah er hinunter und bekam in dem Moment einen Schlag von Dana mitten ins Gesicht. Auf die sowieso schon geschundene Nase.

„Gut gemacht Dana, jedem das, was er verdient!“ Und ließ den übertölpelten Vampir los. Dana stierte mich mit gefletschten Zähnen an. Jetzt bekam ich es mit der Angst zu tun und krabbelte rückwärts suchte Schutz bei Corvin, der  kampfbereit, Dana  nicht aus  den  tränenden Augen ließ. Zwischen seinen  Beinen hindurch. Was Corvin ablenkte und Dana sich zunutze machte, sie sprang ihn an. Aufschreiend brachte ich mich hinter Corvin in Sicherheit, der Dana festumklammert hielt. Zu meiner Verwunderung sprach er beruhigend auf sie ein.

Dana wehrte sich kaum noch, „Du kannst mich loslassen, du Scheusal!“ sagte sie schließlich ganz vernünftig.

„Es tut mir leid, doch du musstest Nahrung aufnehmen.“ Entschuldigte sich der Vampir.

„Ist schon gut, Corvin.“ Er ließ sie los.

„Bist du verletzt? Oh Henry, habe ich dir wehgetan?“ sie kniete sich vor Henry, richtig besorgt.

Ich verstand die Welt nicht mehr, erst erstickten sie Dana, dann entschuldigte sie sich. Die sollten sich was schämen Dana so etwas anzutun. Empört stand ich auf.

Dana sah mich an, sofort suchte ich Schutz hinter Corvin. „Sarah, du warst dabei? Wie konntet ihr so unvorsichtig sein?“ schimpfte sie die zwei Vampire aus.

Henry  ließ  ein  rasselndes  Stöhnen  hören,  „Meine  Rippen  ich  glaube  eine  steckt  in  der  Lunge.“  Sagte  er kurzatmig, Corvin die Flasche aufnehmend, reichte sie Henry, „Ein Schluck ist noch drin. Ich hole derweil noch eine.“ Seine Nase abtastend ging er hinaus.

„Oh Henry das wollte ich nicht.“ Bedauerte Dana den Schuft.

Er lachte kurzatmig, „Das war Sarah sie hat mir einige Tritte verpasst.“

„Ja und es geschieht euch recht, wie könnt ihr Dana einfach angreifen.“ Henry und Dana sahen mich bestürzt an.

„Sarah mein Kind, sie haben mir Nahrung gegeben. Ich ekle mich vor Blut, deshalb muss man es mir eintrichtern. Der Kraftaufwand war zu viel für mich, ich musste etwas zu mir nehmen.“

„Sie wollten dir nichts antun?“ jetzt kam ich mir ziemlich blöde vor, zu allem Überdruss feixte Henry nun auch noch. „Sarah hat dich verteidigt, Dana wie eine Löwin ihre Kinder.“

 „Oder wie ein bissiger Nasenwurm. Ich habe mehr Bisswunden am Körper, als ich zählen kann. Meine Nase ist gebrochen und irgendwas stimmt damit nicht.“ Schniefte Corvin vorsichtig. „Hier Henry!“ er reichte ihm eine Flasche und trank selbst aus einer anderen.

„Solltet ihr nicht einen Arzt aufsuchen, der euch hilft?“, schlug ich unschuldig vor, vom schlechten Gewissen geplagt. „Beileibe woher kommt sie?“, fragte Henry perplex nach, er sah mich an als wäre ich ein seltenes Objekt.

„Vlad´s Tochter“, sagte Corvin, als erkläre das alles.

„Waas?“ wieder dieser Blick, nun kam noch Erstaunen dazu. „Man das ist ein Hammer.“ richtete er sich röchelnd auf. „Weiß er es …“, Corvin, unterbrach ihn brüsk, „Später, zuerst kümmern wir uns um Dana und Alia.“

Henry nickte zustimmend, langsam stand er auf. Mein Gott mit einer Rippe in der Lunge ist doch nicht zu Spaßen. Aber er richtete sich vollkommen auf. Trank einen tiefen Zug aus der Flasche, dann grinste er Corvin zu, „Du hast echt leckeres Zeug.“ Corvin erwiderte sein Grinsen und half Dana aus meinem Zimmer.

„Dabei wäre es schön gewesen mit uns, aber Vlad´s Tochter.“ Er schüttelte ungläubig den Kopf. „Verrückt bin ich noch nicht, schade kleine Sarah.“

 

Noch immer starrte ich die geschlossene Tür an. Was für Abgründe taten sich vor mir auf. Nicht genug dass ich in den Fängen eines Vampirs geraten bin, nein einer ganzen Familie.

Da lernte ich einen unglaublichen netten Mann kennen und er kam nicht zu der Verabredung. Als ob das für einen Abend nicht genug wäre. Nein ein verkorktes Abendessen mit einem unfassbaren erotischen Kuss. Der mich wirklich tief erschütterte vor allem, weil Corvin Sardovan der Gebende war. K. o. Tropfen in meinen Essen, ich zweifelte keinen Augenblick an Corvins Worten. Alia, die völlig austickte und zu guter Letzt eine wilde Dana, die zwangsernährt werden musste. Meinen Anteil dieser Nahrungsaufnahme wollte ich tunlichst vergessen.

Das sollte doch für einen Abend reichen, du solltest jetzt ins Bett gehen und aus diesem Albtraum aufwachen. Doch ich wusste nur zu gut, Schlaf und Traum waren nicht mein eigentliches Problem.

Wenn ich könnte, wie ich wollte, würde ich laufen gehen. Gedanken ordnen um einen klaren Kopf zubekommen. Das Risiko war einfach zu groß Corvin würde mich wahrscheinlich vierteilen und trotz allem hing ich an mein Leben.

Verzweifelt ließ ich mich nach hinten auf das Bett fallen. Was war das, eine neue Überraschung? Ein Beutel mit einem Bikini, die Wangen aufplusternd dachte ich an Alia. Sie sah darin wahrscheinlich sexy aus. Sie würde ihre Hüften schwingen und alle Blicke auf sich ziehen und es genießen.

Ich war da ein ganzes Stück altbackener. Ich bat sie, mir einen Badeanzug auszuleihen und sie gab mir diese kleinen Stücke Stoff. Der war wirklich knapp! An der Hose zupfend, sollte ich oder nicht. Mein Bewegungsdrang siegte, was soll´s niemand würde mich darin sehen.

Denn ich musste mich bewegen sonst würde ich noch irre. Diese Familie war eindeutig verrückt. Nicht nur Vampire nein auch noch reif für die Klapse. Allesamt hatten sie doch einen Schaden! Ich konnte nur eines Hoffen, das Vlad Sardovan nicht mein Vater war.

Der Beschreibung folgend fand ich den Wellness Bereich ohne Mühe. Nur ging das Licht in diesem verdammten Gang ständig aus. Die erstbeste Tür öffnend suchte ich einen Schalter, nichts meine Hand griff ins Leere. Doch mein Gehör und Nase meldeten Wasser.

Irgendwo musste doch die Beleuchtung angehen, verflixt noch mal. Nun stand ich wieder in der Dunkelheit, also zurück und Knöpfchen drücken.

Schnell lief ich zu dem Raum, eine Art Vorratsraum, Handtücher Bademäntel sauber verpackt in Folie. Flaschen, Tiegel, Schwämme überflogen meine Hände das Regal aber da eine Taschenlampe. Wenigstens etwas!

Damit bewaffnet lugte ich in den nächsten Raum, da war es! Ein Pool ganz für mich allein. Nein eine griechische Felsenhöhle nicht nur ein Pool! Man weilte schließlich bei Corvin Sardovan.

Trotz allem er besaß Geschmack, es wirkte weder überladen noch kitschig. Liegen, Stühle mit kleinen Tischen rund um das Becken, sehr schön!

Wenn ich nur Licht hätte, auf den Tischen standen Kerzen hm, sehr stimmungsvoll, nur ein Feuerzeug oder Streichhölzer. Ich sah mich um, da eine Theke. Betrinken konnte ich mich auch noch, grinste ich in mich hinein. Nach diesem Abend keine schlechte Idee. Na wer sagt´s denn, Glück muss man haben.

Mit einem Kopfsprung ins kalte Nass, Runde um Runde. Verscheuchte ich die düsteren Gedanken aus meinen Kopf. Die Anstrengung tat mir gut, japsend hielt ich mich am Beckenrand fest.

So sollte es sein, ließ ich mich genüsslich treiben. Ein Ort zum Wohlfühlen, doch etwas störte mich, schon die ganze Zeit ich wurde es nicht los.

Eigentlich müsste ich völlig entspannt sein, das war nicht der Fall. Was war es nur? Die dunklen Ecken konnten, wer weiß wen beherbergen. Leise ungewohnte Geräusche, da ein Tropfen der ins Wasser fiel. Ein leises Huschen über den Boden. Hier ein Knacken dort ein Knarzen. Nein hier hielten mich keine zehn Pferde mehr, das war mir zu unheimlich. Mitten in der Bewegung stockte ich.

Ganz deutlich, das Geräusch von einem Fuß, der auf Fliesen trat. Da noch einer. Die Richtung konnte ich nicht ausmachen alles hallte wieder, sogar mein stoßweiser Atem. Ich saß in der Falle, gingen Vampire ins Wasser? Wieder das untrügliche Aufsetzen, eines Fußes.

„Hallo! Wer ist da?“ meine Stimme hallte schrill von den Wänden wieder. Hau ab, solange du noch kannst, Sarah. Panik erfasste mich.

„Juhu!“ Jemand sprang direkt vor mir, laut johlend ins Wasser. Ich schrie gleich mit und ging starr vor Angst unter. Hektisch strampelnd versuchte ich den Beckenrand zu erreichen und wurde festgehalten. „Sarah“ vergnügtes Auflachen, „Sarah ich bin´s Hendrik!“

„Du verdammter Idiot, du hast mich zu Tode erschreckt.“ Fuhr ich herum und knallte ihm eine. Er verstummte sofort, betroffen die Wange haltend.

 „Wollte doch nur einen Spaß machen.“ Sagte er sich die Wange reibend, „es drängte sich förmlich auf, du ganz allein bei dämmrigen Licht. Außerdem hast du sowieso schon ängstlich ausgesehen.“ Grinste er schon wieder.

„Blöder Kindskopf“ fauchte ich ihn an, doch schon nicht mehr so wütend.

Kapitel 9

„Verzeih, aber du musst schon zugeben, es war gruselig.“ Konnte er sich kaum noch vor Lachen über Wasser halten.

„Du hast ja recht.“ Musste ich nun selbst über mich lachen.

„Übrigens willkommen in der Familie. Deshalb bin ich eigentlich nur runter gekommen. Mein Dad erzählte es mir vorhin.“

„Dein Dad?“, fragte ich überrascht nach.

„Ja Henry!“, sagte er ganz selbstverständlich, als ob ich es hätte wissen müssen. „Er mag es zwar nicht, wenn ich Dad sage, doch schließlich ist er es ja.“

„Dein Vater ist Henry. Der Henry, der heute eintraf, der?“ Hendrik nickte eifrig, ich fiel aus allen Wolken gaffte Hendrik ungläubig an. „Was ist? Wusstest du es nicht? Na hör mal, ich hab doch seinen unwiderstehlichen Charme.“ Lächelte er mich anzüglich an.

„Üb noch ein bisschen.“ Neckte ich ihn.

„Das brauchst du ja nicht mehr, wie ich hörte.“ Gluckste er vor sich hin, „Meinen Alten und Corvin, alle Achtung.“ Schnalzte er mit der Zunge.

Na toll! „Dein Vater redet zu viel.“ Sah ich verlegen weg.

„Nee, ich habe gelauscht. Sonst erfährt man ja nichts.“ Gab er offen zu, „du sollst ganz nach deinem Vater kommen. Corvin meint du übertriffst ihn noch mit deinem Jähzorn. Hast du sie tatsächlich angegriffen?“

Ich stöhnte verlegen auf, „Sie müssen mich doch für einen kompletten Volldeppen halten.“

„Meinen Dad hat´s imponiert. Er sagte du wirst ein guter Krieger, wie dein Vater. Falls du …“ erschrocken hielt er den Mund.

„Falls ich was?“

„Komm lass uns eine Runde schwimmen, ich rede zu viel.“

„Hendrik komm auf der Stelle …“ ich gab es auf, er tauchte unter. Egal wie ich bohrte, drohte, schmeichelte oder zuletzt auch bettelte, er sagte kein Wort mehr zu dem Thema.

Mit Hendrik an meiner Seite verlor ich die Anspannung, wir durchschwammen noch einige Male das Becken, alberten ein wenig das in ein Wettkampf ausartete. Schließlich hechelten wir nach Luft und beschlossen ins Bett zugehen.

Mit der Taschenlampe bewaffnet blies ich die Kerzen aus. „Weißt du, das ist eine gute Idee mit den Kerzen, sehr romantisch.“ Überlegte Hendrik am Beckenrand sitzend.

„Komm auf keine blöde Idee, du bist mir zu jung.“

„Na hör mal“ protestierte er, „wir sind im gleichen Alter.“

 „Eben!“ und leuchtete ihn an. Aus den Augenwinkeln nahm ich eine Bewegung wahr, sofort leuchtete ich dorthin, nichts.

„Was ist?“

„Ich habe da gerade noch jemanden stehen sehen. Da direkt an der Wand gelehnt.“

„Du siehst Gespenster! Vielleicht doch keine gute Idee. Was will man mit einem Mädchen hier unten, wenn es sich fürchtet. Schade.“

„Du kannst ja den Helden spielen.“ Meinte ich noch immer in jede Ecke leuchtend.

„So wie dein Kavalier? Jens? Nicht wahr?“ fragte er feixend.

„Sei schön vorsichtig mit dem, was du sagst, Hendrik.“ Warnte ich ihn, er lachte nur, „Nun komm schon. Da war niemand und wenn doch dann ist er längst weg. Weißt du Vampire.“ Vollführte er einen Regentanz.

„Ach hör auf. Sie können mit ihren Hauern fletschen und herumbrüllen.“ Sagte ich überheblich.

„Du vergisst, Lautloses bewegen, in der Dunkelheit sehen wie am Tage, wenn nicht noch besser, enorme Kräfte, die Schnelligkeit, manipulieren besonders gern unwillige Blutspender, Dinge bewegen allein durch die Kraft der Gedanken, sowie Gedanken lesen.“

„Telekinese, Hypnose? Mach dich nicht lächerlich Hendrik.“ Schüttelte ich lachend den Kopf keines seiner Worte glaubend.

„Sie können es.“ Behauptete er ernsthaft. „Je älter ein Vampir, desto stärker sein Können. Glaub mir, schließlich lebe ich seit meiner frühesten Kindheit unter ihnen.“

„Und warum bist du dann keiner?“ foppte ich ihn.

„Bald Sarah, dann werde ich mich wandeln, die Anzeichen sind gut.“ Lächelte er mich hoffnungsvoll an. Das wollte ich genauer wissen.

„Ich erzähle es dir, morgen früh. Nicht hier zu viele Ohren.“ Verabschiedete er sich.

In Gedanken versunken betrat ich mein Zimmer. Komisch die Scherben der Vase aufgefegt. Wer putzte denn noch am Abend? Achselzuckend machte ich mich bettfertig. Vorsichtshalber schob ich wieder einen Stuhl unter den Türgriff und stellte darauf eine Lampe. Das war eine wacklige Angelegenheit, sollte jemand versuchen den Stuhl zu bewegen würde die Lampe herunterfallen. Trotz angeblicher Telekinese.

 

Am Morgen stand die Lampe wieder auf dem Sekretär und der Stuhl davor und ich hatte ein neues Nachtgewand an. Wer kam nur in mein Zimmer? Es musste doch einen geheimen Zugang geben. Von wegen Telekinese daran glaubte ich nicht im Mindesten.

Hendrik wartete wie am Vortag vor dem Hotel, „Wo wohnst du eigentlich? Im Hotel?“

„Um Gotteswillen nein, da bekäme ich ja nie Ruhe. Ich habe eine Wohnung in Bucuru. Darauf habe ich mit meiner Volljährigkeit bestanden. Ständig unter Corvins Obhut, nein danke.“ Lachte er Augen verdrehend.

„Was gefällt dir denn nicht daran?“, fragte der Genannte leise.

Hendrik drehte sich ohne schlechtes Gewissen nach Corvin um. „Sagen wir deine übermächtige Präsenz!“, schlug er verbindlich vor. Corvin sagte dazu kein Wort, sondern klopfte Hendrik kameradschaftlich auf die Schulter. „Darf ich mich euch anschließen? Oder stört dich meine Präsenz während des Laufes?“

„Du bist doch noch nie mit mir gelaufen.“ Sagte Hendrik ehrlich erstaunt, was für mich auch galt. „Wieso auf einmal? Sonst sagst du ich krieche wie eine Schnecke.“

Corvins Gesicht verdüsterte sich mit einem Schlag, „Ihr lauft mit mir, oder geht wieder rein. Wie lautet eure Entscheidung?“

„Laufen“ entschied sich Hendrik. Sie sahen mich an, warteten auf eine Antwort, ich stimmte zu. „Gut, wir laufen heute einen anderen Weg. Noch eines ihr werdet in Zukunft entweder mit mir oder Henry laufen, keinesfalls allein.“

Hendrik nickte sofort. Er warf mir einen besorgten Blick zu. Was sollte das nun wieder bedeuten? Vertraute mir Corvin Sardovan nicht? Dachte er, ich beeinflusse Hendrik, damit ich fliehen konnte? Wie schlecht er Menschen einschätzte, niemals würde ich Hendrik dieser Gefahr aussetzten.

Corvin lief vor, doch nicht zum riesigen Eingangstor, sondern zum Museum. Hinter dem Gebäude gab es versteckt ein weiteres Tor, das wir nahmen.

Als wir hindurchgingen, bat uns Corvin mit niemanden darüber zu reden. Er bat uns, kein Befehl, was mich ehrlich verblüffte. Zudem passte es nicht zu seinem Misstrauen, das er mir gegenüber hegte. Erst durfte ich nicht mehr mit Hendrik allein laufen und dann zeigte er mir diesen geheimen Durchgang. Ich kam da nicht mehr mit, sagte ich doch die sind völlig von der Rolle.

 

Eine weitere Überraschung erwartete mich und Lydia nach dem Frühstück. Wir wollten gerade in den Umkleideraum gehen, da rief Corvin Lydia zu sich. Ich ließ die Tür nur angelehnt, damit ich hören konnte, was er ihr sagte. „Lydia ich möchte, dass du Alia vertrittst, sie musste unvorhergesehen abreisen.“

„Ich soll Alia vertreten? Aber ich …“

„Du hast doch schon mit ihr zusammengearbeitet, nicht wahr.“ Eine kurze Pause, ich spitzte die Ohren, „Na siehst du, ich weiß ich kann dir diese verantwortungsvolle Aufgabe anvertrauen, du wirst sie schon schaffen.“

„Meinst du das wirklich?“ ich konnte fast sehen, wie Lydia an seinen Lippen hing. So wie sie atemlos hauchte.

„Gut, ich werde mein Bestes geben.“ Versprach sie in einen vertrauensvollen Ton. „Ich hole nur schnell meine Sachen dann begebe ich mich sofort an die Arbeit.“

„Das will ich hören, solltest du Fragen haben. Wende dich an deine Kollegen, Lydia.“

Sie schwebte geradezu herein, „Hast du mitgehört?“ wisperte sie leise, ich musste lächeln. Hektische rote Flecken zierten ihren Hals, sie war völlig durch den Wind. „Ich soll Alia vertreten, kannst du dir das vorstellen? Auf solch eine Chance warte ich seit Jahren. Corvin vertraut mir, meiner Arbeit. Oh Sarah ich komme ins Büro, kein endloses hirnloses Lächeln mehr.“ Tänzelte sie durch den Raum.

Ich freute mich ehrlich für sie, doch war ich auch traurig, denn wir verstanden uns. Gestern hatten wir viel Spaß bei der Arbeit. Den Rock zuknöpfend meinte ich, „Du vergisst das Beste daran!“

„Ach und was?“ sah sie mich stirnrunzelnd an. „Na das!“ und sah an mir herunter, „Dieser superfigurbetonte Einheitsschnitt, die elegante Farbe, darauf musst du nun verzichten.“ Kicherte ich.

„Ja, ich glaube ich muss absagen.“ Lächelte sie überglücklich, ihre Tasche nehmend.

„Viel Glück und Spaß!“, rief ich ihr nach.

„Ich werde dir heute Mittag alles haarklein erzählen.“ Versprach Lydia schon im Flur.

Deprimiert zog ich mich weiter um. Hoffentlich kam eine Frau. Zwar war der Empfangschef ganz nett, doch durfte man in seiner Nähe keine Witze über die Gäste reißen. Was wir natürlich taten denn manche hatten schrullige Angewohnheiten, über die wir uns lustig machten. Lydia kannte fast alle Gäste und erzählte mir kleine Anekdoten. Nun auf in den Kampf Sarah und marschierte los. Die Fanfaren erloschen sofort, als ich die Rezeption betrat. Mit großen Augen sah ich Corvin Sardovan höchstpersönlich, in Uniform hinter der Theke stehen.

Der Empfangschef wuselte orientierungslos in den Papieren, genauso geschockt. Er warf mir einen `ich weiß auch nicht Blick` zu. Was machte er hier? Sollte er Alia nicht besser ersetzen als Lydia?

Aber nein er stand lieber in der Rezeption, da stank doch was, und zwar ganz gewaltig. Wieder dachte ich, er misstraut dir so sehr das er dich ständig unter Kontrolle halten muss. Warum ließ er mich dann frei im Hotel herumlaufen?

Zu allem Überfluss sah ich auch noch Jens, der mir lächelnd zuwinkte. Sofort kam er auf mich zu. „Sarah, es tut mir unendlich leid. Aber ich konnte gestern unsere Verabredung nicht einhalten.“ Er schien Corvin völlig zu übersehen, der interessiert zuhörte.

„Ich äh…“, verlegen warf ich dem Empfangschef einen Blick zu. Der sah netterweise weg, wie am Vortag.

„Können wir uns dort im Nebenraum unterhalten, Sarah? Ich muss dir etwas Wichtiges mitteilen.“ Meinte Jens geheimnisvoll.

Nun  beugte  sich  der Vampir voller  Neugier  vor,  eine Braue zweifelnd erhoben.  Jens mit sich und seinen Gedanken beschäftigt bemerkte Corvin nicht. Er sah mich bittend an.

„Hat das nicht Zeit, bis ich Feierabend habe, Jens?“ er lächelte, ich bekam Herzklabastern. „ja und nein. Würdest heute Abend mit mir essen gehen?“ platzte Jens heraus, Corvin verdrehte dramatisch die Augen, dabei verzog er zweifelnd den Mund.

„Sarah ich mag dich, ich will dich näher kennenlernen. Dieser Corvin er macht ständig diese Anspielungen und du, du erwiderst nichts darauf.“

Nun grinste Corvin wölfisch, was meinte Jens nur damit? Er sah es mir an. „Vielleicht ist es ja nichts“, der Vampir zog die Brauen zusammen, maß mich mit einem abschätzenden Blick und nickte mir anzüglich zu.

Sofort spürte ich, wie mir das Blut in die Wangen schoss. Jens bemerkte meine Verlegenheit nicht und redete weiter. „Nur finde ich es seltsam, das ihr in eine Besenkammer geht, um euch zu unterhalten und wie er dich nennt und dich umarmt. Das ist nicht die Art wie sich ein Verwandter verhält.“

Wieder nickte Corvin, als ob er Jens zustimmen wollte. Mir wurde mit einem Schlag bewusst, was Jens meinte. Ja, meine unordentlichen Haare, seine Anspielungen! Dieser Vampir ging einfach zu weit. War das auch der Grund für seinen Aufenthalt in der Rezeption? Wusste er von Jens heutigem Erscheinen?

„Da ist nichts, Jens.“ Murmelte ich verlegen. Indessen sah Corvin mich aus unergründlichen Augen an. Seine Miene wechselte zu einem fragenden Ausdruck und sofort erinnerte ich mich an den Kuss von gestern Abend.

„Oh dann ist ja gut, sehen wir uns heute Abend?“ Corvin schüttelte demonstrativ den Kopf. Ein Ausweg irgendein Ausweg, „Wie wäre es mit heut Mittag, ich habe eine Stunde Pause.“ Jetzt konnte ich fast körperlich Corvins Ärger spüren, es wurde merklich kühler. Es war das zweite Mal, dass ich diese wabernde Kälte spürte. Sie durchdrang den gesamten Körper und ging von Corvin aus. Ich musste mich zusammenreißen, um ihn nicht direkt zu fragen, und konzentrierte mich auf Jens.

„Ich werde hier sein, Sarah.“ Versprach Jens und ging erleichtert hinaus.

Ich sah noch immer auf die inzwischen leere Tür. Corvin Sardovan ignorierend der mich keine Sekunde aus den Augen ließ. Warum kam kein Gast?

Hüstelnd verschwand der Empfangschef. Die Stimmung hinter dem Tresen war auf dem Nullpunkt gesunken. Ich erwartete jeden Augenblick ein Donnerwetter.

„So du fällst also auf solch ein Gerede herein? Das habe ich keineswegs erwartet.“

„Das war kein Gerede!“, behauptete ich stur.

„Sarah ich mag dich“, ahmte er Jens nach, „eine glatte Lüge. Er ist scharf auf dich. Das beweisen die nächsten Worte – ich will dich – kurze Pause. Sehr gekonnt doch durchschaubar. Es geht weiter – näher kennenlernen – das ich nicht lache. Wieder eine Lüge.“

„Sie sind unmöglich. Warum höre ich ihnen überhaupt zu? Aber eines sage ich ihnen. Jens ist ein sehr netter Mann, den ich näher kennenlernen möchte.“ Fauchte ich ihn an.

„Ah, einen netten Mann, ja?“ brauste er wütend auf, „lerne einen kennen, dagegen habe ich nichts. Doch Jens Stegmann ist … ach vergiss es. Du wirst es noch früh genug herausbekommen.“

„Sie irren sich in Jens!“ blieb ich bei meiner Meinung.

„Hör zu Sarah, ich bitte dich nur um eines. Sei vorsichtig. Indem was du ihm anvertraust, auch wenn er dir schöne Augen macht. Mit Komplimenten um sich wirft. Wäge die Worte ab die du hörst, kannst du das?“ Corvin sah mich ehrlich besorgt an, ich dachte an Dana, wie liebevoll er sich um sie kümmerte. Alia, die trotz ihres Wahns einen Platz in seinem Hause besaß.

„Na gut ich werde ihre Worte beherzigen. Auch wenn ich glaube sie irren sich.“ Gab ich nach.

„Mein Gott, was für ein Erlebnis! Noch eines, es ist schon seltsam das du mich noch immer mit sie anredest.“ Er hielt in seiner Rede inne und betrachtete mich von Kopf bis Fuß. „Nach allem, was zwischen uns war.“ setzte er wissend grinsend hinzu.

„Was war denn? Sie halten mich gegen meinen Willen fest. Erpressen mich …“

„Davon sprach ich nicht“, meinte er hintergründig.

Perplex sah ich ihn an, „Was meinen sie denn dann?“

„Das ist dir entfallen? Küsse ich so schlecht? Dabei dachte ich du würdest diese zutiefst erotische Begegnung nicht vergessen.“ Wieder schoss mir das Blut hoch ins Gesicht.

„Ich werde deine Erinnerung auffrischen müssen Sarah.“ Trat er auf mich zu, mich nicht aus den Augen lassend. Ich konnte mich nicht rühren, mein Herz klopfte wie wild als er mich zärtlich umarmte und küsste.

Abermals erwiderte ich seinen Kuss, schlang meine Arme um seinen Hals, als er mich enger an sich zog. Selbstvergessend gab ich mich dem Kuss hin. Den bislang unbekannten Gefühlen, die er in mir weckte.

Ein lautes, vernehmbares Räuspern, drang durch einen Schleier von Erregung in meine Gedanken. Corvin löste sacht meine Hände in seinem Nacken. Völlig durcheinander ließ ich es geschehen, stand noch da völlig eingenommen von seiner Nähe - im Rausch.

Blinzelnd nahm ich langsam meine Umwelt wahr. Hendrik, der mich erstarrt ansah, mit großen unfassbaren Augen. Henry, der ein erheiterndes Schmunzeln auf den Lippen trug. Der Gast, der amüsiert grinste. Corvin, der unbeeindruckt den Brief aus dem Postfach nahm und dem Mann überreichte.

Gott wie nur, Scham überspülte mich und noch immer konnte ich mich keinen Schritt bewegen. Der Gast beäugte mich mit wissendem Blick, nickte Corvin respektvoll zu. Henry trat an die Theke heran, „So, so mein Lieber eine kleine Auszeit vom harten Dienst an der Front genommen?“

„Aber nein Henry. Eine kleine praktische Unterrichtsstunde. Sarah fehlt es einfach an Erfahrung. Ich gab ihr einen kurzen Einblick.“

„Ja das sah ich …“ schmunzelnd wandte er sich mir zu, „Solltest du mehr Unterricht verlangen Sarah. Ich bin ein sehr guter Lehrer, zumindest in dieser speziellen Disziplin. Oder hast du etwas dagegen, Corvin?“

„Aber nein! Ich habe genug zu tun. Ich bin wie immer dankbar, wenn man mir eine Last abnimmt.“ Sprachlos, die Beleidigung schluckend straffte ich mich. Nichts hätte mich besser aus meiner Erstarrung lösen können.

 

So ich war also eine Last? Habe ich ihn aufgefordert mich zu küssen, nein. Das wollte er! Zorn brandete auf, unsäglicher verletzter Stolz. Das Corvin Sardovan tust du mir nicht noch einmal an, schwor ich mir.

Lächelnd ging ich um die Rezeption herum, „Da ich lernen soll, werde ich dein Angebot gerne annehmen Henry.“ Auffordernd sah ich ihn an.

„Was jetzt?“ verblüfft, fiel ihm sein Grinsen aus dem Gesicht. Fragend schweiften seine Augen um Erlaubnis heischend  zu Corvin hinüber.

„Willst du Corvin Sardovan erst um Erlaubnis bitten?“ zauberte ich ein spöttisches Lächeln hervor.

 „Oh Mann, der Morgen fängt gut an. Dann mach dich auf was gefasst Sarah.“ nahm er mich in die Arme. Er küsste ausgezeichnet, ein erfahrener Mann, der wusste, wie er eine Frau handhaben musste.

Doch die seltsame Erregtheit, die ich spürte, sobald Corvin mich berührte, stellte sich nicht ein. Ich empfand den Kuss Henrys als angenehm, doch das war es auch.

Er beendete den Kuss, ließ mich jedoch nicht los, leise flüsternd sagte er, „Der Mann, nach dem du verlangst, wird dich niemals an sich heranlassen. Tu dir selbst einen Gefallen und halte dich von ihm fern. Suche dir jemanden der deine Liebe erwidert. So und nun lächle schnurrend. Ich habe schließlich einen Ruf zu verlieren.“ Spöttelte er mir einen Kuss auf den Lippen gebend.

„Ah, ich liebe solche Unterrichtsstunden! Sarah ich danke dir du hast meinen Tag erfreulich beginnen lassen. Wenn du willst, beenden wir ihn auch gemeinsam.“ Strich er mir zart über die Wange. In diesem Moment wusste ich es einfach, ich hatte einen Freund gewonnen.

Dieser arrogante ironische Vampir war mein Freund. „Ich kenne deine Zimmernummer.“ Grinste ich ihn an. Resigniert seufzend riss er sich von meinen Anblick los, „Bis dann, meine Schöne!“ hauchte er noch dann wandte er sich seinem Sohn zu, „Hendrik was glotzt du denn so? Hast du nichts zu tun?“

„Das habe ich Vater! Ich will dich augenblicklich sprechen, in meinen Büro!“ sog Hendrik scharf die Luft ein. Henry sah seinen Sohn erstaunt an, zuckte dann mit den Schultern, „Nach dir mein Sohn.“

Indessen ordnete ich die Prospekte neu. Obwohl sie akkurat lagen, nur um meinen Händen eine Beschäftigung zu geben. Bloß um Corvin Sardovans gärenden Groll zu meiden. Denn er wütete, die kalte Umgebung war mir Warnung genug. Zum Glück kamen die ersten Gäste vom Frühstücksbuffet.

So stürzte ich mich freundlich auf jeden Gast. Die sich jedoch vorwiegend an Corvin wandten. Geschmeichelt vom Burgherrn persönlich bedient zu werden. Ständig die gleichen wiederholenden Fragen beantwortete er mit Charme und Witz.

Ich bekam die Gelegenheit Corvin zu beobachten. Er zeigte sich im Umgang mit den Gästen von einer ganz neuen Seite. Ich fragte mich, wer der wahre Corvin Sardovan ist. Das strenge Oberhaupt, der keinen Widerspruch zuließ, mit harter Hand die Familie führte. Oder der scherzende, charmante Burgherr. Dana fiel mir ein, wie besorgt er war, auch das gehörte zu ihm. Wer also war dieser Mann? Vampir?

Das Schlimmste an diesem Morgen waren seine ständigen Berührungen. Die an sich große Rezeption schrumpfte in sich zusammen. Egal wo ich auch geradestand oder ging er schaffte es seine Hände warm auf meine Hüften zu legen. Nah neben, vor und hinter mir zu stehen und das alles in Beisein der Gäste. Ich konnte nicht einmal etwas sagen denn immer ließ er es so aussehen als wäre es Zufall. Oder er müsse mich ein Stück zur Seite dirigieren.

Hilflos war ich dem ausgeliefert. Das Ärgste daran, ich empfand seine Nähe auch noch als angenehm. Ständig krampfte sich mein Magen zusammen, die Schmetterlinge in meinen Leib hörten überhaupt nicht mehr auf zu tanzen. Dieser Vampir brachte mich vollkommen aus der Fassung, was er anscheinend auch noch genoss.

Zur Mittagszeit wurde es ruhiger, auf meine Uhr schauend begann meine Pause gleich. Der Empfangschef nickte mir zu, ich durfte endlich verschwinden. Den Vampir ignorierend dessen Blicke im Rücken ich wie Messerstiche spürte. Jens wartete bereits vor dem Hotel. Mit einer großen Tüte bepackt.

„Ich habe dir ein paar Kleinigkeiten mitgebracht.“ überreichte er mir grinsend die Tüte. Süße leckere Plätzchen, „Soll ich die alle essen? Du willst mich wohl mästen?“ dankte ich ihm.

„Eigentlich wollte ich auch was, aber iss nur, ich gebe mich auch mit Krümeln zufrieden.“ Neckte er mich. Wir setzten uns auf einer windgeschützten Bank.

Jens strahlte mich begeistert an, „Ich bin ja so froh, dass du mir nicht böse bist. Ich wollte kommen doch es kam eine wichtige Angelegenheit dazwischen. Sarah ich will dich wirklich näher kennenlernen, ich…“ verdammter Corvin Sardovan. Ich zweifelte an jedem Wort, das Jens aussprach.

Beobachtete genau seine Mimik, die Worte gerieten in den Hintergrund. „Was, was sagtest du gerade?“

Jens ein wenig irritiert meinte, „Ich sagte, dass ich es seltsam finde, dass du arbeitest. Schließlich ist die Familie sehr reich, sie haben überall ihre Finger in Geschäften, international. Verstehst du, dein Vater besitzt Firmen, Ländereien wer weiß was noch alles und du stehst hinter einer Theke in einem ländlichen Hotel. Ich frage mich was soll das? Du bist so viel mehr, dir liegt die ganze Welt zu Füßen aber sie halten dich klein. Warum? Ist dir etwas Ungewöhnliches aufgefallen?“

Jens sah meine Skepsis, er lachte entschuldigend, „Verzeih da kommt der Anwalt wieder durch. Ich wollte doch über uns reden. Trotz der kurzen Zeit, die ich dich kenne, fühle ich mich zu dir hingezogen. Sarah ich habe mich in dich verliebt.“  Er sah mich offen an, darin lag kein Betrug oder doch? Ich schwieg und Jens sah dies als Aufforderung, ich weiß auch nicht. Jedenfalls küsste er mich. Der Dritte an diesem Tag ging es mir durch den Kopf; mein ganz spezieller Rekord. Drei Küsse an einem Tag war schon was, doch auch noch von unterschiedlichen Männern, nein das war neu.

Seufzend aufstöhnend schwor mir Jens, wie sehr er mich begehre, wie schön ich sei. Er wolle mich noch heute Abend sehen. Ob ich es wolle im gleichen Atemzug die Erwähnung des geschlossenen Tores. Es müsste doch einen zweiten Zugang in die Festung geben. Schließlich sei ich ja heute Morgen gelaufen, ohne durch das Tor zu durchqueren. Bisher ließ ich mir seine hektischen Küsse, seine angebliche Erregung gefallen doch nun rutschte ich von ihm fort. Stieß ihn unsanft von mir. „Jens hast du mich beobachtet?“ der Zweifel den Corvin säte blühte auf.

Jens  völlig  durcheinander  meines  kalten  Verhaltens,  nickte  beschämt,  „Ja  das  habe  ich,  Sarah.  Ich  war eifersüchtig, Corvin, wie er dich umarmte, dich `meine Liebe` nannte. Irgendwie musste ich die Wahrheit erfahren. Deshalb habe ich hier herumgelungert und gesehen wir ihr vom Joggen wiederkamt. Doch ich weiß, dass ihr nicht zum Tor raus seid.“

Wieder schloss er mich in seine Arme, „Sarah sei nicht sauer auf mich. Ich kenne mich selbst nicht wieder ich weiß nur wie gern, wie lieb ich dich hab. Ich schwöre das ist mir bisher noch nie passiert.“ Versiegelte er meinen Mund mit einem erneuten Kuss.

Doch ich fühlte nichts, blieb kalt, überließ mich seinen Lippen, seiner wachsenden Erregung. Nein ich konnte nicht, stieß ihn von mir weg. „Sarah?“, rief er fragend, „Was ist? Bist du sauer?“

„Nein Jens ich…“ ja was? Was sollte ich sagen, ich kann dich nicht lieben? Weil du mich in keiner Weise erregst? Das konnte ich nicht. „Ich…“ versuchte ich es nochmals. Was sonst? Ich zweifle an deinen Worten, so schnell verliebte man sich nicht…

„Verzeih mir, Sarah. Ich war zu schnell, nicht wahr. Wir kennen uns kaum und ich bedränge dich mit meinen Gefühlen. Wir haben Zeit so viel wie wir wollen. Ich lasse dir Zeit, die du brauchst. Schließlich bin ich kein einfältiger Jüngling mehr der über dich herfällt. Ich werde heute Abend hier sein, wenn du willst, können wir spazieren gehen. Du kannst auch Verstärkung mitbringen, falls du mir nicht traust, aber nicht Corvin.“ Lächelte er mich bittend an.

Ich sollte ihm die Wahrheit sagen, jetzt sofort doch ich konnte nicht. Brachte meine Unfähigkeit nicht über die Lippen.

Jens nickte mir hoffnungsvoll zu, bevor er in seinen Wagen stieg. „Heute Abend!“, meinte er nochmals. Ich schüttelte betrübt den Kopf, es hatte doch keinen Zweck. Wieso wollte ich ihn quälen.

Seufzend zog ich mich in die hinterste Ecke zurück. „Hallo Sarah!“ begrüßte mich Hendrik merklich kühl.

„Hendrik! Was machst du denn hier?“

Er hob eine Braue, „Ich konnte nicht mehr weg und wollte nicht stören bei deiner Verabredung.“ Meinte er zögernd in seinem Gesicht, stand abgrundtiefe Enttäuschung.

„Na toll!“ brach es aus mir heraus. „Der Einzige der mich normal behandelt ist jetzt auch noch sauer auf mich. Ja ich weiß, wie das in deinen Augen aussieht. Aber ich musste doch was tun. Corvin hat mich beleidigt, soll ich mir das gefallen lassen? Dein Vater hat es sofort durchschaut und du …, du schmollst vor dich hin. Du denkst sicher, was für ein liederliches Frauenzimmer ich bin. Für jeden zu haben, nicht wahr. Ja ich sehe es dir an. Warum solltest du auch anders denken, da du gesehen hast, wie Jens mich küsste. Dabei kann ich doch gar nichts dafür, ich wollte das nicht. Das alles nicht! Und schuld daran hat Corvin Sardovan.“ Giftete ich Hendrik an, der mich geschockt mit offenem Mund anstarrte.

„Meine Güte was für ein wirres Zeug. Du bist ja völlig von der Rolle.“ Stellte er sachlich fest. Er klopfte neben sich und forderte mich auf, mich zu setzen. „Erzähl!“, befahl er gutmütig. „Wie viel Zeit hast du?“, schnaufte ich zerknirscht.

„So arg! Also gut der liebe Onkel Hendrik wird dich meine liebe Sarah heute Abend aufsuchen. Natürlich erst nach dem offiziellen Diner, an dem alle pünktlich erscheinen werden. Wie wär´s; ich klau eine gute Flasche Wein aus Corvins Vorrat und wir gehen ins Schwimmbad. Dort sind wir ungestört und du kannst deinen Mist so richtig raus lassen. Einverstanden?“

„Ja! Du bist ein Schatz!“ sagte ich erleichtert und fragte zögernd „du verurteilst mich nicht? Wegen des Ganzen…“

Er grinste mir ermutigend zu, „Nee, Sarah natürlich war ich ganz schön überrascht, als ich dich mit Corvin knutschen sah. Das mit meinen Dad ja das kann ich verstehen, halt eine komische Reaktion. Du hättest Corvin eine Ohrfeige verpassen können, eine richtige mein ich. Nicht die, die du ihm verpasst hast. Er war ganz schön wütend als du und Henry euch küsstet …“, sagte er schmunzelnd, „Nur versteh ich eines nicht, der Typ! Du schwärmst von ihm, bekommst leuchtende Augen und so, aber du stößt ihn weg. Das erklär mir mal.“

„Das ist es ja, Hendrik ich…“, und zuckte die Schultern, brachte kein Wort heraus. Zu sehr schämte ich mich. Wer gab schon gerne zu nur eine halbwertige Frau zu sein. Hendrik sprang auf, „Unsere Pause endet gleich. Also heut Abend und ich besorge zwei Flaschen, du bist ´ne harte Nuss.“

Kaum das wir die Halle betraten, kam Henry auf uns zu, „Ah da seid ihr ja! Ich brauche euch heute Abend. Denn ich gebe für ein paar Geschäftsfreunde eine kleine Party. Nichts Besonderes ca. hundert Gäste …“

„Du gibt’s was? So was plant man doch ein, Dad. Du kannst doch nicht einfach eine kleine Party …“

„Beruhige dich mein Sohn. Natürlich war alles geplant. Nicht hier im Hotel, sondern in Cugir. Dort ist bei der Reservierung etwas schiefgelaufen und jetzt stehe ich mit einem Haufen Gäste da und weiß nicht wohin damit. Wir müssen sie übrigens alle unterbringen. Sarah würdest du dein Zimmer räumen und in den Turm ziehen? Es ist nur für eine Nacht.“

Er wartete meine Antwort erst gar nicht ab. „Gut ich lasse es räumen.“ Hendrik fuhr sich verzweifelt durch das Haar. „Wo willst du deine Gäste empfangen?“

„Im Ballsaal. Wo denn sonst?“

„Ballsaal? Was für ein Ballsaal?“ trat Hendrik von einem Fuß auf den anderen als wolle er sofort losstürmen. Meine Pause war beendet und ich fing den Blick des Empfangschefs auf, der mich daran erinnerte. Also ließ ich Vater und Sohn in ihrer Diskussion allein.

Henry rief mich zurück, „Einen Moment noch. Du musst dabei sein, Dana legt dir eine Auswahl zurecht. Sei kurz vor zwanzig Uhr fertig.“ Dann wandte er sich nun wieder seinen Sohn zu.

Waren sie denn alle gleich? Befehle erteilen, die ohne Widerspruch zu befolgen waren. Innerlich über diese Despoten fluchend, verrichtete ich meine Arbeit.

Corvin fehlte, wie ich erleichtert feststellte, er half Hendrik. Im Hotel brach eine hektische Betriebsamkeit aus. Die Angestellten ansonsten ruhig und gelassen wirkten angespannt.

Hendrik kam einmal vorbei, „Wenn die Musiker kommen, schickt sie in den Ballsaal.“ Ordnete er noch immer angespannt an. „Stell dir vor ich arbeite seit drei Jahren in diesem Hotel und wusste es nicht. Kannst du dir vorstellen, wie der aussah? Vor allem der Balkon, alles grün vom Moos. Na das kostet Corvin was, denn jeder Einzelne schuftet, was das Zeug hält. So ich muss los, ach…“, senkte er die Stimme und zog mich ein Stück weiter so das der Empfangschef uns nicht mehr hören konnte, „du glaubst nicht, wer die Geschäftsfreunde sind.“ Zog er die Brauen hoch und tippte sich an die Eckzähne. „Wirklich?“

 „Ja, irgendwas ist im Busch. Verschiedene Clanbosse mit ihrer Leibgarde reisen an. Kein Wort zu einem die vierteilen mich sonst.“ Grinste er.

Vampire also, mein Erzeuger auch? Wollte Henry deshalb das ich dabei war? Nun sah ich dem Abend ungeduldig entgegen. Mein Herz klopfte vor Aufregung, endlich sollte ich Vlad Sardovan kennenlernen.

All meine Hoffnungen zerfielen zu Staub. Dana geleitete mich in mein neues Reich. Dabei erwähnte ich Vlad. „Vlad? Nein er ist nicht mit dabei … Sarah woher weißt du wen wir erwarten?“ fragte sie mich erbost.

„Nur  eine  Vermutung,  Dana.“  Und  trat  in  den  Raum.  Das  war  ein  himmelweiter  Unterschied  zu  dem Hotelzimmer. Hier herrschte eine beruhigende Eleganz, eindeutig eingerichtet für eine Frau.

„Wessen Raum ist das?“ und sah mich begeistert um.

 „Der gehört niemanden, ich weiß überhaupt nicht, wann der Raum so hergerichtet wurde. Muss Corvin wohl letztes Jahr in Auftrag gegeben haben. Da war ich einige Monate auf Reisen.“ Meinte Dana unbeeindruckt, „So, da hat Hendrik also gequatscht! Der Junge redet zu viel kommt ganz nach seinem Vater.“ Schnaufte sie entrüstet.

„Was hat es eigentlich auf sich damit?“, erkundigte ich mich, Hendrik und jetzt Dana erwähnten es mehrmals. Kommt ganz nach seinem oder ihren Vater. Das wollte ich genauer wissen.

„Oh das ist schwierig zu erklären. Also du trägst die Gene deines Vaters und Mutter in dir.“ Nickte sie mir zu, „Die der Vampire sind aber vorherrschend von Geburt an. Solltest du dich wandeln, werden sie die menschlichen Gene fast völlig eliminieren. Du wirst eine völlig andere.“

„Sollte ich mich wandeln? Du meinst, wenn ich ausgesaugt werde?“ ich zog meinen Daumen über die Kehle und verdrehte dabei die Augen.

Dana lachte, „Es ist weit mehr, die Wandlung geschieht während eines langen Zyklus. Nicht von heute auf morgen. Vergiss mal die ganzen Filme und Bücher, die du kennst. Wie sollten so schwerwiegende Veränderungen deines Körpers über Nacht geschehen? Das würde niemand überleben.“

„Also mal angenommen, ich wandle mich. Wie lange dauert es?“

„Bis du vollständig und Herr deiner Sinne bist? Dich entscheiden kannst zu welchen Clan du zukünftig gehören möchtest, etwa fünf Jahre.“

Nun war ich platt. „Fünf Jahre? Das ist lange! Und dann? Wie unterscheide ich mich zu meinen früheren Ich?“

„Völlig Sarah, deine vampirischen Anlagen übernehmen die Oberhand. Deine Vergangenheit ist oftmals nur ein diffuser Schleier, falls du dich überhaupt erinnerst.“

„Das will Hendrik auf sich nehmen? Man verliert sich ja vollkommen. Dana hast du die Entscheidung freiwillig übernommen oder wurdest du gebissen?“

„Ich wollte es so, Sarah. Soviel ich weiß, besaß ich eine Familie und Kinder, glücklich war ich nie. Bis ich eines Tages einem Vampir begegnete, meinen Vater. Als meine Kinder auf eigenen Füßen standen, verließ ich meinen Mann.“

„Woher weißt du das? Ich dachte …“

„Mein Vater, er hat es mir erzählt, nachdem ich soweit war. Er sagte es wäre mein Wunsch gewesen.“

 „Hast du deine Kinder, deinen Mann je wiedergesehen?“

„Nein, ich habe keine Gefühle, Erinnerungen an sie. Sie sind Fremde für mich. Wieso sollte ich?“ lächelte sie mich an.

„Bereust du es?“

„Wie kann ich? Mein Leben fing an, als ich ein Vampir wurde. Ein wunderbares Leben, ein erfülltes Leben, ein Glückliches! Eines weiß ich, denn wenn ich versuche den Nebel zu durchdringen. Empfinde ich nur Niedergeschlagenheit und Schmerz. Nein ich bereue es nicht. Werde es aber, wenn wir zu spät erscheinen.“

„Wann werde ich Vlad kennenlernen?“, dachte ich traurig, mir war gar nicht bewusst, dass ich die Frage laut aussprach.

„Sobald er kann, es ist eine schwierige Zeit im Moment. Er hat alle Hände voll zu tun.“

„Was ist denn …“

„Du bist jetzt schon, wie dein Vater, du willst immer alles auf dem Grund gehen. Na gut ich erzähle es, während du dich fertigmachst.“

So erfuhr ich, zum ersten Male von Jägern. Sie verfolgten und töteten Vampire, die gegen die Gesetze verstießen. Es überraschte mich, es gab also Gesetze. Eine Gruppe der Jäger verfolgte nun ein anderes Ziel. Vernichtung aller Vampire!

Diese Jäger griffen eine Siedlung in England an, viele Vampire, Frauen und Kinder wurden getötet. Dana erklärte mir, ganz normale Frauen seien mit Vampiren verheiratet. Was mich noch mehr verwunderte.

Natürlich ging eine Welle der Empörung durch die Vampirwelt. Einige wollten sofort einen großen Kriegszug gegen alle Jäger unternehmen. Die andere Partei bat um Mäßigung, wollte die abtrünnigen Jäger, in Zusammenarbeit mit den regelhaltenden Jägern verfolgen.

Dazu diente das heutige Treffen, man wollte ausloten, wer wie dachte. Stimmen und Verbündete suchen, als gestärkte Partei einen unvorhersehbaren Krieg vermeiden. Also warben die Sardovans für eine gemäßigte Verfolgung. Vlad war es, der die einzelnen Clans aufsuchte und vorab auslotete, in welcher Richtung die Clans gedachten vorzugehen. Des Weiteren besaß sein Wort ein hohes Gewicht bei den kriegerischen Familien.

„Du wirst heute eine Mischung aus zivilisierten und waffenfähigen Vampiren kennenlernen. Alle in einem Raum, das wird ein Gewaltakt. Die zivilisierten sehen auf die Kriegerischen hinab, sie denken ihre Zeit ist seit Langem abgelaufen. Dagegen verachten die Wanderer, wie sie auch genannt werden, diejenigen, die ein friedliches Heim vorziehen. Du siehst die Gegensätze könnten kaum größer sein.“

Sie begutachtete mich, „Du siehst sehr gut aus, das Blau steht dir.“ Tatsächlich musste ich ihr zustimmen, dieses tiefe dunkle azurblau stand mir, sowie auch der Schnitt. Vorn war das Kleid hochgeschlossen, mit langen eng anliegenden Ärmeln, es schmiegte sich leicht an meinen Körper. Der Rücken war weit ausgeschnitten.

Darin fühlte ich mich, ich konnte es kaum glauben, aber als Frau. Eine sexy Frau, mit einem kaum nennenswerten Mangel kalt wie ein Eisberg, dachte ich ironisch.

Wie es Corvin gefallen würde? Was dachte ich denn da? Er küsste mich zweimal. Zur Bestrafung und nur weil ich dabei etwas empfand, wollte ich ihm gefallen? Schlag dir das gleich aus dem Kopf, Sarah! Ermahnte ich mich, der Mann ist bar jegliches Gefühls. Nun erst verstand ich Henrys Warnung. Er dachte ich hätte mich in Corvin verliebt, was natürlich undenkbar war. Dieser Vampir war mir viel zu Herrschsüchtig. Außerdem mochte ich lieber eher den helleren Typen und Corvin entsprach in keiner Weise meinen Geschmack.

Dana verschwand in ihr Reich und stand kaum fünf Minuten später wieder vor mir. Sie lachte, als sie mein verblüfftes Gesicht sah. „Einer der Vorteile ein Vampir zu sein. So dann wollen wir hinaus in die Schlacht. Lächle, betone, welchen Vater du hast und alles wird gut. Lass dich auf keinen Disput mit den Kriegern ein. Verspreche niemanden etwas und wenn dann berufe dich auf Corvin, er ist dein offizieller Vormund.“

Ich musste schlucken, „Er ist was? Eigentlich bin ich alt genug ich brauche keinen Vormund.“

Kapitel 10

„Willkommen in unserer Welt verweise einfach auf Corvin, falls dich ein Vampir zu sehr bedrängt.“ Riet Dana mir.

Wir gingen hinunter, Henry erwartete uns unten an der Treppe. „Meine Damen, ihr ehrt das Haus Sardovan, mit eurer Schönheit.“ Schmeichelte er uns. „Corvin was sagst du? Sie sehen doch verführerisch aus.“

„Wie immer!“ trat Corvin vor, uns kaum beachtend. „Du solltest dich mit Dana in die Halle begeben, die ersten Gäste treffen ein.“

Henry verdrehte die Augen und reichte Dana den Arm. „Hendrik erwartet dich im Ballsaal Sarah. Bleibe an seiner Seite,  er kennt die meisten.“  Riet er  mir,  meinen Rücken  verzückt betrachtend. „Oh,  lala!“  entfuhr  es ihm begeistert.

„Kleine Planänderung, Henry. Hendrik wird sich um Naomi kümmern. Sie ist mit ihrem Vater angereist. Naomi hat  eine  Schwäche  für  Hendrik  und  ihr  Clan  ist  noch  unentschieden.  Ich  habe  deinen  Sohn  entsprechend informiert.“

„Ha, du köderst einen Clan. Welche Abgründe und mein armer unwissender Sohn - darin verstrickt. Du solltest dich schämen, Corvin.“ Dieser zog sein Wolfsgrinsen auf. Dana stockte, „Aber Sarah! Wir können sie auf keinen Fall, allein dieser Meute aussetzten.“

„Ich werde schon klarkommen, Dana.“ Beruhigte ich sie.

„Ja das wird sie, an meiner Seite.“ Das klang eher nach einer Drohung so empfand ich es.

Dana schnappte hörbar nach Luft, Henry hob skeptisch eine Braue sah ihn warnend an. „Corvin das ist keine so gute Idee. Du wirst …“

„Ich werde Sarah keinen Augenblick aus den Augen lassen. Livio und Geirrod haben zugesagt.“ Als erkläre das alles. Für Henry und Dana schon, aber für mich nicht.

„Wer sind sie denn …?“Ich sah noch, wie das Paar um die Ecke verschwand.

„Krieger!“ lautete Corvins weitschweifige Auskunft. Mit zusammengekniffenen Brauen rollte er auf mich zu, ging um mich herum. Ein ärgerliches Funkeln in den Augen. „Woher hast du das Kleid?“, fragte er mich barsch.

 „Dana, sie …“

„Aha! Dana!“ zog er die Oberlippe knurrend hoch. Es sah aus als würde ein bissiger Terrier mich anknurren.

„Hast du keinen Schal? Eine Jacke?“ fuhr er mich gereizt an.

Das reichte jetzt. „Wenn sie es noch nicht mitbekommen haben. Wir sind im Einzwanzigsten Jahrhundert und die Frauen laufen in Europa nicht verschleiert herum.“

Naserümpfend sah er mich oben herab an. „Du sollst mich duzen! Das Kleid regt nur die Fantasie jedes männlichen Vampires an. Ich will keine Auseinandersetzung riskieren, nur weil ein Heißsporn erregt auf dein Hinterteil reagiert.“

„Na da fangen sie gleich am besten bei sich an!“ und deutete auf seine unübersehbare Ausbeulung seiner Hose.

Er grinste ungeniert, „Nur mit dem Unterschied, dass ich mich beherrschen kann, meine Liebe.“ Er drehte mich eine halbe Drehung und ich musste jeden Muskel anspannen, um nicht davonzulaufen.

Leicht fuhr er mit einem Finger mein Rückgrat entlang. „Ja wie ich schon sagte ein überaus anregendes Hinterteil. Was meinst du wie lange werde ich mich zurückhalten? Deine Küsse versprechen einiges, das weiß ich ja nun. So frigid bist du nicht. Also wenn ich dich jetzt mit in mein Zimmer nehme, meine Liebe was erwartet mich? Ein Eisberg oder eine wollüstige Frau, die der Liebe nicht abgeneigt ist?“

„Das werden sie niemals herausfinden, Corvin Sardovan.“ Trat ich nun doch einen Schritt vor und drehte mich zu ihm um.

„Corvin, einfach nur Corvin, Sarah.“ Hauchte er an mein Ohr, das ich eine Gänsehaut bekam. Er lachte leise in sich hinein. „Oder muss ich mich intimer vorstellen? Ah, vielleicht ist es genau das, was du herausfordertest.“

„Sie sind ein eingebildeter Schnösel. Ich will nichts dergleichen, das reden sie sich nur ein.“ Mir ging seine Art unter die Haut, mein Magen zuckte jedes Mal krampfhaft zusammen, wenn sein Atem warm über meine Haut hinweg strich. Mein Herz setzte ständig aus und das Atmen fiel mir schwer.

„So?“ in seiner Miene stand etwas das mich zur Vorsicht mahnte. Ich trat noch einen Schritt zurück.

„Ängstlich Sarah? Das solltest du sein, in dem Raum nebenan erwarten uns Vampire, die kein zweites Mal fragen. Sondern sich nehmen, was ihnen gefällt.“

„War das eine ihrer merkwürdigen Warnungen?“

„So ist es!“ galant reichte er mir den Arm, den ich zögernd ergriff. „Noch eines, auch wenn ich mich wiederhole, halte dich an meiner Seite. Das da draußen ist Kriegsgebiet, ich weiß selbst nicht, wie es endet. Es kommt ganz darauf an wie Livio und Geirrod reagieren. Auf die Vorfälle in England …“ er zögerte einen Moment, „… auf dich.“

„Wieso auf mich?“ blieb ich beunruhigt stehen.

„Du bist Vlad´s Tochter. Auch wenn sein Kriegerstamm unserer Familie angehört. Heißt es noch lange nicht, dass sie dich akzeptieren.“

Mir wurde so richtig mulmig. In was für ein Wespennest wurde ich gerade geführt? Corvin erläuterte weiter, „Wir versuchen eine möglichst starke Fraktion aufzustellen, damit die Jäger die einen unserer Stämme angriff bestraft werden. Die Krieger sind das Zünglein an der Waage. Auch wenn sie Sardovan sind, bestimmen sie für sich selbst. Falls Livio einen Grund sucht einen Krieg anzuzetteln bist du der ideale Aufhänger. Er braucht einen Vorwand um sich meiner Vorgehensweise zu entziehen. Somit würden alle Kriegerstämme, die noch unentschlossenen sowie die Hitzköpfe einen offenen Kampf anfangen.“

„Aber das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun.“ Wandte ich ein.

„Für dich nicht, Sarah. Livio jedoch der den Stamm momentan anführt, wird jeden Vorwand nutzen, um seine Interessen durchzusetzen.“

„Wieso soll ich dann dabei sein? Wäre es nicht sinnvoller mich außen vor zu lassen?“

„Sinnvoller? Vielleicht! Ich ziehe einen offenen Kampf vor. Da weiß ich, woran ich bin.“ erklärte er mir. Inzwischen waren wir fast am Ballsaal angelangt. Corvin straffte sich und musterte mich zuversichtlich. „Bereit?“

„Nein! Ich habe Angst!“ gab ich kläglich zu.

„Wie gut, dass du so mutig bist.“ Lächelte er grimmig. „Auf geht’s ins Schlachtgetümmel.“

 

Er schien sich ja richtig darauf zu freuen. Sofort standen wir in einem Getümmel aus Leibern. Corvin wurde von allen Seiten begrüßt. Er hielt mich fest an seiner Seite, stellte mich unzähligen Leuten, eher gesagt Vampiren vor. Unendlich viele Gesichter zogen an mir vorbei, jeder wollte mit Corvin reden. Ich war mir der Aufmerksamkeit der Vampire sehr bewusst. Wie sie mich betrachteten und mich versuchten einzuschätzen. Vor allem sah ich die erstaunten Blicke verschiedener Vampire, die versuchten mich von Corvin fortzulocken.

Corvin reagierte auf diese Versuche ärgerlich. Entweder warf er dem Vampir einen bösen Blick zu oder er zog mich näher an sich heran. Nur zu gut war ich mir seiner Nähe bewusst.

Jede Berührung ließ mich erschauern besonders, wenn er seine Hand sanft auf meinen Rücken legte. Er unterhielt sich mit jemand und nebenher fuhr er streichelnd über mein Rückgrat. Das Schlimmste daran er bekam jede meiner Reaktion darauf mit. Oftmals sah er mich mit einem seiner undefinierbaren Blicken kurz an. Mal fragend mit hochgezogener Braue, mal wölfisch grinsend.

Manche der Vampire verlangten ein Gespräch unter vier Augen. Die Stimmung im Saal war aufgeheizt, jeden Moment konnte etwas unerwartetes Geschehen. Ich sah Henry, wie er von einer Gruppe zu nächste ging. Beruhigend auf die Vampire einwirkend.

Hendrik, der mit einer dunkelhäutigen Schönheit, eine Diskussion führte. Manche Vampire blieben still für sich, nickten Corvin aus der Ferne zu.

Erst als wir an einem Tisch kamen, an denen zwei wahre Riesen saßen, verstummten die Gespräche. Eine erwartungsvolle Spannung breitete sich in dem Saal aus.

Der eine Vampir mit pechschwarzem kurzem Haar rückte demonstrativ einen weiteren Stuhl heran. „Corvin setz dich doch! Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen.“ lud er meinen Begleiter ein, derweil streifte mich sein Blick.

„Sarah setze dich, ich hole mir einen Stuhl.“ Schob Corvin mich auf den für ihn gedachten Stuhl.

„Diese Frau habe ich nicht eingeladen, Corvin!“, meinte der Schwarzhaarige. Es musste sich um Livio und Geirrod handeln, anders konnte ich mir den Stimmungswechsel im Saal nicht erklären.

Schulterzuckend trat ich zurück, ich wollte der geladenen Stimmung keine Nahrung geben. Dieser Vampir wollte einen Streit heraufbeschwören. Gespannt wie ein Bogen lauerte er nur auf eine günstige Gelegenheit. Corvin drückte mich unsanft zurück auf den Stuhl.

„Du wirst doch meinen Gast nicht beleidigen wollen, Livio?“, erkundigte sich Corvin verhalten. Das also war der Krieger! Neugierig betrachtete ich ihn. Wie alle Vampire war er gut aussehend. Eine Eigenheit, nach der ich Hendrik noch befragen wollte. Er war kräftig gebaut, man sah ihm seine Ungeduld an. Der leichtsinnige spöttische Zug um seine Lippen vertiefte sich noch. „Und wenn ich es wollte, Corvin?“, forderte er den Burgherrn heraus.

„Dann mein Lieber, beleidigst du mich. Ist es das? Weshalb du hergekommen bist? Mich in meinen Haus auf meinen Land herauszufordern?“ lächelte Corvin fragend, die Ungeheuerlichkeit kaum begreifend.

Livio setzte sich vor,  gereizt blickte er  Corvin an,  „Wer  weiß? Willst du es herausfordern?“  reckte Livio kämpferisch sein Kinn vor. „Du bist auf mich angewiesen Corvin. Sollte ich mich jetzt offen gegen deine müde Strategie entscheiden, ist der heutige Aufwand völlig sinnlos.“ Grinste er geringschätzig.

„Worauf wartest du dann noch, Livio? Nur heraus mit der Sprache!“ forderte Corvin noch immer lächelnd. Sein Gesicht verdüsterte sich zusehends, Livio nicht aus den Augen lassend. Beugte er sich zu dem Vampir hinunter, „Nur zu, fordere mich heraus oder fehlt es dir an Mut?“ grinste er nun den Vampir höhnisch an.

Schlagartig verwandelte sich Livio, zähnefletschend stierte Livio Corvin an. Dieser rührte sich keinen Millimeter, sah den wütenden Livio ruhig an.

„Corvin du gehst zu weit, niemand hinterfragt meinen Mut, niemand!“, krächzte Livio vor unterdrückter Wut.

„So wie du mein Lieber, meine Gäste nicht beleidigst. Schon gar nicht diese Frau an meiner Seite. Nun sind wir an  deinem Tisch  willkommen  oder  musst  du  eine  weitere  Lektion  erlernen?  Es  scheint  ich  war  bei  deiner Ausbildung zu nachsichtig.“

 

Der andere Hüne, ein blonder Lockenkopf brach in lautes Gelächter aus. Klopfte Livio kameradschaftlich auf die Schulter. „Lass es gut sein Livio. Sonst schwingt Corvin gleich die Peitsche und mein Rücken juckt noch heute unter seinen letzten Hieben.“

Livio beruhigte sich zusehends, sein Gesicht normalisierte sich langsam. Erst als Livio zögernd nickte, richtete sich Corvin auf. Er schnappte sich einen Stuhl vom Nebentisch.

„Es ist schön, dass ihr hergekommen seid!“ begrüßte er sie freundschaftlich.

Mir fiel alles aus dem Gesicht. Gerade noch wollten sie sich gegenseitig an die Kehle springen und nun saßen sie zusammen als wäre das gerade eben nie passiert. Die Stille im Saal hörte fast gleichzeitig auf. Erleichterte Seufzer, hier und da ein Lachen. Die unterbrochenen Gespräche wurden weitergeführt.

Der Blonde grinste mir aufmunternd zu, „Ein kleiner Disput unter Freunden, Sarah mehr nicht. Wir müssen uns einfach hin und wieder aneinander messen. In der Hoffnung eines Tages diesen gestrengen Lehrmeister einige Schmähungen zurückzuzahlen.“

Na das sah für mich anders aus. Behielt meine Meinung jedoch für mich. „Sarah, das sind Livio und Geirrod. Livio willst du deine Schwester nicht begrüßen?“ Dieser schnaufte nur skeptisch, würdigte mich keines Blickes. Mein Verstand erlahmte gänzlich.

Geirrod allerdings lächelte, dabei musterte er mich aufmerksam. „Es ist mir eine Ehre dich kennenzulernen, Sarah. Du siehst deiner Mutter sehr ähnlich, nur die Augen sind von Vlad.“ Er kannte meine Mutter? Bedeutete dies, er wusste von meinen Eltern?

„Sie wussten … Was soll das …“ sprachen Livio und ich gleichzeitig.

Der blonde Hüne lehnte sich lächelnd zurück. Streckte er seine riesigen Gliedmaße aus. „Mein Gott! Sieh sie dir an, Corvin.“

Der hob abwehrend die Hände. „Halte mich daraus, ich sage kein Wort dazu.“

Geirrod schüttelte seine Mähne, seufzte laut auf. „Dann ist es wohl meine Aufgabe. Es stimmt ich kannte deine Mutter, Sarah. Ja Livio ihr seid Geschwister, gleichen Vater verschiedene Mütter. Mehr sage ich nicht dazu.“

„Ich habe keine Schwester!“, knurrte Livio bissig in sich hinein. Während ich noch an der Tatsache knabberte auch einen Bruder zu haben.

Indessen sprach Geirrod Corvin auf das heutige Treffen an. Erst langsam wurde mir die volle Bedeutung von Geirrods Worten bewusst. Zu einem Vater kam ein Bruder, der mich strikt ablehnte. Damit konnte ich leben mich interessierte ehe etwas anderes. Stellte die Aussage Geirrods tatsächlich fest, wer mein Vater war? Anscheinend ja demnach war es also Fakt.

„Warum hat er meine Mutter im Stich gelassen?“, unterbrach ich das Gespräch der beiden Vampire. Geirrod zog erstaunt die Brauen hoch. „Hör zu Mädchen, ich sagte bereits dazu …“

„Ja, ja ich weiß, was sie sagten, doch ich will wissen warum …“

„Ist sie immer so?“, wollte Geirrod von Corvin wissen.

„Ständig“ nickte Corvin zustimmend.

„Wie hältst du das aus?“ hinterfragte der Hüne, alles über meinen Kopf hinweg. Ich glaubte es kaum diese Blutsauger machten sich lustig über mich. Wütend schlug ich mit der Hand auf den Tisch. „Haltet endlich eure Klappen!“ fuhr ich sie an, sogar Livio schaute mich kurz erschrocken an. „Bekomme ich endlich eine Antwort?“

Geirrod betrachtete mich amüsiert. „Ah, welch ein Feuer. Falls du dich entschließt, eine von uns zu werden, übernehme ich deine Ausbildung, du bist vielversprechend. Darüber hinaus steht es mir keineswegs zu Vlad´s Entscheidungen vor jedem auszubreiten.“ Wies er mich zurecht.

Vielleicht ging ich zu weit? Ganz einsehen wollte ich es nicht. Zu sehr brannten mir die Fragen unter den Fingernägeln. Fragen, die ich beantwortet haben wollte. Corvin neben mir erhob sich, auffordernd sah er mich warnend an. Zögernd stand ich auf, Geirrod noch immer fixierend.

„Sarah“ hielt Corvin mich am Arm fassend. Schnell manövrierte er mich hinaus auf dem Balkon. Mit einem Blick schickte er Hendrik und Naomi in den Ballsaal.

„Du warst unhöflich und unverschämt. Du kannst von Glück reden das Geirrod dich nachsichtig behandelte. Warte bis Vlad dir deine Fragen beantwortet. Hast du mich verstanden?“

Mürrisch nickte ich, wandte jedoch ein, „Er hätte mir ja sagen …“

„Du gehst zu weit.“ Die Zornesfalten auf seiner Stirn voll ausgeprägt.

„Aber Livio mein angeblicher Bruder der darf mich einfach beleidigen?“ brauste ich auf.

„Er wartet lediglich ab, bis er mit Vlad reden kann. Was du nicht einsehen willst. Ich rate dir zum letzten Male halte dich zurück.“

„Sehr einfach für sie und den Wikinger, nicht wahr! Ihr wusstet doch von meiner Mutter, von mir. Aber niemand interessierte sich für uns, dem Schicksal meiner Mutter. Es sind ja nur Menschen habe ich recht?“, die letzten Worte schrie ich ihm ins Gesicht.

„Du bist aufgeregt und ungerecht, die Diskussion ist beendet.“ Uneinsichtig hörte ich ihm nicht zu. Da war jemand der meine Mutter kannte. Der die ganzen Hintergründe kannte und ich, ich sollte warten? Bis irgendwann ein Vampir namens Vlad auftauchte? Nein das konnte und wollte ich nicht. Der Blonde musste mir Antworten liefern!

„Du bist bockig wie ein kleines Kind! Dafür habe ich einfach keine Geduld.“ Er warf mich über seine Schulter. Rannte zur Balkonbrüstung und schwang sich einfach darüber hinweg und sprang hinunter.

Mein entsetzter Schrei blieb mir in der Kehle stecken. Mein Magen stülpte sich nach innen während des Falles. Leichtfüßig landete Corvin im Garten, schneller als mir lieb war rauschten Wände an mir vorbei. Bevor ich überhaupt registrierte, was geschah, sah ich die Tür hinter Corvin zuschlagen.

Diesen Raum kannte ich bereits, er sperrte mich also wieder ein. Dieser Beuteltrinkende Despot wagte es tatsächlich,  mich  wieder  einzukerkern. Wild

fluchend  rannte  ich  zur Tür  schlug  und  trat  dagegen.  Mit  den schlimmsten Beleidigungen auf den Lippen, die mir gerade einfielen.

Zermürbendes Warten, kein Ton drang in dieses verfluchte Zimmer. Nicht einmal ein Stuhl! Ha, die Trümmer wurden beseitigt, aber der Herr des Hauses hielt es keineswegs für notwendig eine Sitzgelegenheit bereitzustellen. Oh, nein wieso denn auch?

Wann plante er meine erneute Gefangennahme? Düstere Gedanken umwölkten meine Stirn, während ich endlos wartete. Die Party müsste doch längst vorbei sein! Corvin Sardovan ließ mich hier schmoren während dieser eingebildete Affe vor seien Gästen brillierte.

 

Er würde mich hier nicht herausholen, so viel stand fest. Wenigstens das Bett war mir geblieben und dieser unwürdige Eimer. Was meinen Verdacht bestätigte, er dachte wie ein Stratege immer voraus!

Also konnte ich mich auch hinlegen. Danas Kleid ordentlich über den Tisch legend. Dana! Keimte Hoffnung auf. Nein sie hielt sich an seine Weisungen, keine Chance. Wer weiß, wie oft er sie einsperrte bei Wasser und Brot. Da war es kein Wunder, das sie alle vor dem Burgherrn kuschten. Was sagte der Blonde noch, ah ja Peitsche! Ein Sadist, ja das war Corvin Sardovan.

Meine unheilvollen Gedanken folgten mir in den Schlaf. Albträume der Kreatur, die mich bis auf Blut auspeitschte. Sein höhnisches Gelächter ließen meine Trommelfelle platzen. Wieder und wieder holte er aus, mit einem genussvollen Lächeln auf den Lippen. Schlug er jedes Mal fester zu. Ich wünschte tot zu sein, dieser dämonischen Fratze zu entkommen. Nein der Wunsch wurde mir verwehrt. Gellende Schreie eines gequälten Opfers mischten sich in das kalte Gelächter des Vampirs.

„Sarah“ oh nein, ich wollte nicht hören gleich schlug er wieder zu. „Sarah, du schreist die gesamte Burg zusammen. Wach endlich auf.“ Wurde ich durchgerüttelt.

Verwirrt erwartete ich Schmerzen. Den nächsten Hieb, das sausende Geräusch der Peitsche. Schützend wehrte ich die Hände ab, die mich unsanft rüttelten. „Sei doch vernünftig, du hast geträumt.“ Die verhasste Stimme, Corvin Sardovans.

„Lassen sie mich los. Was wollen sie denn noch?“ schlug ich verzweifelt auf die Kreatur ein. Mit Händen und Füßen bekämpfte ich den Vampir, der nur Schlechtes im Sinn hatte.

Kratzend, schlagend, beißend ging ich das Monster an. „Jetzt reicht´s“ hörte ich, im Handumdrehen lag ich halb zerdrückt unter dem Vampir.

„Wirst du jetzt …“, weiter kam er nicht, denn ich bekam ein Bein fre zog es mit aller Wucht hoch gegen ihn richtend. Er war schnell, zu schnell für mich. Flink verlagerte er sein Gewicht. „Du kleines Biest, das ist das zweite Mal!“, fuhr er mich mit gebleckten Zähnen an. Er sollte runter von mir. Zu keinen anderen Gedanken fähig setzte ich meine gesamte Kraft ein, ihn von mir zu stoßen.

„Hm, eine ganz neue Erfahrung.“ Gurrte der Vampir sanft, nah an meinem Ohr. Küsste der mich etwa? Das brachte mich völlig aus dem Konzept, „Was?“ und spürte es im gleichen Augenblick, der war ja erregt!

„Sie Schwein, sie!“, fuhr ich ihn an, „sie geiler Bock, runter!“ Ungeniert lachte der Kerl mich aus. „Wir sollten unsere kleine Balgerei auf ein anderes Niveau verlagern, meine kleine Füchsin.“ Sprach er sacht, mich nicht aus den Augen lassend, „Nein!“ rief ich entsetzt aus.

 „Nein?“ lächelte er fragend. Küssend fuhr er sacht an meinen Hals entlang, was mir wohlige Schauer über den Rücken jagte. „Wie schade.“ Fuhr aber unverdrossen fort, was ich mir hilflos gefallen lassen musste. „Hören sie sofort auf damit!“

„Aber sicher, gleich.“ Murmelte er, mit meinem Hals, Schulter beschäftigend. Mein Gott dieser unmögliche Vampir weckte Gefühle in mir, die ich nie zuvor erlebte. Noch, während ich mich fragte, wie das sein konnte, genoss ich seine Liebkosungen. Die zunehmend fordernder wurden. Worauf ich bereitwillig einging.

Es war mir egal, wer er war, was er war. Ich wollte nur eines seine Hände auf meinen Leib seine Küsse seinen Körper, die mich in ungeahnte Gefilde emporhoben. Und das tat er, hier in diesem Zimmer, indem er mich wieder einmal einsperrte. Lehrte er mich eine Frau zu sein, im wahrsten Sinne des Wortes.

 

Nun lag ich allein seltsam verlassen in diesem Bett. Er ging einfach, ohne ein Wort zog er sich die Hose über schnappte sich sein Hemd und ging. Kein Blick für mich übrig, kein Wort auf den Lippen. Warum fragte ich mich?

Die Tür stand weit auf, er ließ sie geöffnet. Wie konnte dieser Vampir nur so zärtlich, leidenschaftlich sein und dann mit einem Schlag so unnahbar. Oh ja er war behutsam und fordernd vorgegangen. Ständig auf mich Rücksicht nehmend hielt er sich zurück. Bis ich wie ich nun beschämt zugab, ihn aufforderte mich leidenschaftlich zu lieben.

Noch immer spürte ich seine Wärme, seine Leidenschaft, die ungezügelt aus ihm herausbrach, die ich heiß willkommen hieß. Wie konnte ich nur? Was musste er von mir denken? War er deshalb so schnell gegangen, wahrscheinlich. Mühsam schlang ich das Laken um mich und schlich mich in mein Zimmer.

Dana weckte mich, ich war gerade eingeschlafen. „Sarah es ist gleich sieben Uhr, du musst dich beeilen.“ Müde und verschlafen machte ich mich auf zu meinem bevorstehenden Dienst.

Eine junge Frau Namens Irene stand bereits hinter der Rezeption, mit ihr kam ich überhaupt nicht zurecht. In meinen Augen war sie eingebildet und arrogant. Ständig deutete sie an, wie intim ihr und Corvins Verhältnis sei.

Der einzige Lichtpunkt an diesem Morgen war der blonde Hüne Geirrod, der mir nicht zürnte. Nachdem ich mich für mein Benehmen entschuldigte, im Gegenteil er sagte er verstehe mich. Zudem erfuhr ich das Livio und er vorerst blieben. So auch einige andere Vampire, die sich mühelos unter den Gästen des Hotels mischten.

Hendrik bat mich in dem Zimmer im Turm zu bleiben, da das Hotel vollkommen ausgebucht sei. Er schnaufte über die zusätzliche Arbeit schien aber damit sehr zufrieden zu sein.

„Ja so kann ich beweisen, was ich kann, Sarah. Henry erwartet, dass ich noch ein Jahr warte, weil ich zu jung sei. Ich soll mich auf seine Erfahrung verlassen, was immer das auch heißt. Doch ich möchte am liebsten jetzt schon“ er sah sich um, „du weißt schon was.“ Grinste er mich an. „Livio ist auch nicht viel älter, warum frag ich dich soll ich warten?“ das war das einzige Thema, über das Hendrik sich aufregte. „Aber ich rede und rede! Ich habe dich nicht vergessen also treffen wir uns heute Abend im Schwimmbad.“ Versprach er mir.

Wie konnte ich das nur vergessen? Und Jens! Allein mit dem Problem beschäftigt, wie ich Corvin Sardovan das nächste Mal gegenübertreten sollte. Mit all den Vampiren im Hotel musste er beschäftigt sein. So hoffte ich ihn nicht so bald zu sehen.

Irren ist menschlich und das war ich nämlich im Irrtum. Die Küche verlassend und meine heutige Arbeitskollegin hinter mir lassend, die Frau war schwer zu ertragen. Gerade überlegte ich, wie ich ihr vorlautes Mundwerk stopfen konnte. Als ich Corvin sah, er unterhielt sich mit Henry. Dann auf in den Kampf nick den beiden kurz zu dann verschwinde aus seiner Reichweite.

„Sarah wohin so eilig?“ hielt Henry mich auf.

„Oh, mein Dienst beginnt gleich.“ Gab ich ihm Auskunft, ohne innezuhalten, er hielt mich abermals auf.

„Schade ich dachte ich könnte dich zu einem Ausritt überreden.“

„Nein“ lächelte ich ihm zu, „Außerdem kann ich nicht reiten, ich wäre keine gute Wahl.“ Und setzte mich mit bedauerndem Gesicht in Bewegung.

„Nun warte mal! Du kannst nicht reiten? Das gibt es doch gar nicht, Corvin wusstest du das?“ Henry schäumte beinahe vor Entrüstung. Corvin schüttelte nur seinen Kopf, „Das müssen wir ändern, Sarah sofort. Du wirst doch sicherlich jemanden finden der ihren Dienst übernimmt, Corvin? Und du meine Dame schwingst dich in dein Zimmer und ziehst dich um.“ Kommandierte er entschlossen, „Na worauf wartest du noch?“ sah er mich verblüfft an.

„Na ja, es gibt einen Grund, warum ich es nicht kann, Henry. Tiere sie mögen mich nicht.“ Erklärte ich ihm.

Er seufzte entsetzt auf, „Das ist fürchterlich, unsere Kinder sollten bei ihren Stämmen aufwachsen. Sarah unsere Tiere scheuen nicht vor dir. Hat dich denn noch niemand aufgeklärt? Es gibt schon Unterschiede zu rein menschlichen Kindern und unseren Nachwuchs.“

„Dana sagte so etwas.“ Die ganze Zeit nur ihn ansehend, Corvin beachtete ich überhaupt nicht. Was sich als schwierig erwies, da Henry, ihn ständig mit ins Gespräch einbezog, der sich auffällig zurückhielt.

Henry sprach Corvin direkt darauf an, „Was ist los mit dir? Ist dir der gestrige Abend nicht bekommen?“

Corvin lächelte rätselhaft, „Doch sehr gut, Henry. Ich sollte das bei nächster Gelegenheit wiederholen.“ Henry sah Corvin irritiert an, er klappte den Mund auf und machte ihn wieder zu.

„Ja also …“ sah er Corvin an als wäre er ein Außerirdischer, „Sarah, du solltest einige Dinge wissen, Corvin wird dich aufklären.“ Der grinste mich mit seinem Wolfsgrinsen amüsiert an. An welche Art der Aufklärung er dachte, war mir nur zu bewusst.

„Mit Vergnügen, am besten gleich.“ Schlug er vor, bestürzt wich ich einen Schritt zurück.

„Aber  nein,  zuerst  bekommt  Sarah  Reitunterricht.  Danach  kannst  du  sie  dir  vornehmen.“  Corvins  grienen vertiefte sich noch, während ich verzweifelt einen Ausweg suchte.

 „Das ist ja sehr nett von euch, aber ich will eure Zeit nicht über Gebühr in Anspruch nehmen. Ich werde einfach Hendrik fragen. Er ist in derselben Lage und wird mich besser verstehen.“ Mit diesen Worten schlich ich mich von dannen, die Vampire sprachlos hinter mir lassend.

Mein Gott ich musste einen Weg finden, so schnell wie möglich zu entfliehen. Dieser Vampir wollte eine Fortsetzung, das war unverkennbar. Doch ich wollte das nicht, eine Beziehung auf rein körperliche Lust war nicht das, was ich mir vorstellte. Wenn ich mir über eines klar war. Ich wollte eine Familie, einen Partner, ein oder zwei Kinder, eine ganz normale Familie. Erleben, erfahren, was ich niemals selbst erfuhr. Auf keinen Fall einen Vampir, der nur auf Sex aus war. Nun da ich wusste eine ganz normal fühlende Frau zu sein, konnte mein Traum Realität werden.

Kaum fünf Minuten stand ich hinter der Rezeption, als der Empfangschef nach einem Telefongespräch fragte, „Wer von den Damen bringt diesen Brief in Zimmer 27? Dem Gast geht es nicht so gut.“

Die liebe Kollegin sah schnell weg, ich schüttelte den Kopf. Der Frau sollte man kräftig irgendwohin treten und nahm den Brief entgegen.

Die Tür war nur angelehnt eine krächzende Stimme bat mich herein, dem Mann ging es wirklich nicht gut. Er winkte ab als ich ihm vorschlug einen Arzt zu rufen: „Eine Erkältung mehr nicht, morgen geht es schon wieder.“

„Wenn sie es sich anders überlegen oder sonst etwas brauchen, rufen sie an.“ Er nickte mir dankend zu.

Auf dem Rückweg sah ich hinaus, dort war Henry auf einem mächtigen schwarzen Pferd. Es sah gut aus, wie er so daher ritt. Schade eigentlich, dass ich seinen Vorschlag nicht annahm, vielleicht sollte ich ihn später fragen. Ich fand Pferde schon immer schön, doch gab ich auf, nachdem jedes Pferd vor mir scheute. Traurig sah ich aus der Ferne zu, wie meine Freundin glücklich das Reiten erlernte. Zudem war es eine teure Angelegenheit die wir uns nicht leisten konnten. Mein Onkel tat sein Möglichstes um uns anständig durch den Monat zubringen.

Noch verträumt den Kindertagen nachhängend, erwartete mich der Empfangschef, er sah ziemlich schockiert aus. Tatsächlich seine Hände zitterten. Was war denn hier vorgefallen?

Gerade wollte ich Fragen als der arme Mann, noch bleicher wurde. Einen Punkt hinter mir fixierend. Langsam drehte ich mich um. Corvin kam gefährlich aussehend wie ein Raubtier auf mich zu. „Wo warst du?“, fragte er mich leise zischend. Eng an die Rezeption gedrückt um Abstand vor dem Vampir zu suchen, der mich arg bedrängte. „Ein Brief, ich habe einen Brief auf Zimmer 27 gebracht.“

„So? Wer hat dir erlaubt dich von deinem Arbeitsplatz zu entfernen?“ Das war doch lächerlich, durfte ich mich jetzt noch nicht einmal im Hotel frei bewegen?

„Auch das gehört zu der Arbeit in der Rezeption, dass solltest … sollten sie“ verbesserte ich mich, „doch wissen.“ Seine Oberlippe verzog sich höhnisch nach oben. „Sie? Aber Sarah, nach all den Intimitäten, die wir miteinander teilten, redest du mich noch immer wie einen Fremden an?“

Röte ergoss sich über mein Gesicht, als er mich so wissend betrachtete.

„Das war ein Fehler, ein …“, stotterte ich nach den richtigen Worten suchend. Nun straffte ich mich es gab keinen richtigen Augenblick um das zu sagen, was ich dachte. „Ein dummes Versehen, das ich so schnell wie möglich vergessen möchte. Ich bitte sie, dies ebenfalls zu tun.“ Raffte ich all meinen Mut zusammen.

 „Vergessen? Nein kaum. Diese recht vergnügliche Stunde werde ich in Erinnerung halten, Sarah. Allenfalls sogar vertiefen.“ Glitzerte er mich lüstern an.

„Das wird nicht wieder vorkommen …“

Nun drückte er mich mit seinem ganzen Gewicht gegen die Theke. Kaum das er mich berührte setzte mein Herzschlag aus. Wohlige Schauer rieselten durch meinen Leib.

„Wir werden sehen, meine Füchsin, wir werden sehen.“ Murmelte er leise. Dann trat er zurück, „Du wirst den Empfangsbereich nicht verlassen.“ Wies er mich barsch an, bevor er die Halle verließ.

Gedemütigt schlich ich auf meinen Platz, wie konnte er nur? Mich so vor all den Leuten bloßzustellen. Jeder konnte sich an einer Hand abzählen, was dieser Auftritt bedeutete. Sie sahen mich nicht an, nein verstohlene Blicke wurden mir zugeworfen. Ich konnte direkt hören, wie sie sagten. Das neue Flittchen, seine neueste Eroberung, mal sehen, wann er die abserviert. Nein das konnte ich nicht ertragen und stürzte blind vor Scham hinaus.

Irgendwohin nur weg von dieser Schmach. Lief ich um das Hotel herum auf den Wehrturm zu. Die wacklige Leiter hinauf, dort oben fand ich endlich die Abgeschiedenheit, die ich suchte. Auf dem Wehrgang niederkauernd verfluchte ich diesen Vampir, meinen Vater und zu guter Letzt mich selbst.

„Du widersetzt dich ständig meinen Befehlen!“ kam Corvin Sardovan zürnend auf mich zu.

„Ach lassen sie mich in Ruhe, ihre Befehle können sie sich irgendwohin stecken.“ Schreckte ich auf und lief weiter. Er sollte mich einfach in Ruhe lassen. Grob wurde ich zurückgezogen, „Du wirst mir gehorchen, ansonsten…“

„Was denn? Wen wollen sie denn diesmal an den Kragen? Bitte tun sie sich nur keinen Zwang an. Zerstören sie weitere Leben.“

Er hörte mir überhaupt nicht zu, sah mich nur an. Geradezu hungrig stierte er mich an. „So wütend, gefällst du mir, Füchsin!“ verschloss er mir den Mund mit einem gierigen Kuss. „Ich will dich. Jetzt!“ Corvin sah sich kurz um, „Komm mit!“ In diesem kurzen Augenblick kam ich zur Besinnung.

„Nein! Ich will das nicht.“

Verwundert sah er mich an, als könne er es nicht fassen, was ich gerade sagte. „Du willst nicht? Soll ich dir hier und jetzt beweisen, wie sehr du dich danach sehnst? Also hör auf, mir und dir etwas vorzumachen.“ Ergriff er meine Hand und zog mich gegen meinen Willen den Wehrgang entlang. Ich sträubte mich so gut es ging, seufzend hielt er an. „Was denn noch?“

„Verstehen sie denn nicht, ich will das nicht. Ich will …“

Gereizt unterbrach mich Corvin, „Was? Eine nette kleine nichtssagende Beziehung? Mit einem Mann? Du unbefriedigt in seinen Armen? Etwa mit so einem wie diesem Stegmann? Nein Füchsin dazu taugst du nicht, das sind Hirngespinste. Du brauchst einen Mann, der dich zum Erbeben bringt und nun komm.“ Zog er mich weiter.

„Dann werde ich eben so einen Mann suchen …“ wieder blieb er stehen, feixend sah er auf mich herab. „Suchen? Aber du hast mich!“

 „Aber ich will nicht…, ich mag sie ja nicht mal!“

Nun sah er mich sprachlos an, „Mögen? Redest du von Liebe und dem ganzen Zeug? Mein Gott ich rede von wunderbaren, ehrlichen Sex. Eines kannst du doch nicht abstreiten, es hat dir gefallen. Sogar sehr und jetzt rede keinen Unsinn mehr.“

„Wollen sie mich nicht verstehen? Ich kann so …“, nun drehte er sich mir voll zu, „Ich verstehe eines, du belügst dich. Du sagst du willst keinen Sex mit mir, weil du denkst, dazugehört Liebe, Versprechen und was weiß ich noch. Doch erkläre mir eines, wer hat die Nacht lustvoll stöhnend in meinen Armen gelegen? Soviel ich weiß du. Nun ich werde dir geben, was du brauchst, sowie du mir gibst, was ich begehre.“

„Das ist alles so, so … billig.“ Sagte ich, weil mir kein passendes Wort einfiel.

„Billig?“ nun wurde er richtig sauer. Die Zornesfalte auf seiner Stirn stach scharf hervor. „Billig?“, sagte er nochmals leise. „Das nennst du billig?“ nahm er mich fest in die Arme, mich fordernd küssend. „Billig?“ riss er mir die Bluse auf. Japsend fuhr ich ängstlich zurück, er sah in diesem Moment extrem gefährlich aus.

„Billig also!“ steigerte er sich in seine Wut hinein.

Beruhigen, ich musste ihn irgendwie beruhigen, er vergaß sich völlig. Mit schwarzen Augen und ausgefahrenen Zähnen fletschte er wütend wie eine Bulldogge und das auf dem Wehrgang wo ihn jeder sehen konnte.

„Corvin beruhige dich …“, sofort hörte er auf sich wie ein Wilder aufzuführen, mit seinem schwarzen Augen sah er mich verdutzt an.

„Du warnst mich? Noch gestern hättest du die Chance genutzt.“ Fletschte er grinsend die Lefzen, „Du überrascht mich, schon zum zweiten Male! Nun komm du musst dich umziehen, so kannst du dich nirgends sehen lassen.“ diesmal ging ich freiwillig mit.

Er schien vergessen zu haben, dass er mich noch vor Minuten aufforderte, mit ihm zu schlafen. Inzwischen standen wir fast an der Stelle, als ich ihn das erste Mal sah. Corvin sah mich lächelnd an, er sah fast normal aus, nur die Eckzähne standen ein wenig vor.

„Wie du deine Nase hochhältst, wenn du dich angegriffen fühlst. Das erinnerte mich sofort an Vlad.“ Amüsierte er sich. „Halt dich fest!“ ich sah hinunter und weigerte mich kopfschüttelnd. „Nein, wir werden uns sämtliche Knochen brechen, das ist zu tief.“

„Du bist ein Angsthase“, amüsierte Corvin sich köstlich. „Dann spring doch, ich bleibe hier. Lieber gehe ich durch das Hotel und jeder der mich blöd anglotzt schicke ich zu dir.“ Das war mein voller Ernst.

„Na gut“ lenkte Corvin ein, halb auf der Mauer sitzend. „Dann warte ich hole dir eine Jacke.“

Nochmals sah ich zweifelnd in die Tiefe hinab. „Bist du sicher …“.

Corvin, schlang blitzschnell seinen Arm um mich und schon stürzten wir hinab. Vor Schreck blieb mir mein entsetzter Schrei in der Kehle stecken. Nach endlosen Sekunden spürte ich wieder festen Boden unter meinen Füßen. „Nein bin ich nicht! Deshalb lasse ich dich auch nicht halb nackt auf der Mauer.“

„Du bist verrückt, total irre Vampir!“ stapfte ich vor mich hin fluchend durch den Garten. Wo war die Tür? Hier musste es doch eine verfluchte Tür geben.

 „Du suchst in der falschen Richtung.“ Hörte ich Corvin belustigt rufen. Der war ja glänzender Laune. „Madame“ hielt er mir verbeugend die Tür auf. Sehr lustig! Hochnäsig schritt ich an ihm vorbei. Ohne mich weiter um den Verrückten zu kümmern, wollte ich nur noch eines. Raus aus seiner Reichweite so schnell wie möglich. In seiner Gegenwart vergaß ich nur zu schnell wer und was er war und flüchtete durch den Raum hinaus zur Treppe.

Kaum erreichte ich die dritte Stufe da hörte ich Stimmen. Auch das noch, Hendrik und sein Vater. Wieder wurde ich von den Füßen gerissen und rasant ging es die Treppe hoch, ab um die Ecke. „Still“, flüsterte Corvin mir zu.

„Ich weiß auch nicht, wo er noch sein könnte, Hendrik.“

„Aber was soll ich jetzt tun? Corvin wird toben, hoffentlich taucht Sarah vor ihm auf.“

„Bist du sicher, sie hat die Festung keineswegs verlassen?“

„Absolut, die Wächter sind auf ihre Posten. Sie muss sich nach dem Vorfall versteckt haben. Was ist eigentlich mit Corvin los? Seitdem Sarah hier ist, wütet er noch schlimmer, als je zuvor.“ Henry gluckste vor unterdrücktem Lachen. „Mein Junge das solltest du inzwischen verstehen. Alt genug bist du ja.“

„Du meinst … Corvin? Das wird Sarah gar nicht gefallen. Sie hat sich in diesen Mann verguckt. Na da kommen uns ja schöne Zeiten entgegen. Corvin wird sich die Zähne vor Wut ausbeißen.“

„Wer weiß? Sarah scheint gar nicht so immun zu sein. Das wäre mir jedenfalls lieber …“

„Vater!“ empörte sich Hendrik.

„Was? Das ist meine Meinung. Hast du die Tür zum Garten aufgemacht?“

„Nein, als ich vorhin nachsah, war sie geschlossen.“

Eng an die Wand gepresst belauschten wir Vater und Sohn. Corvin verzog grimmig seine Miene. Sodass ich lachen musste. Er hielt mir warnend die Hand vor den Mund. Nach Luft schnappend zog ich sie weg. „Sie sind im Garten, jetzt kann ich mein Zimmer.“

„Also dann in deinem Raum.“ Meinte er verdrießlich und schlenderte missmutig hinter mir her. Er kam sogar mit herein. „Wolltest du noch was?“

„Aber ja“ fragend sah ich ihn an.

 „Dich“ verschloss er die Tür hinter sich.

Verdattert starrte ich ihn an. „Aber ich habe dir doch …“

Kapitel 11

Er nickte, „Wo waren wir gerade noch? Ach ja Billig. Ich zerfetzte die Bluse, danach wollte ich dir die restliche Kleidung vom Leibe reißen. Doch nun hier in der Abgeschiedenheit. Werde ich dich langsam entblättern. Danach gönnen wir uns ganz billigen Sex. Das ist es doch? Nicht wahr? Billig.“

Wie in Trance sah ich Corvin auf mich zukommen. So nicht und brachte schnell den Tisch zwischen uns. Er feixte begeistert. „Eine Jagd! Fang die Füchsin! Sehr einfallsreich.“ Lobte er grinsend.

„Hör auf! Du gehst jetzt besser.“

„Jaah. Sobald du unter mir gelegen hast.“

 „Nein“ wanderte ich weiter. Immer einen Schritt gehend, sobald er einen tat. „Nein? Dann willst du nach oben? Oder in meinen Raum?“ bleckte er genießerisch die Zähne. Drehte dieser Vampir denn jedes Wort zu seinem Vorteil?

Noch drei Schritte, dann war es soweit. Er musste erst um den Tisch herum. Das konnte meine Rettung sein. Lauernd trat er vor ein, zwei Schritte noch einen und ich konnte die Flucht ergreifen.

„So schweigsam? Was heckst du aus?“ darauf gab ich keine Antwort. Sondern lief los, was das Zeug hielt. Schon glaubte ich ihm entkommen zu sein, als ich aufatmend die Tür aufriss.

Zu meinem Entsetzen stand er genau dort, wohin ich erst noch wollte. „Hab dich. Dem Sieger die Trophäe.“ Schnappte er siegesgewiss nach mir.

„Verzeihung ich unterbreche ja nur ungern eure Spielchen“, hörte ich erleichtert Henry sagen. Corvin mich fest im Arm haltend drehte sich Henry zu. Der meinte trocken, „Wir suchen euch schon eine Weile. Wie ich sehe, geht es Sarah gut.“ Henrys Stimme troff geradezu vor Ergötzen.

Corvin ließ mich nicht los, während ich steif an seiner Brust gepresst stand. „Du wirst das eben Gesehene ganz schnell vergessen!“

„Ich weiß gar nicht was du meinst Corvin.“  Lächelte  Henry beruhigend, sein Gesicht nahm jedoch einen besorgten Ausdruck an. „Es geht mich ja in keiner Weise etwas an aber du solltest an Vlad denken. Er wird keineswegs begeistert sein.“

Corvin schnaufte wütend auf und drehte sich Henry vollends zu. Indessen konnte ich befreit einen Schritt in meinen Zimmer zurücktreten.

„Wie du schon sagtest es geht dich nichts an.“ Knurrte Corvin leise drohend auf Henry zugehend. Der hob abwehrend die Hände. „Gemach gemach Corvin das war ein gut gemeinter Ratschlag. Kein Grund durchzudrehen.“ Er verneigte sich ironisch „Wir sehen uns spätestens heute Abend. Ach Sarah“, sah Henry mich eindringlich an, „Der Empfangschef vermisst dich, du solltest schleunigst deiner Arbeit nachgehen.“

Corvin trat einen weiteren Schritt auf Henry zu, der sich rückwärtsgehend in Sicherheit brachte.

Die Gelegenheit nutzte ich und warf meine Zimmertür zu und verriegelte sie schnell. Im gleichen Augenblick donnerte Corvins Stimme von der anderen Seite.

„Meinst du das Stück Holz hält mich auf? Mach die verdammte Tür auf sonst …“, er wurde unterbrochen ich hörte eine weibliche Stimme nur unverständliches Gemurmel, obwohl ich mein Ohr horchend an der Tür – es klopfte, erschrocken sprang ich ein Stück zurück.

Dana! Sie rief mich bei meinen Namen. Erleichtert schloss ich auf. In ihrem Beisein würde Corvin ja wohl kaum über mich herfallen.

„Nun was wolltest du?“ blitzte Dana den Burgherrn von oben an. Es sah schon komisch aus, denn Corvin überragte Dana gewaltig. Dana schien in diesem Augenblick über sich selbst hinauszuwachsen. Sie strahlte solch eine gewaltige Autorität aus die Corvin in Schach hielt.

Grummelnd vor sich hin fluchend verschwand er aus meinen Blickfeld. Dana trat kopfschüttelnd mit einer Bluse unter dem Arm ein die sie mir ohne Kommentar vor die Nase hielt.

Schnell zog ich mich im Bad um und brachte meinen Äußeres in Ordnung. Wie es allerdings in meinen Inneren aussah, verdrängte ich derweil. Zu viele unangenehme Fragen, auf die ich keine Antworten besaß. Oder doch! Nur wollte ich diese unter keinen Umständen. Niemals! Auf gar keinen Fall. In irgendeiner Weise auch nur ansatzweise beantworten. Das war einfach zu ungeheuerlich das durfte nicht sein.

Deshalb verdrängte ich all den Müll, der in mir hochstieg in die tiefste Nische oder besser gesagt ich stellte mich feige wie ich war nicht meinen Gefühlen.

Schweigend geleitete sie mich zum Empfang. „Ich hole dich später ab.“ Sagte sie nur. Meine Arbeitskollegen übersahen mich geflissentlich. Sobald Irene am anderen Ende der Theke zu tun hatte, entschuldigte ich mich bei dem Empfangschef. Zum Glück war der Mann nicht nachtragend er verzieh mir gnädig meine überstürzte Flucht.

Irene hingegen stichelte den gesamten Nachmittag. Sie schoss sich regelrecht auf mich ein als es mir zu viel wurde sagte ich ihr leise aber Bestimmt sie solle ihr Gift woanders verspritzen. Beleidigt redete sie kein Wort mehr mit mir. Was ich persönlich als Erholung empfand leider hielt ihr Vorsatz nicht allzu lange.

Nach einer Stunde des Schmollens nutzte sie Corvins Anwesenheit zur erneuten Attacke gegen mich. „Sieh mal da ist Corvin!“ sprach sie mich von der Seite an. Ich hatte ihn schon zuvor gesehen und blickte demonstrativ in die entgegengesetzte Richtung.

„So wie es aussieht, beachtet er dich in keiner Weise.“ Meinte sie höchst zufrieden. „Ja, ja du hast deine Chance vertan nun werde ich mein Glück versuchen und ich schwöre dir ich stelle es besser an.“ Warf sie sich in Position.

Wie konnte ein Mensch nur so von sich eingenommen sein. Diese Frau ging mir mächtig auf die Nerven. Zumal mein Blutdruck seit Corvins Erscheinen in der Halle total verrücktspielte. Noch unterhielt er sich mit einem Gast vermutlich mit einem Vampir.

Unsicher mit Schmetterlingen im Bauch suchte ich eine Beschäftigung für meine zitternden Hände. Als ich das ältere Ehepaar sah, das gerade hereinkam. Ich wusste sie würden mich eine Weile aufhalten denn sie verwickelten uns gerne und oft in Gespräche. Lächelnd begrüßte ich sie wie erwünscht erfuhr ich nun ihre heutigen Erlebnisse bis ins kleinste Detail. Ab und wann wagte ich einen Blick durch die Halle mein Umfeld sondierend. Befreit atmete ich auf von Corvin keine Spur mehr und hörte dem Paar nun entspannter zu.

Erst als Dana an den Tresen trat, verabschiedete sich das Paar Dana zuzwinkernd. „Kennst du sie?“, fragte ich argwöhnisch in deren Benehmen lag etwas das mich aufmerksam machte.

„Hast du es denn nicht bemerkt?“ beantwortete sie meine Frage.

„Was denn? Oder sind sie etwa …“ Dana unterbrach mich, „Aber ja alte Bekannte aus meiner Jugendzeit.“ Meinte sie und sah mich beschwörend an. Ich wurde mir meines Fehlers durchaus bewusst.

„Oh das wusste ich nicht.“ Vampire! Das Paar waren Vampire, das hätte ich niemals vermutet. Sie sahen absolut normal aus.

Erst nachdem wir Danas Zimmer erreichten, klärte sie mich auf. „Du irrst dich Sarah sie sind Menschen gehören aber zur Familie. Sie sind die Kinder von Vampiren. Nicht alle wollen gewandelt werden. Dieses Paar kenne ich seit ihrer frühsten Jugend.“

 „Demnach gehören nicht nur Vampiren zu den Sardovans?“

Dana nickte bestätigend, „Kinder, Ehemänner und Frauen, Freunde alle gehören dazu. Was hast du denn geglaubt unsere Familie besteht nur aus Vampiren?“

„Ja das dachte ich.“ Inzwischen holte Dana einen Schlüssel aus ihrem Schreibtisch. „So jetzt wollen wir doch mal sehen, was Alia für dich besorgt hat.“

„Wie geht es Alia und wo ist sie?“, wollte ich von Dana wissen.

„Ach Sarah es ist schlimm. Ihr Zustand bessert sich nicht. Vadim ist rund um die Uhr bei ihr. Wir wollten Alia gestern Nacht aus dem Keller in ihr Haus bringen. Doch sie wehrte sich mit Händen und Füßen. Inzwischen glaubt sie die Geschichte, die sie dir erzählt hat. Sie denkt nur dort sind sie und Vadim sicher vor Vampiren. Im nächsten Augenblick ist Alia völlig normal nur um dann wieder Drohungen auszusprechen. Ich glaube diesmal wird sie in ihren Wahn bleiben.“ Sagte Dana betroffen, „Und ich muss bei Corvin und Vadim Abbitte leisten. Bisher war ich der Überzeugung Vadim sei derjenige, der die ungesunde Beziehung wollte. Doch nun sehe ich, wer der Auslöser war.“ schwieg sie in Gedanken versunken.

„Kann ich sie besuchen?“

„Nein auf keinen Fall, Sarah. Noch nicht einmal Leon geht zu ihr, zu gefährlich.“

„Leon? Der Butler?“

„Hat sie ihn dir so vorgestellt? Leon ist ihr Ehemann, sie sind seit vierzig Jahren verheiratet. Er hat damals gewusst, worauf er sich einließ, sie heiratete ihn, nachdem Corvin die Hochzeit absagte. Ich glaube er liebt sie heute noch so wie damals, obwohl sie ihn behandelt, wie einen Sklaven. Du siehst wir sind eine ganz normale Familie mit schwarzen Schafen, wie es überall vorkommt.“ Lächelte sie traurig. „Doch nun genug davon, Alia hat vorgesorgt und dir einiges an Kleidung bestellt. Nachdem feststand, dass du Vladis Tochter bist.“

Wir waren inzwischen den Gang weiter gegangen und nun schloss Dana eine Tür auf. „Na wer sagt´s denn.“ Trat sie in den Raum und mir verschlug es die Sprache der Raum war mit Kleidung vollgestopft.

„Wo hat sie denn nur …“ sprachlos sah Dana auf einen Haufen Kleidung und hob etwas auf. „Das gibt es ja nicht wer …“ ich sah genauer hin. Dana hielt einen Pullover in der Hand, der total zerfetzt war. Genauso sahen die übrigen Kleidungsstücke aus.

„Was glaubst du, wer das war?“, fragte ich sie.

„Ich habe keine Ahnung, Sarah. Erst gestern habe ich das Abendkleid für dich geholt und da war alles noch in Ordnung. Es muss jemand den Schlüssel aus meinem Zimmer geholt haben und diese Zerstörung angerichtet haben.“ Sie sah sich um, „Nur deine Sachen sind ruiniert. Wer vollbringt denn nur solch eine sinnlose Tat? Ich muss Corvin informieren! Sarah geh in dein Zimmer und lasse niemanden hinein oder besser ich bringe dich zu Henry.“

Sie stürmte hinaus und zog mich mit ich konnte kaum mit ihr Schritt halten so schnell ging sie. „Dana warte ich…“ sie stockte mitten in ihrem Lauf und stöhnte voller Bedenken auf. Corvin kam uns entgegen.

 „Dana warum bist du so aufgeregt?“ er sprach zwar mit Dana sah mich aber an. Sofort beschleunigte sich mein Herzschlag als Corvin mich eingehend in Augenschein nahm. Dana trat zwischen uns so erhielt ich die Gelegenheit mich ein wenig zu beruhigen.

„Corvin! Ich wollte dich gerade holen schau dir das Desaster an ich bringe Sarah in der Zwischenzeit zu Henry.“ Sagte sie schnell und wollte meinen Arm ergreifend an Corvin vorbei.

Der trat uns in den Weg, „Von was redest du überhaupt welches Desaster und warum willst du Sarah zu Henry bringen? Wolltet ihr euch nicht umkleiden?“ Er stand mitten in dem breiten Flur und es gab kein Vorbeikommen.

Dana ergab sich der Situation und klärte Corvin auf. Der sah sich den Schaden kurz an. „Du hattest den Schlüssel?“ befragte er Dana, „Ja jemand muss ihn aus meinen Zimmer geholt haben anders kann ich es mir nicht erklären.“

Ein unergründlicher Ausdruck trat in sein Gesicht, „Na gut! Findet ihr für heute Abend noch etwas Passendes?“, wollte er wissen.

„Ich kann ja auch in meinen Zimmer bleiben.“ Schlug ich vor. Was die beiden Vampire sofort barsch verneinten.

„Bring sie hoch! Neben meinen Raum ist noch ein Schlafzimmer, dort wirst du erstmals bleiben.“ Befahl Corvin kurz angebunden, „Dana sucht euch alles heraus, was ihr benötigt. Ich werde euch später abholen und du lässt nur mich ein!“ kommandierte der Herr des Hauses.

„Dana was soll das Ganze? Jetzt soll ich hier bleiben?“ ich war entsetzt so nah an Corvins Räume sollte ich schlafen. Nein das durfte ich nicht zulassen.

„Beruhige dich Sarah, mir fällt noch etwas ein. Du darfst auf keinen Fall in seiner Nähe bleiben. Nicht so wie er im Moment hinter dir her ist.“ Überlegend strich sie sich über die Stirn. „Ich werde Hendrik später befragen was wir machen können. Mein Gott das, das auch passieren musste. Unser guter Plan einfach so zunichte.“ Fluchte sie wütend auf den Tisch schlagend.

„Euer Plan?“ sah ich Dana neugierig und auch skeptisch an. Was für   ein Plan? Was hatten sie mit mir vor? Misstrauen schlich sich in mein Herz ein.

Dana wirkte bedrückt, „Ach es geht um Corvin und dich. Sicherlich haben wir bemerkt, dass er dir seine Aufmerksamkeit schenkt. Er verlangt nach dir, das ist uns gestern Abend deutlich aufgefallen. Dann sein ungebührliches Benehmen heute Mittag. Deshalb haben wir beschlossen dich fern von ihm zu halten. Wir kennen Corvin er wird sich anderweitig amüsieren und sich seiner Pflichten dir gegenüber besinnen. Das ist schon alles.“ Sagte sie mit einem Schulterzucken.

„Wir sind auch Vlad verpflichtet und er wird bestimmt nicht begeistert sein wenn ihm zu Ohren kommt – Corvin habe mit dir geschlafen. Gerade jetzt können wir uns keinen internen Disput leisten die Zeiten sind gefährlich genug.“

„Und ihr glaubt Corvin lässt sich so leicht abbringen?“, fragte ich sie erstaunt. Corvin erschien mir nicht gerade, wie jemanden der sich etwas vorenthalten lässt.

 „Naja, Henry hat da etwas manipuliert. Corvin bekommt eine willige Frau untergejubelt das wird ihn von dir ablenken. Corvin ist nun einmal immer auf der Suche nach einer begehrenswerten Frau. Bekommt er die Eine nicht, nimmt er die Nächste, kein Problem.“

Dana sah in mein betroffenes Gesicht, „Mein Gott Sarah du hast doch keine romantischen Gefühle für Corvin? Sicher er ist charmant und attraktiv aber er wird sich niemals an eine Frau binden. Darüber solltest du dir im Klaren sein. Er hat dich umworben um mit dir ins Bett zu steigen dahinter stehen keinerlei tieferen Gefühle.“

„Ja das denke ich auch!“, beruhigte ich Dana und lächelte sie krampfhaft an. Es war besser, wenn ich die vergangene Nacht in keinem Fall erwähnte. Deshalb sollte es ihnen leicht fallen Corvin auf andere Gedanken zu bringen er hatte ja schon bekommen, was er wollte. Nun verstand ich auch sein grußloses Verschwinden.

Wir hatten Sex, guten Sex miteinander geteilt das war es. Auf zum nächsten Punkt. Warum aber wollte er dann nochmals mit mir schlafen? Wahrscheinlich, weil ihn gerade keine andere Frau über den Weg lief, ich war gerade greifbar.

Ich musste realistisch über Corvins Natur nachdenken nur so konnte ich den Schmerz in mir niederkämpfen, der in den Tiefen meiner Seele lauerte. Nicht jetzt Sarah nicht jetzt! Dana beobachtet dich mir blieb nur eines gute Miene zum bösen Spiel.

Gute Laune mimend betrat ich mit Dana den Speisesaal. Der lange Tisch war fast vollständig besetzt. Dana nahm am Kopfende Platz am anderen saß Corvin. Ein wenig hilflos sah ich mich um und Hendrik winkte mir vergnügt zu.

Erleichtert ging ich zu ihm. „Heute geht es hochoffiziell zu Sarah du bist seine Tischdame.“ Deutete er auf Geirrod, der mich mit einem breiten Lächeln angrinste.

„Komm her du kleines Mädchen ich beiße dich schon nicht“, begrüßte er mich und zog meine Hand unter seinen Arm.

„Ich habe Hendrik bestochen, damit du meine Tischdame wirst. Nach dem Vorfall mit deiner Kleidung werde ich dich nicht so schnell aus den Augen lassen.“ sagte der Vampir er senkte seine Stimme keine Sekunde, sondern brüllte seine Worte lauthals heraus.

Was er damit bezweckte, war mir sofort bewusst. Er warnte jeden sich in Acht zu nehmen. „Warum tust du das?“

„Du bist die Tochter meines Freundes. Ich würde mein Leben für dich geben sowie Vlad meines für mich geben würde.“ Sagte er stolz und wich den gesamten Abend nicht von meiner Seite.

Erst als ich mich in mein Zimmer zurückzog, entließ er mich, nur damit Dana hinter mir herkam. „Ihr beschattet mich ja richtig!“ warf ich Dana vor.

„Ja was glaubst denn du.“

„Corvin ist auf dem Fest!“, sagte ich ihr genervt.

„Aber er hat uns doch beauftragt, dich auf keinen Fall allein zu lassen.“

„Jetzt verstehe ich nur noch Bahnhof Dana. Erst sagst du ihr …“

 „Das war vor dem Attentat auf deine Kleidung. Corvin glaubt man will dir etwas antun, damit Vlad einen anderen Kurs in der Auseinandersetzung einnimmt. Deshalb wirst du geschützt.“

„Ihr denkt wirklich mir droht eine Gefahr?“ das konnte ich nicht glauben. Wieso sollte ein mir Fremder seine Meinung ändern, auch wenn er mein leiblicher Vater ist. Wer hatte etwas davon?

„Deine Gedanken sind dir ins Gesicht geschrieben Kind. Jeder der einen offenen Krieg bevorzugt kann der Täter sein. Das ist nicht alles, falls dir etwas in Corvins Haus geschieht verliert er sein Gesicht seine Position bei den Stämmen wäre in Gefahr. Auch könnte es Vlad sehr übel nehmen und einen nicht wieder gutzumachenden Streit zwischen den Beiden heraufbeschwören. Du siehst es gibt mehr als einen Grund deshalb wirst du geschützt.“

Perplex ließ ich mich auf das Bett fallen, „Das ist doch Wahnsinn! Das muss ein Irrtum sein.“

„Leider Gottes nein.“ Sagte Geirrod, der durch das Fenster einstieg. „Es hat mich keiner gesehen.“ Sagte er zu Dana.

„Gut! Sarah du musst jetzt ganz still sein. Wir werden einen kleinen Spaziergang machen. Aber kein Ton. Hörst du, egal was du siehst oder hörst du musst leise sein.“

Sie öffnete den Kleiderschrank. Habe ich es mir doch gedacht eine Geheimtür!

Ich irrte mich gewaltig sie gab mir eine schwarze Jeans und Pullover dazu Turnschuhe. „Zieh das an und beeil dich.“ Befahl sie mir.

Geirrod zog sich schon aus denn auch ihm reichte sie fast die gleichen Sachen. „Wir werden hinter dem Museum erwartet. Wahrscheinlich wird der Ausgang bewacht du weißt, was das bedeutet.“ Geirrods Lächeln vertiefte sich. Indessen zog sie sich die gleiche Kleidung an. „Sarah zieh dir die Kapuze tief ins Gesicht und verberge dein Haar.“ Kaum hatte sie die letzten Worte ausgesprochen da langte Geirrod nach mir und sprang aus dem Fenster mit mir als Gepäck. Ich schnappte entsetzt nach Luft blieb aber ruhig eingedenk Danas Worten.

Neben mir kam eine zweite Gestalt auf. „Ich gehe vor!“, wisperte Dana. Geirrod wartete einen Moment dann deutete er mir an, ihm zu folgen. Wir überquerten langsam den Hof und hielten auf das Museum zu. „Sarah sag mal läufst du lieber oder verspürst du einen anderen Drang?“ seine Stimme und somit mein Name hallte über den stillen Hof wieder.

„Laufen!“, sagte ich und verstand die ganze Heimlichtuerei nicht die sie veranstalteten, wenn er meinen Namen nannte, dann könnte ich mir ja gleich ein Schild um den Hals hängen.

Hinter dem Museum hielt er auf das geheime Tor zu. Als ich gepackt wurde und mein Mund zugehalten wurde. Geirrod ging einfach weiter mit jemandem der so aussah wie ich. Dana! Befürchtete ich - sie führten die Feinde in die Irre.

Zögernd wurde mir die Hand von dem Mund genommen. Leise sehr langsam holte ich Luft aus Angst einen Ton von mir zu geben denn da waren eindeutig Geräusche aus der Richtung aus der Geirrod und ich gerade kamen.

Zwei Gestalten näherten sich, „Hier muss es einen Ausgang geben! Du hattest recht sie bringen sie weg. Das wird ein Leichtes nur ein Blutsauger ist bei ihr.“

Der Andere raunte eine Erwiderung, die ich nicht verstand. Sie suchten vorsichtig das Gelände ab. Ohne ein Licht anzumachen, schlichen sie an der Mauer entlang. Sie kamen gefährlich nahe an unseren Standort heran. Automatisch drückte ich mich näher an den Hintermann der mich festumarmte. Ich fühlte wie angespannt er war jeden Moment sprungbereit.

„Ich finde keinen verfluchten Durchgang…“

„Hier ist was - komm her.“

Die Männer verschwanden aus meinen Blickfeld nach einigen Augenblicken war nichts mehr zu hören. Mein Begleiter bewegte sich noch immer nicht. Still verharrte er in unserem Versteck und hinderte mich daran mich zu bewegen.

Die Minuten verstrichen auf was wartete er? Langsam wurde ich ungeduldig, als ob er es spürte, drückte er mich kurz an sich. Warum standen wir noch hier herum? Wir sollten Geirrod und Dana warnen und Corvin! Schließlich kannten die Jäger den geheimen Ausgang sie konnten jederzeit mehr Männer dort hindurch bringen und die Festung angreifen. Die hohen Mauern konnten in solch einem Fall zu einer Falle werden.

Mein Begleiter verharrte derweil zu einer Salzsäule unbeweglich und stur blieb er, wo er war, ich musste etwas unternehmen. Bevor ich auch nur einen Ton herausbrachte, schnellte seine Hand vor meinen Mund und verschloss ihn.

Wie konnte er von meinen Vorhaben wissen? Sollte Hendrik mir die Wahrheit gesagt haben? Konnten sie wirklich Gedanken lesen? Meine Skepsis siegte das war unmöglich er musste meine Anspannung gespürt haben. Wieso handelte der Vampir nicht ich verstand sein Vorgehen nicht fügte mich nun aber, da er auf etwas zu warten schien.

Wieder zogen die Minuten langsam dahin. Bewegungslos verharrten wir auf der Stelle meine Muskeln verkrampften sich schmerzten in den Beinen. Lange hielt ich diese Bewegungslosigkeit nicht mehr aus. Wie viel Zeit war inzwischen verstrichen? Eine oder zwei Stunden? Vielleicht auch länger?

In meinen Überlegungen blitzte keine zwei Meter von uns ein Licht auf. Zutiefst erschrocken zuckte ich zusammen und ich konnte es nicht verhindern mir entfuhr ein erschreckter Ton. Zum Glück sprach der Mann vor uns in ein Handy daher kam die gedämmte Beleuchtung.

„Keine weiteren Aktivitäten ich werde die Festung jetzt verlassen.“ Dann wieder Dunkelheit. Der Mann ging an uns vorbei ohne sich besonders zu bemühen seine Anwesenheit zu verbergen.

In diesem Moment wurde ich wie ein Sack zur Seite gestellt und der Vampir an meiner Seite schnellte vor. Ich hörte nur einen dumpfen Aufschlag dann war alles wieder ruhig.

„Sarah?“ meine Hand wurde ergriffen, „Wir müssen los!“ ich konnte mich nicht rühren meine Beine versagten mir den Dienst. „Warte ich helfe dir.“ Sagte mein Begleiter, er schien sich königlich zu amüsieren, so wie seine Stimme klang.

 „Das stimmt! Schließlich darf ich dich nun weiterhin in meinen Armen halten. Das ist natürlich eine reine Hilfestellung!“ Corvin! Die ganze Zeit schon! War er es! Warum habe ich es nicht bemerkt fragte ich mich und wieso wusste er …

„Oh Hendrik hat keinesfalls übertrieben meine Füchsin. Ich kann deine Gedanken sehr wohl hören. Laut und verständlich!“ zog er mich an sich und hob mich auf. Während meine Gedanken sich überschlugen. Konnte er immer all meine Überlegungen hören? Heiße Scham überflutete mich ich dachte an all die Beschimpfungen, mit denen ich ihn betitelte an meine Gefühle, die ich mir bisher selbst Verbot an … Gott das durfte, nicht wahr sein.

Corvin blieb stehen horchte in die Dunkelheit hinein. „Wir sind nicht allein.“ Flüsterte er leise, „Verdammt das, hätte ich Bedenken sollen.“ Fluchte er vor sich hin. „Es wird nun ein wenig ungemütlich. Sei nur leise.“ Sagte er so ruhig als würde er in einem Salon mit der Queen stehen.

Was dann geschah, kann ich kaum beschreiben. Es fühlte sich wie eine Achterbahnfahrt an. Nein schlimmer es war ein Mix aus einer Berg und Talfahrt gepaart mit einer Geisterbahnfahrt. Es ging auf und ab. Blätter Äste schlugen auf mich ein dazu wurde ich hin und her geworfen, geknetet wie ein Hefeteig aufgefangen und zu guter Letzt gequetscht, bis alles von vorn begann.

Es war gut das völlige Dunkelheit herrschte denn ich wollte nicht sehen, woher diese zeitweise Schwerelosigkeit kam. Noch in welchem Tempo wir uns fortbewegten.

Schließlich blieb Corvin stehen und ließ mich an seinem Körper entlang auf dem Boden gleiten. Völlig kraftlos sackte ich einfach in mich zusammen. Unter mir spürte ich statt des weichen Waldbodens asphaltierte Straße.

„Wo …“

„Still!“ gebot er mir zu schweigen. Ich horchte nach verräterischen Schritten. Das knacken eines Zweiges unter den Füßen unserer Verfolger. Ein Rascheln. Doch nichts. Alles blieb ruhig. Kein Ton war zu hören noch nicht einmal ein Insekt ein Nachtvogel das Rauschen des Windes nichts, es war totenstill.

Neben mir kniete Corvin, „Sie sind schnell zu schnell für Menschen. Wieder hob er mich auf und ging weiter doch nur kurz. Dann setze er mich ab. „Bleib hier und rühr dich nicht von der Stelle. Egal wie lange ich weg bin. Hörst du?“ ich nickte nur und legte mich erschöpft flach ins Gras. Es fühlte sich wunderbar kühl an fest in der Erde verwurzelt.

Corvin kicherte vor sich hin. „Bist du verletzt?“ schlug sein Ton sofort um. Er war besorgt das war Balsam für meine geschundene Seele.

Ich schüttelte den Kopf, nachdem ich kurz prüfend meine Glieder streckte. Einen Ton zu sagen traute ich mich nicht, weil ich die Befürchtung hegte, laut hinauszuschreien. Zu sehr nahm mich das eben Erlebte mit. Das Entsetzten hielt mich noch gefangen.

„Du blutest!“, stellte er sachlich fest und tastete mich mit flinken kundigen Händen ab. „Oh deine Wange! Sie blutet.“ Tippte er darauf, es tat kaum weh. Dann fuhr er sacht über meine Wange. Ich glaubte es kaum doch er steckte sich den Finger in den Mund. Mit meinem Blut! Entsetzt rückte ich von ihm ab.

Eine nutzlose Geste denn so schnell wie er bei mir war bekam ich keine Chance Abstand zwischen uns zu gewinnen. „Dein Blut ist köstlich, Sarah Wagner. Da bekommt man doch Lust auf mehr.“ Hörte ich ihn nahe.

„Bleib mir …“ zu mehr kam ich nicht denn er verschloss mir gierig küssend den Mund. Als wäre es das selbstverständlichste der Welt erwiderte ich seinen Kuss. Um mich herum alles vergessend.

„Ah, meine Füchsin“ ließ er von mir ab und ließ mich völlig konfus zurück. Was war ich doch für ein armseliges Weib. Hing an ihn wie eine Saugschmerle. Anstatt den Kerl zu verweigern, wonach ihm gelüstete. Nein ich gab mich den Lippen dieses Casanovas hin. Er küsste wirklich gut. Sarah Wagner du bist ein naiver Traumtänzer! Er wird dich nur verletzen. Sobald er genug von dir hat wendet er sich ohne schlechtes Gewissen der Nächsten zu. Und was bleibt dir? Nichts! Du bleibst dich zusammenkratzend zurück.

Du musst eisern sein und ihm vernünftig erklären, dass du keine der üblichen Frauen bist. Er muss begreifen wie sehr er Vlad damit verletzt ja er muss an die Familie Sardovan denken. Ja so sollte es gehen er war schließlich pflichtbewusst. Mir war nur zu deutlich klar, dass ich ihn nicht aufhalten konnte und wollte, wenn er mich in die Arme nahm. Mich küsste. Seine Hände über meinen Leib fuhren. Seine Lippen … Gott was bist du erbärmlich Sarah du bist schlimmer als eine läufige Hündin.

Doch das war es nicht allein. Ich musste mir endlich eingestehen ich war verliebt. Es war mehr als nur ein Flirt das wusste ich selbst doch ich musste dieses Gefühl unterbinden, bevor ich mich noch mehr darin verstrickte. Denn dann - doch daran wollte ich nicht denken.

Er sollte sich wirklich einer anderen Frau zuwenden! Allein der Gedanke machte mich krank. Irene zum Beispiel spuckte ich ihren Namen fast schon aus. Wenn ich mir schon vorstellte, wie Corvin sie küsste … Hör auf damit Sarah rief ich mich zu Ordnung das ist ja krank völlig daneben. Du darfst dich von Eifersucht nicht leiten lassen. Soll er die Schlampe doch küssen! Von mir aus und ein ganzes Bataillon dazu. Mir machte das nicht das Geringste aus!

Noch mit meinen düsteren Gedanken beschäftigt kehrte Corvin zurück. „Das war Henry. Er waren weit mehr Jäger in der Umgebung, als wir annahmen. Wir müssen unseren Plan ein wenig abändern.“ Er hörte sich überhaupt nicht ärgerlich an eher amüsiert.

„Was für ein Plan? Ich werde aus einem Fenster geworfen, gejagt und malträtiert – alles ohne jegliche Erklärung. Jetzt sag mir, was zum Henker los ist.“ Forderte ich Corvin auf mir Antworten zu liefern. Ich sprach extra so brüsk mit ihm, weil allein seine Stimme meinen Herzschlag drastisch erhöhte.

Seine gute Laune verließ ihn nicht. „Jäger! Um und in der Burg. Den Rest erkläre ich dir später. Jetzt müssen wir erst einmal in eine sichere Unterkunft. Fährst du gern Motorrad?“ fragte er mich nebenher.

„Ich? Nein! Wieso?“

„Das ist gut! Auch ich fahre gerne.“

Nun setzte mein Herzschlag aus einem ganz andrem Grunde aus. Motorrad! Allein das Wort genügte damit ich in Angst und Schrecken verfiel.

Da kam es auch schon angebraust. Der Fahrer nahm den Helm ab Hendrik grinste mir vergnügt entgegen. „Hier ich habe auch einen für dich mitgebracht.“ Reichte er mir das Ding. An Corvin gewandt sagte er, „Geirrod hat sich gemeldet. Es sind mindestens drei Verfolger hinter ihnen her. Sie kommen in etwa drei Stunden an eurem Versteck vorbei.“

Corvin nickte Hendrik zu, „Dann werden wir einen kleinen Umweg fahren. Wie kommst du von hier weg?“ Hendrik verzog sauer sein Gesicht, „Mein lieber Erzeuger dachte ich sollte zu Fuß gehen. Er meint das sei ein

Vorgeschmack auf mein zukünftiges Leben als Vampir. Wenn du mich fragst, bekommt ihm die Stellung nicht die du ihm überlassen hast. Jetzt fängt er schon an im Hotel alles durcheinanderzubringen. Kehre ja nur schnellstens zurück ansonsten garantiere ich dir - findest du deinen Vertreter im Kerker wieder.“

„So schlimm wird es schon nicht.“ klopfte er Hendrik auf die Schulter dann setzte er mich kurzerhand auf die Höllenmaschine. Meinen Protest ignorierend.

„Ich wünschte ich könnte mit dir tauschen, Corvin!“, meinte Hendrik.

„Und ich wünschte ich könnte mit dir tauschen!“ sagte ich zu ihm.

„Das glaube ich kaum oder willst du schon in die ewigen Jagdgründe eingehen?“, fragte er mich mit dem Finger über seine Kehle fahrend.

„Blödsinn! Wer sollte sich schon an …“

„Du bist das ideale Zielobjekt, Sarah. Dein Vater hat einigen Einfluss und dann noch…“

„Das reicht! Für ein Plauderstündchen haben wir keine Zeit.“ unterbrach Corvin unsere Unterhaltung. „Bis dann Hendrik. Halt dich fest Sarah.“

Ich konnte noch nicht einmal zum Abschied winken. Corvin raste direkt los. Tausend Gedanken und Fragen rasten durch meinen Kopf. Wohin fuhren wir? War ich wirklich in Gefahr? Konnte er alle meine Gedanken hören? Oder nur zeitweise? Wie lange blieben wir weg? Was war mit Dana und Geirrod?

Ausgerechnet Dana musste sich für mich in Gefahr begeben. Sie konnte sich ja nicht einmal selbst verteidigen solch ein Unschuldslamm war sie. Keiner Fliege tat sie etwas an und nun schwebte sie in Lebensgefahr. Für wen? Für mich, weil ich unbedingt meinen Vater suchen musste. Ah, hätte ich doch den verdammten Wisch einfach zerrissen fluchte ich still vor mich hin.

Irgendwann fuhr Corvin in einen abseits gelegenen Weg. „Wir warten hier.“ Sagte er nur bevor er mir gebot abzusteigen. Fluchtartig verzog ich mich ins nächstgelegene Gebüsch.

Als ich zu zurückkam, rief Corvin mich an. „Ich bin hier.“ Langsam ging ich auf ihn zu. Er hockte hinter einem Busch die Straße beobachtend. „Sie müssen hier entlang fahren. Sobald wir die Jäger vor uns haben, folgen wir ihnen.“ Klärte er mich auf.

„Fahren?“, fragte ich nach. Bedeutete es etwa sie fuhren während Dana und Geirrod zu Fuß flüchteten? Betroffen darüber, welche Strapazen sie für mich auf sich nahmen.

 „Beruhige dich Sarah. Sie laufen nicht, es war alles geplant. Deine angebliche Flucht, die sehr überstürzt und unüberlegt wirken sollte. Wir wollten die Jäger aus ihren Verstecken herauslocken. Zwar war uns bekannt das sie sich in der Gegend aufhielten doch wie viele es waren konnten wir nur erraten.“ Er schwieg ein Wagen fuhr vorbei.

„Nur ein Mann auf den Weg zur Arbeit. Setz dich doch.“ Forderte er mich auf.

„Ihr habt das geplant? Wann?“ wollte ich wissen und sah ihn an. Inzwischen konnte ich seine Züge erkennen es wurde merklich heller.

Corvin schaute weiterhin auf die Straße. „Es wird viel geplant und ausgeheckt auf der Burg. Welchen meinst du speziell?“ Er warf mir einen kurzen überheblichen Blick zu. Was wollte er mir damit beweisen fragte ich mich.

„Also gut!“ gab er nach, „Kurz vor dem Essen, nachdem ihr die zerstörte Kleidung entdecktet. Jemand war im Turm und hat diese sinnlose Tat begangen. Nur wer? Deshalb wollten wir die Ratte aus ihrem Versteck locken und täuschten deine Flucht vor. Du solltest eigentlich friedlich in deinem Bett schlafen oder vorzugsweise in meinen wenn es nach mir ginge.“ Grinste er mich anzüglich an.

Konnte dieser Vampir sich jemals vernünftig unterhalten? Ohne irgendwelche Hintergedanken auf Sex anzumerken?

„Das kann ich! Außerdem hast du gerade an Sex gedacht. Ich nicht! Denn ich sagte schlafen in meinem Bett. Aber gut zu wissen, wie bereitwillig zu darüber denkst.“ Und vertiefte sein Grinsen noch.

„Eingebildeter Blödian“ schlug ich nach ihm er wich keineswegs aus sondern hielt meine Hand fest in der seinen.

„Jedenfalls haben wir – ich sie unterschätzt. Sie sind zahlreicher als ich dachte und organisiert. Du hast es selbst gesehen. Einige folgten Dana und Geirrod die anderen warteten. Dass es so viele sind macht mir keine Sorgen. Nein es ist ihre Disziplin ihr durchdachtes Vorgehen – da muss jemand im Hintergrund die Fäden ziehen. Die Jäger heute Nacht sind nur die Spitze des Eisberges. Kanonenfutter, doch wer steckt, dahinter?“ brütete Corvin wieder vor sich hin.

Ich wagte es nicht, seine Überlegungen mit neuen Fragen zu unterbrechen. Zumal mir die Art und Weise wie er meine Hand streichelte aus dem Konzept brachte. Es gefiel mir viel zu sehr. Um mich abzulenken, betrachtete ich die Sonne, die langsam die Nacht verdrängte.

Corvin richtete sich ein wenig auf, „Sie kommen. Mit einiger Verspätung will ich meinen.“ Horchend neigte er leicht seinen Kopf zur Seite. Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel. „Dana und Geirrod sind guter Dinge. Dana findet sogar Gefallen an der Verfolgungsjagd. Drei Wagen sind hinter ihnen. Ein Vampir auf jeder Seite. Die Jäger sind gefangen, ohne dass sie es wissen.“ Nickte er zufrieden.

Ein Wagen fuhr an uns vorbei das mussten Dana und Geirrod sein. Danach kamen wie Corvin bereits sagte drei weitere Autos. Gefolgt von einem Schatten, der lautlos an uns vorbeischnellte.

„Er läuft? Zu Fuß? Hinter einem fahrenden Auto her?“ machte ich ungläubig große Augen.

„Kein Problem für uns bei dieser Geschwindigkeit und Geirrod achtet darauf, dass sie mithalten können. Alle paar Kilometer werden sie abgelöst. Die Route steht fest sie sollten keine Schwierigkeiten haben die Jäger in unsere

Falle tappen zu lassen. Hoffentlich bekommen wir die Informationen von ihnen, die wir brauchen. Mir gefällt das alles nicht deshalb werden wir auch nicht zur Festung zurückkehren, sondern ein sicheres Versteck aufsuchen.“

„Halt! Nicht so schnell. Jetzt will …“

„Später Sarah ich möchte unauffällig dorthin und um diese Uhrzeit befinden sich viele Menschen auf den Weg zur Arbeit da fallen wir nicht auf.“ Küsste er meine Handinnenfläche, mein Herzschlag holperte unregelmäßig dahin. Nachdenklich    betrachtete    er    meine    Hand    und    um   meinen    inneren    Seelenfrieden    weiter    völlig durcheinanderzubringen, schmiegte Corvin seine Wange hinein. Die Sekunden zogen sich dahin und ich nahm nur seine Wärme, seine Nähe wahr. Seufzend ließ er mich frei und stand auf. „Was nun?“, fragte ich flüsternd nach.

Er lachte kurz auf, „Ja was nun? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht Sarah. Ich weiß es nicht.“ sagte er so leise das ich die Worte kaum verstand. Waren sie überhaupt für mich bestimmt denn fast im gleichen Augenblick meinte er, „Wir sollten jetzt sicher in das Versteck fahren können.“

Die Fahrt ging weiter und ich hatte genug damit zu tun meine Gefühle und Gedanken zu unterdrücken. Eines wollte ich auf jeden Fall vermeiden er sollte keinesfalls wissen, wie ich für ihn empfand. Natürlich konnte ich nur erraten, wie viel er überhaupt wusste. Was mir mehr als unangenehm war.

Nach einiger Zeit steuerte Corvin ein Hotel an. Erleichtert atmete ich auf. Denn die körperliche Nähe zu ihm brachte mich beinahe um den Verstand. Jetzt, da ich sah wohin wir fuhren legte sich die Angst vor der Fahrt mit dem Motorrad und seine Nähe nahm überhand.

Deshalb versuchte ich ein wenig von ihm abzurücken - einen gewissen Abstand zu seinem Rücken zu erlangen. Jedes Mal wenn ich einige Zentimeter Freiraum zwischen uns erreichte, bremste Corvin und ich rutschte unweigerlich an ihn. Er machte sich einen Spaß aus meinen Versuchen und innerlich kochte ich langsam über.

Zu meinem Erstaunen startete Corvin durch und ließ das Hotel unbeachtet. Innerlich stöhnte ich verzweifelt auf. Hatte er sich im Hotel geirrt? Was nun? Wir fuhren aus der Ortschaft hinaus auf eine Landstraße, die sich endlos dahinzog.

Irgendwann hielt er an einer Tankstelle, „Bleib sitzen und behalte den Helm auf.“ Befahl er kurz angebunden. Nachdem  er  getankt  hatte,  setzte  er  ohne  ein  weiteres  Wort  die  Fahrt  fort.  Bis  wir  in  eine  größere  Stadt hineinfuhren.

Dort endlich rasteten wir an einem Imbiss Corvin holte zwei Kaffee, die dann im Abfall landeten. Was war das wieder? Den Abfalleimer sehnsüchtig betrachtend. Nach einem Kaffee lechzend. Dann fuhren wir in eine weniger gesellige Gegend die Straßen wurden enger alles wirkte dunkler, bedrohlicher. Dieser Bereich gehörte eindeutig nicht zu einer Touristenrundfahrt.

Bei einem Autohändler, der nur Schrottwagen im Hof stehen hatte, hielt Corvin an. Da war mein altes Möhrchen ja  noch  eine Augenweide  gegen  diese Vehikel. Wollte  Corvin  etwa  das  Motorrad  gegen  eine  dieser  Kisten eintauschen?

Ein junger Mann stürzte aus einem windschiefen Häuschen und öffnete ohne Gruß ein Tor, das widerstrebend und laut knarrend langsam den Widerstand aufgab und sich öffnen ließ.

Corvin fuhr in eine Halle der Mann verschloss sofort das Tor hinter uns. „Was ist eigentlich los?“, fragte Corvin. Der Jüngling, der erst schnell auf uns zukam, stockte mitten in der Bewegung.

„Das fragst du mich? Ich komme hier an und alle Hotels und sicheren Verstecke werden beobachtet. Kannst du mir mal verraten, wo ich demnächst wohnen soll?“

„Sei froh, dass du überhaupt noch eine Wohnung brauchst! Ich dachte du wärest in England umgekommen!“

„Ja fast!“ lächelte er Jüngling, „doch nur fast!“ grinste er nun. Da war eine Spur Überheblichkeit und wie soll ich sagen – mir passiert schon nichts – in dem Auftreten dieses Burschen. „Wer ist das?“ deutete er auf mich.

Corvin sah über die Schulter nach mir. Ein nachdenklicher Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. Er seufzte auf,„Deine Tochter!“

„Meine was?“, stotterte der Jüngling er trat einige Schritte zurück und beäugte mich skeptisch.

Völlig überrumpelt starrte ich den Mann an. Er war in etwa meinen Alter eher jünger würde ich sagen. Das war ja lächerlich der sollte mein Erzeuger sein? Dem wuchs ja noch das Grünzeug aus den Ohren!

„Soll das ein schlechter Scherz sein Corvin?“ lief der Mann auf Corvin zu. Mit einer Wut, die unbändig aus ihm herausbrach.

Corvin lächelte sein Gegenüber ironisch an. „Wie ich schon sagte dein Sprössling. Frisch aus Deutschland importiert.“

Behutsam nahm ich den Helm ab. Die Vampire nicht aus den Augen lassend. Corvin machte doch bestimmt nur einen Witz. Das sollte der hochgeschätzte Vlad sein. Dieser Junge, der noch ein ausgewachsener Mann werden wollte? Der hatte Einfluss?

Kapitel 12

„Aus Deutschland? Corvin … du meinst …?“, im Bruchteil eines Wimpernschlages stand der Jüngling vor mir und studierte meine Züge. Er wurde aschfahl. „Deine Mutter? Weiß sie, wo du bist?“, fuhr er mich mit einer Autorität an, die ich ihm nicht zugemutet hätte.

„Meine Mutter? Ich glaube kaum das dich das etwas angeht!“ Stieg ich vom Motorrad ab. Ich ließ mich doch von so einem jungen Spund nicht einschüchtern. Schon gar nicht, wenn er in diesem Tonfall nach meiner Mutter fragte. An Corvin gerichtet, auf dem ich im Moment mehr als wütend war, „Was soll dieses Spielchen? Hast du das arrangiert? Die angebliche Flucht und dann den da?“ deutete ich auf den Mann, naja das Jüngelchen.

Corvin ohne jegliche Anzeichen eines schlechten Gewissens grinste mal den Unbekannten dann mich an. „So ungefähr habe ich mir das vorgestellt!“, meinte er unbekümmert. „Wenn ich euch einen Rat geben darf …“, sagte er spöttisch, „dann unterhaltet euch mal. Ich gehe derweil los und sondiere die Lage. Vielleicht kann ich uns eine Unterkunft besorgen. Viel Spaß wünsch ich euch.“

„Du kannst doch nicht so einfach abhauen, Corvin Sardovan. Du erklärst mir jetzt erst einmal, was das alles soll.“ Stellte ich mich dem Vampir entschlossen in den Weg. Das wollte ich doch mal erleben der Herr Obermacker würde sich jetzt nicht aus der Affäre ziehen.

„Mein Gott!“, stöhnte der ich möchte noch ein Mann werden auf.

„Ihr haltet mich da schön raus. Ich habe genug Probleme!“ sagte Corvin und schob mich, dir nichts mir nichts zur Seite. Bevor ich auch nur reagieren konnte, saß er auf dem Motorrad. Der andere öffnete einen Spalt das Tor und schloss es, nachdem Corvin hindurch war.

„Das ist ja die Höhe!“, schimpfte ich vor mich hin. Ich wollte mich auf keinen Fall beruhigen, sondern mich aufregen so richtig ausflippen. Denn ich fühlte mich … angreifbar, verletzlich, enttäuscht und ach eine schöne bunte Tüte an wirschen Empfindungen. Die ich keinesfalls entschlüsseln wollte.

„So du bist also deiner Mutter entwischt? Hat sie dir gesagt, wo du mich finden kannst?“ Kam der junge Mann auf mich zu in seiner Mimik lag etwas das ich nicht sehen wollte. Ich weigerte mich strikt zu akzeptieren, wer dieser Spund angeblich war. Das konnte nicht sein nie und nimmer. Obwohl ich zugeben musste, dass eine Ähnlichkeit bestand, die mir noch mehr Angst einjagte.

„Meine Mutter“, sagte ich extra laut und fixierte die Miene meines Gegenübers, „ist während meiner Geburt verstorben!“ ich sah gespannt wartend auf seine Reaktion, die auch prompt einsetzte. Er zeigte keinerlei Betroffenheit – nichts!

„Dann kannst du nicht sein, wer du vorgibst zu sein!“ Hä? Das musste ich erst einmal auseinanderklamüsern.

„Wer also bist du und was willst du von mir?“ er packte mich grob bei den Schultern und schüttelte mich mehr als unsanft. Ich schrie ihn an. Schrie ihm meine Wut entgegen.

Alles, seitdem mein Onkel verstarb. All den Frust, den ich über meinen Vater ansammelte. Meine Entdeckung meine Enttäuschung über sein Handeln die Erkenntnis, was er war. Sowie meine Verachtung über seine Taten.

Entsetzt ließ er mich los. „Das kann nicht sein. Du lügst. Du bist eine verdammte kleine Hochstaplerin. Wer schickt dich? Sollst du uns ausspionieren? Na das werden wir bald erfahren.“ Und der sollte mein Erzeuger sein? Nein auch mit dieser Ähnlichkeit die zwischen uns herrschte unmöglich.

Innerhalb von Sekunden war ich an einem Stahlträger gekettet. „Sag mir für wen arbeitest du?“ ich war so geschockt, dass ich lachen musste. Der war ja wahnsinnig das lag wahrscheinlich in der Familie, wenn ich da so an Alia dachte. Der Spund musste einen mächtigen Sprung in der Schüssel haben.

Ich konnte nur auf Corvin warten er würde dem Jüngling schon in seine Schranken verweisen. Inzwischen konnte ich nur hoffen, dass er von unüberlegten Gewalttaten absah.

Warum ließ Corvin mich mit diesem Verrückten allein? Oder tat er es sogar mit Absicht? Vielleicht dachte er ja genau, wie der Bekloppte - der nun ständig auf sein Handy einhämmerte.

Nur so konnte es sein. Sie glaubten ich hätte etwas mit den Angriffen zu tun und auch mit den Verfolgern und Spionen auf der Festung. Und dieser Bescheuerte sollte mich wohl klein kriegen. Na da würde Corvin Sardovan aber enttäuscht sein, wenn er zurückkam. Falls er zurückkam.

Wie immer viel es mir besonders leicht in Corvin den Bösewicht zu sehen. Entsprechend konnte ich gegen ihn wüten und schimpfen. Das war jedenfalls besser, als ihn anzuschmachten und meine Gefühle einzugestehen.

Das Bürschchen gab seine Versuche auf und warf das Handy auf eine Werkbank. Wenn ich es nur in die Finger bekommen könnte. Die Polizei würde diese Situation höchst interessant finden.

„Nun willst du mir sagen, wer du bist?“ kam der Jüngling auf mich zu.

„Du kannst mich mal!“, sagte ich ihm.

Der war so begriffsstutzig den konnte man bestimmt übertölpeln. Das brachte mich auf eine Idee, „He du da ich muss mal auf die Toilette.“

Das war gar keine Lüge ich musste wirklich, und wenn sich mir eine Gelegenheit zur Flucht bot, würde ich sie ergreifen. Nur weg aus diesem verfluchten Land so weit weg wie möglich von den Vampiren. Damit ich endlich meine Seelenruhe wiederfand. Vor allem weg von Corvin ich dachte an seine Geste, wie er meine Hand hielt. Sarah du solltest die Tatsachen sehen er hat dich mit dem da allein gelassen, das sagt doch alles über deinen Angebeteten aus.

„Du kannst zur Toilette gehen, sobald du meine Fragen beantwortest.“ Kniete er vor mir nieder.

Ich setzte mich ein wenig auf sah ihn nachdenklich an. Er wartete beugte sich gespannt vor. Ein Leuchten ein siegesgewisses Lächeln trat in seine Augen.

Tief holte ich Atem, „Na dann warte mal. Ich habe Zeit!“, grinste ich ihn hämisch an.

Er zog wütend die Brauen zusammen. Was nicht halb so gefährlich aussah, wenn Corvin es tat und daran war ich mittlerweile gewöhnt.

Ich musste lachen, „Üb noch ein bisschen. Du solltest dir bei Corvin Stunden nehmen dann klappt es vielleicht - in zehn bis fünfzehn Jahren.“ Gab ich ihm wohlmeinenden Rat.

„Woher hast du nur diese Kodderschnauze? Lernt ihr so was heutzutage auf der Straße? Oder gehört das zu deinem ganz persönlichen Charme?“

„Du kannst mich mal!“ blaffte ich ihn an.

Er lachte mich frech an, „Was? Kreuzweise? Oder soll ich dich am Arsch  lecken?  Du  solltest  so  etwas  immer  aussprechen. Ansonsten  kann  es  zu  dramatischen  Fehldeutungen kommen. Also wie meintest du es?“

Darauf gab ich keine Antwort das war mir einfach zu blöd.

Er nickte, „Ah du besitzt ein gewisses Niveau. Gut! Wie ist es mit Intelligenz? Kannst du deine momentane Situation einschätzen? Wie sieht es damit aus?“

Ich zuckte die Achseln, „Wie soll sie denn aussehen? Deine Fehleinschätzung ist viel gravierender. Hast du Corvin jemals wütend gesehen?“ fragte ich ihn.

Das schien ihn nicht zu beeindrucken. „Was ist das? Du nimmst Corvin als Schutzschild?“, wieder studierte er mein Gesicht. „Wer bist du? Wer hat dich geschickt?“ und ich verstand kein Wort von dem, was er daher brabbelte. Von draußen war Motorengeräusch zu hören. Gott sei Dank Corvin kam zurück. Dieser Verrückte besaß eine Art, die mir Angst einjagte.

Kaum das Corvin das Tor passierte war er schon vom Motorrad herunter und befreite mich von meinen Fesseln. Fluchend und schimpfend überzeugte er sich das ich in Ordnung war. „Was soll das? Bist du verrückt?“ Eine berechtigte Frage, wie ich meinte, der junge Typ sah weder schuldbewusst noch ängstlich aus.

„Genau die Frage stelle ich mir gerade, Corvin. Verrate mir doch mal, warum du die…“

Corvin unterbrach, ihn und das auf Rumänisch! Ich verstand kein Wort.

Ich erkannte den Schock in den Augen des jungen Spundes, wie er geradezu entsetzt dann erstaunt und schließlich völlig fertig mit seinen Nerven auf den nächsten Stuhl zusammensackte.

Ha, Corvin musste ihm die Leviten gelesen haben. Was mich unendlich befriedigte. Ich konnte sogar auf eine weitere Kränkung verzichten so fertig sah das Bürschlein aus.

Dankend wandte ich mich zu Corvin um. Nur um drei Schritte rückwärts vor seinem unbändigen Zorn zu fliehen.

„Nun zu dir!“ Oho so leise habe ich ihn noch nie erlebt! Es erschien mir Richtiger das Donnerwetter mit Würde über mich ergehen zu lassen und stellte die Ohren auf Durchzug.

Bis ich … bis ich … den Namen meines Erzeugers hörte und an meine Pflichten und meinen Respekt ihm gegenüber ermahnt wurde.

Das war nun doch ein wenig zu viel des Guten. „Du spinnst ja!“ platze ich ebenfalls sauer heraus. „Ich habe keinerlei Pflichten – schon gar nicht diesem … diesem …“, mir fehlten die Worte, „… diesem Typen“, entschied ich mich schließlich, „Respekt sollte man sich verdienen! Hat er das jemals? Aber nein! Er glänzte ja durch Abwesenheit! Warum denn nur? Das will ich dir sagen! Ihr seid alle gleich. Ihr geht nur euren Bedürfnissen nach. Legt jede Frau flach die euch begegnet. Das ist eure Lebensstrategie ihr kümmert euch einen Dreck um die Frauen, die ihr verlasst. Und wenn ein Balg unterwegs ist - was soll´s ich hab doch nichts damit zu tun. Ja so seid ihr, Vampir!“ holte ich Atem, „Also komm mir nicht mit Pflicht oder Respekt.“ Beruhigte ich mich langsam, „und was diesen Irren da betrifft den solltest du zu Alia stecken. Ich glaube die kommen gut miteinander aus.“

Corvin lachte laut schallend auf. Alles hätte ich erwartet, eine saftige Standpauke, eine Strafpredigt oder sogar die Aussicht wieder zur Bestrafung eingesperrt zu werden. Aber diesen Anfall von guter Laune damit hätte ich nie gerechnet.

Baff sah ich ihn an, „Ah Sarah, ich liebe dich. Du bist ein unmögliches Frauenzimmer.“

Na gut! Als er das sagte, wäre ich ihm nur zu gern an den Hals gesprungen. Doch ich hielt mich zurück das war keine Liebeserklärung. Sondern eher ´ich liebe einen guten Wein oder ich liebe das Auto` kein Grund, um weiche Knie zu bekommen.

Der Typ auf dem Stuhl erholte sich langsam. „Sie ist also wirklich meine kleine Sarah? Die Sarah?“ fragte er Corvin.

„Das sagte ich bereits!“, sagte Corvin ungeduldig, „und ihr müsst eure Unterhaltung auf später verschieben. Ich habe eine Wohnung für uns gefunden. Dorthin sollten wir uns begeben.“

Er scheuchte den Jungen auf und nahm mich fest an den Arm. „Sarah halte dein Gesicht gesenkt ich möchte das dich so wenig Leute wie möglich sehen.“

„Corvin was ist nur los?“, fragte er Jüngste in unserer Runde. Aber mit einem so ernsten Gesichtsausdruck. Er passte einfach nicht zusammen die unreife Jugendlichkeit und der bedeutsame besorgte Ausdruck in seinem Gesicht.

„Später sobald wir in der Wohnung sind. Auch ich habe einige Fragen an dich.“

 

Ich fühlte mich überrumpelt. Gerade noch erwartete ich eine Standpauke sowie einige Erklärungen. Aber nichts von alledem.

Corvin hielt mich fest am Arm und führte mich durch Straßen und enge Gassen. Er wich den Leuten denen wir begegneten aus so gut es ging. Zudem ermahnte er mich ständig meinen Kopf gesenkt zu halten.

Was meiner Meinung lachhaft war. Corvin mit seinem guten Aussehen fiel wesentlicher mehr auf. Auch der Jüngling der direkt hinter uns war erschien mir auffälliger als ich es je sein würde.

Erleichtert wies Corvin auf ein heruntergekommenes Gebäude, „Dort“ sagte er zu dem Vampir. Dieser spurtete an uns vorbei auf das Haus zu. In Windeseile schloss er die Tür auf Corvin schubste mich in den dunklen Flur. Nach Halt suchend griff ich ins Leere wurde aber sofort von einem starken Arm aufgefangen. Es war der Junge. Dankend entzog ich ihm meine Hand.

„Gern geschehen Sarah.“ Ein unerklärliches Frösteln ergriff mich. Der Junge hatte einen Ausdruck im Gesicht, das ich keineswegs erklären konnte. Es lag eine unendliche Traurigkeit darin. Schnell folgte ich Corvin denn ich wollte auf keinen Fall mit dem Jungen allein sein.

„Wo verdammt noch mal warst du?“ stellte Corvin die Frage an unseren Begleiter, kaum dass er die Tür hinter uns schloss.

„Das ist kurz erzählt. Wie du weißt, war ich unterwegs mein nächstes Ziel war Frankreich dort wollte ich mich mit Zacharias treffen.“

Corvin nickte bestätigend, während ich mich in dem Raum umsah. Nicht dass es hier viel zu sehen gab. Verschmutzte Fenster, mit Zeitungen beklebte Wände und ein Boden, der einer Reinigung dringend bedurfte. Hier sollten wir bleiben? Da lag eine Menge Arbeit vor uns.

„Auf dem Weg dorthin machte ich einen kleinen Schlenker zu unserem Freund Lukas. Dort war alles in hellem Aufruhr, du weißt, wie vorsichtig er ist. Er hat am Tage zuvor einen Jäger gesichtet. Daraufhin hat er die Kinder und Frauen fortgeschafft. Nun als ich ankam, erwarteten sie gerade einen Übergriff. Der auch nicht lange auf sich warten ließ. Aber ich sehe das weißt du schon.“ Nickte der Erzählende, interessiert hörte ich zu.

„Ich folgte einem Jäger mit nichts als dem, was ich trug. Corvin ich konnte mich nicht melden, weil der Jäger sofort hierher fuhr. Als mir bewusst wurde, wohin sein Weg führte, setzte ich mich ab und wollte dich informieren doch jedes Hotel jedes sichere Versteck wird bewacht. Heute Morgen kaum eine Stunde vor dir traf ich an der Werkstatt ein. Seitdem versuche ich in der Festung anzurufen, ohne Erfolg.“

„Henry wird jede Nummer gesperrt haben.“ Meinte Corvin, „Sind alle Verstecke aufgeflogen oder nur in diesem Land?“

„Das kann ich dir nicht sagen mein Letztes in Spanien war sicher. Aber danach …“ er zuckte die Schultern. „Nun erkläre mir, warum du auf der Flucht bist?“

„Sie haben die Festung beobachtet und ich denke sie wollten an Sarah heran. Es gab einige Vorfälle deshalb dachten wir uns einen hübschen Plan aus der aber schief ging. Vlad sie sind kein loser Verbund von einigen unzufriedenen Jägern, wie man uns weißmachen wollte. Sie sind organisiert und handeln auf Befehl.“

Der Angesprochene war Vlad? Wirklich der Vlad oder nur ein Namensvetter. „Glaubst du wirklich? Ich kann mir das nicht vorstellen. Warum sollten sie?“

„Da ist noch mehr.“ Sagte Corvin und sah mich bedeutungsvoll an. „Hat Sarah dir erzählt, wie sie uns gefunden hat?“

„Nein soweit kamen wir nicht.“  grinste er  mich an. War er  wirklich mein Vater aber er  sah aus wie ein Schuljunge. Ich konnte es mir einfach nicht vorstellen.

„Tja… da gibt es einige Ungereimtheiten.“ Corvin deutete auf den Nebenraum, „Ich glaube dort ist eine Sitzgelegenheit wir sollten uns setzen.“

Der junge Mann ging vor und ich hielt Corvin zurück, „Ist das der Vlad Sardovan?“ fragte ich ihn leise. Er nickte mir zu.

Ungläubig sah ich ihn an, „Er ist so jung. Er kann nicht mein Vater sein.“

„Sarah es ist dein Vater und Vlad ist knapp fünfhundert Jahre alt. Ich denke das ist alt genug.“ Meinte er amüsiert,

„Oder hast du dir einen gediegenen Mann vorgestellt? Mit grauen Schläfen und Bauch? Überdenke doch einmal, wie alt deine Mutter war, als sie dich gebar.“

„Meine Mutter war Anfang Zwanzig. Was sollte sie mit einem so jungen Burschen anfangen. Nein ich glaube da muss ein fürchterlicher Irrtum vorliegen.“

Corvin fasste mich an den Schultern, „Wenn ich eines mit Sicherheit weiß dann das Vlad dein Vater ist. Ansonsten zweifle ich im Moment alles an, was dich betrifft.“

So er glaubte mir also nicht das traf mich mehr als ich zugeben wollte. Corvin verdrehte die Augen, „Du solltest nicht alles so wörtlich nehmen.“

 „Nein? Was denn dann? Im Gegensatz zu dir kann ich keine Gedanken lesen und muss mich auf das gesprochene Wort verlassen.“ Sagte ich grimmig und folgte meinen angeblichen Vater.

Der mich an der Wand gelehnt zurückhaltend betrachtete. „Ich glaube es kaum Corvin. Sie ist wirklich meine Tochter?“

Corvin raufte sich verzweifelt durch sein Haar. „Muss ich es denn ständig wiederholen? Ihr seid Vater und Tochter!  Seht  euch  doch  einmal  an  ihr  habt  starke  Parallelen  –  eure  offensichtliche  Ähnlichkeit,  eure Starrköpfigkeit, die kaum zu übertreffen ist“ schmunzelte er vor sich hin „und der Bluttest, den ich in Auftrag gab, ist positiv ausgefallen. Was also hindert euch daran zu akzeptieren, dass ihr miteinander verwandt seid? Oder mir keinen Glauben zu schenken?“ sah er uns kopfschüttelnd an.

 

Ich warf meinem Erzeuger einen kurzen Seitenblick zu. Er also! Ich konnte es immer noch nicht fassen. Mein Vater der gerade mal der Kinderstube entwachsen war der totale Gegensatz zu meinen Vorstellungen. Dann ging mir etwas durch den Kopf – Bluttest?

Sofort befragte ich Corvin. „Was glaubst denn du? Du schreibst eine Mail und wir rufen Halleluja? Nein ich habe mir eine Blutprobe besorgt die von Vlad hatte ich.“

„Aber wie?“ ich konnte mich nicht erinnern irgendwo Blut abgegeben zu haben.

Corvin verdrehte die Augen, „Wir sind Vampire und können Menschen beeinflussen. Also bat ich einen Freund bei dir vorbeizuschauen.“ Zuckte er die Schultern. Das musste ich erst einmal verdauen. Ein Vampir in meiner Wohnung der Blut abzapfte ich konnte es kaum glauben.

So sah mein Erzeuger auch aus.

„Wie? Warum? Ich verstehe es nicht.“ sagte Vlad erschüttert. Für mich war er Vlad. Ihn mit Vater oder sogar Papa anzureden, undenkbar.

Corvin und ich erzählten Vlad die Geschehnisse, wie ich zur Festung kam und dort meine Familie fand. Einige Kleinigkeiten behielten wir für uns. Keine wichtigen Begebenheiten wie zum Beispiel das wir miteinander geschlafen haben. Wie gesagt belangloses Zeug.

Vlad hörte aufmerksam zu ab und an befragte er uns, wenn ihm etwas unklar war. Schnell bemerkte ich welch ein guter Zuhörer er war die Zusammenhänge begriff. Auch was zwischen den Zeilen stand.

Wie viel er begriff, sollte ich erst später erfahren. Ich ließ mich von seinem jugendlichen Äußeren täuschen. Dabei übersah ich den Verstand, der hinter der glatten Stirn meines Vaters messerscharf arbeitete.

„Das passt alles nicht zusammen.“ Sagte er nachdenklich, „Die ganze Geschichte ist…“, er suchte nach Worten, „dein Leben mit dem ominösen Onkel, Sarah. Woher kam er? Deine Mutter war ein Einzelkind. Wieso hat er dir erzählt sie wäre direkt nach deiner Geburt gestorben? Das stimmt alles vorne und hinten nicht.“

Mir fiel alles aus dem Gesicht. Was erzählte er da? „Ich verstehe nicht ganz?“

„Nein? So komme ich mir auch gerade vor. Deshalb war ich ja der festen Überzeugung, dass du niemals meine Tochter sein kannst. Denn deine Mutter schrieb mir regelmäßig, schickte mir Fotos bis vor ein paar Monaten. Ich wollte  nach  Leer  fahren  um  mich  zu  erkundigen  doch  da  fingen  die  Übergriffe  an.  Ich  musste  die  Reise verschieben.“

„Wieso Leer? Meinst du die Stadt in Ostfriesland? Was wolltest du denn dort?“ Er sah mich mit großen Augen an, „Na da wohnt ihr doch!“

„Wie kommst du denn darauf? Ich wohne in Dortmund schon mein Leben lang. Wir waren zwar regelmäßig in der Umgebung von Leer aber nur auf Urlaub. Ich verstehe das Ganze nicht.“

Vor sich hin pfeifend setzte er sich auf den nächstbesten Stuhl, der unter seinem Gewicht laut knarrte. Das einzige Geräusch in dem ansonsten ruhigen Raum. Es war eine unheimliche Stille nein nicht ganz ein Warten auf den aufkommenden Sturm. Ja so musste es kurz vor einem gewaltigen Unwetter sein.

Man wusste das es kam bedrohlich und unaufhaltsam. Weglaufen war keine Option man musste sich dem Stellen. Dem Sturm entgegentreten und versuchen so gut es ging zu überstehen.

Es war Corvin, der die Stille brach, „Wann genau ist dein Onkel verstorben?“ auf einmal konnte ich mich des Datums nicht mehr erinnern mein Hirn war eine luftleere Blase ein Vakuum. Ich hörte doch ich konnte keinen Gedanken in Worte fassen.

Abwechselnd sah ich die beiden Vampire an. Wussten sie überhaupt, wovon sie redeten? Wussten sie, dass sie praktisch mein bisheriges Leben anzweifelten? Wer war ich denn? War mein Leben eine Lüge, war ich eine Lüge? Was konnte ich denn noch glauben ich traute mir selbst nicht mehr wer war ich denn schon?

Wieder war es Corvin der mich ansprach er kniete vor mir. Wann hatte ich mich gesetzt? Ich wusste es nicht er nahm sacht meine Hände hielt sie festumschlossen.

„Sarah dir wurde Schlimmes angetan doch eines sollst du wissen du hast eine Familie, die zu dir steht. Zwar haben wir einen kleinen Makel“, bleckte er seine Zähne, „aber darüber hinaus stehen wir treu und ehrlich zu unseren Angehörigen. Egal was auch in der Vergangenheit war sieh in die Zukunft.“

Trotz seiner aufmunternden Worte umschloss eine riesige Klammer fest meine Brust. Mühsam versuchte ich gleichmäßig zu atmen ruhig zu bleiben.

Etwas in Corvins Miene warnte mich er wusste mehr als er bisher auch nur ansatzweise andeutete. Entsetzt wich ich seinem Blick aus wollte nicht wissen, was er mir mitteilen wollte. Mir wurde entsetzlich übel.

Vlad räusperte sich vernehmlich auch er wirkte betroffen mit aschfahlem Gesicht sagte er, „Corvin du weißt mehr als wir.“

„Ja“, drehte er sich zu Vlad erhob sich drückte sacht meine Hand, bevor er sie freigab. „Ich muss da etwas ausgreifen. Es beginnt eigentlich mit Alia und ihrer absurden Idee deine angebliche Tochter einzuladen. Alia hat ohne mein Wissen mit Sarah korrespondiert. Sie wollte dich überraschen so lud sie Sarah ein, aber Sarah sagte ab so bat Alia mich um Hilfe. Ich tat ihr nach einigen zögern den Gefallen.“

„Ah, wie ich dich kenne, hast du mehr getan.“ Meinte Vlad.

 „Genau! Also  bat  ich  einen  Freund  mir  einige Auskünfte  einzuholen.  Des  Weiteren  beauftragte  ich  einen Privatdetektiv der Sarah beobachten sollte. Was sich als nutzlos herausstellte denn ich bekam unzureichende Informationen anders verlief es mit Christian.“

„Du hast ihn auf Sarah angesetzt?“

„Stimmt und ich zweifle an keines seiner Worte.“ Corvin nahm mich in Augenschein. Er wägte ab, wie viel er mir sagen konnte, er seufzte kurz, „Sarah er hat einige Ungereimtheiten herausgefunden. Dein Onkel wie er sich nannte ist weder mit dir noch mit deiner Mutter verwandt. Auch wurdest du niemals adoptiert.“ Ich hörte verstand aber die unglaubliche Behauptung in keiner Weise und schüttelte den Kopf.

Corvin fuhr unbeeindruckt fort, „Er ist als dein Vater angegeben worden.“

Vlad keuchte betroffen auf, während ich still das eben gehörte aufnahm. „Das erklärt, warum du ohne Schwierigkeiten bei ihm aufwuchst. Doch weshalb diese ganze Scharade? Das blieb ein Geheimnis bis vor wenigen Stunden. Da erkannte ich die Zusammenhänge. Ich begebe mich nun in Spekulationen doch ich glaube es hängt alles zusammen. Die Angriffe auf uns deine zufällige Entdeckung und die neuesten Übergriffe die dir galten Sarah.“

„Was meinst du damit?“, unterbrach Vlad Corvin und setzte sich alarmiert auf.

„Sarah!“ deutete Corvin auf mich. „Ich denke sie sollte ein weiterer Schachzug der Jäger werden. Stell dir vor – deiner Tochter geschieht etwas, während sie in meiner Obhut ist.“ Sah er Vlad bedeutend an, „Ja du verstehst. Es würde unsere Freundschaft belasten vielleicht sogar zerstören. Keinen anderen Grund gibt es. Wir sind die stärkste Familie und haben Einfluss unter den Vampiren und Menschen gleichsam. Was wenn wir zerstritten sind, denke was würde geschehen?“

Vlad nickte überlegend, „Wahrscheinlich ein offener Krieg.“

„Ja und genau aus diesem Grunde glaube ich haben wir es mit einem Feind zu tun, der geduldig und zielstrebig auf unsere Vernichtung hinarbeitet.“

„Nein“, rief ich dazwischen ich wollte das alles nicht hören. Es war an den Haaren herbeigezogen. „Ich habe Beweise! Die belegen alles, meine Geburtsurkunde, die Adoptionspapiere der Verzicht von Vlad Sardovan …“

„Gefälscht Sarah ich habe alles überprüfen lassen. Dir wurden zu einem einzigen Zweck die Papiere untergeschoben. Damit du genau das denkst. Deinen Vater hasst! Womöglich gegen ihn arbeitest. Dabei sollte dir wahrscheinlich dieser Anwalt helfen. Dich auf den richtigen Weg führen sozusagen.“

„Jens? Was hat er damit zu tun?“

„Jens ist ein Jäger wundert es dich nicht? Er verschwindet einfach, obwohl er ja so verliebt in dich ist? Wer immer auch dahinter steckt, hat eines außer Acht gelassen. Du bist die Tochter Deines Vaters mehr als Du eingestehen willst.“ Bekräftigte er, als ich meinen Kopf verneinend schüttelte.

„Jens hat es schnell kapiert. Er tauchte unter, bevor ich ihn mir vorknöpfen konnte. Ich nehme an Stegmann sollte dich aushorchen  und  dich  gegen  uns  aufwiegeln.  Danach,  wenn  du  deine  Pflicht  getan  hast,  solltest  du  wohl beiseitegeschafft werden. Aber wie gesagt du funktioniertes nicht in ihrem Sinne. Deshalb die stümperhaften Angriffe auf dein Leben.“

„Sie haben versucht Sarah etwas anzutun?“, fragte Vlad zornig sein Gesicht wandelte sich innerhalb einer Sekunde. Mit schwarzen Augen stierte er Corvin an.

„Langsam mein Freund langsam. Wie ich bereits sagte, waren es Versuche. Sarah war in keiner unmittelbaren Gefahr. Ich habe sie nie aus den Augen gelassen.“

Vlad beruhigte sich zusehends er nickte Corvin zu.

„Das ist doch lächerlich. Ihr kanntet mich bis vor ein paar Tagen überhaupt nicht. Niemand interessierte sich für mich und auf einmal soll meinetwegen …“

Vlad unterbrach mich, „Du musst eines wissen Sarah. Ich habe mich nicht freiwillig von dir ferngehalten. Deine Mutter – sie nahm mir ein Versprechen ab. Niemals sollte ich mit dir in Kontakt treten. Für sie war es undenkbar mit einem Vampir zu leben oder gar mit der gesamten Sippschaft. Es war ihr Wunsch, dass du ohne all diese widernatürlichen Aspekte deines Vaters lebst. Ich hielt mich an mein gegebenes Wort und begnügte mich mit Briefen und Fotos.“

„Das kann ich nicht glauben. Du willst mir weismachen… meine Mutter… sie gab mich weg?“ der Gedanke war so grausam meine Stimme brach.

„Und doch ist es so. Nicht nur dich hat sie hintergangen. Nein auch mich denn ich liebte sie. Noch, bis vor einigen Stunden hätte, ich mein Leben für sie gegeben.“ niedergeschlagen brütete er vor sich hin. Wieder breitete sich Stille im Raum aus jeder seine eigenen Gedanken nachhängend.

„Aber“, wandte ich nochmals ein, „Das Geld! Das Geld, das regelmäßig kam. Was ist damit?“

Corvins Augen leuchteten erheitert auf, „Tja das ist eine Sache. Von uns kam es nicht. Ich denke sie häufen kleine Vermögen an und streuen ihre Finanzen so, dass die es schnell und überall zur Hand haben. Nur mit dem beachtlichen Vermögen auf deinen Konten haben sie ein Eigentor geschossen. Als du die alleinige Vollmacht übernommen hast. Damit haben sie anscheinend nicht gerechnet.“

„Das war der Bankangestellte, er wies mich darauf hin und hat es geändert.“, erinnerte ich mich an den netten älteren Herrn der mich ausführlich beriet.

Corvin nickte grinsend, „Und somit kamen sie nicht mehr in den Besitz des Geldes. Du bist eine wohlhabende Frau, Sarah.“

„Ich will nichts davon!“, sagte ich. „Woher weißt du das alles? Gibt es keine Bankgeheimnisse? Du kennst dich besser aus in meinen Leben als ich selbst.“

Jetzt sah Vlad auf, „Willkommen in seiner Welt mein Kind. Es gibt nicht vieles, was man vor Corvin geheim halten kann, wenn er anfängt, hinter einem herzu spionieren. Außerdem nimm Corvins Rat an denn ich habe nichts. Meine Finanzen sind in einem desolaten Zustand.“

„Du weißt…“ setzte Corvin an.

Vlad winkte ab. „Ich weiß… und was nun? Irgendwem müssen wir die Neuigkeiten mitteilen. Die Familien müssen gewarnt werden und wir brauchen einen neuen Schlachtplan.“

„Henry hat bestimmt schon alles in die Wege geleitet. Bevor ich mit Sarah aufbrach, informierte ich ihn.“

 „Na denn auf zur Festung. Ich muss mir einige neue Strategien überlegen. Die Sippen werden einige Fakten erfahren wollen. Hast du schon etwas über die Hintermänner in Erfahrung bringen können?“ Setzte sich mein Vater auf, ich konnte es kaum begreifen.

„Nichts! Ich komme erst langsam hinter der Struktur der Jäger und das sind im Moment auch nur Vermutungen.“ Verneinte Corvin, „Deshalb finde ich die Festung auch nicht für sicher genug. Jedenfalls nicht für Sarah.“

„Aber wohin dann?“, fragte Vadim nach.

„Italien“, meinte Corvin, „dort habe ich ein Haus. Es liegt abseits und vor allem niemand weiß von dessen Existenz. Ich war seit gut sechshundert Jahren nicht dort.“

Mir sank das Herz in die Hose aus zweierlei Gründen – ein Haus das seit über einem halben Jahrhundert unbewohnt war da würde mir diese Kaschemme wie ein Palast vorkommen. Ja und dann Corvins Alter; wie alt war er? Oder wie lange wandelte er schon auf der Erde herum. Es war ja egal wie das hieß. Allein der Gedanke daran ließ mich frösteln.

Das 14. Jahrhundert also was war da? Ich kratzte meine unzulänglichen Geschichtskenntnisse zusammen. Da fiel mir nur der Sonnenkönig ein. Doch zu welcher Zeit regierte er?

Ich gab es auf und stellte mir Corvin in diesen Strumpfhosen vor mit diesem ballonartigen Höschen. Trugen sie zu der Zeit nicht auch Perücken? Ah und sie schminkten sich doch. Was noch? Läuse und Flöhe gehörten dazu. Wasser ein unnötiges Übel, das erinnerte mich wiederum an eine heiße Dusche, nach der ich mich sehnte.

„Corvin?“, sagte Vlad laut. Was mich aus meinen Gedanken riss. Das Bild von Corvin als pfauenartiger Geck verschwand und ich sah den Herrn in natura vor mir stehen. Ein heiteres Funkeln lag in seinem Blick. „Was sagtest du gerade?“

Vlad schaute skeptisch von ihm zu mir er schüttelte den Kopf, „Ich sagte gerade du übertreibst die Festung ist sicher für solch einen Fall erbaut.“

„Das war sie doch nach dem Umbau sehe ich die Sache anders. Nein du kannst sagen, was du willst. Bevor Sarah dorthin zurückkehrt, müssen einige Änderungen vorgenommen werden. Vlad sie ist deine Tochter willst du Sarah einer Gefahr aussetzen?“

„Nein natürlich nicht ich nehme an du hast Henry entsprechend instruiert?“ Vlad wartete Corvin Antwort erst gar nicht ab. „Wie willst du nach Italien gelangen? Da gibt es einiges zu bedenken? Pässe, Geld, Kleidung nur um das Wichtigste aufzuzählen. Dann müssen wir damit rechnen, dass die Grenzübergänge bewacht werden. Wie willst du also …“

„Bargeld habe ich genug. Pässe bekommen wir noch im Laufe der Nacht. Morgen gehen wir einkaufen und besorgen uns einen fahrbaren Untersatz. Ich denke wir mischen uns unter die Touristen da fallen wir nicht weiter auf.“

„Du hast an alles gedacht wie ich sehe nur wie bekommen wir Nahrung? Ich habe seit über einer Woche nichts zu mir genommen. Willst du jagen gehen?“

„Nein zu aufwendig wir haben ja eine Nahrungsquelle an der Hand.“ Deutete er auf mich mit einem hungrigen Ausdruck im Gesicht.

Entsetzt hüpfte ich nach hinten und wäre unsanft auf den Fußboden gelandet hätte Vlad mich nicht aufgefangen.

„Corvin“,  sagte  er  streng  zu  dem  Vampir  der  zuckte  nur  amüsiert  die  Schultern.  Während  ich  mich  mit schlotternden Knien hinsetzte.

„Was? Ein kleiner Scherz am Rande.“ Grinste er uns an, „Wir müssen morgen eine Perücke für Sarah besorgen ihr Haar ist zu auffällig.“

„Wie kommst du denn jetzt darauf?“ Vlad konnte Corvins Gedankensprünge nicht ganz folgen noch verstehen.

Ich schon! Er hörte mich also ab! Dieser Schuft! Und sein kleiner Scherz war nur die Retourkutsche, weil ich mich über ihn lustig gemacht hatte.

Wieder sah Vlad uns argwöhnisch an. „Wie lange warst du noch auf der Festung?“, wollte er wissen.

„Wie lange?“ ich rechnete nach es kam mir unendlich lange vor. Jede Minute dort war ein Erlebnis ich wusste es nicht mehr genau. Welcher Tag war heute überhaupt?

Corvin antwortete für mich, „Nicht ganz eine Woche Vlad. Warum fragst du?“

„Ach nur so! Ihr kommt mir seltsam vertraut vor. Du…“ bevor Vlad weiter fragen konnte lachte Corvin, „Du musst mal Dana und Sarah zusammensehen oder Geirrod. Er liegt deiner Tochter praktisch zu Füßen so angetan ist er von ihr. Nur dein anderer Sprössling entzieht sich ihrem Charme.“

„Livio?“ Vlad ließ sich seufzend nach hinten fallen, „Was hat er getan?“ erkundigte er sich resigniert.

„Für Livio hat er sich außerordentlich manierlich verhalten. Er wartet ab und will erst mit dir reden, dank Geirrod er log ein wenig um mir den Rücken frei zuhalten. Du siehst er fängt langsam an zu denken, bevor er sich von unbesonnen Handlungen hinreißen lässt.“ Zuckte Corvin die Schultern auf mein empörtes Schnaufen, reagierte er nicht. So war das also! Geirrod log ein wenig! Ha ich hätte es mir denken können der Wikinger lernte meine Mutter nie kennen.

Vlad sah kurz zu mir herüber, „Ich nehme an das lag weniger an seiner Selbstdisziplin sondern eher an deine Anwesenheit.“ Grinste Vlad vor sich hin, „Hast du ihn vor vollendete Tatsachen gestellt?“

„Jeep!“ die Vampire verstanden sich ohne große Worte. Mir wurde deutlich bewusst, wie gut sie sich kannten. So verschieden sie auch waren sie mochten einander und respektierten sich.

Kopfschüttelnd seufzte Vlad nochmals auf, „Das wird ein unangenehmes Gespräch. Aber wir sollten uns dem derzeitigen Problem annehmen. Corvin du sagst das alles so leicht daher. Aber ich brauche wirklich etwas von dem roten Zeug und deine Idee mit den Touristen gefällt mir keineswegs. Wir sind dann gezwungen uns an deren Regeln zu halten nein wir sollten uns etwas anderes einfallen lassen.“

„Vertrau mir Vlad!“, sagte Corvin nur und sah auf seine Uhr, „Ich werde mich jetzt auf den Weg machen. Ihr habt sicher einiges nachzuholen.“ Sah er uns bedeutsam an, bevor er ging.

Was mich verlegen machte. Ich wollte so gern wütend auf Vlad sein. Das war einfacher; als diesen Jüngling vor mir als meinen Vater und Erzeuger zu akzeptieren. Womit ich wirklich enorme Schwierigkeiten hatte.

 „Nun Sarah du hast bestimmt eine Menge Fragen an mich nur heraus damit.“ Forderte er mich auf. Darauf wusste ich keine Antwort. Das Ganze war eine neue Situation bisher war Vlad der Gewissenlose, der eine schwangere Frau im Stich ließ. Dann seine Tochter wie ein Möbelstück abgab und sich seines Lebens erfreute.

„Soll ich einfach mal anfangen?“ schlug er diplomatisch vor erleichtert stimmte ich zu. So erfuhr ich von meinen Eltern, wie sie sich kennen und lieben lernten. Es hörte sich wie eine normale Liebesgeschichte an. Daran war nichts Aufregendes oder Ungewöhnliches. Nur als meine Mutter schwanger wurde, bekam sie plötzlich Bedenken hinsichtlich der Natur meines Vaters. Sie wollte ihrem Kind dem nicht aussetzen und mein Vater fügte sich nach monatelangen Diskussionen und Streitereien. Die Bitterkeit die Vlad gegenüber meiner Mutter empfand versuchte er zu überspielen. Doch es war ihm anzusehen, wie nah ihm ihr Verrat ging.

„Bis sie schwanger wurde, hatte sie keine Bedenken? Sie wusste, wer du warst, was du bist?“ ich fragte mich, ob es nur an der Schwangerschaft lag oder ob sie absichtlich schwanger wurde. War es von langer Hand geplant, so wie Corvin vermutete?

Vlad schien ebenso wie Corvin meine Gedanken zu lesen. „Ja das frage ich mich auch Sarah. Corvin hat die Gabe die richtigen Schlüsse zu ziehen, wenn er vermutet, kann man davon ausgehen, dass es so ist.“ Nagte er an seine Unterlippe, unwillkürlich musste ich lächeln. Einige Sachen waren wahrscheinlich keine schlechte Angewohnheit und biss fest auf meine Unterlippe.

Vlad erwiderte mein Lächeln, „Tja in Kleinigkeiten erkennen wir uns wieder. Aber du vermutest zu Recht auch ich glaube nicht mehr an Zufälle. So nun erzähle mir von dir ich will alles wissen.“

Da gab es nicht viel zu erzählen Vlad befragte mich zu meiner Schulzeit er war enttäuscht, dass ich die Schule nicht beendete. Aber mein Onkel drängte mich nie ich sollte lernen. Er verlangte in dieser Hinsicht nichts von mir jetzt im Nachhinein bekam ich ein anderes Bild und fragte mich, ob es ihm egal war? Sowie meinen beruflichen Werdegang. Auch als ich mit kaum achtzehn Jahren auszog, hatte er keinerlei Einwände.

Suchte ich im Nachhinein verräterische Anzeichen? Ja! Aber wie konnte ich erahnen, wer er war. Das war unmöglich. Vlad war da nicht ganz meiner Meinung aber ich denke er wollte mich nur trösten. Was ich wiederum ganz lieb von ihm fand.

Ich konnte mehr von meinem Aufenthalt im Hotel oder Festung erzählen. In den paar Tagen durchlebte ich mehr als in meinem bisherigen Leben.

Kurz argwöhnte Vlad als ich von Corvin erzählte lenkte ihn aber über meine erste Begegnung mit Henry ab. Da war etwas in Vlad´s Blick das mich warnte von Corvin zu erzählen. Wenn ich mir auch sagte, dass es Vlad in keiner Weise etwas anging, in wen ich mich verliebte. Behielt ich dies für mich.

So erzählte ich ungezwungen von Hendrik, Dana und auch von Henry, in dem ich einen Freund sah. „Sei vorsichtig bei Henry, er ist ein Schürzenjäger und du wärest die erste Frau, die er in Ruhe lassen würde. Was ich stark bezweifle.“

„Du irrst dich in ihn.“ Blieb ich bei meiner Meinung.

Er lenkte ab und befragte mich nach Henrys Sohn. „Hendrik ist wie ein Bruder, obwohl wir uns erst ein paar Tage kennen. Mal ein großer Bruder der mich unterstützt dann kann er wie ein Jüngerer mit dem ich herumalbere, ich liebe ihn.“ Sagte ich enthusiastisch, „als Bruder“ setzte ich nach, als ich seine düstere Miene sah.

Kapitel 13

„Nun ja ich werde mir diese ungewöhnliche Beziehung zu Vater und Sohn selbst ansehen.“ Sagte er in einem Ton, der mich wütend machte.

Er lachte, als er meinen Unmut bemerkte, „Es tut mir leid Sarah. Aber du musst eines wissen wir Väter übertreiben es oft mit unserem Nachwuchs. Ich erkläre es dir, wir beschützen was wir lieben und besonders unsere Kinder. Es liegt am Blut an den Genen was genau es ist weiß ich nicht aber wir besitzen einen übermächtigen Drang für unsere Nachkommen zu sorgen. Es ist durchaus möglich das wir dabei übertreiben. So ist es bei den meisten Vampiren.“ Lächelte er milde mit einem traurigen Ausdruck im Gesicht.

„Deshalb, musst du verzeihen, wenn ich überfürsorglich erscheine.“

„Solange du nur so erscheinst, ist es ja gut. Ich lasse mich nur nicht gern bevormunden.“ Warnte ich ihn vorsorglich.

„Ich werde mich bemühen.“ Versprach er. An der Tür klopfte es. Vlad sprang alarmiert auf beruhigte sich jedoch sofort wieder. „Das ist Corvin ich mache ihm auf.“

Es dauerte eine Weile bis Corvin in den Raum trat. Fragend sah ich ihn an, da ich befürchtete es wäre nicht alles nach Plan verlaufen wie die gesamte letzte Nacht.

„Dein Vater löscht nur seinen Durst und will es nicht vor deinen Augen. Er meint du würdest das nicht verstehen.“ Schüttelte Corvin den Kopf. „Er denkt er könnte dich erschrecken. Er spinnt meiner Meinung nach.“

Vlad kam kurz darauf herein, noch war das schwarz in seinen Augen zu sehen sowie die deutlichen Auswuchtungen seiner Eckzähne. „Es ist mir gleich was du denkst Corvin. Ich werde meiner Tochter nicht gleich zu Anfang solch eine Darbietung zumuten.“ Corvin enthielt sich jeden weiteren Kommentars und legte stattdessen einen Pass auf den Tisch. „Präge dir den Namen und Geburtsdaten ein. Später hole ich einen für Vlad - ihr seid Geschwister und ich Sarahs Ehemann. Wir machen Urlaub im wunderschönen Rumänien, bevor wir in unsere Wahlheimat Italien zurückkehren.“ Erläuterte Corvin uns.

Vlad befragte seinen Freund, wie er sich die Reise vorstellte. „Ich habe da eine Idee aber wir müssen abwarten ich bekomme später noch Informationen erst dann entscheide ich mich.“

Während die Vampire sich leise unterhielten, dümpelte ich erschöpft ins Reich der Träume. Bis sich Corvin abermals aufmachte.

Nachdem Corvin die Wohnung verließ, setzte Vlad sich mir gegenüber. Aufmerksam betrachtete er mich vor Verlegenheit senkte ich den Blick. Ein amüsiertes Auflachen ließ mich Vlad ansehen.

„Eine schwierige Situation!“, bemerkte er, „Vater und Tochter – Fremde füreinander. Sag mir Sarah wie weit, geht deine Verachtung?“

Bestürzt sah ich weg. Ja ich war wütend, enttäuscht von ihm. Doch das war, bevor ich all die Hintergründe kannte. Wie konnte ich ihn verurteilen? Jetzt, da ich wusste, warum er mir fernblieb. Im Moment beherrschte mich ein hilfloses Durcheinander an Gefühlen.

Meine Mutter ihr Verrat die Frage, lebte sie noch? Es war unbegreiflich eine Frau eine Mutter gab ihr Kind in die Obhut eines Fremden. Sie verlangte vom leiblichen Vater, auch wenn er andersartig war – sich von dem Kind fernzuhalten. Tat dies eine liebende Frau? Nein.

Vlad beugte sich vor, während er mich weiterhin musterte. Las er meine Gedanken? Wahrscheinlich ja. Nun wie stand es mit ihm? Meinen Erzeuger mein Vater? Ein Vampir, der aufgrund eines Versprechens sein Kind aufgab.

„Eines Versprechens das ich der Frau gab die ich liebte. Der ich vertraute und wie ich gestehen muss, bis vor wenigen Stunden mein Herz besaß. Ja Sarah schau nicht so ungläubig du musst doch in den wenigen Tagen bemerkt haben, wie maßlos wir sind. Das schließt auch unsere Gefühle ein.

Leidenschaft und Sex sind eine Sache aber eine Liebe, so wie ich sie für deine Mutter hegte“, er zögerte „und hege nun sie hat Bestand. Genau wie die Liebe zu unseren Kindern. Glaube nicht dass es mir leichtfiel mein Wort einzuhalten. Einmal im Jahr bekam ich einen Brief und ein paar Bilder von dir. Das war alles. Ich durfte an deinem Leben nicht teilhaben. Ebenso wenig an dem Leben der Frau, die ich über alles liebte.“

Ich konnte nicht anders deshalb fragte ich ihn. „Ist es dir niemals in den Sinn gekommen, dass etwas nicht stimmte? Die Bilder, die du von mir erhieltest. Meine Mutter kann auf keines dieser Fotos sein. Hast du dich nie gefragt warum nicht?“ meine Stimme klang vorwerfend ja ich war verbittert. Ein Vampir mit seiner Lebenserfahrung musste doch misstrauisch werden.

„Nein. Sie begründete es so in dem ersten Brief. Die Bilder hatten nur einen Zweck mich über deine Fortschritte zu informieren. Mit ihr hatte es keinesfalls etwas zu tun. Es wäre nicht gut für mich“, er lachte verbittert auf, „ja sehr schlau eingefädelt.“ Fuhr er sich mit der Hand durch das Haar und nagte an seiner Unterlippe.

„Nenn es Dummheit oder auch Naivität aber ich verstand ihre Beweggründe jedenfalls dachte ich es. Konnte ich ahnen, welch ein teuflisches Spiel getrieben wurde? Sie besaß mein Vertrauen. Wir wurden beide betrogen.“ Schloss er verärgert.

Ich wagte es nicht darauf etwas zu erwidern. Seine Miene wirkte düster. „Sarah du kannst mir jederzeit alles sagen auch wenn ich, wie gerade wütend bin.“ Sah er mich beruhigend an das schwarz in seinen Augen, wich langsam zurück.

Vlad lächelte, „Darf ich dir ein paar Fragen stellen? Ich möchte dich besser kennenlernen. Etwas aus deinem bisherigen Leben erfahren.“

„Nur zu frag aber besonders ereignisvoll war es nicht.“

„Das werden wir sehen.“ Grinste er, um dann ein Verhör zu starten, dass seinesgleichen suchte. Von meinen ersten Erinnerungen bis zum heutigen Tag wollte er alles über mich wissen. Meine Angewohnheiten Freunde, die ich nicht besaß, Schule, die sehr unzureichend verlief. Arbeit die ich durch Vitamin B bekam. Dann meine Wohnung, wie sie eingerichtet war. Was ich gerne trug aß und trank. Lieblingsfarben, Neigungen. Er fragte und fragte.

„Jungs? Männer? Gibt es einen Bestimmten in deinem Leben?“

„Nein“, erwiderte ich, dass ich rot anlief, bemerkte er natürlich. Ebenso das ich kurz sehr kurz an Corvin dachte. Er nickte begreifend. „Ich gebe dir einen Rat Sarah. Corvin mag dich begehren vielleicht würde er auch mit dir

ein Verhältnis beginnen. Doch eines solltest du wissen noch nie hat eine Frau ihn länger als ein paar Wochen an sich binden können. Und was dann?“ Er schwieg, als er meine verstockte Miene sah, und fixierte einen Punkt hinter mir, „Und Corvin wird sich in dieser Beziehung von dir fernhalten.“ In Vlad’s Ausdruck erschien ein fordernder Ausdruck.

Er sah mich zwar nicht direkt an, aber ich fand es peinlich ihn über meine Gefühle und Intimleben sprechen zu hören. Noch peinlicher wurde es, als hinter mir Corvin antwortete: „Ich werde deiner Tochter wie bisher entgegenkommen.“

Schamrot wünschte ich der Erdboden würde mich verschlucken. Das war einfach zu viel. Zu wissen dass sie meine Gedanken hören konnten war eines aber mussten sie denn auch meine Gefühle gleich breittreten? Konnten sie nicht einfach darüber hinwegsehen? Was blieb mir denn noch? Ich war ein offenes Buch für sie das ohne Rücksichtnahme interpretiert wurde. Auf meine Gefühle wurde keinerlei Rücksicht genommen.

Ich wagte es kaum einen meiner Peiniger anzusehen. Corvins Miene blieb ausdruckslos und Vlad schien mit seiner Aussage vollkommen zufrieden zu sein. Für ihn war demnach das Thema abgeschlossen. Nur war es das? Daran hegte ich nicht ohne Grund einen Zweifel denn – wie bisher – sagte Corvin. Was das alles beinhaltete, blieb Vlad verborgen.

„Nun hast du alles?“

„Ja und mehr als das.“ Hob er eine Kühltasche hoch die Vlad sofort ergriff und damit in den Nebenraum ging. Während ich noch mit meiner Verlegenheit kämpfte, sagte Corvin, „Ich finde deine Gedanken äußerst reizvoll Sarah. Gerade die, die mich betreffen. Zu einem geeigneten Zeitpunkt müssen wir unbedingt darüber reden.“ Zornig schnellte ich hoch dieser Lüstling dachte doch wohl nicht…

„Aber natürlich!“ hielt er mich an den Schultern fest. „Unser letztes Beisammensein war nun doch etwas kurz. Findest du nicht auch?“ fragend musterte er mich, während sein Blick anzüglich auf meinen Busen haften blieb.

„Corvin?“, rief Vlad aus dem Nebenraum. Der unverschämte Lümmel ließ mich los und zwinkerte mir mit einem hungrigen Ausdruck zu, bevor er zu meinem Vater ging. Der flüsternd mit ihm sprach so schnell das ich kein Wort verstand.

Neugierig ging ich hinüber, Vlad drehte mir sofort den Rücken zu. Was Corvin zu einem Lachen veranlasste.

„Du übertreibst Vlad.“ Machte er sich über ihn lustig.

Das erwog mich für meinen Vater Partei zu ergreifen, „Ich finde es sehr rücksichtsvoll. Daran solltest du dir ein Beispiel nehmen Corvin. Mein Vater erschreckt keine Menschen, wie du es tust.“ Warf ich ihm vor.

 „Das tue ich normalerweise auch nicht Füchsin. Aber wenn man mich entmannen will, darf man schließlich seine Selbstbeherrschung verlieren.“ Hielt er mir nun vor.

Vlad vergaß seine Hemmung und drehte sich zu uns um. „Erzählt!“, forderte er uns auf. Corvin ergriff sofort das Wort. „Ich habe alles getan um deine Tochter zu schützen und als Dank ging sie mit einem Stuhlbein auf mich los. Einem wertvollen Stuhlbein will ich nur noch anmerken.“

„Du übertreibst und erzählst nur die halbe Geschichte!“ und holte weiter aus. Natürlich musste Corvin ständig seinen Senf dazugeben während Vlad ruhig zuhörte.

„Siehst du Vlad deine Tochter, bringt es ständig fertig, mich aus der Reserve zu locken.“

„Sicher du Despot, du Kerkermeister du bist ja solch ein unschuldiges Lamm…“

„Genug!“ erhob Vlad seine Stimme, „Ihr benehmt euch wie Kleinkinder. Beide!“ fuhr er sich durch das Haar. „Schlimmer noch. Sarah du hast doch gesagt auf der Festung gefiel es dir und nun höre ich – das. Wie passt das zusammen?“

„Das war ja auch so zumindest am Anfang als dein Freund“, deutete ich auf Corvin, dem das Grinsen anhaftete wie eine Maske. „mich einsperrte. Danach hat Dana den Wachhund da zurückgepfiffen.“

„Wachhund? Das sagst du zu mir? Du…“, baute er sich bedrohlich vor mir auf. Während ich heftig nickte keinen Zoll nachgebend.

„Das reicht! Mir reicht es. Ihr habt eure Dispute verschont mich damit es gibt Wichtigeres.“ Wieder zerwühlte Vlad sein Haar, „Corvin was wisst ihr über die Jäger?“

Corvin schnaufte und bedachte mich nochmals mit einem bösen Blick aus zusammengekniffenen Augen, den ich erwiderte und ihm die Zunge herausstreckte.

Vlad knurrte warnend und Corvin antwortete meinen Vater. „Sie sind kein ungeordneter Haufen wie man uns weißmachen wollte.“

Schnell erzählte Corvin seine Beobachtungen nochmals wies er auf seine Vermutung hin. Vlad stellte Corvin zwischendurch einige Fragen. Er äußerte sich jedoch mit keinem Wort dazu.

Corvin erwartete keine Antwort. Nachdem er endete, langte er in die Kühlbox und holte sich einen Beutel heraus. Vlad sah ihn mit hochgezogener Braue streng an. Daraufhin verzog Corvin sich murrend in den angrenzenden Raum.

„Sarah du kannst nicht zurück.“ Meinte Vlad besorgt.

„Ja ich weiß. Corvin deutete es schon an.“

„Kommst du damit zurecht? Ist dir bewusst das du dein bisheriges Leben vollkommen hinter dir lässt?“ Vlad war ehrlich besorgt ich nickte ihm zu. Ein warmes Gefühl im Bauch mein Vater sorgte sich um mich, obwohl wir uns kaum kannten, nahm er Rücksicht.

„Was lässt sie schon zurück?“, unterbrach Corvin meine Gedanken barsch, „Vlad du übertreibst verwöhn die Dame nicht zu sehr.“ Brummte er mürrisch.

„Hab erst einmal eigene Kinder.“

„Das wird niemals geschehen.“ Behauptete das Familienoberhaupt.

 „Ach ja?“ zweifelte ich seine Aussage an. „Lebst du neuerdings im Zölibat?“, fragte ich ohne nachzudenken, nur um ihn zu reizen. „Oder leidest du unter einem Gebrechen das es dir unmöglich macht Kinder zu zeugen?“

Corvin ließ sich von meinen unbedachten Worten nicht aus der Ruhe bringen. „Nein nichts dergleichen.“ Grinste er, „Ich, weiß die heutigen Verhütungsmittel durchaus zu schätzen.“

„Immer?“, wollte ich wissen.

Zu meinem Erstaunen flackerte einen Moment Unsicherheit in seinen Augen auf. Als er mich und meinen Bauch sah krampte sich ein mein Magen angstvoll zusammen. Wie vom Blitz getroffen klappte mein Mund zu.

Eine bange Frage beschäftigte mich, hat er verhütet? Schnell rechnete ich nach was meinen Seelenfrieden keinesfalls beruhigte. Im Gegenteil ich musste die aufkeimende Panik gewaltsam unterdrücken.

Zum Glück brütete Vlad gerade über etwas nach. Er bekam den kurzen Austausch und den fragenden Ausdruck in Corvins Gesicht nicht mit.

„Also gut was hast du vor?“, fragte Vlad laut in die Stille hinein.

Corvin zuckte zusammen, „Ich werde mich nicht vor der Verantwortung drücken.“

„Wie?“ Vlad sah Corvin verständnislos an.

„Ich meine wir werden so schnell wie möglich eine Basis aufbauen und uns gegen die Jäger zur Wehr setzen. Wir müssen alles über sie in Erfahrung bringen. Der Rat muss einberufen werden.“ Sprach er schnell. Während ich vor Angst um eine Schwangerschaft fast verging.

„Die Familien Corvin wir müssen sie warnen.“ Redete Vlad dazwischen.

 

„Erledigt! Wir müssen erst an uns denken. Wir brauchen einen sicheren Ort und in Rumänien finden wir ihn nicht.“

„Davon bist du überzeugt?“ Corvin nickte, „Ich befürchte ja. Vorhin habe ich die Werkstatt nochmals überprüft. Sie wurde bewacht.“

„Wie konnte das nur geschehen?“

„Das weiß ich nicht oder doch. Ich denke jemand war in meinen Büro und hat sich dort alle Informationen beschafft.“

Vlad stöhnte vernehmlich auf, „Dann sind wir nirgendwo sicher.“ Corvin lächelte diabolisch, „Nur in diesem Landesteil.“

„Aber wie? Wer?“ fragte Vlad ungläubig nach.

„Wer? Keine Ahnung. Aber wann. Ja. Da kommt nur ein Zeitraum infrage. Als der Ballsaal hergerichtet wurde. Zu diesem Zeitpunkt war das Büro über Stunden verlassen. Ich denke auch das war geplant. Oder hast du schon einmal erlebt das Henry bei der Planung vergisst, einen Saal zu reservieren?“

Vlad schüttelte den Kopf, „Nein wahrlich nicht und du hast …“

„Ja“, unterbrach Corvin seinen Freund, „Ich habe schon einige Tage zuvor die einzelnen Sektionen außerhalb der Festung in Sicherheit gebracht. An dem Tage als Sarah ankam.“ Fügte er noch hinzu.

Deshalb also war er nicht in der Festung und Alia hat mich herumführen können. Wollte er mich warnen, als er mich aufforderte abzureisen. Oder vermutete Corvin sogar ich sei ein Spion. Dachte er das etwa noch immer? Mir wurde ganz mulmig. Wo war ich an dem Tag des Balles. Wie konnte ich meine Unschuld beweisen?

Denn mir blieb keineswegs verborgen das Corvin Vlad mit keinem Wort erwähnte, wo die Unterlagen oder Sonstiges aufbewahrt wurden. Genauso wenig fragte Vlad danach. Verdächtigten sie mich etwa?

„Wohin dann?“ wechselte Vlad das Thema.

„Italien. Dort werden wir mehr in Erfahrung bringen. Ich will verdammt noch mal wissen mit wem wir es zu tun haben.“ Schlug Corvin aufgebracht auf die Wand ein, was diese zum Bröckeln brachte. Feiner Staub breitete sich aus.

Er sah auf seine Uhr „Ich muss noch etwas überprüfen. Bleibt hier. Sollte ich innerhalb von einer Stunde nicht hier sein dann nimm einen der Durchgänge nach Ungarn. Geld in verschiedenen Währungen findest du in der Tasche. Schlagt euch nach Italien durch. Vlad Venedig“, sah er ihn beschwörend an.

Corvin warf mir noch einen Blick zu dann machte er sich auf. Vlad und ich waren angespannt. Was Corvin vorhatte, wussten wir nicht. Vlad meinte beruhigend Corvin wüsste schon, was er tue.

Aber warum dann die Anweisungen? Die machte er zuvor nicht deshalb nahm ich an er begab sich in Gefahr. Die Zeit zog langsam dahin. Jedes Geräusch außerhalb der Wohnung und ich schreckte horchend auf. Nach einem Blick auf Vlad, der gewöhnlich den Kopf schüttelte, sackte ich wieder auf den Stuhl zusammen.

Als die Stunde nahezu vorüber war, packte Vlad unsere Sachen zusammen. „Sarah wir müssen los.“

„Aber was ist mit Corvin?“

„Er wird uns finden, wenn er kann. Glaub mir einen besseren Spürhund gibt es nicht.“

„Was kann ihm passiert sein?“ ich malte mir die schrecklichsten Taten vor.

„Darüber können wir nur spekulieren. Es bringt uns nicht weiter und das müssen wir jetzt. Also komm.“ Meinte Vlad streng. Ich nahm mich zusammen und folgte ihm.

„Wir werden uns nah an den Häusern halten. Tritt nie in den Lichtschein einer Straßenleuchte Sarah. Halte dich hinter mir und wenn ich sage lauf. Dann renne los, ohne zu fragen. Hier ich habe das Geld aufgeteilt nimm es und stecke es mit deinem Pass am besten in deine Unterwäsche. Du darfst die Sachen auf keinen Fall verlieren.“ Reichte er mir einen Umschlag, ich stopfte alles in meinen Slip.

„Gut! Und nun merke dir Folgendes. Falls wir getrennt werden, gehe nach Venedig egal wie. Dort geh zum Markus Dom auf dem Platz sitzt irgendwo ein alter Mann. Er ist blind und füttert die Tauben. Geh zu ihm nenn ihm meinen Namen. Folge seinen Anweisungen.“

Er schob mich zur Tür hinaus und bat mich zu warten, während er den Hinterausgang überprüfte. „Komm“, raunte er mir zu. Vlad führte mich quer durch die Stadt. Er ging oftmals voraus und erkundete die Umgebung als wir endlich die Stadt verließen fragte ich mich, wie wir weiterkommen sollten.

„Wir nehmen den Bus.“ Erklärte er und setzte sich auf einer Bank.

„Den Bus?“, fragte ich verblüfft nach.

 „Ja sicher. Man versteckt sich besser in der Öffentlichkeit als an einem einsamen Ort, wo man nur auffällt und eine leichte Beute ist.“ Klopfte er neben sich.

Bald darauf kam ein Bus den Vlad außer Acht ließ, „Der Nächste fährt in unsere Richtung.“ Meinte er einsilbig.

„Wohin fahren wir denn?“

„Hast du denn nicht zugehört? So nah an die ungarische Grenze heran wie möglich.“ Dann schwieg er und sich sah mich um. Jeder Passant, der an uns vorbeiging oder stehen blieb war für mich ein potenzieller Jäger.

„Hör auf! Du wirkst wie ein verschrecktes Huhn. Entspanne dich.“ Was ich dann versuchte.

Endlich kam der Bus und wir stiegen ein. Vlad bezahlte und ich setzte mich nahe der Tür. Was Vlad ein zustimmendes Lächeln entlockte. Wir fuhren keine Stunde als Vlad aufsah und meinte bei der nächsten Haltestelle steigen wir aus.

Dort ging er zielstrebig auf ein Auto zu, das mit laufendem Motor wartete. Hinter dem Steuer saß Corvin und ich sparte mir die Frage, wie er uns ausfindig gemacht hatte. Noch woher Vlad wusste, das Corvin auf uns wartete. Denn Vlad fragte gerade nach, „Was hat dich aufgehalten?“

„Oh ein paar Jäger, die ich unbedingt interviewen wollte. Leider waren sie nicht gerade sehr mitteilsam.“ Er verstellte den Rückspiegel so das Corvin mich ansehen konnte. „Und bei euch alles Okay?“, erkundigte er sich an Vlad gerichtet sah mich aber angespannt an.

Mein Herz klopfte wie wild. Sie konnten alle sagen, was sie wollten. Corvin war durch und durch ein Macho aber ein fürsorglicher – manchmal wenigstens. Und wenn er mich dann auch noch so ansah, wie gerade eben rutschte mir mein Herz in die Kniekehlen und in meinen Bauch flogen ganze Schwärme von Schmetterlingen.

Was er mit einem zufriedenen Lächeln mitbekam. Der Schuft, der er war. Machte er das eigentlich mit voller Absicht mich so aus dem Gleichgewicht zu bringen. Von wegen fürsorglich – durchtrieben und schamlos war er.

Der hirnlose Blutsauger lachte. Er lachte! Schon klar er steckte mal wieder in meinen Kopf dieser neugierige Nimmersatt. Er sollte sich mal lieber um seine eigenen Gedanken kümmern. Dann fing ich an, an grässliche alte Damen zu denken. Mit Hühnerei großen Warzen im Gesicht. Oder noch besser rote stinkende Geschwüre, die aussahen, als ob sie jeden Augenblick platzten. Ihm direkt ins grinsende Gesicht.

Den angeekelten Ausdruck, der kurz in seinem Gesicht zu sehen war, fand ich höchst erfreulich. Mal sehen? Konnte ich das Ganze nicht noch ein wenig verfeinern? Er sah nun stur geradeaus offenbar gab er die Spionage auf. Was mir nur recht sein konnte. Die Fahrt verlief schweigsam bis Vlad einen leisen Pfiff von sich gab.

„Du willst dich tatsächlich unter die Touristen mischen? Meinst du die Idee, ist besonders gut? Sollten wir nicht weiterfahren und einen unserer Grenzgänge benutzen?“

Corvin schüttelte den Kopf, „Nein du musst an deine Tochter denken. Dieser Strapaze würde ich sie ungern aussetzen. Nur falls dieser Plan misslingt.“

Ich mochte es nicht, wenn sie über mich sprachen als wäre ich ein Gegenstand. „Ich bin kein verhätscheltes Püppchen Sardovan.“ Giftete ich Corvin an.

 „Das bezweifle ich auch nicht Füchsin. Aber mir ist es lieber dich bequem nach Italien zu schaffen.“ Murrend ließ ich mich in den Sitz sinken. „Fragt sich nur warum?“, konnte ich nicht umhin zu fragen.

Was Vlad wieder aufhorchen ließ. „Ja warum diese Vorsicht Corvin?“

Der starrte genervt auf die Straße, „Sie ist deine Tochter ich versuche nur Rücksicht zu nehmen.“

„Welches Feingefühl!“, konnte ich nicht umhin es ironisch zu erwähnen. Und das von Corvin Sardovan, der mich einsperrte  und  nach  Gutdünken  bestrafte.  Was  wohl  Hendrik  und  die Angestellten  der  Festung  von  seiner offenbaren Schwäche halten? Von wegen - mein Wort ist Gesetz. Kicherte ich in mich hinein. Ein todbringender Blick aus dem Rückspiegel und ich lenkte, meine Gedanken in eine andere Richtung. Man sollte sein Glück nicht zu sehr herausfordern entschied ich mich.

Inzwischen fuhren wir auf einer schmalen Straße. Kopfsteinpflaster rüttelte uns durch. Wenn er noch ein bisschen schneller fuhr, könnten wir auch als Schüttelshake durchgehen.

Corvin bremste abrupt, sodass ich gegen den Sitz von Vlad stieß. Bevor ich ihn anfahren konnte, fuhr er schon rückwärts in eine Waldnische hinein. „Im Kofferraum liegen Klamotten die solltet ihr anziehen.“ Sagte Corvin, mir fiel jetzt erst auf das er Jeans und Shirt trug.

Vlad reichte mir einige Taschen, „Das dürfte für dich sein. Ich steh nicht so auf Pink.“

„Pink?“ sollte der verdammte Vampir es gewagt haben mir Bonbonfarbende Kleidung zu kaufen? Aufatmend beruhigte ich mich, ein Scherz seitens meines Vaters, der sich ungeniert seiner Kleidung entledigte. Was ich mit großen Augen verfolgte, nur um dann schnellstens die Flucht zu ergreifen. Als er die Hose fallen ließ.

Mein Gott er war trotz allem mein Vater. Auch wenn er jünger aussah. Kannte er denn kein Schamgefühl? Ich jedenfalls schon und suchte mir eine geschützte Ecke. In Slip und BH vor meinen Erzeuger dazustehen kam keinesfalls in Betracht.

Dafür genoss der andere Vampir die Aussicht, wie ich feststellte, nachdem ich halb nackt im Gebüsch stand.

„Verschwinde du notgeiler Lüstling!“, fuhr ich ihn an.

Der grinste nur, „Wäre ich wirklich in solch einer Not“ trat er ungeniert vor, „dann meine Süße läge ich zwischen deinen Schenkeln. Noch kann ich mich beherrschen.“ Seine Augen wanderten über meinen Körper, „Nicht schlecht Sarah auch bei Tageslicht betrachtet nicht schlecht.“ Begutachtete der mich etwa - wie eine Ware?

„Eine kostbare Ware – ja. Vielleicht sogar kostbarer als uns im Augenblick bewusst ist. Solltest du schwanger sein Füchsin stehe ich natürlich zu unseren Nachwuchs. Außerdem sehe ich viele intime Stunden voller Zweisamkeit entgegen.“ Grinste er anzüglich. Mir fehlten vor so viel Frechheit die Worte und so schlug nach ihm. Vergebens er wich mir aus.

„Du…“

„Nicht so laut oder willst du das dein Vater uns hört?“ ich schüttelte den Kopf eine andere Wahl blieb mir ja nicht mit dieser Pranke vor meinen Mund.

„Na siehst du. Außerdem wollte ich dir begreiflich machen das ich mich vor keiner Verantwortung drücke.“ Sah er mich ernst an, während seine Hand auf Wanderschaft ging, „Du besitzt einen wirklich schönen Körper. Spürst du es? Genau die richtigen Proportionen für meine Hände.“ Streichelte er über meinen Bauch weiter hinunter. „Was ist das?“ hielt Corvin erstaunt inne, als er in meinen Slip vordrang.

Ich konnte nichts sagen, da seine Hand meinen Mund verschloss. Tastend bewegten sich seine Finger vor auf die Reaktionen meines Körpers konnte ich keinen Einfluss nehmen. „Wer ist denn hier erregt? Und das schon nach ein paar leichten Berührungen. Aber Sarah!“ zog er mich auf und hielt den Pass mit dem Geld hoch.

„Oh ein ungewöhnliches Versteck. Das nehme ich lieber in Gewahrsam du weichst es doch nur auf, so feucht, wie du bist.“ Gurrte er an meinen Ohr, „Soll ich dir ein wenig Erleichterung verschaffen?“ ich erstarrte in seinem Klammergriff.

„Ehrlich ganz uneigennützig“ steckte er den Pass in seine Hose. Um gleich darauf seine vorwitzigen Finger in meinen Slip zu senken. Obwohl ich mich gegen ihn wehrte, kam ich nicht frei, sondern wurde noch enger an ihn gedrückt. „Nur keine falsche Scham Sarah genieß es doch einfach.“

Wieder schüttelte ich vehement den Kopf, „Nein? Wirklich nicht? Vielleicht hast du recht und wir warten bis Vlad nicht in unmittelbarer Nähe ist.“ Ließ er mich endlich los. „Nur eines noch“ und küsste mich.

Wie bei den vorherigen Küssen verlor ich mich in seiner Nähe. „Ah du bist eine ständige Versuchung. Bald sehr bald werden wir unser Intermezzo fortsetzen.“ Seufzte Corvin und hielt mir ein Shirt hin das Ich in meiner Verwirrung kommentarlos entgegennahm. Dann reichte er mir eine Hose. „Perfekt“, sagte er, „passende Schuhe findest du im Kofferraum. Du gehst am besten vor. Ich komme gleich nach.“ Gab er mir einen Klaps auf den Hintern.

Während ich mir die Schuhe aus dem Kofferraum holte, versuchte ich Vlad nicht in die Augen zu sehen. Wie konnte er nur? Folgt mir ins Gebüsch begrapscht mich wie … wie … Vlad sagte etwas aus meinen Gedanken gerissen musste ich mich auf seine Worte konzentrieren. „Sarah, auch wenn es im Moment ungünstig ist. Freue ich mich mit dir so viel Zeit verbringen zu können.“ Ein verlegenes Lächeln umspielte seine Mundwinkel.

Oje das war einer dieser Momente, in denen ich absolut hilflos war. Was sollte ich sagen? Wie darauf reagieren? Vlad erwartete eine Antwort. Dieser Jüngling, dem kaum ein Härchen im Gesicht wuchs. Mein Erzeuger – mein Vater. Es war schlichtweg absurd. Doch ich erkannte an seiner Miene seinen Augen, wie ernst er die Worte nahm.

„Ja ich auch“, hauchte ich vor Verlegenheit. Das schien meinen Vater zu entgehen. Er stürmte auf mich zu und zog mich an seine schmale Brust.

„Glaub mir. Hätte ich den leisesten Zweifel gehegt Sarah nichts und niemand hätte mich aufgehalten um dich in den Schoß der Familie zu führen. Wenn ich nur daran denke …“ er erstarrte holte tief Luft, „aber lassen wir das. Wie behütet du aufgewachsen wärest. Wie glücklich ich gewesen wäre dich bei mir zu haben.“

Ich fühlte mich wie eine Fünfjährige, die Schutz bei ihrem Papa fand. Geborgen und sicher, da die Allmacht des Vaters unerschöpflich war.

Ging nicht ein Traum in Erfüllung? Ein lang gehegtes Geheimnis? Jetzt gerade wurde ich geliebt und beschützt. War ich tatsächlich in seinen Augen die geliebte Tochter? Ich musste ihn ansehen und wurde nicht enttäuscht. In Vlad´s Gesicht lag so viel Liebe Vertrauen und Stolz. „Meine Tochter“ darin lag alles und mehr. Wie ich es mir nie hätte ausmalen können. Sanft drückte er mir einen Kuss auf die Stirn. „Meine kleine Tochter wiederholte er nochmals leise und schlang seine Arme fester um mich. Verzaubert von diesen neuartigen Gefühlen standen wir noch da, als Corvin kam. Vlad löste die Umarmung ließ mich jedoch nicht vollkommen los, sondern legte einen Arm um meine Schultern. Was ich mir gern gefallen ließ. Aus einem Impuls heraus drückte ich ihm scheu einen Kuss auf die Wange. Er wurde richtiggehend rot.

Corvin knurrte Unheil verkündend und schlug die Kofferraumklappe so heftig zu, dass die Alarmanlage des Autos losging.

„Auch das noch.“ Brummend ging er um den Wagen herum. Dann erstarb die Anlage in einem kläglichen Laut.

 

„Auch egal es ist sowieso nicht mehr weit. Wir sollten los.“ Befahl Corvin er marschierte, ohne auf uns zu achten auf die Straße zu.

„Wer hat dir denn in die Suppe gespuckt?“, wollte Vlad wissen.

„Niemand. Nur solltet ihr euch daran erinnern, wo wir sind und in welcher Gefahr. Das ist kein eiapopeia Treffen mit dem Kindchen. Gerade du Vlad solltest größte Vorsicht walten lassen. Schließlich ist es deine Tochter, hinter der sie her sind.“

„Das nimmst du an.“ Zweifelte Vlad Corvins Worte an. Indessen gingen wir die Straße hinauf die leicht anstieg. Von weitem sah ich einige Leute, die aber auf einen Parkplatz links von uns zustrebten. „Das ist eine Tatsache

Vlad. Durch Sarah wollen sie dich treffen. Du hast nie ein Geheimnis daraus gemacht. Wie sehr du ihre Mutter liebtest noch die Gefühle, die du deiner Tochter entgegenbringst.“

Corvin blieb stehen und sah seinen Freund beschwörend an. „Die Jäger und dessen Hintermänner werden es genauso wissen wie dein Sohn. Bei aller Liebe werde nicht unvorsichtig. Ansonsten …“ ging Corvin weiter ohne den Satz zu beenden.

„Ansonsten?“ stiefelte Vlad angriffslustig hinter Corvin her. Ich musste beinahe laufen, um mit den Vampiren mithalten zu können.

„Wirst du es bereuen.“ Das klang sehr nach einer Warnung oder Drohung. Außerdem sah Corvin aus als würde er gleich jegliche Beherrschung verlieren.

Vlad lächelte ihm beruhigend zu, „Ich wusste gar nicht dass dir so viel an ihr liegt.“

Corvin machte eine abwertende Handbewegung, „Es geht um die Familie Vlad. Ohne dich und deinen Einfluss würde bald ein Krieg ausbrechen, der die Erde erschüttern würde. Und wer letztendlich den Sieg davonträgt, ist eher fraglich.“

„Ja! Entschuldige Corvin“, bat Vlad.

So sehr Corvin vor einigen Minuten auch noch wütete das war vorbei. Nachdem er Vlad seine Besorgnis und Missfallen mitteilte und dieser die nötige Einsicht zeigte. Ein neuer Charakterzug, den ich an den ansonsten unversöhnlichen Vampir kennenlernte. Sowie auch bei Vlad der ruhig blieb. Ich denke darüber werden sie nie wieder ein Wort verlieren. Beide gingen sie entspannt weiter. Es herrschte kein Groll zwischen ihnen. Was für Bande die Freundschaft der ungleichen Vampire auch hielt. Sie waren stark. Es war Corvin, der meine Gedanken unterbrach, „Schließ deine Augen Sarah“, forderte er mich auf.

Vlad kam sofort an meine linke Seite er nahm mich angrinsend meine Hand. „Keine Angst wir führen dich.“ Also schloss ich sie und spürte, wie Corvin die Rechte ergriff.

Unsicher ging ich vorwärts, „Was soll das werden?“ fragte ich sie, „Erst schimpfst du, weil Vlad unaufmerksam war und jetzt diese Spielerei.“ Darauf bekam ich keine Antwort, sondern hörte nur, wie Corvin sich beschwerte und mich als langsame Schnecke betitelte.

Fast im gleichen Augenblick verloren meine Füße den festen Boden. Erschrocken schrie ich auf und öffnete unbeabsichtigt die Augen. „Mach sie zu“ bekam ich es von beiden Seiten.

Es währte nur einige Minuten. Sobald uns jemand entgegenkam, schnauften und stöhnten diese Heuchler. Ein Mann ich nahm an ein Deutscher da ich jedes Wort verstand bot sogar lachend seine Hilfe an.

Endlich bekamen meine Füße wieder den gewohnten Halt. „Noch zulassen“, warnte mich Vlad. Ein paar Mal wurde ich hin und her gezerrt, bis ich die Augen öffnen durfte.

Blinzelnd  in der  Sonne  stehend  sah  ich  nichts  Ungewöhnliches.  Die  Straße  vielmehr  eine  Kreuzung  zwei Souvenirshops, wie es sie überall auf der Welt gab.

„So jetzt dreh dich um!“ ich hörte die Vorfreude in Vlad´s Stimme. Als ich tat, wonach er verlangte, sah ich auf dem Berg vor uns ein Schloss.

„Schloss Peles“, sagte Corvin.

Es war wie aus einem Märchen mit den Türmen, dem Fachwerk und Balkon. Staunend konnte ich die Augen nicht mehr von dem Schloss wenden. „Wir haben daran mitgearbeitet.“ Verkündete Vlad stolz, „Corvin als Maurer und ich als sein Gehilfe. Das war damals ein angesehener Beruf. Außerdem haben wir einige Besonderheiten einfließen lassen.“ Meinte er geheimnisvoll.

„Davon später. Der letzte Rundgang endet bald. Wir müssen dabei sein, wenn unser Plan gelingen soll.“ Ohne sich weiter darum zu kümmern, betrat Corvin die Rasenfläche, die sich bis zum Schloss erstreckte.

„Na los! Wir sind spät dran.“

Schnell folgten wir ihm und schon bald japste ich keuchend hinter den Vampiren her. Corvin ergriff meine Hand und zog mich durch ein Tor. Vlad war verschwunden. Zielsicher führte mich Corvin in eine Menschentraube und tat so als höre er dem Reiseführer interessiert zu. Mit großen Augen sah ich mich um und entdeckte Vlad, der andächtig ein Bild betrachtete.

Was taten wir hier? Wollten sie im Schloss bleiben? Als ich gerade Corvin fragen wollte, übertönte mich der Reiseführer. „Wenn sie mir jetzt bitte folgen würden. Die Pforten von Schloss Peles schließen sich gleich.

 

Corvin hielt mich fest an der Hand als die Menschen, wie Vieh auf dem Portal zustrebten. Als ich plötzlich am Arm gefasst wurde ich drehte mich lächelnd um, weil ich Vlad an meiner Seite erwartete. Aber ein mir Fremder zog mich nun fester von Corvin fort. „He! Lassen sie das!“ forderte ich den Mann auf. Der hörte mir gar nicht zu sondern verstärkte seine Bemühungen noch. Ich saß in der Zwickmühle Corvin hielt meine Hand im festen Griff der andere zog wie ein Wilder an meinen Arm. „Verdammt noch mal lassen sie mich los.“ Fuhr ich den Mann lauter an. Der setzte nun seine ganze Kraft ein und zog heftig an mir.

Endlich bemerkte der Vampir meinen Angreifer. Corvin ergriff die Hand des Mannes mit einem gequälten Aufstöhnen ließ er mich los. „Von dir wollen wir nichts Sardovan überlass uns die Kleine.“ Zischelte der Mann leise.

War das nicht der Mann, der uns vorhin seine Hilfe anbot? „Tut mir Leid Jäger aber auf dieses Wild wirst du verzichten müssen.“ Raunte Corvin ebenso leise. Wir hingen in der Traube von Menschen fest die sich unaufhaltsam der Pforte näherte. Das bemerkte auch der Mann, „Sei´s drum. Draußen bekommen wir sie doch. Wir sind zu viele für einen Vampir allein.“ Grinste der Jäger Unheil verkündend.

„Wir werden sehen.“ Meinte Corvin völlig gelassen. Das brachte den Jäger einen Moment aus der Fassung. Wieder wurden wir ein Stück nach vorn geschoben.

„Du bist allein was willst du gegen uns ausrichten?“ spöttelte der Mann hinter ihm tauchte Vlad auf der den Mann am Hals packte.

Corvin sah sich kurz um und ging ohne Rücksicht auf Mensch und Leib seitwärts auf ein Bild zu.

Ich sah mich nach Vlad um. Der Mann versank mit bleichem Gesicht in der Menge. Dahinter stand Vlad mit einem unschuldig dreinblickenden Gesicht. Er sagte etwas zu einer Frau und wies nach unten. Sofort wurden die Leute auf den Jäger zu ihren Füßen aufmerksam und halfen ihm auf. Vlad umging geschickt die Helfer – mehr sah ich nicht mehr. Corvin zog mich in einen engen Spalt.

„Folge mir“, befahl er leise. Leichter gesagt als getan in totaler Finsternis. Tastend mich an den Wänden haltend setzte ich vorsichtig einen Fuß neben den anderen. Es war so eng das ich nur seitwärts weiterkam.

„Nicht erschrecken“ hörte ich hinter mir Vlad. Gott sei Dank ihm war nichts geschehen. „Corvin?“, fragte er nach.

„Vorausgegangen. Ich soll ihm folgen. Meinst du er denkt daran das ich nichts sehe?“

Vlad gurrte leise vor Vergnügen, „Wer weiß? Er denkt an vieles. Geh einfach weiter der Gang ist eben und beeil dich.“ Drängte er mich vorwärts.

So schnell es ging setze ich einen Fuß neben den anderen. Nach endlos langem Stepp by Stepp weitete sich der Spalt. „Warte jetzt gehe ich vor.“ Vlad übernahm nun die Führung, während ich mich blind an seinem Rücken festhielt.

 „Ist er dir gefolgt?“, hörte ich Corvin fragen.

„Nein er konnte sich nicht mal auf den eigenen Beinen halten. Es sah aus wie ein Schwächeanfall.“ Gluckste Vlad vor Vergnügen.

„Gut aber wir wissen nicht, wie viel es waren. Deshalb zu Plan B.

Was Plan B dann war, erfuhr ich kurz danach. Erst einmal gingen wir durch Gänge, in denen Rohre und Kabel verlegt waren. „Das Schloss wurde damals mit fließendem Wasser ausgestattet. Ich glaube es war das Erste seiner Art.“ Informierte mich Vlad. Indessen trieb uns Corvin voran.

Mir kam es wie Stunden vor in den unendlich erscheinenden Gängen bis Corvin anhielt und nach etwas suchte. „Es müsste doch hier sein.“ Vlad trat ebenfalls vor und tastete die Wand ab.

„Hier ich hab´s“, sagte Vlad erleichtert. Ein leises Knirschen dann ein fauliger Geruch nach altem drang in die Gänge. „Sarah komm“ eine Hand zog mich zu dem intensiver werdenden Gestank. „Wir müssen nicht weit nur ein paar Meter. Halte dich an mir fest.“ Hörte ich meines Vater gepresste Stimme als hätte er Angst zu tief einzuatmen.

Ein Licht erhellte den Tunnel darauf hielt Vlad zu, „Siehst du gleich sind wir draußen.“ er ging schneller voran. Doch mir war es noch zu langsam. Besonders da ich ein leises über den Boden laufendes Tippeln hörte. Wenn ich vor eines Angst hatte dann Ratten und es mussten welche sein. Mit Grauen stieß ich Vlad vorwärts.

Kapitel 14

„Sie tun dir nichts.“ Beruhigte er mich. Na das kannst du jemanden anderen erzählen ich wollte keine Bekanntschaft mit ihnen machen. Panik erfasste mich als ich etwas an meinen Bein spürte. Ich schrie angsterfüllt auf. Mein Schrei hallte laut durch die Gänge.

Von vorn hörte ich Corvin fluchen. Vlad blieb bewegungslos stehen und ich wollte nur eines raus aus dem Tunnel. So schnell wie möglich.

„Vlad“, rief Corvin doch er rührte sich nicht. In meiner Panik schob ich mich an ihm vorbei auf das Licht am Ende des Tunnels zu. Zwei Hände ergriffen mich beinahe hätte ich nochmals vor Schreck aufgeschrien. „Ich bin es“, flüsterte Corvin er trug mich die restlichen Meter und ich war froh dass er so schnell laufen konnte.

„Was ist mit Vlad?“, fragte ich nach.

„Er horcht, ob uns jemand folgt.“ Nun erst setzte er mich ab.

„Mit dir alles in Ordnung?“, fragte er mich besorgt prüfend.

„Ja ich habe mich erschrocken. Ratten dort sind Ratten! Eine hat mich gestreift.“ Sagte ich noch geschockt vom eben Erlebten.

Corvin sagte nichts dazu. Weder tadelte er mich noch gab er einen sarkastischen Kommentar ab. Er selbst wirkte mitgenommen, obwohl er nun lächelte. „Vlad hört nichts. Machen wir ihm Platz.“

Jetzt erst nahm ich meine Umgebung wahr. Wir standen in einem kleinen Rund umgeben von einer dicht bewachsenen Hecke. Es war jetzt schon so eng das wir nahe beieinanderstanden wie sollte Vlad da noch hineinpassen?

Das sah Vlad ebenso. „Rückt ein Stück, ich schaue nach, ob wir unbeobachtet verschwinden können.“ Kroch er an unseren Beinen entlang.

„Nein Vlad wir gehen sofort. Sie wissen, dass wir zweit sind. Wahrscheinlich lauern sie nur darauf uns einzeln zu erwischen. Halte dich rechts dort läuft die Hecke unter den Balkonen entlang da haben wir die beste Möglichkeit ungesehen zu verschwinden.“

Nach den engen Gängen krochen wir nun auf allen Vieren durch dichtes Buschwerk. Schließlich hielt Vlad an er deutete mir an leise zu sein. Vorsichtig schob ich mich auf seine Höhe. Kurz darauf rutschte Corvin neben mir.

„Zwei habe ich gesehen sie patrouillieren das Gelände.“ Corvin nickte, „Wir müssen auf die andere Seite. Was hältst du von einer kleinen Ablenkung?“

Vlad grinste. Machten ihnen das auch noch Spaß? Sie machten jedenfalls den Eindruck. „Du gehst mit Sarah, sobald ich meine Ablenkung starte. Wir treffen uns dann an dem alten Hain.“ Meinte Corvin doch Vlad, hielt ihn auf. „Warte ich gehe. Das Spiel beherrsche ich besser außerdem bin ich flinker im Gebüsch.“ Zögerlich nickte Corvin.

Vlad kroch rückwärts und ich rutschte ein wenig ab von Corvin. „Kriech auf meinen Rücken Sarah“, befahl er.

„Aber …“

„Nun mach schon. Ich bin um ein vieles schneller auch mit dir als Gepäck.“

„Sie werden unsere Spuren sehen.“ Wandte ich ein.

„Nicht wenn ich springe deshalb halte dich gut fest.“ Wir warteten dann hörten wir schnelle Schritte, die an unserem Versteck vorbeiliefen. Corvin vergeudete keine Sekunde er kroch aus dem Gebüsch, und noch während er sich aufrichtete, sprang er in einem mächtigen Satz auf den gegenüberliegenden Strauch zu.

Bei dem Aufprall klapperten meine Zähne bedenklich aufeinander. „Weiter“ flüsterte Corvin er ließ mir nicht einmal die Zeit meine Knochen in die richtige Lage zu bringen. Unerbittlich zog er mich auf die Beine und dann fort tiefer hinein ins Gebüsch.

Als wir endlich den verabredeten Hain erreichten sank ich erschöpft auf den Boden. Von hier brachten mich so schnell keine zehn Pferde weg schwor ich mir. Zu meinen Leidwesen aber zwei Vampire die mich gnadenlos vorantrieben. Vlad war bereits vor uns eingetroffen. Sie redeten eine Weile miteinander bevor sie mich herzlos wie sie waren weiteren Strapazen aussetzten.

Hätte ich mehr Kraft gehabt liebend gern hätte ich ihnen ihre sturen Hälse umgedreht.

Drei Tage!

Nach drei unendlichen Tagen und Nächten atmeten meine Begleiter  erleichtert auf.  „Italien“,  seufzte Vlad grinsend, wie ein junger Schelm der einen Streich ausheckte. „Bald kannst du dich ausruhen, Sarah.“

„Nicht so voreilig Vlad. Zuerst müssen wir uns vergewissern. Ich möchte ungern in eine Falle tappen.“ Warnte Corvin.

So war es immer in den letzten Tagen. Ein Optimist und ein Pessimist. Der eine frohlockte der andere sah schwarz.

Corvins Vorsicht war oftmals unbegründet. Er sah überall Jäger. Es stimmte schon in Rumänien und Ungarn lauerten sie auch an Grenzübergängen, Flughäfen und auf Bahnhöfen. Sie sicherten alles ab. Bis wir endlich aus Rumänien hinaus waren. Danach wurde die Überwachung der Jäger spärlicher.

Trotzdem vermieden die Vampire größere Ortschaften. Über Land zogen wir weiter teilweise zu Fuß auf Zügen zwischen Gütern oder Vieh eine Zeit lang sogar mit den Fahrrädern. Die besten Abschnitte waren allerdings per Anhalter.

Corvin manipulierte irgendeinen Fahrer, der mit abwesendem Blick Corvins Befehle nachkam. Meistens setzte Corvin sich selbst hinter das Steuer. Sobald wir fuhren, konnte ich wenigstens etwas schlafen. Zu meinen Leidwesen wechselten die Vampire ständig die Fortbewegungsmittel. Ihnen war jedes Fahrzeug recht Hauptsache wir kamen voran.

Es war die reinste Tortur. Jedenfalls für mich. Während die Vampire unermüdlich neue schnellere Wege suchten, stolperte ich als Hemmschuh hinterher. Corvin drängte ungeduldig unterdessen bat Vlad um Rücksicht für mich.

Ich glaube wäre mein Vater nicht gewesen hätte Corvin mich an den Haaren hinter sich her geschleift. Unterwegs fragte ich mich mehr als einmal, wann diese verdammten Vampire schlafen.

Es war Vlad, der mich aufklärte – sie konnten Wochen gar Monate ohne Schlaf auskommen und dabei Höchstleistungen vollbringen. Je älter sie wurden desto kleinere Ruhepausen benötigten sie. Na toll auch und ich sehnte mich nach Schlaf.

„Das ist wie ein Spaziergang für uns.“ Sagte er.

Das war, als wir die Grenze von Ungarn nach Österreich überquerten. Es war verwunderlich irgendwo im Nirgendwo übertraten wir die Grenze. Ein schmaler Pfad im dichten Wald und Vlad meinte wir seien nun in Österreich. Ich konnte keinen Unterschied ausmachen. Vor mir, neben mir und hinter mir nur Bäume.

Ob die sich jemals vorstellten – Hallo ich bin die Eiche aus Ungarn und wer bist du. Ah, ein Ungar. Wie du verstehst mich nicht? – was im Nachhinein mehr über meinen Gemütszustand aussagte als tausend Worte.

Ich konnte nicht mehr und wollte nicht mehr. Meine Beine versagten mir den Dienst und knickten wie aufgeweichtes Gummi ein. Völlig verausgabt bat ich Vlad mich liegen zu lassen. Ich wollte mich mit den Bäumen bekannt machen und sie sollten sich in Sicherheit bringen. Vielleicht wollte ich auch ein Baum sein der stand sein Leben lang an ein und der gleichen Stelle tief verwurzelt im Erdreich. Wie ich sie beneidete.

Corvin schnaufte, wie ein tollwütiger Stier als Vlad ihm seinen Rucksack reichte und mich aufhob. „Dann kommen wir ja mal von der Stelle.“ Giftete das Familienoberhaupt und spurtete los den Rucksack noch über die Schulter hängend. Vlad meinte ich solle mich gut festhalten und schon jagten wir dem voranpirschenden Vampir hinterher.

Sobald eine Strecke zu Fuß vor uns lag, trugen sie mich abwechselnd. Dann legten sie ein Tempo vor das mit einem Auto im Stadtverkehr vergleichbar war.

Und nun sollte die Tortur enden? Laut Vlad! Corvin hingegen mahnte zur Vorsicht. Er gebot uns abseits der Straße auf ihn zu warten. Wie jedes Mal wenn er ging, überreichte er Vlad wortlos seine Brieftasche warf mir einen undefinierbaren Blick zu und verschwand.

Wie oft ich diese Art von Zeremonie in den letzten Tagen sah, wusste ich nicht mehr. Aber jedes Mal glomm ein ungutes Gefühl auf das erst verschwand, sobald Corvin zurückkehrte. Dann suchte ich erleichtert seinen Blick und wurde mit einem Lächeln belohnt.

 

Nun war er schon ungewöhnlich lange fort. Vlad versuchte sich seine Unruhe nicht anmerken zu lassen. Er schaute aber stets auf seine Uhr. Das ungute Gefühl wuchs zu echter Besorgnis heran. Ich fragte mich Bange, was Corvin zugestoßen sein könnte. Vlad duckte sich, weil ein Auto sich näherte. „Wenn das vorüber ist, gehen wir weiter.“

„Aber was ist …“

Er schüttelte den Kopf, „Wir gehen“ bestimmte er.

Der Wagen fuhr nicht vorbei, sondern hielt an. Vlad stand erleichtert auf, „Es ist Corvin“ und half mir hoch. Corvin grinste über das ganze Gesicht, während ich stolpernd aus dem Gebüsch trat. „Ich dachte mir ihr zieht ein vierrädriges Vehikel vor.

„Alles in Ordnung?“, fragte Vlad, während er um das Auto herumging.

„Ja keine Jäger. Sie sind vor ungefähr einer Woche verschwunden. Was wiederum meine Theorie bestätigt sie werden von jemandem angeführt. Die Festung steht weiterhin unter Beobachtung.“ Ich unterbrach Corvin, „Geht es ihnen gut?“

„Ja! Ich soll dir Grüße von Hendrik ausrichten.“ Dann schob er den Fahrersitz des Wagens nach vorn so dass ich einsteigen konnte.

„Du hast dich umgezogen“, bemerkte ich erstaunt, „Sogar gewaschen!“ schnupperte ich empört. „Du lässt uns warten während du…“ kniff ich die Augen zusammen, „du bist ein … Egoist! Wir sorgen uns und du… du…“

„Sarah“, ermahnte mich Vlad.

„Ist doch wahr! Der Herr muss sich erst ausstaffieren und wir …“

„Wie gefalle ich dir nicht? Dabei dachte ich du freust dich für mich. Tja so kann man sich irren.“

„Hirnloser Idiot!“

„Sarah steige endlich ein.“ Befahl Vlad äußerst genervt.

„Ist doch wahr. Bist du nicht sauer? Er geht seelenruhig baden und wir sitzen in der Wildnis und malen uns die schrecklichsten Sachen aus.“ Murrte ich.

Vlad seufzte nur, „Fahr los!“

„Sofort! Du hast dir wirklich Sorgen gemacht?“ ich ignorierte den Verräter.

 „Das halte ich nicht aus.“ Schrie Vlad, „Corvin Sardovan hör auf sie weiter zu ärgern und du Tochter beruhigst dich. Ich will kein Wort mehr hören.“

Wir fuhren keine Stunde als Corvin vor einem ansehnlichen weißen Haus hielt. Die Tür wurde sofort geöffnet und eine adrette junge Frau kam mit einem ebenso flotten Mann heraus.

Der Wortschwall der Frau ließ keinen Moment nach. Sie redete und redete und ich verstand kein Wort. Ich versuchte mich so schmutzig und stinkend wie ich war in einer Ecke des Hausflurs zu verkriechen.

Bis Vlad sich nach mir umsah. „Sarah nicht so schüchtern. Das sind Ramon und Maria.“ Stellte er mich unseren Gastgebern vor. Maria sagte etwas und Vlad meinte, „Maria zeigt dir dein Zimmer sie freut sich dich kennenzulernen. Aber ihr könnt doch englisch miteinander reden warum übersetzte ich überhaupt?“

Auch das noch. Mein Erzeuger war einem schrecklichen Irrtum erlegen. Meine Englischkenntnisse waren gelinde gesagt bescheiden.

Marias Wortschwall wechselte problemlos in die andere Sprache. Hilflos grinste ich sie an denn ich verstand noch immer nur Bahnhof.

Es war Corvin, der mir half. „Folge ihr einfach.“ Meinte er und sagte etwas zu Maria. Die daraufhin viel langsamer sprach und zusätzlich deutete so dass ich endlich verstand, was sie mir sagen wollte.

Sie führte mich in den hinteren Teil des Hauses. Dort zeigte sie mir zuerst das Bad und dann ein Zimmer. Sie gab mir Handtücher und einen riesigen Bademantel.

Nachdem ich den Schmutz der vergangenen Tage abgewaschen hatte, legte ich mich auf das Sofa. Zwar war es ein bisschen zu kurz doch das machte mir nicht das Geringste aus. Eine Stunde nur eine Stunde schlafen.

Als ich aufwachte, herrschte dunkle Nacht. Ein kleines Licht erhellte sanft den Raum. Auf dem Tisch stand ein abgedeckter Teller darauf lagen Obst, Käse und Brot. Heißhungrig machte ich mich darüber her. Auch den Wein aus der Karaffe ließ ich mir schmecken.

Mit einem Apfel bewaffnet öffnete ich die Glastür und trat in die milde Luft hinaus in einen gepflegten Garten. In den Rabatten und am Weg entlang leuchteten Lampen in verschiedenen Farben.

Leise um niemanden zu wecken, schlenderte ich in den hinteren Teil. Dort stand eine Tischgruppe und ich glaubte es kaum eine Hollywoodschaukel. Die mich magisch anzog. Sie erinnerte mich an Träumereien die ich mir ausmalte. Mit einem Ehemann und Kindern die ich umsorgen durfte.

Mich umsehend konnte ich nicht anders und setzte mich hinein. Zwar mit einem schlechten Gewissen aber das machte mir gerade keine allzu große Sorgen.

Nicht nach den letzten Tagen. Wie anders doch mein Leben verlief. Mit einem Vater der mein jüngerer Bruder sein konnte und mit dem allgegenwärtigen Corvin Sardovan. Den Feinden vor denen wir flüchteten. Was sollte mich da noch aus der Ruhe bringen?

Eben jener Corvin Sardovan der nun keine drei Meter von mir entfernt stand. Dieser Gauner lächelte was im Allgemeinen nichts Gutes verhieß.

 „Was amüsiert dich so?“ Angriff war die beste Verteidigung.

„Oh nur deine Gedanken.“

„Wo sind unsere Gastgeber und Vlad?“

„Sie schlafen“, sagte Corvin.

„Und du? Warum schläfst du nicht?“

„Ich hatte noch zu tun und dann wurde ich abgelenkt. Du bist in einer seltsamen Stimmung Sarah fällt es dir so schwer uns zu akzeptieren?“

Zu meiner Verwunderung fragte Corvin ernsthaft und ehrlich interessiert. „Es ist schwierig alte Träume und Wünsche aufzugeben.“ Warum sollte ich leugnen? Er hörte sowieso meine Gedanken.

„Das brauchst du doch nicht.“ ich musste lachen, „Sei ehrlich das wird schwierig mit einem Vater wie Vlad. Ich stelle es mir gerade vor wie ich ihm einen Mann vorstelle. Was meinst du – flüchtet er sofort oder erst wenn er in schwarze Augen sieht. Nein besser wenn er die Hauer seines zukünftigen Schwiegervaters erblickt.“

„Dann Sarah war er nicht der Richtige.“

„Meinst  du?“  ich  wollte  das  Thema  beenden.  Es  war  irgendwie  komisch  mich  mit  Corvin  über  meinen eventuellen Zukünftigen zu unterhalten.

„Was geschieht als Nächstes?“ wollte ich wissen.

„Was? Nun ich will schnellstens nach Venedig und dort den Rat aufsuchen. Wir müssen uns gegen die Jäger wappnen. Mehr über sie in Erfahrung bringen. Die Familien und Clans müssen in sichere Verstecke oder Ortschaften.“

„Dann reist du also schon bald ab?“

„Morgen“ nickte er mir zu.

Demnach trennten sich unsere Wege also. „Tja du solltest dich ausruhen. Ich werde mich hinlegen.“ Er würde gegen die Jäger und seine Hintermänner kämpfen. Gnade ihnen Gott sie hatten sich mit der falschen Familie angelegt.

So wie ich Corvin kennenlernen durfte würde er sich nie in einem offenen Kampf mit ihnen einlassen. Nein Corvin sammelt Fakten wägt seine Schritte ab um dann zielsicher und rücksichtslos zuzuschlagen. Aber bevor er zur Tat schritt musste er unangreifbar werden. Die Familie und Clans gingen vor.

Auf eine Weise taten mir die Jäger leid sie hatten eine Lawine in Gang gebracht die nun unaufhaltsam auf sie zustürmte.

„Nun denn“ stand ich auf, „Sehen wir uns morgen noch? Oder sollte ich mich sofort verabschieden?“

„Wie?“ fragte er nach selbst in Gedanken versunken. „Nein, nein wir reisen erst gegen Mittag ab.“

„Wir?“

„Maria und Ramon sie kommen mit. Das heißt ein Stück. In den Bergen gibt es ein Dorf dort leben ausschließlich Vampire mit ihren Familienangehörigen. Es ist gut zu verteidigen. Dorthin schicke ich sie.“

 „Auch mich?“ schließlich konnte ich nicht in deren Haus wohnen.

„Ja und nein.“ Er nahm mich in Augenschein wägte ab und seufzte, „Also gut!“ ich war gespannt was sollte ich tun? Was konnte ich schon tun?

„Setz dich doch. Bitte!“ überrascht tat ich wie geheißen. Meine Gedanken jagten sie suchten eine Erklärung. Corvin und höflich!

„Es gibt ein Problem und ich denke du bist die einzige Person die mir helfen kann.“ Mein Magen zog sich zu einem Klumpen Angst zusammen. Er redete um den heißen Brei herum. „Nun spuck´s schon aus.“ Verlangte ich heftiger als ich eigentlich beabsichtigte.

Er lächelte, „Vlad. Er will nach deiner Mutter suchen.“

„Aber … wieso? Warum?“ stellte ich etwas konfus die Fragen. Ich dachte er wollte mich als Köder benutzen so was oder ähnliches.

„Tja das kann ich dir nur zum Teil beantworten. Ich denke er will sie zur Rede stellen. Sich selbst beweisen, dass er über sie hinweg ist. Oder auch nur eine Entschuldigung für ihr Handeln suchen. Ich weiß es nicht genau. Er hat mir vorhin seine Absichten mitgeteilt. Zwar habe ich versucht ihn davon abzubringen aber er ist stur. Er glaubt er sei es dir Schuldig. Wären die Umstände anders ich würde ihn sogar begleiten. Doch jetzt nach Deutschland nun auf solch eine Gelegenheit warten sie doch nur.“ Corvin schüttelte den Kopf, „Wie gesagt er ist uneinsichtig. Bitte rede mit ihm bettle wenn nötig. Tu irgendwas aber lasse ihn nicht in sein Verderben reisen.“

„Ich? Fragte ich erstaunt, „Wie kommst du darauf, dass er auf mich hört?“

„Er liebt dich. So einfach ist es. Zumindest überdenkt er sein Vorhaben.“

So einfach ist es laut Corvin. Ich sah dem skeptischer entgegen und glaubte kaum Vlad würde sich von mir beeinflussen lassen.

„Du weißt gar nicht welche Macht du hast. Liebe ist das mächtigste Gefühl.“ Mit großen Augen sah ich den Vampir an. Gerade er musste es ja wissen. Oder irrte ich mich? irrten sie sich alle? Liebte Corvin jemanden vielleicht aus der Vergangenheit? War er deshalb so unnahbar? Trauerte um eine verlorene Liebe? Kein Mensch oder Vampir war dagegen gefeit. Das wusste ich zumindest.

„Also versuchst du es?“ fragte er mich bittend.

„Ja Corvin nur kann ich nichts versprechen.“

„Das verlange ich ja auch nicht. Vlad ist mein Freund ihn sich einer solchen Gefahr auszusetzen zu sehen macht mich krank. Dann brauche ich ihn auch noch. Ohne ihn sehe ich keine Zukunft für uns. Jeder Clan wird einzeln gegen diese Mörder vorgehen. Oder sie stecken ihre Köpfe in den Sand und hoffen der Sturm möge sie verschonen. Wir brauchen Einigkeit nur so können sie aufgehalten werden.“ Redete sich Corvin in Rage.

„Warum gerade mein Vater?“

„Vlad ist angesehen. Bei den Kriegern sowohl auch bei den Sesshaften. Es ist seine Fairness, seine Ehrlichkeit sein Wort hat Gewicht. Kein anderer Vampir wird dermaßen geschätzt.“

 „Aber was ist mit dir?“ Corvin lachte, „O weh ich werde gefürchtet. Ja aber meine Seele und Weste sind schwarz. Im Allgemeinen zittern die Vampire vor mir. Sie erkennen meine Macht mein Alter an. Doch das wäre auch schon alles.“

Ich musste lächeln er übertrieb wahrscheinlich.

„Nein ich übertreibe nicht. ich bin alt Sarah sogar für einen Vampir. Wir spüren die Macht des anderen einem älteren unterwerfen wir uns.“

„Aber wenn das so ist warum nutzt du das nicht?“

„Ah das ist ja das Problem. Es gibt ältere und die sehen keine Gefahr in den Jägern.“

„Der Rat“ mutmaßte ich.

„Genau  dort  sitzen  sagen wir die  ältesten  Zehn.  Solange  sie  die  Bedrohung  nicht  anerkennen  kämpfe  ich  gegen Windmühlen. Henry, Geirrod und Vlad sind meine Trümpfe. Durch sie kann ich das gesamte Volk erreichen und den Rat übergehen.“

„Was ich nicht verstehe warum greift der Rat nicht ein? Die Tatsachen sprechen doch für sich.“

Corvin sprang auf, „Genau das kapiere ich auch nicht.“ zweifelnd rieb er sich die Stirn. „Sie sehen und hören. Beraten und dann wiegeln sie ab. Ich frage mich ernstlich ob sie nicht zu alt sind. Oder zurückgezogen leben? Haben sie noch soviel Mum in ihren morschen Knochen um überhaupt zu verstehen? Ah ich würde sie zu gern durchrütteln damit sie endlich aufwachen.“ Stierte mich Corvin mit schwarzen Augen und hochgezogenen Lefzen auf mich herab. „Verstehst du deshalb brauche ich Vlad. Geirrod und Henrys Wort haben in ihren Kreisen Einfluss. Vlad´s Wort wird in beiden Welten anerkannt. Er ist die Verbindung. Der Schlüssel.“

Er denkt wie ein Politiker schoss es mir durch den Kopf, „Ich werde mit ihm reden.“ Versprach ich dem hin und her laufenden Vampir.

„Verdammt aber auch“ schlug er außer sich vor Zorn gegen die Schaukel. Die dem Schlag nichts entgegen zusetzen hatte und nach hinten kippte. Das geschah so schnell ich fand mich auf dem Rücken liegend die Beine in die Luft gestreckt wieder. Über mir die Sterne bis sich ein Kopf davor schob.

„Bist du verletzt?“ fragte der Vampir nach.

„Nein! Aber kannst du mir aufhelfen?“

„Sicher. Oder warte bleib ruhig liegen.“ Er hob die Schaukel an um sie dann wieder vorsichtig abzulassen.

„Zu schwer?“

Corvin lachte, „Du verkennst die Kraft über die wir verfügen. Nein die Schaukel ist hinüber. Ich schätze ich schulde unseren Gastgebern eine Hollywoodschaukel.“ Grinste er auf mich hinunter, „und eine unbezahlbare Aussicht auf deine nackten Beine.“

„Lüstling“, schimpfte ich, „Hilf mir lieber.“

 „Mit Lüstling hat das wenig zu tun Sarah.“ er setzte sich! Anstatt mir aus meiner misslichen Lage zu helfen setzte er sich. Selbst ist die Frau entschied ich mich. kurz sondierte ich meine Lage. Nach rechts konnte ich nicht da war das Gestänge das wackelig über meinen Kopf schwebte. Links saß der verfluchte Vampir mich lüstern betrachtend.

Auch egal also schwang ich meine Beine nach links. Wenn er einen Tritt abbekam geschah es ihm nur recht. Ehe ich mich versah saß ich sicher aufrecht aber weniger sicher auf seinen Schoß. „Nur nicht so stürmisch wir haben die ganze Nacht für uns. Außerdem solltest du auf mein fortgeschrittenes Alter Rücksicht nehmen.“

Den greisen Vampir beschimpfend krabbelte ich von ihm weg. „Eine wirklich unerwartete Wendung.“ Langte er nach mir. „Du bist nicht nur ein guter Zuhörer sondern auch noch eine leckere kleine Frucht.“

„Wag es nicht mich anzufassen.“ Warnte ich ihn, „Bei mir kannst du deine Schmeicheleien sparen. Ich habe dich durchschaut.“

Er ließ mich los so konnte ich aufstehen und den Bademantel zurechtzupfen. Ich wollte mir erst gar nicht vorstellen was er alles gesehen hatte.

„Ich bin ein wenig verwirrt Sarah von welchen Schmeicheleien sprichst du?“

„Von welchen wohl? Ah warum rede ich eigentlich noch mit dir? Gute Nacht! Ich hoffe du bekommst kein Auge zu.“ Wetternd stiefelte ich zum Haus.

„Warte“, hielt Corvin mich am Arm fest, „Ich will nur eines richtigstellen. Du bist wirklich ein guter Zuhörer. Obwohl ich zürne und in Rage gerate hörst du zu. Du hast keine Angst und das erlebe ich selten. Ich bewundere deinen Mut schon auf der Festung. Das wollte ich dir sagen.“

„Danke“ brachte ich heraus. Trotz meines Erstaunens. Bisher dachte ich er sehe in mir nur ein weiteres Stück Fleisch das er besteigen wollte.

„Das eine schließt das andere nicht aus. Im Gegenteil ich frage mich ständig wie es ist dich zu besteigen.“ Grinste er mich lüstern an. Konnte er es nicht einfach mal bei einer normalen Unterhaltung bewenden lassen. Nein seine Gier machte das unmöglich.

„Gewiss!“ stimmte er mir auch noch zu. „Aber“ hob er den Zeigefinger, „Bei dir ist es etwas anders. Ich frage mich wirklich wie es ist mit dir zu schlafen. Nicht wie beim ersten Mal und es war ja auch das einzige Mal. Nicht wahr. Da geschah es aus Leidenschaft und die das musst du zugeben beherrschte uns Beide. Ich jedoch frage mich wie es ist wenn du zu dich mir aus freien Stücken hingibst. Das ist etwas anders.“

Er fuhr leicht die Linie meines Kinns nach. „Oh ich könnte dein Begehren wecken. Wie wir wissen ist das nicht das Problem aber ich will mehr. Ich will deinen Körper, deinen Geist, deine Seele. Nur aus diesem Grund wirst du allein die Nacht verbringen. Ich warte eine Weile zumindest vorerst noch.“

„Weißt du ich höre nur – ich will und ob du dich zurückhalten kannst. Ich gebe dir einen gut gemeinten Ratschlag. Nimm dir eine Frau die willig ist und lasse mich in Ruhe.“ Sagte ich ruhig. Dieses Theater musste ein Ende haben.

„Würde ich ja. Es gibt da nur ein Problem.“

Ich wusste ich würde es bereuen trotzdem fragte ich nach.

„Ich will …“, er grinste, „… es ist so keine andere Frau interessiert mich.“ Corvin lachte, „Schau nicht so entgeistert. Es ist wahr dir allein gehört meine Aufmerksamkeit.“

„Das will ich aber nicht.“ wich ich entsetzt zurück.

„Jetzt sagst du es aber. Es ist mir egal ob du willst oder nicht Sarah. Früher oder später landest du in meinen Armen. Wie gesagt ich warte. Ich kann geduldig sein Sarah.“

 

Noch am Morgen hallten die Worte Corvins in mir nah mit zwiespältigen Gefühlen. Meine Verliebtheit jubilierte er will mich. mich Sarah. Die andere Seite mein Verstand sagte da etwas völlig anderes. Er wird dich eine Weile begehren, bis er dich leid hat. Was dann Sarah? Tja was dann?

Ich verschob das Problem auf später. Schließlich trennten sich unsere Wege bald. Wer weiß wann wir uns wiedersahen und wer weiß ob er bis dahin überhaupt noch an mich dachte. Für einen Corvin Sardovan gab es genug Abwechslung.

Am Morgen suchte ich sofort meinen Vater. Maria erklärte mir wie ich zu seinen Räumlichkeiten gelangte. Auf den Weg dorthin begegnete mir Corvin. „Sarah“ lächelte er mich an. Die Schmetterlinge tanzten vergnügt auf.

„Gut, das wir uns begegnen. Ich habe einige Planveränderungen vorgenommen. Du wirst mit mir nach Venedig kommen.“

„Wie bitte? Aber ich …“ verstört sah ich ihn fassungslos an.

„Es freut mich dich damit zu Überraschen.“

Überraschung war gut. Ich fühlte mich eher wie ein gejagtes Wild. „Wieso?“

„Weil ich dich in meiner Nähe haben möchte. Ich dachte ich hätte mich deutlich genug ausgedrückt?“ zog er zweifelnd eine Braue hoch. „Ich möchte es aus zwei Gründen. Den einen kennst du ja. Ich begehre dich und ich denke andere Vampire könnten mir zuvor kommen. Sie sind nicht blind ich muss da nur an Henry und seinen Sprössling denken. Aber und das ist der eigentliche Grund warum du mit sollst. Ich kann mit dir reden dir meine Gedanken mitteilen. Deshalb bitte ich dich kommst du mit mir?“ wie unter Zwang willigte ich ein.

„Schön dann wäre das abgemacht. Gehst du jetzt zu Vlad?“ ich konnte nur nicken.

„Gut ich bleibe in der Nähe falls du meine Unterstützung benötigst. Übrigens wir fahren gegen ein Uhr. Maria und Ramon begleiten uns leider nicht. Sie brechen morgen auf da sie noch Freunde erwarten mit denen sie reisen wollen.“ Er grinste spitzbübisch, „Im Grunde wollen sie so viel Abstand von mir wie es nur geht. Aber das bleibt unter uns ja. Sei bitte pünktlich fertig.“

Ganz benommen von den Neuigkeiten von seinem seltsamen Benehmen klopfte ich zaghaft an Vlad´s Tür. Er öffnete, „Sarah wie schön. Komm herein ich muss dir etwas mitteilen.“

„Ich weiß schon“ erwiderte ich und deutete auf den gepackten Rucksack.

„Setzt dich doch.“ Er rückte mir einen Stuhl zurecht. „Also hat Corvin dich beauftragt?“

 „Ja eigentlich nein. Er hat mich gebeten mit dir zu reden.“

„Er hat dich gebeten? Oder dir den Befehl erteilt?“ schmunzelte Vlad.

„Nein gebeten“ so abwegig das auch klang.

„Ganz etwas neues und was noch?“

„Was meinst du?“ sollte er wissen das Corvin mich nach Venedig mitnahm? Seine Absichten? Nein das konnte nicht sein. Oder doch? Denn Vlad sah mich mit wütend funkelnden Augen an. Die sich bereits dunkel verfärbten.

„Du sollst mit ihm nach Venedig?“ ein Donnerwetter brach über mich herein ohne das Ich es kommen sah.

„Dieser Lustmolch! Noch nicht einmal einmal vor meiner Tochter macht er halt.“

„So  ist  das  nicht.  Er…“  vergebens  er  rauschte  schon  hinaus  und  schrie  lauthals  nach  Corvin.  Ich  sackte verzweifelt in mich zusammen das wollte ich gewiss nicht. einen Streit zwischen den Vampiren heraufbeschwören. Warum behielt ich auch meine Gedanken nicht im Zaum.

Vlad schäumend vor Wut dahinter Corvin die Ruhe selbst. Betraten sie den Raum. Vlad kam gleich zur Sache und verlangte das ich mit Ramon fahren sollte.

„Tut mir leid Vlad aber Sarah fährt mit mir.“ Behaarte Corvin.

„Dann verbiete ich es.“ Schlug Vlad mit geballter Faust auf den Tisch der dann zerbrach.

„Das kannst du nicht schließlich ist Sarah alt genug ihre Entscheidungen zu treffen.“

„Das werden wir ja sehen. Du fährst mit Ramon.“ Befahl mein Vater gebieterisch. „Sarah geh nun ich habe mit Corvin zu reden.“ Funkelte er Corvin mit zusammengezogenen Brauen an. Sie würden sich streiten. Vlad in seiner Wut und Corvin ruhig mit einem Lächeln auf den Lippen. Keiner würde nachgeben das konnte ich nicht zulassen.

„Nein“ sagte ich es Vlad ins Gesicht.

Er fuhr mich an, „Was heißt hier nein?“

„Nein bedeutet ich gehe nicht hinaus und ich fahre mit Corvin mit. Und du solltest das auch.“

„Ich kann mich Sarahs Worten nur anschließen Vlad. Reise mit uns nach Venedig und ich verspreche dir bei der Suche nach Sarahs Mutter zu helfen.“

Plötzlich wurde Vlad ganz ruhig, „Darum geht es also? Das ist es. Du benutzt meine Tochter um deinen Willen durchzusetzen.“

Corvin nickte, „Aber ja Vlad.“

„Du würdest es nicht wagen sie anzurühren.“

„Vlad du kennst mich. Ich würde.“ Sagte Corvin ernsthaft.

„Du stellst mich also vor der Wahl? Entweder ich reise nach Deutschland und dann wird Sarah deine Buhle oder…“

„…du fährst mit mir und Sarah mit Ramon. Ja!“ Vlad tigerte durch den Raum auf Corvin zu. „Das werde ich nicht vergessen Sardovan.“

 „Ich weiß Vlad. Auch wenn du es nicht einsiehst es ist zu deinem Besten.“

Vlad lachte Corvin zynisch ins Gesicht. „Noch mehr für Sarah. denn sie erkennt nun deine wahre Natur.“

„Die habe ich ihr nie verschwiegen. Du reist demnach mit mir?“

„Was bleibt mir anderes übrig. Geh jetzt Corvin.“ Corvin nickte Vlad zu für einen Augenblick blieben seine Augen auf mich haften. Es sah so aus als wolle er zu mir kommen. Vlad stellte sich ihm in den Weg. Corvin ging ohne ein weiteres Wort.

Schwarz! Seine Seele war schwarz das behauptete er ja von sich selbst. Es stimmte. Kaltblütig setzte er jeden für seine Zwecke ein. Und ich war nur ein Druckmittel. Ein paar nette Worte ein bisschen Honig um den Mund und schon vergaß ich all meine Bedenken. Nicht nur das ich fing an zu hoffen.

Zu dumm zu naiv um den wahren Zweck seiner Worte zu erkennen. Das tat weh. Sehr weh sogar. Doch das würde mir nicht noch einmal passieren schwor ich mir.

„Sarah es tut mir Leid. Ich hätte es ahnen müssen das Er dich benutzt um seinen Willen durchzusetzen. Gott ich wünschte ich hätte dich aufgeklärt. Ich hab doch gesehen wie du ihn umschwärmst. Kannst du mir verzeihen?“

„Dir? Aber Vlad du kannst doch nichts dafür. Ich war blöd genug um auf seine Worte hereinzufallen.“ Ich schüttelte den Kopf genug davon. Ich habe meine Lektion erhalten. „So dann werden wir uns eine Weile nicht sehen.“

„Ja und für wie lange das kann ich dir nicht sagen. Es kommt auf den Rat an. Wie die Jäger weiter vorgehen werden. In dem Dorf bist du in Sicherheit ich werde dir auch einen persönlichen Leibwächter schicken.“ Als ich abwiegelte widersprach Vlad. „Bitte es beruhigt mich. Außerdem wird es die heißblütigen Vampire abhalten dir zu nahe zu kommen.“

„Oh keine Angst ich bin kuriert.“ Vlad war keineswegs überzeugt er meinte ich kenne die Vampire nicht gut genug.

Wir blieben in Vlad´s Raum und unterhielten uns. Vlad erzählte mir einige Anekdoten sobald Corvin darin vorkam verzog mein Vater sein Gesicht.

„Wie ist es mit eurer Freundschaft? Kann man das wieder kitten?“

„Ach Sarah. Ja irgendwann werde ich ihm verzeihen. Im Augenblick nicht.“

„Er hat es für die Familie getan und für dich. Das weißt du nicht wahr?“

„Gewiss aber er besitzt keinerlei Recht dich hineinzuziehen. Er weiß was du für ihn empfindest und er hat das ausgenutzt. Dabei habe ich ihm klar zu verstehen gegeben das er dich in Ruhe lassen soll.“

„Du hast was?“

„Ja glaubst du denn ich bin blind? Natürlich habe ich deine Schwärmerei bemerkt. Seine Blicke wie sie dich verfolgten. Ah ich kenne Corvin und unsere Leidenschaft. Deshalb habe ich mich eingemischt.“ Obwohl mir zum heulen zumute war musste ich lachen. „Weißt du es ist schon komisch. Mein Vater der aussieht wie ein Jüngling schützt seine um einige Jahre ältere Tochter.“

 „Nur das Aussehen Sarah zählt für uns nicht. Es ist das Alter die Macht die dahintersteckt. Allein das zählt.“

„Corvin sagte das schon. Der Rat besteht aus den Ältesten nicht wahr. Wie alt sind sie?“

„Wie alt sie sind? Keine Ahnung ich weiß nur von einer und sie ist über fünftausend Jahre alt. Sie würde jung sagen.“

„Das ist alt. sehr alt sogar wenn ich mir vorstelle … mein Gott fünftausend Jahre“ ließ ich die Zeitspanne auf der Zunge zergehen, „das ist unvorstellbar. Wie alt bist du? Wenn ich das fragen darf.“

„Natürlich kannst du. Ich bin dagegen ziemlich jung um die 865 Jahre alt.“

„So alt? Ich dachte du wärest viel jünger.“ Er sah mich amüsiert an, „Ich meine … ich …“ stotternd lief ich rot an. Was meinen Herrn Vater sehr belustigte.

„Naja für mein Alter sehe ich doch recht passabel aus. Oder meinst du nicht?“

„Weißt du wer dich gewandelt hat?“

Vlad wich meinen Blick aus. Etwas Trauriges lag in seiner Miene und ein unterdrückter Groll. Er wusste es! Daran hegte ich keinen Zweifel.

„Es wird Zeit Sarah. Ich muss gleich aufbrechen. Denk daran sei vorsichtig und ich schicke dir jemanden zu deinem Schutz. Sollte sich die Möglichkeit ergeben schicke ich dir eine Nachricht mit.“

„Aber im Dorf wird es ja wohl Telefone geben rufe mich doch an.“

„Daran zweifle ich.“ Hob Vlad seinen Rucksack auf. „Ich hasse Abschiedsszenen deshalb mein Kind“, nahm er mich in den Arm und drückte mir einen Kuss auf die Stirn, „sei nicht beleidigt wenn ich so gehe.“

„Bin ich nicht ich verstehe es.“ Lächelte ich ihm verschwörerisch zu.

„Du hast mehr von mir als ich dachte. Bis bald.“ Er ging und drehte sich kein weiteres Mal um. Langsam schlenderte ich hinter ihm her. Ich hatte keinen Grund mich zu beeilen. Sei ehrlich Sarah denn ich wollte Corvin nicht begegnen.

Als ich in den Flur kam standen sie noch da. Corvin unterhielt sich mit Ramon während Vlad wartend vor der Haustür stand. „Was ist Corvin? Wie lange willst du Ramon noch Vorträge halten?“ sagte Vlad ungeduldig.

 

Corvin reagierte nicht auf Vlad´s Worte er sah mich an. Ich nickte ihm reserviert zu und ging weiter auf Vlad zu.

„Nun bekommen wir doch eine Abschiedsszene.“ Grinste ich ihn an.

„Oder auch nicht der Herr Sardovan hat es scheinbar nicht eilig.“ Corvin drehte sich zu uns um, „Sicher habe ich es eilig. Aber es gibt einiges zu Besprechen.“ Vlad verdrehte die Augen, „Du nervst Ramon mit deinen Anweisungen die du immerzu wiederholst. Er ist kein Depp und hat sie schon beim zehnten Mal kapiert. Können wir jetzt endlich los?“

Kapitel 15

„Ja“  antwortete Corvin knapp. War es Absicht oder Zufall? Selbst Vlad trat überrascht zurück als Corvin unversehens neben uns stand. „Sarah halte dich an Ramon er hat die nötigen Anweisungen bekommen.“ Blickte er mich eindringlich an.

 „Ich komme schon klar danke.“ Sagte ich ohne ihn anzusehen. Seufzend folgte er Vlad der schon am Wagen stand. Maria gesellte sich zu mir. Gemeinsam sahen wir zu wie sie abfuhren.

Erleichtert atmete ich auf nun konnte ich beginnen den Vampir aus meinen Herzen zu reißen. Ich fühlte mich schon komisch denn ich bedauerte die Trennung von meinen Vater. Wie heißt es so schön ein lachendes und ein weinendes Auge. Ja genau das war die richtige Übersetzung meines Innenlebens.

„Sarah was hältst du von einer guten Tasse Kaffee?“ fragte mich Maria. Dagegen konnte ich nicht das Geringste einwenden. Ramon der bisher kein Wort mit mir gesprochen hatte schloss sich an. „Puh zwei von der Sorte sind anstrengend.“ Maria lachte, „Wie es dir erst im Dorf ergehen wird? Dort laufen eine Menge mehr Vampire herum zusätzlich unsere Verwandten.“

„Wie ihr seid keine Vampire?“

Bei einem heißen Kaffee erfuhr ich mehr über das Paar. Sie stammten von Vampiren ab und wuchsen im Familienverbund auf. Dort lernten sie sich auch kennen und lieben. Beide wollten sie nicht gewandelt werden und so zogen sie in dieses Haus heirateten und gingen ihrer Arbeit nach.

„Ihr führt also ein ganz normales Leben?“

„Na ja so normal auch wieder nicht.“ meinte Ramon, „Wir arbeiten in einer von Corvins Firmen und du kannst dir ja vorstellen wie es mit den besonderen Tagen aussieht wenn die liebe Verwandtschaft zu Besuch kommt. Und unser Kühlschrank nicht mit Lebensmitteln gefüllt ist.“ Bleckte er die Zähne. Nur das es ihm an eine gewisse Größe der Eckzähne mangelte.

„Es ist manchmal schon schwierig wir haben Freunde die noch nie mit Vampiren in Kontakt waren und es auch nicht wissen. Ein Eiertanz ist nichts dagegen.“ Fügte Maria hinzu, „Doch im Grunde kommen wir zurecht. Auch wenn es Zeiten wie diese gibt.“

„Wie ist so etwas schon mal vorgekommen?“ wollte ich wissen.

„Nein es ist nur so. Die Jäger wissen wer wir sind und kommen oftmals vorbei. Sie trauen uns nicht sowie wir ihnen kein Vertrauen schenken. Einer wollte Ramon töten nur weil Ramon´s Vater den Jäger aus dem Dorf wies. Aber das kommt selten vor. Im Allgemeinen kontrollieren sie uns nur. Es könnte ja sein das wir uns gewandelt haben.“

„Aber ich denke das geht nicht von heute auf morgen?“ rätselte ich das Paar abwechselnd anschauend.

„Das weißt du Sarah aber nicht die Menschen.“ Klärte mich Ramon auf, „Und sie brauchen es nicht erfahren. So genug geschwatzt Maria wir müssen unsere Sachen packen.“

Maria sprang sofort auf. Ich bot meine Hilfe an doch sie lehnten ab und meinten ich solle mich ausruhen nach den Strapazen. Morgen kommen neue dazu. Ich fragte erst gar nicht was sie damit meinten.

Am Abend aßen wir gemeinsam. Maria kochte ausgezeichnet danach zogen wir uns zeitig zurück. Ramon bestand darauf er war ein fürsorglicher Ehemann, bis ich verstand. Maria war schwanger!

Auf meine Frage im wievielten Monat winkte sie ab. „Erst im Vierten.“ Leuchteten ihre Augen, „Ramon ist nervtötend er will mir alles abnehmen. Dabei bin ich schwanger und nicht krank.“ Schüttelte sie verärgert den Kopf, sah ihren Ramon mit liebevollem Blick an.

„Man kann nicht vorsichtig genug sein. Ich habe gelesen das …“

„Du liest zu viel mein Schatz das verwirrt dich nur. Meine Mutter hat noch kurz vor ihrer Niederkunft mit mir auf dem Feld gearbeitet.“

„Deine Mutter ist ein Vampir und es war unverantwortlich, wenn du mich fragst. Du wirst dich schonen.“ Versuchte Ramon den gestrengen Ehemann zu mimen.

Maria lachte, als sie ihn umarmte, „Ja so sehr das ich rund und fett werde.“ Das Paar neckte sich noch, als sie zu Bett gingen.

Früh am nächsten Morgen weckte mich Maria, „Sarah es tut mir ja so leid. Aber da ist ein Vampir, der dich sofort sprechen will. Er lässt sich nicht abbringen.“

Ich ergriff den riesigen Bademantel. „Ist etwas passiert mit Vlad oder Corvin?“, fragte ich angstvoll nach.

„Weiß ich nicht. Er sagt nur er will dich sofort sehen.“ Rang Maria die Hände sie eilte voraus. Während ich hinter ihr her den Mantel um mich schlang.

In der Küche saß ein älterer grimmiger Vampir. Eindeutig ein Krieger. Als wir eintraten, schnellte er hoch. „Bist du Sarah?“ er klang wie ein Blecheimer zu laut, zu scheppernd.

Ich bekam das Verlangen strammzustehen konnte es aber gerade noch unterdrücken. Maria dagegen stand wie eine eins kerzengerade neben mir. „Ja das bin ich.“

Kaum ausgesprochen kam der Vampir mit ausgreifenden Schritten auf mich zu. Er benötigte nur einen und einen Halben. Es sah urkomisch aus, als er die andere Hälfte des Schrittes abfing. Ich musste mein Grinsen unterdrücken. Trotz der Sorge um meinen Vater.

 

„Sardovan! Diederich Sardovan. Ich bin abgestellt als dein Leibwächter.“ Sagte er abgehackt. Konnte mein Vater keinen besseren finden? Diederich gehörte auf ein Schlachtfeld unter Soldaten aber doch nicht als mein Bewacher. Was dachte Vlad sich nur?

Nun ich musste mit ihm wohl auskommen. „Du wirst dich sicher ausruhen wollen.“ Ich wandte mich an Maria,

„Hast du ein Zimmer für Diederich?“

„Ja natürlich. Folge mir bitte.“ Bat sie ihn.

„Ich gehe dorthin, wo sie hingeht.“ Bellte Diederich laut. Ich schüttelte den Kopf, „Ich gehe schlafen und das allein!“

„Dann wache ich über deinen Schlaf. Ich habe exakte Anweisungen bekommen. Mein Herr sagte ich solle dich nicht aus den Augen lassen. Ergo ich gehe dorthin, wohin du gehst.“ Beharrte er steif und fest.

„Da hat sich mein Vater wohl etwas falsch ausgedrückt. Vielleicht solltest du es nicht so wörtlich nehmen.“ Jetzt sah Diederich mich erstaunt an, „Mein Herr ist dein Vater?“

 „Das denke ich doch. Warum fragst du?“

„Dann werde ich doppelt so gut auf dich achten.“ Seine Brust schwoll geradezu an vor Stolz.

„Aber nicht in meinen Schlafzimmer!“ blieb ich fest bei meiner Meinung.

„Dann vor deiner Tür!“, schlug er vor. Oder war es ein Befehl? Das konnte ich nicht ganz auseinanderhalten. Bevor ich mein Zimmer betreten durfte, überprüfte Diederich den Raum auf etwaige Feinde. Dann erst durfte ich hinein. „Du übertreibst“, sagte ich zu ihm.

 

„Mein Herr wird mir die Haut am lebendigen Leibe abziehen sollte dir etwas zustoßen. Und es geschähe mir recht, wenn ich noch lebte.“

„Na so drastisch wird mein Vater ja nicht sein.“ Und schlug ihm die Tür vor der Nase zu. Sollte er vor der Tür Wache halten. Bald genug würde ihm langweilig werden dachte ich noch, als ich mich ins Bett kuschelte.

Aber ich irrte mich. Diederich saß auf den Boden und schnitzte an einem Stück Holz. Sofort warf er Messer und Holzstück auf ein Tuch. Dieses schlug er zusammen und steckte es in eine Tasche. Kein Span lag auf dem Fußboden.

Er folgte meinem Blick, „Keine Spuren hinterlassen. Das kann einem das Leben retten.“

„Findest du nicht du übertreibst?“

„Feinde lauern überall.“ Antwortete er mir gebieterisch. Von mir aus konnte er Feinde sehen, wo er wollte. Hauptsache er hielt sich zurück. Irgendwie war er eigenartig wie aus einem Film entstiegen. Er passte nicht in diese Welt. Eher in den Wilden Westen oder ins Mittelalter auf eine Burg.

Waren alle Krieger so? Schließlich kannte ich nur Geirrod und Livio oder war Diederich die Ausnahme? Maria schnitt gerade einen Apfel, als wir die Küche betraten. Diederich sprang auf sie zu und entwendete der verblüfften Maria das Messer. „Was willst du damit Weib?“

Maria bleich wie die Wand flüsterte nur ängstlich, „einen Apfel schälen.“

„Das reicht!“ ging ich dazwischen. „Maria ist schwanger und du wirst sie genau so schützen wie mich.“

„Ist das ein Befehl?“

Oho konnte ich hier eingreifen? Das musste ich herausfinden denn, falls er auf meine Befehle hören musste. Könnte das mein Leben in Zukunft erleichtern. „Ja“ sah ich ihn streng mit gerunzelten Brauen an. Eines habe ich von Corvin gelernt böse auszuschauen.

„Dann müsst ihr zusammenbleiben. Ansonsten gehorche ich meinen Herrn.“ War Diederichs Kommentar dazu. Besser als nichts und nickte zufrieden.

Mittags kam es zu einem erneuten Zwischenfall als die Freunde von Maria und Ramon ankamen. Diederich ließ sie erst hinein, nachdem er sie auf Waffen untersuchen durfte. Sie nahmen es zum Glück mit Humor.

Die vier Freunde waren eine lustige Truppe. Erst dachte ich es sei ein weiteres Paar doch die Neuankömmlinge waren Geschwister. Einige Jahre jünger als Maria und Ramon also in meinen Alter. Isabel fand ich anfangs eingebildet doch sie war nur schüchtern. Das Gegenteil von ihrem Bruder Raoul, der munter drauf losredete.

Mit Maria und Raoul gab es immer Gesprächsstoff sie waren die geborenen Alleinunterhalter. Oftmals fielen sie sich gegenseitig ins Wort. Was dann zu einer wahren Wortschlacht führte. Aus der man sich besser heraushielt.

Wir waren schon eine bunte Mischung. Die beiden Quaktaschen, Ramon der Fürsorgliche. Isabel zu schüchtern, der stille Krieger und ich total unsicher.

Diederich übernahm die Führung. Er wies uns die Plätze in seinem Geländewagen zu. Inspizierte er das Gepäck. Falls er es für nötig hielt, warf er es einfach aus dem Wagen. „Zwei Taschen!“, fuhr er Ramon an.

„Aber das sind Kindersachen! Wer weiß, wie lange wir im Dorf bleiben müssen. Du kannst doch …“

„Es leben genügend Kinder im Dorf und die haben auch Wäsche am Leib. Was willst du also mit noch mehr?“

„Du kennst doch die Sachen Diederich. Maria hat nur …“

„Hör  auf  zu  heulen.  Ihr  Kinder  seid  sowieso  schon  verwöhnt  genug.  Willst  du  deines  noch  mehr verwöhnen?“blieb Diederich hart.

„Gib mir die Tasche Ramon. Hier Diederich das ist meine Tasche reichte ich ihm das Gepäck.“ Mit knurrenden Lauten warf er sie den Wagen. „Was für eine hast du noch?“, fuhr er mich an.

„Keine“

„Ha! Siehst du Ramon, so reist man! Die Kleidung auf dem Leib reicht vollkommen aus. Damit geht man Baden! Spült sie aus und alles ist von der Kieme an schön reinlich.“ Ich enthielt mich jeglichen Kommentars noch nicht einmal ein angewidertes Gesicht wagte ich.

Ramon erging es ebenso. Wortlos setzte er sich in den Wagen. Als ich hinter ihm einstieg, hörte ich ihn leise murmeln. „Und die Unterwäsche zieht er unter Garantie auf links.“ Maria stupste ihren Ehegemahl ermahnend an.

Zu spät der Vampir hatte zugute Ohren. „Du irrst Ramon. Ich trage erst gar keine. Die verweichlicht einen nur.“ Lachte Diederich schallend über Ramon´s entsetztes Gesicht.

Sogar Marie und Raoul blieben kommentarlos, was bei ihnen schon einiges bedeutete. Isabel unsere schüchterne Isabel sagte, „Schäme dich Diederich das ist ekelhaft. Unterwäsche hat gesunde Gründe und du solltest welche tragen.“

Es sah urkomisch aus, die kleine Isabel sah zu dem drei Köpfe größeren Vampir hinauf. Der blickte verschämt zu Boden. „Ich werde mir welche zulegen.“

„Sobald wie möglich will ich hoffen!“ ließ sie ihn stehen. Räuspernd sich aufrichtend schwang Diederich sich hinter das Steuer. Die hektischen kleinen roten Flecken an seinem Hals waren nicht zu übersehen.

„He wie sollen wir sitzen?“, fragte Raoul nach.

„Na wie schon deine Schwester sitzt hinten am Fenster. Du kommst zu mir nach vorn. Sarah, wenn ich sage, ziehe deinen Kopf ein. Dann tue es auch. Wir kommen an verschiedenen Mautstellen vorbei. Ich will nicht das du gesehen wirst.“

Er startete den Wagen. „Ah noch etwas, wir haben eine ca siebenstündige Fahrt vor uns. Kommt mir nicht auf die Idee ständig pinkeln zu müssen. Ich halte einmal.“ Brummte er vor sich hin.

 „Gut, das ich vorhin noch mal auf der Toilette war.“ Meinte Maria. „seitdem ich schwanger bin, renne ich immerzu.“

„Naja bei dir mache ich eine Ausnahme.“ Nuschelte der harte Krieger. Was war denn das? Doch nicht so abgebrüht, wie er tat. Gegen Frauen wusste Diederich sich nicht zu wehren.

Während der Fahrt dösten wir meistens. Die Landschaft gab nichts Großartiges her. Zuerst die Berge in denen Täler wir fuhren dann Felder immer nur Felder. Raoul fragte Diederich, warum er gerade diese Route fuhr. „Ganz einfach die wird von den Torristen gemieden und wir kommen schneller voran.“

Wie versprochen hielt Diederich einmal. Zuerst schickte er Raoul los die Umgebung abzusichern. Dann Ramon schließlich durfte die Weiblichkeit aussteigen.

„Gott sei Dank. Ich halte es keine Minute länger aus.“ Stieg Maria schnell aus und steuerte auf das nächstbeste Gebüsch zu.

„Wo willst du denn hin?“ hielt Diederich sie auf.

„Na dort ins Gebüsch was denkst denn du? Meinst du, ich lasse vor dir meine Hose herunter?“

„Das oder zurück in den Wagen.“

„Das geht zu weit!“, sagten wir drei auf einmal. Diederich dem keinesfalls gewachsen gab zähneknirschend nach.

„Was ihr nur habt. Seht doch alle gleich aus. Also wirklich stellen sich an.“ Schimpfte er hinter uns her. Blieb jedoch zurück.

Maria ganz ungeniert zog sich die Hose herunter. Isabel tat es ihr gleich. Ich wollte nicht als zimperlich dastehen so folgte ich deren Beispiel. Rudelpinkeln kam ich meinen bisherigen Repertoire noch nicht vor.

Als wir zum Wagen kamen, grollte Diederich. Doch er sagte kein Wort und ließ uns einsteigen. „Können wir nicht erst etwas essen?“, fragte Maria.

„Was seid ihr Kleinkinder? Die alle drei Stunden Nahrung brauchen? Herr Gott noch mal das ist der reinste Kindergarten.“ An Diederichs Hals schwoll eine dicke blaue Ader an. Diesmal gab er nicht nach und fuhr mit quietschenden Reifen an.

Was für ein heiterer Zeitgenosse. Jedes Mal sobald eine Mautstelle kam musste ich in Deckung gehen.

„Das war die Letzte.“ Sagte Raoul, als wir weiterfuhren. „in knapp einer Stunde, sind wir da.“ Ich war neugierig. „Kennst du das Dorf?“

„Wir alle kennen es. Schließlich sind wir dort groß geworden. Unsere Eltern gelten als sesshaft. Zuerst kommt das Dorf Fenils dort wohnen wenige Vampire. Auch die Eltern von Maria. Wir müssen Fenils durchqueren falls Diederich keine Einwände hat.“

„Ihr könnt durch. Sarah darf von den Bewohnern nicht gesehen werden. Deshalb steigen wir vorher aus und umgehen Fenils.“

„Nun unser Dorf liegt dahinter etwas höher gelegen. Es wird dir gefallen, sofern du Berge magst. Denn der Ort wird von drei Seiten von Bergen umschlossen.“

 „Ja“, sagte Diederich, „ein gut zu schützendes Dorf. Die Häuser sind so angelegt das man nur durch die Hauptstraße hinein kann. Außer man reißt die Mauern ein. Dort ist man von der Außenwelt unabhängig.“

„Du warst wohl schon lange nicht mehr dort?“, erkundigte sich Raoul.

„Ungefähr fünfzig Jahre nicht.“

„Na dann wirst du überrascht sein. Unser Dorf ist gewachsen viele Familien haben sich dort niedergelassen. Das alte Dorf besteht noch aber es gibt nun einen äußeren Kreis.“

„Was heißt das? Habt ihr die alten Häuser eingerissen?“ fragte Diederich entsetzt.

„Nein das durften wir nicht. Corvin Sardovan hat einen Plan entworfen wo und wie viel Häuser gebaut werden durften. Sogar die Lage und die Größe hat er vorgeschrieben. Das gab einigen Unmut unter den Neuansässigen. Aber er ließ nicht mit sich reden.“

„Ein schlauer Kopf. Jetzt kommt es euch zugute. Die Jäger das mordende Pack wird es nicht wagen dieses Dorf anzugreifen. So wie sie es in England taten. Es kamen dort zu viele um es ist eine Schande sag ich euch. Eine Schande.“

„Dann bist du also dafür offen gegen die Jäger vorzugehen?“, fragte Raoul gespannt nach. Seine Meinung dazu stand ihm ins Gesicht geschrieben.

„Nein Junge.“ Rieb sich Diederich die Stirn, „Dazu, haben wir nicht die Mittel. Sieh mal die meisten Vampire sind sesshaft und nicht älter als zweihundert Jahre. Gerade die Jüngeren mussten noch nie auf Jagd gehen oder ihr Leben verteidigen. Sie sind unerfahren im Kampf und würden leicht von den Jägern umgebracht werden. Trotz ihrer Stärke und Fähigkeiten aber sie haben nie gelernt sie einzusetzen. Beutel können sie zerstückeln das ist auch schon alles.“

„Ich wundere mich. Für einen Krieger überlegst du erst, bevor du zuschlägst.“

Diederich lachte, „Junge du gefällst mir. Für einen sesshaften Nachwuchs besitzt du den Mut eines Kriegers.“ Pikiert sah Raoul ihn an. „Nur weil wir nicht umherziehen, haben wir unseren Mut nicht verloren.“

„Das mein Junge könnte für unser Volk eine glückliche Schicksalswendung sein.“ Lächelte Diederich, „Was ist mit dir? Willst du kein Krieger werden? Die Ungerechtigkeit bekämpfen? Krieger zu sein bedeutet mehr als umherzuziehen und sich ins Schlachtgetümmel zu werfen. Wir sind es die euch schützen die Jungvampire begleiten für unseren Clanoberhaupt die Lage sondieren. Weißt du das die besten Krieger an der Seite Sardovans steht? Ja, ja mein Junge wir Krieger sind das Gerüst, worauf eure sicheren Wohnstätten stehen.“

Isabel neben mir richtete sich fasziniert auf. Sie klebte geradezu an Diederichs Lippen ihre Augen glänzten vor Aufregung. Auch Diederich bemerkte ihre Reaktion. Ein Blick in den Rückspiegel dann drehte er sich kurz um.

„Ihr alle könntet Krieger werden. Das ist ganz allein eure Entscheidung.“ Dabei sah er sie kurz eindringlich an.

„Wir haben unsere Entscheidung getroffen.“ Sprach Ramon für sich und Maria, die zustimmend nickte, „auch wenn sie nicht leicht viel.“

Raouls Miene blieb ausdruckslos nur Isabel atmete schneller, „Aber wenn die Eltern dagegen sind. Müssen wir ihre Meinung nicht berücksichtigen? So wurden wir erzogen.“

„Ja“, sagte Diederich gedehnt, „das ist ein Problem. Aber haben Eltern das Recht eurer Leben zu bestimmen? Seht mal ich kenne einen Jungen er wollte Krieger werden. Nur sein Vater war dagegen. Der Junge wendete sich an unserem Boss. Der redete mit dem Vater es wurde ein Kompromiss geschlossen. Jetzt arbeitet der Junge im Hotel dort lernt er alle Seiten kennen. Denn der Boss überträgt dem Jungen allerlei Aufgaben.“

„Hendrik!“, unterbrach ich Diederich überrascht.

„Ja Hendrik“ stimmte er meiner Annahme zu. „Na, wenn der Name jetzt gefallen ist. Kann ich ja auch sagen das Henry gar nicht begeistert von den Ambitionen seines Sprösslings ist. Aber er fügt sich, sowie sein Sohn, der seine Entscheidung bald treffen wird.“

Isabel lehnte sich entspannt zurück in ihrem Kopf arbeitete es fieberhaft. „Das ist ja alles schön und gut. Wenn jemand ein Krieger werden will, sollte er das auch. Aber früher habt ihr einfach die Jungvampire rekrutiert.“ Wandte Raoul ein.

„So haben wir das? Was will ich mit einem jungen Burschen oder Mädel? Der lieber so wie Ramon mit Zahlen spielt? Ein zukünftiger Krieger muss das wollen mehr als alles andere.“

Die Worte, da war ich mir sicher waren an Isabel gerichtet. Bange fragte ich mich, was Diederich hier trieb? War er auf Rekrutensuche? Oder spürte er Isabels Neigung? Ich war überzeugt, dass Sie mit dem Gedanken spielte, ein Krieger zu werden.

Sie sah mich erschrocken an und ich lächelte ihr beruhigend zu. Ihr Geheimnis war sicher bei mir verwahrt. Diederich  grunzte zufrieden.  Bestimmt  hatte er  unseren  kleinen  Blickkontakt  oder  Gedanken  mitbekommen. Typisch für diese neugierigen Blutsauger immerzu schnüffelten sie herum.

Sein Grinsen vertiefte sich. Ein sicheres Anzeichen, das ich mich nicht irrte.

„So wir halten da vorn. Sarah du kannst dein Gepäck im Wagen lassen.“ warf er Ramon einen finsteren Blick zu.

„Wir gehen von hier aus zu Fuß. An euch anderen ihr lasst kein Wort über Sarah fallen noch von mir. Ich will mich erst über die Lage im Dorf vergewissern. Sollte einer von euch den Mund nicht halten, werde ich mich persönlich um denjenigen kümmern.“

Das war eine ernst gemeinte Drohung. Die auch so aufgefasst wurde, nach dem bedrückenden Schweigen zu urteilen.

Wir sahen den Rücklichtern des Wagens nach dann meinte Diederich, „Also los! Wir haben eine gute bis zwei Stunden vor uns. Ist dir kalt?“

Ich nickte jetzt in der Nacht war es merklich kühler. Er lachte, „Dann beweg dich!“

So ein hinterhältiger gemeiner Kerl rannte ich an ihm vorbei. Es tat gut nach dem stundenlangen sitzen die Beine zu bewegen. Ohne das Ich darüber nachdachte, verfiel ich in meinen Laufschritt. Das geschah ganz von selbst ein Erbe meiner Gene.

Diederich überließ mir das Tempo. Ab und an korrigierte er unsere Richtung ansonsten schwiegen wir. Den Berg im Dunkeln hinauf erwies sich als schwierig. Die Steigung nahm regelmäßig zu. „Verschnauf eine Weile“, sagte Diederich, „sonst verausgabst du dich. Ich muss sagen du hast gute Veranlagungen. Willst du kein Krieger werden? Du hast Mut den richtigen Körperbau und deine Fähigkeiten sind ausgezeichnet.“

„Das meinte Geirrod auch schon. Was ist mit dir? Bist du auf der Suche nach neuen Kriegern?“

Er grinste das konnte ich sogar in der Dunkelheit ausmachen. „Das bin ich immer. Darin besteht meine Hauptaufgabe junge und begabte Talente zu finden. Es ist schwierig heutzutage die meisten sind verweichlicht. Man muss sie erst mal aus ihren bequemen Sofa hieven. Bleibe in Bewegung nicht auf einer Stelle stehen bleiben.“ Ermahnte er mich.

„Und was ist mit Isabel?“

Wieder grinste er, „Sie hat das Herz eines Löwen. Das allein genügt aber nicht ich werde sie im Auge behalten. Mal sehen, wie sie sich bewegt. Wenn sie nur halb so gut ist, wie du. Dann werde ich mich für Isabel einsetzen.“

Diederich forderte mich auf weiterzulaufen. Meine Beine wurden mit der Zeit immer schwerer. Ich bemerkte das er auf jede meiner Bewegungen achtete das wiederum stachelte meinen Ehrgeiz an.

„Warte“, flüsterte er mir zu, „Da vorn ist jemand! Verhalte dich ruhig.“ Ohne ein Geräusch zu verursachen, verschwand er in der Dunkelheit. So ruhig wie möglich versuchte ich Luft zu holen. Wenn das vor uns ein Vampir war, reichte schon das leiseste Geräusch.

„Sarah? Nicht erschrecken die sind gar nicht so dumm hier im Dorf. Sie patrouillieren das offene Gelände. Gut, sehr gut! Das wird meine Aufgabe erleichtern. Dann wollen wir doch mal sehen, wie gut sie sind.“

„Was hast du vor?“

„Wir werden uns hindurchschlängeln. Mal sehen wie weit wir kommen. Du bist ein Mensch genau das richtige Wild um sie auszutesten. Dann mal los halte dich genau hinter mir und trete nur in meine Fußspuren.“ Bei diesen langen Schritten kein leichtes Unterfangen.

Leise schlichen wir uns geduckt weiter. Mal blieb Diederich wie angewurzelt hocken dann wieder rannte er schnell auf ein Gebüsch zu. Oder verhielt mitten im Schritt und tastete mit den Händen den Boden ab.

Durch die letzten Tage mit Vlad und Corvin war ich einiges gewöhnt. Diederich verlangte mir nun das Letzte ab. Oft wollte ich ihm sagen, dass ich nicht mehr konnte. Aber etwas in mir weigerte sich aufzugeben. Ich wollte - nein ich musste weiter – ein innerer Zwang trieb mich an. Aufgabe war keine Option. So quälte ich mich Schritt für Schritt weiter. Ein neuartiges Gefühl trieb mich an und das nannte sich wohl Ehrgeiz. Woher kam es? Lag es an Vlads Miene als er hörte das ich gerade mal eben so die Schule schaffte? Wollte ich ihm beweisen das ich doch etwas taugte, wahrscheinlich.

Auf leisen Sohlen schlichen wir durch enge Gassen. An erleuchteten Fenstern vorbei immer den Schatten nutzend. Als wir an eine massive durchgängige Mauer kamen, verhielt Diederich den Schritt. Er suchte das Gelände ab, um mir dann gelassen zuzuwinken.

Als ich bei ihm war, meinte er, „Der Boss hat an alles gedacht. Hier entlang bitte.“ Wies er auf einen Brunnen, „Im Mauerwerk sind Sprossen eingelassen. Sei vorsichtig, die könnten glitschig sein.“ Schwang er seine Beine über den Brunnen, dann verschwand sein Kopf in der Tiefe. Ich machte es ihm nach mit zitternden Knien kam ich endlich an einen kleinen Vorsprung. Auf dem mich Diederich erwartete.

„Gleich haben wir es geschafft. Du musst mir jetzt vertrauen Sarah denn das Hindernis kann nur ein Vampir bewältigen. Hast du genug Vertrauen?“

Ich nickte ihm zu schlimmer als der Sprung mit Corvin konnte es ja nicht werden. „Gut dann mach dich auf ein Bad gefasst.“ Fasste er mich unter die Knie und Armen ich kam mir wie in einem Schraubstock vor. Erst fielen wir unendlich lange das Gefühl hatte ich jedenfalls.

Dann kam der Aufprall und im gleichen Augenblick schlugen über uns die eisigen Wassermassen zusammen. Diederich ließ mich los schnappte sofort nach meinem Arm. Der mir fast aus dem Körper gerissen wurde.

Er strebte schon aufwärts, während ich noch nach unten gezogen wurde. Einen Moment des Stillstandes dann spürte ich die Entspannung in meinen Gelenk. Hektisch strampelte ich mit den Beinen.

Es geschah alles in Sekundenschnelle nur mir kam es wie Stunden vor. Als ich vor mich hintretend im Wasser nach Luft japste. Beschimpfte ich den Vampir neben mir. „Genug Luft scheinst du ja noch zu haben.“ Tat er meine netten Worte spöttisch ab. Er war noch nicht einmal sauer sondern fand mein Geschimpfe auch noch amüsant.

„Da müssen wir hinauf höchstens drei Meter. Ich lasse dir den Vortritt.“ Meinte er vergnügt und zog mich zu einer Vertiefung, die ich ergriff. Nun zog ich mich Stück für Stück hoch. Nur die Vertiefungen zur Unterstützung.

Als ich endlich einen Vorsprung ertastete, blieb ich liegen völlig erschöpft. Der Vampir konnte von mir verlangen, was er wollte. Ich würde mich nicht rühren damit musste er sich abfinden.

„Du machst deinem Vater alle Ehre Sarah.“ und das von dem alten Krieger. Ich fühlte mich beschämt und geehrt zugleich. Schon taten mir die harten Worte von eben leid.

Er  lachte,  „Du  brauchst  dich  nicht  entschuldigen.  Mir  sind  kräftige  Beleidigungen  lieber  als  weinerliches Gejammere. Kannst du noch laufen oder soll ich dich tragen?“

„Hilfst du mir auf? Dann werden wir ja sehen.“ Schlug ich ihm vor. Unser Umgang zueinander hatte sich verändert. Ich lernte den Wert dieses kriegerischen Vampirs kennen und achten. Während er mich nun mit anderen Augen sah und nicht mehr auf mich hinabsah.

Wie sich die Dinge änderten, dachte ich, als wir einen Tunnel entlanggingen. Noch während der Fahrt empfand ich Diederich sei ein unangenehmer Zeitgenosse. Doch nun sah ich ihn als verlässlichen Wegbegleiter. Mein Vater hätte keinen besseren Beschützer für mich aussuchen können.

„Wohin führt dieser Tunnel?“, fragte ich nach.

„Zum Haus meines Herrn. Es liegt im hinteren Teil des Dorfes.“

Dann fielen mir die Öffnungen in der Decke auf. „Wofür sind die?“ Diederich strahlte mit der Taschenlampe nach oben. „Die führen in die Häuser des Dorfes ein Notausgang.“ Informierte er mich widerstrebend.

„Haben alle Häuser solche Ausgänge?“

 „Ja der ganze Berg ist ein löchriger alter Käse. Wir können die gesamte Dorfgemeinschaft evakuieren.“ In seinem ganzen Benehmen lag ein Zögern ein Widerstreben, das mich aufmerksam werden ließ.

„Du erzählst es mir nicht gerne? Warum?“

„Nur wenige Vampire kennen das Tunnelsystem und so sollte es bleiben. Jetzt weiß es ein Mensch.“

„Aha du vertraust mir also nicht …“

„Mit Vertrauen hat es wenig zu tun. Ein Gedanke reicht schon und das Geheimnis ist keines mehr. Du gehst nicht gerade sorgfältig mit deinen Gedanken um.“

„Was soll das denn heißen?“ blieb ich stehen. Ich war verdammt sauer. Warf mir der Vampir etwa meine Gedanken vor. Dann sollte er sich dort gefälligst fernhalten.

„Du bist ungeschult. Jeder Vampir tastet einen Menschen ab. Das ist wie Blickkontakt. Es ist eine unwillkürliche Geste. Du Sarah denkst lustig drauf los. Gerade das ist gefährlich. Deshalb hat dich unser Boss ja auch von dem Treffen entfernt. Jeder im Saal nahm an deinen Gedanken teil. Deinen Frust, deiner Wut und deine Verachtung.“ Daran habe ich bisher nicht gedacht.

 

„Siehst du! Du bist völlig blauäugig. Genau deshalb ist es gefährlich.“

„Aber wie kann ich …“

Diederich kam zurück, „Ich kann es dir beibringen.“ Bot er sich hilfsbereit an.

„Das Angebot nehme ich nur zu gern an. Ich hasse es auf meine Gedanken antworten zu bekommen.“

„Dann fangen wir gleich damit an. Rezitiere ein Gedicht oder sing ein Lied.“

„Ein Ganzes?“ ich kannte keine.

„Was denn sonst?“ ich überlegte was konnte ich auswendig. Nichts!

„Erbärmlich. Absolut erbärmlich. Warst wohl keine Leuchte in der Schule was.“ Blödmann. Angeber betitelte ich den Herrn. Während er ein Gedicht zu Besten gab und gleich hinterher noch eines. Streber viel mir noch ein.

„Ich bereue es jetzt schon.“ Zog er mich auf. Bald darauf versperrte uns eine solide Holztür den Weg. Diederich kramte in seinen unzähligen Taschen nach dem Schlüssel. „Ich weiß doch das Ich ihn hatte“, murmelte er vor sich hin und entleerte eine Tasche nach der anderen.

Der Diederich sollte einen Dietrich haben. Oder noch besser Diederich dem mangelst am Dietrich. „Reimen kannst du auch nicht! Wie wär´s mit singen?“

Da fiel mir spontan nur ein Lied ein,

„Bruder Jakob Bruder Jakob

 

Schläfst du noch …“

 

Dass ich laut vor mich hinträllerte.

„Himmel noch mal in deinen Gedanken. Du verscheuchst ja sogar die Fledermäuse mit deinem Geknorze. Dagegen sind Krähen direkt musikalisch.“ Triumphierend zog der Nörgler den Schlüssel aus einer seiner Taschen.

„Das hast du nicht gesagt.“ Streckte ich ihm die Zunge heraus.

Diederich stöhnte verzweifelt auf, „Du blödes ungebildetes Frauenzimmer.“ Beschimpfte er mich.

„Das Frauenzimmer nimmst du zurück.“ Verlangte ich.

„Musst du das letzte Wort haben?“ ich nickte eifrig.

„Womit habe ich das nur verdient?“ ließ er mir den Vortritt, „Geradeaus weiter, bis der Gang sich gabelt. Halte dich rechts. Die Treppe hinauf der erste Raum links. Da bleibst du, bis ich zurückkomme.“

„Meinst du, ich merke mir den Weg? So blöd, wie ich bin?“ konnte ich nicht anders.

 

„Geh“, sagte er barsch und drückte mir eine Taschenlampe in die Hand.

Zitternd vor Kälte fand ich den Raum und ließ mich erschöpft auf die erstbeste Kiste fallen. Erst danach leuchtete ich in den Raum. Es wahr eher ein Gewölbe als Vorratslager gedacht nach den Kisten und Säcken zu schließen.

Gelangweilt knipste ich die Lampe an und wieder aus. Wo blieb Diederich nur? Vielleicht sollte ich wenigstens die nassen Schuhe ausziehen? Ich befühlte den Boden kalt – eisigkalt, wie die Wand an der ich lehnte.

Also stapelte ich eine weitere Kiste für meinen Rücken das war schon besser. Die Taschenlampe legte ich auf den Boden und hauchte in die Hände. Ich könnte mich ja auch bewegen aber ich war so müde am Ende meiner Kräfte. Den Kopf an die Holzkiste gelehnt schloss ich die Augen.

Endlich hörte ich Schritte. Diederich kam mit einem Rucksack hinein. „Ich habe trockene Sachen zieh dich um.“

„Wo denn?“ musste er so laut sein? Ich wollte mich nur ausruhen ein wenig dösen.

„Auch das noch“, brummte Diederich das war das Letzte, was ich mitbekam.

Als ich aufwachte, lag ich auf einem Sofa. Diederich vor mir auf dem Boden. Er schnarchte so laut das ich mich wunderte, warum die Decke nicht einstürzte. Ich sah mich um es gab einen Kamin, in dem ein Feuer brannte. Der Raum in dunklem Holz gehalten. Ein Herrenzimmer ganz wie das von Corvin auf der Festung.

Gähnend rekelte ich mich sofort setzte sich Diederich auf. Besorgt musterte er mich, „Wie geht es dir?“

„Soweit ganz gut. Denke ich. Hast du mich hergebracht?“

„Du bist einfach umgekippt und hast geschlottert wie ein ganzer Espenwald.“

„Wo sind wir?“ sah ich mich weiter um.

„Im Haus meines Herrn. Hast du Hunger? Ich habe Brot, Käse und Wasser.“

„Erst mal ein Schluck Wasser.“ Nahm ich die Flasche entgegen.

„Gläser gibt’s noch keine.“ Entschuldigte er sich.

Als ich mich aufsetzte, fiel ich stöhnend zurück. Jeder einzelne Muskel tat weh. „Warte ich helfe dir.“ War Diederich sofort auf den Beinen und half mir hoch. „Das war gestern doch ein wenig viel. Denke ich.“

„Ja vielleicht“ stimmte ich ihm zu. Mit seiner Hilfe konnte ich mich aufsetzten dabei bemerkte ich das ich nackt war. Diederich lief rot an. „Du musstest aus dem nassen Zeug da hab ich …“ verlegen verstummte er.

„Du hast nur getan, was das Vernünftigste in der Situation war.“

 „Ja aber bitte erwähne das nie vor meinem Herrn. Der würde das weniger gutheißen.“ Das konnte ich mir zwar nicht vorstellen. Aber warum schlafende Hunde wecken also willigte ich ein.

„Dort liegen trockene Sachen für dich. Ich will mal sehen, ob ich dir einen Kaffee besorgen kann. Falls du in der Lage bist, allein zu bleiben?“ Die Decke um mich drapierend stand ich mühselig auf. Zwar schlotterten meine Knie noch doch es ging. Erst als Diederich sich überzeugte das Ich einigermaßen zurecht kam, ging er.

Wie fürsorglich er war, ich musste ihm einen schönen Schrecken eingejagt haben. Auch konnte ich mir nicht vorstellen, dass mein Vater deswegen verärgert sein sollte. Naja wer weiß Diederich kannte Vlad besser.

Ich war noch nicht ganz fertig als Diederich mit einer Kanne und Tasse bewaffnet zurückkam. „Ich hatte Glück die alte Rosmerta wohnt noch in der Nähe. Sie hat sich schon gedacht, dass jemand im Haus ist.“

„Ich dachte du wolltest unsere Anwesenheit geheim halten?“

Diederich grinste, „Rosmerta wird niemanden etwas sagen, darauf kann ich mich verlassen. Sie wird gleich rüberkommen, neugierige alte Schachtel, die sie ist.“ Schimpfte er gutmütig.

„Wer ist Rosmerta?“

„Rosmerta? Jaah da scheiden sich die Geister. Die einen sagen eine alte Vettel die Anderen lieben sie abgöttisch. Du wirst ja selber sehen. Wen sie mag den macht sie das Leben zur Hölle die anderen übersieht sie geflissentlich.“

„Na lästerst du Waschweib schon wieder.“ Hörte ich eine amüsierte Stimme.

Die Frau, die in der Tür stand sah aus, wie ich mir immer die Hexe im Märchen vorstellte. Gebückt mit einem Stock, der genauso krumm war wie die Alte. Das Haar schlohweiß zu einem Knoten zusammengebunden. Doch das Auffälligste war ihre Nase ein riesengroßer Zinken, der aus ihrem Gesicht wuchs. Die Augen betrachteten mich wachsam, das einzig lebhafte an ihr. Und wie ich später feststellte, ihr Verstand, sowie ihre scharfe Zunge.

„Warst du so neugierig das du gleich hinter mir herkommst altes Weib.“ Schimpfte Diederich.

Rosmerta lachte gackernd, „Na sicher! Endlich hab ich mal Nachbarn und ich wollte mir das junge Ding ansehen, von dem du so schwärmst. Hast dich doch wohl nicht verguckt, die ist viel zu hübsch für dich alten Sack.“ Kam Rosmerta näher. Dabei gebrauchte sie den Stock nicht als Stütze. Nein sie fuchtelte damit vor Diederichs Gesicht herum. Der unbeeindruckt stehen blieb so das Rosmerta ächzend um ihn herumschlurfte.

„Nun tu nicht so, als ob du nicht laufen kannst. Deine Schauspielkünste kannst du bei …“, weiter kam er nicht. Rosmerta hieb ihren Stock auf Diederich ein.

„Du verrückte Alte“ rieb er schimpfend seinen Kopf.

„Dann sei nicht so ungehörig mein Junge. Achte das Alter!“

Schnaufend brachte er sich in Sicherheit, „Ha ich bin um einiges älter. Wagst du es nochmals mich zu schlagen, versohle ich dir deinen runzeligen Arsch.“ Wieder wieherte Rosmerta, „Das will ich erleben.“

Während Diederich hoffnungslos mit den Augen rollte, kam Rosmerta auf mich zu. „So!“ studierte sie meine Züge, „Dann hat Vlad also sein geliebtes Töchterchen nach Haus gebracht. Steh auf!“ befahl sie mir herrisch, „Ich will dich in Augenschein nehmen.“

Unsicher warf ich Diederich einen Blick zu. Er hob nichtssagend die Schultern in seinem Blick stand – lass es über dich ergehen. Also erhob ich mich. Es war schon komisch ich überragte Rosmerta um gut einen Kopf. Doch die Autorität, die sie ausstrahlte, war ungemein.

„Da hat er sich aber verewigt.“ Lachte sie in ihrer schnoddrigen Art, dabei zeigte sie ihr blitzendes Gebiss.„Ich bin Rosmerta, wie du ja schon mitbekommen hast.“

„Sarah“ stellte ich mich vor und reichte ihr die Hand. Rosmerta ergriff sie und hielt sie festumschlossen. „Nun sag mir Kindchen wie gefällt dir deine neue Familie?“

So einfach konnte ich ihr das nicht beantworten. Deshalb sagte ich nur, „Gut“.

„Ha! Das meint sie ernsthaft.“ Brach Rosmerta in Lachen aus. „Und wie gefällt dir unser Familienoberhaupt?“ Wie immer wenn von Corvin die Rede war, erfassten mich zwiespältige Gefühle.

Rosmerta ließ mich nicht aus ihren wachsamen Augen. Bevor ich antworten konnte, stellte sie mir die nächste Frage. Sie war schlimmer als Vlad. Rosmerta schoss eine Frage nach der anderen ab. Manchmal konnte ich sie gar nicht beantworten denn sie stellte schon wieder eine Neue.

Erst als sie Alia erwähnte, nickte sie bekümmert den Kopf. „Armes Geschöpf unsere Alia. Hoffen wir das es ihr bald besser geht. Dana kümmert sich um sie?“ wollte sie wissen, was ich bejahte.

Diederich nutzte die Pause die darauf entstand räuspernd meinte er, „Bist du nun fertig?“

„Ich? Wieso fragst du?“

„Weil Sarah nach unten muss und ich mich im Dorf umhören will.“

„Dann geh doch du alter Faulpelz. Stehst hier rum und hältst Maulaffen. Du kannst mich ruhig mit der Kleinen allein lassen. Oder meinst du, ich tue ihr was an?“

„Bei dir kann man nie wissen. Stell lieber den Stock aus deiner Reichweite, schließlich könntest du Sarah damit verletzen.“

„Pass auf du Warzenarsch. Oder willst du noch einen Klaps auf deine Riesenmelone? Wofür hast du überhaupt so ein großes Ding? Ist ja sowieso nichts drin …“

Diederich hörte gar nicht mehr zu, laut knallte die Tür hinter ihm zu. Erst da hielt sie ihren Mund und grinste mich an. „Das hätten wir“, schnaufte sie zufrieden, „Ich mag den Tölpel, aber sag ihm das ja nicht.“ zwinkerte sie mir verschwörerisch zu. „Geh mal vor die Tür, da steht ein Korb. Bring ihn mir.“

In  dem  Korb  lagen  allerlei  Köstlichkeiten,  die  ich  mit  Heißhunger  verputzte.  Ich  aß  noch  als  Diederich zurückkam. „Das Dorf platzt ja aus allen Nähten.“

 „Ja, ich hab das Haus auch voll. Die kommen aus ihren Löchern gekrochen und suchen hier Schutz. Besonders nachdem sie Festung nicht mehr reichen konnten und es hieß unser Oberhaupt sei auf der Flucht. Die sind kopflos hierher geflüchtet. Kein Mumm mehr in den Knochen die Jungen.“

Diederich nickte zustimmend, „Was tut der Dorftrottel von Bürgermeister?“

Rosmerta zog genüsslich Luft zwischen den Zähnen ein, was ein pfeifendes Geräusch ergab. „Tja der lässt jeden rein. Was kann er auch anderes tun? Besonders da Corvin ja als verschollen galt.“ Sie machte eine kunstvolle Pause, „Stimmenfang! Du verstehst.“

„Na da wird er sich ja über meinen Besuch freuen. Denn ich werde seine Befugnisse ein wenig stutzen.“ Sagte er grimmig voller Vorfreude.

Rosmerta gluckste ebenfalls in sich hinein, „Das blöde Gesicht von Franya möchte ich sehen. Gib ihn einen Tritt von mir mit. Er sieht sich schon als Oberhaupt.“

„Da kann er lange warten. Bleibst du hier?“

„Ungern“ warf sie mir einen Blick zu, „aber ich bleibe. Du kannst das Kind nicht in den Keller sperren.“

„Ich bin für ihren Schutz verantwortlich und solange ich nicht weiß wie Franya reagiert gehe ich kein Risiko ein.“ Wie gab es innerhalb der Familie etwa Konkurrenzkämpfe. War der Stuhl auf dem Corvin saß, nicht so fest, wie es den Anschein machte?

Rosmerta ließ ihr Gackern hören. „Solange Corvin lebt, wird keiner es wagen. Da sei dir sicher. Franya ist ein ehrgeiziger Vampir, aber nicht so dumm um sich mit Corvin anzulegen. Oder mit Diederich. Aber es hätte was, wenn er es versuchte.“ Grinste sie nun feixend. „Aber lassen wir das. Hast du dir ein Zimmer ausgesucht?“

Ein Zimmer? Wo in diesem Haus?

Rosmerta seufzte, „Wo denn sonst? Na dann komm ich zeige dir eines. Denke ist genau das Richtige für dich.“ Schlurfte sie los, dann sah sie sich um, „Wo ist mein Stock? Entgegen aller Meinungen brauche ich ihn.“ Vertraute sie mir an.

Das konnte ich mir vorstellen so gebückt, wie sie sich fortbewegte. „Doch nicht dafür! Hier und da einen auf die Rübe – was glaubst du, wie gut mir das tut.“ Gackerte sie in sich hinein.

Zielstrebig führte sie mich durch Flure und Treppen. Immer weiter hinauf. „So da wären wir. Für Vlad´s Tochter gerade gut genug. Außerdem liegt sein Zimmer im anderen Trakt des Hauses. Will doch so ein hübsches Mädel nicht um ihr Vergnügen bringen.“ Worauf Rosmerta anspielte, war ich mir bewusst aber …

Wie jeder Vampir es tat so auch sie. Sie beantwortete meine Gedanken. „Na was denn? Nicht so schüchtern. Ich hab da einige stramme Jungen zur Auswahl. Du willst doch nicht etwa allein bleiben? Kommt gar nicht infrage. Ein netter Vampir zum Glück haben wir gleich welche zur Hand.

„Aber ich will doch …“ setzte ich an um sie zurückzuhalten.

 „Papperlapapp rede kein Stuss. Ich weiß schon, was gut für dich ist. Vielleicht auch ein hübsches Menschlein. Na wir werden sehen.“ Sagte sie mehr zu sich selbst. „Außer natürlich du willst dich wandeln. Willst du das?“ sah sie mich forschend an.

„Darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Ich muss das alles erst einmal verarbeiten.“ Gestand ich ein.

„Wir haben ja Zeit. Du musst dich ja nicht gleich morgen entscheiden. In der Zwischenzeit suchen wir dir ein paar Kavaliere.“ Rieb sie sich vergnügt die Hände. Mich beschlich das ungute Gefühl, das ich in dabei keinerlei Mitspracherecht hatte.

Kapitel 16

„Sarah? Rosmerta?“ schrie Diederich durch das Haus.

„Ah der Tölpel. Bin gespannt, was er zu erzählen hat.“ Rief sie nach ihm. An mich gewandt, „Wo ist dein Gepäck?“

„Ich habe keines.“

„So geht das nicht. Wir müssen dir was besorgen. Der Winter kommt bald ich spür´s in den Knochen.“

„Das du überhaupt, noch was spürst, wundert mich ja. Warum seid ihr nicht im Arbeitszimmer geblieben?“ baute sich Diederich zornig vor Rosmerta auf.

„Wo soll Sarah denn schlafen? Etwa im Arbeitszimmer und du vor ihr auf den Boden? Du Dummkopf! Sie ist eine junge Frau und kein Krieger.“ Blaffte sie ihn an. „Hast du im Dorf alles erledigt? Wann kommen die faulen Weiber?“

Diederich nickte erst dann sah er Rosmerta fragend an, „Warum sollten die Frauen …“ schon kam der Stock zum Einsatz. „Hast du dich umgesehen? Dreck überall in diesem versudelten Loch. Soll ich etwa putzen oder gar Sarah?“ wieder schwang sie den Stock. Diederich vorgewarnt wich geschickt aus.

„Weiberkram! Ich habe genug zu tun. Franya hat in keiner Weise vorgesorgt. Er weiß überhaupt nichts. Weder wie viel Menschen noch Vampire Zuflucht gesucht haben. Er pfercht sie nur irgendwo ein darüber hinaus macht er sich keine Gedanken. Vorräte, Kleidung oder Arzneimittel für nichts hat er vorgesorgt. Geh hin und schlag ihn ein bisschen Vernunft ein.“ Schrie er die Alte an.

Rosmerta ließ Diederich mit stoischer Ruhe toben. Erst als er sich beruhigte, fragte sie, „Wie kann ich helfen?“

„Vorräte! Verschaff dir einen Überblick. Aus allen Häusern, ich will nicht das einer hamstert. Besorge alles, was wir für den Winter benötigen. Noch eines Rosmerta wir werden ein oder zwei Kochstellen aufbauen müssen. So können wir Lebensmittel sparen und keiner wird bevorzugt behandelt.“ Rosmerta richtete sich auf und wollte schon gehen. Sie ging wohlgemerkt kein Hinweis auf ihr übliches Schlurfen.

„Warte. Rechne damit das noch mehr kommen.“ Sagte Diederich sich die Stirn reibend.

„Das ist ja ganz etwas Neues.“ Meinte sie sarkastisch. „Was ist mit dem Haus?“, setzte sie fragend hinzu.

„Mach, was du nicht lassen kannst. Aber aus dem Arbeitszimmer bleibt ihr mit euren Staubwedeln raus.“ Verlangte Diederich.

Rosmerta verbeugte sich ironisch, „Ganz wie der Herr wünscht. Soll er doch in seinem Dreck verrecken.“

Lächelte sie ihn auffordernd an. Aber Diederich überging ihre Kampfansage mit einem breiten Grinsen. „Sarah du kannst dich im Dorf frei bewegen bleib aber bitte im inneren Kreis.“

„Dann kann sie mir ja zur Hand gehen. Oder spricht etwas dagegen?“

Diederich  stimmte  unwillig  zu.  Von  da  an  nahm  Rosmerta  mich  überall  mit  hin.  Sie  stellte  mich  den verschiedenen Familien vor. Betonte immerzu, wer mein Vater sei und ganz nebenbei erwähnte sie das ich ledig sei. Sogar den überkandidelten Franya wie Rosmerta ihn am Liebsten betitelte sah ich aus der Ferne. „Den musst du nicht unbedingt kennenlernen. Er ist zwar ledig doch kein geeigneter Kandidat. Wir wollen was mit Köpfchen.“

Ich  schluckte  mir  eine  passende Antwort  hinunter.  Nach  meiner  Beobachtung  hatte  es  keinen  Zweck  mit Rosmerta zu streiten, sobald sie sich etwas in den Kopf setzte. So war es auch bei den Familien, die ihr den Zugang zu ihren Vorräten verweigern wollten. An diesem Tage kam der Stock des Öfteren zum Einsatz. Ganz zum Vergnügen der Alten.

Sie ging ihrer Aufgabe wie ein Soldat nach und beauftragte einige Vampire mit der Lebensmittelbeschaffung. Ein jeder bekam eine detaillierte Liste mit. „Wagt es ja nicht mit was anderem anzukommen.“ Warnte sie jeden Einzelnen, dabei schwang ihr Knüppel demonstrativ mit.

Des Weiteren beauftragte sie einige Frauen mit der Reinigung des Hauses. Das, wie ich feststellte, zum Teil in den Fels gebaut war. Diederich sah ich an diesem Tag nicht mehr. Erst am nächsten Morgen begegnete ich ihm, als ich mich in den endlosen Fluren hoffnungslos verlief.

„Wie findet ihr euch nur zurecht?“, fragte ich ihn erleichtert.

„Du wirst keinen Vampir finden, der sich verirrt. Wir besitzen einen inneren Kompass.“ Erklärte er mir, „Wie kommst du mit Rosmerta klar?“

„Bisher ganz gut. Doch wenn ich mich verspäte, kann ich für nichts garantieren. Sie ist unermüdlich und der reinste Feldwebel.“

Diederich lächelte amüsiert, „Das ist sie auch. Denn sie ist ein Krieger und ein Guter dazu. Den Stock hat sie nicht umsonst in einer Schlacht ist er ein tödliches Werkzeug.“

Perplex blieb ich stehen, „Du meinst sie hat in einer Schlacht mit dem Stock gekämpft?“

„Und nicht nur einmal.“ Bestätigte er mir.

Von da an sah ich sie mit anderen Augen. Ihr Äußeres war das einer alten Frau doch sie war ein Vampir also gab es auch keine Altersbeschwerden. Es war schon verrückt. So verrückt, wie Rosmerta ihre Ziele durchsetzte. Kaum ein Tag war vorüber und die untere Etage des Hauses glänzte. Ein Teil der Einkäufe wurde erledigt, wie sie zufrieden feststellte.

Die Küchen wurden aufgestellt. Eine im älteren Dorf oder innerer Kreis, wie die Bewohner ihn gerne nannten. Die andere Kochstelle außerhalb im äußeren Kreis den die ich nicht zu sehen bekam, weil Rosmerta Diederichs Anordnung strengstens befolgte. Ich wunderte mich das es offene Kochstellen diese wurde mit einem großen Zelt und Seitenwänden versehen.

„Eine Idee von mir.“ Meinte Rosmerta, „Irgendwo müssen wir ja essen und erst nach Hause laufen da ist alles kalt. Also wird in den Zelten gegessen in denen gekocht wird. Das Feuer erhitzt zugleich das Innere.“ Sie war sichtlich stolz auf ihren Einfall.

Genauso wie über ihren Plan Vieh zu halten. Sie setzte Diederich haarklein die Vorteile auseinander, lebende Tiere zu halten. Hühner, Gänse und Enten stolzierten nun durch das Dorf. Schweine Kühe und Schafe wurden außerhalb untergebracht. Ganze Wagenladungen an Gemüse wurden von den Vampiren herangekarrt. Vorräte wie Kartoffeln Nudeln Mehl und Reis kamen in die Vorratslager unter dem Haus. Das, wie ich erfuhr, Corvin gehörte.

„Tja zu diesem Zweck hat er das Ganze erbaut. Der gesamte Berg und die Nachbartäler gehören ihm. Er ist vorausschauend unser Oberhaupt.“ Schwärmte Rosmerta. Langsam begriff ich das Corvin Sardovan der Teufel persönlich sein konnte. Sie würde ihn dann noch immer vergöttern.

Aber so dachte nicht nur Rosmerta viele Dorfbewohner erkundigten sich bei mir nach Corvin und Vlad. Da ich angeblich die Letzte war, die ihn oder sie gesehen hatte. Unsere vier Reisebegleiter sagten kein Wort sowie Diederich es befahl.

So gab es innerhalb der Dorfgemeinde eine klare Hierarchie. Die in dem äußeren Rund waren die zuletzt hinzugezogenen.

Man konnte es so vergleichen ein spitzes Dreieck die Spitze dort lag Corvins Haus in einem Rund davor wurde der erste Weg mit Häusern errichtet. Wieder davor der nächste Weg die nächsten Häuser und so weiter. Alles wurde sehr eng erbaut jede einzelne Hausreihe bot eine geschlossene Mauer.

Von den Dächern konnte man den Weg der hinter dem Haus lag gut verteidigen. So zog sich ein Ring nach dem anderen bis zum Ende des inneren Kreises, der die höchste Mauer besaß. Das äußere Rund war genauso angelegt besaß nur keine hohe Mauer.

Je näher man an Corvins Haus wohnte desto höher stand er in der Hierarchie. So wie Franya der gleich rechts das erste Haus neben den Eingang von Corvin Haus besaß. Ein Dorn im Auge das Haus zu seiner linken in dem Rosmerta wohnte. Was sie ihm niemals vergessen ließ.

„Tja“, meinte sie, „unser Obertrottel braucht des Öfteren einen Dämpfer. Bei Gelegenheit wird er dir seine Aufwartung machen. Ich habe gesehen, wie er nach dir Ausschau hält. Eines vergiss nie Sarah er steht unter dir du bist die Spitze die Tochter Vlad´s Sardovans. Du bist ihm keinerlei Ehrenbezeugung schuldig eher er dir.“

„Aber das ist doch Blödsinn Rosmerta. Wir leben doch nicht im Mittelalter, wo der Adel herrscht.“

 

„Bei den Menschen vielleicht aber nicht unter den Vampiren du Dummerchen. Einzig deine Abstammung zählt. Du bist die beste Partie auf dem Markt. Naja vielleicht noch Naomi aber Vlad steht eindeutig an der obersten Spitze somit auch du.“ Gackerte sie munter, „Das haben die ledigen männlichen Bewohner auch schon mitbekommen. Die Mütter putzen ihre Söhne heraus und die die keine haben lauern schon auf eine Gelegenheit mit dir Freundschaft zu schließen denn Vlad ist ein ebenso begehrtes Wild. Ja, ja bald wirst du nur so umringt sein von Anbetern.“ Freute sie sich schon im Voraus. Auf mein abweisendes Gesicht oder Gedanken reagierte sie nicht. Das war typisch für Rosmerta sie sah nur, was sie sehen oder hören wollte.

Zu meiner Freude sah ich Isabel oft. Ihre Familie wohnte im inneren Kreis. Gemeinsam verrichteten wir die uns zugeteilten Arbeiten. Denn jeder musste sich an den Vorbereitungen für den Winter beteiligen. Es gab keine Ausnahme.

So kochten wir unter Anweisung einer Vampirin Gemüse und Obst ein. Ganz nach alter Weise. Auch hier setzte Rosmerta ihren Willen durch. Sie traute den kommenden Winter nicht und wollte einem Stromausfall vorsorgen. Trotz der vielen Arbeit hatten wir viel Spaß. Die Frauen und Vampire konnten stundenlang alte Geschichten erzählen. Oftmals kam Corvin zur Sprache, als rettender Held der weiblichen Vampire sowie als geschickter Kämpfer. Ich versuchte meine Gefühle zu unterbinden zuweilen erwischte ich Rosmerta, wie sie mich beobachtete. Ahnte sie etwas? Doch dann fragte ich mich wieder das es ja egal sei. Niemals würde ich vergessen, wie er mich benutzte.

Die Wochen verstrichen der Sommer neigte sich dem Ende zu. Dachte ich noch an mein früheres Leben? Nein im Grunde nicht nur wenn ich von harter Arbeit kaum noch kriechen konnte trauerte ich meinen Schreibtischjob hinterher. Auch nicht wirklich wenn ich ehrlich bin.

Die Dorfgemeinschaft hatte mich vorbehaltlos angenommen. Wenn ich jetzt durch das Dorf ging, wurde ich von allen Seiten begrüßt ein paar nette Worte wurden gewechselt. Einladungen ausgesprochen meistens von Müttern, die ihren Sohnemann auf mich aufmerksam machen wollte. Alles im allem fühlte ich mich heimisch.

Auch wenn es ein paar Punkte gab, mit denen ich keineswegs einverstanden war. Da war Diederich und kaum das wir drei Tage hier waren noch Endris. Ich war gerade mit Rosmerta im Lagerraum, als er abgekämpft auf uns zukam. Vom Aussehen her war er vielleicht ende zwanzig. Gut anzusehen wie jeder Vampir er strahlte mich mit offener Bewunderung an.

Erst dachte ich er sei einer von Rosmerta´s Favoriten, die mich neuerdings nervten. Aber nein denn er fragte nach mir, „Entschuldigt ich suche Sarah Sardovan.“ Rosmerta nicht auf den Mund gefallen, „Und wer sucht sie?“

Der Vampir lief leicht rot an „Endris Sardovan“ verbeugte er sich vor uns, „Vlad Sardovan schickt mich.“ sagte er zu Rosmerta, während er mich beständig angrinste. „So da wird einfach jemand ausgeschickt der den Namen Sardovan leicht über die Lippen geht. Wer sagt mir denn das du von Vlad kommst? He?“ giftete Rosmerta den Vampir an ihren Stock schwingend.

Der Herr namens Endris sah ihn nicht kommen entsetzt wich er vor dem zweiten Schlag zurück. „Aber ich habe einen Brief.“ Behauptete er.

„Zeig her!“, forderte Rosmerta.

„Den habe ich Diederich übergeben. Er schickt mich ja.“ Rosmerta kniff die Augen zusammen. „Für wen war denn der Brief?“

„Sarah Sardovan“, sagte er kläglich. Schon schnellte der Stock durch die Luft auf den Armen ein. „Wie funktioniert das He? Ein Brief für Sarah in Diederichs Händen? Was hat Vlad dir denn gesagt? Gib ihn Diederich oder Sarah.“

Der arme Kerl wusste nicht wie ihm geschah so schnell prasselten die Schläge auf ihn nieder. „Was willst du denn dann noch hier? Wenn Diederich den Brief hat?“

„Bin abgestellt von Vlad persönlich zu seiner Tochter´s Schutz.“

Nicht nur ich nein auch Rosmerta waren verblüfft. Mitten in der Bewegung hielt sie inne. „Du? Und warum noch einer?“ Ja das wollte ich auch gern wissen.

„Davon weiß ich nichts ehrlich.“

„Na dem gehen wir auf den Grund. Geh vor Junge!“

Zu meiner Verwunderung gehorchte er Rosmerta nicht. Stur meinte er, „Ich trete sofort meinen Dienst an. Mein Befehl lautet, Sarah Sardovan auf Schritt und Tritt zu schützen. Ein Befehl von Vlad Sardovan willst du dich ihm wiedersetzen?“

„Na da schau mal einer er hat ja Mumm in den Knochen.“ Gackerte Rosmerta, „tja mein Junge mach die Augen auf und nimm die rosarote Brille ab. Du strahlst Sarah schon die ganze Zeit an. Diese Jugend von heute sie sehen einen flotten Käfer und übersehen alles andere. Das musst du noch lernen Jüngelchen.“ Und verpasste ihm eine in die Kniekehle.

Wie sich herausstellte, war der Brief tatsächlich für mich. Nur Diederich verlangte ihn in Namen Corvins. Endris musste sich dem beugen. So erfuhr ich wer Diederich zu mir schickte es war Corvin.

Vlad schickte mir Endris. Von nun an wurde ich von beiden bewacht. Kein Schritt konnte ich mehr allein tun. Während mir Diederich einen gewissen Freiraum gewährte, nahm Endris die Befehle meines Vaters wörtlich.

Außerdem war der Brief extrem kurz. Er erläuterte nur Endris Erscheinen und Aufgabe. Das sie darauf warteten bei dem Rat vorsprechen zu dürfen und das er hoffte es ginge mir gut. Anscheinend war mein Vater kein großer Brieffreund.

Natürlich war ich sauer auf Diederich, weil er mir mit Absicht verschwieg, wer ihn schickte. Er entschuldigte sich nur mit dem Verweis er habe auf Befehl gehandelt. Was bildete sich das Familienoberhaupt überhaupt ein? Mir einen Leibwächter zu schicken.

Das war in keiner Weise seine Aufgabe. Dazu besaß er keinerlei Rechte. Rosmerta versuchte mich zu beruhigen. „Vielleicht tat er es wegen Vlad. Du musst doch einsehen, dass du ein gewichtiges Druckmittel bist. Corvin denkt nun einmal vorausschauend.“ Ja so sehr das er mich benutzte. Er ergriff sämtliche Mittel um seinen Willen durchzusetzen und wenn er da eine naive kleine Göre verletzte was soll´s. Hauptsache er bekam, was er wollte. Wütete ich noch einige Tage, was Diederich zu spüren bekam.

So musste ich nun an zwei Leibwächtern vorbei. Jeden Morgen saßen sie vor meiner Zimmertür. Der eine folgte mir auf dem Fuße der andere überwachte mich aus der Ferne. Manchmal wollte ich einfach nur weglaufen. Endris genügte es noch nicht einmal, wenn ich mit Rosmerta zusammen war. Er hielt sich in der unmittelbaren Umgebung auf.

Auch Rosmerta´s zynische Anspielungen konnten ihn nicht verschrecken. Ich sah das Rosmerta daran gefallen fand und ihn nach einer Weile einlud mit uns zu gehen. Anstatt drei Schritte hinter uns.

Zu all dem kamen - wie Rosmerta sie nannte Kavaliere. Überall lungerten sie herum. An jeder Ecke stand einer. Die mutigen sprachen mich an die weniger starrten aus der Ferne.

Isabel meinte ich solle sie doch benutzen. Das würde unsere Arbeit sehr erleichtern. Doch davon hielt ich nichts. Zudem fingen die Dorfbewohner an   Feste zu veranstalten. Die Küchenzelte wurden Treffpunkte für ihre Festivitäten.

Ich verstand es nicht. Die Jäger waren unterwegs und töteten Vampire und sie feierten. „Das musst du verstehen“, meinte Rosmerta, „wir kennen uns teilweise Jahrhunderte und nun sind wir nach langer Zeit wieder zusammen. Alte Freundschaftsbande werden neu geknüpft. Neue werden geschlossen. Außerdem lassen bei einem Fest die Sorgen nach. Es ist die Zeit der Ruhe die wir Feiern. Der Winter naht und er wird lang, sehr lang. Glaub mir.“ Prophezeite sie.

Daran hatte inzwischen keiner mehr einen Zweifel. Neuankömmlinge wurden nicht mehr so offen aufgenommen. Man fragte sich wie die Neuen durchgefüttert werden sollten und wohin mit ihnen? Das war das größte Problem mit dem Diederich zu kämpfen hatte. Er wusste nicht wohin mit der Flut.

„Warum teilst du ihnen keinen Räume hier im Haus zu? Es gibt doch genug Platz hier.“ Fragte ich ihn.

„Das kann ich nicht. Es ist Corvins Haus.“ Meinte er bedrückt.

Rosmerta ließ ihr ein leises Schnarren hören, „Du nicht Diederich, aber jemand anders kann es dir befehlen.“ Sah sie mich groß an.

„Stimmt das?“, fragte ich nach.

„Im Grunde schon. Meine Anweisung lautet jeden deiner Befehle unverzüglich auszuführen.“ Grinste er mich an.

„Na dann! Der Befehl lautet öffne die Tore und bring die Leute unter. Reicht dir das?“

„Vollauf.“ Wirkte er erleichtert, „wie viele Zimmer soll ich belegen?“

„Soviel wie du brauchst.“ Sagte ich, „ich brauche auch kein so großes Zimmer dort könntest du eine ganze Familie unterbringen.“ Schlug ich vor.

Rosmerta sprach sich dagegen aus. „Sarah du musst auch an deinen Schutz denken. Die Lage des Raumes ist ideal, dort kommt so leicht kein Fremder hin und somit eine Erleichterung für Diederich und Endris.“

„Ja“ stimmte Diederich zu, „und der Raum meines Herrn und deines Vaters werden unbelegt bleiben, falls sie kommen.“

Alle Dorfbewohner atmeten erleichtert auf, als sie hörten, dass die Neuankömmlinge in Corvins Haus untergebracht werden sollten. Nur Franya sprach sich dagegen aus. „Du kannst doch die Neuen nicht ins Innere lassen.“ wütete er gegen Diederich stieß jedoch im Allgemeinen auf taube Ohren. Es galt Kriegszustand und da war die Hierarchie nebensächlich.

Der Winter setzte tatsächlich früh ein. Eines Morgens war alles Weiß. Die Häuser duckten sich schon nach dem ersten Schneefall. Die Einzigen, die begeistert das Weiß begrüßten, waren die Kinder.

Rosmerta´s Konzept ging auf. Die Küchen wurden allseits gelobt. Sie wurden der allgemeine Treffpunkt. Es wurde gegessen, geredet und zusammen gelacht. „Ja“, sagte sie, „sie heben die Stimmung und wir müssen dafür sorgen, dass es so bleibt. Das Schlimmste sind Querelen, wenn so viele auf engen Raum leben.“

Mein immer anwesender Schatten stimmte ihr da vollkommen zu. Endris so musste ich zu geben war ein angenehmer Zeitgenosse. Das erkannte ich erst, nachdem ich mich über seine ständige Anwesenheit beruhigte. Zu meinem Glück nahm er mein schlechtes Benehmen nicht krumm.

Ein Gutes hatte ja seine ständige Präsenz. Rosmerta kam mit ihrem Plan mir einen Kavalier zuzuschustern nicht voran. Das änderte sich in der darauffolgenden Woche mit einem jungen Mann namens Hendrik.

Ich war gerade dabei meinen Küchendienst abzuleisten, als ich von hinten angegriffen wurde. Unsanft wurde ich von der Bank gezogen so das die Kartoffeln, die ich schälte, in alle Himmelsrichtungen flogen. Das Wasser nun ohne Knollen ergoss sich über mich. Als ich in strahlende blaue Augen sah. „Hendrik“, jubelte ich ihn umarmend.

„He langsam ich bin ein Eisklumpen. Willst du das ich zerbreche?“ hielt er mich an seiner Brust.

„Seit wann …“ strahlte ich ihn an.

„Gerade erst angekommen. Vater ist auch da er wollte gleich zu Diederich. Lass dich anschauen du siehst gut aus.“ lachte er mich musternd an.

„Komm setzt dich doch erzähle, ist auf der Festung alles in Ordnung? Wie geht es Alia? Dana? Geirrod? Ist Vadim noch da? Was macht Lydia? Ach erzähle mir alles.“ Konnte ich nicht aufhören ihn anzustrahlen.

„Allen geht es gut. Das muss dir erst mal reichen. Meinst du, ich bekomme was zu essen? Mit Vater zu reisen ist kein Zuckerschlecken.“

„Oh verzeih! Setz dich ans Feuer, ich besorge dir etwas.“

Endris näherte sich ohne Hendrik aus den Augen zu lassen. „Es war doch richtig von mir dieser Begegnung fernzubleiben?“

„Wie? Kennst du Hendrik noch nicht? Warte ich stelle dich gleich vor. Erst muss ich diesem Nimmersatt etwas Essbares besorgen, bevor er die rohen Kartoffeln verspeist.“ Ging ich zu der Vampirin, die heute das Sagen hatte.

„Dieser Hendrik wer ist er?“ folgte mir Endris auf dem Fuße.

„Oh Henrys Sohn. Kennst du ihn vielleicht?“ Endris wurde kalkweiß, „Ah so ist das.“

„Was ist? Ist dir nicht gut? Was meinst du damit?“ eine Frau reichte mir einen heißen Teller.

„Ich  mache  nicht  gern  schöne  Worte. Aber  du  und  Hendrik  seid  ein  Paar  ja?“  war  das  eine  Frage  oder Feststellung. Den heißen Teller balancierend verneinte ich, „Hendrik ist wie ein Bruder für mich.“ klärte ich ihn auf erst dann verstand ich, „Oh nein! Endris bitte sag mir nicht du machst dir Hoffnungen?“ er grinste mich an, „Ich glaube das ist der Hauptgrund, warum ausgerechnet dein Vater mich herschickte. Er deutete eine Liebelei zwischen dir und einem Vampir an.“

Jetzt war ich hochgradig sauer, „Na dann hättest du besser aufpassen müssen Endris. Hendrik ist ein Mensch!“ fuhr ich ihn an. Was sollte das? Erst Rosmerta, nun schickte mir mein Vater einen… ja was Liebhaber? Oder zukünftigen Schwiegersohn. Na warte du wirst dich wundern!

„Hier dein Essen!“ klatschte ich dem verblüfften Freund den Teller vor die Nase. „Was ist denn mit dir los?“

„Was wohl? Mein Vater schickt mir einen Leibwächter, der auch gleich mein Liebhaber werden soll! Was soll das? Sind die denn alle verrückt?“ wütete ich, „Erst Rosmerta dann Vlad der mit den da schickt“ zeigte ich auf Endris. „Du etwa auch? Willst du dich hinten in der Schlange anstellen?“

„Gott bewahre nein.“ Wehrte sich Hendrik entschieden, „Für dich ist sowieso keiner gut genug.“ Grinste er mir versöhnlich zu, „Nein ehrlich mir reicht es noch als ich mir - dich mit meinen Erzeuger vorstellte. Verdammt“ schob er seinen Teller fort, „jetzt ist mir der Appetit vergangen.“ Klagte er mich miesepeterig an.  „Danke auch Sarah, gut gemacht.“

Ich musste lachen in Hendriks Nähe zerfielen die Probleme zu Staub. Irgendwie würde ich schon mit der Angelegenheit fertig werden. Doch zuvor sollte Vater ein wenig meine Rache spüren.

„Was heckst du aus? Dieses Gesicht gefällt mir auf keinen Fall.“

„Ach schon gut es ist nichts. Nun iss und erzähle mir von zu Haus.“ Hatte ich das wirklich gesagt? Ja es stimmte auf der Festung fühlte ich mich zu Haus. Die trotzige abweisende Festung hinterließ ein warmes behagliches Gefühl. Mein zu Hause. Hendrik fiel es nicht weiter auf. Widerstrebend zog er den Teller zu sich.

„Sag mir, wer ist der Typ der mich die ganze Zeit fixiert?“

Ich winkte Endris zu, er solle näherkommen. „Hendrik! Das ist Endris mein Leibwächter. Nach meines Vaters Plan auch mehr. Endris das ist mein Freund und Bruder Hendrik, seiner Ansicht nach bin ich zu gut für alle.“ Grinste ich dem erstaunten Vampir zu. „So da die Fronten geklärt sind, kannst du dich auch zu uns setzen.“ Mein Freund und Bruder zog skeptisch eine Braue hoch.

„Hast du getrunken?“ schnüffelte er an meinen Atem.

„Nein und nun erzähl.“

Während er aß, berichtete Hendrik von der Festung. Wochen wurden sie beobachtet. Als ihnen endlich bewusst wurde das sie die Festung nicht einnehmen konnten zogen sie ab. „Sie haben es versucht an der Tür hinter dem Museum. Aber wir hatten einige Überraschungen für sie. Dann checkten auf einmal einige dubiose Leute ein. Nun sie wurden krank eine seltsame Grippe ging um.“ Lachte Hendrik dann erzählte er weiter. Das Hotel wurde geschlossen die Ausfallpforte zugemauert und etwaige Zuwege gesichert.

„Das zur Festung. Dana ist nicht zurückgekehrt sie hat mit Geirrod das Land verlassen. Soviel ich weiß ist sie bei Freunden in Russland. Alia ging es von Tag zu Tag besser. Es war ihr Einfall die Jäger mit Abführmittel zu füttern.“

„Das freut mich warum ist sie nicht mitgekommen?“

„Einer muss auf der Festung ja die Stellung halten. Mein Vater wurde von Corvin nach Venedig berufen. Sie sitzen da noch immer fest.“ Der Rat tickt anders erklärte mir Hendrik. „Es kann sein das sie dieses Jahr keinen mehr empfangen. Geirrod ist übrigens auch in Venedig. Ich denke Corvin will mit aller Macht ein Gespräch erzwingen.“

Zwischendurch stopfte sich Hendrik voll, „Ah ja und Vadim ist auf der Festung mit unserem lieben Aufpasser, Butler und Ehemann Leon. Er wird Vadim schon zurechtweisen.“

„Aber Vadim ist ein Vampir und Leon nicht der Jüngste.“

„Trotzdem wird er Leon nicht das kleinste Haar krümmen. Er steht unter dem Schutz unseres Obermackers.“ Endris räusperte sich verhalten, „Sprichst du von Corvin Sardovan?“ Hendrik nickte unbekümmert. „Das ist eine unglimpfliche Nennung für unser Familienoberhaupt.“

Hendrik sperrte den Mund auf und vergaß zu essen. Als er sich von seinem Erstaunen erholte, fragte er, „Du hast noch nie mit Corvin zusammengelebt? Was?“

„Das ist richtig.“

„Dann will ich dir eines sagen. Es stimmt alles, was man sich über Corvin Sardovan erzählt. Aber das ist nicht alles, was er ist. Er weiß, wie ich ihn nenne, und hat nie das Geringste daran auszusetzen gehabt. Verstehst du. Da lasse ich mir doch nicht von dir der du auch nie in seiner Nähe kamst Vorhaltungen machen.“

„So wurde es mir beigebracht und daran halte ich fest, bis ich unser Familienoberhaupt persönlich kennenlerne.“ Blieb Endris bei seiner Meinung.

„Na dann mach dich mal auf eine Überraschung gefasst.“ In Endris Zügen breitete sich Unsicherheit aus. „Ist er so gewaltig wie man es behauptet?“

„Gewaltig, mächtig, einmalig, verschlagen, intelligent, streng das ist er und noch viel mehr. Ich bin ja kein Vampir noch nicht. Aber mein Vater sagt er habe Corvin nur einmal so richtig wütend erlebt und das reicht ihm für sein ganzes zukünftiges Leben.“

 

Endris hörte mit offenem Mund zu. Sein Gesicht bekam einen leicht rötlichen Hauch, „Bevor ich zu Vlad gerufen wurde habe ich noch nie einen älteren Vampir gegenübergestanden. Vlad ist ein alter Vampir das spürte ich. So wie auch dein Vater dessen Präsenz ihm Weit vorauseilte. Rosmerta und Diederich auch sie sind alt. Doch es soll kein Vergleich mit der Macht Corvins sein.“

Hendrik kniff die Augen zusammen, „Du bist noch nicht lange gewandelt?“ Endris schüttelte den Kopf, „Zehn Jahre sind es jetzt.“

„Dachte ich mir.“ Nickte mein Freund. So war er! Seit Wochen begleitete mich Endris nun schon. Was konnte ich über  ihn  sagen?  Nichts!  Musste  ich  beschämt  zugeben. Aber  Hendrik  saß  kaum  zwei  Minuten  mit  Endris zusammen und erfuhr alles.

Denn  Endris  schilderte  gerade  seinen  Werdegang  als  Krieger.  Er  war  bei  einem Abzweig  der  Sardovans ausgebildet worden, die sich auf den Personenschutz spezialisierte. Das fand ich interessant es gab noch verschiedene Bereiche der Krieger.

 „Ja ich habe meine Prüfung Anfang des Jahres bestanden. Einige Wochen später dann die Aufnahme in der Familie die Vlad durchführte. Er sprach mit mir und lobte mich für meine guten Ergebnisse. Er sagte auch er habe sich an mich erinnert. Seiner Meinung nach sei ich der Richtige für den Schutz seiner Tochter.“ Schloss er stolz.

„Da kannst du wirklich stolz drauf sein. Vlad setzt an alle Krieger hohe Maßstäbe. Ich hoffe ich kann sie auch erfüllen, wenn ich die Ausbildung abgeschlossen habe.“

„Wenn du willst, kann ich dir einige Übungen zeigen, die auch nach der Wandlung bestehen bleiben.“ Sofort war Hendrik damit einverstanden. Na da hatte sich ja das richtige Paar gefunden.

„Nur“, wandte Endris ein, „Bleibt mir nicht fiel Zeit ich muss ja auf Sarah aufpassen.“

„Das ist doch kein Problem.“ Lachte mein lieber Freund begeistert, „Sarah nimmt Teil oder sieht zu.“ Ich sah mich schon stundenlang den Herren zusehen. Da kam mir eine zündende Idee, die auch zu meinem kleinen Racheplan passte.

„Ihr solltet auch andere Fragen die an dem Training teilnehmen wollen. Je mehr wir sind desto spaßiger wird es. Außerdem haben wir dann eine Aufgabe, die uns beschäftigt anstatt nur darauf zuwarten, dass der Winter endet.“

Sofort waren sie hellauf begeistert und schmiedeten Pläne. Da sah ich Isabel, die gerade ihren Küchendienst antrat. „Wie wäre es, wenn ihr gleich anfangt? Da ist Isabel. Ich glaube Diederich sagte sie hat gute Anlagen.“

Eilends sprangen die beiden Heißsporne auf. Die Anwesenden Vampire fanden die Idee gut und wollten sich ebenfalls beteiligen. Das gab im Dorf eine Kettenreaktion. Viele junge Leute wollten an dem Training teilnehmen.

Hendrik und Endris holten sich die Unterstützung und Erlaubnis von Diederich. Wie erwartet stimmte er der Idee zu und empfahl gleich ein passendes Trainingsgelände.

Nur mir verweigerte er die Teilnahme, weil es außerhalb des Dorfes zu unsicher sei. Endris nahm das Verbot ohne Regung hin. Ich nicht!

Erst nachdem ich Rosmerta und Henry deswegen nervte und mit ihnen zu Diederich ging, willigte er zögernd ein. Mit einigen Auflagen, die ich einhalten musste. Aber das war kein Problem es kam sogar meinen Plan zugute. Ich durfte nur mit drei Vampiren am Training teilnehmen.

Rosmerta nutzte gleich wie ich heimlich erhoffte die Gelegenheit. „Ich persönlich werde Sarahs Leibwächter aussuchen.“ Blitzte sie mich teuflisch an.

Bruder Jakob, Bruder Jakob schläfst du noch…

Jodelte ich in Gedanken mit ganzer Inbrunst. Das brachte sie einen Moment aus dem Konzept aber mir nur recht. Bis jetzt konnte ich ihren Kuppeleien erfolgreich entgehen mit zusätzlichen Leibwächtern, die sie mir zuschusterte, wäre das schwieriger. Aber genau das wollte ich ja nur durfte Rosmerta es nicht erfahren.

Henry stöhnte laut auf entsetzt sah er mich an, „Seit wann grölst du so? Das ist ja schrecklich.“

„Dann bleib aus meinen Gedanken“, erwiderte ich lächelnd.

„Man sollte denjenigen vierteilen, der dir das beigebracht hat.“ Schimpfte er, während er Rosmerta argwöhnisch beäugte.

 „Von mir hat sie das nicht gelernt!“ wies sie die stille Anschuldigung zurück.

„Wenn das jetzt alles ist, ich habe zu tun.“ Sagte Diederich barsch.

Den Rausschmiss ließ ich mir zu gern gefallen. Endris der vor der Tür wartete sah mich gespannt an. Mein triumphierendes Lächeln war ihm Antwort genug.

„Super“ grinste er erleichtert zurück.

Schon am nächsten Tag wurde das erste Training gehalten. Rosmerta kam mit drei Vampiren an. Ich maulte da von insgesamt Dreien die Rede war.

„Hör auf zu nörgeln.“ Brauste Rosmerta auf. „Die drei oder du bleibst mit deinem Arsch zu Haus.“ Erpresste sie mich. Kleinlaut gab ich nach. Das klappte ja besser als ich dachte und sah mir die Drei an.

Wirklich ausnehmend gut aussehende Exemplare der Gattung. Von jedem etwas einer dunkel mit kräftigem Körperbau. Der Nächste blond sehr sportlich und der Letzte in der Runde ein vorwitziger Schelm. Aha Rosmerta wollte meine Vorlieben auskundschaften. Soll sie ruhig.

Mit meinem eingeübten Lächeln das bezaubern sollte begrüßte ich die Vampire. Mit leidlichem Erfolg, wie ich feststellte. Nun das war wohl nichts da hieß es weiterüben. Also beließ ich es dabei. Ich fragte mich wie die Frauen das machten. Mit einem Blick die Männer in ihrem Bann zu ziehen.

Naja vielleicht lief es morgen ja besser sagte ich mir. Zu gespannt auf das erste Training, um mir durch meinen Misserfolg die Freude zu verderben.

Fast das gesamte Dorf nahm daran teil, wie ich verwundert feststellte. Ich kam mir mit den Leibwächtern ziemlich lächerlich vor. Wer sollte schon solch eine Meute angreifen? Die Vampire waren fast alle bewaffnet. Hauptsächlich mit Schwertern. Sogar Rosmerta trat mit ihrem Stock bewaffnet auf das Trainingsfeld. Ihre Augen blitzten erregt auf, während sie ihren Knüppel schwang.

Das gesamte Feld war unterteilt in verschiedenen Kategorien. „Mein Gott wer hat das denn alles aufgebaut?“, fragte ich erstaunt, als ich die Parcours erblickte.

„Ja da bist du baff was?“, sagte Hendrik, „die Vampire sind ganz verrückt auf die Idee eingegangen. Sie haben sofort  begonnen  das  alles  aufzubauen.  Das  ist  der  reine  Wahnsinn.  Komm  ich  zeige  dir  was  sie  für  uns schwächliche Menschen aufgebaut haben.“ Zog er mich mit.

Das war ein richtiger Sportplatz außen lief eine Laufbahn entlang, die sich über das gesamte Gelände erstreckte.

„Du kannst mehrere Strecken laufen. Da vorn sind Hürden, die man noch zusätzlich aufstellen kann. In der Mitte werden die Übungen vorgenommen von denen Endris sprach. Doch zuerst müssen wir uns warmlaufen.“

Ich wunderte mich, mit welchem Enthusiasmus die Vampire dabei waren.

Einer meiner Leibwächter sagte, „Das hat auch einen guten Grund. Diederich hat schon die Wahrheit gesagt, als er uns zusammenstutzte. Wir sind faul und degeneriert. Nur deshalb konnte das in England geschehen. Wäre nur die Hälfte davon im Waffengebrauch geübt – wer weiß wie viele heute noch Lebten.“

 „Ja da hat er ganz recht. Nicht das, das einer im Dorf auch nur zugeben würde.“ Meinte der Schelm an meiner Seite.

 

„Und ihr müsst euch mit mir abgeben.“ Meinte ich bedauernd, „Ihr würdet wohl lieber dort drüben trainieren?“

Sie sahen sich gegenseitig verstohlen an. Doch keiner sagte ein Wort dazu. „Was haltet ihr von dem Vorschlag. Erst laufen wir uns warm dann nehme ich eine Weile an den Übungen mit Endris teil. Danach werde ich laufen ich denke dort hinten immer schön im Kreis?“ meinte ich verschmilzt. Sie verstanden sofort ihre Mienen hellten sich auf.

Sogar Endris war damit einverstanden. „Wer sollte es wagen dich anzugreifen. Ein ganzes Dorf auf Kriegsfuß nein das ist unwahrscheinlich.“

Von nun an zeigten meine Leibwächter liebenswürdigere Mienen. Ich musste sogar zugeben das es mir Spaß machte mit ihnen zu laufen sowie die Übungen zu absolvieren. Die hauptsächlich aus Balancetraining bestanden. Was für allgemeine Erheiterung sorgte.

Endris verlangte einiges von uns. Es kam schon vor das einer umkippte und die Umstehenden mit sich riss. Oder das wir seltsam grotesk dastanden und jemand anfing zu lachen. Besonders der Schelm konnte nicht lange ernst bleiben und torkelte vor Lachen dabei verursachte er einige Male ein Chaos aus Leibern.

Aus dem befreite mich Henry, als er sich verabschiedete. Meine Leibwächter sprangen sofort auf und kamen uns hinterher.

„Bleibt da!“, wies Henry die Drei an.

Sie aber folgten Henry und mir. „Nanu? Besitzt du neuerdings ein eigenes Rudel?“ Sah er sich um. Endris warf uns ebenfalls einen aufmerksamen Blick zu.

„Na ja so schlecht ist es nicht. Sie folgen mir wie Hündchen.“ Grinste ich ihn an. „Besonders Endris ist ein achtsamer  und  fürsorglicher  Leibwächter.“  Genau  die Worte  würde  mein Vater  hören  ich  sollte  noch  etwas hinzufügen vielleicht etwas Frivoles. Aber was?

„Jedenfalls bekomme ich keine Langeweile bei der ausreichenden Auswahl an Vampiren.“ Zwinkerte ich den drei Vampiren offen zu.

Henry konnte sich daraus basteln, was er wollte. Mit seiner Fantasie, die nur in eine Richtung ging, war der Anstupser nicht schlecht. „Wer hätte das gedacht? Die Kleine wird erwachsen.“ Lachte er. „Falls Interesse an einem erfahrenen Vampir besteht – ich stehe dir gern zu Verfügung.“ Grinste er mir schmeichelnd zu.

„Wer weiß? Wir werden sehen.“ Spielte ich mit dem Feuer. Henry war durchaus in der Lage den Worten sofort Taten folgen zu lassen. Aber er seufzte nur bedauernd.

So mein lieber Vater da hast du was zu verdauen. Ich konnte mich auf Henry verlassen er würde das ganze noch ausschmücken. „Weshalb ich gekommen bin. Soll ich deinem Vater oder jemand anderem etwas ausrichten?“

„Ja gibst du Vlad diesen Brief?“ den hatte ich schon gestern Abend geschrieben. „Richte liebe Grüße aus, auch an Geirrod.“ Bat ich.

 „Ansonsten niemand?“, fragte er gespannt nach. Ich dachte an ihre Vorsichtsmaßnahmen, bevor wir so überstürzt aufbrachen. An Corvin und meine Verliebtheit. Nein vergiss es er hat dich nur benutzt. „Ich wüsste nicht an wen?“, sagte ich entschieden.

„Wie du willst Sarah.“ steckte er stirnrunzelnd den Brief ein. Dabei bedachte er meine Leibwächter mit einem abschätzenden Blick. „Ist einer dabei der bei dir Herzklopfen verursacht?“

„Henry! Das geht dich gar nichts an. Aber wie Rosmerta so schön sagt…“

„Du hörst doch nicht auf Rosmerta?“, fragte er mich entrüstet.

„Warum denn nicht? Sie hat ja in so vielen Recht.“ Ha, das würde Vlad den Atem rauben. Du schickst mir keine Vampire mehr.

„Oh Himmel auf Erden! Ich richte deinem Vater und Geirrod nur Grüße aus.“ das war ja noch besser. Ich kannte meinen Vater gut genug. Er würde Henry nicht eher in Ruhe lassen, bis er alles haarklein erfuhr. Nun zurück zu Rosmerta sie zu überzeugen da benötigte ich schon etwas Handfesteres.

„Na Jungs wie wäre es, wenn ihr euch mal etwas bewegt?“ lief ich auf meine Schatten zu und schlug den Weg zu dem Vampirareal ein. Sie folgten mir mit Begeisterung.

Meine frohe Stimmung hielt die nächsten Tage an. Henry müsste schon in Venedig weilen und ich konnte mir Vlad entsetztes Gesicht direkt vorstellen. Es geschah ihm recht. Warum schickte er mir auch Endris mit dieser Absicht.

Bei  Rosmerta  biss  ich  auf  Stahl.  Zwar  wollte  sie  am  nächsten  Tag  drei  weitere Anwärter  zur  Leibgarde verpflichten. Wogegen meine Gestrigen laut ihren Protest kundtaten und die Neulinge davonjagten.

Als ich sie näher kennenlernte, musste ich zugeben, dass sie nette Kumpel waren. Eric der dunkle Typ besaß einen trockenen Humor, was ich besonders an ihm mochte. Matt oder Matti war der ruhigere Vertreter. Unser Schelm mit dem unaussprechlichen Namen, deshalb riefen wir ihn kurzerhand Till, was ihm schmeichelte konnte uns stundenlang unterhalten. Dazu Hendrik und Endris.

Isabel gesellte sich oft dazu ihr Bruder Raoul fand unsere Gruppe unter seiner Würde. Maria und Ramon jedoch befanden uns als gesellschaftsfähig. Oft saßen wir bis spät in der Nacht in der Küche. Da waren wir nicht allein viele Dorfbewohner nutzten die Küche für Gespräche.

 

Mit den Arbeitsdiensten, den Trainingsstunden, dem Beisammensein an den Abenden verflog die Zeit. Mit einem Male fing die Vorweihnachtszeit an. Überall wurden Fenster geschmückt. Lichter aufgestellt oder Lieder gesungen, wobei ich höflich gebeten wurde nur zuzuhören. Ich wusste gar nicht warum? Deshalb fragte ich nach, bis mir ein Pflaster, ein Maulkorb oder ganz drastisch ein Zwirn vor die Nase gehalten wurde. Rosmerta lachte auf meine Frage hin, „Es ist besser für uns du hörst dir nur die Gesänge an. Reiner Selbstschutz verstehst du!“ eingeschnappt ließ ich Rosmerta stehen. Mit der Wahrheit konnte man es auch übertreiben!

Diederich ließ mich nun auch mit Eric, Matt oder Till allein zum Training. Je nachdem, wer gerade Lust und Zeit hatte. Endris blieb seiner Gewohnheit treu vor meiner Tür wache zu halten. Auch auf meine Einladung hin das Sofa zu nutzten lehnte er kategorisch ab. Was Hendrik dann für sich vereinnahmte, wenn er keine Lust hatte, in den anderen Teil des Hauses auf sein Zimmer zu gehen.

Wir drei saßen noch oft zusammen und redeten. Dabei kam Hendrik oft auf die Festung zu sprechen. Den Leuten, die Hotelgäste, seinen Vater und auch Corvin. Gerade über ihn konnte Endris nie genug hören. Er bewunderte das Oberhaupt fast schon zu sehr.

Dabei fiel mir eines Abends auf, wie sehr auch ich an Hendriks Lippen hing, wenn er über Corvin sprach. Das musste ein Ende haben schimpfte ich mit mir. Konnte aber keinen richtigen Abschluss finden. Naja die Zeit heilt alle Wunden dachte ich, irgendwann war er Vergangenheit.

Von Vlad erhielt ich einen weiteren Brief diesmal länger. Zwischen den Zeilen warnte er mich besorgt vor überschnelle Bindungen. Nun ein Teil meiner Rachegelüste waren erfüllt nur Rosmerta fehlte mir noch.

Wie immer verbrachten wir den Abend in der Küche. Als sie geschlossen wurde, kam Hendrik wie so oft mit. In der Halle rief Diederich nach Endris und Hendrik. Ich winkte ihnen zu bestimmt hatte Diederich wieder neue Übungen erdacht.

Auch wenn er selten daran teilnahm, überraschte er mit neuen Ideen und Vorschlägen. Na das konnte die halbe Nacht dauern deshalb wollte ich mal früher zu Bett gehen. Als ich die Tür schloss und das Licht anmachte, erwartete mich eine Überraschung und was für eine. Ein vor sich hinstierender Corvin Sardovan.

Mir blieb die Spucke weg. Angewurzelt stand ich da und starrte ihn an.

Mit dunklen Augen betrachtete er mich. „Du scheinst überrascht zu sein!“, bemerkte er überflüssig. „Was ist hat es dir die Sprache verschlagen?“

„Nein! Natürlich nicht. Wo ist mein Vater?“ riss ich mich zusammen. Ihn einfach so vor mir stehen zu haben. Das war schon erschreckend.

„Dein Vater ist auf den Weg nach Deutschland.“ Antwortete er kurz angebunden. Er hielt also sein Versprechen wie ich es erwartete nicht. Typisch für ihn. Ließ Vlad allein.

„Das verkennst du. Dein Vater und ich waren einer Meinung, dass ich mich hierher auf dem Weg begebe. Aus Gründen, die du dir ja denken kannst. Deshalb begleitet Henry deinen Vater. Damit ich die Angelegenheiten hier vor Ort regeln kann.“

„So? Welche denn?“ Warum suchte er dann gerade mich auf? Trotzdem fragte ich nach. „Habt ihr mit dem Rat reden können? Was ist das Ergebnis oder darf ich das nicht erfahren.“ nun erst zog ich meine Jacke aus. Schal und Handschuhe stopfte ich wie gewohnt in den Ärmel.

 „Du trägst ein Männerhemd!“ bemerkte Corvin zynisch.

„Ja und?“ Es war Rosmerta, die mir einige Kleidungsstücke besorgte. Das Flanellhemd zog ich gern an. Ich schwatzte es Matt ab.

„Von wem hast du es denn?“, wollte Corvin wissen. Ich fand es schon komisch das er sich für das Hemd interessierte. Wollte er mich im Ungewissen lassen wegen des Rates. Oder war Vlad etwas geschehen? Dass er mir verheimlichte.

„Vlad ist wirklich nach Deutschland aufgebrochen?“, fragte ich beunruhigt nach.

„Wir sprachen über das Hemd. Woher hast du es?“ setzte er sich jetzt in Bewegung auf mich zu. „Sarah nur heraus mit der Sprache. Wir sind bestens informiert.“ Sprach er gefährlich leise.

Ich trat lieber den Rückzug an. Corvin sah mich mit einem wilden Blick an. Der war mir nun wirklich nicht geheuer. Auch aus seinen Fragen wurde ich nicht schlau. Er hielt mich nicht auf. So spurtete ich zur Tür, die ich verschlossen vorfand. Wusste ich doch das sie unverschlossen war. Corvin! „Öffne die Tür“, verlangte ich.

„Erst wenn ich mit dir fertig bin. Darauf kannst du dich verlassen. Diesmal habe ich das Einverständnis deines Vaters. Erwarte also keine Rücksichtsnahme meinerseits.“

„Du bist ja völlig Banane!“ mir fiel nichts Besseres ein und Till nervte uns seid Tagen mit diesem Ausdruck.

„Ah jetzt erfahre ich langsam die Namen! Wer noch? Nur heraus mit der Sprache. Mit wem treibst du dich noch herum?“

Darum ging es? War es das? Ich konnte es kaum glauben und musste lachen. Meine Rachegelüste schlugen unweigerlich in Form von Corvin Sardovan zurück. Mein lieber Vater musste ja total aus dem Häuschen sein. Er schickte mir den gestrengen Corvin Sardovan! Ich bekam mich gar nicht mehr ein.

„Du lachst?“ packte Corvin mich an den Schultern. „Du wagst es zu lachen?“

„Aber ja!“ hielt ich mir den Bauch, „Es ist einfach lächerlich. Und noch lächerlicher bist du. Gerade du machst mir Vorhaltungen? Ich muss schon sagen das hat was. Der Weiberheld macht mir - mir Vorwürfe.“

Ich musste mich zwingen aufzuhören, „wenn es nicht so traurig wäre, könnte ich mich wirklich amüsieren.“

„Das hast du ja schon zur Genüge. Damit ist jetzt Schluss. Bis auf Weiteres bleibst du in deinem Zimmer. Ich werde schon herausbekommen…“

„Was“, fragte ich nach nun wütend. Ich wurde sofort verurteilt von dem Schlimmsten überhaupt. „Wer meine zahlreichen Liebhaber sind? Dann wünsche ich dir viel Vergnügen. Das Dorf ist überfüllt mit gut aussehenden Männern und Vampiren.“

„Schluss jetzt!“ Wieder starrte er mich wild an. Ich konnte meine Angst nicht ganz verbergen. Corvin sah wirklich so aus als wolle er mich schlagen. Ich dachte einen Moment er würde. Aber dann ging er, ohne ein weiteres Wort zu verlieren.

Die Nacht verging langsam mir fehlten meine Freunde. Vom Fenster konnte ich zusehen, wie das Dorf erwachte. Aus dem Küchenzelt drang Rauch auf. Sie bereiteten das Frühstück vor. Bald würden Mensch und Vampir dorthin strömen. Heute ohne mich.

Würden sie sich fragen, wo ich blieb? Oder hatte Corvin meine Inhaftierung schon bekannt gegeben? Es war einfach lächerlich. Wie konnte Vlad nur glauben das ich mir mehrere Liebhaber halten würden?

Vor meiner Tür hörte ich Schritte. Die Klinke wurde heruntergedrückt es passierte nichts. Dann ein leises Kratzen. Ich ging hinüber. „Sarah“ hörte ich Hendriks gedämpfte Stimme.

„Ja“

„Geht es dir gut? Bist du verletzt oder so was?“

Trotz meiner Lage musste ich lächeln. „Es geht mir gut.“ Ich hörte aufgeregtes Tuscheln. „Er wütet durch das Dorf wie ein Berserker. Keiner wagt sich aus dem Haus. Weißt du, was er eigentlich sucht?“

Meine nicht vorhandenen Liebhaber grinste ich. „Ich hab da so meine Vorstellung“, antwortete ich ausweichend.

„Wir haben nicht viel Zeit. Ja! Ja! Ich mach ja schon.“ Hörte ich Hendriks Stimme genervt. „Schöne Grüße von Endris, Till und Konsorte. Sarah halte die Ohren steif. Wir müssen zum Appell. Befehl von ganz oben. Übrigens Endris hat mächtig Schiss vor Corvin.“ Da heulte Hendrik gequält auf.

„Hendrik? Was ist los?“ fragte ich besorgt nach. Etwa Corvin?

„Alles in Ordnung Endris hat mich geschlagen und vergessen das ich ein kleiner harmloser Mensch bin. Ich glaube meine Schulter ist gebrochen. Ein Grund nicht zum Appell zu gehen.“ Er klang höchst zufrieden trotz gebrochener Schulter.

Kapitel 17

„Wir kommen sobald es geht zurück. Halt die Ohren steif.“

„Ihr auch“, sagte ich bekam aber keine Antwort. Sie dachten und sorgten sich um mich. Das machte mein Gefängnis eine Weile erträglicher.

Wieder nahm ich die Position am Fenster ein. Diesmal sah ich einige Gestalten, die ruhelos umherwanderten. Es kamen immer mehr dazu. Sollte das der geplante Aufruf sein?

Dann lautes Gejohle und pfeifen freudestrahlend öffnete ich das Fenster. Meine Freunde riefen mir einiges zu. Der Platz war nun zum Bersten gefüllt. Ich konnte kein Wort verstehen.

Dann wurde es mucksmäuschenstill. Wer solch eine Stimmung verbreitete, konnte ich mir denken. Die Gruppe meiner Freunde und Bekannte lösten sich aus dem Pulk, der sich nun rasch auflöste. Was bedeutete das?

Ah! Corvin wieder einer seiner gefährlichen Schachzüge. Mit Bedacht hatte er den Appell vor meinen Fenster einberufen. Schon wieder bin ich darauf hereingefallen. Schon wieder benutzte er mich als Köder. Dieser Gauner! Aber auch gar nichts war ihm heilig.

 

Die Zeit zerfloss zäh. Ich wartete - was kam noch auf mich zu? Eigentlich nicht viel. Er konnte suchen und schnüffeln so viel er wollte. Gerade das belustigte mich ja. All seine ausreichenden Gaben völlig nutzlos. Freute ich mich diebisch.

Hoffentlich tat er den Jungs nichts an. Es hörte sich zwar komisch an da Eric ja nur gerade hundertachtzig Jahre alt war. Oder Till einige Jahre jünger. Nur wie alt Matt war, wussten wir nicht. Daraus machte er ein Geheimnis.

Endris meinte er sei alt, aber Till und Eric teilten die Meinung nicht. Es war ja auch egal. Sie waren meine Freunde und wehe, wenn der alte Macker ihnen auch nur ein Härchen krümmte. Konnte er was erleben.

„Ja das möchte ich erleben. Was willst du mir denn antun?“ hörte ich Corvin amüsiert direkt hinter mir.

„Das wirst du dann früh genug erfahren. Nun hast du genug herumgewütet? Stehe ich noch unter Hausarrest?“

„Verdient hättest du es. Wie um Gottes Namen konntest du nur?“

„Was denn? Mir einen Liebhaber nach dem anderen nehmen. Ganz einfach! Nacht für Nacht! Und wenn ich genug Appetit hatte, zwischen den Mahlzeiten auch noch.“ Giftete ich ihn an. „Du weißt doch, wie das so geht. Oder irre ich mich?“

„Vorsichtig Sarah! Sei ganz vorsichtig. Du weißt gar nicht wie nah du an einer…“

„Was? Du drohst mir Schläge an? Bitte du hast ja Vlad´s Einverständnis.“ Reizte ich ihn mit voller Absicht weiter.

„Glaub mir, das würde ich zu gern. Aber ich wollte gerade etwas ganz anders sagen. Du solltest mich nicht ständig unterbrechen.“

„Ach und was?“

„Wie nah du an einer… Zwischenmahlzeit bist. Meiner wohlgemerkt.“ Grinste er mich lüstern an.

„Wie bitte?“ das war nun doch etwas zu viel. „Du kommst hierher! Spielst den Moralapostel! Im Auftrag meines Vaters sollst du mich von meinen Fehlverhalten abbringen und im gleichen Atemzug verlangst du genau das! Danke! Aber nein danke. Ich verzichte gern. Da hole ich mir lieber einen meiner Liebhaber. Da weiß ich, was ich habe.“

Sofort veränderte sich seine Stimmung. „Hast du wirklich? Sag es mir auf der Stelle oder ich…“ ich lachte ihm ins Gesicht. Sollte er doch an seinem Unwissen ersticken.

„Du gehst zu weit Füchsin. Du hast es dir selbst zuzuschreiben. Ich will deine Gedanken… alle“ forderte er leise. Ich hatte eine Grenze überschritten das wurde mir sofort klar, als ich sein Gesicht sah.

Bruder Jakob half mir auch nicht. Diesmal spürte ich sein Eindringen. Es war die Wut die Wildheit, mit der er ungezügelt meine Gedanken durchforstete. Benommen konnte ich nur dastehen - musste es mir gefallen lassen. Das war, das Schlimmste was ich jemals erlebte - erniedrigend. Ich fühlte mich seelisch entblößt, vergewaltigt.

Endlich ließ er mich frei, „Gott ein kleines Ränkespiel.“ Sagte er betroffen. Was nicht lange anhielt.

Sofort fuhr er mich an, „Wie konntest du nur? Kannst du dir nicht denken… Die Vorstellung du und einer dieser…!“Schüttelte er mich wild durch.

„Henry drückte sich sehr anschaulich aus. Hast du denn gar nichts begriffen? Ich habe es dir gesagt Sarah. Immer und immer wieder. Aber du - du gehst daher und verschaffst dir mit Andeutungen Liebhaber. Weißt du, ich hätte dich um ein Haar umgebracht. Dich und deine Freunde! Mit Freuden hätte ich ein Blutbad begangen.“ Seine Stimme dröhnte noch in meinen Ohren nach. Als er mich losließ.

„Aber warum?“

„Warum? Du fragst warum? Ich sagte es dir! Noch in der Nacht, bevor wir uns trennten.“ Ich überlegte. Er sagte viel. Aber nichts das ich in dem Zusammenhang verstand.

„Ah! Bist du schwer von Begriff!“, fauchte er mich an, „Ich… ich… begehre dich.“ Sagte er voller Ernst.

„Das sagtest du ja bereits!“, meinte ich kalt, „und weißt du was! Ich begehre heißen Apfelkuchen. Trotzdem teile ich ihn.“ Konnte ich nicht umhin mich über ihn lustig zu machen. Nur weil er mich begehrte, sollte ich keinen Mann kennen und lieben lernen. Das ging doch nun etwas zu weit.

„Ich sage dir eines Corvin Sardovan. Ich habe kein Interesse an dir! Oder deine Märe zu werden. Noch eines ich mag dich nicht. Deine Art und Weise, wie du mit Menschen umgehst.“

„Du wirst! Und noch viel mehr!“ drohte er mir an, „und wenn ich dich für den Rest deines erbärmlichen Lebens einsperre.“

„Ha! Das wage dich!“

„Das werde ich…“, brüllte er nun.

Es klopfte laut an der Tür, die sofort aufging. Rosmerta kam ungeniert herein, „Entschuldigt ich wollte euren Streit unter Liebenden ja nicht unterbrechen. Es ist auch sehr amüsant, euch zuzuhören. Aber ich denke ihr habt genug Stoff für die nächsten hundert Jahre geliefert.“

Trat sie näher, „übrigens Corvin“, er drehte sich gereizt zu ihr um. In einer Geschwindigkeit, die ich Rosmerta niemals zugetraut hätte. Versetzte sie dem Vampir zwei gut platzierte Schläge auf den Hinterkopf.

„Der eine ist für deine Dummheit! Sag es ihr doch mal und rede nicht Drumherum. Der andere ist dafür was du ihr angetan hast. Unentschuldbar, auch wenn du noch so rasend vor Eifersucht kochst. Unentschuldbar.“ Sagte sie und ging erhobenen Hauptes. Sprachlos sah ich ihr nach.

Corvin rieb sich den Kopf ein schiefes Grinsen im Gesicht, „Manchmal kann die Alte richtig nerven. Doch ich muss zugeben so unrecht hat sie nicht.“, was war denn das? Solch milde Töne aus seinem Munde?

„Sag ich doch! Und für die Alte wirst du büßen.“ Hallte es laut aus dem Flur, „Was ist mit euch Nachtschattengewächsen? Die Show ist vorbei seht zu das ihr verschwindet.“ Begleitet von gelegentlichem Aufstöhnen einiger Getroffenen.

Ich sah zur Tür beneidete Rosmerta und ihres entkommen. Ich wollte ebenfalls fliehen. So weit wie möglich davon laufen. Die Tür schloss sich wie von Zauberhand mit einem leisen Klick schloss sie vollends.

Die eintretende Stille legte eine Spannung frei die zum Schreien war. Seufzend wandte Corvin sich ab. „Du hast es ja gehört. Also entschuldige.“ Murmelte er leise.

„Das war´s? Du brummelst dir eine Entschuldigung in den Bart und alles ist vergessen? Eines will ich dir sagen Corvin Sardovan. Das verzeihe ich dir niemals. Komm mir nie wieder zu nahe. Am Besten du verschwindest.“

Redete ich mich warm, „Ach nein ich muss ja gehen schließlich ist es ja dein Haus. Keine Sorge innerhalb einer Stunde bin ich weg.“ Schon kramte ich meine wenigen Habseligkeiten zusammen und klemmte sie mir unter dem Arm.

„Siehst du hat noch nicht mal so lange gedauert. Ich will…“

„Du hast was vergessen.“ Unterbrach er mich.

„Was?“ sah ich mich um.

„Mein Herz“

„Dein was? Spinnst du?“ jetzt schnappte er total über.

„Ja! Ich spinne schon eine ganze Weile. Ich bin verrückt auch das stimmt. Bin Banane, wie du es ausdrücktest. Und noch einiges mehr. Vor allem aber liebe ich dich.“

„Nein“, konnte ich nur sagen.

„Nein? Komm Füchsin, das kannst du besser. Ich sagte ich liebe dich. Darauf  solltest du sagen…“,  mit hochgezogener Braue wartete er. „Du solltest sagen, ich dich auch oder ich liebe dich auch. Denn ich weiß, dass du es tust. Also es ist doch ganz einfach. Sag es mir.“

„Nein“ schüttelte ich den Kopf.

„Oh ja! Du liebst mich.“ kam er näher.

„Bleib von mir weg.“ Warnte ich ihn.

„Dieser Einladung konnte ich noch nie widerstehen Füchsin.“ Hielt er mich fest umschlungen, obwohl ich mich wehrte.

„Ich kann nur eines, dich um Verzeihung bitten. Ich war von Sinnen. Überall sah ich Rivalen. Eifersucht ist ein mächtiges Gefühl. Ich bin dem schutzlos ausgeliefert. Zu sehr liebe ich dich. Es schmerzt, wenn ich sehe, wie du dich von mir abwendest. Wenn ich nicht weiß, wo du bist. Wer bei dir ist. Ich liebe dich Sarah Sardovan mehr als ich es ausdrücken kann.“

Abwartend sah er mich an. Er rührte sich nicht. „Aber du hast mich benutzt. Damit Vlad mit dir kam.“

„Ja und ich begründete es. Ich sagte dir ich kann mit dir reden. Ich sagte… na gut das war alles sehr subtil. Doch ich konnte. Durfte mich doch nicht näher erklären. Versteh doch. Sie wollten dich, weil du Vlad´s Tochter bist. Sollten sie erfahren, was du für mich bist – dieser Gefahr durfte ich dich nicht aussetzen.“

„Ach und jetzt kannst du es?“ konnte ich nicht anders ihn ironisch fragend.

„Eigentlich sollte ich es nicht. Doch du hast mich zum Handeln gezwungen. Sollte ich weiterhin in Venedig auf den Rat warten?“ er lächelte zerknirscht, „Das konnte ich nicht. Nachdem Henry berichtete, was hier los ist. Bedrängte ich Vlad, er sollte sofort einschreiten. Aber nein! Dein Vater lachte und meinte du solltest ruhig deine Jugend genießen.“

Ich musste lächeln soviel zu meiner Rache. „Ja lächel ruhig du verdammtes Luder. Vlad nahm dein Verhalten völlig entspannt auf. Henry stachelte meine Eifersucht auch noch an. Indem er sich eine Ehe zwischen dir und seinem Sohn vorstellte.“

„Mit Hendrik“ lachte ich nun ungläubig.

„Ja ich hörte mir die ganze Zeit das Geschnatter der Drei an. Oh! Sie nannten genug mögliche Schwiegersöhne. Dann noch Rosmerta wie Henry sagte von dir hingerissen sei und dich auf den richtigen Weg führen wollte. Was das  für  ein  Weg  ist,  musste  man  mir  nicht  erklären.  Rosmerta  ist  bekannt  für  ihren  ausschweifenden Lebenswandel.“

„Wieso drei? Wer war denn noch bei euch?“

„Geirrod. Dieser Schwelger!“ knurrte Corvin verhalten, „er wagte es doch tatsächlich! Sich selbst vorzuschlagen. Dein hirnrissiger Vater nickte nur und meinte die Entscheidung treffe letztendlich nur du. Was konnte ich schon tun? Nichts! Vlad um deine Hand bitten? Nein wirklich das kann ich nicht.“ sagte er entsetzt.

„Jedenfalls zog ich mich zurück. Grübelte über Strategien, damit der Rat uns endlich empfängt. Nur um den verdrehten Hirngespinsten meiner Freunde zu entkommen. Ja dann.“ Er zögerte einen Moment.

„Zuerst muss ich dir gestehen, dass ich dich belogen habe. Vlad und Henry sind in Venedig.“ Sagte er schnell.

„Es kam ein Brief von Rosmerta er war an Vlad gerichtet. Nun also ich öffnete ihn. Rosmerta schrieb, dass du nun einige feste Freunde hättest. Ich bin sofort aufgebrochen. Henry kam gerade ins Haus ich glaube ich habe ihm mitgeteilt, dass ich verreise. So genau weiß ich es nicht.“ Corvin rieb sich den Hinterkopf und zuckte kam merklich zusammen.

„Kann auch sein das ich ihn überrannte und einige Flüche in seiner Richtung verschickte. Denn ich las verschiedene Namen darunter auch den von Hendrik.“ Die zweite Erklärung nahm ich ihm eher ab. „Ich kam hierher und wollte dich mit einem deiner Liebhaber erwischen. Als Diederich mir mitteilte, das du mit deinen Freunden in der Küche seist. Wartete ich hier auf dich.“

„Diederich sollte dann Endris und Hendrik aufhalten?“

„Nein! Versteh doch! Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. Ich wollte Blut vergießen das deines Liebhabers und deines. Diederich hat entgegen meiner Anweisung gehandelt.“

Das schockte mich. „Sarah ich war von Sinnen. Hatte nur ein Bild vor Augen du mit einem anderen. Das konnte ich nicht länger ertragen. Seit Wochen quälten mich diese Bilder. Als ich dann den Brief las, tickte ich aus. Mir war alles gleich die Familie, der Rat, die Jäger. Unwichtig! Nur du zähltest.“

„Soll das heißen? Du hättest dich auf uns gestürzt ohne zu Fragen? Ohne ein Wort? Er zuckte arrogant die Achseln, „Wahrscheinlich ja.“

„Bist du denn total verrückt? Du redest hier von mehreren Leben die Kinder deiner Freunde…“

„Hör auf! Ich weiß, was du sagen willst. Es war mir egal. Selbst wenn es meine Freunde wären. Ich hätte Sarah. Noch  jetzt  muss  ich  mich  beherrschen.  Du  fragst  nur! Willst  nur Auskünfte. Aber  das  was  ich  hören  will verweigerst du mir. Ich sah deine Gedanken doch ich traue mir nicht. Vielleicht habe ich ja nicht tief genug gegraben? Nur um das bisschen Hoffnung zu erhalten, dass ich dir nicht gleichgültig bin.“

Er ließ mich los und schleuderte den nächstbesten Stuhl durch das Fenster. „Ich erkenne mich selbst nicht wieder. Das hast du aus mir gemacht. Füchsin ich will dich! Nicht nur deinen Körper. Nein deine Loyalität, deine Freundschaft, deine Seele, deine Liebe. Dich als Ganzes. Verstehst du deine Liebe.“

„Das ist verrückt! Du bist verrückt geradezu besessen. Das ist ungesund Corvin!“

„Was soll´s! Ich weiß nur eines ich liebe dich und ich kann mir ein Leben ohne dich nicht vorstellen.“

„Nein Corvin unter diesen Voraussetzungen nicht. Du bist nicht du selbst. Höre dich doch mal selbst reden. Überdenke doch deine Worte. Sollte ich mich dich verweigern was dann? Tötest du mich zuerst und dann meine Freunde. Oder sind erst sie dran und danach ich?“

Genervt aufstöhnend unterbrach er mich, „Ich habe versucht es dir begreiflich zu machen. Was ich empfinde. Ja glaubst du denn ich laufe mit gewetzten Zähnen durch die Straßen? Kehle für Kehle durchbeißend.“

„Ja“, sagte ich wahrheitsgemäß, „so stelle ich mir das vor. Was hast du denn heute im Dorf angestellt? Und was ist mit meinen Freunden? Leben sie überhaupt noch?“

„Sie sind wohlauf. Obwohl ich Hendrik liebend gern erwürgt hätte. Beruhige dich! Ich habe ihn verschont sowie deine übrigen Freunde und Bekannte. Als ich sie befragte, wer als dein Liebhaber infrage komme. Erhielt ich nur erstaunte Blicke und leere Köpfe. Das war schon alles.“

„Was ist mit Hendrik?“

„Oh der kleine Lump hat mich verdächtigt.“

„Na da lag er ja genau richtig.“

„Verdammt Sarah! Ich bin nicht dein Liebhaber“, fuhr er mich schroff an.

„Gewiss es war ja nur ein One Night Stand.“

Gereizt kam er auf mich zu, „Ich weiß gar nicht, warum ich dich liebe, du Kratzbürste. Hör auf mich zu reizen. Oder…“ er verstummte abrupt.

„Oder was…“ wollte ich wissen Corvin auffordernd ansehend.

„Das willst du nicht wissen. Außerdem geht es jetzt nicht darum. Was ist jetzt Füchsin liebst du mich? Wirst du meine Gefährtin?“

Das ging mir aber ein bisschen zu schnell. Erst gerade sagt er das er mich liebt und nun soll ich seine Gefährtin werden. Ich musste erst einmal sein Geständnis verdauen.

„Was bin ich ein Steak?“ musste er denn schon wieder meine Gedanken ergründen? Ich nahm Bruder Jakob zu Hilfe und diesmal klappte es.

„Schon gut! Ich habe verstanden. Nur eines Sarah ich liebe dich. Aber singe nie wieder. Ansonsten könnte ich wirklich einen Mord aus reinem Selbstschutz begehen.“ Drohte er mir lächelnd an.

 „Ich kann dir keine Antwort geben Corvin. Ich weiß es einfach nicht. Du hast mich benutzt und gedemütigt. Du sagst es geschah aus Liebe. Ich denke du hast dich verrannt. Ich bezweifle ja nicht das du mich begehrst und daraus hat sich dein sagen wir Wahn entwickelt. Sieh mal du bist ein loyaler Freund. Deshalb hast du dich zurückgehalten. Nun glaubst du mich zu lieben…“

Corvin lachte. Er lachte mich aus. „Seit wann bist du Psychiater? Denkst du denn, ich habe mir die Fragen nicht selbst gestellt? Das habe ich und die Antwort war keinesfalls leicht zu schlucken. Ich Corvin Sardovan verliebt in ein Kind? Denn das bist du. Sarah ich bin alt uralt sogar. Und dann stelle ich fest das ein Menschenkind mich aus der Fassung bringt. Einfach durch ein Lächeln. Ich erwische mich, wie ich dich verlegen angaffe. Eine Berührung von dir lässt mich träumen. Es ist schwer zuzugeben das All dies ein einzelner Mensch mit mir anstellen kann.“

Leicht hob er mein Kinn an, „Gerade jetzt buhle ich um deine Liebe Sarah. Wollte ich nur deinen Körper, könnte ich mir die Worte sparen. Das weißt du.“ Sah er mich an. Ich musste meine Augen schließen. Denn ich wollte nicht in seinen Bann gezogen werden.

„Sieh mich an Sarah“, bat er leise, „Sieh mich an.“

Langsam öffnete ich die Lider, „Ich liebe dich“ sagte er einfach.

Wie konnte ich mich daraus befreien, wollte ich es überhaupt. Sollte ich ihm einfach nachgeben nach allem, was er mir antat? Liebte ich ihn denn? Die Frage war überflüssig, wie ich wusste. Was hielt mich zurück? Stolz? Rache?

Nein Angst die reine nackte Angst. Wie vielen Frauen hat er gesagt das er sie liebt? Er sagte es selbst er war alt somit besaß er Erfahrung. Er wusste wie man beeinflusste die richtigen Worte sagte. Ja Zweifel und Angst hielten mich zurück die Angst verletzt zu werden. Von ihm verlassen zu werden. Zuzusehen, wie er sich einer anderen Frau zuwandte. Das hielt mich zurück.

Das und mehr. Ich sah mich in zwanzig Jahren in dreißig Jahren - ich würde altern. Wann sehnte er sich nach einer jüngeren Frau? In zehn oder in fünf Jahren? Wann wurde ich abgeschoben? Nein!

Ich schüttelte den Kopf, „Ich kann nicht Corvin.“ Trat ich zurück, „Ja ich liebe dich. Aber ich kann nicht ich…“

„Sarah ich werde dich lieben so lange ich lebe. Ich kenne deine Bedenken. Aber glaub mir, sie sind unbegründet. Noch nie habe ich einer Frau meine Liebe gestanden. Aus einem einfachen Grund ich liebte noch nie.“ Sah er mich eindringlich an. Er wollte mich mit allen Mitteln überzeugen.

„Es gibt viele Ehen zwischen Vampire und Menschen. Ein Part altert… ja und! Auch wir altern – innerlich. Sarah deine Angst deine Zweifel sind unbegründet. Auch ich habe Angst, habe Zweifel. Ich stelle mir die gleichen Fragen. Was passiert, wenn sie jemanden anderen liebt. Was ist, wenn ich sie verliere an einem Jüngeren. Ist das nicht eine normale Reaktion, wenn man liebt? Die Unsicherheit? Gib uns eine Chance Sarah. Bitte.“

War es so einfach? Ich wusste es nicht. Alles kam zu schnell auf mich zu. Ich brauchte Zeit musste überlegen. Corvin wollte antworten sofort. Die konnte ich ihm so leid es mir tat nicht geben.

„Also gut. Ich werde warten Sarah. So schwer es mir auch fällt.“ Nickte er.

Ich konnte es kaum glauben. Er lächelte mich schief an, „Ich auch nicht.“ schüttelte er betreten den Kopf.

„Ich muss nach Venedig zurück. In einer Woche trennt der Rat sich und wir können erst im nächsten Jahr um eine erneute Audienz bitten. Wir werden also herkommen. Reicht dir eine Woche? Oder soll ich mich zur Festung begeben?“

„Nein“, rief ich entsetzt aus.

„Ah Füchsin entscheide dich. Du zerreißt mir mein Herz. Dann also in einer Woche.“

„Danke“, sagte ich leise.

„Für was? Sarah ich werde alles tun, um dich zu überzeugen. Ich habe noch eine Frage. Heute Abend ich meine ich reise morgen erst ab. Diederich hat mit mir einiges zu besprechen.  Ich dachte wir könnten den Abend miteinander verbringen, falls es dir passt.“

„Ja gern“ stimmte ich schneller zu als mir lieb war. Was war ich denn nur für ein armseliges Geschöpf. Corvin gab mir schnell einen Kuss auf die Lippen grinste mich an, „Ich freue mich und ich verspreche dir mich zu benehmen. Wir sehen uns dann.“ Ging er, die Tür stand schon auf. Wann wurde sie geöffnet? Oder war es Corvin? Wahrscheinlich.

Kaum war Corvin hinaus kam Rosmerta herein. „Na Kindchen dürfen wir die Hochzeitsglocken läuten lassen?“

„Nein das wäre doch verfrüht.“

„Was denn? Habt ihr euch immer noch nicht geeinigt? Was ist denn bloß los mit euch?“

„Ach Rosmerta“ lief ich auf sie zu und umklammerte sie. Dass ich jede Rippe in ihren dürren Körper spürte. Wie von selbst sprudelte alles aus mir heraus. Das Gespräch, sein Eingeständnis, meine Ängste und Zweifel.

„Mein Gott Kindchen was für ein Wirrwarr.“ Meinte Rosmerta mir beruhigend zulächelnd. Unaufgefordert reichte sie mir ein Taschentuch, in dem ich herzhaft schnäuzte. „Sag mir eines du liebst ihn doch?“ nickend antwortete ich ihr, „dann verstehe ich dich nicht.“

„Er hat sich verrannt er liebt mich nicht wirklich. Das ist es.“

Rosmerta ließ ihr gackerndes Lachen hören. „So meinst du? Aus diesem Grunde lässt er alles stehen und liegen. Nur um unser Dorf auf den Kopf zu stellen. Wirklich für einen Vampir, der ne zu enge Hose hat ganz selbstverständlich. Ist es nicht eher so das du dich verrennst? Aber das ist auch egal. Sarah genieß die Zeit mit ihm, solange du kannst. Hinterher kannst du immer noch sagen es war schön. Das ist besser als sich die Frage zu stellen – was wäre wenn ich damals doch?“

Ungläubig sah ich sie an. Es lag ein Körnchen Wahrheit darin. Nur meine Angst stand mir im Weg.

„Bedauern kannst du, wenn du alt und grau bist. Bis dahin lebe. So und nun sieh zu das du was in den Magen bekommst der Mittagstisch ist heute besonders lecker. Außerdem warten deine Freunde auf dich und dein Training beginnt gleich.“

„Soll ich heute daran teilnehmen? Nachdem alle den Streit mitbekommen haben?“

 „Sei nicht närrisch, du gehst deinen gewohnten Tagesablauf nach“, sagte sie streng, „So nun geh. halt den Kopf hoch – lass sie reden. Deine Freunde werden schon zu dir halten. Ab Marsch jetzt!“ warf sie mich aus meinen Zimmer.

Bedrückt lief ich durch die Kälte zum Küchenzelt. Wo war Endris? Normalerweise erwartete er mich vor der Tür. Die Leute, an denen ich vorbei kam, warfen mir neugierige Blicke zu. Oder bildete ich mir das nur ein?

Nein! Denn als ich das Zelt betrat, verstummten die Gespräche jeder sah mich aufmerksam an. „Sarah wir sitzen hier hinten“, rief Hendrik mir grinsend zu. Erleichtert ließ ich mich neben Matt nieder. „Seid ihr okay?“, fragte ich besorgt in die Runde.

Einhelliges Grinsen begegnete mir. Noch immer lastete schweigen im Zelt. „Hier ich habe für dich was aufbewahrt“ schob Endris mir seinen Teller zu. Lächelnd dankte ich ihm.

„Hast du schon gehört, Diederich hat den Parcours der Vampire erweitert. Er will als Trainer fungieren. Wir sind gespannt, wer daran teilnehmen wird. Endris hat sich schon eingetragen. Till überlegt noch und Matt bekommt wie üblich die Zähne nicht auseinander.“

„Und Eric?“, erkundigte ich mich.

„Er sieht sich die Strecke gerade an. Schade das ich noch nicht gewandelt bin. Ich wäre sofort mit von der Partie.“ Matt schnaufte lachend auf, „Das sagst du jetzt. Aber warten wir ab, wie es aussieht, sobald du ein Vampir bist.

Diederich ist ein verdammt harter Lehrmeister. Er kommt direkt nach Geirrod.“

„Dann ist Geirrod also der Beste?“ beugte sich Hendrik gespannt vor. An den umstehenden Tischen begannen die Gespräche. Sie sahen ein das wir nicht über Corvin sprachen.

„Nein die beste und strengste Lehrmeisterin des gesamten Volkes war Alischa. Sie trainiert nicht mehr. Danach folgen Corvin und Vlad sie haben beide bei Alischa ihre Ausbildung und Lehre vollzogen. Rosmerta war ebenfalls ein sehr guter Lehrer.“

„Corvin ist aus dem Rennen er trainiert auch nicht mehr. Was ist mit Vlad trainiert er noch?“

„Nur in besonderen Ausnahmefällen. Livio hat bei Geirrod gelernt. Ich frage mich ob er dich trainieren würde Sarah? Du besitzt sehr gute Eigenschaften. So muss Alischa vor ihren Wandel gewesen sein.“

„Alischa? Ich habe noch nie von ihr gehört.“ Sinnierte Hendrik.

Endris und Matt grinsten sich an, „Kein Wunder sie gehört seit einigen Jahrhunderten den Rat an. Man spricht nicht viel von ihr und von Klatsch halte ich mich fern.“

Hendriks Augen funkelten er würde seinen Vater fragen da war ich mir sicher. Aber meine Gedanken führten weiter, „Ist es nicht von Vorteil das Corvin und Vlad diese Alischa kennen? Sie könnte den restlichen Rat doch bitten…“

Matt lächelte verneinend, „Das glaube ich kaum.“

„Wieso denn nicht?“, fragte Hendrik unverbesserlich wie er war nach. Matt gab ihm darauf keine Antwort. Womit sich mein Freund zufriedengeben musste.

 „Ich habe mich eingetragen.“ Pflanzte sich Eric neben mir, „Rück ein Stück. Isst du das noch?“ ich sah auf meinen Teller ein Stück Steak lag noch darauf das mir zu roh war. „Bedien dich“.

„Ah seitdem sie das Blut rationieren habe ich ständig Appetit. Was ist Sarah spielst du Blutspender?“ Leckte er sich über sein strahlendes Gebiss.

„Du spinnst ja wohl“ knuffte ich ihn in die Seite.

„Das wird so oder so kommen.“ Sagte Endris.

„Ja! Glaube ich auch.“ Meinte Matt.

„Was denn?“, fragte Hendrik nach.

Wieder erklärte Matt, „Blut! Die Konserven werden knapp. Durch den Schneefall bekommen wir kein Neues geliefert. In solchen Fällen dienen unsere Verwandten und Freunde als Nahrungsquelle.“

„Wie denn das?“ mir wurde ganz anders. In Gedanken sah ich schon die Vampire, die mit gebleckten Zähnen auf uns zustürzten.

„Lass uns mal ausrechnen ich schätze auf einem Vampir kommen drei oder vier Menschen. Das ist mehr als ausreichend. Ihr bekommt Blut abgezapft und wir bekommen es. Das wird einigen Vampiren einen gehörigen Schock verursachen. Warmes reines Blut. Kein Plasma.“ Der Gedanke schien ihm wirklich zu erheitern.

Endris seufzte. Eric und Till fragten Endris gleichzeitig. „Noch nie probiert?“ er schüttelte den Kopf. „Keine Sorge wir werden bei dir bleiben und aufpassen.“

„Ist es wirklich so?“, fragte Endris verzagt nach.

„Kommt darauf an was du gehört hast. Es ist stärker macht einen trunken. Das warme Blut rinnt dir die Kehle hinunter erwärmt dich. Du fühlst, wie das Feuer sich ausbreitet. Erst langsam im Mund im Hals das Herz. Dann spürst du es explosionsartig im gesamten Körper. Du fühlst dich stark, mächtig, unbesiegbar. Die Kraft, die es dir gibt. Spürst du bis in den kleinsten Muskel. Deine Sinne schärfen sich. Dein Gehör nimmt das leiseste Geräusch auf. Deine Augen ertragen kaum das Mondlicht. Alles, was du berührst, ergibt einen neuen Sinn. Dein Tastgefühl verzehnfacht sich wenn nicht noch mehr. Du erkennst Strukturen wie niemals zuvor…“,  schwärmte Eric.

„Ja und wenn eine willige Braut unter dir liegt, habe lieber eine Zweite zur Hand.“ Grunzte Till in sich hinein. Endris lief rot an. „Ihr seid abscheulich.“

„Oho! Gibt es das? Sag mal wo wurdest du gewandelt? Warst du allein?“ Endris errötete noch mehr. Die Vampire Hendrik eingeschlossen wieherten wie verrückt. Nur Endris und ich lachten nicht. Sie  klärten  mich  mit  keinem Wort  auf.  Das  sei  Männersache  taten  sie  meine  Fragen  ab.  Später  auf  dem Trainingsgelände flüsterte mir Hendrik zu, „Er ist noch Jungfrau.“

„Ja und? Darum habt ihr gelacht?“

„Bei einem Vampir höchst ungewöhnlich. Naja das wird er nicht mehr lange bleiben. Dafür sorgen die Drei schon.“ Grinste er mir zu.

„Ihr seid wirklich abscheulich. Vielleicht wartet…“

 „…auf die Richtige? Blödsinn! Vampire haben einen hohen Sexualtrieb. Das solltest du inzwischen wissen.“ Tadelte er mich. Ich streckte ihm sauer wie ich war die Zunge heraus.

Kurz darauf fragte er mich, ob ich zusehen wollte, wie Diederich das Training abhalten wollte. Natürlich ging ich mit. Zu unserer Enttäuschung schickte er jeden fort der nicht am Training teilnahm.

„Das macht er um die Vampire zu schützen. Sie werden eine harte Lektion erhalten. Ich glaube ich mache mit.“ Ließ Matt uns allein. Till war schon vorher mit Eric und Endris gegangen.

„Lassen die uns einfach im Stich.“ Maulte Hendrik Matt sehnsüchtig nachblickend.

„Na komm schon. Du wirst bald genug erfahren, wie ihr Training lief. Lass uns einen heißen Kakao trinken.“ Murrend folgte er mir.

Wir saßen kaum zwei Stunden im Zelt da kamen die Drei mit hochroten Köpfen, verschwitzt und humpelnd ins Zelt. Außer Atem zu keinem Ton fähig, schnauften sie mit niedergeschlagenen Blicken. Langsam kamen noch ein paar Vampire herein. Die auch nicht besser aussahen. „Das war die Hölle“, krächzte Till, „die reinste Hölle.“

Neben uns japste einer, „Habt ihr Diederich gesehen? Der hat nicht einen Schweißtropfen auf der Stirn gehabt.“

„Oder Corvin? Der hat doch das dreifache Pensum geschafft.“ Sagte ein weiterer Vampir.

„Rosmerta ist der Teufel persönlich.“ Rieb sich Eric die Schulter.

„Ich fühl mich so armselig.“ Die umsitzenden Vampire nickten zustimmend. Zu fertig um ein Wort zu sagen.

„Was musstet ihr denn machen?“ konnte Hendrik nicht mehr an sich halten.

„Darüber dürfen wir nicht sprechen. Ansonsten fliegen wir raus.“

„Wollt ihr denn weitermachen?“, fragte ich. Was ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen konnte.

„Sicher machen wir weiter.“ Kam es von allen Seiten.

„Recht so Jungs. Ihr macht mich stolz.“ Trat Rosmerta an unsere Gruppe heran. „Für verwöhnte Milchbubis habt ihr euch heute wacker geschlagen.“ Ließ sie ihr schauerliches Lachen hören. „Hendrik du faules Söhnchen eines Herumtreibers eines verspreche ich dir. Solltest du keinen ausgezeichneten Trainer finden. Werde ich eine Ausnahme für dich machen.“

„Danke“, flüsterte er, als er die bemitleidenswerten Blicke der Vampire wahrnahm. wechselte seine Gesichtsfarbe von rot zu kalkweiß. Als Rosmerta hinausging, fragte er, „Ist sie wirklich so schlimm?“

„Du tust mir leid. Wirklich ich werde zu deiner Beerdigung kommen. Falls ich das hier überlebe.“ Sagte Till in bedauerndem Ton.

Hendrik machte mich auf Isabel aufmerksam die gerade hereinkam, „sie hat heute deine Schicht übernommen.“ Teilte er mir mit.

„Dann werde ich jetzt ihre übernehmen.“ Stand ich auf und ging auf Isabel zu um sie zu informieren.

„Nein das brauchst du wirklich nicht Sarah“, sagte sie, „setz dich zu deinen Freunden ich mach das schon.“

 „Kommt gar nicht infrage!“ beharrte ich, „Hendrik“ rief ich ihm zu, „Rück ein Stück Isabel setzt sich zu euch. So und du machst es dir gemütlich. Nochmals danke Isabel.“

In der Küche musste ich bei den Vorbereitungen für das Abendbrot helfen. Ich fand das halb so schlimm jedenfalls besser, als stundenlang Kartoffel zu schälen. „Warum muss ich immer die Dinger bearbeiten?“ murrte ich.

„Na, weil du so gut mit dem Messer umgehen kannst.“ Lachte die Frau neben mir.

„Ha! Ha! Verarschen kann ich mich allein.“ Meinte ich verschnupft.

„Das war kein Scherz. Frag doch unseren Koch. Isabel hat doppelt so lange dafür benötigt.“

„Ist nicht wahr? Ehrlich?“ und sah mich nach Isabel um. Die nicht mehr neben Hendrik saß.

Nein sie saß an einem anderen Tisch mit Corvin zusammen. Ihre Wangen waren leicht gerötet. Sie sprach schnell und Corvin hörte ihr aufmerksam zu. Zu aufmerksam, wie ich fand. Meine Magengrube fühlte sich wie ein faulender modernder Sumpf an. Galle schoss hoch.

„Sarah was ist denn mit dir los? Willst du das Brot erwürgen?“ nicht das Brot ich hatte da jemanden anderen im Auge. Nein zwei! Dachte ich rachsüchtig. Gott du bist eifersüchtig. Ich sah mich unauffällig um. Hatte jemand bemerkt, was ich empfand.

Natürlich zwei wissende fast schwarze Augen sahen mich quer durch das Zelt amüsiert an. Mistfliege, die er war, schnüffelte schon wieder herum. Bruder Jakob … beendete ich schmerzhaft seine Spionage. Ohrenkrebs sollte er bekommen.

Er wandte sich Isabel zu und blickte ihr tief in die Augen. Was sie noch mehr erröten ließ. Es stand ihr sogar. Nicht so wie ich die gleich glühte und mehr einer Tomate ähnelte. Nein Isabel stand die verlegene Röte ein echter Leckerbissen für einen sexbesessenen Vampir, der er war.

Was jetzt? Sie weinte. Na das war ja die Höhe. Und was tat er? Er wischte ihr die Träne weg! Mir reichte das. Am liebsten wäre ich dazwischengefahren. Stattdessen bearbeitete ich das Brot.

Ja so schnell kann es gehen. Erst erzählt er mir was von Liebe und dann das. Vor meinen Augen. Ah, wie ernsthaft er mit ihr sprach. Munterte sie auf nach dem schüchternen Lächeln zu urteilen.

„Du scheinst heute nicht ganz bei der Sache zu sein, Sarah“, bemerkte hinter mir der Koch und sah vorwurfsvoll auf das Brot. Das zerstückelt vor mir lag. Die Frau neben mir kicherte in sich hinein.

„Wie wäre es, wenn du für heute Feierabend machst. Morgen wird es dir bestimmt besser gehen.“ Er sah kurz auf Corvin dann wieder mich an. „Einverstanden?“, fragte er mitfühlend.

Bekamen  denn  die  Vampire  alles  mit?  Konnte  man  nicht  einmal  -  nur  einmal  in  Ruhe  seinen  Gefühlen nachgehen? „Schwerlich Sarah“, lächelte der Koch, „nun geh schon.“

Flüsternd meinte er, „Gegen Liebeskummer weiß ich keinen Rat. Aber geh ihm aus dem Weg. Er hat eine höllisch schlechte Laune. Das Gesicht was er zeigt ist eine Maske. Du kannst gleich hinten raus, falls du möchtest.“

Er winkte eine Frau heran die meine Aufgabe übernehmen sollte. „Beeil dich! Ich bitte Jason ihn aufzuhalten. Nun mach schon Kleine, bevor ich es mir anders überlege.“

„Danke“ konnte ich mir ein Lächeln herauswringen. Mir war eher nach Heulen zumute. Rasch schlüpfte ich durch den Hintereingang und lief auf sein Haus zu. Sein Haus! Ich musste mir wohl oder übel eine andere Unterkunft suchen. Wenn er in einer Woche zurückkehrte, wollte ich so weit weg wie möglich wohnen.

Rosmerta! Vielleicht wusste sie jemanden der mich aufnahm. Bei Rosmerta öffnete niemand. Sie waren anscheinend alle unterwegs. Dann eben morgen.

In meinen Zimmer wütete ich vor mich hin. Isabel die kleine schüchterne Isabel. Wer hätte das gedacht. Oder war sie unschuldig? Rief dieser gierige Vampir sie zu seinem Tisch? Das war wohl wahrscheinlicher der Fall. Man sollte einen Eunuchen was ihm machen! Und das ganz langsam - Scheibchen für Scheibchen grinste ich vergnügt in mich hinein.

Eine kalte Böe unterbrach meine Rachegelüste. Ah das hatte ich ihm auch zu verdanken. Ein zerbrochenes Fenster! Jetzt bemerkte ich erst die eisige Kälte im Raum. Kein Wunder. Sowie ich war, schlüpfte ich unter meiner Bettdecke. Na danke auch du verfluchter Blutsauger das wird eine kalte Nacht. Innerlich wie äußerlich.

„Du kleines störrisches Weibsbild.“ Wurde ich aus meiner Rachsucht aufgeschreckt. Drohend ragte Corvin vor mir auf, „Willst du dir den Tot holen?“ schlug er die Decke zurück. Grob zog er mich hoch, „Raus hier du trotziger Kindskopf.“

Ich ließ mich einfach nach hinten ins Bett zurückfallen und zog die Bettdecke gleich mit. „Verschwinde“ fauchte ich ihn an, um ihm dann den Rücken zuzudrehen.

„Das werde ich! Doch nicht allein. Füchsin.“ Hob er mich auf. Soviel ich mich auch wehrte er trug mich aus meinen Zimmer. „Schrei noch ein bisschen weiter, unsere Mitbewohner haben sicher nichts gegen eine Fortsetzung unseres Streites.“ Stichelte er lachend. Sofort schwieg ich.

„Das dachte ich mir doch. Ja kein Aufsehen erregen. Bist du deshalb so sang- und klanglos verschwunden?“ stieg er eine Treppe hinauf. Dieser Bereich des Hauses war allgemein abgeschlossen. Ich wusste gar nicht das es zu seinen Räumen führte. Rosmerta meinte mal sie seien in einem anderen Bereich.

„Da hat sie ja auch Recht in ihrem Sinne.“ Klärte mich Corvin auf als seien wir in ein Gespräch verwickelt.

 

„Doch nur zu dir und deinem unmöglichen Benehmen.“ Setzte er mich in einem spartanisch eingerichteten Raum auf die einzige Sitzmöglichkeit. „Soviel ich weiß, hatten wir für heute Abend eine Verabredung. Ich musste nach dir suchen.“ Warf er mir grimmig vor.

„Wo finde ich dich in der Küche. Sag mir doch eines, was hielt dich davon ab, unsere Verabredung einzuhalten?“, forschte er mit leiser Stimme.

„Meine Pflicht du Heuchler. Und es war gut das ich es tat. Jetzt weiß ich wenigstens was ich von deinen Worten halten soll. Ich kann dir gleich eine Antwort geben. Niemals! Hörst du. Niemals werde ich auf deine einschmeichelnden Worte hereinfallen. So das ist geklärt darf ich jetzt gehen?“ stand ich brüsk auf.

„Nein!“, sagte er so leise das ich es kaum verstand. „Dann werde ich dich eben einsperren, bis du zur Vernunft kommst. Eines Tages wirst du dich schon damit abfinden.“

Jetzt war er total übergeschnappt. Er wollte mich einsperren – eines Tages – das hörte sich nicht gut an. Nicht für mich. „Was willst du eigentlich von mir?“, fragte ich kläglich nach.

„Dich“ lautete seine lakonische Antwort.

„Mich? Und was noch?“ das konnte doch nicht alles sein. Ich musste ihm etwas anbieten. Ich suchte einen vernünftigen Vorschlag, der in sein irres Denkvermögen eindrang.

„Nur dich“ wiederholte er. War es so einfach? Wollte er nur seine Genugtuung und mir mit schlafen. War es die einzige Möglichkeit ihn loszuwerden? Seufzend entschied ich mich. Warum nicht? Tausende Frauen taten es. Warum nicht auch ich? Sie verkauften ihren Körper für Geld oder ein sicheres Einkommen. Ich für meine Freiheit für meine Seelenruhe. Der Preis war nicht zu hoch.

Also gut! Straffte ich mich und fing an mich auszuziehen. „Kannst du mir verraten, was du da tust?“ klang seine Stimme amüsiert herüber.

Ich ließ mich nicht beirren und zuckte die Schultern. „Na was wohl? Ich ziehe mich aus. Oder reicht es dir, wenn ich nur meine Hosen runterziehe?“ fragte ich sarkastisch nach. Während ich nun schon halb nackt vor ihm stand.

Corvin trat in den dunklen Teil des Raumes zurück. „Hör auf damit und zieh dich an.“ Sagte er gepresst. Anhand des leichten Zischlautes erkannte ich seine Erregung. Das waren die ausgefahrenen Zähne. Ich zog mich weiter aus.

„Sarah ich bitte dich. Zieh dich an, bevor ich meine Beherrschung verliere.“

„Nein! Das ist es doch, was du wolltest. Nicht wahr! Nur nicht so schüchtern das bist du ja sonst auch nicht. Bitte hier bin ich. Diese Nacht Sardovan! Danach lässt du mich in Ruhe.“ ging ich nun völlig entblößt auf ihn zu.

Knurrend warnte er mich näherzukommen. Ich überhörte seine Warnung. Es musste ein für alle Mal beendet werden und wenn es das war. So wollte ich heute den Schlussstrich ziehen.

„Bleib, wo du bist. Du weißt ja gar nicht, was du anrichtest. Ich bitte dich Sarah höre auf damit.“

„Nein Corvin Sardovan …“ mit einem aufgebenden Stöhnen schloss er mich in die Arme.

„Sarah du wirst es bereuen. Später werden wir es Beide bereuen. Ich weiß es aber mir fehlt der Wille zu gehen. Gott, wie sehr ich dich begehre. Ich liebe dich und heute wirst du die meine. Für immer. Das ist so sicher, wie ich dich in den Armen halte.“

„Nein“, rief ich entsetzt aus, „danach lässt du mich in Ruhe.“

„Irrtum deinerseits Füchsin. Heute Nacht drücke ich dir meinen Stempel auf. Ich sagte es dir. Ich will dich mit Haut und Seele. Das werde ich mir nehmen und wenn ich dafür in der Hölle Schmorren sollte. Ich kann und will nicht mehr zurück. Zudem denke ich ist das der einzige Weg dich endlich an mich zu binden. Du flüchtest zu oft.“ Er verschloss meinen Widerspruch mit einem unendlichen langen Kuss.

Dass er mich in den Nebenraum trug. Mich auf ein Bett legte bekam ich nicht mit. Gefangen in meiner eigenen Lust, die er zu wecken verstand.

Im Morgengrauen erwachte ich aus einem kurzen erschöpften Schlaf. Corvin lag mich haltend neben mir. Ich konnte seine Züge die im Schlaf weicher waren unbemerkt betrachten.

Ich liebte ihn. Wie sehr das begriff ich erst langsam. Verwundert stellte ich mir die Frage, wann das geschehen sei. Oder war es so schon, seitdem ich ihn kannte? In dieser einen Nacht gab ich mich ihm rückhaltlos hin. Es würde keine weitere geben.

Egal was er auch in der Nacht sagte. Oder von mir verlangte zu sagen. Das konnte ich nicht ernst nehmen. Durfte es nicht. Sobald er ein hübsches Weibsbild sah, waren seine Schwüre vergessen. Das wusste ich nur zu gut.

Vorsichtig löste ich mich von ihm. Bald würde das Dorf und die Menschen im Haus erwachen. Bis dahin wollte ich ohne gesehen zu werden in meinen Zimmer sein. Corvin drehte sich ein wenig. So konnte ich problemlos das Bett verlassen. Im Nebenraum zog ich mich schnell an und schlich die Treppe hinunter. Ich wunderte mich über Endris fehlen - war aber auch erleichtert. Das ersparte mir eine unangenehme Lüge.

Wenigstens war es im Bad warm. Dort zog ich mich an und ging dann hinunter ins Zelt. Zwar war ich früh dran meine Freunde würden erst später kommen. Doch das machte nichts.

Heute hatte ein weiblicher Vampir die Aufsicht über das Tagesgeschehen in der Küche. Ich fragte sie, ob ich helfen konnte. Es war besser etwas zu tun als meine trüben Gedanken nachzuhängen.

Sie sah mich geradezu entsetzt an. Dann schnaubte sie, „Wie du willst Sarah Sardovan. Was möchtest du denn tun?“

„Mir gleich“ sah ich mich lustlos um. „Was ist damit? Soll ich schon anfangen?“ deutete ich auf die verhassten Kartoffeln.

„Nach deinem Belieben Sarah Sardovan.“ Verbeugte sie sich kurz um sich dann kopfschüttelnd abzuwenden. Was war denn mit ihr los? Sonst plauschte sie ganz gern. Sie schien heute wohl mit dem falschen Bein aufgestanden zu sein.

So setzte ich mich in die hinterste Ecke bewaffnet mit einem Berg Kartoffeln. Nach und nach kamen Menschen und Vampire zum Frühstück. Auch Isabel betrat das Zelt, wie ich übellaunig feststellte. Behalte deine Eifersucht unter Kontrolle Sarah, redete ich mir munter zu.

Isabel kam mit einem Tablett zu mir herüber. „Hallo Sarah, ich habe dir einen Kaffee mitgebracht“, setzte sie sich zu mir. Auch das noch!

Sie sah sich um. Dann sagte sie flüsternd, „Hast du gesehen ich habe gestern mit Corvin Sardovan geredet.“ Nichtssagend nickte ich.

„Er hat mir zugesagt, dass er mit meinen Eltern redet. Stell dir vor Corvin sagte das Diederich mich für gut befindet ein Krieger zu werden. Sie haben über mich gesprochen. Deshalb will mich Corvin unterstützten und Diederich wird wahrscheinlich nach meiner Wandlung meine Ausbildung übernehmen. Ist das nicht toll.“

Schweigend folgte ich perplex Isabels Rede. Schrecken geradezu Panik brach ungehemmt über mich herein. Dann beschämen  –  im Stillen  leistete  ich  Isabel Abbitte.  Mir  wurde  ganz  flau,  als  ich  an  Corvin  dachte.  Meine Anschuldigungen! Gott er würde das bis zum Letzten vergnügt auskosten.

Mit einem Mal war mir die Luft hier drin zu heiß, zu stickig. Eine Entschuldigung murmelnd sprang ich auf und hetzte hinaus. Die kalte klare Frische des Morgens war genau das Richtige. Aufatmend holte ich einige Male tief Luft. Langsam wich die Panik aus meinen Eingeweiden. Feige wie ich war wünschte ich Corvin sei bereits aufgebrochen. Ich betete um eine Woche Aufschub. Nur eine Woche.

Die Vampire die an mir vorbei ins Zelt gingen warfen mir merkwürdige Blicke zu. Einige grinsten mich an oder lächelten mir zu. Andere schätzten mich unverhohlen ab vorwiegend die Weiblichen stellte ich fest. Keiner ging ohne eine Reaktion an mir vorbei.

Ich fragte mich, ob ich was im Gesicht oder auf den Zähnen sitzen hatte. Als Eric mit Endris kam, stockten auch sie mitten in der Bewegung. „Was ist?“ befühlte ich nun meine Wangen, Nase und Mund. „Hab ich da was?“

„Nein. nein aber…“ Endris knuffte Eric in die Rippen.

„Aber was?“ forschte ich nach.

„Äh… du siehst heute bezaubernd aus“, meinte Eric lahm.

„Wenn ich da was habe und ihr verschweigt es werde ich höllisch sauer.“ Stampfte ich wütend in den Schnee.

„Da ist nichts“ beschwichtigte Endris. Seit wann setzte er denn wieder diese hochoffizielle Miene auf? Fragte ich mich, als er „Sarah Sardovan“ hinzufügte.

„Seid ihr heute nicht ganz dicht?“ Wartete ich die Antwort erst gar nicht ab und ging zurück ins Zelt. Als ich dort eintrat, wurde es still wie in einer Gruft.

Na toll! Unsere erneute Auseinandersetzung muss die Runde gemacht haben. Was noch? Auch das wir die Nacht miteinander verbrachten? Wahrscheinlich denn einige der weiblichen Vampire sahen mich mit unverhohlener Abneigung an. Supi! Ein weiterer Tag für die Lästerzungen im Dorf.

Äußerlich unbekümmert ließ ich mich bei den Kartoffeln nieder und fragte mich was sie tun würden, wenn ich sie mit den Knollen bombardierte. Ein erheiternder Gedanke.

Langsam kamen die Gespräche in Gang. Obwohl mir hin und wieder ein seltsamer Blick zugeworfen wurde. Rosmerta behielt recht man musste dem Gerede mit erhobenen Haupte entgegentreten.

Die Neuankömmlinge sahen mich zwar an. Doch mein feindlicher Blick reichte aus und sie sahen ertappt in eine andere Richtung. Es tat nur weh das meine angeblichen Freunde in die gleiche Kerbe schlugen. Sie saßen an einem Tisch am entgegengesetzten Ende des Zeltes.

Eine Art Explosion oder war es ein Schrei oder Ruf? Ließ die allgemeine Unterhaltung verstummen. Da haben die Waschweiber ja die nächste Attraktion hörte ich in die Stille hinein. Dann bemerkte ich zu meinen Entsetzten das aller Augen auf mich gerichtet waren.

Kapitel 18

Was denn nun? Das konnten sie unmöglich mir in die Schuhe schieben.

„Sarah Sardovan! Du gottverdammte Füchsin. Wo hast du dich verkrochen?“ mit einem Plumps sank mein Herz in die Hose. Panikartig dachte ich an Flucht. Bevor ich auch nur reagieren konnte, kam der Fluchende schon ins Zelt gerauscht.

Mir quollen die Augen fast heraus, als ich ihn sah. Aufs Höchste belustigt schlug ich mir die Hand vor den Mund, um nicht laut herauszulachen. Die Köpfe aller Anwesenden versenkten ihre Gesichter in Tassen oder in ihren Händen.

Corvin nackt! Bedeckt mit einem Schal. Ja es war ein roter Schal. Mit Fransen der kaum ausreichte um sein Hinterteil zu verbergen. Geschweige denn seine Vorderfront. Ich biss mir in die Hand um mein Lachen zu unterdrücken. Denn seine Miene drückte unmissverständlich keinerlei Humor aus. Ich würde sagen der ging ihm abhanden mit dem Rest seiner Kleidung. Den Schal stierte ich unweigerlich an, er kam mir bekannt vor.

Inzwischen trat der Herr mit Schal auf mich zu. „Du kommst sofort mit!“, befahl er barsch.

Ich schüttelte vehement den Kopf unfähig ein Wort zu sagen. Corvin stand mir so nah das ich das Muster des Schals erkennen konnte und nicht nur das. Gewaltsam riss ich meine Augen von dem Anblick los.

„Sarah Sardovan ich warne dich.“ Grollte er.

Das war mir ziemlich egal. „Willst du mir drohen? Ich denke das ist höchst aussichtslos. Du benötigst schließlich deine Hände dringender - an anderen Stellen.“ foppte ich ihn angrinsend. Gleichmütig nahm ich die nächste Kartoffel in Angriff.

„Stures Weibsbild“ flatterte der Schal zu Boden. Mit entsetztem Blick sah ich ihn auf mich zukommen. Kurzerhand warf er mich über die Schulter. „Was ist?“ drehte er sich in den Raum. „Habt ihr nichts Besseres zu tun?“, fuhr er die Menge an.

„Höre ich auch nur ein Wort über dieses Geschehen, lernt ihr mich kennen.“ Drohte er leise, während er hinaus in die Kälte stapfte.

Ich hörte Rosmerta und dankte Gott. Doch sie kümmerte sich keinen Deut um die Last, die der Vampir trug. „Wo ist mein Schal?“

„Im Zelt“ ging er weiter, um dann stehen zu bleiben. Kannte der Vampir denn gar kein Schamgefühl?

„Übrigens Rosmerta das Ding kratzt!“

Rosmerta gackerndes Lachen hinter uns lassend stiefelte Corvin weiter zum Haus. Dann hörte ich aufgeregte Stimmen - unter ihnen die von Diederich. Corvin grüßte höflich, ohne innezuhalten.

„Darf man gratulieren?“, rief Diederich.

Corvin zuckte zusammen. „Du alter Esel“ fuhr er Diederich wütend an, „Danke auch! Sagte ich nicht! Kein Wort.“

„Und ich sagte es ist unfair.“ Hörte ich Diederichs dröhnende Stimme. „Sarah Sardovan ich gratuliere dir.“

„Zu was?“ stemmte ich mich ein Stück hoch. Diederich erschien in mein Gesichtsfeld. „Das kann ich dir nicht sagen. Trotzdem wünsche ich dir alles Gute.“

Corvin schritt nun schneller aus, während ich gegen seinen Rücken trommelte. Da das nichts nutzte, kniff ich ihn in den nackten Allerwertesten. Außer einem kleinen Hüpfer bewirkte dieser Angriff nichts. Ihn beschimpfend wollte ich wissen, was Diederich damit meinte. Er blieb mir die Antwort schuldig.

Corvin warf mich rücklings auf sein Bett. Bevor ich mich hochrappeln und fliehen konnte lag er schon auf mir. Meine Arme festhaltend konnte mich kaum rühren.

„So! Das ist viel besser.“ Rückte er sich zwischen meinen Beinen zurecht. „Obwohl nach meinem Geschmack zu viel Stoff zwischen uns ist.“ Grinste er mich anzüglich an.

„Du hältst dich nicht an die Abmachung Sardovan.“ Versuchte ich mich aus dem Griff zu befreien. Vergebens! Wie konnte auch eine Mücke solch einen Dickhäuter von sich stoßen? „Du bist ein Wortbrecher der übelsten Sorte.“ Giftete ich in sein grinsendes Gesicht.

„Ich? Aber nein! Ich sagte es dir. Du wirst die Meine. So wie ich das sehe, habe ich mein Wort gehalten. Denn niemand wird nun anzweifeln, zu wem zu gehörst.“

„Blödsinn du spinnst mal wieder. Sag mal ist das normal bei euch Vampiren? Dass ihr zeitweise den Verstand verliert?  Wie  ich  hörte,  geht  es Alia  wieder  gut.  Bist  du  jetzt  dran?  Dann  solltest  du  dich  von  Diederich wegschließen lassen.“ schlug ich ihm vor.

Corvin brach in ein dröhnendes Lachen aus. „Wie originell Füchsin.“ Meinte er, als er sich beruhigte. Obwohl er lachte, hielt er mich fest an den Armen. „Ich lasse dich nicht eher gehen, bis du vernünftig bist.“

„Ha da kannst du lange warten.“ entgegnete ich siegessicher er musste ja nach Venedig zurück. Unendlich lange Zeit besaß er in diesem Augenblick nicht. Das war meine Fahrkarte in die Freiheit.

„Oh ich werde mich gedulden. Sollte der Rat uns wirklich empfangen, können Geirrod, Henry und Vlad durchaus die Lage erklären. Vielleicht ist es auch besser für unsere Sache, wenn ich nicht ganz so anwesend bin.“ Überlegte er laut.

„Doch nun zu uns Sarah Sardovan. Wie stellst du dir unsere gemeinsame Zukunft vor? Hast du eine bestimmte Vorliebe, wo du leben möchtest?“ dabei sah er mich prüfend an.

 

„Oh ja so weit weg von dir wie möglich.“

„Das wird seltsam aussehen. Nein ich glaube nicht das ein Paar eine Fernbeziehung führen sollte. Außerdem will ich dich zu jeder Tages- und Nachtstunde in meiner Nähe haben. Du solltest das bedenken.“

Sprach er wirklich von einer gemeinsamen Zukunft? War es möglich das Undenkbare? Ich traute ihm nicht bisher behandelte er mich wie eine Marionette. Selbst letzte Nacht noch. Wenn es stimmte, das wir ein Paar sind. Was ich stark bezweifelte. Er heckte doch nur eine neuerliche Niedertracht aus.

Das sagte ich ihm auch. „Du glaubst mir also nicht? Na gut wie haben sich die Vampire dir gegenüber verhalten? Haben sie dich besondern beachtet? Waren sie anders als bisher?“

Er sah es an meiner Miene, „Na siehst du. Was noch haben sie dich mit Sarah Sardovan angeredet?“ er wartete einen Moment, „Stimmt doch oder? Sogar dein lächerlich junger Leibwächter, den dir dein Vater schickte. Muss dich mit vollem Namen genannt haben. Ich verstehe noch immer nicht, wie Vlad auf diesen Grünschnabel kam.“

Ich schon! Er gab in Vlad’s Augen einen passablen Liebhaber ab. Sofort veränderte sich die Stimmung im Raum. Corvin sah mich mit gerunzelter Stirn an. „Das ist es also! Der Kleine? Und hat er dich interessiert?“ fragte Corvin nach, „mein Herz fing an wie wild zu schlagen, als ich seine Reaktion sah.

„So? Hat er also. An was hat es gelegen, dass ihr nicht im Bett gelandet seid? An dir oder diesem … Debütant?“ Der  mächtige Corvin  Sardovan  war  also  doch  nicht  so  unbezwingbar.  Er  war  wie  jedes  andere  Geschöpf schlichtweg  eifersüchtig.  Was  ich  in  diesem  Moment  fühlte,  war  unbeschreiblich.  Ich  hätte  die  ganze Welt umarmen können.

„Sarah sag es mir. Bedeutet er dir etwas?“ fragte er so ruhig das ich es mit der Angst zu tun bekam. Nicht nur für mich ich fürchtete ernstlich um Endris Leben.

„Ah ja Endris! Er wird einen langen Rückweg erleben mit mir. Ich lasse ihn nicht mehr in deiner Nähe.“ Meinte er schroff.

„Du wirst Endris in Ruhe lassen Corvin. Es gab nichts dergleichen zwischen uns. Wir sind Freunde.“

„Freunde“ spuckte er das Wort angeekelt aus. „Hör auf zu träumen. Er ist ein Vampir. Schon, wenn wir uns wandeln, fallen wir übereinander her. Der Sexualtrieb unserer Rasse ist stark ausgeprägt. Willst mir erzählen er hat nie einen Versuch unternommen? Noch die anderen vier in eurer geselligen Runde. Am besten ich nehme sie alle mit. Sie dürfen laufen, bis das Blut aus ihren Socken quillt.“ Redete er sich in Rage.

„Corvin Sardovan, wenn du das tust…“

„Was dann? Willst du mir drohen? Ich bin dein Gefährte! Ich mache was ich will und du wirst das schweigend akzeptieren.“

„Gefährte nennst du das? Du meinst wohl Despot, Tyrann und Diktator. Du bist ein herrschsüchtiger misstrauischer alter Bock. Wenn so unser Leben aussieht, nimmst du dir gleich am Besten einen Scheidungsanwalt du Bluthund. Nicht mit mir! Entweder du akzeptierst meine Freunde oder geh zum Teufel Corvin Sardovan.“ War ich es nun dessen Kragen platzte.

Beängstigend mit schwarzen Augen voller Wut stierte mich der Vampir an. „Du wagst es mir - mir Bedingungen zu stellen. Du bist mein Weib und du wirst tun, was ich sage.“ Setzte er sich abrupt auf.

Ich tat das Gleiche, „Und nun hörst du mir gut zu. Ich bin weder eine deiner Lakaien noch sonst jemand der vor dir kuscht.“ Stand ich auf.

„Weißt du was. Mit so was wie dir wollte ich noch nie was zu tun haben. Ha wo sind wir denn? Etwa im Mittelalter?  Wahrscheinlich  sind  Frauen  in  deinen Augen  nur  zum  Kochen,  Kinderkriegen  und  zu  deinem Vergnügen da.“ Fuchtelte ich wild mit meinem Finger vor sein Gesicht. „Wach auf Corvin Sardovan. Wir leben im Zwanzigsten Jahrhundert. Stell dir vor wir Frauen, können lesen  und  schreiben.  Ja  und  besser  wir  haben  unsere  eigene  Meinung.  Das  überrascht  dich  was?  Ah  ich verschwinde du veralteter verstaubter Macho. Du kannst mich mal.“ Schlug ich wütend die Tür hinter mir zu. Er ließ mich gehen. Gut so! Wahrscheinlich trauert er gerade der guten alten Zeit nach. Ich stürmte in mein Zimmer.

Nur um erschreckt und überrascht vor einem nackten Adonis stehen zu bleiben. „Was machst du denn hier?“, fuhr ich den Nackedei an. Waren die denn alle total verrückt? War heute der Tag der Nudisten angesagt?

„Raus hier du Lulatsch! Sonst mach ich dir Beine.“ Der kam mir gerade zur rechten Zeit. So konnte ich meine Wut an einem dieser Widerlinge auslassen.

Der Mann sprang erschrocken zurück. Packte geschwind seine Hose und Tasche. „Vampire“, schimpfte ich denn er war einer, „alle gleich! Man sollte euch das Ding fressen lassen. Vielleicht werdet ihr ja dann mal vernünftig.“ Er starrte mich entsetzt an und wusste nicht, wie er an mir vorbeiflüchten konnte. Ich stand mitten im Eingang.

 

„Starr nicht so beweg deinen nackten Arsch, bevor ich dir einen Tritt in deine Weichteile verpasse. Hopp hopp raus!“ trat ich zur Seite.

Neben mir erschien Diederich der arme kleine Vampir sprang abermals zurück. „Was  ist denn hier los?“, erkundigte Diederich sich den Vampir mit zugekniffenen Augen betrachtend. Der hielt sich notdürftig die Hose vor seine Scham.

Dann redeten der Vampir und ich gleichzeitig auf Diederich ein. Er gebot uns zu schweigen. Der Nackte ergriff wieder das Wort, „Die Durchgedrehte da“ wies er auf mich, „kommt unaufgefordert hier rein und... und…“

„Ja?“, fragte Diederich.

„Bietet ihm einen Leckerbissen an!“ vollendete ich den Satz mit einem gefährlichen Grinsen auf den Lippen.

„Deshalb die Aufregung?“ verstand Diederich die Lage nicht.

„Die ist völlig durchgeknallt Diederich“ zeigte er schon wieder auf mich.

„Du kennst den Typen? Weißt du, der steht nackt in meinem Zimmer…“

„Halt! Stop! Hier liegt eine Verwechselung vor. Mann Peer zieh dir ne Hose an. Und du Madame bedenkst bitte eines. Dieses Zimmer ist nicht mehr das deine, sondern seines.“ Betroffen trat ich nun zurück. So schnell also wurde man von Corvin hinausbefördert. Auch gut!

„Oh das wusste ich nicht.“ war das peinlich und ich stotterte eine Entschuldigung in Peers Richtung. Der nun mit Hose das Ganze gelassen hinnahm. „Kann ja passieren.“ Wiegelte er ab. „Wenn du nicht wusstest, das dein Zimmer anderweitig vergeben wurde ist deine Reaktion verständlich. Sind das deine Sachen, die im Schrank liegen?“ ich nickte. Wessen sonst?

„Dann kannst du sie ja einpacken, während ich mit Diederich unterwegs bin.“

„Kein Problem ich bin sofort weg. Habe nicht viel mitzunehmen.“ Wie ich aus der gestrigen Erfahrung wusste, und grapschte alles mit einem Handstreich zusammen.

„Nicht so schnell!“, meinte Diederich, „Peer darf ich dir Sarah Sardovan vorstellen. Sarah Sardovan das ist dein neuer Leibwächter.“

„Der?“ „Sie!“, riefen wir beide entsetzt aus.

„Warum brauche ich noch einen Leibwächter? Meinst du nicht, es reicht langsam Diederich?“

„Sarah Sardovan ich …“

„Hör auf damit! Ich bin Sarah und damit basta! Das ist ja zum Kotzen.“

Diederich nickte lächelnd. „Sarah ich war nur für eine gewisse Zeit dein Leibwächter. Meine Aufgabe ist es das Dorf und die Leute darin zu schützen. Peer wird auf dich achten so gut wie ich. Er ist einer der Besten.“

Dann wusste Diederich also noch nichts von der neuesten Entwicklung. Ich überlegte kurz es war bestimmt nicht meine Aufgabe, ihn darüber aufzuklären. Deshalb griff ich nach einer Ausrede, „Ich brauche keinen Leibwächter ich habe einen und das ist Endris. Er reicht mir vollkommen.“

„Was sagt Corvin denn dazu?“, fragte Diederich nach.

Fuchsteufelswild  fauchte ich Diederich an.  „Na  was wohl?  Er wird froh  sein,  einen weiteren  Krieger  zur Verfügung zu haben. Wir sehen uns Diederich. Peer tut mir leid.“ Winkte ich so gut es ging, mit meinen Sachen unter den Armen. In der Kälte stehend fragte ich mich wohin. Rosmerta!

Doch wieder machte keiner die Tür auf. Geschützt in einer Ecke schlug ich meine wenigen Habseligkeiten in eine Jacke zusammen und verknotete diese dann. Auf ins Zelt vielleicht war Rosmerta ja dort. Oder zumindest einer meiner Freunde. Doch dann dachte ich an ihre Reaktion von heute Morgen.

Nein dachte ich stolz ich würde sie nicht fragen so benahmen sich keine Freunde. Wohin dann? Ich wusste, dass es im äußeren Ring genauso knapp mit Unterkünften aussah. Da fiel mir der Lagerraum ein. Davon gab es Dutzende dort konnte ich wenigstens einigermaßen geschützt die Nächte verbringen. Am Tage würde ich mich eben im Küchenzelt aufwärmen. Eine Woche dann würde Vlad kommen. Ich konnte nur hoffen, dass er wirklich kam und nicht nach Deutschland aufbrach.

Ich  hatte  Glück  und  konnte  ungehindert  die  Lagerräume  aufsuchen.  Ich  kannte  mich  inzwischen  gut  aus. Rosmerta nahm mich regelmäßig mit hinunter, um die ankommenden Waren zu kontrollieren. So deponierte ich meine Sachen und machte mich auf ins Zelt. Inzwischen war ich mehr als hungrig. Wieder stahl ich mich ungesehen aus den Lagerräumen.

In einer Ecke sitzend die Vampire ignorierend die mich schräg beäugten schlang ich das Essen hinunter. Wie anders alles gekommen ist. Für einen Augenblick war es, als ob all mein Sehnen meine Träume wahr wurden. Nur für einen kurzen Moment dann holte mich die Realität ein.

Ich kannte Corvin diese Beleidigungen, die ich ihm an den Kopf warf würde, er nicht vergessen. Noch verzeihen. Das wollte ich auch nicht denn es war die Wahrheit. Wie konnte er nur? Ich dachte an das Ehepaar damals dessen Geschäft er kaufen wollte. Wie er daherredete Frauen seien integriert in seinen Firmen. Konnte ja sein. In seinem Privatleben sah die Sache wohl anders aus.

Ein kleiner Junge unterbrach meine brütenden Gedanken. Er sah mich mit einem süßen Lächeln an. „Hab einen Brief für dich. Bist doch Sarah Sardovan?“

Lächelnd nickte ich ihm zu. Er warf mir einen zusammengeknüllten Zettel auf den Tisch und verschwand. Nachdem ich vorsichtig das Blatt auseinanderfaltete, las ich. Hendrik bat mich, zu seinem Zimmer zu kommen. Sein Fuß war verstaucht und er konnte nicht aufstehen und wollte nun ein bisschen Gesellschaft.

Genau das Richtige um meine düsteren Gedanken zu vertreiben. Aus diesem Grunde war er heute also unsichtbar. Und ich dachte er wollte mit mir nichts zu tun haben. Sowie wie die anderen die abseits an einem gesonderten Tisch saßen.

Hendriks Zimmer lag in Corvins Haus im anderen Trakt. Bisher war ich niemals bis hierher vorgedrungen. Das Haus selbst bot unzählige Räume auf. Alle zu kennen erschien mir unmöglich. Ich fragte mich nach Hendriks Heim durch. Die Leute halfen mir gern dann sah ich den Jungen, der mir vergnügt zulächelte. Die Menschen lebten wirklich eingepfercht auf kleinsten Raum. Aber niemand schien damit zu hadern. Im Gegenteil die Kinder waren putzmunter und die Frauen und Männer klagten mit keinem Wort.

Ich klopfte an der mir zugewiesenen Tür nach der Aufforderung trat ich ein. „Was willst du denn hier?“, schnauzte ich Corvin an der gemütlich in einem Sessel saß.

„Irgendwie musste ich dich herlocken. Da erschien mir die Idee mit Hendriks Verletzung die beste Art zu sein.“ Gab er seine neuerliche Intrige zu.

„Wo ist Hendrik?“, fragte ich barsch nach.

„Er ist unterwegs mit einem Auftrag.“ Meinte Corvin, ohne näher darauf einzugehen.

Ich nickte und wandte mich um. Auf ein Gespräch oder neuerliche Auseinandersetzung konnte ich gut verzichten. Die Tür ließ sich nicht öffnen. „Mach die Tür auf“, forderte ich ihn kalt auf.

„Nein Sarah wir werden reden. Sei in Gottes Namen nicht so stur.“ Nochmals verlangte ich das er die Tür freigab. Corvin ging darauf nicht ein, „Setzt dich doch“ meinte er stattdessen.

„Ich stehe lieber. Sag was du zu sagen hast“ reckte ich stur mein Kinn vor.

Er seufzte, „Wie du meinst. Na gut!“ zögerte er, „Eines schicke ich voraus Sarah – ich liebe dich! Und ich weiß, dass du das Gleiche für mich empfindest. Wir sollten doch einen gemeinsamen Konsens finden der es uns möglich macht miteinander umzugehen. Ja ich weiß ich bin in manchen Dingen etwas bestimmend.“

„Herrschsüchtig! Meinst du wohl?“ verbesserte ich ihn.

Corvin lächelte, „Kann schon sein.“ Lenkte er ein. Na das war ja schon mal ein Fortschritt.

 

„Ich bemühe mich Sarah. Ehrlich ich versuche es. Du musst Geduld mit mir haben.“ Stand er auf, kam langsam auf mich zu. Er sondierte die Lage und wie ich annahm meine Gedanken. „Auch das ich gebe es zu. Es fällt mir schwer, wenn ich dich zum Beispiel mit Hendrik sehe. Ich könnte ihn dafür zerreißen.“

„Du bist eifersüchtig!“ warf ich ihm vor.

„Ja das bin ich. Wie gesagt ein unangenehmes Gefühl gelinde gesagt. Ich sehe in jedem männlichen Wesen einen Rivalen. Auch daran werde ich arbeiten. Genau wie du! Ich fand deine Eifersucht gegenüber der Kleinen höchst erfreulich.“ Grinste er wie ein Honigkuchenpferd, während ich rot anlief. „Keine Sorge ich werde es nicht noch einmal erwähnen.“ Versprach Corvin ernsthaft.

„Sarah bitte wir lieben uns. Sollen wir unser Glück wegen eines Streites aufs Spiel setzten? Ich hoffe wir werden uns oft streiten und versöhnen. Sarah eine Auseinandersetzung bedeutet doch nicht gleich das Ende.“ Nahm er mich fest in seine Arme. „Ich werde dich nicht verlassen Sarah. Du besitzt mein Herz.“ Ich konnte mich ihm nicht entziehen wollte es nicht. Wie sehr wünschte ich mir das er es ernst meinte. „Todernst Sarah. Jedes Wort. Das schwöre ich dir.“ Hob er mein Gesicht an. „Ich liebe dich“, sagte er, bevor er mich küsste.

Die nächsten Tage lief ich wie eine Traumwandlerin umher. Die Kälte! Der erneute Schneefall! Das harte Training! Die Unterrichtsstunden! Nichts konnte meine gute Laune verderben. Jede Nacht kuschelte ich mich in Corvins Bett. Darin fühlte ich mich ihm besonders nah. Sein Geruch hing im Laken. Ich musste nur die Augen schließen, um von ihm zu träumen. Unserer gemeinsamen Zukunft.

Morgen würde die Woche herum sein. Morgen trällerte ich leise vor mich hin. Spätestens übermorgen konnte ich mich in seine Arme schmiegen. „Hallo Sarah“ wurde ich begrüßt.

Erstaunt sah ich mich um. Inzwischen wusste ich, warum alle den Nachnamen mit aussprachen. Es war die Art der Vampire meine neue Stellung innerhalb des Volkes anzuerkennen. Corvin riet mir nur besonderen Freunden die Erlaubnis zu geben mich mit Vornamen anzureden. Das war in diesem Fall nur Diederich. Zu sehr ärgerte ich mich, über Endris, Matt, Till und Eric. Die noch immer das Weite suchten, sobald ich auftauchte. Sollten sie!

„Hendrik“ lief ich auf den Freund zu. „Wo warst du? Ich habe mir schon Sorgen gemacht.“ Umarmte ich ihn.

„Vorsicht Sarah ich habe das Gefühl ich zerbreche vor Kälte.“ Verzog er schmerzhaft das Gesicht.

„Seit wann bist zu zurück?“

„Noch nicht lange. Ich bin auf dem Weg in mein Zimmer. Dort werde ich es halten wie die Bären und einen gesunden Winterschlaf halten.“

„Du Armer! Hast du schon gegessen?“ fragte ich besorgt nach.

„An Nahrung mangelte es nicht. Die Kälte hat mich geschafft.“

„Wo warst du überhaupt?“ Er sah sich vorsichtig um. „Nicht hier. Zu viele Ohren. Komm doch mit dann erzähle ich dir alles.“ Ging er wie ein alter Mann vor.

Zitternd wie Espenlaub hüllte Hendrik sich in eine Decke ein. „Das war die Hölle“, meinte er versonnen. „Corvin hat zwei Vampire und mich ausgeschickt. Wir sollten uns nach den Blutnachschub erkundigen. Angeblich waren Krieger beauftragt worden regelmäßig Blut ins Dorf zu liefern. Wir fanden keine Spur von ihnen noch von Ricco, der in der Blutbank arbeitet. Höchst seltsam alles. Ricos Wohnung war verlassen als wäre er überstürzt abgereist. Wir konnten nichts ausrichten so kehrten wir zurück.“

„Was bedeutet das? Hendrik willst du damit sagen, dass es keine Nahrung für die Vampire gibt?“ er nickte. Ich malte mir ausgehungerte Vampire vor die sich über ihre Familien hermachten. Ein Blutbad sondergleichen. Die Zähne der Vampire noch gut in Erinnerung. Das waren keine kleinen Bissspuren, wie sie in Filmen gezeigt wurden. Nein das waren Reißzähne, die verheerende Wunden anrichteten.

„Was jetzt?“, fragte ich Hendrik, der mühsam die Augen öffnete.

„Keine Ahnung Sarah. Diederich wirkte zwar betroffen aber nicht verzweifelt.“ Sah er mich beruhigend an. Wieder fielen ihm die Augen zu und noch immer fror er. „Leg dich hin!“, sagte ich ihm. „Gleich“ nickte er müde.

„Na los“ stand ich auf, „Bringe die Decke mit“ und schüttelte sein Bettzeug auf. Ich war froh das ich sein Bettzeug wechselte, nachdem Corvin abgereist war. In Erinnerung schwelgend, was für Corvin eine gründliche Aussöhnung bedeutete.

„Was hast du denn vor?“

„Na das siehst du doch. Ich verfrachte dich ins Bett. Du schläfst jetzt und morgen geht es dir schon viel besser.“

„Hoffentlich! Ich habe das Gefühl nie wieder warm zu werden.“

Nachdem er ausgezogen und warm eingepackt im Bett lag wollte ich gehen. Hendrik  bat mich noch zu bleiben. „Es lenkt mich ab“, meinte er zitternd.

„Warum hat Corvin ausgerechnet dich damit beauftragt?“ Das war bei diesem Wetter für einen Menschen untragbar empfand ich.

„Ich kenne Rico er war letztes Jahr auf der Festung. Die beiden die mich begleiteten kennen ihn nicht.“ zitterte er vor sich hin. Mitfühlend strich ich über seine Wange – sie war eisig. Dann fühlte ich unter seiner Decke. „Du bist kalt wie ein Eiszapfen.“ Stellte ich mit Besorgnis fest.

„Sag ich doch.“ Murrte er beleidigt. „Rück ein Stück“, befahl ich ihm und zog mir Pullover und Hose aus. „Was soll denn das?“, fragte er entsetzt die Augen aufsperrend.

„Bist du blöd? Ich wärme dich oder hast du eine bessere Idee?“ schlüpfte ich zu ihm ins Bett. Sobald ich näher an Hendrik heranrückte, schnaufte ich auf. Ein Eiszapfen war nichts gegen ihn. Ich musste kichern, als ich bemerkte, dass Hendrik stocksteif neben mir lag. „Nun kuschel dich schon an. Ich werde dir schon nichts antun.“

„Du nicht! Aber dein Vater bestimmt.“ Oder Corvin dachte ich. Doch band ich es ihm nicht auf die Nase. „Er ist nicht da und außerdem sind wir doch Freunde.“ Inzwischen gab Hendrik seinem Bedürfnis nach Wärme nach. Er lachte, als er näher heranrückte. „Du bist eine Frau Sarah und ich nur der Sohn meines Vaters.“

„Maulheld“ schlang ich meinen Arm um ihn. So konnte er seinen Kopf auf meiner Schulter legen. „Du würdest nie mit mir schlafen. Genauso wenig wie dein Vater.“

„Sei dir da mal nicht so sicher. Mit dem Gedanken habe ich schon bei unserer ersten Begegnung gespielt.“ Sagte er frech.

„Ja sicher und jetzt schlaf du Frauenheld.“ Sagte ich ihm foppend. Hendrik entspannte sich nun, „Danke“ flüsterte er leise. Es dauerte lange, bis er endlich einschlief. Ich erzählte ihm von den letzten Tagen nicht das es viel zu erzählen gab. Ich redete so daher und bemerkte, wie er langsam in den Schlaf glitt.

Eigentlich wollte ich gehen sobald er fest schlief darüber hinaus schlief ich selbst ein. Irgendwann wurde ich von einem sonoren Geräusch wach. Ein stetes andauerndes Schnarchen. Hendrik schnarchte und das genau neben meinem Ohr. Vorsichtig um ihn nicht zu wecken, stand ich auf. Ich musste grinsen, als ich ihn dort so liegen sah. Er wirkte wie ein kleines Kind im Schlaf.

Leise zog ich die Tür hinter mir zu. In den Fluren zog bitterlich kalt der Wind um die Ecken. Das musste der angekündigte  Schneesturm sein.  Den ganzen  Morgen wurden  die  Küchenzelte  und  verschiedene  Häuser  mit Holzbalken verstärkt. Die Schneelast auf den Dächern bereitete allgemeine Sorge. Und nicht nur das. Die sowieso schon schmalen Wege wurden mittlerweile enge Pfade. Die beständig freigeschaufelt wurden. In Gedanken versunken betrat ich Corvins Räume. Ich dachte ich sollte mich daran gewöhnen unsere zu sagen, da stand er! Während er mich anstarrte, flog ich auf ihn zu. Sprang ihn geradezu an. „Corvin“, hauchte ich vor Glückseligkeit und küsste ihn. Erstaunt über seine überaus frostige Begrüßung sah ich ihn fragend an. Er räusperte sich mit hochgezogener Braue und blickte auf einen Punkt hinter mir.

Langsam drehte ich mich um. Dort stand eine ganze Versammlung. Diederich, Peer, Henry, der seine Zähne bleckte und Vlad, dessen Mund offenstand. Des Weiteren einige Vampire, die ich vom Sehen her kannte und völlig Fremde. Corvin drückte mich an sich dann fragte er, „Wo warst du?“

„Hendrik! Wieso?“ die Stimmung im Raum war angespannt. „Ist etwas geschehen?“

„Wann warst du zuletzt in unseren Räumen Sarah?“ Fragte Corvin mich bestimmt und ernster Miene.

„Wann? Ich weiß nicht genau“ überlegte ich, „Am frühen Nachmittag schätze ich.“

„Danach warst du nicht mehr hier?“

„Nein! Was soll die Fragerei?“ wurde ich nun sauer. Betrieb er mal wieder den Part, ich bin dein Herrscher?

„Bitte Sarah später!“, warnte er mich. „Kannst du den genauen Zeitraum eingrenzen?“ Ich schüttelte den Kopf, „nein ich ging runter. Dort begegnete ich Hendrik und war seitdem bei ihm.“ Ich fühlte mich beschuldigt. Was sollte das?

„Dann muss Sarah gegen achtzehn Uhr deine Räume verlassen haben Corvin.“ Mutmaßte nun Diederich.

Corvin nickte, „Bis vor knapp einer Stunde. Das ist eine lange Zeitspanne. Befragt jeden! Wirklich jeden! Ich will wissen, wer das war.“ Befahl er unmissverständlich.

„Wir fangen Morgen sofort an.“ Sagte Diederich.

„Morgen?“ fauchte Corvin, „Sofort! Wer auch…“

„Corvin“  trat  Henry  vor,  „Überlege!  Dieser Anschlag  war  vorbereitet.  Sollten  wir  den Attentäter  nicht  in Sicherheit wiegen? Sarah Sardovan“ sprach er mich mit vollem Namen an. „Sarah reicht Henry“ lächelte ich ihm zu. „Sarah“, erwiderte er lächelnd, „wo warst du noch, nachdem du Hendrik begegnet bist?“

„Nirgendwo. Was für ein Anschlag? Bist du verletzt?“ sah ich Corvin prüfend an. Er verneinte, „Der Anschlag galt dir“ wies er auf den Boden. Dort lag eine Schlange. „Sie lag im Bett Sarah. Wenn ich…“, er schüttelte den Kopf hielt mich fester. „Also gut! Was schlägst du vor Henry?“ dabei strich Corvin mir sanft über den Rücken.

„Ein Gerücht! Soll der Attentäter denken er war erfolgreich. Vielleicht verlässt er das Dorf dann bekommen wir ihn.“

Diederich  horchte  auf,  „Wir  postieren  überall Vampire  Corvin.  Ein  Mensch  wird  die  Neuigkeit  erleichtert aufnehmen. Gefühle können sie nicht unterdrücken.“

„Und wenn es kein Mensch war? Wir müssen damit rechnen nach den letzten Vorfällen. Mindestens einer von uns ist ein Verräter.“ Sagte ein mir fremder Vampir.

Erschrocken zuckte ich zusammen. Ein Verräter innerhalb der Familie? Corvin rieb sich die Stirn, „Ich denke wir verbreiten das Gerücht. Ich will das die ältesten Vampire unsere eigenen Brüder und Schwestern überwachen. Ist Matt noch im Dorf?“

Matt? Glaubte Corvin etwa Matt…? „Nein Füchsin“, sagte er leise, „er ist ein Freund!“ lauter setzte er hinzu, „Holt ihn! Außerdem Rosmerta, Hendrik…“ er zählte noch einige Namen auf. „Henry, Vlad ihr übernehmt das Dorf. Matt und ich das Haus.“

„Warte Corvin du kannst Vlad nicht hinausschicken. Nicht nachdem seine Tochter einem Anschlag zum Opfer fiel. Das sähe doch sehr seltsam aus.“ widersprach Henry.

„Ja das geht nicht. Also bleiben wir hier und du gehst mit Matt.“ Corvin sah sich fragend in der Runde um niemand wandte etwas dagegen ein. In diesem Moment kam Rosmerta hinein. Sie bemerkte sogleich die Anspannung. „Was ist los?“, fragte sie nach ohne ihre üblichen Beschimpfungen.

Rosmerta wurde gebeten sich zu gedulden genau wie Hendrik, der wenig später verschlafen erschien. Er bedachte mich und Corvin mit einem überraschten Blick. Und stellte sich zu seinem Vater, der ihn stumm begrüßte.

Peer kam mit Matt im Schlepptau zurück. Wie alle Anwesenden sah ich die aufgeplatzte Lippe Peers. Matt grinste unverschämt in den Raum. Sobald er mich erblickte, wandelte sich sein Angesicht. In den stillen zurückhaltenden Vampir, den ich kannte.

„Du kannst deine Maskerade ablegen.“ Meinte Corvin dann erklärte er in raschen Worten die Lage. Ich musste mich über die Disziplin der Neuankömmlinge wundern. Kein Wort kam über ihre Lippen noch nicht einmal ein überraschter oder verwunderter Ausruf. Selbst Hendrik hörte schweigend zu. Corvin verteilte die jeweiligen Aufgaben. Erst jetzt meldete Rosmerta sich zu Wort.

„Ich würde nicht gleich sagen, dass Sarah Sardovan einem Anschlag zum Opfer fiel. Nenn mich abergläubisch doch das gehört sich nicht. Erzählt sie ist krank auf unerklärliche Weise. Der Attentäter wird so oder so positiv darauf reagieren. Sowie die Hälfte der weiblichen Bevölkerung in diesem Dorf. Das dürft ihr nicht vergessen. Deine Gefährtin ist nicht gerade beliebt unter den weiblichen Vampiren Corvin.“

Sie trat vor und besah sich die Schlange. „Die gehört Molly Joe! Sie sagte mir heute Mittag das eine gestohlen wurde. Giftig! Aber nicht so giftig das eine gesunde junge Frau sofort daran stirbt. Sie kann! Daran besteht kein Zweifel ohne Gegengift. Deshalb solltet ihr noch eines Bedenken! Wer würde losziehen, um das Mittel zur Rettung der geliebten Frau oder Tochter zu besorgen?“ Sah sie Corvin und Vlad fragend an.

Beide merkten auf, „Sehr ihr! Ihr würdet beide gehen! Keiner von euch ist fähig an einem Krankenbett auszuharren. Vielleicht ist es das was der Attentäter bezweckt.“ Überlegte sie laut.

Zustimmendes Gemurmel breitete sich aus. „Ja“, meinte Diederich. „Ihr seid unterwegs angreifbar. Denn ihr würdet niemanden mitnehmen. Während Sarah schutzlos um ihr Leben kämpft. Ein gefundenes Fressen für einen erneuten Versuch.“

„Wieso schutzlos? Du neigst zur Dramatik Diederich.“ Trotz der ernsten Situation konnte Corvin sein Grinsen kaum verbergen.

„Wer sollte ihr denn beistehen? Sarah selbst? Du gehst unverantwortlich mit dem Leben deiner Gefährtin um.“ Wippte Diederich nun angriffslustig auf den Zehenspitzen.

„Wofür sind wohl die Leibwächter da? Wirklich du übertreibst“ winkte Corvin ab. Jetzt runzelte Diederich die Stirn. Matt und Peer sahen sich erstaunt und überrascht an. „Was ist denn noch?“, wollte Corvin wissen.

 

Matt ergriff das Wort. „Corvin du hast uns in einem Schreiben mitgeteilt, das wir Sarah Sardovan nicht mehr beschützen sollen. Weiter bittet Sarah Sardovan gemäß ihrer neuen Stellung keine freundschaftlichen Bande mehr mit ihren früheren Freunden.“

Corvin sowie auch ich starrten Matt ungläubig an. Corvin fand als Erstes seine Sprache wieder. „So etwas habe ich nie befohlen. Noch würde Sarah auf ihre Freunde verzichten. Egal welche Stellung sie innehat.“ Ich nickte unterstützend da es genau meine Ansichten waren.

„Aber“, meinte Matt, „ich kenne deine Handschrift Corvin.“ Er holte ein gefaltetes Blatt heraus. „Hier steht es schwarz auf weiß! Deine Befehle an mich.“ Corvin riss ihm das Papier aus der Hand. Er wurde schneeweiß. „Ruft jeden an, den ihr erreichen könnt. Jedewede schriftlicher Befehl ist zu ignorieren. Der Überbringer ist sofort zu inhaftieren. Nur ausdrücklich von mir persönliche Befehle sind zu befolgen. Warnt alle Familien das gefälschte Befehle und Nachrichten unterwegs sind.“ Sah er jeden Einzelnen an. Die erschrocken Corvin und das Blatt in seiner Hand ansahen. „Was ist? Macht schon!“

„Darf ich dazu was sagen?“, meldete sich Hendrik zu Wort. Er wartete gar nicht die Erlaubnis ab. „Alia kann innerhalb einer Minute Mails an alle verschicken.“

„Dann ruf sie an!“ grollte Corvin.

„Bin schon dabei!“ hielt Hendrik sein Handy hoch. Alle hörten gespannt zu als Hendrik Alia informierte. Erst danach sprachen alle aufgeregt durcheinander. Corvin ließ sie reden selbst in Gedanken versunken.

Außer Vlad, der mich zu sich heranwinkte. Ich löste mich aus Corvins Umarmung. „Was ist? Wo willst du hin?“ ließ er mich unwillig frei. Ich deutete wortlos auf Vlad.

„Er ist nicht gerade angetan von mir als Schwiegersohn. Mach dich auf einiges gefasst.“ Warnte er mich leise.

„Welcher Vater wäre das?“ musste ich ihn aufziehen nur um ein Lächeln von ihm zu erhaschen. Vlad zog mich in die hinterste Ecke des Raumes. „Sarah nur eine Frage. Liebst du ihn?“ ich konnte nur nicken. Er atmete erleichtert auf und gab mir einen Kuss auf die Wange. „Ich wünsche dir alles Glück dieser Erde.“ Umarmte er mich nochmals.

„Glück allein wird da nicht genügen. Sobald die Nachricht Venedig erreicht wird sie herkommen.“ Sagte Henry. „Darf ich nun auch mal die Braut küssen?“ drängelte er sich zwischen Vlad und mir. Vlad verzog besorgt sein Gesicht. Trat aber zurück. Ich fragte mich, weshalb er besorgt war. Henrys übertriebene Glückwünsche, die sofort von Corvin aufmerksam beobachtet wurden oder seine geheimnisvolle Bemerkung.

Von Henry wurde ich an Matt weitergereicht. Matt entschuldigte sich für sein Benehmen. Konnte ich ihm böse sein? Nein! Der Befehl kam von Corvin so dachte Matt. Ich sagte ihm, wie ich dachte, „Das ist großzügig Sarah Sardovan. Ich sehe meinen Fehler ein. Denn ich hätte es wissen müssen Corvin würde dich niemals ohne Schutz zurücklassen.“

„Ach das ist alles? Matt?“ sah ich ihn empört an. Dachte er wirklich, ich würde nichts mehr mit meinen Freunden zu tun haben wollen? Nun denn ich war zu stolz um ihn aufzuklären.

Matt lächelte, „Stolz ist ein schlechter Wegbegleiter Sarah Sardovan. Nein auch das habe ich nicht bedacht. Du bist kein Typ für solche Allüren. Verzeih!“

„Nur wenn du die drei Deppen aufklärst.“ Sagte ich ihm hochnäsig.

„So wird es geschehen, sobald du dich vom Krankenlager erhebst.“ Verbeugte er sich übertrieben.

Einen Moment stand ich allein. Die Vampire diskutierten die verschiedenen Vorsichtsmaßnahmen. Rosmerta Anmerkungen, die sie auf keinen Fall außer Acht lassen wollten. Die Frage ob und wann Corvin und Vlad abreisen sollten oder nicht. Jeder hatte seine Meinung dazu.

Über den Raum hinweg sah ich Corvin an. Der umringt von fünf Mitstreitern stand. Sie redeten alle nur Corvin schwieg den Blick gesenkt. Dann sah er auf direkt mich an. Ich fühlte mich sofort zu ihm hingezogen. Ein Blick reichte aus. Er löste sich aus der Gruppe.

„Alles diskutieren hilft nicht“, sagte Corvin laut, „Rosmerta, Hendrik und Matt werden das Gerücht in Umlauf bringen. Sarah ist erkrankt. Woran? Wissen wir nicht. Ich werde denen nicht den Gefallen tun und abreisen. Diesmal nicht! Wir sind nun am Zug. Wir müssen den Verräter finden.“ Zustimmendes Gemurmel erfüllte den Raum. „Uns sollte bewusst sein das nur ein Vampir meine Handschrift fälschen konnte. Und es muss jemand sein der mir nahesteht oder stand. Denn der Fälscher hat jede Eigenart, die ich in persönlichen Briefen verwende, kopiert. Ihr wisst, wovon ich rede. Nur wenige wissen davon. Seid wachsam denn ein Freund, kann der Feind sein.“

Er sah sich um. Jeder Einzelne nickte. „Dann bis morgen. Wir werden uns vor Sonnenaufgang hier einfinden. Diederich du sorgst dafür, dass die Leute im Haus als Erste von Sarahs Erkrankung erfahren.“

Der  alte  Krieger  nickte,  „Wir  sollten  Molly  Joe  einweihen.  Sie  ist  zwar  kein Arzt  weiß  aber  mehr  über Krankheiten als alle anderen.“

„Ist sie vertrauenswürdig?“, fragte Corvin.

„Das ist sie!“ mischte sich Rosmerta bestimmt ein. Corvin nickte zustimmend. „Dann geht euch jetzt ausruhen. Morgen wird ein anstrengender Tag.“ Mehr gab es nicht zu sagen. Schweigend verließen die Vampire den Raum.

Nur Hendrik, der an der Wand gelehnt stand, rührte sich nicht. Sowie Vlad der wartete, das sie gingen. Henry stupste seinen Sohn an der erschreckt zusammenfuhr. „Versammlung beendet? Wusstest du es? Sarah und Corvin? Mann das ist der Hammer! Der Alte wird gezähmt. An Sarah wird er sich die Zähne ausbeißen… oh ihr seid noch da!“ bemerkte er uns. Besonders den Alten, der mit in den Hüften gestemmten Händen ihn drohend anblickte. „Eines Tages Hendrik werde ich dir dein loses Mundwerk zunähen müssen.“

Hendrik kratzte sich dreist grinsend am Hinterkopf, „Ach was! Dann hättest du ja nichts mehr, worüber du dich amüsieren könntest. Vor allem jetzt wo du ja gebunden bist.“ Musste er das letzte Wort haben. Während sein Vater ihn aus dem Raum hinaus eskortierte.

Ich sah Vater und Sohn nach. Indessen seufzte Corvin verhalten auf. „Schieß los! Vlad.“ Sagte er zu meinem Vater. Vlad fixierte Corvin stumm. Ein dunkles Glitzern in den Augen. Da war Gefahr in Verzug. Corvin hielt den Blick meines Vaters gelassen stand. Um seine Mundwinkel spielte ein auffordernder Zug. Er reizte Vlad noch zusätzlich. Musste das sein?

„Du hättest es mir sagen müssen.“ Glitt Vlad angriffslustig auf Corvin zu. „Du gottverdammter Heuchler,  ich habe ein Recht darauf.“ Brüllte Vlad außer sich.

„Nicht in Venedig! Nicht in ihrer Nähe Vlad.“ Blieb Corvin ruhig. Vlad sah sein gegenüber erstaunt an. Er nickte sich beruhigend. „Ist das der Grund, weshalb du es verschwiegst?“ Von wem sprachen sie? Wer besaß solchen Einfluss? Das Corvin unsere Verbindung verschwieg. Ich nahm an das Vlad deshalb so wütend war. Allein die Andeutung dieser Frau beruhigte Vlad. Wer war sie?

„Der Einzige! Vlad.“ Corvin drehte sich zu mir um. „Und deshalb bin ich verschwunden.“ Erklärte er seinem Freund.

„Ich bin halb verrückt geworden.“ Nahm er mich anlächelnd in den Arm. „Sarah hat nach meinem Geschmack zu viele Verehrer. Und ich in Venedig! Ich konnte und wollte mich nicht auf ihre Gefühle verlassen. Nicht nachdem ich sie auf dich ansetzte. Sarah war mehr als nur enttäuscht von mir. Dann Henry Berichte, die Briefe! Ich musste etwas unternehmen.“ Rechtfertigte er sich vor meinen Vater. Was mich sehr erstaunte.

„Sei ehrlich Corvin. Liebst du meine Tochter?“ fragte Vlad nach. Zwar nun ruhiger. Trotzdem lag eine gewisse schärfe in seiner Frage.

„Also Vlad. Das ist eine sehr persönliche Frage.“ Zierte sich der sonst so wortgewandte Vampir. Ich musste lachen, als ich ihn so verlegen sah. Corvin fuhr sich gereizt durch das Haar. „Das belustigt dich? Was?“ ich nickte grinsend und kuschelte mich an ihn.

„Ich warte auf eine Antwort Sardovan.“ Blieb Vlad stur.

„Ja! Ich liebe Sarah.“ knurrte der stolze Vampir, der sich sichtlich unwohl in seiner Haut fühlte.

„Na also. War doch gar nicht so schwer.“ Schmunzelte Vlad vergnügt. „Mehr wollte ich nicht wissen. Dann bis später.“ Ging er.

„Wünschst du mir… uns denn kein Glück?“, rief Corvin ihm nach.

„Dir? Nein! Du besitzt den größten Schatz, den ich mein Eigen nenne. Pass auf! Das du es nicht vermasselst Corvin. Meiner Tochter habe ich bereits das Passende gesagt. Du verlangst wie immer zu viel Corvin.“

 

„Danke Vlad“, sagte mein Gefährte während Vlad leise die Tür hinter sich zuzog.

„Nun zu dir!“, meinte er mit zusammengezogenen Brauen. „Soll ich dich küssen oder fragen, was du stundenlang bei Hendrik tatest?“ Noch immer lächelnd über die Vampire und ihren seltsamen Austausch sah ich ihn an. „Mit wäre das Erstere lieber.“

Corvin lachte erzürnt auf. „Mir auch! Füchsin mir auch.“ Zog er mich an sich.

„Tatsächlich?“  wich  ich  seinen  Lippen  aus.  „Nach  der  lauwarmen  Begrüßung  vorhin?  Ich  dachte  deine Leidenschaft sei merklich abgekühlt.“ Neckte ich ihn. Corvin begnügte sich indessen mit leichten Küssen an meinen Hals. Er sah auf. „Abgekühlt? Warte es ab Füchsin.“ Glitzerten seine Augen dunkel auf. Eng aneinander geschmiegt von leichten erregenden Küssen unterbrochen. Erzählte Corvin von dem sinnlosen Versuch  den  Rat  zu  überzeugen.  „Oh  ja.  Sie  haben  uns  angehört.  Dabei  waren  ihre  Gedanken  mit  dem bevorstehenden Aufbruch beschäftigt. Diese degenerierte Bande.“ Schimpfte er. „Sie sollten ihre Nasen mal in die Realität stecken. Aber nein. Es ist wichtiger, dem Schmuddelwetter zu entfliehen.“ Sagte er resignierend.

„Sechs Familienoberhäupter! Und der Rat? Was tut er? Er zuckt lächelnd die Schultern. Nur ein Gutes hatte die Sache wir wissen jetzt das Wir nicht allein dastehen. Die Familien sind gewarnt. Sie nehmen die Lage ernst. Sollte es zu einem erneuten Übergriff kommen. Werden wir handeln.“

„Du meinst Krieg?“ sah ich besorgt in sein Gesicht.

„Nein Sarah. Aber wir werden jeden Jäger, der uns in die Hände fällt, inhaftieren und befragen. Darauf muss der Rat reagieren und wir erhalten Informationen. Gerade die fehlen uns. Einstweilen werden wir den Winter hier verbringen.“

Mir gingen einige Sachen durch den Kopf. Corvin sprach zwar voller Zuversicht. Doch mich beschlich das Gefühl, das er mich nur beruhigen wollte. „Was ist mit Vlad? Geht er meine Mutter suchen? Und gehst du mit ihm?“ er wollte antworten. Ich bat ihn stumm mich ausreden zu lassen. „Der Attentäter!“ fuhr ich fort, „Was kann er im Dorf anrichten? Wer ist die Frau von der du und Vlad spracht? Bitte Corvin ich möchte wissen, woran ich bin.“ Sah ich ihn ernst an.

Er warf sich auf den Rücken. „Gott Sarah! Lass mich dich beschützen.“

„Das kannst du ja auch. Aber wer beschützt dich? Ich will wissen was um mich herum geschieht Corvin. Ich will wissen, wer die Feinde sind.“

„Wofür? Willst du die Jäger in die Flucht schlagen?“ fragte er lächelnd. Ich hätte auf seine Arroganz sauer sein können. Aber das war ich nicht. Diesem Vampir musste ich erst noch beibringen. Dass nicht jede Frau nur unter der Decke etwas zu bieten hatte.

„Wenn nötig! Ja!“

„Sarah! Bitte!“

„Nein Corvin“ setzte ich mich auf, „Meinst du ich trainiere einfach nur aus Zeitvertreib? Jede Frau, jeder Mann sogar die Kinder sind sich der Lage bewusst. Ihre Existenz ist gefährdet. Ihre Partner! Wir alle werden kämpfen an der Seite unserer Gefährten.“

Corvin schüttelte verzweifelt den Kopf, „Diederich hat recht! In dir steckt das Blut eines Kriegers. Nicht nur das er hat mir bereits über den Zulauf der Menschen berichtet. Ihr trainiert also deshalb so hart. Sarah weißt du eigentlich, was du da auslöst?“

Erstaunt wollte ich wissen, was er meinte, er lächelte grimmig. „Du meine geliebte Frau hast die Lawine ausgelöst.  Mit  deinem  ehrgeizigen  Training.  Deiner  Sturheit  immer  besser  zu  werden  und  dann  noch  die Ausbildung an Waffen! Was denkst du dir? Ich werde niemals zulassen, dass du in Gefahr gerätst. Niemals.“

„Ach hör doch auf!“ strich ich seine Worte mit einem Handstreich hinweg. „Du hast es doch selbst gesagt. Der Rat - ihr Vampire solltet an der Realität schnuppern. Du solltest deinen eigenen Vorschlag nachgehen. Du schickst mich nirgendwo hin verstanden!“ entrüstete ich mich.

Er sah mich ungläubig an. Musterte mich mit einer Intensität, der ich ruhig standhielt. „Also gut!“ entschied er zu meinen Gunsten, „Vlad hat seine übersteigerte Reaktion eingesehen. Er bleibt. Ja und der oder die Attentäter. Da müssen wir den morgigen Tag abwarten. Mit sie - ist Alischa gemeint. Sie sitzt im Rat. Sie war ein Krieger. Man darf sie nicht unterschätzen weder im Kampf noch im Rat.“

„Warum wolltest du unsere…“ mir ging ein Licht auf. Seine Andeutungen und die Geheimniskrämerei mit mir. „Ihr seid liiert!“

„Waren!“ berichtigte er mich, „Das ist sehr lange her!“

„Wenn das so ist. Warum verschweigst du ihr dann das wir ein Paar sind?“ fragte ich misstrauisch nach.

„Das ist nicht so einfach zu erklären Sarah. Alischa verfolgt neben dem Rat ihre eigenen Pläne. Sie träumt von einer reinen Blutlinie. Natürlich sieht sie sich als Oberhaupt. Ihr Vater stammt vom vielleicht ersten Vampir ab, wenn er nicht sogar der Erste ist. Was wir heute als bewiesen angesehen wird, ihre Mutter besaß keinen ganz so reinen Stammbaum. Aber immerhin war sie ein geborener Vampir. Es ist selten das ein Kind reingeboren wird. Auch Alischa ist eines davon.“ Gedankenverloren strich Corvin über meinen Bauch er bekam meine Reaktion auf die Zärtlichkeit überhaupt nicht mit.

Sinnend sprach er weiter, „Tai ihre Mutter ist umgekommen. Das waren merkwürdige Umstände. Eine Rotte Nomaden sollte die beste geschickteste Kämpferin die es je gab besiegt haben. Nein daran zweifle ich heute noch. Ihr Mann Ambrosios war zutiefst getroffen. Er zog sich zurück oder machte seinem Leben ein Ende. Das weiß man heute nicht mehr genau. Es gibt ein Märchen das besagt, dass er aufersteht, wenn die größte Not sein Volk ereilt. Aber auf wem trifft es zu? Ambrosios oder seinem Vater? In dieser Hinsicht gibt es Unstimmigkeit. Falls dieses nicht nur ein Ammenmärchen ist. Es gibt noch eines da heißt es. Erst wenn die Welt sich wandelt und ein Stern aufgeht, kehrt er zurück.“

„Was ist damit gemeint?“, unterbrach ich seine Rede.

Corvin zuckte die Achseln, „Die einen reden von Wiedergeburt. Der Wiedergeburt Tais oder Ambrosios. Viele meinen, dazu gehört Alischa, ein Kind. Ein Nachfahre Tais und Ambrosios sei der Schlüssel.“

„Und Alischa will Kinder?“ sah ich ihn mit großen Augen an, „Oh! Sie will von dir Kinder! Natürlich du bist ein alter Vampir! Mächtig und intelligent. Wer könnte besser in solch einer Blutlinie bestehen.“ Meinte ich.

Corvin lachte, „Ich bin und war nie die erste Wahl! Nein es gibt bessere Kandidaten für sie. Außerdem Alischa hat ein Kind. Nur weigert er sich beharrlich gegen die größenwahnsinnigen Pläne seiner Mutter.“

„Und sie lässt ihn? Einfach so? Wenn sie so ist, wie du Alischa beschreibst. Dann wird sie ihrem Sohn doch nicht gehen lassen. Oder irre ich mich?“

„Nein! Aber ihr Sohn hat mächtige Freunde die Alischa durchaus gewachsen sind. Außerdem hofft sie auf Nachkommen.“ Fuhr er nun mit der Zunge über mein Nabel. „Dies ganze Gerede über Nachkommen bringt mich auf eine Idee.“ Zog er die Decke hinunter.

„Corvin nicht! Die Sonne geht schon auf. Gleich werden deine Spießgesellen kommen.“ Wehrte ich mich gegen seine Zärtlichkeiten.

„Gleich Füchsin. Wir haben noch etwas Zeit.“ grinste er lüstern sich auf mich stürzend.

Nach einem kurzen intensiven Nahkampf wie Corvin sich ausdrückte verschwand er ins Bad. Träumend lag ich im Bett, als unaufgefordert die Tür aufging. „Na so was! Ist der Bock schon runter von dir?“ gackerte Rosmerta in ihrer unverschämten Art. Hinter ihr steckte eine Frau den Kopf zur Tür hinein. „Ja sie sieht wirklich abgekämpft aus.“ gluckste sie. Schnell zog ich verlegen die Decke über mich.

Kapitel 19

Rosmerta keinerlei Sinn für meine Verlegenheit trat näher, „Das ist Molly Joe! Sie ist bereits über alles informiert. Nebenan stehen ein paar höchst dumm dreinblickende Vampire, die den notgeilen Bock sprechen wollen. Alles wartet auf ihn.“ Rief sie laut. Aus dem Bad war ein unterdrücktes Fluchen zu hören.

„So wir werden uns deiner nun annehmen. Wird Zeit, dass du dich so richtig schlecht fühlst. Molly Joe sie gehört ganz dir.“ Molly Joe warf mir einen Blick zu dann lächelte sie beruhigend. Ich kannte sie vom Sehen. Sie lief immer mit einer ausgebeulten Tasche herum. „Meine Kräuter!“, informierte sie mich. „derzeit geht eine Grippewelle durch das Dorf. Da bin ich viel unterwegs. So ich werde dir nun einige Tropfen geben. Damit fühlst du dich hundeelend. Aber das vergeht nach ein paar Stunden. Sollte also ein verräterischer Vampir seine Fühler nach dir ausstrecken, bekommt er das Gerücht bestätigt.“

„Eine gute Idee Molly Joe!“ kam Corvin aus dem Bad. „Nur gib meiner Frau nicht zu viel davon!“

Rosmerta lachte, „Du brünstiger Hirsch wirst dich eine Weile ohne deine Frau amüsieren müssen. Denn wir quartieren uns hier ein. Meinst du, wir wollen sehen, wie du auf ihr herum hoppelst?“

Corvin wollte gerade seinen Einwand kundtun als Molly Joe ihn über den Mund fuhr. „Bei einem Schlangenbiss würde ich den Patienten keine Minute allein lassen. Sollen wir nun mit dieser Komödie beginnen?“ Mit den Zähnen knirschend gab Corvin seine Einwilligung. „Hoffentlich werden wir den Mistkerl schnell finden. Er wird dafür büßen.“

„Gift!“ setzte Molly Joe mit erhobenen Zeigefinger an, „ist das Tatwerkzeug einer Frau. Versteife dich nicht auf einen Mann. Das könnte ein fataler Fehler sein. Zudem ist derjenige nicht bewandert. Ich habe Tiere die einen Menschen innerhalb von Minuten töten.“

„Ich werde es mir merken.“ Sagte Corvin mit einem heißen Kuss, bevor er ging. „Tut mir leid das du das Durchmachen musst.“ Flüsterte er.

„Wird schon nicht so schlimm werden.“ Meinte ich munterer als ich mich fühlte.

 An Corvins Stelle trat Molly Joe. In ihrer Hand ein Becher. „Trink das“, reichte sie mir ein widerliches stinkendes Gebräu. Naserümpfend schluckte ich das Zeug hinunter.

 

Molly Joe nickte zufrieden. „In einer halben Stunde setzt die Wirkung ein.“

„Wie sieht die aus?“, wollte ich wissen.

„Schüttelfrost, Übelkeit und all so was.“ Meinte sie gelassen.

Ja all so was! Die nächsten Tage bekam ich meine Zähne nicht mehr unter Kontrolle. Höllische Krämpfe zuckten durch meinen Leib. Und wenn sie mal nachließen, spuckte ich Galle. Teilweise bekam ich von dem, was um mich herum geschah, überhaupt nichts mit. Mal saß Corvin am Bett. Er wirkte besorgter als er zugeben wollte. Dann Vlad, Rosmerta immer war Molly Joe zugegen. Die mich keine Sekunde allein ließ.

Dann diese Träume. Kalter Stahl, der mich und mein Ungeborenes aufschlitzte. Ich sah meine Gedärme, die ich mit meinem Kind zusammenklaubte. Blut soviel Blut. Das höhnische Lachen einer Frau. Die mich triumphierend verhöhnte. Der Mann mit der Klinge, der entsetzt auf mich und mein Kind hinabstarrte. Während ich voller Verzweiflung versuchte den glitschigen Schlauch daran zu hindern aus meinem Bauch zu quellen. Dabei rief ich nach dem Einzigen, den ich jemals liebte und der mich verließ. Es war so real. Ständig wiederholte sich der Traum. Nie sah ich das Gesicht der Frau. Der Mann war mir bekannt. Wer war er?

„Nur ein Traum Sarah. Es ist nur ein Albtraum.“ Hörte ich leise samtene Worte in meinen Schmerz.

„Corvin sie werden unser Kind töten. Das darfst du nicht zulassen.“ Packte ich ihn an die Schulter, „Hörst du! Du musst unser Kind retten.“

„Sarah du träumst! Sieh dich um. Du bist in Sicherheit.“ Schüttelte mich Corvin leicht.

„Versprich es! Bei allem, was dir heilig ist. Versprich es!“

„Das habe ich schon. Sarah bestimmt schon zehnmal.“ Küsste er mich sanft auf den Mund. „Molly Joe wann hört das endlich auf? So geht das nicht weiter.“ Rief er verzweifelt. Wimmernd vor Schmerz wollte ich sterben. Ich hörte Molly Joe, „Ich verstehe es nicht! Das sollte so nicht sein!“, wiederholte sie ständig während sie versuchte mir etwas einzuflößen. Allein der Geruch verursachte mir Übelkeit würgend spuckte ich alles aus. Um wieder vom kalten Stahl, der meinen Körper aufschlitzte zu träumen.

„Sie wird ruhiger. Gott sei Dank. Rosmerta ich verstehe es nicht. Das Mittel ist harmlos wieso reagiert sie nur dermaßen darauf?“ das war Molly Joe.

Rosmerta sprach ungewöhnlich leise ansonsten krächzte sie doch lauthals.„Ich glaube Sarah hat das Zweite Gesicht…“

„Blödsinn“ fauchte Corvin, „Das sind Hirngespinste alter Weiber. So etwas gibt es nicht…“ Corvin! Er war da! Ich drehte mich zu ihm um. Mühsam bewegte ich mich mir fehlte es an Kraft. Warum fühlte ich mich so ausgelaugt? Mir fielen wieder die Krämpfe der Schmerz ein. Mein Hals fühlte sich wie ein Reibeisen an. „Kann ich einen Schluck Wasser haben?“ War das meine Stimme? Damit konnte ich glatt mit Rosmerta im Canon singen. Falls ich die Kraft aufbrachte. Sofort schwieg Corvin. Er half mir, mich ein wenig aufzusetzen. „Sarah“ klang er erleichtert, „Wasser! Ihr alten Weiber! Na los!“ schenkte er mir sein unvergleichliches Lächeln.

„Trink langsam! Nur einen Schluck.“ Murmelte Molly Joe, die mich prüfend ansah. Nachdem ich einige Schlucke tat, wunderte ich mich über die Drei. Sie gafften mich an als wäre ich ein seltenes Exemplar. „Na dein Zeug hatte es aber in sich.“ Wandte ich mich an Molly Joe.

Corvin schnaufte verärgert auf. Molly Joe zog sich vorsichtig in den Hintergrund zurück. „Hast du Schmerzen? Ist dir übel? Kalt?“ ich schüttelte meinen Kopf. „Nein ich fühl mich nur total geschlaucht. Und mein Hals kratzt. Ansonsten geht es mir gut. Habt ihr den Attentäter?“

„Nein! Noch in der Nacht, als wir den Plan schmiedeten. Hat jemand aus dem Dorf einen Mann gesehen, wie er sich davonstahl. Wir nehmen an das er es war. Er hat noch nicht einmal abgewartet, ob sein Anschlag gelang. Du hast das teuflische Zeug völlig umsonst geschluckt.“

„Oh! Na ja! Es war ein Versuch wert.“ Mein Magen knurrte vernehmlich, „Darf ich, etwas essen? Mir kommt es vor als hätte ich seid Tagen nichts gegessen.“

„Das hast du auch nicht. Fünf Tage um es genau zu sagen.“ Warf Corvin einen bösen Blick auf Molly Joe. Die sich noch mehr in die Ecke verkroch.

„Ich hole dir einen Teller Brühe. Ich glaube das ist genau das Richtige für den Anfang.“ Sagte Rosmerta.

„Ich komme mit dir.“ Folgte ihr Molly Joe.

Corvin sah der Frau grimmig nach. „Du bist nicht gerade bester Laune.“ Nahm ich seine Hand. Er grinste kurz, „Im Gegenteil ich bin sehr guter Laune. Geradezu erleichtert. Ich habe mir wirklich entsetzliche Sorgen gemacht. Sarah du bist mein Herz ich hatte Angst dich zu verlieren. Kannst du dich an deinen Albtraum erinnern?“

Zögernd nickte ich. Ich wollte nicht daran denken. „Es war schlimm Corvin. So echt! Ich fühlte die Schmerzen die Verzweiflung. Den Hohn der Frau. Es war, als ob ich es erlebte.“

„Wer war die Frau?“

„Ich weiß es nicht. Meinst du, es wird geschehen?“

„Nein! Wie sollte es auch? Denn ich werde auf dich aufpassen Sarah. Immer!“ schlang er die Arme um mich.

Am nächsten Tag rebellierte ich. Weder Rosmerta noch Molly Joe wollten mich aufstehen lassen. Mit Corvin durfte ich gar nicht rechnen denn er stand hinter der Meinung der Frauen. Erst mit Vlad´s Unterstützung wurde mir die Erlaubnis erteilt aufzustehen. Von da an ging es mir stündlich besser. Schon nach zwei Tagen war ich vollkommen erholt. Nur mein lieber Gefährte sträubte sich, dies zu erkennen.

Jeden Abend zog er sich ins Nebenzimmer zurück. Als ich ihn fragte ob er nicht bei mir schlafen wolle ergriff er die Flucht. Hatte ich Aussatz? Eine ansteckende Krankheit oder was sollte das? Auf meine Frage bekam ich eine ausweichende Antwort so wie – Du brauchst noch Ruhe. Der Knüller war – ich schlafe unruhig! Wann schlief er denn mal?

Während ich lustig und in falschen Tönen mein Liedchen sang, bereitete ich meinen Plan vor. Heute Nacht musste der Herr Farbe bekennen. Entweder er liebte und begehrte mich. Oder ich wäre schneller aus seinem Haus, als er einen Beutel leerschlürfen konnte. Diese ich liebe dich aber rühr mich ja nicht an Nummer musste ein Ende finden.

In Rosmerta fand ich einen verständnisvollen Verbündeten. Sie lieh mir ein Nachthemd aus - das durchsichtiger nicht sein konnte. Woher in Gottesnamen hatte sie das? Ich mochte mir nicht vorstellen, dass sie es trug. Nach menschlichen Alter war sie bestimmt um die achtzig und dann dieses Dessous? Nein ehrlich! Wahrscheinlich war ich in diesem Bezug zu altbacken.

Den Gedanken an Rosmerta vertreibend zog ich nach einer ausgiebigen Dusche das zarte Hemd an. Vor dem Spiegel prüfte ich die Wirkung. Genau richtig, wie ich fand. Wenn er darauf nicht ansprang, sollte er mal seine Potenz überprüfen lassen.

Horchend stellte ich fest das noch jemand da war. Diederich hörte ich heraus und auch Henry. Hoffentlich verschwanden sie bald. Zog ich das Ungetüm von Unterhemd an.

Bald darauf hörte ich die Tür zuschlagen. Schnell deckte ich mich zu und nahm ein Buch zur Hand. Wenn Corvin wie die letzten Abende zuvor hineinkam, um mir eine gute Nacht zu wünschen. Sollte er nichts von meinen Vorhaben erfahren. Ha er kam! Zögernd trat er ein. „Du bist noch wach?“, fragte er vom Kopfende.

„Aber ja! Ich habe heute Mittag zu lange geschlafen und jetzt kann ich nicht einschlafen.“ Lächelte ich ihn an. War das nicht Einladung genug? Klopfte ich neben mir auf das Bett.

Nein anscheinend nicht. Er blieb stehen. „Ja dann! Ich werde mich jetzt hinhauen. Das Training war sehr anstrengend. Die jungen Spunde werden besser.“ Trat er neben das Bett und gab mir ein Küsschen auf die Stirn. Ich musste mich zusammenreißen war ich seine kleine Schwester? Oder seine Lebensgefährtin. Na warte du… lächelte ich ihm nichtssagend zu. Bruder Jakob trat in Aktion.

„Ist irgendetwas?“, fragte er stutzig nach.

„Nein! Wieso fragst du?“ sah ich ihn unschuldig an.

„Weil du wieder einmal dein scheußliches Repertoire zum Besten gibst.“

„Ach das! Ich übe nur. Diederich wird mich ausschimpfen, wenn ich nicht regelmäßig übe.“ Zuckte ich die Schultern. Jetzt konnte ich sogar schon Lügen ohne Rot zu werden. Die Vampire hatten wirklich einen schlechten Einfluss auf mich.

„Mach nicht mehr zu lange. Du bist noch nicht bei Kräften.“ Ging er hinaus.

Ha dir werde ich gleich zeigen, wie sehr ich bei Kräften war. Warte es nur ab du Blutwurst wütete ich vor mich hin. Wieder horchte ich. Er setzte sich an den Schreibtisch, der neuerdings dort stand. Wie ich unter dem Türschlitz feststellte, war das Deckenlicht aus. Nur die Leuchte am Schreibtisch brannte.

Gedulde dich Sarah, gleich wird der Stuhl unter seinem Gewicht knarzen. Dann wartest du noch ein bisschen, damit er sich in seine Arbeit vertieft. Er durfte auf keinen Fall sofort mitbekommen, dass ich eintrat. Denn dann würde er sofort aufspringen die Gelegenheit wollte ich ihm keinesfalls geben.

Anstatt das er sich hinsetzte lief er unruhig hin und her. Verdammt setz dich auf deinen Arsch! Schimpfte ich leise vor mich hin. Ein paar Mal blieb mir das Herz stehen, als ich seine Schritte vor der Tür hörte. Dann wäre mein schöner Plan gescheitert.

Endlich hörte ich das Aufseufzen des Stuhles. Leise kontrollierte ich den Sitz des Hemdes und bauschte nochmals mein Haar auf. Wie lange sollte ich warten? Noch einige Minuten und stellte mich vor den Ofen. Schließlich wollte ich kein abtörnender Eisklumpen sein.

Langsam drückte ich die Klinke hinunter. Nur kein Geräusch, öffnete ich vorsichtig die Tür. Da saß er! Vertieft in seine Arbeit. Leise auf Zehenspitzen schlich ich weiter.

Was verriet mich? Abrupt drehte er sich um sah mich sprachlos an. Erschreckt blieb ich angewurzelt stehen. Dabei machte ich keine so gute Figur, wie ich es mir eigentlich vorgestellt hatte. Auch egal! rette, was zu retten ist. Und ging geschmeidig weiter.

 

„Kannst du nicht schlafen?“, erkundigte sich Corvin höflich. Dabei sah er mich gar nicht mehr an. Sondern starrte auf den Monitor. Gab es einen größeren Holzkopf als ihn? Was sollte ich sagen? Nein ich will mit dir schlafen! Oder nimm mich! Oder was? Verdammt ich besaß keinerlei Erfahrung mit der verführenden Lustbarkeit. „Nein!“, meinte ich gedehnt und ging auf ihn zu.

„Was machst du?“ beugte ich mich hinunter. So das er einen guten Ausblick auf meinen Busen bekam. Räuspernd meinte er, „Eigentlich nichts Besonderes. Ich ging nur die Listen durch. Rosmerta hat ganze Arbeit geleistet und gut vorgesorgt.“ Lehnte er sich zurück, dabei rückte er ein Stück von mir fort. Musste dieser Depp denn noch Anweisungen bekommen? Kurz entschlossen setzte ich mich auf seinen Schoss und schlang die Arme um seinen Hals. Corvin hielt verdrossen die Luft an. „Was ist?“, fragte ich spielerisch küsste ich sein Kinn.

„Du wirst ein bisschen schwer.“ Meinte er mühsam. Schwer? Ich? Schwer vor dem Kopf gestoßen! Ja! Das war ich. Noch einen Versuch! Und setzte mich auf die Arbeitsplatte vor ihm. „Besser?“ nun verbarg das Hemd nichts mehr. Corvin sprang auf wie von der Tarantel gebissen. „So kann ich nicht arbeiten Sarah. Geh lieber ins Bett.“ schickte er mich fort.

Mein Herz sank in die Kniekehlen. Nichts! Keine Reaktion von seiner Seite. So schnell also war seine Leidenschaft erloschen. Warum nur? War er nicht Manns genug es mir zu sagen. „Wie du willst!“, meinte ich schnippisch und knallte die Tür hinter mir zu.

Wütend auf mich, weil ich so dumm war. Er nahm keine Rücksicht nein er hatte kein Interesse. Ich wurde ja oft genug gewarnt. Aber nein Sarah wusste es ja besser! Sie lässt sich auf diesem Flattermann ein. So blöd! So verdammt naiv war ich. Doch damit ist jetzt Schluss! Er musste nicht mehr auf das Nebenzimmer ausweichen. Nein jetzt konnte er sich ja eine leichtere Bettgenossin zulegen. Zu schwer! Ich war zu schwer für diesen Vampir!

Vor mich hinmurmelnd zog ich mich an. Das Hemd behielt ich gleich an. Einfach meine Klamotten drüber. Ich wollte so schnell wie möglich abhauen. Wer weiß, wen er schon als nächste im Visier hatte.

Ich ging durch das Bad hinaus. Die Schmach wollte ich mir ersparen. Endris sah  auf. „Was willst du denn noch hier draußen? Du solltest im Bett liegen und dich ausruhen.“

„Schrei doch gleich! Lauter geht’s wohl kaum noch?“ zischte ich ihn im Weitergehen an.

„Sarah wo willst du denn hin?“, rief er hinter mir her. Waren die denn alle bekloppt. Das Unvermeidliche geschah Corvin öffnete die Tür. „Was ist denn…“ verblüfft sah er mich an. „Wohin willst du?“, fragte er mich schroff.

„Weg! Weg von dir! Du Mistkerl!“

„Aber…“ weiter kam er nicht, „Da gibt’s kein aber. Entschuldige das ich gestört habe gehe ruhig deiner Arbeit nach. Ich trete auch ganz vorsichtig auf, damit mein enormes Gewicht das Haus nicht erschüttert.“ Stolzierte ich weiter.

„Spinnst du? Bleib hier!“

 

„Du kannst mich mal!“ giftete ich, ohne innezuhalten.

„Weiber! Ich laufe nicht hinter dir her! Nicht noch mal!“

„Supi! Dann sind wir uns ja einig!“ lief ich die Treppen hinunter. Ich hörte noch einen lauten Fluch dann wurde die Tür laut zugeschlagen. Wohin? Das hatte ich mir vorher nicht überlegt. Vlad! Er besaß zwei Räume in den einen würde ich mich niederlassen. Sein Pech schließlich war ich seine Tochter. Vampire schimpfte ich. Sobald die Wege einigermaßen passierbar waren, wollte ich weg. Ohne sie war ich besser dran. Stürmte ich ihn Vlad´s Domäne ein. Vlad und Henry sahen mich mit großen Augen an. „ Sarah! Was ist los?“, fragte mein Vater erschrocken.

„Na was wohl? Es ist vorbei! Ende! Aus! Schluss! Kann ich bei dir unterkommen?“

„Ja natürlich. Aber warum?“ sah er mich hilflos an.

„Das willst du wissen? Na gut! Du hattest recht! Er ist und bleibt ein Weiberheld! Von wegen Rücksicht! Ha das ich nicht lache.“ Henry grinste wirklich! Das war zu viel des Guten! Jetzt platzte ich! „Du lachst! Ja! Meinst du auch, ich bin zu fett? Zu schwer?“ pflanzte ich mich auf seinen Schoss. „Na sag schon! Vampir! Brichst du auch zusammen unter meiner Körperfülle?“ sprang ich auf. Ein Pullover nach dem anderen flog daher. Die Hosen hinter her. „Wie sieht´s aus? Hast du noch Lust zu arbeiten? Oder würdest du das dir dargebotene annehmen?“ beugte ich mich vor.

Henry setzte sich auf, „Meine Güte! Was für eine Aussicht! Corvin ist nicht darauf eingegangen?“

„Nein! Sagte ich doch!“ schnauzte ich ihn an.

„Tja wenn du…“

„Henry!“ fauchte mein Vater, „Halt dich zurück.“ Der zuckte nur amüsiert die Achseln. „Bei solch einer Aussicht. Ich müsste ja schon tot sein. Um das…“ wies er auf meinen Ausschnitt „nicht zu sehen.“ Gluckste er aufstehend. „Ich werde euch mal allein lassen. Ihr habt bestimmt einiges zu bereden. Noch eines Sarah. Für meinen Geschmack sitzt alles da, wo es sein sollte. Genau richtig für eine Kennerhand.“ Er kümmerte sich keinen Deut um Vlad, der mit gefletschten Zähnen auf ihn zustürmte. Sondern warf flugs die Tür hinter sich zu.

„Sarah vielleicht hast du Corvin nur missverstanden. Ich habe doch gesehen, wie er sich um dich sorgte. Er liebt dich davon bin ich überzeugt.“

„Jetzt jedenfalls nicht mehr. Du verwechselst wohl Pflichtgefühl mit der anderen Sache. Genau so blöd wie ich. Na da brauche ich mich ja nicht zu wundern, woher ich meine Naivität habe.“ Fuhr ich ihn böse an. „Das Thema ist beendet! Kein Wort mehr von diesem Loverboy. Mir reicht´s!“

Er setzte nochmals an. Bis ich drohte, bei Henry zu übernachten. Was darauf folgte, konnte er sich ja dann zuschreiben. Mein Vater verstummte augenblicklich. „Du kannst mein Bett nehmen. Ich schlafe auf dem Sofa.“

„Kommt nicht infrage.“ Beharrte ich, „mir reicht das Sofa vollkommen. Größer war mein Bett zu Hause auch nicht.“ Vlad sagte nichts dazu sondern verzog sich so schnell wie möglich in sein Zimmer.

Den nächsten Tag blieb ich schmollend in seinen Räumen. Vlad ging seinen Aufgaben nach. Als er endlich zurückkehrte, fragte ich ihn, ob er mir essen besorgen könnte. „Nein Sarah! Du bist fit genug bewege dich selbst. Und verkriech dich nicht wie ein kleines dummes Kind.“ Blieb er hart.

So ging ich von Hunger getrieben hinaus. Auf Corvin und Vlad fluchend. Im Küchenzelt bemerkte ich sofort das die Neuigkeit schon ihren Rundgang hinter sich hatte. „Du solltest nicht zu viel auftun Sarah. Denk an dein Gewicht.“ Raunte mir eine kecke Stimme ins Ohr. Ich schloss die Augen. Hendrik! Dieser Nervtöter!

Er grinste mich frech an. „Na komm schon! Das ist doch nur ein Witz.“ Mein Gesicht musste etwas anderes erzählen. „Ehrlich? Und ich dachte mein Vater verulkt mich.“

„Diesmal nicht!“ löffelte ich mir eine extra Portion Rührei auf. Wenn ich schon jetzt zu fett war. Dann sollte er sich in Zukunft wundern, wenn ich daherrollte.

„Ups! Tut mir leid.“

„Was? Dass ich zu fett bin? Oder das du mich darauf ansprichst?“ schnauzte ich Hendrik an.

„Erzähle keinen Quatsch! Du bist doch nicht fett. Also lass deine Laune nicht an mir aus.“ konterte Hendrik im gleichen Ton. „Kommst du mit rüber oder willst du allein in Trauer verfallen?“, fragte er ruhiger.

„Wenn ich darf?“

„Sarah du spinnst ehrlich. Nun setz ein anderes Gesicht auf.“ Führte er mich zu Endris und Eric. Till und Matt waren nicht da. Auf meine Frage meinte Endris sie bekämen ein spezielles Training. Es war einfach so zu tun als wäre alles in Ordnung. Wenigstens solange man Unterhaltung hatte.

Die Drei machten sich auf, um nun ihrerseits zum Training zu gehen. „Warum machst du nicht mit?“, erkundigte sich Till, „du hast dich doch erholt. Ein bisschen Laufen schadet bestimmt nicht.“

„Weißt du was, du hast recht. Wartet einen Moment, ich ziehe mich nur schnell um.“ Lief ich schon hinaus.

Eine knappe Viertelstunde später lief ich erleichtert meine Runden. Zwar sahen mich Diederich und Rosmerta scheel an sie wandten jedoch keinen Einspruch ein. Innerlich war ich darauf gefasst, Corvin zu begegnen. Zum Glück nahm er an diesem Morgen nicht am Training teil. Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. Ihn einfach übersehen? Das fand ich kindisch. Ihn vom weiten Grüßen, ja! Das war das Beste ich musste ja nicht mit ihm reden. Grüße ihn und damit hatte es sich.

Genauso nahm ich am Mittag meinen Küchendienst auf. Unaufgefordert stellte mir die Frau einen Eimer mit Kartoffeln vor die Nase. „Gut so Sarah! Lass dich nicht unterkriegen!“, meinte sie mir zulächelnd. Als ich mich an den gewohnten Platz setzte, wusste ich, worauf sie anspielte.

Corvin er saß an einem der Tische und unterhielt sich mit mehreren Leuten. Ich drehte ihm den Rücken zu. Isabel bewaffnet mit Gemüse setzte sich zu mir. „Wie geht es dir? Deine Krankheit völlig überwunden?“ erst sah ich sie verständnislos an dann verstand ich.

„Ja alles Okay!“

„Das freut mich! Ich habe mich wirklich gesorgt. Diederich hat mir jeden Tag eine Nachricht zukommen lassen. Er  ist  ein  so  höflicher  Vampir!“  schwärmte  sie.  Wer  Diederich  und  höflich?  Da  kannten  wir  wohl  zwei verschiedene Vampire mit dem Namen.

Aber nein sie sprach wirklich vom Kampfbären. Ich musste schmunzeln. Erschreckt fuhr sie zusammen. „Keine Sorge“ beruhigte ich sie, „merkt man es so deutlich? Was soll ich nur tun? Meine Eltern! Mein Bruder! Sie wären entsetzt. Erst schicke ich ihnen Corvin und dann verliebe ich mich in einen Krieger. Sie bekommen meinetwegen noch einen Herzinfarkt.“

Interessiert sah ich auf. „Was haben sie denn zu deinem Wunsch ein Krieger zu werden gesagt?“, wollte ich wissen.

„Sie haben sich wunderbar verhalten. Meine Eltern haben nicht das Geringste dagegen. Raoul zieht mich deswegen auf aber er steht zu mir. Das hätte ich nie erwartet.“ Erzählte sie erleichtert. „Mein Dad war sogar höchst erfreut das Diederich meine Ausbildung übernehmen will. Nur frage ich mich, was geschieht, wenn ich mich Diederich öffne. Dann muss ich eine Entscheidung fällen. Ach es ist zum Verzweifeln.“ Grübelte sie über ihr Gemüse.

„Was sagt denn Diederich dazu?“

„Sarah! Ich habe ihm doch nichts gesagt!“ meinte sie entrüstet mit leicht rosa Wangen. „Er weiß nicht, was ich für ihn empfinde.“

„Na das wäre aber gut zu wissen. Oder meinst du nicht?“

„Sag mir, wie ich das anstellen soll?“ sah sie mich flehentlich an.

„Tut mir leid, aber da fragst du die Falsche. Ich bezahle gerade mein Lehrgeld.“ Meinte ich bitter.

„Oh ich Esel! Sarah ich heule dir die Ohren voll. Dabei musst du dich doch entsetzlich fühlen. Wenn du reden möchtest und das meine ich ernst höre ich dir zu.“ Sagte sie völlig ernsthaft.

„Danke dir. Aber da gibt es nichts. Man darf nur nicht den Kopf hängen lassen. Das denke ich jedenfalls.“ Wie es in mir aussah, wollte ich keinem Zeigen noch darüber reden. Das brachte ich nicht fertig wenigstens jetzt noch nicht.

„Männer!“, sagte die Frau die mir die Kartoffel gab. „Man kann nicht ohne sie aber auch nicht mit.“ Lachte sie uns herzlich zu. „Glaubt mir! Ich spreche aus Erfahrung. Schließlich war ich dreimal verheiratet und immer mit dem gleichen satanischen Vampir. Ihr seid jung! Nehmt, mit was ihr bekommen könnt! Einerlei, ob es nur eine Nacht andauert. Genießt! Binden könnt ihr euch immer noch.“ lachte sie keck.

Isabel und ich sahen uns ungläubig an. Die Frau ging wieder zu ihren Aufgaben. „Das könnte ich nicht!“, murmelte Isabel, „Einfach so aus Lust? Nein dazugehört doch Gefühl. Oder was denkst du?“

Ja was dachte ich? Liebe war ein schmerzhaftes Schwert. Aber ohne Liebe aus reiner körperlicher Lust heraus? Nein danke. Das kann jeder halten, wie er will. „Nee!“, meinte ich lächelnd, „Herzklopfen und Schmetterlinge gehören dazu.“ Isabel erbleiche sichtbar, „Er kommt! Sarah!“ Diesen Eindruck konnte nur einer hervorrufen. Corvin!

Ich konzentrierte mich auf die Kartoffeln. „Meine Damen!“ stellte Corvin sich zu uns. Ich murmelte eine Begrüßung sah aber nicht auf. „Isabel ich habe mit deinem Vater gesprochen. Wenn du möchtest, kannst du im Frühling die Wandlung begehen. Teile mir deine Entscheidung bitte mit.“

„Danke Corvin! Ich werde dich entsprechend Unterrichten.“ Antwortete Isabel kleinlaut.

„Ansonsten ist alles in Ordnung?“ fragte er sie. meine letzte Kartoffel fiel in den Topf Ohne Corvin zu beachten, nahm ich den Topf und wandte mich der Frau zu. Danach säuberte ich wie gewöhnlich meinen Arbeitsplatz.

„Du hast da unter dem Tisch eine Schale vergessen.“ Bemerkte Corvin aufmerksam. Schluck sie und erstick daran. Dachte ich! Ich aber bedankte mich artig. „Isabel sehen wir uns später bei dem Training?“ ignorierte ich Corvin. Sie nickte, „Bis später dann!“ ging ich und schlug den Weg zu Hendrik ein. Ich wollte jetzt nicht allein sein.

„He Sarah!“, rief mich Rosmerta an. „Kannst du mir helfen?“

„Sicher was gibt es?“

„Ach ich habe eine Liste verlegt. Übermorgen ist doch Weihnachten und da wollen wir doch etwas Besonderes auftischen. Ich finde die Feigen nicht in welchem Lagerraum sind sie untergekommen.“

„Weihnachten! Sag mal feiert ihr das? Ich meine so wie wir? Mit Geschenken, Liedern und Tannenbaum?“

„Aber sicher! Weihnachten ist ein Fest der Liebe. Wär ja gelacht, wenn gerade wir Vampire das nicht feierten!“, unkte sie mich aufziehend.

„Ich habe nichts!“, stellte ich entsetzt fest. „Was soll ich denn machen? Kein Geld kein Geschäft und ich stehe mit bloßen Händen dar.“

„Ruhig mein Kindchen. Dieses Jahr sind selbst gefertigte Dinge der Renner. Male oder bastle was. Weißt du, ich freue mich auch auf ein Ständchen von dir.“ Zog sie mich auf.

„Ja damit du einen Grund hast mich mit deinem Stock bekannt zu machen. Danke aber darauf verzichte ich liebend gern.“

„Es ist egal was du verschenkst Hauptsache es kommt vom Herzen.“ Riet mir Rosmerta. „Frage doch bitte Corvin, ob er mir die Liste ausdruckt.“ Lächelte sie mich an.

„Das kannst du selbst! Du Kupplerin! Er sitzt im Küchenzelt.“

„Ach ja? Was hat er dir denn gesagt?“ fragte sie neugierig nach.

„Dass ich eine Kartoffelschale nicht weggeräumt habe!“

„Dieser dumme Junge! Sarah redet miteinander…“

„Wenn das alles ist. Ich wollte gerade zu Hendrik.“ Unterbrach ich Rosmerta. Wollten sie denn alle nicht kapieren es war vorbei. Als ich bei Hendrik anklopfte, wurde es hektisch hinter der Tür. „Warte! Komm ja nicht rein!“ befahl er mir. Dann hörte ich, wie er fluchend etwas umwarf. „Okay du kannst!“, rief er.

Neugierig sah ich mich um, „Habe ich gestört?“ ich nahm an bei einem Schäferstündchen. Hendrik war ein beliebter Junge unter der weiblichen Bevölkerung. Er lachte verlegen, „Nicht dass was du denkst. Ich habe letzte Hand an dein Geschenk gelegt.“

„Oh Gott! Und ich habe nichts!“ bekam ich Panik.

„Das macht doch nichts. Hauptsache ist doch das du gesund bist.“

„Tut mir leid aber ich gehe! Ich muss mir was einfallen lassen.“

„He! Für die Vampire wüsste ich schon was!“ hielt er mich auf.

„Was denn?“

 „Na ja! Blut! Es ist Mangelware. Kein Vampir würde fragen. Aber es ist doch ein Geschenk, wenn du ihnen etwas abgibst. Oder nicht? Ich jedenfalls spende meinen Freunden was. Das tun übrigens fast alle.“

„So schlimm sieht es aus? Das wusste ich nicht.“ sagte ich betroffen.

„Woher auch. Hat dir ja keiner gesagt.“ Ich verstand. Corvin!

„Wie komme ich denn an mein Blut ich möchte ja nicht als Bisswunde herumlaufen.“, konnte ich schon wieder lächeln.

„Molly Joe zapft dir was ab. Sie bearbeitet das Blut, damit es haltbar wird. Sie hat ein richtiges Labor. Jedenfalls schenkst du dem Vampir einen Gutschein das tun einige. Ich finde die Idee mit der kleinen Flasche besser. Darin bleibt das Blut einige Stunden nahrhaft.“

„Danke Hendrik! Ich gehe Molly Joe suchen.“

„Sie wohnt zwei Straßen hinter Rosmerta. Das dritte Haus.“ Erklärte er mir.

„Danke nochmals! Du hast kein Interesse an Blut was?“

„Hau ja ab!“

Es war, wie Hendrik schon sagte. Bei Molly Joe war Hochbetrieb. „Willst du auch Blut verschenken?“ kam sie direkt zur Sprache. Ich nickte. „Tja du kommst ziemlich spät. Wollen doch mal sehen. Für wenn soll es denn sein.“ Ich zählte nach Till, Matt, Eric, Endris, Diederich, Rosmerta, Henry und Vlad. Also acht.

Molly Joe lachte, „Das wird ein bisschen schwierig.“ Schüttelte sie den Kopf. Sie klärte mich auf, „Sieh mal ich kann dir höchstens einen halben Liter Blut abnehmen. Für acht Vampire das ist noch nicht einmal die Flasche wert.“

Entmutigt schnaufte ich auf. „Schau mal jeder hier ist in der gleichen Situation. Sie kommen schon seid Wochen. Ich gehe wirklich an ihre Grenzen. Schließlich muss der Körper sich erholen. Und bei dir wage ich es nicht so viel Blut abzunehmen. Du warst krank höchstens die Hälfte. Da bleibt für jeden Vampir gerade mal zwei Esslöffel übrig.“

„Zapf doch einfach mehr ab. Ich verkrafte das schon!“

Molly Joe verneinte, „Bei dir lasse ich mich auf keine Spekulation ein. Weiß Corvin eigentlich was du vorhast?“, fragte sie mich argwöhnisch.

„Was hat Corvin damit zu tun. Du weißt doch sicher…“

„Dass du wütend abgehauen bist. Ja und? Er ist dein Gefährte ob du nun bei ihm wohnst oder nicht. Du benötigst seine Erlaubnis.“

„Wie bitte?“ wollte ich es nicht fassen.

„Sarah ihr seid ein Paar. Ganz nach dem alten Ritual daran seid ihr gebunden. Für jede Entscheidung brauchst du sein Einverständnis. Und wenn du dir die Haare abschneidest, muss zuerst dein Gefährte seine Einwilligung geben.“

Wie vor dem Kopf geschlagen verließ ich Molly Joe. Seine Einwilligung! Sein Einverständnis! Seine Entscheidung! Besaß ich überhaupt noch Rechte? Warum hat mich keiner aufgeklärt? Klar sie hatten alle die Hosen voll! Schließlich wagte es keiner Corvin Sardovan zu trotzen. Ich schon! Der Gedanke reifte heran. Ich wusste er mochte mein Haar. Was für ein Schlag ihm das versetzen würde. Ja ich würde es tun!

Je mehr ich mich damit beschäftige und eine Möglichkeit suchte die Haare in einer entsprechenden Verpackung zu verschenken. Desto mehr geriet meine Genugtuung in den Hintergrund. Ich las einen Satz in der Bibliothek, der mich nachdenklich stimmte.

Ein Haar fesselt stärker als die stärkste Eisenschnur

Was zuerst aus reiner Wut entstand, wurde für mich ein dringendes Bedürfnis. Wie sonst konnte ich meine Liebe mein Vertrauen zeigen? War es verwegen? Vielleicht altmodisch? Oder sogar vermessen? Ich fand den Gedanken dahinter wichtiger. Mit dem Haar gab man von sich. Ein Beweis eine Erinnerung von einem Freund. Mein Entschluss stand fest.

Diesmal hatte Corvin Sardovan nicht das Geringste damit zu tun. Nur wie verpackte ich mein Geschenk? Einfach eine Strähne übergeben. Früher flochten und bearbeiteten sie daraus Broschen, Gürtel, Uhrketten oder legten es in Medaillons. All das konnte ich nicht.

Flechten das ja. Eine Kordel drehen. Aber was macht man mit einer Kordel? Wofür konnte ein Vampir eine Kordel verwenden? Einfach eine Locke fand ich blöd. So was sammelte eine Mutter vom ersten Haarschnitt ihres Sprösslings. Also schnitt ich zwei Strähnen ab. Eine flocht ich die andere drehte ich zur Kordel. Das sah alles ziemlich stümperhaft aus. Kein Vergleich zu den glatten Kunstwerken, die ich in den Büchern fand. Dort gab es keine kleinen Härchen, die sich wild widersetzten.

Rätselnd lief ich durch das Dorf. Welche Materialen standen mir zu Verfügung? Schnee! Nichts weiter als Schnee. Das war zum Haare raufen. Verulkte ich mich selbst, kam aber nicht weiter. Also von vorn! Eine Erinnerung sollte es werden. Ein Freundschaftsbeweis. Hier gab es nur Fels und Schnee. Zermarterte ich mein Hirn und sah einem kleinen Jungen zu der den Schnee zu einem Berg aufhäufte. Er arbeitete unverdrossen weiter als der Berg zu hoch wurde begann er den nächsten. „Was machst du da?“, befragte ich ihn.

„Steine suchen! Im Sommer habe ich schöne glitzernde Steine gefunden. Meine Schwester wollte sie aber ich habe sie meinen Freund geschenkt. Jetzt will ich ihr welche zu Weihnachten schenken.“ Informierte er mich.

Das fand ich sehr lieb von ihm. „Soll ich dir helfen?“ ich hatte ja sowieso nichts Besseres zu tun.

„Ist das richtig? Schließlich soll es ja von mir kommen.“ Überlegte er altklug.

„Naja! Aufsammeln kannst du die Steine ja allein.“ Kam ich ihm entgegen. Er grinste verschmilzt und nickte einwilligend. Mühsam arbeiteten wir uns vor. Bis er endlich fand, wonach er suchte. „Hier sind sie!“ lachte er vergnügt auf und hielt mir einen Stein entgegen. „Sie sehen wirklich sehr schön aus. Deine Schwester wird sich freuen.“

„Ja das hoffe ich.“ Suchte er noch einige Stücke. „Das reicht! Will sie ja nicht verwöhnen.“ Ich musste mir das Lachen verkneifen. Der Kleine gefiel mir. Er nahm seine Schaufel und stapfte davon. Während ich einen Stein in die Sonne hielt. Kam es nicht auf die Bedeutung an? Passte es nicht sinnbildlich. Haar stärker als eine Eisenkette. Fels als ewiger Bestandteil? In einer kleinen Tasche verpackt? Ja ich fand das ging. Es war zwar kein Leben spendendes Blut aber die Bedeutung dahinter fand ich gerade zu Weihnachten passend.

Ich empfand ihnen gegenüber so. Noch nie war ich mit jemandem so eng befreundet wie mit ihnen. Nun sammelte ich einige Steine auf. Mit meiner Beute ging ich nach Haus. Die weiße Bluse von mir musste herhalten.  Aus  Vlad´s  Bestand  nahm  ich  ungeniert  Nadel  und  Faden.  Das  war  eines  der  Dinge,  die  ich einigermaßen beherrschte. Nähen!

Das war eine Sache worauf mein Onkel bestand. Knöpfe annähen kleine Nähte flicken. Wenigstens etwas! Dachte ich ergrimmt, er war ja nicht mein Onkel. Ein Fremder, der mich großzog. Zu einem Zweck durch mich meinen Vater zu verletzen.

Um jeden Stein wickelte ich eine Haarsträhne, die ich sorgfältig verknotete. Sah doch ganz nett aus. Nun konnte ich den morgigen Tag kaum erwarten. Früh am Morgen weckte mich mein Vater. „Frohe Weihnachten mein Kind.“ Setzte er sich zu mir auf das Sofa. Hinter sich ein Geschenk vorziehend. „Ich hoffe es gefällt dir.“

Verschlafen setze ich mich auf. „jetzt schon?“ fragte ich verlegen.

„Wir überreichen die Geschenke wenn wir meinen das es passend ist. Wir werden uns wahrscheinlich erst heute Abend sehen. Ich habe einiges vorzubereiten. Deshalb denke ich ist jetzt der günstigste Augenblick. Vor den Anderen möchte ich das nicht.“ war mein Vater nun verlegen.

Ich wickelte das Geschenk aus. Eine wunderschöne Schneekugel lag darin. „Ich habe sie in Venedig erstanden und dachte sofort an dich.“

„Danke! Sie ist… so was Schönes hab ich noch nie gehabt.“ Umarmte ich meinen Vater stürmisch. „Warte! Ich hab auch was für dich.“ Sprang ich auf. „Es ist zwar nicht so kostbar wie deins. Du musst den Gedanken dahinter sehen.“ Entschuldigte ich mich für mein Geschenk. Das mir mit einem Male recht schäbig vorkam. Blut wäre besser! Was ich ihm sagte. Er wiegelte ab, „Das ist nur für deinen Gefährten bestimmt.“ Vlad öffnete vorsichtig die Tasche. Er nahm den Stein mit der Haarsträhne und las den kleinen Brief dazu. Ich hatte das Zitat aufgeschrieben.

„Das ist…“ er räusperte sich, „Danke mein Kind. Niemals hätte ich gedacht so etwas von dir in den Händen halten zu dürfen. Ich werde es ständig bei mir tragen.“ Strich er zärtlich über die Haarsträhne. Vor Freude das ihm mein Geschenk gefiel stiegen mir die Tränen in die Augen.

Er wandte sich ab und stand auf. „Wir sehen uns heute Abend. Ich hole dich ab zieh dir etwas Schickes an. Es gibt eine kleine Feier.“ Dann kam er schnell zurück und küsste mich auf die Wange. „Danke meine Kleine. Ich hab dich lieb.“ Und verschwand nach draußen. Nun liefen die Tränen hemmungslos und ich ließ ihnen freien Lauf. Heulend und schluchzend öffnete ich die Tür Hendrik und der Rest meiner Freunde standen davor.

„Was wollt ihr denn schon so früh?“, schluchzte ich. Betroffen kamen sie herein. Dein Vater sagte wir können ruhig zu dir du seist wach.“

„Bin ich ja auch!“ konnte ich mein Heulen nicht unter Kontrolle bringen. „Sollen wir gehen?“, fragte Matt mit verkniffenem Ausdruck.

„Warum?“

„Na dir scheint es schlecht zu gehen. Das ist heute ein emotionaler Tag… nach einer Trennung bestimmt besonders schlimm.“

„Ach das ist es nicht“, schluchzte ich, „Vlad er… es war so schön. Seht mal was er mir geschenkt hat.“ Wies ich auf die Schneekugel. Die Fünf sahen mich verständnislos an.

Hendrik erholte sich als Erstes. „Darum heulst du? Nicht wegen…“

„Warum denn sonst?“

„Versteh einer die weiblichen Denkweise. Die sind total verquirlt.“ Tippte Till sich Augen verdrehend an die Stirn. Ich musste lachen.

 

„Wir haben eine Kleinigkeit für dich.“ Meinte Eric. „Ein Gemeinschaftswerk.“ Verkündete er stolz.

„Dürfen wir?“, fragte Hendrik ungeduldig. Ich nickte mir die Nase putzend.

„Fang nur nicht wieder an zu heulen.“ Warnte Till vergnügt.

„Schließ die Augen!“, befahl Hendrik. Ich fühlte wie einer meine Augen verdeckte. „Sicher ist sicher!“ hörte ich Matt.

„Vorsichtig! Du machst es noch kaputt!“ fauchte Eric.

„Dann helfe mir doch mal. Anstatt die Kugel zu schütteln. Was bist du ein Kind?“

„Hornochse! Das ist eine aus einer besonderen Werkstatt. So was stellt man heute nicht mehr her.“

„Kann ich das wissen!“, murmelte Hendrik angestrengt.

„Okay“ hörte ich. Matt nahm die Hände fort. Ein Bild! Wir alle sechs zusammen auf einem gemalten Bild. Im Küchenzelt am Tisch sitzend. Es war so echt! So natürlich. Wieder schossen mir die Tränen in die Augen. „das ist so… so schön! Danke! Danke!“ umarmte ich jeden Einzelnen. „Jetzt heult sie wieder!“, trötete Till.

„Gefällt es dir wirklich?“ sprang Hendrik um das Bild herum. „Wir haben alle unseren Teil dazugetan. Jeder hat etwas gemacht. Der Rahmen ist von Matt er hat ihn eigens für das Bild geschnitzt. Wir anderen haben nur gemalt.“

„Ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Es ist schön genau so sitzen wir. Ich möchte mich einfach dazusetzen.“

„Naja du sitzt ja da schon.“ kratzte sich Till am Hinterkopf. Mich merkwürdig betrachtend. „Fehlt da was?“ Das konnte auch nur einem Vampir auffallen strich ich mein Haar zusammen. „Darf ich jetzt?“, fragte ich beklommen. „Ich nehme an ihr habt eine Menge zu tun so wie Vlad.“ Sie grinsten. „Schon gut! Mein Dad hat auch ein Geheimnis daraus gemacht.“

„Gott sie sagt Dad! Habt ihr das schon Mal vorher gehört. Es wird ihm das Herz zerreißen vor Glück.“ Heulte Till gespielt an Matt hängend. „Geh mir vom Leib du Trottel.“ Schubste er Till von sich. Während ich jedem ein Päckchen in die Hand drückte. „Bitte macht es gemeinsam auf.“ Bat ich sie.

Sie warteten auf mein Startzeichen. Ich konnte nur hoffen, dass es ihnen gefiel. Sie sagten kein Wort. Nichts! Ich hielt die Spannung nicht länger aus. Es gefiel ihnen nicht dachte ich traurig. „Ich weiß Blut wäre besser. Aber Molly Joe wollte…“

„Nein  Sarah.  Du  verstehst  nicht.“  redeten  sie  alle  auf  einmal  durcheinander.  Es  gefiel  ihnen  das  war  die Hauptsache. Freute ich mich. „Das werde ich in Ehren halten.“ Sagte Matt mich drückend.

„Ich auch! Es ist die erste Haarlocke, die ich von einer Frau bekomme. Und mit dir habe ich noch nicht einmal geschlafen.“ Trällerte Till. Der gleich von zwei Seiten einen Hieb bekam. Endris steckte sein Geschenk in die Brusttasche, „Da wird es bleiben.“ Eric verdrehte die Augen, „Sie ist vergeben du Traumtänzer.“ Endris lief rot an, „Als Freund! Was denkst du dir nur. Es wird mich auf alle Zeit an diesen Winter erinnern.“

„Sentimentaler Idiot!“, murmelte Till leise.

„Es tut mir ja Leid die Stimmung zu verderben aber wir müssen los.“ Sagte Matt an mich gewandt, „Sarah heute Abend verlange ich einige Tänze.“

„Nicht nur du!“ grinsten die übrigen Matt an während sie sich gegenseitig foppten. Ich hielt Matt auf. „Mein Vater sagte da vorhin etwas. Ich verstehe es nicht ganz. Ist es richtig das mein Blut nur meinem Gefährten zusteht?“ Matt seufzte, „Sarah das ist wahr. Corvin hat das alleinige Recht.“ Nickte er und wandte sich ab kam dann aber zurück, „Ich mische mich nicht gern in solche Sachen ein. Aber eines möchte ich dir sagen. Er lehnt jede Ration ab. Überleg einmal warum. Und weshalb er deine Nähe scheute.“

„Du meinst er wollte mein Blut nicht? Warum?“

„Manchmal bist du wirklich schwer von Begriff. Nach deiner Krankheit! Du warst geschwächt… hm“ zog er die Braue hoch. „Das kommt nicht von mir!“ An meiner Lippe nagend hatte ich einiges zu überlegen. Was ist wenn ich ihm unrecht tat? Außerdem woher sollte ich das wissen! Er hätte mir ja auch mal ein Ton gönnen können. Meine Sturheit siegte.

Henry erwischte ich Mittags. Ich zog ihn an eine windgeschützte Ecke und übergab ihm mein kleines Präsent. „Das ist eine schöne Geste Sarah. Ich freue mich das du mich als Freund siehst. Mehr noch das ich dir nun das Überreichen darf.“ Gab er mir eine längliche Schachtel. Mir stockte der Atem, „Das ist viel zu kostbar Henry. Das kann ich nicht annehmen.“

 „Und ob! Die Steine passen zu deiner Augenfarbe. Wehe du wandelst dich und verlierst diese herrliche Farbe.“ Drohte er mir augenzwinkernd und legte mir das Armband um. „Es ist nicht so kostbar wie dein Geschenk Sarah. Aber ich habe mich ehrlich bemüht eines für dich zu finden.“

„Ach hör auf! Du Schwerenöter mein Geschenk ist…“

„Einzigartig! Ja schau nicht so. Diesen Großmut hätte ich nie von Corvin erwartet. Dein wunderschönes Haar aufzuteilen an deine Freunde das ist wirklich edel. Ich werde ihm danken. Mit schlechtem Gewissen bat ich dies nicht zu tun. Er grinste mich nur an.

Diederich brachte kein Wort heraus. Er zerdrückte mich fast an seine gewaltige Brust. „Wer hätte das gedacht! Als ich dich das erste Mal sah, war ich sauer auf Corvin, das ich Kindermädchen bei einem Menschen spielen durfte. Naja du bist ein besonderes Menschlein. Hier das ist für dich.“ Überreichte er mir ein Messer. „Du gehst wahrhaft geschickt damit um. Ein Schwert und ein Messer das sind deine Waffen. Trage es immer bei dir.“ Drückte er mich nochmals, dann schickte er mich fort.

Rosmerta fiel mir um den Hals vor Rührung. „Wehe du sagst das einem! Da verliere ich ja glatt meinen guten Ruf.“ Gackerte sie schon wieder. „Ich habe da etwas Grundlegendes für dich. Weiß ich doch wie knapp du mit Kleidung bestückt bist. Deshalb hab ich ein Kleid von mir geändert. Damit kannst du heute Abend angeben.“ Holte sie ein schimmerndes Kleid aus ihrem Schrank. „Hier probier es an. Vielleicht muss ich hier und da noch einiges verändern.“ Schüttelte sie meinen Dank ab. „Schuhe müssten dir passen zum Glück haben wir die gleiche Schuhgröße. Siehst du, da muss ich noch enger nähen. Hast eine schmale Taille.“ Redete sie gerührt weiter. Ich ließ sie.

Damit hatte ich all meine Geschenke verteilt. Blieb nur eines übrig. Das musste ich nur noch in Corvins Zimmer schmuggeln. Molly Joe sagte es hielt einige Stunden. Hoffentlich fand er es bevor es verdarb. Es war gar nicht so einfach sie dazu zu bewegen. Als ich ihr dann sagte für wen es bestimmt sei. Willigte sie endlich ein. Danach wurde ich gezwungen einige Minuten liegen zu bleiben und sie verlangte, dass ich Wasser bis zum Abwinken trinken musste.

Inzwischen war es Nachmittag. Diederich kam mir ganz aufgeregt entgegen. „Es wird toll! Einfach genial! Wo willst du hin?“ fragte er mich skeptisch.

Ich entschied mich ihm die Wahrheit zu sagen. „Dann beeil dich! Er geht gleich hoch. Ich werde schon dafür sorgen, dass er es rechtzeitig trinkt. Danke Sarah ich habe mir schon ernsthafte Sorgen um meinen Herrn gemacht.“

„Ist nichts besonders.“ Nuschelte ich verlegen. Nein eine Pflicht! So sah ich es. Egal was ich von Corvin als Mann hielt. Eines vergaß ich bestimmt nicht. Er war das Oberhaupt mit ihm stand und fiel die Familie. Das habe ich in der kurzen Zeit begriffen.

Als ich herunterkam, erwartete mich Rosmerta. „Alles erledigt?“ grinste sie mich an. Konnte man eigentlich nichts tun ohne das sie es erfuhr. „Na das wäre ein Wunder. So und jetzt los. Wir müssen dich herrichten. So viel Spaß hatte ich schon lange nicht mehr.“

Rosmerta legte gerade letzte Hand an mein Haar. „es ist eine Schande Sarah! Wirklich eine Schande! Wie konntest du nur so räuberisch mit deinem Haar umgehen? Da noch eine kahle Stelle! Man sollte dir den Hintern versohlen.“

„Ist sie nicht ein bisschen zu alt dafür?“ fragte Vlad eintretend. Er trug einen Smoking der ihm sehr gut stand. „Ihr seht beide sehr hübsch aus. Ich werde wie ein Pfau herumlaufen mit zwei so reizenden Damen an meiner Seite.“

„Na hör dir mal den Schleimer an! Zwei! Von wegen - ich gehe doch nicht mit dir! Du Jüngling! Das fehlte mir auch noch!“

„Mit wem gehst du denn?“ fragte mein Vater nach.

„Eifersüchtig? Mein Lieber.“ Schnurrte Rosmerta, „Warte es ab!“

„Und du mein Fräulein verlässt du deinen alten Vater und gehst mit deinen Freunden?“ erkundigte er sich betrübt.

„Nein ich gehe mit dir.“ Lächelte ich ihm zu. Es klopfte! Vlad öffnete und ein geschniegelter Geirrod mit einigen Blessuren im Gesicht trat ein. „Du! Mit wem hast du dich denn angelegt?“ blickte mein Vater Geirrod erschrocken an.

„Mit einem starrköpfigen Esel.“ ergriff er Rosmerta´s Arm. „Was ist? Seid ihr fertig?“

„Wir kommen! Meine schöne Tochter darf ich bitten?“ verbeugte sich Vlad formvollendet. Ich knickste lachend, „Fertig Dad!“ Still drückte er mir einen Kuss auf den Mund. „Das ist mein zweites Geschenk von dir. Danke!“ erst jetzt wurde mir bewusst das ich ihn zum ersten Mal Dad nannte.

Kapitel 20

Wir gingen zum Kellereingang. Vor der Treppe standen wartend, dann wieder langsam vorwärts gehend Mensch wie Vampir zusammen. Wer aufgeregter war konnte ich nicht genau sagen. Die Kinder jedenfalls nicht. Sie waren vor Spannung ganz ruhig.

Diederich stand ein paar Stufen unter uns. Mein Vater rief ihm etwas zu. Diederich sah auf. Er sah noch schlimmer als Geirrod aus. „Ein verdammt starrköpfiger Esel!“ grinste Geirrod. „Aha! Wer noch?“ erkundigte sich Vlad.

„Oh nur noch Henry und Matt. Richtig wild wurde er. Aber ich glaube er wird alt. Mit uns wurde er nicht fertig. Ach übrigens Sarah es wurde kein Tropfen verschüttet.“ Fragend sah mich Vlad an. Leise erzählte ich ihm von der Blutspende und meine Beweggründe.

„Gut gemacht mein Kind. Woher wusstest du es?“

„Oh ich kann noch zwei und zwei zusammenzählen.“

„Lügnerin!“ flüsterte er, „Aber wir sollten Matt danken.“

„Bleib doch mal aus meinem Kopf. Das ist echt nicht schön.“ Murrte ich.

 Es ging langsam aber stetig weiter. Drei große Lagerhallen waren festlich geschmückt. Entlang der Wände erstreckte sich ein Buffet. Es gab Sitzgelegenheiten und zu meiner Freude ein Tannenbaum. Darunter lagen unzählige eingepackte Geschenke. „Für die Kinder“ klärte mich Vlad auf. Wir wurden immer weiter in die hinteren Halle geschoben. „Meinst du es finden alle Platz?“

„Ich hoffe! Doch hör die Kinder bekommen ihre Geschenke. Schade dass wir das nicht sehen. Sollen wir in die nächste Halle gehen? Dort ist eine Kapelle, sie werden später aufspielen. Einen Tanz wirst du mir doch gönnen.“

„So viele du willst.“

„Wir werden sehen. Deine Kumpane haben sich heut ja schon eine Schlacht geliefert. Jeder wollte der erste sein.“ Grinste Vlad vor sich hin.

„Und wer hat gewonnen?“

„Das wirst du ja dann sehen. Aber ich denke dein alter Herr konnte sich durchsetzen. Später muss ich eine Wache übernehmen. Wir wechseln uns halbstündlich ab. So kann jeder an der Feier teilnehmen. Doch ich denke du wirst mich gar nicht vermissen. Oje Matt sieht schrecklich aus.“ Und das war untertrieben. Ein blutunterlaufenes Auge, die Nase angeschwollen und die Oberlippe aufgeplatzt.

„Tut es sehr weh?“ erkundigte ich mich mitfühlend.

„Halb so schlimm.“ Tat er seine Verwundung ab, wäre genug Blut vorrätig würde man die Wunden nicht mehr sehen. Daran erkannte ich wie knapp bemessen die Rationen für die Vampire waren und sie gingen noch immer herzlich mit uns Menschen um eine neue Hochachtung stieg in mir auf. „Die Kinder sind versorgt und glücklich. Du bestehst auf den ersten Tanz?“ sah er Vlad fragend an.

„Das tue ich!“

„Der nächste gehört mir Sarah.“ wippte er auf seine Hacken.

„Es sind eure Füße!“ bemerkte ich nebenbei. Die Musiker stimmten nochmals ihre Instrumente dann wurde der Tanz eröffnet. Vlad stellte sich mit mir an den Rand der Tanzfläche. „Warum gehen wir nicht?“

„Streng nach Vorschrift. Wir hängen an unsere Rituale. Zuerst der Herr und die Dame des Hauses.“ Ich sah mich um.

„Wo sind sie denn?“

„Da!“ deutete er auf Corvin der mit einer bildschönen Frau auf die Tanzfläche trat. Das ist also seine Neue! Am liebsten wäre ich fortgelaufen doch Vlad hielt meinen Arm wie in einem Schraubstock fest. Ich musste mir ansehen wie sie sich sanft im Takt wiegten.

„Wer ist sie?“ wollte ich wissen meine Eifersucht unterdrückend.

„Oh deine Schwiegermutter  würde ich sagen oder  sollte ich Exschwiegermutter sagen. Ich bin da einfach überfordert.“ Er sah mich forschend an „Erleichtert?“

„Warum sollte ich erleichtert sein. Er kann tanzen mit wem er will.“ Sagte ich verschnupft. Vlad griente leise vor sich hin. „wenn du es sagst.“ Sah er dem Paar zu. Seine Mutter! Ich konnte es nicht fassen. Die ganze Zeit war seine Mutter hier und ich erfuhr erst jetzt davon. Irgendwie nahm ich immer an Corvin stammte von keinem Vampir ab. „Dann ist sie alt! Ist sie im Rat?“ Mir kam der Gedanke dass dies Alischa war.

 

„Ja! Das ist sie. Nein mit dem Rat hat sie nichts am Hut. Sie ruht Jahrelang. Manchmal Jahrzehnte das sie heute ankam war eine Überraschung für alle.“

„Dann lebt sie nicht hier? Wann ist sie denn gekommen?“

„Ja Sarah! Wo warst du denn heute Nachmittag. Es war ein Spektakel als sie ankam. Marsé liebt große Auftritte sie kam mit einer ganzen Gefolgschaft.“

„Das habe ich nicht mitbekommen. Vielleicht war ich gerade bei Molly Joe ihr Haus liegt ja ziemlich abgelegen.“ Diederich fiel mir ein wie aufgeregt er war. Er hätte mir ja sagen können dass Marsé angekommen ist.

„Auf in den Kampf mein Töchterlein.“ Schmunzelte Vlad als er mich auf die Tanzfläche führte. Ich wunderte mich denn ich kam ganz gut zurecht. Vlad war ein ausgezeichneter Tänzer er führte mich ohne das ich seine Füße quälte. Als die letzten Klänge verstummten stand Matt neben uns. „Jetzt bin ich an der Reihe.“ Schob er meinen Vater unsanft zur Seite. Der nahm es mit Humor.

Einen Tanz nach dem anderen absolvierte ich. Ich kam überhaupt nicht mehr von der Tanzfläche. Sobald die Musik endete stand schon der Nächste meiner Freunde parat. Als Hendrik seinen Platz forderte bat ich ihn mich zu verschonen. Ich musste mich abkühlen und brauchte unbedingt etwas Trinkbares. „Dann lassen wir den hier aus aber der nächste gehört mir!“ bestand er auf sein Recht.

„Was ist los? Habt ihr euch abgesprochen?“ Hendrik bestritt dass vehement doch ich zweifelte. „Hör zu ich muss nicht jeden Tanz mitmachen. Das halte ich sowieso nicht durch. Also hört auf damit.“ Verlangte ich von Hendrik.

„Ihr seid meine Freunde keine Kindermädchen. Also amüsiert euch.“ Nahm ich mein Glas und ließ ihn stehen. Rosmerta winkte mir zu. Sie saß mit Geirrod und einigen Vampiren an einem Tisch. Als ich näherkam rückte sie mir einen Stuhl zurecht. „Hast du deine Babysitter abgeschüttelt?“ beugte sie sich amüsiert vor.

Ich kam zu keiner Antwort in diesem Augenblick wurde ich von hinten umarmt. „Meine süße kleine schwebende Tanz Fee.“ Säuselte Henry in mein Ohr, „dich habe ich gesucht.“ Küsste er meinen Nacken, „Jetzt entkommst du mir nicht.“ hielt er mich fest umschlungen. Ich beugte mich vor, „Henry! Bist du betrunken?“ wehrte ich mich vergebens.

„Trunken! Ja ganz beseelt vom heiligen Fest. Es ist der Tag der Liebe!“ ließ er mich frei. „und nun fordere ich dich zu einem flotten Söhlchen auf.“ Zog er mich hoch. 

Nach Henry kam ein weiterer Vampir. Sogar Raoul gab mir die Ehre. Ab und an sah ich Corvin als er tanzte. jedes Mal verspürte ich einen feinen Stich ins Herz. Er beachtete mich mit keinem Blick. Was noch mehr wehtat wenigstens grüßen könnte er. Eifersucht du bist nur eifersüchtig und verletzt rief ich mich zur Ordnung.

Der Abend verging im Fluge. Die ersten brachen auf. Die Räume leerten sich zusehends. Und ich bekam nicht genug. Aufgedreht voll guter Laune und ein wenig beschwipst amüsierte ich mich königlich.

Irgendwann kam Vlad der sich verabschiedete. Rosmerta musste natürlich spötteln. Till und Endris saßen die Beine weit von sich gestreckt in den Seilen. Von Hendrik war seit Stunden keine Spur und Matt saß bei Corvin und seiner Mutter mit einigen aus deren Gefolgschaft zusammen. Nur Eric und ich waren unerschöpflich auf der Tanzfläche zu finden.

Bis die Kapelle unnachgiebig zum letzten Mal aufspielte. Natürlich mit Eric und mir. Ich sah wie die Gruppe von Corvins Tisch aufbrach. Geschlossen gingen sie zum Ausgang. Mit Herzklopfen sah ich Corvin nach, seine Augen schweiften über die Tanzenden. Er musste Eric und mich gesehen haben. Er zeigte keinerlei Reaktion. Törichte Närrin! Was denkst du dir? Glaubtest du wirklich er fordert wenigstens einen Tanz. Nein für ihn bist du Luft. Gekostet und abgelegt sieh es ein.

Mit einem Mal war der Glanz des Abends erloschen. Ich war müde und deprimiert. Wozu das ganze Theater? Gesteh es dir ein Sarah du wolltest nur ihm gefallen. Er sollte auf dich aufmerksam werden. Bald darauf zog ich mich zurück. Endris und Till begleiteten mich.

Der nächste Tag zog sich schleichend dahin. Es gab kein Training in der Küche wurden die Reste des Vortages serviert. Alles in allem erholte sich das gesamte Dorf von der gestrigen Nacht. Ich ging laufen musste meinen inneren Drang folgen. Als ich zurückkam fand ich eine Nachricht von Vlad. Er würde den gesamten Abend abwesend sein. So war es auch die nächsten Tage. Marsé hielt Hof! Auserwählte Bewohner des Dorfes wurden regelmäßig eingeladen. Darunter natürlich auch mein Vater.

Nicht nur er sondern meine Freunde allgemein wurden zu den Gesellschaften des Abends geladen. Am nächsten Tag schwärmten sie von Corvins Mutter. Ich fing an die Frau zu verabscheuen. Was bildete sie sich ein? Es waren meine Freunde!

Niedergeschlagen musste ich mir eingestehen dass ich nur auf dem ekligen kleinen Monster auf meiner Schulter hörte. Es war aber auch zum verzweifeln. Abend für Abend saß ich allein da. Sogar Rosmerta ging vergnügt den Einladungen nach.

Dagegen musste ich etwas unternehmen. Also trainierte ich zusätzlich am Abend. Vollführte die Übungen vom Morgen. Lief und ließ das Messer durch die Luft sirren. Ich konnte stolz auf die Fortschritte sein inzwischen traf ich jedes Ziel punktgenau. Aber ich wäre gern schlechter gewesen hätte ich meine Freunde wenigstens einmal am Abend. Ich vermisste das gesellige Beisammensein. Sie waren zu meiner Familie geworden. So drehte ich meine einsamen Runden. Sei nicht ungerecht am Tage sind sie mit dir zusammen. Also beschwer dich nicht. Bis zu einem Morgen! Diese Frau musste sich aber auch wirklich überall einmischen. Sie sollte sich mal wieder ausruhen knirschte ich mit den Zähnen.

 Sie erschien zum morgendlichen Training. Natürlich mit Gefolge. Mit einiger Verspätung begann Diederich endlich. Isabel ganz aufgeregt wisperte „Sie sieht uns zu! Wusstest du dass sie im Schwertkampf ausgebildet wurde? Sie soll an der legendären Tai heranreichen. Es gibt nur noch einen weiblichen Krieger der so geschickt mit der Klinge umgehen kann und das ist Alischa. Vielleicht zeigt sie uns ihr Können. Ach ich wünschte ich hätte die gleiche Geschicklichkeit wie du.“ Isabel absolut begeistert gab ihr Bestes beim heutigen Training. Sie wurde entsprechend von Diederich gelobt was sie erröten ließ. Wie gewohnt hörte ich vorzeitig mit dem Training auf und lief meine Runden. Derweil gingen meine Freunde ihrem Training nach. War es Absicht oder Zufall? Jedenfalls schlenderte die Gruppe angeführt von Marsé auf die Laufbahn. Sie verstellten uns Läufern den Weg.

Wir wichen so gut es ging aus. mit einem Male sah ich mich Marsé gegenüber. Sie lächelte mir ungezwungen zu. „Du gehst ausgezeichnet mit dem Messer um.“ Sagte sie, „außerdem besitzt du eine natürliche Begabung im Lauf.“ Meinte sie bewundernd. „Ich bin Marsé! Darf ich wissen wer du bist?“

„Sarah“ antwortete ich kurz angebunden.

„Sarah und weiter? Wer sind deine Eltern? Mindestens ein Vampir gehört zu ihnen.“ Folgerte sie richtig.

„Ja! Vlad Sardovan ist mein Vater.“ Erstaunt sah sie mich an. „Vlad? Aber warum weiß ich nichts davon.“ Sagte sie entrüstet. „Na da wird er sich etwas anhören können. Verschweigt dich einfach!“ stemmte sie die Hände in die Hüften. „Ich möchte dich heute Abend bei meiner Gesellschaft haben! Darauf bestehe ich! Hält mir seine Tochter vor! Ich glaube es kaum.“ Schüttelte sie wild ihren Kopf. Zwei mir wohlbekannte Falten erschienen auf ihrer Stirn. Ich musste einfach lächeln als ich es bemerkte. Perplex sah sie mich an. „Was ist?“ fragte sie unsicher, „Habe ich da was?“ fuhr sie durch ihr Gesicht.

„Nein! Nichts! Nun weiß ich woher unser Familienoberhaupt das hat.“ Deutete ich auf ihre Stirn.

Schallend lachte sie auf. „Wirklich! Du bist durch und durch Vlad`s Tochter. Wir sehen uns heute Abend. Ich freue mich.“ verabschiedete sie sich.

„Tut mir Leid aber ich denke ich werde nicht kommen.“ Sagte ich schnell bevor sie sich ganz abwandte. Mit zusammengekniffenen Augen musterte sie mich. „Ach du lehnst meine Einladung ab?“ flüsterte sie leise und gereizt.

Jetzt war ich in Erklärungsnot. „Ja! Es ist gewiss im Interesse deines Sohnes. Er… ich“ stotterte ich. „Also es ist besser wenn ich nicht komme.“ Wurde ich puterrot.

„Ich verstehe!“ neigte sie den Kopf zur Seite dann lächelte sie, „Es ist mir egal was mein Sohn davon hält. Du gefällst mir. deine direkte Art gefällt mir. Wir sehen uns und wage es nicht zu erscheinen ich werde dich ansonsten persönlich holen.“ Während ich perplex nach einer weiteren Ausrede suchte. „Das werde ich!“ grinste sie mich drohend an. „Nun lauf weiter. Ich habe dich lange genug aufgehalten.“

 

Ich war entlassen und setzte meine Runden fort. Was sollte ich davon halten. Vlad und all meine Freunde verschwiegen meine Existenz. Bestimmt auf Corvins Befehl hin. Oder wie ich Vlad kannte um mögliche Unruhe erst gar nicht aufkommen zu lassen. Zudem musste ich mein negatives Urteil über Marsé revidieren. Bisher mochte ich sie nicht. schließlich beanspruchte sie ständig meine Freunde. Aber gerade eben war sie offen. Keineswegs so wie Vlad es sagte – sie liebt große Auftritte daher dachte ich von vornherein sie wäre eingebildet und von sich eingenommen.

Später  fragte  ich  meinen Vater.  Er  war  keineswegs  verlegen  das  er  mich  vor  Marsé  verschwieg.  „Warum schlafende Hunde wecken? Sarah ich sehe doch wie sehr es dich bedrückt. Ich wollte dich nur schützen und ehrlich gesagt auch meinen Freund. Ihr macht euch gegenseitig das Leben zur Hölle…“

„Ach hör auf! Ich weiß schon für Corvin Sardovan bin ich nur noch eine vage Erinnerung. Habt ihr mich denn nicht gewarnt. Henry! Hendrik! Dana und auch du. Ihr kennt ihn alle besser als ich es je werde.“ Fuhr ich aus der Haut als ich sein betroffenes Gesicht sah lenkte ich ein. „Sieh doch Dad. Du kannst mich nicht vor Unbill schützen das sind Erfahrungen die ich selbst machen muss.“ Drückte ich ihn kurz. Vlad seufzte und küsste meinen Haaransatz. „Lass uns gehen. Marsé erwartet Pünktlichkeit. Wenn ich dir einen Rat geben darf. Falls es zu viel für dich wird. nachdem die Tafel beendet ist darf jeder der möchte gehen.“

Ich wunderte mich. eigentlich hatte ich eine strenge Tischordnung wie auf der Festung erwartet. Aber hier nicht. Es gab durchaus kleine Leckereien. Wer wollte konnte sich nehmen. Das taten die menschlichen Gäste auch. Die Vampire hielten sich zurück. Matt begrüßte mich mit einem breiten Lächeln. „Verzeihst du uns? Denn auch wir haben dich nie erwähnt. Wir…“

Ich unterbrach ihn knuffend. „Schöne Freunde seid ihr. Aber ich verstehe. Wo sind die anderen Verräter?“

„Sie haben mich sozusagen als Vorhut ausgeschickt. Als ältester fiel mir die fragwürdige Ehre zu deinen Unmut auf mich zu lenken.“

„Feiglinge!“ hakte ich mich bei Matt ein. „Du darfst dich ruhig bei ihnen beschweren was du dir alles anhören musstest.“

„Oje! Hat dein Vater die gesamte Breitseite abbekommen?“ sah er sich nach Vlad um.

„Wofür sind Väter da.“ Nahm er meinen anderen Arm in Beschlag. „Bereit?“

„Nein! Aber ab ins unausweichliche. Ich bin froh euch bei mir zu haben.“ Gab ich offen zu. Mir schlotterten die Knie nicht nur weil Corvin nebenan war. nein auch Marsé wusste ich nicht richtig einzuschätzen. „Keine Angst!“ drückte Vlad kurz meinen Arm. „Sei einfach du selbst.“

„Ja und ich glaube es nicht das ich das sage. Schnorchle dein Lied. Warte jetzt kannst du.“ Sagte Matt mit einem grimmigen Lächeln.

So bewaffnet betraten wir das Allerheiligste. Tatsächlich Marsé saß an einem Tisch vor Kopf. Zu ihrer linken saß Corvin in einem Gespräch mit Henry der neben ihm saß. „Vlad! Matt! Sarah! wie schön! Kommt setzt euch her.“ Wies sie zu ihrer rechten.

Henry sah lächelnd auf während Corvin kurz  zuckte als Marsé meinen Namen erwähnte. „Sarah gleich zu mir. Ich will dich besser kennenlernen.“ Sie beugte sich vor. „Corvin stell dir vor. Vlad hat mir tatsächlich seine Tochter vorenthalten. Kannst du dir meine Überraschung vorstellen als ich sie heute Morgen traf?“

„Ja sehr überraschend! Mutter! Wie kam es das du das Trainingsgelände aufsuchtest? Ich glaube mich erinnern zu können das du kein Interesse daran zeigtest.“

„Oh mir war danach. Deshalb bin ich gegangen.“

„Jaah! Sicher Mutter.“ Zweifelte Corvin sich umblickend, „Wo ist Rosmerta eigentlich? Sonst ist sie doch ständig in deiner Nähe.“ Lächelte er grimmig. Marsé zog gebieterisch ihre Braue hoch. „Was willst du damit andeuten mein Junge?“

„Hör auf mit dem Spielchen Marsé. Ich wette du kennst jede pikante Einzelheit. Nun bist du zufrieden?“ fragte er hart nach.

„Nein Corvin! Nicht ganz. Ich hätte erwartet das du mir deine Frau vorstellst.“ Ließ sie ihr lächeln fahren. Mutter und Sohn sahen sich grimmig an. Erschrocken über diesen schnellen Stimmungswechsel stand ich auf. „Entschuldigt! Aber ich gehe ich will nicht der Grund sein weshalb ihr euch streitet.“ Schob ich meinen Stuhl zurück.

„Setz dich“ wurde ich von Mutter und Sohn gleichzeitig angefahren. So nicht! ich war kein kleines Kind mehr und reckte stur mein Kinn vor. Henry lachte lauf auf „Das wird` ne Schlacht! Gott was bin ich dankbar dabei sein zu dürfen.“

Wie die beiden Vampire die sich noch immer grimmig musterten ignorierte ich ihn. Auf schnaubend ging ich. Vor mir schlug die Tür krachend zu. Wer von ihnen hatte das veranlasst? Ich sah mich um. Henry hob unschuldig die Hände. Vlad und Matt schüttelten verneinend ihre Köpfe. Marsé sah auf. „Sarah bitte nimm doch Platz. Ich möchte nur informiert werden. Über Dritte erfahre ich dass mein Sohn eine Gefährtin hat. Im gleichen Atemzug wird mir mitgeteilt das er allein lebt  und seine Frau bei ihrem Vater. Kein geringerer als Vlad. Der sich auffällig schweigsam gibt. Sogar die Freunde der jungen Frau scheinen meine Schwiegertochter vergessen zu haben.“ Sah sie sich bekümmert um. Die Vampire senkten betroffen ihre Gesichter. „Natürlich will ich wissen wer sie ist. Ich will ehrlich sein Sarah ich fand dich erst ziemlich nichtssagend. Auf dem Ball warst du betrunken und überdreht. Aber ich verlasse mich selten auf mein erstes Urteil. Deshalb streckte ich meine Fühler aus. was ich erfuhr war eine ganz andere Person wie ich zuerst annahm. Heute Morgen wollte ich dich persönlich kennenlernen. Ich war positiv überrascht. Mehr als ich sagen kann. Nun will ich wissen was mit euch nicht stimmt?“

 Verdrossen lehnte ich mit vor der Brust verschränkten Armen an der Tür. Auf Corvins Rücken starrend. „Ich erwarte eine Antwort!“ verlangte Marsé und sah abwechselnd Corvin und mich an. „Das habe ich erwartet!“ nickte sie unzufrieden. „Dann eben so! Vlad berichte was weißt du über den Zwist zwischen den Beiden.“ Mein Vater räusperte sich. Bittend, flehend sah ich ihn an. Er lehnte sich zurück und verschränkte wie ich die Arme. „Nein Marsé ich habe Sarah wie auch Corvin meine Meinung mitgeteilt. Mehr sage ich nicht dazu.“

„Matt!“ wandte sie sich an den Freund. Der zuckte die Achseln, „Tut mir leid aber ich weiß es nicht. ich habe nur Gerüchte gehört. Die weiterzugeben ist nicht mein Ding.“

„Henry!“ fragte sie nun ungeduldig.

„Ich dachte schon du fragst mich niemals! Ich habe weder die Absicht zu schweigen oder mir noch länger die missliche Lage anzusehen. Sie reden nicht miteinander. Wagt man es auch nur den Namen auszusprechen trifft einem der Schlag. Jedenfalls habe ich die Nase voll.“ Erhob er sich. „Einzelheiten erspare ich dir Marsé. Besonders weil dein Sohn sich mal wieder wie ein Tyrann verhielt. Sarah dagegen ist stur und dickköpfig. Keiner der beiden gibt auch nur ein Deut nach. Und weshalb das Ganze? Ein Missverständnis! Sie reden nicht offen miteinander. Mein Freund in dem Wunsch alle Sorgen von ihr fernzuhalten und Sarah…“ hielt er inne, lächelte sinnend in sich hinein, „ … nun ja! Das will ich nicht weiter ausführen. Jedoch muss ich sagen das mein lieber Freund einen ganz schönen Bock geschossen hat.“

Marsé sah Henry irritiert an, „Ich verstehe kein Wort.“

„Das ist es ja! Das versteht keiner! Das Beste, wir schließen sie ein. Dann regelt sich alles von selbst.“ Matt und Vlad grinsten sich an, „Eine gute Idee! Doch ich habe ehrlich Angst das jemand zu Schaden kommt.“ Meinte Vlad in sich hineinkichernd.

„Du meinst Corvin könnte Sarah schaden?“ sah Marsé ihren Sohn skeptisch an.

„Aber nein! Nie!“ wehrte Vlad lachend ab. „Naja ich fürchte um Corvins Gesundheit.“

„Seid ihr fertig? Habt ihr mein Privatleben genug ausgekostet? Mutter öffne die Tür oder ich trete sie ein.“ Grollte Corvin.

„Sie ist auf.“ Meinte sie gelassen. Sofort ergriff ich die Flucht. Laut vor mich hin schimpfend lief ich die Gänge entlang, die Treppen hinunter. „Mütter! Väter! Freunde! Man sollte sie…“

„ …kielholen, auspeitschen an den Pranger stellen…“

„ …ihre Nasen müssen sie überall hineinstecken…“

 

„ …was geht es sie an?“

„Nichts!“ blieb ich außer Atem stehen.

„Absolut nichts!“ wiederholte Corvin aufgebracht.

„Was willst du?“ fuhr ich ihn an.

„Nichts! Ich wollte nur weg!“

 Das verstand ich. „Ja ich auch.“ Wir standen im Lagerraum. Einige vergessene Tannenzweige hingen trostlos an den Wänden. Ich wollte allein sein. Deshalb ging ich weiter. Es war eine erniedrigende Erfahrung das eigene Leben so ausgebreitet. Vor seinen Freunden praktisch nackt dazustehen. Ein Geräusch ließ mich innehalten. Corvin folgte mir. „Wo willst du hin?“ ich hatte nicht die Absicht ihn seiner Nähe zu bleiben.

Schnell kam er auf mich zu. „Ehrlich gesagt folge ich dir.“

„Verschwinde“

„Das kann ich nicht Sarah. Nicht mehr!“ glitzerte er mich aus dunklen Augen an. Er lachte zynisch auf. „Oh welch eine schändliche Tat. Erst jetzt verstehe ich.“

„Was?“ fragte ich beunruhigt nach.

„Blut Sarah! Dein Blut es lockt mich. Ich kann dem nicht widerstehen nicht mehr. Nachdem du in meiner unmittelbaren Nähe warst.“

„Mein Blut? Das ist es? Du willst mein Blut. Bitte bediene dich. Molly Joe sagte ein Biss in den Arm reicht. Das richtet keine verheerende Schäden an.“ Hielt ich ihm meinen Arm entgegen und sah weg. Zusehen! Nein darauf konnte ich verzichten.

„Nahrung? Nein Füchsin ich will mehr.“ Er sah sich suchend um.

„Was dann? Mehr als Blut hab ich nicht. Oder esst ihr neuerdings menschliches Fleisch?“ spottete ich.

„Du willst nicht verstehen nicht wahr.“ Ging er zu einem Tisch auf dem eine Decke lag die er nahm. „Es ist eigentlich ganz einfach.“ Nahm er mich fest am Arm und zog mich mit fort.

„Ich habe mich so weit wie möglich von dir ferngehalten. Ich kam nicht in Versuchung deinen Geruch aufzunehmen. Mit dem Blut von Weihnachten trug ich es in mir. Ich wusste immer wo du dich gerade aufhieltest deshalb war ich am anderen Ende. Aber nachdem die Tür geschlossen war. Dein Duft den Raum erfüllte kann ich mich dem nicht mehr entziehen.“ Er lachte in sich hinein während er mich suchend weiterzog. „Es passt alles. Der überraschende Besuch meiner Mutter. Ich wette sie haben dich nach und nach aufgeklärt das ich ausgerechnet dein Blut benötige.“

Er sah mich kurz an, „Ja ich habe recht. Dann trichterten sie mir das Blut gewaltsam ein. Der krönende Abschluss war heute. Ich muss Nahrung zu mir nehmen. Sehr gut abgepasst und dann deine Gegenwart. So plötzlich so unerträglich süß. Ich wette sie beglückwünschen sich nun gegenseitig. Aber Sarah was jetzt geschieht ist reines Verlangen. Nichts von Bedeutung. Ich will dich und dein Blut. Ich werde deinen Körper nehmen dein Blut genießen. Danach kannst du gehen wohin auch immer du willst.“ Meinte er mich kalt abschätzend. „Hier! Das ist so gut wie überall. Zieh dich aus.“

„Nein!“ weigerte ich mich, „trink von mir aus und sauf dich satt. Aber rühr mich nicht an.“

Er lächelte und zog sich schnell aus. „Ich werde dich und dein Blut nehmen. Das ist es doch was du wolltest? Warum sonst kamst du in diesem Hemdchen zu mir? Bitte ich stehe dir völlig zur Verfügung.“ Langsam wich ich entsetzt zurück. „Ich will das nicht.“ fuhr ich herum und floh.

Viel zu langsam für ihn. Im Lauf hob er mich auf. „Zu spät Sarah. zu spät! Ergib dich mir. Ich werde dich so oder so nehmen.“

„Das ist Vergewaltigung du Schwein. Willst du das wirklich?“ appellierte ich an seinen Verstand.

„Nicht wenn du darum bettelst genommen zu werden. Was ja nicht schwierig ist bei dir.“ Höhnte er, mit einem Ruck riss er Hemd und Pullover entzwei. Ein zweiter und meine Hose fielen haltlos zu Boden. Ich versuchte mich seinen Händen zu entziehen. Seinen Lippen. Ich flehte ihn weinend an mich gehen zu lassen. er kannte keine Gnade. Mit wütenden schwarzen Augen setzte er seinen Willen durch. Oh ja er erregte mich führte mich zum Höhepunkt. Aber gegen meinen Willen! Als er sich aufstöhnend neben mir rollte. Stand ich auf. „Wo willst du hin?“ fragte er mich lächelnd.

„Du bist fertig! oder nicht? Ich will mir nur deinen Schmutz abwaschen. Es ekelt mich an.“ Suchte ich meine Sache zusammen.

„Nun komm schon Füchsin. Du hattest genauso deinen Spaß. Oder wie beschreibst du deine hohen Töne.“ Verlachte er mich. Darauf antwortete ich nicht. „Oh du spielst die Beleidigte! Bitte! Tu was du nicht lassen kannst. Doch später! Ich bin noch lange nicht fertig mit dir. Das war erst der Anfang.“ Hielt er mich auf. Nach jedem Höhepunkt fragte ich „Bist du nun fertig?“

Worauf er grinsend in mich eindrang. „Noch lange nicht.“ und mich zum unnachgiebig zum nächsten Orgasmus führte. Endlich ließ er von mir ab. „Na das war doch eine vergnügliche Nacht.“ Reckte er sich ausgiebig. Um mir dann den Bauch zu küssen. „Du bist das reinste Lebenselixier Füchsin. Wenn ich nur daran denke welche Lust du mir schenkst.“ Ich rollte mich auf die Seite ihm den Rücken zudrehend. Tränen liefen mir lautlos die Wangen herunter.

„Na komm lass uns ins Bett gehen.“ Stand er auf. So schnell wie er sich auszog so flink war er angezogen. „Was ist? Kommst du?“

„Geh!“ forderte ich ihn auf.

„Sarah! ich lasse dich doch nicht allein hier unten. Nun steh schon auf und lass uns schlafen gehen. Ups ich glaube deine Klamotten sind hinüber. Hier zieh mein Shirt an.“ Hielt er es mir hin.

Aufseufzend stand ich auf. Als ich soweit war trug er meine Sachen unter dem Arm. „Gib her! Mal sehen was ich daran retten kann.“ Zog ich schroff daran.

 „Die sind hin. Aber ich habe Kleidung für dich in Venedig eingekauft. Bin nur noch nicht dazu gekommen sie dir zu geben.“ Meinte er leichthin. „Na da werden die Herrschaften sich ja in die Brust werfen. Das sie erfolgreich waren.“

Ich blieb stehen. Habe ich das wirklich gerade richtig gehört? Ich zweifelte gehörig an meinen Verstand. Oder eher an seinen! „So? warum sollten sie? Das einzige was sie mir eintrugen war eine demütigende Nacht. Und ich kann dir eines sagen die werde ich niemals vergessen.“

„Sarah nun hör doch auf. Du hattest genauso viel Freude und Spaß daran wie ich. Na gut ich habe dir einiges an den Kopf geworfen. Du weißt doch dass das nicht ernst war. Sarah?“ ich ging einfach weiter. So! nicht ernst! „Verdammt! Was habe ich jetzt schon wieder falsch gemacht.“ Hielt er mich auf.

„Alles!“

„So! alles ja? Wer verschenkt denn sein Haar? Ich etwa? Sei froh dass ich so ruhig blieb! Wer schmust denn mit seinen Freunden rum. Es kotzt mich an. Küsschen hier! Küsschen da! Matt, Diederich und Henry sind meine ältesten Freunde und was machen sie. Sie halten zu dir ich muss mir die genaue Beschreibung deines Busens von Henry beschreiben lassen. Du bist auf seinen Schoss gehüpft! Das ist in Ordnung. Ja? Diederich womit hast du ihn geködert und erst Matt. All das muss ich ertragen während du dich köstlich amüsierst. Ich darf keine Gefühle zeigen nein ich nicht. aber du darfst beleidigt und tief getroffen meinen Freunden dein Leid klagen.“

„Ach hör doch auf zu Lamentieren! Du bist doch selbst schuld! Du mit deiner ich entscheide alles Tour. Ich habe dir gesagt dass ich an deinem Leben und Sorgen teilhaben will. Aber das überhörst du ja. Ach scher dich zum Teufel Corvin Sardovan ich will nichts mehr mit dir zu tun haben.“

„Ah jetzt geht das wieder los. Weißt du was du hast Recht. Soviel ist kein Ritt wert.“ Ich schlug ihn ins Gesicht. Das hat er nicht kommen gesehen stellte ich mit Genugtuung fest. Diesmal ließ er mich gehen.

Ich verfluchte den Schnee. Den Winter der mich daran hinderte von hier zu fliehen. Betroffen stellten die Verschwörer ihren gescheiterten Plan fest. Ich sagte kein Wort. Nochmals wollte ich mir seine Vorhaltungen nicht anhören. Ich ging allein zum Training allein zum Laufen allein zum Essen. Zwar setzten sie sich zu mir doch enthielt ich mich jeglichen Kommentares. Zu Vlad der mich öfter als die anderen auf die Geschehnisse der Nacht ansprach sagte ich nur. „Frag doch deinen Freund.“

Selbst Marsé suchte mich mit Rosmerta auf. Sie wollten ein Gespräch unter Frauen führen. Ich blieb stumm wie ein Fisch. Anschließend hörte das ganze Dorf den lautstarken Streit zwischen Mutter und Sohn. „Das Wetter ist trüb wie die Stimmung im Dorf.“ Meinte Vlad als er sich zu mir setzte. „Das wird morgen eine Trauerstimmung geben.“

„Morgen? Was ist denn besonderes?“

 „Corvins Geburtstag! Der wird ausnahmsweise gefeiert ja bekommst du denn gar nichts mehr mit?“ ich zuckte die Schultern,

„Sobald ein bestimmter Name fällt. Schalte ich ganz automatisch ab.“

„Sarah! Egal was zwischen euch ist. Du wirst ihm gratulieren das ist deine Pflicht als meine Tochter. Wir gehören dem Clan an und du bist zudem noch immer seine Frau. Dein Platz ist morgen an seiner Seite.“

„Nein! Ich habe nicht vor in seine Nähe zu geraten…“

„Du wirst mein Fräulein! Du wirst! Und wenn du es wagst mir diesen blöden Spruch zu drücken von wegen ich solle meinen Freund fragen. Schwöre ich dir lege ich dich mit Vergnügen übers Knie. Noch eines du wirst dich vernünftig anziehen. Corvin dein Mann hat dir genug Kleidung gekauft. Du findest sie in deinem Schlafzimmer.“ Brüllte er mich an.

Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht dass unser Streit genauso im Dorf zu hören war. Das erfuhr ich wenig später als Till mich fragte ob ich ein Kissen für meinen Arsch haben wolle. „Waschweiber!“ rastete ich aus und ging  Laufen.  Die  einzige  Beschäftigung  bei  der  ich  einigermaßen  abschalten  konnte.  Das  war  mir  heute anscheinend auch nicht vergönnt. Wie ein Sturmwind kam der verfluchte Obermacker von Vampir auf mich zu. Außer sich vor Wut schrie er mich unverständlich an. Ich wusste gar nicht was er wollte. „Keine Sorge ich rede mit niemanden. Beklage mich nicht und warte nur darauf dass die Wege passierbar sind. Was willst du mehr?“ blaffte ich zurück.

„Vlad! Hat er dich verletzt?“

„Mein Vater? Nein!“ ließ ich ihn stehen.

„So geht das nicht weiter! Sarah ich will das du zu mir kommst.“ Ich lief weiter und zeigte ihm den Mittelfinger.  „Was willst du? Soll ich auf Knien vor dir kriechen? Nein! Verdammt das werde ich nicht tun!“ er brüllte über den gesamten Platz, „Du verdammtes Weibsbild du bist meine Frau und wirst mir gehorchen.“ Das hörte sich gefährlich an. Ich war auf der Hut noch ein Stück und ich konnte ins Dorf verschwinden.

„Wohin willst du? Meinst du im Dorf bist du sicher vor mir? Keiner wird es wagen sich mir in den Weg zu stellen Füchsin. Du gehörst mir.“ Schrie er das ich dachte mein Trommelfell trage bleibenden Schaden davon. Schnell bog ich auf den Weg zum Dorf ein. Corvin mit seinen Fähigkeiten holte gemächlich auf. Noch immer schrie er wie am Spieß. „Flieh nur Füchsin! So schnell kannst du nicht laufen. Ich bin dir auf der Fährte und diesmal lasse ich dich nicht entkommen.“

In einem hatte er Recht wer würde mir beistehen? Nur Marsé fiel mir ein. Seine Mutter war älter entsprechend mächtiger. Sie war mein einziger Garant auf Schutz. Die Leute auf dem Weg hörten Corvin schon vor weitem. Kein Wunder bei dem Geschrei. Diederich kam mir aufgelöst entgegen. Als er sah das Corvin hinter mir her war, verdrückte sich der Feigling.

Zwei Stufen auf einmal nehmend jagte ich die Treppe hinauf. Ich konnte nur hoffen das Marsé in ihren Räumen weilte und das sie mir Beistand bot. „Ha ich weiß wohin du läufst. Glaube nicht meine Mutter hindert mich zu holen was mir gehört. Lauf Füchsin lauf. Du bist mein egal wie sehr du dich dagegen sträubst.“ Außer Atem riss ich die Tür auf. Marsé stand mitten im Raum. Neben ihr Rosmerta die mich mit glitzernden Augen ansah. „ah da kommt ja das Wild. Du wurdest angekündigt!“ gackerte sie.

„Rosmerta nicht jetzt“ tadelte die Frau ihre Freundin. „Wir werden auf meinen Sohn warten. Halte deinen Stock bereit.“

„Oh er freut sich auf einen Besuch bei einem Holzkopf.“ Marsé schüttelte den Kopf. „Sarah bitte nimm Platz. Du wirkst etwas abgehetzt.“ In diesem Moment trat Corvin ein. Ich verzog mich hinter den beiden Frauen.

„Entschuldige Mutter ich hole nur was mir gehört.“

„Warte! Mein Sohn. Warum willst du Sarah holen? Nur um wieder wie ein wildgewordener Eber über sie herzufallen?“ fragte sie ihn ruhig.

„Das geht dich nichts an Mutter. Gib den Weg frei.“

„Nein Corvin. Nicht so. Sag mir doch warum du sie unbedingt willst?“

„Ich sagte bereits es geht dich nichts an. Ich wiederhole mich nicht gerne wie dir bekannt ist.“ Knurrte er nun.

„Rede kein dummes Zeug und antworte mir. Was bedeutet sie dir?“

„Mutter!“ warnte er nochmals.

„Corvin“ sagte Marsé ruhig.

„Sarah ist meine Frau! Und niemand wird mich daran hindern sie mir zu holen. Hörst niemand!“

„Deine Frau? Ja? Deshalb jagst du hinter ihr her? Weil sie dir gehört? Dein Eigentum?“

„Ja!“ ging er langsam um Marsé herum. Er ließ weder sie noch Rosmerta aus den Augen. „Genug jetzt. Gebt den Weg frei oder ich…“

„Was? Du willst mit Gewalt deinen Willen durchsetzen?“ lachte Marsé auf. „Gegen mich? Und Rosmerta?“

„Wenn es sein muss ja!“ ging er einige Schritte weiter.

„Aber warum Corvin. Es muss doch einen Grund geben. Du siehst doch sie weigert sich. Sarah will dich nicht. Hebe euer Gelübde auf und such dir eine willige Frau. Niemand wird es euch übel nehmen. Ich habe schon mit Vlad  geredet. Auch  er  denkt  dass  dies  der  beste  Weg  ist.  Er  ist  einverstanden.  Eine  Trennung  ganz  ohne Ansprüche.“ Sie wandte sich mir zu, „Sarah wärest du damit einverstanden?“

„Sofort!“ sagte ich.

„Nein!“ schrie Corvin und hechtete vor. Rosmerta zog mich mit einem Handstreich aus seiner Reichweite. Zugleich setzte sie ihren Stock ein der Corvin mitten auf die Brust traf. Marsé versetzte Corvin eine schallende Ohrfeige. „Das hast du verdient mein Sohn!“ schüttelte sie ihre Hand. „Warum weigerst du dich?“

 Corvin der nach Luft japste durchbohrte seine Mutter mit einem tödlichem Blick. „Weil ich bestimme wann sie gehen darf.“

„Du benimmst dich wie ein kleiner Junge. Bockig! Sag mir einen Grund nur einen vernünftigen Grund warum ich zur Seite treten soll.“

„Ich weiß was du von mir hören willst. Aber darauf kannst du lange warten. Sarah ist meine Frau du besitzt kein Recht sie mir vorzuenthalten.“

„Ach? Was will ich denn hören?“

„Verdammt noch mal! Das weißt du!“

„Dann verdammt noch mal sage es ihr auch.“ Erhob nun Marsé das erste Mal ihre Stimme. „Wie willst du eine Frau für dich gewinnen wenn du ihr drohst? Niemals! Oh du kannst es ihr besorgen. So sagt ihr doch heutzutage. Aber auch da wirst du auf Granit beißen. Weder mit Gebrüll oder Mannespracht wirst du eine Frau, diese Frau wirklich dein eigen nennen dürfen. Das kann nur Sarah dir als Geschenk darreichen.“ Sie trat beiseite.

„Ich darf mich dir nicht entgegenstellen. Bitte! Nimm deine Frau wie ein Gepäckstück. Benutzte sie! Aber erwarte nicht dass sie dir folgt. Das wird sie niemals. Sie ist die Tochter eines stolzen ehernen Geschlechts. Tief sitzt das Blut ihrer Ahnen, Demut und Gehorsam kennt es nicht. Nein Freiheitsliebe, Kampfgeist sind ihr eigen. Bedenke es mein Sohn. Es ist deine Entscheidung.“

Nun traten beide Frauen zurück. Corvin hätte mich mit einem Schritt zu fassen bekommen. Seine Zähne bleckten voller Wut auf. Aber er ging ohne ein weiteres Wort hinaus.

„Was nun?“ richtete ich mich auf. „Wird er das Gelübde aufheben?“

Marsé ließ sich in den Sessel fallen. „Eis! Rosmerta ich glaube meine Hand ist gebrochen.“

Sofort sah Rosmerta nach. „Du hast Glück kein Bruch aber geprellt. Hast so richtig zugeschlagen, was? Dabei sagtest du vor fünf Minuten noch, Gewalt sei keine Lösung.“ Grinste sie Marsé an.

„Ich hab ihn noch nie schlagen müssen.“ Seufzte Marsé betrübt. „ Meine Güte so habe ich ihn noch nie erlebt. Ich dachte wirklich er würde mich angreifen.“ Sie sank erschöpft in den Sessel zurück. „Zu deiner Frage Sarah. Ich weiß nicht was er tun wird. Ich weiß es nicht.“

Ich nickte, „Jedenfalls Danke.“ Ging ich.

„Das war ich dir schuldig. Nach dem Fiasko das ich dir antat.“ Zurück in Vlad´s Räumen duschte ich ausgiebig. Als ich aus dem Bad kam fuhr ich erschreckt zurück. Corvin saß auf dem Sofa. „Du brauchst dich nicht zu erschrecken. Ich möchte mich mit dir unterhalten. Ich habe deinen Vater um diese Unterredung gebeten. Er hat mir die Erlaubnis erteilt.“

Er fragt meinen Vater? Hat er ihn auch gefragt als er mir in den Keller folgte? Ich biss mir auf die Unterlippe. Es konnte nur eines bedeuten er hat mit Vlad geredet. Dann wollte er also die Trennung. Ich sollte froh sein das er zur Vernunft kam aber ich fühlte nur eine große Traurigkeit. „Nun dann leg los.“ Setzte ich mich ihm gegenüber.

„Meine Mutter sagte einige Dinge die ich nur zu gern verdrängte. Ihre Worte waren klug gewählt und brachten mich zum Nachdenken.“

Wollte er mir einen Roman erzählen? Warum sagte er es nicht kurz und schmerzlos. „Wann willst du das Gelübde aufheben?“ fuhr ich einfach dazwischen.

„Warte! Deine Ungeduld ist wirklich nervend. So schnell willst du mich loswerden. Tja, das habe ich nicht anders verdient. Nicht wahr.“ Lächelte er still vor sich hin. Er sah auf, „Sarah ich werde das Gelübde nicht aufheben.“

„Was? Aber warum?“ sprang ich auf.

„Ich kann es nicht. Ich will es nicht. Allein der Gedanke… „ er fuhr sich durch sein Haar. „Die Vorstellung du würdest dich einem Mann oder Vampir zuwenden lösen in mir mörderische Instinkte aus. Egal ob nun mit oder ohne Gelübde würde ich dich niemals ziehen lassen. Vielleicht einige Zeit. Wer weiß sogar einige Wochen. Doch danach gäbe es kein Halten mehr. Ich kenne mich zu gut Sarah. Ich weiß wo meine Grenzen liegen.“ Er beugte sich vor „Tatsache ist - ich liebe dich. Dafür brauche ich keine Bindung. Jeder der dir zu Nahe tritt ist mein potenzieller Feind. Das ist wie gesagt eine Tatsache.“ Verkrampfte er seine Hände. „Ich habe etwas vergessen woran mich meine Mutter erinnerte. Wer du bist. Wie du bist. Warum ich dich liebe. Ich habe dich reduziert auf ein Stück Fleisch. Eher unbewusst denke ich. Aus einem einfachen Grunde. So konnte ich mich dem Gefühl hingeben alles im Griff zu haben. Du warst mein. Meine Frau nichts anderes zählte. Weder dein Drang nach Freiheit oder Gleichberechtigung zählte. Nein niemals. Du sagtest du wolltest an meinen Leben teilhaben. Das machte mir Angst. Ich gab dir doch mein Herz, zwar unter meinen Bedingungen, doch das sollte doch wohl reichen.“

Er stand auf, „Ich vergaß, nein ich wollte dich unterjochen. Wenn ich nur genug Druck ausübte würdest du mir schon folgen. So dachte ich.“ Er lächelte. „ein vergebenes Unterfangen. Niemals wird die Füchsin in Gefangenschaft leben. Es ist deine Unabhängigkeit  Die mir Angst einjagt. Du kannst ohne mich leben das weiß ich. Nur Sarah und das ist das Problem ich nicht ohne dich.“ Ich hörte konnte aber den Sinn nicht erfassen.

„Glaub mir seitdem ich dich kenne. Habe ich versucht ohne dich zu leben. Seitdem du da so unverhofft an der Wand lauschtest. Ängstlich geradezu Panisch. Von diesem Tage an beschäftigten mich meine Gedanken in nur einer Richtung. Wie wird sie die meine. Voll und ganz wollte ich dich besitzen. Behüten wie einen Schatz.“ Er lachte abermals kurz auf.

„Aber da war noch etwas. Die dunkle Seite in mir. Die sagte sie ist eine Frau. Nimm sie. Besteige sie. Danach wirst du sie vergessen. Wie all die anderen. Nur das es nicht funktionierte. Schon beim ersten Mal habe ich verloren nur wusste ich es nicht. Ich stellte mein eigenes Bedürfnis zurück. Wollte dich erbeben sehen. Ich wollte spüren wie du zuckend unter mir liegst. Aufgehst unter einer meiner Hand.“

 Seufzend setzte er sich, „Ich redete mir ein. Das es vergeht. Dabei sah ich zu wie Hendrik und du,  ihr vertrauter wurdet. Henry der innerhalb einer Sekunde dein wahres ich erkannte. Ich stürmte gegen meine eigenen Windmühlen an. Wer auch immer, jeder sah dein wirkliches ich. Nur ich leugnete es.“ Er stand abermals auf. „Das wollte ich dir sagen.“ Wandte er sich dem Ausgang zu.

„Corvin?“ fragte ich leise er hielt wartend inne. „Was nun?“

„Ja Sarah das liegt an dir. Du kannst gehen. Ich werde dich nicht aufhalten, das sagt mein nüchterner Verstand. Aber eines Tages kann die dunkle Seite in mir gewinnen. Das kann ich nicht unterbinden. Was nun fragst du, du kannst mir auch verzeihen. Nur bitte mich nicht das Gelübde zu lösen, das lehne ich ab. Noch! Später vielleicht, wenn ich jegliche Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft aufgebe. Vermutlich ich weiß es nicht.“

„Wie immer bist du egoistisch!“ entfuhr es mir. „Es muss nach deinem Willen gehen. Ha, wenn ich das höre, ich kann nicht. Da dreht sich mir der Magen um. Was erhoffst du dir denn? Glaubst du wirklich an eine gemeinsame Zukunft? Oder ist es nicht eher so, dass du es nicht verträgst den Laufpass zu bekommen?“ Seine Augen glühten kurz unheilvoll auf. Er sagte jedoch kein Wort. „Ich habe recht! Stimmt es? Du verträgst keine Ablehnung…“

 

„Nein Sarah, das siehst du falsch. Damit könnte ich leben.“ Dabei seufzte er auf und sah mich eindringlich an.

„Aber deine ablehnende Haltung, beruht auf verletzten Stolz. Du bist verletzt. Ja! Das kann ich nicht ändern. Ich kann dir nur beweisen, wie leid es mir tut. Doch du und dein Stolz Sarah, der steht zwischen uns.“

„Ach jetzt bin ich es! Es ist alles meine Schuld!“

„Das habe ich nicht behauptet.“ Er kam zurück baute sich vor mir auf, „Ich weiß das du mich trotz allem liebst. Versuche erst gar nicht es zu leugnen.“ Schüttelte er den Kopf, „Ich habe einen Fehler begangen, willst du deswegen alles aufgeben? Ich nicht Sarah, deshalb löse ich unsere Verbindung nicht. Sondern gebe dir die Zeit die du benötigst, um mir zu verzeihen.“

„Da kannst du lange warten!“ erwiderte ich giftig.

Nun schmunzelte er, „Die habe ich! Ich werde warten und dich umwerben. Denn einen Vorteil habe ich. Einen gravierenden sogar und den werde ich schamlos ausnutzen.“

„Versuch es ruhig! Mich kriegst du nicht rum.“

„Ach Sarah, es ist so viel mehr als dein Körper nach dem ich verlange. Ich begehre dein Herz. Mit weniger gebe ich mich nicht zufrieden. Es schlägt für mich das wissen wir beide. Nur gehört es mir nicht. Aber bald! Meine wehrhafte Füchsin schlage Haken, weiche mir aus, versteck dich in deinem Bau. Letztendlich werden wir ein Paar.“

„Niemals! Corvin Sardovan! Niemals! Sobald die Straßen frei sind wirst du deine Niederlage eingestehen müssen…“

 „Wir  werden  sehen.“  Unterbrach  er  mich  siegesgewiss.  „Bis  dahin  versuche  ich  dich  zu  überzeugen.“  Er verbeugte sich galant. „Ah… beinahe hätte ich es vergessen. Meine Mutter lädt dich herzlich zur allabendlichen Gesellschaft ein.“

„Sage ihr, ich komme nicht.“ Rief ich hinter ihm her.

Lachend antwortete er mir, „Das sage ihr selbst! Ich nicht! Eine Ohrfeige reicht mir vollauf.“ Kurz darauf kam Vlad, vorsichtig steckte er den Kopf hinein. „Darf ich?“

Ich nickte ihm zu. „Und?“ fragte er nach.

„Du wusstest es? Du wusstest was er mir mitzuteilen hatte?“ wartete ich seine Antwort ab. Sein Gesicht verriet es mir. „Oh nein! Warum? Warum lässt du ihn zu mir? Das ist vergebene Liebesmüh…“

„Eben!“ sagte er. Fragend sah ich meinen Vater an. „Liebe! Sarah Liebe. Er liebt dich und du ihn. Ende der Geschichte.“

 

„Das ist doch vollkommener Blödsinn! Da gehört schon ein bisschen mehr dazu. Außerdem was weißt du schon. Du weißt nicht was er…“ Er hob seine Hand, ich schwieg. räuspernd setzte er sich zurecht. „Ja also! Wie soll ich sagen. Corvin hat mir ein Geständnis abgelegt. In groben Zügen kenne ich die Vorgänge.“ Mit großen Augen und roten Ohren sah ich ihn stumm an. Vlad nickte mir ausdruckslos zu.

„Du… er… oh Gott was muss ich noch alles ertragen? Wem hat er es noch erzählt? Prahlt er sogar damit? Zutrauen würde ich es ihm.“ Polterte ich los.

„Sarah! Nun reicht es aber. Corvin hat es mir gesagt, er steht zu seinen Fehlern. Es tut ihm leid.“

„Jetzt du auch noch? Hat er dich auf seiner Seite gezogen? Nun sag schon.“ forderte ich ihn heraus.

„Du bist ungerecht, nicht nur mir gegenüber. Sondern auch Corvin. Wir haben es darauf angelegt. Was weißt du schon!“ fuhr er mich an und hob verzweifelnd seine Hände, „Einer muss es dir ja erklären. Na gut! Wir haben Corvin dein Blut eingetrichtert. Ja sieh mich ruhig so an. Ich wusste es! Als sein Durst größer wurde brachten wir euch zusammen. Kein Vampir kann den Duft seines Partners widerstehen, das liegt in unserer Natur. Wenn du jemanden die Schuld an deiner Verführung oder wie du es auch nennen magst geben willst, dann uns vier. Denn wir sahen, wie ihr euch das Leben zur Hölle machtet. Aufgrund eines Missverständnisses.“ Sprachlos hörte ich zu. Mein Vater redete weiter, „Wir mussten etwas unternehmen. Ihr und eure Sturheit, euer Stolz!“

„Moment!“ bat ich, „Was heißt das kein Vampir kann den Duft seines Partners widerstehen. Erkläre mir das.“

„Es ist das Blut. Wir haben einen äußerst feinen Geruchssinn.“

„Komm zur Sache!“

„Herr Gott noch mal ich bin dein Vater!“ sträubte er sich hilflos, „Leidenschaft, unermessliche Leidenschaft gepaart mit Hunger, ergeben das was du erlebst hast.“

„Dann konnte er nichts dagegen tun?“

 „Im Grunde nicht.“

„Warum habt ihr  mir das nicht gesagt? Weshalb nimmt  er die  Schuld  auf sich? Warum hast du  bis jetzt geschwiegen?“ schrie ich das erste Mal meinen Vater an.

Der nicht minder leise, „Weil du in deinem Sturkopf sofort abgeblockt hast! Sobald auch nur der Name fiel hast du abgeschaltet. Wie sollte man dir etwas erklären? Das verrate mir mal?“

„Dann ist er völlig schuldlos. Sogar noch schlimmer er ist ein Opfer eures tollen Einfalls! Was habt ihr euch nur dabei gedacht?“

„Wir wollten nur helfen.“

„Helfen? Ihr habt es nur schlimmer gemacht. Weshalb nimmt Corvin die Schuld auf sich?“

„So ist er. Er hat dich im Keller… nun ja und er meint dafür die Verantwortung tragen zu müssen. Außerdem wollte er unser gutes Verhältnis nicht trüben.“

„Eine Erklärung, nur eine Erklärung. Was mach ich denn nur? Sag mir was mach ich nun?“ All meine Wut, mein Zorn brach in sich zusammen als keine Nahrung mehr vorhanden war. Was blieb war Scham unendliche Scham über mein Verhalten. Seine Großzügigkeit beschämte mich noch mehr. Er nahm alles auf seine Schultern und ich lief nur blind vor mich her wütend durch die Gegend. „Ich kann ihm nie wieder unter die Augen treten.“ Sackte ich in mich zusammen. Einen Ausweg es musste doch einen Ausweg geben.

„Sarah bitte. Rede mit ihm.“

„Das kann ich nicht. Verlange das nicht von mir.“

Vlad setzte sich zu mir. „Stolz mein Schatz. Ist ein zweischneidiges Schwert. Was denkst du wie Corvin sich gefühlt hat? Er jagt dich durch das halbe Dorf. Legt sich mit seiner Mutter an. Um anschließend bei dir Abbitte zu leisten.

Kapitel 21

Meinst du es war ein leichter Schritt für diesen stolzen Vampir? Er hat dir sein innerstes geöffnet und du willst mir sagen das du es nicht kannst.“

„Was soll ich nur sagen?“

„Sei ehrlich. Sei du selbst.“ Riet mir mein Vater.

„Ist er gleich bei Marsé?“ Vlad nickte, „Na gut! Wie sagtest du? Auf in den Kampf!“ lächelte ich ihn an. Dabei fühlte ich mich gar nicht kämpferisch. Eine scheue Waldmaus traf wohl eher meinen Gemütszustand.

Sorgfältig bereitete ich mich vor. An meiner zerschlissenen Kleidung konnte ich nichts ändern. Aber ich bürstete mein Haar, bis es glänzte. Das einzige was ich tun konnte. Vor allem sprach ich mir Mut zu. Mut meinen fatalen Irrtum einzugestehen. Ohne Wenn und Aber. Kurz bevor wir in Marsé Gemächer traten, verließ mich der Mut. „Wann soll ich mit ihm reden?“ fragte ich verzagt.

„Warte auf den richtigen Zeitpunkt. Sobald du mit ihm allein reden kannst. Wenn nicht heute, dann morgen.“

„Nein heute! Ob ich morgen noch den Mut aufbringe, weiß ich nicht.“ atmete ich tief ein und aus.

„Bereit?“ lächelte Vlad aufmunternd.

„Und wie!“ antwortete ich und fühlte mich sterbenselend.

Wie  an  jenem Abend  zuvor,  stand  im  ersten  Raum  ein  Buffet  bereit.  Diesmal  auffällig  klein,  was  mich verwunderte. Als wir in den hinteren Raum traten, saß Marsé wieder am Kopfende und Corvin zu ihrer Linken.

„Es freut mich, das ihr gekommen seid. Obwohl mein Sohn das Gegenteil behauptete. Sarah, bitte komme her“, klopfte sie auf den Stuhl neben sich, „heute werden wir uns vertragen.“ Lächelte sie warnend. „Schließlich feiern wir in den Geburtstag meines Sohnes hinein.“ Mir sank das Herz in irgendwelche Tiefe. An seinen Ehrentag hatte ich überhaupt nicht mehr gedacht.

Marsé übernahm anfangs die Unterhaltung. Das musste sie nicht lange, denn nur die engsten Freunde Corvins waren heute Abend vertreten. Ich wunderte mich, das Hendrik fehlte, er gehöre doch dazu. Zwei Vampire kannte ich nicht. Wie ich später erfuhr waren sie auf die Einladung von Corvins Mutter trotz des Sturmes der seit Tagen wütete angereist. Oskar war ein zarter Jüngling ganz wie mein Vater. Ihn mochte ich sofort er hatte etwas Drolliges an sich. Der andere saß bei Matt und brütete still vor sich hin. Die zwei passten bestens zusammen einer ruhiger als der andere. Matt nannte ihn Zwiebel. Das konnte wohl kaum sein Name sein. Bei nächster Gelegenheit wollte ich meinen Vater fragen. Diederich, Geirrod und Henry rundeten die Gruppe ab.

Ich wagte kaum aufzusehen. Denn sofort begegnete ich Corvins Blick der mir direkt gegenüber saß. Henry neben Corvin leistete sich mit Marsé die reinsten Wortschlachten. Sobald ich von Marsé zu Henry schaute, traf ich auf Corvins leicht lächelnden Augenpaar.  Ohne meinen Zorn war ich dem hilflos ausgeliefert. Was er  natürlich bemerkte. „Möchtest du etwas essen?“ fragte Corvin leise sich vorbeugend. Ich schüttele den Kopf. „Ich kann dir etwas holen oder möchtest du dir selbst etwas aussuchen?“

„Nein! Danke“ flüsterte ich verlegen. Musste er mich so ansehen? Mein Magen bockte wie ein Wildpferd. Zufrieden grinsend lehnte er sich zurück. Ich musste so schnell wie möglich mit ihm reden. Ansonsten kam es neuen Missverständnissen. Das wurde mir schnell bewusst. Verdammt warum habe ich die Gelegenheit nicht genutzt. Im Nebenraum wären wir ungestört gewesen.

Jetzt musste ich warten. Indessen goss mir Vlad etwas ein. Das ich in einem Zug hinunterschluckte. Hustend sah ich ihn vorwerfend an. Er lachte, „Sarah du solltest den Wodka mit Vorsicht genießen. Den hat Diederich selbst gebrannt.“ Der prostete mir vergnüglich zu. Noch immer nach Luft schnappend nahm ich dankend das Glas das Henry mir reichte. Wein! Den trank ich langsamer. Ich wollte mich keineswegs betrinken. Sollten sie das Gesöff ruhig in sich hineinkippen. Ohne mich! Besonders da ich an Marsé und ihre erste Meinung von mir gedachte.

Während  die  Stimmung  sich  immer  mehr  aufheiterte  wartete  ich.  Wann  sollte  ich  aufstehen  und  in  den Nebenraum gehen? Würde Corvin mir folgen? Oder sollte ich ihm sagen, das ich nun essen möchte. Vielleicht ihn einfach geradeheraus um eine Unterredung bitten? Eine günstige Gelegenheit! Einfacher gesagt als getan. Wir saßen nur am Tisch und redeten. Dabei ließ mich Corvin keine Sekunde aus den Augen.

Abrupt stand ich auf. Erstaunt wurde ich angesehen. „Essen… ich hole mir etwas!“ stotterte ich und floh vor den verblüfften Blicken. Blöder hätte ich es auch nicht anstellen können. Ich sah um die Ecke. Marsé sprach gerade mit Corvin der halb erhoben sich wieder setzte. Dafür stand Henry auf und kam zu mir. Er erzählte etwas über Hendrik und blieb so lange bis ich hinüberging. Sie haben sich abgesprochen! Das bemerkte ich als Marsé und Henry einen bedeutungsvollen Blick wechselten. Mir blieb der Mund vor Verblüffung offen stehen. Das durfte ja wohl nicht wahr sein. Beäugte ich sie abwechselnd. Corvin begriff wie ich das Manöver. Oder irrte ich mich? War  es Zufall? Schnell aß ich den Teller leer und stand abermals  auf.  Corvin  Braue  zog sich interessiert in die Höhe.  Er verfolgte die Geschehnisse  am Tisch mit Argusaugen.

Geirrod begleitete mich hinaus. Mit langen Zähnen probierte er ein Stück Gebäck. „Ganz schön trocken.“ mäkelte er. Der Rest des Gebäcks verschwand in seiner Tasche. Bei diesen Aufpassern heute Abend konnte ich das Gespräch vergessen. Einerseits froh über den Aufschub. Andererseits musste ich noch heute mit ihm reden. Keinesfalls wollte ich neue Missverständnisse oder Zwistigkeiten.

Mitternacht nahte. Bald danach würde die Gesellschaft bestimmt aufgelöst werden. Oder wie Henry andeutete intimer weitergefeiert. Vlad meinte leise dazu, „Vorher werde ich dich sicher Heim begleiten.“

„Du willst an dem Saufgelage teilnehmen?“ sah ich ihn erstaunt an. Bisher habe ich ihn noch nie mehr als ein Glas Wein trinken sehen. Mit seinem jugendlichem Aussehen wirkte er einfach zu jung für Alkohol.

„Na hör mal!“ empörte er sich erheitert.

Mit einem Male war es Mitternacht. Marsé hielt einen Kuchen, der wie durch Zauberei in ihrer Hand zutage trat. Sehr viele Kerzen zierten das Backwerk. Sie bestand auf ein Ständchen. Meine kleines Stimmchen fiel unter dem Gedröhne von Geirrod nicht weiter auf. Verwundert hörte ich Diederichs Stimme, der wunderbare Töne von sich gab. Marsé gratulierte als erste und forderte ihren Sohn auf, die Kerzen auszublasen. „Mutter ich bin kein Kind!“ beschwerte Corvin sich, seine Freunde drohend ansehend. Das würden sie ihm nicht so schnell vergessen lassen. „Was hast du dir gewünscht?“ fragte Marsé aufgeregt.

„Hallo! Das sagt man doch nicht!“ schob Henry sich zwischen Mutter und Sohn. Kameradschaftliches Schulterklopfen folgte. Ein jeder wollte der Nächste sein. Ich hielt mich zurück und wartete. Vlad war der Letzte der mich direkt zu Corvin schob.

 Die Vampire hielten den Atem an. Als ich leise und verlegen meinen Glückwunsch aussprach, der hölzern über meine Lippen kam. Bei so vielen gespitzten Ohren die nur auf eine Tätlichkeit warteten, kein Wunder. Jedenfalls brachte ich es fertig ihm die Hand zu reichen. „Danke Sarah.“ schlug er ein und hielt sie fest. „Nun zu meinen Wunsch den meine Mutter unbedingt erfahren wollte. Hört auf damit! Wie ihr seht können wir zivilisiert miteinander umgehen.“ Forderte Corvin drohend.

„Das wird ja auch mal Zeit!“ murmelte Marsé, „so nun pack dein Geschenk aus.“ zögernd ließ Corvin meine Hand los. Während ich mich verstohlen in den Hintergrund begab. Es war mir peinlich kein Geschenk zu haben. Henry und Vlad überreichten auch in meinen Namen eine Schnupftabakdose. Das war lieb von ihnen. Corvin bedankte sich begeistert bei seinen Freunden und nickte mir aus der Ferne zu. Etwas in seinem Blick flatterte auf, aber daraus wurde ich nicht schlau.

Als Marsé sich gähnend verabschiedete wurde es auch Zeit für mich. Vlad begleitete mich ein Stück. „Geh nur! Ich finde den Weg schon.“ neckte ich ihn.

„Schade das du nicht mit Corvin reden konntest. Ich glaube er ahnt etwas.“

„Wie du siehst nicht in seine Gedanken nach?“ schmiegte ich mich an ihn. Vlad lachte, „Morgen Sarah! Rede mit ihm.“

„Das werde ich. Viel Spaß! Und sei nicht so laut wenn du heimkommst.“

„Falls ich den Weg finde!“ grinste er, vor sich hin pfeifend schlenderte er den Flur entlang.

„Was ahne ich denn? Wie mein Freund so schön sagte.“ Corvin löste sich aus der Dunkelheit. Ich war noch nicht einmal überrascht.

„Das werde ich dir sagen. Aber nicht hier auf dem Flur.“ Ich sah mich um. In Vlad´s Räumen wollte ich auch nicht gerade, das sah mir zu sehr nach Einladung aus.

„Was hältst du von der Bibliothek?“ erkannte er meine Not.

„Ja, sehr gut.“ Stimmte ich zu. „Wie kommt es, das du…“

„ …ich weiß?“, vollendete er meinen Satz, „deine Ungeduld! Du bist einer der ungeduldigsten Menschen die ich kenne. Warte,  ich sehe nach ob wir ungestört sind. Dies ist ein beliebter Raum für Pärchen, habe ich gehört.“ Sein amüsiertes Schmunzeln übersah ich. Na super! Was er wohl davon hielt. „Das wusste ich nicht!“ sagte ich schnell. Er sollte ja auf keine schrägen Gedanken kommen.

„Niemand da. Wir können hinein.“ Auch das noch! Die einzige Sitzgelegenheit ein kuschliges Sofa, das Corvin sofort in Beschlag nahm. Kein Wunder das sich Pärchen hierher verirrten. Abwartend sah Corvin mich ruhig an. Raus mit der Sprache Sarah rief ich mir Mut zu. Also legte ich los. Verworren,  viel  zu  schnell  sprudelte  ich  rasant  die  Worte  heraus.  Meine  neuesten  Erkenntnisse.  Seine Schuldlosigkeit über sein Verhalten. Sowie meine Entschuldigung. „Das war´s!“ endete ich atemlos. Nickte ihm kurz zu, um so schnell wie möglich der unangenehmen Situation zu entschlüpfen.

„Einen Augenblick noch Sarah.“ hielt Corvin meine Flucht auf.

Langsam drehte ich mich um und fragte mich bange, was nun auf mich zu kam. Er hatte mehr als einen Grund auf mich sauer zu sein. Vorsichtig wie eine Schildkröte zog ich den Kopf ein. Ja kein Angriffsziel bieten. Er saß vornübergebeugt die Arme auf den Knien abgestützt die Hände ineinander verschlungen, darauf lastete sein Kinn. Den Blick auf keinen bestimmten Punkt gerichtet. Ich wagte es nicht, durch eine Frage seine Gedanken zu unterbrechen. „Was nun?“ sagte er ohne sich zu rühren.

Ja was nun? Eine gute Frage, die ich nicht beantworten konnte. Zwischen uns lag ein unüberbrückbarer Graben. Zu viele verletzende Worte, zu viele Unterschiede. Corvin brauchte eine Frau die ihm folgsam gehorchte. Er gehörte einem vergangenen Zeitalter an. Während ich meine Unabhängigkeit schätzte und einen Mann wollte, der mir vertraute und nicht befahl.

Schließlich raffte ich all meinen Mut zusammen und sagte was ich dachte. Wieder hörte er mir aufmerksam zu. Er veränderte seine Position nicht einmal. „Wenn du ehrlich bist, wirst du mir recht geben. Es war von Anfang an ein Fehler. Ein Hirngespinst. Wir streiten uns mehr als alles andere. Das ist keine Basis.“

„Du gibst also auf? Einfach so?“ ließ er sich nach hinten fallen.

„Das ist kein aufgeben, sondern gesunder Menschenverstand.“ Behauptete ich fest an meiner Meinung haltend.

„Gesunder Menschenverstand!“ wiederholte er zweifelnd. „Nenn mir einen handfesten Beweis für deine These. Nur einen!“ forderte er mich auf. „Oder ist es nicht eher so, dass du wieder flüchten willst, Sarah?“ Vehement schüttelte ich den Kopf. „Dann sag mir doch eines. Warum fiel es dir so schwer mit mir zu reden? Du erkanntest meine angebliche Unschuld und du kannst mir nicht unter die Augen treten? Was ist das? Falscher Stolz? Oder falsche Scham?“

„Du hast wieder meine Gedanken abgehört! Du wusstest es! Den ganzen Abend wusstest du es! Du hast mich zappeln lassen wie einen Fisch am Haken. Corvin Sardovan du bist unerträglich! Warum nur tust du das?“

Er lächelte keineswegs verlegen. „Eine kleine Genugtuung? Ein bisschen Rache? Ich habe dir offen meine Gefühle, meine Gedanken, meine Zweifel mitgeteilt und von dir kam nichts. Sarah rein gar nichts! Verbohrt, unversöhnlich saßest du nur da. Glaub mir das macht einen fertig. Ich denke das war mein Hauptantrieb für mein Verhalten. Ganz Menschlich findest du nicht auch?“

„Oh du!“ mir fehlten die Worte vor Wut.

„So gefällst du mir viel besser! Füchsin. Damit kann ich was anfangen. mit deiner verdrehten Meinung über uns nicht das Geringste. Vor was fliehst du? Vor mir? Deinen Gefühlen? Vor dir? Du willst dich sofort trennen! Ein kleiner Streit und du packst deine Sachen. Jeder Anlass ist dir recht, damit du laut unsere Trennung verkünden kannst.“ Er stand auf, „Sag mir warum machst du das? Wovor hast du Angst?“ kam er langsam auf mich zu.

 Wie eine Schlange hielt er seinen Blick auf mich gerichtet. Ich konnte mich nicht rühren. „Das war doch der eigentliche Grund, dein Davonlaufen. Nur weil ich auf deine Avancen nicht einging. Deine Reaktion ist immer die Gleiche, Flucht! In sich gekehrt, den Rückzug antreten. Wie war das bei deinen Freunden? Dort verhieltest du dich im Grunde genauso. Sag mir Sarah, wieso ergreifst du immerzu die Flucht? Niemals stellst du dich dem Kampf! Warum Sarah? Du bist kein Feigling.“ Je näher Corvin kam, desto mehr schritt ich zurück. Nun konnte ich nicht weiter, ich stieß gegen ein Regal. Bohrend sah er mich an. „Sarah du weichst aus. Du ergreifst die Flucht. Nur manchmal, sobald du wütend bist, in die Enge getrieben, fängst du an zu kämpfen. Warum ist das so?“

„So bin ich nun einmal!“

„Nein! Sarah! Das bist nicht du!“ beharrte er, mir jeden Fluchtweg abschneidend.

„Ich weiß gar nicht, was du von mir willst.“ Entwich ich nun endlich seinem starren Blick.

Er lachte leise auf, „Oh doch! Wie sollen wir zusammenleben? Meinst du ich renne ständig hinter dir her? Nur um zu erfahren, was dich störte? Nein Sarah so geht das nicht. Es ist doch einfacher und ehrlicher mir deine Meinung ins Gesicht zu sagen.“ Er hob mein Kinn leicht an.

„Sarah sieh mich an und weiche mir nicht aus. An dem Abend hättest du mich beschimpfen können. Du hättest mir sagen können, warum du wütend auf mich warst. Ich hätte es dir erklärt.“

„Ja sicher! Wie denn? Indem du einer schwergewichtigen naiven Kuh eine Ausrede auftischst?“

Schmunzelnd meinte er, „Oje, das wirst du mir ewig vorhalten. Mir fiel in dem Moment nichts Besseres ein. Meine Gedanken waren ein wenig von deinen allzu freizügigen Körper abgelenkt. Ich kämpfte mit meiner Lust, dich sofort auf dem Schreibtisch zu nehmen und der Vernunft dir nicht zu schaden.“

„Na sicher.“ Zweifelte ich seine Worte an.

Er senkte den Kopf, vergrub sein Gesicht in meiner Halsbeuge und atmete tief ein. Dort blieb er, sein Atem warm und erregend ließ mich erschauern. „Glaube was du willst. Darum geht es gerade nicht. Wir sprachen über deine Unzulänglichkeit vernünftig deine Meinung kundzutun. Es muss doch einen Grund geben warum das so ist.“ Sicher gab es den. Schon von frühester Kindheit an war meine Meinung nicht gefragt. Mein Onkel entschied und ich musste dem folgen. Über Jahre ließ ich es mir gefallen. Als ich dann ernsthaft ausrastete zog ich aus.

Danach wurde es besser. Trotz unseres Streites, liebte ich  meinen Onkel. Schließlich war er der einzige lebende Verwandte den ich besaß. So wusste ich es nur. Die einzige Möglichkeit seine Liebe zu halten war nun einmal Rückzug. „Das ist es also! Ja so was dachten wir uns bereits.“ er ging hinüber zu dem Sofa und setzte sich wieder.

„Wir?“ Wer noch? Wem interessierte mein Verhalten?

Corvin lächelte mir warm zu. „Sarah du musst eines begreifen. Wir sind deine Familie. All deine Freunde, dein Vater und auch ich. Wir bemerken natürlich dein ungewöhnliches Verhalten. Wofür ist eine Familie da? Sie wird dir helfen!“

 Ich fasste es nicht. Sie redeten hinter meinen Rücken! Sie tratschten über mich! Über was noch? Selbst Corvin… , ich schämte mich, das er von meiner… Er unterbrach meine Gedanken. „Traust du mir das zu? Du solltest mich besser kennen. Aber es stimmt ich habe mir meine Gedanken gemacht. Und ich sehe darin einen Zusammenhang. Nun dein sexuelles Handicap ist Vergangenheit. Jetzt sollten wir uns, um deine andere Schwäche kümmern.“

Böse starrte ich ihn an. Wie konnte er mich nur so ruhig auseinanderpflücken. Wieder einmal stand ich völlig entblößt vor ihm da. Nicht nur vor ihm, nein meine Freunde, selbst mein Vater schlossen sich diesem Rudel an. Das war mir zu viel, einfach zu viel. „Spiel woanders den Seelenklempner aber lass mich in Ruhe.“ Fauchte ich ihn an.

„Und nun?“ lachte Corvin, „willst du davonlaufen?“ mitten in der Bewegung hielt ich inne. Verdammter Vampir! Bestimmt war die Tür verschlossen und er saß da und lümmelte auf dem Sofa herum. Selbstzufrieden und arrogant!

„Aber nein.“ Log ich ihn an. Natürlich durchschaute er mich.

„Komm setzte dich doch zu mir Sarah. Erzähle mir von deinem angeblichen Onkel.“

„Da gibt es nicht viel.“ Sagte ich verstockt.

„Möchtest du wissen, was mein Freund herausgefunden hat?“ lockte er mich mit meiner Neugier. Natürlich wollte ich es wissen. Er klopfte neben sich auf dem Sofa. Ich nahm die wortlose Einladung an und setzte mich ans andere Ende. Was er mit einem verschmitzten Lächeln quittierte. „Also dein Onkel hieß wirklich Wagner. Nur seid ihr nicht verwandt. Er hat einen Bruder und der war nicht allzu gut auf deinen Onkel zu sprechen.“

„Nenn ihn nicht so.“ für mich war er der schlimmste Mensch. Über Jahre spielte er mir den liebenden Onkel vor. Wusste ich wie es in einer Familie zuging? Nein ich kannte nur das, was ich von ihm lernte. Seitdem ich hier in dem Dorf weilte bekam ich einen Einblick, wie es in einer Familie zuging. Die Kinder die an ihre Eltern hingen. Liebevolle gebende Zärtlichkeit, ohne Einschränkung. Ja so sollte ein Kind aufwachsen. Nicht so wie ich.  Geh in dein Zimmer und spiele. Nur mit was? Ich besaß keine Puppen kein Spielzeug. Deshalb ging ich auch so gern in den Kindergarten, es kam mir wie ein Schlaraffenland vor. Obwohl mich die anderen Kinder mieden, liebte ich es stundenlang in einer Ecke zu sitzen und mit Puppen oder Autos zu spielen. Als ich ihn mal fragte ob ich eine Puppe bekäme. Lachte er mich aus. „Woher soll ich das Geld nehmen. Sieh mal du brauchst Schuhe. Ständig muss ich dir neue Schuhe kaufen.“

Oh ja! nach außen hin war ich adrett gekleidet. Doch niemand wusste, dass ich sobald ich heimkam, alles ausziehen musste. Dort musste ich die abgetragenen Sachen anziehen. Später in der Schule musste ich bei den Klassenfahrten zu Hause bleiben. Das machte mir nichts aus. Denn noch immer besaß ich keine Freunde. Besondere Ansprüche an meinen schulischen Leistungen interessierte ihn nicht. Er holte die Zeugnisse ab. Unterschrieb meine mehr als schlechten Arbeiten und das war es. Gegen Ende der Schulzeit beneideten mich einige Klassenkameraden, da ich niemals Ärger bekam. Auch konnte ich schwänzen wie ich wollte. er schrieb mir wortlos Entschuldigungen.

Nach der Schulzeit besorgte er mir den Job. Mit der einzigen Ermahnung die ich jemals bekam. „Verrichte deine Arbeit, dann hast du hier eine Lebensstellung.“ Er betonte wie sehr er seine Verbindungen hatte spielen lassen müssen. Damit ich überhaupt den Job bekam. Bis ich vor meinen achtzehnten Geburtstag anfing heimlich Geld zur Seite zu schaffen. Er kam dahinter und verlangte von mir mein Erspartes. Ich wollte den Führerschein machen was er strikt Verbot. Das war der Streit der mich zwang, eine eigene Wohnung zu suchen. Er wollte das Geld und ich weigerte mich. Er warf mich hinaus. Als undankbare Göre die er zwanzig Jahre durchgefüttert hätte.

Trotz der harten Worte die zwischen uns fielen liebte ich meinen einzigen Verwandten. Er war doch alles was ich hatte. Ich wollte doch nur von ihm geliebt werden. Wie ein Vater halt seine Tochter liebt. Doch Liebe bekam ich nicht. Ich dachte er würde es, aber Vlad zeigte mir was väterliche Liebe ist. Gerade in den letzten Tagen war er beständig um mich. Mit kleinen Gesten zeigte er mir, dass er für mich da war. Wann immer ich mit ihm reden wollte. Hörte er mir zu. Sicher er war in vielen Dingen mit meinem Verhalten nicht einverstanden. Doch da war Liebe, die Liebe eines Vaters zu seinem Kind.

Seufzend sah ich Corvin an. Der mich mit unergründlichen Ausdruck musterte. „So also, war dein Leben? Du bist stärker als ich glaubte Sarah. So manches Kind würde aus solch einem Elternhaus an die falschen Freunde geraten. Du bist nicht verkümmert, bist dir selbst treu geblieben. Das erfordert sehr viel innere Stärke.“

„Nein du irrst dich. Er hat mich nie geschlagen oder mir etwas angetan. Er hat…“

„Du warst ihm gleichgültig Sarah. Das ist es! Für ihn warst du Bedeutungslos. Nur eines zählte für ihn. Die monatlichen Schecks! Er bekam jeden Monat eine beachtliche Summe. Damit hätte er dir mehr als genug Puppen kaufen können. Aber er war ein Spieler.“ Erstaunt sah ich Corvin an.

„Nein das hätte ich doch bemerkt.“ Ich konnte es nicht glauben.

„Er ist niemals arbeiten gegangen Sarah. Er war ein Spieler! Auf dem Rennplatz war er als notorischer Spieler bekannt. Den Job den er dir angeblich in der Firma besorgte, gehört zu mir. So wollten sie dich an uns heranführen. Das nehme ich zumindest an.“ Ich schüttelte den Kopf, ich wollte nicht glauben was Corvin mir erzählte. „Es ist wahr. Wir stellen ohne große Fragen unsere Kinder ein. Und du bist eines dieser Kinder. Das erkannte der Personalchef sofort. Deshalb bekamst du eine Anstellung.“

„Nein! Das ist unmöglich Corvin. Eine Frau hat mich eingestellt. Sie wies mich auf meinen… “ ich stockte, „…den Mann hin der sich als mein Verwandter ausgab. Ich bin mir sicher, dass es nichts mit meiner Abstammung zu tun hatte.“

Er kniff die Augen zusammen. „Bist du sicher? Sarah überlege genau.“

„Ich bin mir sicher. Die Frau war sehr nett, sie half mir mit dem Fragebogen. Als ich den Vertrag unterschrieb, war auch gleich mein erster Arbeitstag. Sie führte mich zu meinen Arbeitsplatz.“

 „Ihr Name Sarah. Wie lautete ihr Name.“ Fragte Corvin eindringlich.

„Frau Zimmermann. Ja Inga Zimmermann, sie arbeite noch dort als ich in Urlaub ging. Sie ist wirklich nett, hat niemals den Chef herausgekehrt. So wie einige andere, die höher in der Etage sitzen. Du verstehst schon was ich meine.“

„Nein verstehe ich nicht.“ brummte er vor sich hin. „Und du bist sicher niemals einem Vampir begegnet? Der Personalchef ist ein kleiner drahtiger, ungefähr fünfzig. Hat stets eine Nickelbrille auf.“

„O ja den habe ich des Öfteren gesehen, aber mit meiner Einstellung hatte er nichts zu tun.“ Versicherte ich Corvin. „Du meinst die Jäger sitzen in der Firma? Was bedeutet das Corvin?“

„Es ist durchaus möglich. Wie sah die Frau aus?“

Ich zuckte die Schultern, „Normal dunkelblonde Haare, Mitte bis Ende dreißig vielleicht. Ungefähr meine Größe eher etwas kleiner. Warum fragst du?“ er sah mich mit seiner Pokermiene an. Keine Regung war in diesem Gesicht zu lesen. „Oh Gott! Du meinst es könnte meine Mutter sein?“

Corvin nickte unsicher. „Ja nur soviel ich weiß, war deine Mutter dunkelhaarig. Es ist nur eine Vermutung Sarah.“

„Aber das kann nicht sein. Ich habe doch Bilder von ihr. Ich hätte sie wiedererkannt.“ Wies ich seine Annahme zurück.

„Wenn das auf den Bildern deine Mutter war. Sarah in diesem Punkt zweifle ich alles an. Hast du Bilder dabei.“

„Nein sie sind zu Haus.“ Meinte ich betroffen. Eine  ausgesprochene Ungeduld erfasste mich. Ich wollte sofort zur Festung und Vlad die Bilder zeigen.“ Mir fiel auf, das Corvin mich anlächelte. Das brachte mich aus der Fassung. „Was grinst du denn so? Das ist keineswegs zum…“

„Du bezeichnest die Festung als dein zu Haus. Darum lächle ich. Ich freue mich darüber, denn es wird für die nächsten Jahre dein Heim werden.“

„Erzähl kein Quatsch. Ich kehre nach Deutschland zurück, sobald es geht.“ Entgegnete ich kopfschüttelnd. Was er sich nur dachte!

„Ach, du stures Weibsbild! Wir werden sehen.“ Grinste er in sich hinein. Erschreckt sah ich ihn an, er durfte nicht annehmen nur weil wir uns unterhielten. Würden wir ein Paar. Nicht das wir jemals wirklich eines waren. Er durfte sich in dieser Hinsicht keine falschen Hoffnungen oder in dumme Ideen verrennen.

„Keine Sorge Madam ich verrenne mich nicht.“ auf dem Flur hörte man lautes Gejohle. Corvins Miene verzog sich ärgerlich. „Sarah bitte, ich möchte unser Gespräch nicht so beenden.“ Sagte er schnell. Das rufen wurde lauter, ich hörte eindeutig Diederichs laute polternde Stimme heraus, der ständig Corvins Namen rief. „Sie wollen mit mir feiern und wenn ich richtig höre, haben sie reichlich vorgefeiert. Wir müssen hier weg!“ sprang er auf und sah sich nach einem Fluchtweg um.

„Egal wo du bist. Sie spüren dich sowieso.“

„Nein das tun sie nicht, ansonsten wären sie schon längst einmarschiert.“ Wieder etwas neues das ich erfuhr. „Wie geht das? Ich dachte sie…“

„Später Sarah. Nur müssen wir sie erst einmal loswerden.“

„Wohin willst du denn? Es gibt keinen zweiten Ausgang und durch den Fels kannst du ja nicht. Oder?“ fragte ich vorsichtshalber nach, wer weiß, was sie noch alles konnten, wovon ich keine Ahnung hatte.

„Nein das können wir nicht.“ wanderte er mit Riesenschritten suchend durch den Raum.

„Dann bleibt dir nur eine Möglichkeit. Versteck dich hinter dem Sofa. Vielleicht sehen sie ja dort nicht nach.“ Grinste ich ihn an. Das würde er niemals tun. Nicht der stolze Corvin Sardovan. Vielmehr würde er sie mit seinem gestrengen Blicken zur Ruhe zwingen, sie zusammenstauchen und dann ins Bett schicken. Ich irrte mich gewaltig mit einem Satz verschwand der Vampir hinter dem Sofa. Ich beugte mich hinüber um ihn mir dort unten anzusehen. „Schicke sie weg!“, raunte er mir befehlend zu. „Und nimm dir um Gottes willen ein Buch!“ kam es fluchend aus der dunklen Ecke.

Ich nahm gleich das Erste, was mir in die Hand fiel, und schlug es auf. Keinen Moment zu früh. Mit einem Ruck wurde die Tür aufgerissen. Herein kamen Geirrod und Diederich, als sie mich sahen, stierten sie mich überrascht an. Hinter ihnen der Freund, den Matt Zwiebel nannte. Der Ruhige, der nun da er von Diederichs selbst gebrannten, die Sprache für sich entdeckte. „Das junge Fräulein von heut Abend!“ zwirbelte er seinen nicht vorhandenen Schnäuzer.

„In der Tat. Das ist Sarah.“ säuselte Geirrod, „Was machst du hier? So ganz allein?“ er sah sich misstrauisch um.

„Du bist doch allein?“

„Nein im Moment sehe ich ein paar betrunkene Vampire in meiner Gesellschaft. Ergo bin ich nicht allein.“ Lächelte ich Geirrod zu und trällerte vergnüglich vor mich hin. Erwischt! Dachte ich amüsiert als Geirrods und Zwiebel´s frustrierte Mienen sah.

„Was wollt ihr? Ich denke ihr feiert?“ erkundigte ich mich unschuldig dreinblickend.

„Wir suchen Corvin!“, sagte alle durcheinander. „Hast du ihn gesehen?“, wollte Geirrod wissen.

„Mal ehrlich Geirrod, glaubst du wirklich. Wir können ruhig in einem Raum zusammensitzen?“ antwortete ich ausweichend.

Er kratzte sich überlegend am Kopf, „Ich weiß nicht. Euch traue ich alles zu. Auch das.“

Ich zuckte unwissend die Schultern hoch. „Siehst du ihn? Oder willst du noch hinter dem Sofa nachsehen? Vielleicht hat er sich ja da vor euch versteckt.“ Zog ich nun ungläubig eine Braue hoch. Das schien Geirrod zu genügen. Er setzte sich in Bewegung. Diederich starrte mich währenddessen nur an. Und die Zwiebel versuchte sich an ihm haltend, die Balance zu wahren.

Nun schickte Diederich die Zwiebel hinter Geirrod her. Er selbst kam auf mich zu. „Eines will ich dir sagen Sarah. Dass du heute Abend anwesend warst und ihn gratuliertest. Das rechne ich dir hoch an. Das zeugt von wahrhafter Größe ich bin stolz auf dich.“ Murmelte er verlegen. Aus seinem Munde ein solches Lob. Darauf konnte ich stolz sein. Geschwind stand ich auf und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Danke“, hauchte ich nun ebenfalls verlegen. Vor allem Dingen wusste ich das Corvin jedes Wort mitbekam, was mir keineswegs passte.

Und richtig! Sobald sie den Raum verließen, kam Corvin zum Vorschein. „In der Tat, du hast mir ja gratuliert! Gibt es eigentlich kein Küsschen? Selbst Diederich hat gerade eines bekommen!“ mokierte er sich vergnügt.

„Das ist etwas ganz anderes“, wich ich aus. Er sagte nichts dazu, sah mich jedoch schweigend an. Als ich seinen Blick nicht mehr aushielt. Meinte ich, es wäre ja nun alles gesagt und ich wolle schlafen gehen. „So meinst du?“, erwiderte er, mich noch immer seltsam ansehend.

„Ja! Ich denke schon.“ und wandte mich zum Ausgang. „Einen schönen Abend noch.“ wünschte ich ihm.

„Ich bringe dich.“ Meinte er.

„Das musst du nicht.“ sträubte ich mich.

„Sarah ich werde dich wie ein vollendeter Kavalier begleiten. Sagte ich nicht, dass ich dich umwerben werde? Ich dachte ich hätte es erwähnt.“ Schmunzelte er, „So schnell, gebe ich nicht auf, meine Füchsin. Du wirst dich damit abfinden müssen. Einen weiteren Verehrer an deinen Rockschößen, kleben zu haben.“

„Ich habe keine Verehrer, wie du sehr genau weißt…“

„Nein? Ich denke da nur an Endris, der ist über beide Ohren in dich verliebt. Oder Till, der dich anschmachtet.“

„Du spinnst ja! Sie sind nur Freunde.“

Corvin lachte zynisch auf. „Da sagen ihre Gedanken etwas ganz anderes. Glaub mir! Hätten sie nicht solch eine Angst vor mir, würden sie ihr Glück versuchen. Wie einige andere auch. Überhaupt bereitet das enge Zusammenleben einigen Herrschaften gewisse Schwierigkeiten. Man sollte das Training verdoppeln, damit sie ihre Kräfte anderweitig austoben können. Ansonsten wird die Hälfte der Bevölkerung schwanger sein.“

„Das ist so typisch für dich. Du denkst nur in einer Richtung.“ Warf ich ihm vor.

„Ich denke wie jedes männliche Geschöpf. An sein eigenes Wohlergehen. Es ist doch viel angenehmer mit einem Partner im kalten Bett zu liegen.“ Grinste er mich frech an.

„Na dann such dir mal eine wärmende Bettgenossin.“ Warf ich ihm wütend an den Kopf.

„Oh gefunden habe ich dich ja. Nur weigerst du dich, das Unausweichliche anzuerkennen.“

„Nein du erkennst das Unmögliche nicht an.“ Beharrte ich auf meine Ansichten. Darauf lachte er nur. Inzwischen waren wir vor Vlad´s Räumen angekommen. „Danke und gute Nacht.“ Sagte ich und verschwand eilig hinein.

 „Wir sehen uns morgen Sarah“, meinte Corvin in seinem Ton lag etwas, das mir eine Gänsehaut verursachte. Irgendwann  hörte ich,  wie Vlad  einmarschierte.  Nach  dem Wispern  zu  urteilten  war  er  nicht  allein.  Kurz entschlossen stand ich auf und klopfte an seiner Tür. Matt öffnete mir mit einem breiten Grinsen. „Es ist alles Okay. Wir haben nur deinen Vater heimgebracht.“ Ich fuhr vor seiner entsetzlichen Fahne zurück.

„Braucht er noch etwas?“, fragte ich besorgt nach.

„Nee dem geht’s gut. Morgen ist er wieder ganz der Alte.“ Grunzte Matt vor sich hin. „Quatsch nicht hilf mir lieber.“ Hörte ich Corvin sagen. „Nacht Sarah!“, schloss er die Tür. Dann war er also doch zu seinen Freunden gegangen und kuschelte ich mich auf dem Sofa ein.

Früh am nächsten Morgen hörte ich meinen Vater aufstöhnen. Leise vor sich hin fluchend schlurfte er ins Bad. Das Getöse, das er veranstaltete weckte noch die umliegenden Schläfer. Ergeben machte ich mich auf um meinen Vater zu helfen. „Vlad?“, rief ich ihn leise.

„Komm nur herein!“, forderte er mich barsch auf. Na da hatte jemand aber einen Kater. Konnten Vampire überhaupt einen bekommen? Oder schüttelten sie sich solch ein Gesöff wie das von Diederich einfach so ab? Nach seinem Ton musste er an den Folgen des gestrigen Konsums leiden. Gewappnet trat ich ins Bad und konnte nicht glauben, was ich sah. Vlad stand vor dem Spiegel und versuchte den aufgemalten Bart zu entfernen. Dabei schimpfte er vor sich hinmurmelnd. „Das werden sie bereuen. Einfältige Neandertaler. Nichtsnutze. Idioten.“ Er sah mich böse an, „Na los! Lach schon!“ knurrte er mich gefährlich an.

Ich biss mir auf die Zunge. Keineswegs wollte ich das erste Opfer seiner miesen Laune werden. „Vielleicht solltest du Nagellackentferner oder Verdünner verwenden. Mit Wasser und Seife bekommst du das nicht ab.“ Begutachtete ich den Schaden. Dabei musste ich ehrlich zugestehen, das der Maler sich sehr bemühte den Bart naturgetreu aufzumalen.

„So! Meinst du, ich weiß das nicht. Hast du vielleicht was von dem Zeug?“ Fuhrwerkte er in dem Schrank herum, dass alles daherflog.

„Nein habe ich nicht. Soll ich Rosmerta fragen?“

„Das fehlte mir auch noch!“, schrie er mich an. „Das alte Weib käme sofort mit ihrem klapprigen Körper hinter dir her. Darauf kann ich verzichten.“ Fuchtelte er mit dem Handtuch vor meinem Gesicht herum, das ich wortlos aus dem Bad flüchtete. „Das kann hier noch dauern!“ schlug er laut krachend die Tür zu.

„Ich muss aber mal!“ pochte ich dagegen. „Außerdem kannst du reiben, bis du schwarz wirst. Das geht so nicht ab!“ Fuchsteufelswild kam mein lieber verständnisvoller Vater, der er einmal war, hinaus gestürmt. Mordgedanken in seinen Augen. „Geh!“, knurrte er mich gefährlich an. Ich huschte an ihm vorbei und erledigte meine morgendliche Toilette in Windeseile. Aus Angst er käme zornentbrannt herein.

 Während der gesamten Zeit, in der Nähe meines Erzeugers, wagte ich es nicht auch nur einmal zu grinsen. Mir taten meine Backenknochen dermaßen weh das Ich dachte, ich könnte sie nie wieder öffnen. So beeilte ich mich, aus seiner Reichweite zu kommen. Ich wollte einen geschützten Ort, an dem ich mich von seinem Angesicht erholen konnte. Ich wollte mich ganz einfach kugelig lachen. Als ich endlich hinausstürmte, rannte ich fast in Corvin hinein. Der mich mit blitzenden Augen und einem teuflischen Grinsen empfing. „Wohin so eilig?“, fragte er honigsüß, „Etwa dicke Luft im trauten Heim?“

„Du? Du warst das?“ beschuldigte ich ihn sofort.

„Sicher! Warte ab bis Diederich aus seinem Koma erwacht. Das wird das gesamte Tal erschüttern. Wie ist denn dein Dad so drauf? Sagen wir auf einer Skala von eins bis zehn.“

„Hundertachtzig! Wie konntest du nur?“

„Gut sehr gut. Hat er dir seine Brust gezeigt?“ wollte der Attentäter frohlockend wissen.

„Nein“ ich wollte erst gar nicht fragen, was er angestellt hatte. Mein armer Vater litt schon so genug. Doch Corvin erhaben über solche noblen Gefühle klärte mich ungeniert auf. „Eigentlich habe ich die Idee von dir.“ Konnte er sein wölfisches Grinsen nicht zurückhalten und nahm eine Haarsträhne auf. „Dein ungewöhnliches Geschenk.“ Sinnierte er. Für einen Augenblick verlor seine Miene jegliche Heiterkeit. „Ich schnitt Diederich eine Strähne aus seinem Schopf und klebte sie schön kurz gestutzt Vlad auf die Brust.“ Grinste er nun wieder.

„Gott wie konntest du nur?“, fragte ich ihn ernsthaft.

„Wie? Ganz einfach. Du weißt ja nicht, was die Beiden noch für ein reizendes Geschenk für mich bereithielten. Das schrie geradezu nach Rache.“ empörte sich der Vampir nun. Ich war klug genug nicht danach zu fragen. Mein Magen knurrte unüberhörbar das nahm ich als Vorwand, mich von Corvin zu lösen. Aber er kam hinter mir her.

„Was soll das?“, fragte ich genervt. Er sah mich mit unschuldig dreinblickenden Augen an. „Das siehst du doch. Ich begleite dich. Wie sonst soll ich dich sonst überzeugen? Ein Verehrer verhält sich doch so, oder nicht? In dieser Beziehung bin ich ein wenig auf menschliche Bücher angewiesen.“ Erklärte er mir unbeholfen.

„Auf  menschliche  Bücher?  Welche  hast  du  denn  zu  Rate  genommen?“  ich  nahm  ihm  seine  angebliche Unwissenheit nicht ab.

„Hauptsächlich Romane. Aber Sarah erwarte nicht von mir, dass ich wie ein Blödian um deine Gunst heische. Das liegt mir nicht. Solch ein schwülstiger Aufwand, da bekomme ich doch glatt eine Gänsehaut.“ Schüttelte er sich angewidert.

„Welches Buch hast du denn speziell gelesen.“ Ich wusste nicht genau, wovon er sprach, hegte aber einen bestimmten Verdacht.

„Meine Mutter! Sie hat mir auf eine recht unmissverständliche Art gesagt, dass ich dich nicht ins Bett zehren darf. Noch die richtigen Stimuli darf ich verwenden. Es wäre doch so einfach“ seufzte er, „ein kleiner Schubs in die richtige Richtung…“

 Ich unterbrach ihn. „Du meinst mit Schubs, beeinflussen! Nehme ich an?“ sein Grinsen sagte mir genug. „Na dann kann ich mich ja bei deiner Mutter bedanken.“ In mehrerer Hinsicht zu einem landete ich nicht in seinem Bett. Dafür hing er mir jetzt auf der Pelle. Was von beiden schlimmer war, wusste ich noch nicht.

„Ah du bist grausam! Mein Herz darbt nach Liebe und du. Du entsetzliches Weib zerstörst meine Hoffnungen.“ Klagte er sein Leid laut in jammervoller Pose.

„Hör ja auf!“ musste ich lachen, als er wie ein geprügelter Hund neben mir herging.

Inzwischen standen wir vor dem Küchenzelt. „War nett mit dir zu plaudern!“ verabschiedete ich mich von ihm. Das reichte mir erst einmal für die nächsten Tage. Zuviel von Corvin konnte ich nicht ertragen. Nicht in meiner Gemütsverfassung, ich wollte mich von ihm fernhalten. Damit ich endlich meine Gefühle für ihn in die richtigen Bahnen lenken konnte. „Genau das verhindere ich, meine Füchsin.“ Raunte er mir leise zu und betrat direkt hinter mir das Küchenzelt. Das war der Auftakt zu einigen intensiven Wochen. Nur des Nachts war er körperlich nicht anwesend. Dafür plagten mich meine Gedanken umso mehr. Zuerst waren meine Freunde schockiert, als er sich ungeniert mit an den Tisch setzte. Vor allem Eric, Till und Endris bekamen den Mund nicht mehr auf. Doch dank Hendriks und Matts Unbekümmertheit in Umgang mit Corvin legte sich die anfängliche Scheu. Seit diesem Tag fand ich ihn ständig an meiner Seite wieder.

Natürlich nutzte er jede Gelegenheit, um mich herauszufordern. Er verlangte sogar, dass meine Freunde auf meine Meinung bestanden. So manches Mal wollte ich ihn erwürgen und das war eine der milderen Mordgedanken. Meine liebste Fantasie war ihn langsam Stück für Stück das Fell über die Ohren zu ziehen. Jedenfalls kostete ich diese Träumereien aus. Sie waren besser als mir vorzustellen, wie er meinen nackten Leib liebkoste. Was ich mir eindringlich verbot.

Zudem nutzte er jede Möglichkeit, um mich zu berühren. Sei es ein Streicheln über den Arm. Ein Kurzes an sich drücken. Er wandte dreist jeden Trick an, denen ich hilflos ausgeliefert war. Besonders während des Trainings, wenn  wir  die  Balanceübungen  einstudierten,  fiel  ich  unerklärlicherweise  immerzu  hin  und  auf  ihn.  Was  er ausnutzte, um mich an sich zu pressen und mir angeblich einen freundschaftlichen Kuss zu verabreichen. Gerade dort wo er nackte Haut fand.

Außerdem behielt Marsé ihre allabendlichen Gesellschaften ab. Bei deren ich zu erscheinen hatte, dies war ein indirekter Befehl, dem wir alle Folge leisten mussten. Noch nicht einmal mein Vater konnte sich dem widersetzen. Als er bemalt und beklebt sich rundheraus weigerte, an der geselligen Runde teilzunehmen musste er sich der Macht der Frau beugen. Sowie Diederich der einem Berserker gleich wütend durch das Dorf heulte. Dort erfuhr ich dann von Henry, der sich über die nächtlichen Begebenheiten köstlich amüsierte. Diederich erzählte Vlad von seinem Auftritt mit dem roten Schal. Und mein Vater zuweilen ein Schelm setzte sich in aller Heimlichkeit hin. Er strickte aus roter Wolle einen schalartigen Lendenschurz. Den er Corvin in männlicher Runde nicht nur überreichte, sondern mithilfe Diederichs kunstvoll an das Geburtstagkind drapierte.

 Noch während Henry mir die detaillierte Schilderung erzählte. Kam mein Vater hinzu, übel gelaunt setzte er sich schmollend hin. Corvin lauschte mit stoischer Miene, dabei sah er Vlad anzüglich an. Je weiter Henry die Vorgänge berichtete konnte Vlad nicht umhin ein Lächeln zu unterdrücken. Bis er laut herausplatzte. „Hast du deiner Mutter und deiner Angetrauten dein neuestes Kleidungsstück schon vorgeführt?“ lachte er auf den Tisch klopfend vor sich hin.

Alle Anwesenden betrachteten Corvin mit Vorsicht. Außer Diederich, der sich kämpferisch vorbeugte. „Wenn du Probleme hast, dieses wunderschöne Teil anzuziehen werde ich dir sehr gern dabei behilflich sein.“ Grinste er Krieger süffisant. Corvin überhörte das Angebot, „Es tut mir leid Vlad, aber ich glaube ich habe dein Geschenk verlegt.“

Henry griff lächelnd in die Tasche. „Es ist gut das Du eine so fürsorgliche Familie besitzt, mein Guter. Ich habe das Teilchen sicher für dich aufbewahrt.“ Hielt er das Korpus Delikti mit gespreizten Fingern in die Höhe.

Sofort schnappte Marsé danach und hielt es sich vor dem Bauch. Völlig ernst meinte sie, „Das ist eine sehr geschickte Handwerkskunst. Corvin du solltest dieses Geschenk in Ehren halten. Zieh es doch mal an!“ lachte die Frau, es ihm unter die Nase haltend. Corvin zog solch ein angewidertes Gesicht, das sich nun keiner mehr halten konnte. Worauf er seine stoische Haltung endlich aufgab. Später zeigte Vlad seine behaarte Brust. Einen Moment dachten wir wirklich Diederich wolle sich auf Vlad stürzen und seine gestohlene Haarpracht - Härchen für Härchen zurückholen. Das sah Vlad auch so, warnend blickte er Diederich an der sich beleidigt zurückzog. „Na dir steht die Haarfarbe jedenfalls nicht.“ offenbarte er barsch, dem Freund.

„Ich weiß nicht. Ich könnte mich an den Pelz gewöhnen.“ Kratzte er sich affenartig die behaarte Brust.

Mit den Tagen verlor die Farbe an Kraft - ebenso verflüchtigten sich die Haare auf der Brust. Die gegenseitige Spöttelei wurden weniger.

Nicht das es nur die belustigte Sache gab. Nein, Corvin vergaß meine seltsame Einstellung in seiner Firma nicht. Er kontaktierte den Personalchef und bat um Auskünfte. Des Weiteren mailte Alia, die Fotos meiner Mutter. Wie sich zu meiner Erleichterung herausstellte, war es weder die Frau auf den Fotos noch Inga Zimmermann. Vlad holte seine wenigen Fotos hervor und zeigte sie mir. Es war offensichtlich, er hing noch immer an ihr. „Es muss etwas geschehen sein. Irgendetwas, was ich mir nicht erklären kann. Ich kenne deine Mutter, sie wäre unfähig ihr Kind herzugeben. Sie liebte mich und dich. Kein Mensch kann sich dermaßen verstellen.“ Versuchte er ihre Taten zu rechtfertigen.

Anscheinend doch! Aber ich sagte es ihm nicht. Später als ich mit Corvin allein war sprach ich davon. „Was meinst du?“ einer seiner Lieblingsfragen im Moment. Manchmal hasste ich ihn regelrecht dafür.

„Ich weiß es nicht. Ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, dass man Vlad so hinter das Licht führen kann. Andererseits, wenn er verliebt war. Wer weiß, was er alles nicht wahrhaben wollte. Es ist schwierig.“

 „Ja du hast recht. Ich denke wir werden im Frühling einen Abstecher in deine alte Heimat machen. Vlad wird keine Ruhe finden, solange er im Ungewissen ist.“ Wenn wir zurück nach Deutschland reisten, konnte ich mich an der Suche beteiligen. Danach wollte ich mein altes Leben aufnehmen.

So dachte ich vor einigen Wochen. Inzwischen vermisste ich ihn schmerzlich. So wie gerade jetzt, als wir gemeinsam im Küchenzelt saßen und nur Corvin fehlte. Wie er sich in mein Herz schlich. Musste ich mich endgültig geschlagen geben? Anfangs vermied ich jeden Körperkontakt, scheute vor seinen Berührungen, die er mir aufzwang. Nun fehlte er mir. Nicht nur seine Wärme in meinen Rücken. Nein er im Ganzen. Ich konnte es nicht beschreiben. Auch wenn ein Sturm über das Dorf hinwegfegte, schien für mich die Sonne, wenn er an meiner Seite war.

Ich spürte neben mir eine Bewegung. Corvin setzte sich ohne ein Wort zu mir und zog mich an sich. „Ich habe dich vermisst.“ Wisperte ich in sein Ohr, während ich mich in seine Arme kuschelte.

„Ich weiß.“ Hauchte er mich liebevoll drückend. Ich musste ihn ansehen. Er sah zu mir hinab und seit langer Zeit erwiderte ich seinem Blick. Der mich sofort warm umfing. Ich vergaß alles rund um mich herum, nur er zählte. Mein Herz tanzte mit meinen Eingeweiden Samba. Langsam senkte er den Kopf, er sah mich bittend, fragend an. Ich kam ihm entgegen, sacht voller Zärtlichkeit berührten sich unsere Lippen. Es war ein kurzer flüchtiger aber intensiver Moment, der von allen Anwesenden registriert wurde. Was mich in Verlegenheit brachte, die Corvin auch noch steigerte, als er mich enger an sich zog. Dieser Lump konnte es einfach nicht lassen! Aber gerade das liebte ich an ihm.

Von nun an verbrachten wir mehr Zeit miteinander. Er holte mich morgens wie gewohnt ab, auch gingen wir gemeinsam zum Training. Das meistens in einem Fiasko endete. Denn wir steckten alle mit unserer überschäumenden guten Laune an. Statt unsere Übungen zu absolvieren, alberten wir vergnüglich herum. Einmal schritt Diederich ein und warf uns vom Trainingsgelände. Corvin hatte nichts Besseres zu tun, als einen Schneeball zu formen. Der Auftakt zu einer Massenschlacht. An diesem Tage dachte keiner mehr ans Training. Sogar bei meinen Pflichtaufgaben blieb Corvin im Küchenzelt, bis er grinsend ein Messer ergriff und mir half. Der entsetzte Küchenchef kam vor lauter Empörung nicht zum Kochen. Bis Corvin ihm androhte, sich selbst an den Kochtopf zu stellen. Oftmals verzogen wir uns in die Bibliothek und Corvin las etwas vor. Meistens nicht lange, denn er regte sich über das Verhalten der verschiedenen Romanfiguren auf. Was mich wiederum reizte dagegenzuhalten.

Zu dem Beisammensein bei Marsé holte er mich nun jeden Abend ab. Vlad zog es vor allein zugehen. „Ihr seid mir zu albern.“ War seine beliebteste Ausrede. Im Stillen dankte ich ihm. Hatten wir doch wenigstens auf den Weg dorthin, noch ein paar Minuten für uns allein. So begleitete er mich auch zurück. Eines Abends meinte Corvin. „Was hältst du davon, wenn wir heute einfach schwänzen? Ich habe keine Lust mir die alten Geschichten anzuhören.“

„Können wir das denn?“

„Wir tun es einfach. Meine Mutter wird es verkraften, wenn wir mal nicht erscheinen.“ Ich nickte, mich diebisch freuend. „Wohin?“

„Bibliothek! Ich möchte zu gern wissen, ob dieser Geck von einem Mann endlich seinen Mund aufmacht.“

„Werden sie uns nicht suchen? Und dann die Bibliothek stürmen?“ fragte ich mich unbehaglich.

„Nein ich glaube kaum.“ Zog er mich fort. In der Bibliothek erwartete uns eine Überraschung. Ein Pärchen floh erschrocken auseinander, als wir eintraten. Corvins böser Blick traf das Paar, das daraufhin schnell das Weite suchte.

„Na wie habe ich das gemacht?“, fragte er mich voller Stolz.

„Eigentlich tun mir die Beiden leid. Sie haben wahrscheinlich keine Möglichkeit sich näherzukommen.“

„Dann sollten sie sich einen abgeschiedenen Ort suchen. Dieser Raum ist öffentlich zugänglich.“ Grinste er unverschämt.

„Was bist du doch für ein gestrenger Herr.“ Knuffte ich ihn in die Seite. Er nahm wehklagend das Buch zur Hand und setzte sich auf das gemütliche Sofa. Nur zu gern schmiegte ich mich an ihn. Eine Weile las Corvin vor, dann fing er wieder an, sich über den Mann aufzuregen. Nach seiner Meinung könnte er seiner Liebsten nun endlich mal ein Wort gönnen.

„Versteh doch seine Lage. Er hat nichts und sie ist aus reichem Hause. Zur damaligen Zeit wurde auf ein vernünftiges Arrangement geachtet. Das müsstest du doch wissen.“

„Trotzdem sollte er es ihr sagen. Den Mund kann ihm ja keiner verbieten. Wenn sie ihn nicht will, weiß er endlich, woran er ist.“

„So wie du? Sag mal, wie viele junge Damen aus reichem Hause, hast du denn deine Liebe gestanden?“ neckte ich ihn am Ohr ziehend.

„Das habe ich in meinen ganzen Leben nur einer Frau gesagt. Die gleich darauf an meinen Verstand zweifelte.“ Zog er mir ins leicht ins Haar.

„Ah ja! Und du? Wie bewältigst du die schwierige Situation?“ atemlos wartete ich auf seine Antwort. Was aus einem Scherz geboren wurde, wurde nun ernst.

„Ich kämpfe jeden Tag um ihre Liebe. Nein das ist nicht richtig – ich bin im Vorteil, gegenüber unsers armen Romanhelden. Denn ich weiß, meine Liebe wird erwidert. Ich warte auf ein Zeichen des Verzeihens. Das werde ich solange, bis sie es einsieht, oder ich meinen letzten Atemzug tue.“

„Solange?“, fragte ich scherzhaft, um der Anspannung zu entgehen.

„Sogar noch länger Sarah.“ versank sein Blick in meine Augen. Ich konnte dem nicht entgehen, wollte es auch nicht. Zögernd fanden seine Lippen meinen Mund. Der Kuss zog sich endlos hin, er war ein kennenlernen, ein suchen. Ich gab mich diesen unschuldigen Kuss hin. Leise flüsternde Worte von Liebe wechselten wir. Unterbrochen von leichten Küssen. Es hatte nichts mit der drängenden Begierde zu tun, die Corvin sonst so eigen war.

Mit einem Ruck wurde die Tür aufgerissen. Erschrocken fuhren wir auseinander. Rosmerta stand mit kritischen Blicken, drohend vor uns. „Ihr wurdet heute Abend vermisst!“, sagte sie vorwurfsvoll. „Es ist spät! Sarah du solltest ins Bett gehen.“ Sie warf mir einen aufmerksamen Blick zu, bevor sie die Tür hinter sich verschloss. Ganz dem gerade Erlebten nachgehend, starrte ich auf dem Punkt, an dem Rosmerta gerade noch stand. Corvin lachte leise in sich hinein.

„Weißt du was?“, meinte er amüsiert. „Ich fühle mich gerade wie ein Jüngling, der erwischt wurde. So muss sich das Pärchen vorhin gefühlt haben.“ Lachte er mich an. Grinsend schmiegte ich mich an ihn. „Und das in deinem Alter! Das soll schon was heißen.“ Küsste ich ihm am Halsansatz.

„Du solltest jetzt wirklich besser zu Bett gehen Sarah“, seufzte er verhalten. Im Grunde wollte ich mich nicht von ihm trennen. Doch in seinem Blick lag solch eine glühende Leidenschaft, dass ich fürchtete, seine Selbstbeherrschung zu zerstören. Gerade das wollte ich nicht. Nicht zu diesem Zeitpunkt. Zu sehr genoss ich die unbeschwerte Zweisamkeit, den leichten Umgang mit ihm. Das Kennenlernen, vertrauter mit ihm zu werden. All das wollte ich nicht aufgeben. Noch nicht. Corvin respektierte mein Zögern, wofür ich ihn noch mehr liebte. Wusste ich doch, wie heftig sich die Vampire der Leidenschaft hingaben. Von nun an zogen wir uns immer mehr zurück. Nur zu den Mahlzeiten sah ich meine Freunde.

Sie zürnten mir nicht. Im Gegenteil sie schmunzelten und mussten natürlich ihre kleinen spitze Kommentare abgeben. Ich nahm mir gerade einen Teller, als Hendrik quer durch den Raum rief. „Sarah Sardovan“, betonte er den Nachnamen, „Beeile dich, dein Freier, wird schon ganz unruhig. Nur weil du drei Meter entfernt bist.“

„Ja wirklich! Ich frage mich wie sie das aushalten?“ mischte Till gleich mit.

Ich kümmerte mich nicht darum und füllte meinen Teller, als Isabel neben mir erschien. „Ich glaube Rosmerta sucht dich Sarah. Ich habe vorhin gehört, wie sich ein Junge nach dir erkundigte.“

„Danke Isabel. Ich gehe gleich zu ihr.“ Was konnte sie wollen? Fragte ich mich noch, als ich mich zu Corvin gesellte. Wenn ich fertig war, wollte ich sofort zu ihr gehen. Corvin war in einem Gespräch mit einem Vampir vertieft. Es schien etwas Dringendes zu sein. Da wollte ich nicht stören. Er warf mir einen auffordernden Blick zu, also ging ich zu ihm.

Kapitel 22

Er nahm mich ganz natürlich in den Arm und zog mich an sich. Dem Vampir störte es nicht im Geringsten, er nickte mir kurz freundlich zu und erklärte Corvin sein Anliegen. Entschuldigend unterbrach ich ihn. „Corvin. Rosmerta sucht mich, ich gehe schon einmal vor und frage, was sie auf dem Herzen hat.“

„Ist gut.“ Drückte er mir einen Kuss auf die Lippen, „Ich, komme gleich nach.“ Sagte er.

„Nein, nein, ich möchte gleich noch etwas von dem Nachtisch verputzen.“ Grinste ich ihn schelmisch an. Corvin verdrehte die Augen und ließ mich los.

Bei Rosmerta öffnete nur ein Junge, der mich unterrichtete das Rosmerta im Lager sei. So begab ich mich dorthin. Auch im Lager fand ich keine Spur von ihr. Ich machte mich auf den Rückweg, als ich einer Frau begegnete, die mir sagte das Rosmerta im äußeren Lager sei. Ich wandte mich dorthin und wunderte mich. Was wollte sie im äußeren Lager? Dort verstauten wir hauptsächlich Gegenstände, die der Witterung ausgesetzt werden konnten. Unter anderem auch Hühner und Kaninchen. An den Ställen vorbeigehend rief ich nach Rosmerta. „Hier hinten“, hörte ich sie krächzen. Was machte sie nur dort? Meines Wissen stand dort nur Werkzeug Feuerholz … ich erstarrte zu einer Salzsäule.

Vor mir stand ein Mann mit gezücktem Messer. „Rosmerta?“, hauchte ich betroffen, was hatte der Mann ihr angetan? Er stürzte sich augenblicklich auf mich. Ich weiß nicht warum. Waren es die endlosen Trainingsstunden? Jedenfalls konnte ich dem Angreifer ausweichen und mich weiter in den Lagerraum verziehen. Der Mann war groß und musste sich vorsichtiger an dem hochgestapelten Holz vorbeizwängen. Während ich flotter vorankam. Er fluchte leise, kam aber hinter mir her.

Wohin? Fragte ich mich gehetzt. Ich versuchte mich zu erinnern, wie die Waren gelagert waren. Wie konnte ich dem Mann entkommen? Und stürzte auf die nächste Reihe zu, das war ein Fehler. Hier war für den Mann genug Platz, schnell holte er auf. Er trieb mich wie Vieh, weiter in den Stollen hinein, was ich eigentlich vermeiden wollte. Doch an ihm vorbei kam ich nicht. So schnell wie meine Füße  es vermochten lief ich weiter. Dabei verlor ich die Orientierung. Hoffnungsvoll sah ich mich um, ohne Erfolg ich fand keinen Hinweis, wo ich mich genau befand. Das hatte mich einen Teil meines Vorsprungs gekostet. Hektisch spurtete ich weiter. Das war ein Fehler!

Ich musste notgedrungen anhalten. Ende! Eine nackte Felswand ragte vor mir auf. Von hier gab es kein Entrinnen mehr. Das wurde auch dem Mann bewusst, er verlangsamte seine Schritte.

Fast schlendernd kam er auf mich zu. „Na das klappte ja besser, als ich dachte.“ Sagte er selbstzufrieden. „Hier unten hört dich niemand!“ lächelte er fies, dabei leckte er sich genüsslich die Lippen. „Ja, ja, ich werde meinen Auftrag in jedem Punkt erfüllen. Für mich gibt’s sogar einen Extrabonus.“ Sprach er mehr zu sich selbst, dabei glitten seine Augen lüstern über meinen Körper. Vor Angst war ich wie gelähmt. Wovon sprach er? War das geplant?

Die nächsten Worte klärten mich grundlegend auf. „Du bist selbst schuld. Warum musst du auch mit dem wieder was anfangen? Wälzt dich wohl gern mit dem Blutsauger herum? Was? Aber nun zeige ich dir, wie ein richtiger Mann es einem Mädchen besorgt. Da wirst du gern auf das Monster verzichten.“ Nestelte er bereits an seiner Hose.

 Alles! Nur das nicht, wimmerte ich innerlich auf. Alles krampfte sich in mir zusammen, ich bestand nur aus einem Klumpen Angst und Entsetzen. Corvin! Schrie ich in meiner Not, doch kein Ton entrang meiner Kehle. Ich drückte mich noch enger gegen die Wand. Der Mann kam mit auf mich gerichteten Messer näher.

„Dreh dich um!“, befahl er schließlich, „Eine Hündin wie du sollte von hinten genommen werden. Na mach schon!“ schlug er mir ins Gesicht. Mit solch einer Wucht, dass ich benommen gegen eine Kiste fiel.  Der Angreifer lachte vor sich hin. „ja, ja, so ist gut. Bleib so!“ trat er von hinten an mich heran und rieb sich an meinen Po. Er stöhnte widerwärtig auf. „Das wird spaßiger als ich dachte.“ Fummelte er mit einer Hand an meiner Hose.

Diesmal schrie ich auf, wehrte mich. Sofort spürte ich die kalte Klinge an meinen Hals. „Eine Bewegung und ich schlitze dich auf. Danach mach ich mich über dich her, noch während du um dein erbärmliches Leben röchelst. Das schwöre ich dir!“ drängte er mich gegen die Kisten. „Anschließend geh ich zu der Alten und schiebe ihr die Krücke in die Eingeweide.“

„Rosmerta lebt?“, fragte ich erleichtert.

„Noch! Das liegt ganz an dir! Wenn du dich nicht wehrst, geschieht der Alten nichts. Du bist mein Auftrag, die Alte war nur Mittel zum Zweck. Sei also schön brav, dann verschone ich die Alte.“

 

Was blieb mir übrig? Ich nickte. Trotzdem behielt er das Messer an meinen Hals. Wieder rieb er sich und geilte sich auf. Dabei schnaufte er wie ein Dampfross. Grob nestelte er an meiner Hose. Leckte meinen Nacken und biss fest, ins Ohr. Ich unterdrückte den Schrei, der sich in meiner Kehle bildete, aus Angst nie wieder aufhören zu können. Das schien den Meuchler gar nicht zu gefallen, denn das nächste Mal rammte er seine Zähne in meinen Hals.

„Das kennst du wohl schon? Was? Bist du so unempfindlich oder tust du nur so?“ wieder biss er zu, diesmal im Nacken. Ich schrie und schrie! Während er wie ein tollwütiger Hund an meinem Fleisch riss. „Schrei! Ja schrei! Das mag ich!“ geiferte er, als er endlich von mir abließ. Schließlich des Spielens müde zog er mir die Hose hinunter. „Echt geilen Arsch hast du.“ Befummelte er mich. „Macht Spaß was? Ein richtiger Mann! Nicht so ´n dahergelaufener Blutsauger, he. Halt schön still – denk an die Alte – ich will mal deinen Arsch schmecken.“ Dann schlugen seine Zähne erneut zu.

Ich schaltete innerlich ab. Das passiert dir nicht. Das passiert dir nicht. Sagte ich mir immer wieder. „Na los, mach die Beine breit, jetzt vögle ich dich wund…“ Ein gurgelnder Laut ertönte hinter mir. Das Messer fiel klirrend zu Boden. Ich wurde aufgehoben „Sarah? Sarah?“ hörte ich Corvins Stimme.

Erleichtert schluchzte ich auf. Schlang meine Arme fest um ihn, hielt ihn umklammert wie eine Ertrinkende. Der Mann am Boden stöhnte schmerzhaft auf. „Er hat mich gezwungen, Rosmerta…, er wollte…“ meine Stimme brach ich konnte das Entsetzliche nicht aussprechen.

 Der Mann lachte höhnisch auf, „Du geiles Miststück! Erzähl keine Lügen…“ Corvin riss sich von mir los. Mit einem lauten Knurren hob er den Mann auf und biss ihn in den Hals. Wie eine Puppe schleuderte er ihn fort. Mit blutunterlaufenen Augen stand Corvin einfach nur da. Außer sich vor Zorn bebte er, „Das solltest du nicht sehen, aber ich, ich…“, hielt er inne und wischte sich angeekelt das Blut vom Mund. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich war geschockt und erleichtert zugleich. Meine Hose haltend stürmte ich auf ihn zu. Corvin sah erschreckt auf, „Es ist gut das Du gekommen bist. Ich bin nur froh, dass er …“ ich zögerte, „…weg ist“ vollendete ich den Satz.

„Wirklich? Du fürchtest dich nicht vor mir? Du ekelst dich nicht? Vor dem was ich tat?“ sah er mich verblüfft an. Nein das wirklich nicht. Ich war erschrocken ja, aber ich fürchtete mich nicht oder ekelte mich vor ihm. Der Mann, der rief Ekel hervor. Ich roch noch seinen Atem, spürte seinen Speichel im Nacken. Ja, das war Ekel aber nicht vor Corvin.

„Du überrascht mich immer wieder, Füchsin. Wo hat er dich verletzt? Ich rieche dein Blut, du musst eine Verletzung haben.“ Betrachtete er mich prüfend.

„Er hat mich gebissen.“

„Warte lass mich sehen. Dieser Lump er hat…“ er verstummte abermals vor Zorn, wandte sich dem Mann zu, als wolle er sich darauf stürzen.

„Bitte Corvin lass uns gehen, ich möchte duschen und den Gestank von diesem Meuchelmörder loswerden.“ Dann fiel mir Rosmerta wieder ein, sie musste sich irgendwo in einer Notlage befinden. Mit schlechtem Gewissen wies ich Corvin darauf hin.

„Rosmerta ist bei meiner Mutter. Ich habe sie zusammen gesehen, als ich sie fragte, wo du bist. Da spürte ich deine Angst. Du hast nach mir gerufen Sarah, ich dachte ich käme zu spät. Als ich sah … ich … Gott ich lasse dich nie wieder aus den Augen, das schwöre ich dir.“ Nahm er mich fest in die Arme und trug mich in sein Zimmer.

Er machte kurzen Prozess mit meinen Sachen und riss sie mir vom Leib anschließend landeten sie im Feuer. „So! Das wollte ich schon lange.“ Grinste er mich an.

„Darf ich deine Dusche benutzen?“

„Merke dir eines Sarah, es ist unsere. Und noch eines, ich werde dich nicht mehr gehen lassen. Warte, bevor du dich aufregst. Ich werde dich weiterhin nicht bedrängen. Besonders nicht nach diesem Erlebnis, aber du wirst in meiner Nähe bleiben. Und wenn ich nicht kann, wirst du einen Leibwächter akzeptieren. Zu deiner eigenen Sicherheit. Darüber diskutiere ich nicht.“ setzte er seine stoische Miene auf. Ich nickte nur und ging ins Bad. Das warme Wasser tat unendlich gut. Ich schrubbte mich mehrmals ab. Doch noch immer hatte ich das Gefühl, beschmutzt zu sein. Wie in Panik ergriff ich immer wieder die Seife schrubbte und spülte mich ab.

 Ich bemerkte gar nicht das nur noch kaltes Wasser kam. Es machte nichts. Ich wollte die derben Finger vergessen. Wie er sich an mir rieb. Meinen Wunden auswaschen mich vom Speichel befreien. Es blutete. Nur dieser Geruch und der Speichel, er musste weg. Erneut griff ich zur Seife. „Es reicht Sarah!“ nahm Corvin mir die Seife ab. „Deine Wunden müssen versorgt werden. Es reicht.“ Sagte er milde. Dann hüllte er mich in ein Handtuch. Tränenlos schluchzte ich auf. Vergrub mich in die Tiefen des Handtuchs und wendete mich von Corvin ab. Beschämt über das, was mir der Mann antat.

„Bitte nicht das. Wende dich nicht von mir ab, Sarah..“ Ich wollte nicht hören. Wäre ich doch nicht in das Lager gegangen. Es war meine Schuld! Ich hätte es wissen müssen. Was sollte Rosmerta auch dort wollen. Ich hätte es wissen müssen. „Es ist der Schock Sarah. Du konntest es nicht wissen. Woher denn auch?“ hob er mich auf.

„Lass mich runter!“, bat ich ruhig.

Etwas konfus ließ er mich schließlich hinunter. „Danke“ ich fühlte mich innerlich ausgelaugt. Zu viele Gedanken und Gefühle stürmten auf mich ein. Der Wichtigste was dachte Corvin über mich? Beschmutzt, wie ich war. Er musste doch ständig das Bild vor Augen haben. Zitternd schlug ich das Handtuch fester um mich.

„Ich möchte jetzt in mein Zimmer gehen.“ Meinte ich. Dabei konnte ich Corvin nicht ansehen, zu sehr brannte die Scham in mir. Aus dem Nebenraum drangen laute Stimmen. Oh Gott auch das noch! Das Unvermeidliche geschah, es klopfte.

„Ich gehe da raus.“ Deutete ich auf die andere Tür. „Denn ich möchte jetzt niemanden sehen.“ Corvin bewegte sich zur Tür und wieder in meiner Richtung, er wusste nicht wohin zuerst. Mit einem Satz holte er mich ein. „Nein! Du bleibst!“ die Tür öffnete sich einen Spalt. „Raus!“, bellte Corvin befehlend. Sofort wurde es ruhig im Nebenraum.

„Zuerst zu uns. Ich lasse dich nicht gehen, denn ich lass nicht zu das das Geschehene zwischen uns tritt. Das würde es Sarah, ich spüre deinen Unwillen, kenne deine Gedanken. Deshalb wirst du bleiben! Du bist völlig durch den Wind. Und erst wenn du wieder normal tickst, gehen wir gemeinsam hinaus.“ Sagte er entschlossen.

Er stürmte zum Nebenraum, „Zu euch. Der Mann ist ein Attentäter, ich will alles über ihn wissen. Alles! Ich erwarte in zwei Stunden einen detaillierten Bericht.“ Stille senkte sich über den Raum nebenan. Ich hörte Vlad, „Ich will meine Tochter sehen.“

„Nein Vlad nicht so. Nicht in diesem Zustand, in dem sie sich gerade befindet.“

„Sie ist meine Tochter“ beharrte er.

„Und meine Frau! Vor allem meine Frau. Bitte Vlad gib mir die Zeit.“ Er gab darauf keine Antwort. Ich blieb still. So still, wie es in mir war. Außer der Erinnerung, die Erinnerung des Mannes der…

 „Hör auf damit. Was ich jetzt tue Sarah ist zu deinem Besten.“ Hörte ich ihn, als er mich umarmte. Ich ließ es widerwillig geschehen. Was wollte er mir schon antun. Egal. Warum nur ging ich in diesem Lagerraum, warf ich mir vor. Wohlige Wärme brandete auf. Beruhigend und sacht umschmeichelte sie meine Gedanken. Das Geschehene trat in den Hintergrund ich fühlte mich leicht. Erleichtert geradezu euphorisch. Warum? war ich gerade noch betrübt? ach egal.

Der geliebte Mann hielt mich eng umschlungen und küsste mich liebevoll. Ich beugte meinen Kopf ein wenig, damit er besser meinen Hals küssen konnte. Ich wollte, dass er mich küsste, überall. Mein Körper vibrierte vor Lust, ich wollte, dass er mich liebte, so unsäglich sacht liebte, wie er mich küsste. Warum liebte er mich nicht?

Ich wachte auf aus einem wunderschönen Traum. Voller Harmonie und Glückseligkeit. Der Nachhall hielt nicht lange an. Sofort kam die harte Realität zum Vorschein und gewann die Oberhand. Ich griff zum Ohr und in den Nacken, sie waren verbunden. Erst jetzt bemerkte ich Corvin, der am Ende des Bettes saß und mich still beobachtete. Ein wehmütiges Lächeln umspielte seinen Mund. „Wie geht es dir?“, fragte er leise, dass ich ihn kaum verstand.

„Gut“, log ich. Wie konnte er mich nur so ansehen? Nachdem was er sah, er musste doch vor…

„Nein Sarah. Du irrst dich. Ich sehe nur dich. Dich und deine schmerzerfüllten Gedanken. Ich danke Gott, dass du lebst, dass ich rechtzeitig kam. Er wollte dich töten Sarah. Nur eines zählt du lebst. Alles andere ist Vergangenheit, du kannst damit fertig werden. Ich weiß es.“

Ich schüttelte den Kopf. Wieder roch ich den Mann. Es war als hätte er sich in mir eingebrannt in meiner Haut meine Poren. Ich fühlte das starke Bedürfnis mich zu waschen. Dort wo er mich berührte.

„Sarah sieh mich an.“ Forderte Corvin mich auf. Das konnte ich nicht, ich wollte seine Enttäuschung über mich nicht sehen. „Sieh! Mich an“ legte er sich neben mir. Er zwang mich ihn anzusehen. „Du trägst keine Schuld. Eher ich! Denn ich habe die Leibwächter abgezogen. Wenn du jemanden Vorwürfe machen willst, dann mir.“

„Ich hätte nicht dorthin gehen sollen. Ich hätte mich wehren müssen. Corvin ich habe es mir gefallen lassen.“

„Mit einem Messer an deinem Hals, ja! Und es war genau richtig. Denn ansonsten wärest du tot. Er war ein Mörder, genau das wollte er, dich töten. Dieser Mann hat eine Familie umgebracht.“ Erschrocken hielt ich die Luft an. Corvin nickte bestätigend.

„Ja ein älteres Pärchen. So hat er sich Zutritt verschafft. Er hat sich bei den Wachen als dessen Sohn ausgegeben. Das Paar hat er kaltblütig getötet. Er ist gestern angekommen, das Paar wurde noch nicht vermisst. Du siehst also er kam nur zu einem Zweck her.“

„Er sprach von einem Auftrag.“ Meine eigenen Gefühle in den Hintergrund schiebend. Wie erbärmlich ich doch war. Da wurde jemand getötet und ich dachte nur an mich. Wieder übernahm die Scham die Oberhand.

 Corvin streichelte versonnen über mein Gesicht. „Jäger“, meinte er schließlich abfällig. „Warum sind sie so interessiert an dir? Es muss etwas sein, das mir bisher entging. Sie betreiben einen Aufwand, nur um dir zu schaden. Das kann nicht nur daran liegen, das du Vlad´s Tochter bist.“ Er grübelte vor sich hin. Mit einem Male zuckte er zusammen. „Mein Gott!“, stöhnte er verhalten auf. Sah mich geradezu entsetzt an. „Das würde einiges erklären“, sagte er rätselhaft.

Fragend sah ich ihn an. „Nicht jetzt Sarah. Ich muss erst etwas nachlesen, doch wenn meine Vermutung richtig ist. Dann sind die Jäger gefährlicher als ich annahm. Viel gefährlicher.“ Setzte er sich auf.

„Was meinst du?“ mit seiner rätselhaften Bemerkung drang meine Neugier in den Vordergrund.

„Ich erkläre es dir später Sarah. Rosmerta und Molly Joe sind gleich hier. Sie haben gestern deine Wunden versorgt.“

„Gestern?“, unterbrach ich ihn, „Wie lange habe ich denn geschlafen?“

Sichtlich unwohl räusperte Corvin sich. „Da gibt es etwas, das ich dir gestehen muss. Ich habe dich sagen wir auf andere Gedanken gebracht. Du hattest einen Schock und ich wusste mir nicht anders zu helfen. Da habe ich dich gebissen“ ich schnappte hörbar nach Luft, „nur um dich zu beruhigen Sarah“ sagte er fest, als er meine Reaktion sah, „als Vampir können wir unsere… äh Nahrungsquelle besänftigen. Genau das habe ich getan.“

Ich fühlte an meinen Hals dort befand sich ein Pflaster. „Nur ganz leicht! Ein Kratzer Sarah mehr nicht.“ sagte er begütigend.

„Was noch?“ mir war die Tatsache durchaus bewusst, welche Reaktionen mein Blut bei ihm auslöste. Mir fiel mein plötzliches Verlangen wieder ein. Verlegen strich ich über die Bettdecke.

„Nichts! Ich konnte mich beherrschen. Ich kann es selbst kaum glauben. Ich hatte mich vollkommen unter Kontrolle.“ Sagte er verwundert. Dann lächelte er, „Dein Wohlsein war mir wichtiger. Sarah erst seit gestern weiß ich wirklich, wie viel du mir bedeutest.“ Hauchte er mir einen Kuss auf die Nasenspitze. „Sei mir nicht böse, ich war schlichtweg überfordert. Deshalb biss ich dich.“ Verwundert hörte ich ihm zu. Nach allem, was ich wusste, konnte kein Vampir sich beherrschen. „Ja! Seltsam nicht wahr.“ Führte er meine Gedanken fort. „Rosmerta hat auf mich eingeprügelt, als sie den Biss sah. Sie verurteilte mich sofort. Nun ja das ist egal. Hauptsache du weißt es.“ Und so unglaublich es auch war, ich glaubte ihm. „Danke“ schmiegte er sich an mich.

„Du verdammter Lüstling“, unterbrach Rosmerta Gekrächze unser Beisammensein. „Sieh zu, dass du Land gewinnst. Warte ab, ich hetzt dir die gesamte Bevölkerung auf den Hals.“ Schwang sie drohend den Stock. Corvin suchte Schutz bei mir und kroch regelrecht in mich hinein. Ich musste lachen, es ging nicht anders aber ich musste herzhaft lachen. Dabei umarmte ich den im Allgemeinen gefürchteten Vampir, schützend. Rosmerta aus der Fassung gebracht hielt in ihrer Schimpftriade inne. „Rosmerta“ gluckste ich, „Lass ihn!“ zu mehr war ich nicht in der Lage, zu heftig schüttelte mich der Lachanfall. Der in einem jämmerlichen Schluchzen endete.

 

Corvin nahm mich sofort in den Arm. „Ist gut Sarah ist ja gut“, murmelte er mich beruhigend streichelnd. Ich konnte nicht aufhören, das Grausen holte mich ungehindert ein.

„Nun tu, doch was!“, schrie, Corvin, die alte Frau hilflos an.

„Was denn?“ fauchte sie zurück.

Ich spürte, wie mich sanfte Hände von Corvin wegzogen. „Komm her mein Kind.“ Geflüsterte weiche Worte. Arme, die mich  tröstend hielten.  Ich  heulte  wie  ein  Schlosshund dabei durchlebte  ich  den Angriff  in allen Einzelheiten wieder. Zart wurde ich gehalten gewiegt wie ein kleines Kind. Beruhigende Worte, die ich nicht verstand, die mich trösteten. Als ich mich langsam in den Griff bekam, hörte ich. „Geht! Auch du mein Sohn.“ Marsé sprach sanft aber bestimmt. Lange sprach sie kein Wort. Sie wartete, bis ich mich aufrichtete. „Besser?“ ich nickte. „Tut mir leid“, murmelte ich verlegen.

„Wofür sind Mütter da?“ lachte sie kurz auf. „Auch wenn ich nur die Schwiegermutter bin.“ Setzte sie hinzu mir über die Wange streichelnd.

„Nun erzähl! Jede Einzelheit!“ forderte sie mich auf.

„Das kann ich nicht. Es ist…“

„Zu schrecklich? Zu schlimm?“ sie schüttelte den Kopf, „Alles Unausgesprochene ist viel schlimmer. Sarah du hast etwas erlebt mit dem du Leben musst. Sieh mal das ist vielen Frauen geschehen. Auf eine noch perversere Art, doch sie lernten damit zu leben. Auch du musst das.“ Wurde ihr Ton strenger. „Dieser feige Kerl hat dich erniedrigt. Ja! Du warst ihm schutzlos ausgeliefert. Ja! Aber er konnte dich Gott sei Dank nicht vergewaltigen. Du bist keine unberührte Jungfrau mehr. Sieh es realistisch. Gut er hat deine nackte Haut berührt dich befummelt doch das war es schon. Ich weiß es hört sich hart an. Doch das Schlimmste konnte er dir nicht antun.“ Sah sie mich eisern an.

„Was tut mehr weh? Sarah? Dein verletzter Stolz? Weil du dich trotz deines Trainings nicht wehren konntest? Oder weil er dich berührte und biss? Die Tat eines unfähigen Mörders, davon willst du dich beherrschen lassen? Ich glaube du besitzt mehr Mumm! “ ich sah sie bestürzt an. Hatte sie recht? Stellte ich mich an?

Sie sah den Zweifel in meinen Augen, „Gut so! Sei von mir aus wütend. Verdamme den Kerl und die Jäger, aber suhle dich nicht weiter in Selbstmitleid.“ Sie betrachtete mich aufmerksam. „So jetzt geh dir dein Gesicht waschen und zieh dich an. Es wird Zeit, dass du in Gesellschaft auf andere Gedanken kommst.“

Sie sah sich um, „Mir ist noch nie aufgefallen, wie geschmackvoll mein Sohn seine Räume einrichtet. Ich kenne nur seine spartanischen Quartiere. Dieser Raum hier ist vollkommen anders.“ Ich war ihr dankbar, dass sie mir einen Moment zum Sammeln gab. Marsé hatte vollkommen recht. Dieser Mörder verletzte im Grunde meinen Stolz. Er versuchte zwar mich zu vergewaltigen, doch zum Glück kam Corvin im letzten Augenblick dazwischen.

Es war, wie Marsé sagte. Ich war erbittert darüber, dass ich ihm nichts entgegensetzen konnte. All das Training all die Mühe und ich musste mit einem Messer an der Kehle tatenlos zusehen. Es war schrecklich nichts tun zu können. Schrecklich das dieser Mann mir überlegen war. Ja ich sollte wütend sein.

Was brachte es mir ein, wenn ich wie ein Pinguin auf einem Bein hüpfen konnte. Ich wollte mich verteidigen können. Wissen, wie ich einen Angreifer erfolgreich abwehren konnte. Nicht nur das, ich wollte lernen mich zu schützen. Wäre ich dazu in der Lage gewesen, wäre er niemals so weit gekommen. Ich wollte kämpfen! Egal was die Vampire auch sagten, ich würde meinen Willen durchsetzen.

„Und ich unterstütze dich dabei!“ bekräftigte Marsé entschieden.

„Du willst was?“, fuhr Corvin mich gereizt an.

„Du hast mich schon richtig verstanden.“ Setzte ich mich gerade auf. Vlad schüttelte vehement den Kopf. Während Corvin mich anstierte. Da war er nun wieder, ganz der Alte. Innerhalb von Sekunden verwandelte er sich von dem rücksichtsvollen, in den rücksichtslosen Vampir.

Ich fragte mich, welcher der Echte war? Welches Gesicht spielte er mir vor? Wahrscheinlich würde ich es niemals erfahren. Vielleicht auch besser so. Kam ich zu dem Entschluss. Vlad fand als Erster seine Sprache wieder. „Wozu Sarah? Willst du dich einem Jäger stellen? Die sind bestens ausgebildet. Dagegen hättest du keine Chance…“

„Eben!“ fiel ich ihm ins Wort, „deshalb will ich ja lernen.“

„Aber das lernt man nicht von heute auf morgen. Jahre…“

Diesmal war es Corvin, der meinen Vater unterbrach. „Lass sie! Vielleicht hat Sarah gar nicht so unrecht. Wir verhätscheln unsere Angehörigen zuweilen, zu sehr. Dabei müssen wir umdenken  gerade weil uns Gefahr von allen Seiten droht. Also gut! Du wirst lernen! Und nicht nur du! Alle! Jedes menschliche Lebewesen im Dorf. Vom kleinsten bis zum Ältesten.“ Entschied er resolut. Vlad stand auf, „Dann werde ich mal Diederich informieren.“

Kaum das Vlad uns allein ließ, nahm mich Corvin in Augenschein. „Wann meine Liebe, hörst du auf damit?“

„Ich  weiß  nicht,  worauf  du  anspielst.“  Versuchte  ich  mich  herauszuwinden.  Er  hat  mich  schon  wieder ausspioniert! „Richtig! Wann also hörst du auf mich im schlechtesten Licht zu sehen? Du suchst ständig einen Grund mich zu verlassen.“

„Das stimmt doch…“

„Versuch nicht mich anzulügen, Sarah. Ich liebe dich! Aber dein Bestreben mir zu entfliehen ist nervenaufreibend.“

Rosmerta kam ohne anzuklopfen herein, „Was ist dir denn über die Leber gelaufen?“ sah sie Corvin und dann mich an. „Sagt nicht, ihr streitet schon wieder?“ Corvin verließ die Stirn in Falten gezogen den Raum. Das gibt noch ein Nachspiel, dachte ich bei mir.

Das Gespräch fand gleich nach der Bestattung des Paares statt. Inzwischen konnte ich mich durchsetzen. Ich bewohnte wieder das Zimmer bei meinem Vater. Die fünfköpfige Leibgarde die Corvin für mich veranlasste, schrumpfte auf einen Leibwächter. Und das Wichtigste ich bestand auf meinen Freiraum.

Morgens holte mich Endris oder Hendrik ab. Mir wurde bewusst, dass ich die Zeit mit meinen Freunden auf keinen Fall missen wollte. Auch ohne Corvin. Nicht das er nie dabei war, doch die Morgenstunden gehörten mir. Sobald ich meinen Küchendienst beendete, holte das Familienoberhaupt mich ab.

Der Einzige, der einen gewissen Nachgeschmack hinterließ, war Peer. Der Leibwächter mochte mich nicht. Das hatte vielleicht mit unserer ersten Begegnung zu tun. Ich wusste es nicht und fragte auch nicht danach. Sobald Corvin außer Sicht war, zeigte er ein abfälliges Benehmen. Er lachte mich aus, wenn ich meine Übungen absolvierte. Konnte sich nie einen Kommentar verbeißen und an meinen Freunden bemäkelte er aber auch alles. Außer an Matt, der ungeschoren davon kam.

Oft dachte ich, mich bei Corvin zu beschweren, unterließ es jedoch. Er hatte genug zu tun. Die Blutlieferungen verliefen unregelmäßig. Die Nachrichten aus Deutschland blieben ergebnislos. Die Frau, die mich damals anstellte, verließ den Betrieb ohne Begründung oder Kündigung. Sie blieb der Arbeit einfach fern. Ihre Wohnung war leer. Es gab keinerlei Hinweise auf ihr Verbleib, noch irgendwelche Anhaltspunkte auf die Jäger.

„Sie hat die Firma ein paar Tage nach deinem Einzug auf die Festung verlassen. Ich denke dieser Jens hat damit zu tun. Es ist zum Verzweifeln sie sind uns immer einen Schritt voraus.“ Schlug Corvin wütend auf den Tisch ein. Niemand wagte ein Wort zu sagen. Was sollten sie auch? „Wann will der Rat wieder tagen?“, fragte Corvin in den Raum hinein.

„Nach den neuesten Informationen nicht so bald. Sie haben sich getrennt. Was ungewöhnlich ist. Soviel ich weiß sind sie zu ihren Familien gereist.“

„Wie bitte?“, fragte Vlad überrascht. „Seit wann weißt du das?“ er wurde kalkweiß im Gesicht.

„Gerade eben, bevor ich herkam.“ Teilte Henry ihm mit, „Du glaubst doch nicht sie wird herkommen? Nach so vielen Jahren? Nein das kann ich mir nicht vorstellen. In Venedig hat sie doch auch keinen Kontakt mit dir gesucht.“

„Von wem sprecht ihr?“, wollte ich wissen. Henry setzte gerade zur Erklärung an. Wurde aber  von Vlad aufgehalten. „Nichts weiter, Sarah. Niemand um den du dir Sorgen machen musst.“

Gerade das beunruhigte mich! Meine Neugier brannte auf. Was ich kaum verheimlichen konnte. Die Vampire wie sie versammelt waren bekamen ihre ausdrucklose Miene, wenn sie auf stur schalteten. Nur Marsé warf ihrem Sohn einen beunruhigten Blick zu. Den er absichtlich übersah. Wer war sie? Die Frage brannte wirklich unter meinen Nägeln.

 Schon ein paar Tage später wusste ich es. Sie kam mit großem Gefolge angereist. Eine bildschöne Frau. Sie sah wie gemalt aus. Niemand durfte so schön sein, dachte ich, als ich sie sah.

Ich verrichtete gerade meinen Küchendienst als Unruhe das Dorf ergriff. Sie stürzten alle hinaus in die Kälte. Ich natürlich auch. Gerade vor dem Küchenzelt hielt der Zug an. Die Prozession allein war schon ein Anblick wert.

All die Vampire sahen aus als kämen sie geradewegs aus dem Mittelalter. Die weiblichen Vampire trugen lange Gewänder die männlichen eine Art von Beutelhosen. So was kannte ich nur von Gemälden. Die Schar teilte sich und heraus trat die Frau. Unwirklich in ihrer Schönheit lächelte sie den Koch an. Nur ihre formvollendeten Lippen deutete ein Lächeln an, die Augen blieben davon unberührt.

„Gustave! Wie schön dich zu sehen. Wie lange ist es her?“ fragte sie in einer melodiösen Stimme.

„Nicht lange genug, nach meinen Geschmack.“ Brummte der Koch unwirsch. „Was willst du hier Alischa?“

 

„Charmant wie immer!“ presste sie die Lippen aufeinander, dass sie einen schmalen Strich bildeten. „Das werde ich dir nicht auf die Nase binden. Wo ist mein Sohn?“ diesmal sprach sie in einer befehlsgewohnten kalten Stimme. Dieser weibliche Vampir war meiner Meinung eiskalt. In ihren Augen stand keinerlei Wärme. Der Sohn konnte einem nur leidtun.

„Oben im Haus.“ Sah sich der Koch genötigt zu antworten, da sie ihn mit abwartendem Blick ansah.

 

„Du! Mädchen!“ Sprach sie Isabel an. Sage meinen Sohn, dass ich hier warte und ebenso seinem Freund, der ja wohl noch immer das Sagen hier hat.“

Isabel sah sich fragend nach dem Koch um. „Nun lauf schon!“, forderte der Vampir Isabel ungeduldig auf. Es wäre nicht Isabel, würde sie sich solch ein Benehmen gefallen lassen. Sie sah den weiblichen Vampir ebenso hochnäsig an. „Dann sag mal, wer du bist und wer dein Sohn ist. Riechen kann ich das nicht.“ die umstehenden Vampire schnappten hörbar nach Luft. Gerade die aus ihrem Gefolge. Wir Menschen konnten unser Grinsen keinen Einhalt gebieten.

Der Koch trat vor. Sodass ich mich auf Zehenspitzen stellen musste, um das weitere Geschehen zu beobachten. „Ich gehe selbst! Du kannst im Büro von Diederich warten.“ ließ er ihr den Vortritt. Dann sah er sich nochmals kurz um und ging hinter ihr her.

„Wer ist sie?“, wurde allgemein gefragt. Die Antwort darauf bekam ich nicht mit. Peer ergriff mich fest am Arm und zog mich vom Küchenzelt fort. „He, was soll das?“ wehrte ich mich gegen den schmerzhaften Griff.

„Nun höre mir genau zu Sarah Sardovan. Halt deine vorlaute Klappe. Nur einmal! Und komm ohne großes Aufsehen mit.“ Peer blieb noch nicht einmal stehen sondern zog mich einfach mit fort.

Als ich sah, welchen Weg er einschlug. Stemmte ich mich mit aller Kraft gegen ihn. „Wohin willst du?“, fragte ich ihn argwöhnisch. Er ging direkt auf das äußere Lager zu. Dahin brachten mich keine zehn Pferde mehr. Schon gar nicht mit diesem Vampir. Nun bereute ich es, mit Corvin nicht über Peer gesprochen zu haben. Was konnte ich gegen einen Vampir ausrichten?

 Schreien! Viel mir als einzige Möglichkeit ein. Dazu kam ich nicht, weil Peer mir seine riesige Hand auf den Mund drückte. Zudem hob er mich auf und eilte auf das Lager zu. Ich biss aus Leibeskräften in einen seiner Finger. Er hielt keinen Moment inne. Erst als wir tief im Lager waren ließ er mich unsanft auf den Boden fallen. „Du bist eine kleine ungehörige Göre.“ Schnauzte er mich an und schüttelte seine Hand. Was ich mit Genugtuung bemerkte. Sofort sprang ich auf. Peer verstellte mir den Weg. „Ich handle auf Befehl. Den Befehl deines Vaters und Corvins. Also halte deine Klappe und setz dich. Wenn sie können, wird schon einer kommen und dich aufklären. Mich verschone mit deinen Beschwerden.“

„Warum sollten sie dir solch einen Befehl erteilen? Das ist doch…“

„Absurd? Mir gleich, ich führe nur Befehle aus. Mach es dir da drin bequem, es könnte eine Weile dauern.“ Drehte er mir den Rücken zu. Ich sah mich um.

„Eine Weile?“ und sah mir den Raum genauer an. „Das sieht ja aus, als könnte ich einen Monat hier verbringen.“ Ich bekam keine Antwort.

Alles war vorhanden Bett, Tisch und Stuhl. Sogar ein Kühlschrank. Nein ein Gefrierschrank gefüllt mit Beuteln voller Blut. Das reichte sogar für länger. Dann durchstöberte ich die Konserven. Alles Sachen, die ich gern aß. Sogar eine Mikrowelle.

„Sag mal Peer. Wer hat denn dieses Verlies hergerichtet?“ Der Vampir schwieg. Na gesprächig war der nicht.

„Und was mache ich, wenn ich mal aufs Örtchen muss?“ grinste ich in mich hinein. Er würde mich wohl oder übel hier rauslassen müssen.

„Da hinten ist ein Waschraum, da kannst du auch deine anderen Bedürfnisse stillen.“ Informierte mich Peer.

Ich sah sofort nach. Wie nett! Ein Wasserhahn und eine Toilette. „Das ist doch nicht dein Ernst!“ stürmte ich hinaus.

„Will das hochwohlgeborene Fräulein vielleicht eine Luxussuite?“ höhnte er. „Darum geht es doch gar nicht. Ich will hier raus, und zwar sofort.“ Verlangte ich.

„Erst wenn ich den Befehl dazubekomme.“ Danach verstummte er wie ein Fisch. Egal wie oft ich ihn anredete, ihn beschimpfte und zum Schluss mit den Konserven bewarf. Er schwieg. Wie konnte man nur so stur sein?

Stunden brütete ich auf dem Bett vor mich hin. Wenigstens ein Buch hätte das Gefängnis aufweisen können. Brummend legte ich mich von einer Seite auf die andere. Irgendwann fielen mir die Augen zu.

Als ich aufwachte, wünschte ich, es wäre nur ein Traum. Leider nicht. Ich hing in diesem Verschlag fest. Nur standen nun ordentlich aufgereiht zwei Stapel Bücher auf dem Tisch.

„Danke“

„Oh du bist wach!“ lachte mir Endris entgegen. Von Peer keine Spur mehr. „Die hat Peer vorhin hergebracht.“

 

„Endris, warum…“ ich fragte, erst gar nicht weiter. Seine Miene verschloss sich. „Redest du denn wenigstens mit mir?“

„Aber ja doch. Warum sollte ich nicht?“

„Weil dein Kompagnon kein Wort mit mir wechselt.“ Beschwerte ich mich.

„Peer? Nun, ich kann nur sagen, dass er ein gewissenhafter Vampir ist. Ich kenne ihn noch nicht allzu lange.“

„Was ist da oben los? Ist es wegen dieser Alischa?“ Endris ging auf meine Fragen nicht ein.

„Was ist, willst du was essen?“ ich schüttelte verstimmt den Kopf. „Trainieren?“, fragte er mich lächelnd. Ich sprang auf. „Dann nichts wie raus.“ Grinste ich ihn an.

„Sarah! Natürlich hier!“ schmunzelte er vor sich hin.

„Auch das. Jedenfalls besser, als immerzu im Bett zu liegen.“ Willigte ich ein.

Ich verlor jegliches Zeitgefühl. Waren es inzwischen Tage oder Wochen? In denen ich hier festsaß. Langsam bekam ich einen Koller. Die verschiedenen Leibwächter versuchten zwar, mich bei Laune zu halten. Doch irgendwann schaltete ich ab. Da war mir der stumme Peer doch noch am liebsten. Ich erfuhr nichts von der Oberfläche, wie ich die Welt dort oben nun nannte.

Niemand erwähnte ein Wort. Es war zum verrückt werden. Ich wusch mich nicht mehr. Wozu? Sollten sie doch an meinen Gestank ersticken. Essen tat ich auch nicht mehr. Sollten sie doch meinen Vater und Corvin erklären, warum ich spindeldürr dahinsiechte. Ich legte einfach stummen Protest ein. Endris versuchte mich mit Schmeicheleien zu füttern. Was ich strikt ablehnte. Das ging ein paar Tage gut. Als Peer Endris ablöste, fragte er wie gewohnt. „Irgendwelche Vorkommnisse?“ Endris erzählte ihm das ich wieder nichts gegessen habe. Schnaufend trat Peer ein. „Du musst essen Sarah Sardovan!“ ich schüttelte den Kopf. „Und dich waschen. Du stinkst!“ darauf streckte ich ihm meine belegte Zunge heraus. „Das reicht! Endris bereite der verwöhnten Tussi ein Mahl vor. Ich helfe ihr derweil bei der Wäsche.“ Schnappte er mich grob und verschwand mit mir in die Waschkammer. „Entweder du wäschst dich freiwillig oder ich mache es.“ Sah er mich drohend an.

„Das wagst du nicht!“

Er zog spielerisch eine Braue hoch. „So meinst du?“

„Corvin wird dir…“

„Ich habe gerade die Verantwortung über dich. Sarah Sardovan. Nur ich! Also freiwillig oder…“

 „Nein!“ fuhr ich ihm über den Mund. Das würde der Vampir nicht wagen. Ich irrte mich. Sogar gewaltig! Ich schrie, schlug und beschimpfte den Vampir. Doch er schüttete einen Eimer kalten Wassers nach dem anderen über mich aus.

Erst als ich nach seinem Befinden reinlich duftete wie er sagte warf er mir ein Handtuch zu. „Abtrocknen kannst du dich ja allein.“ Grinste er mich frech an. „Ah ja! Ich denke wir sind quitt.“ Fügte er noch hinzu.

Als ich wütend aus der Kammer trat, stellte Endris einen Teller auf den Tisch. Den ich beflissen übersah. „Iss oder ich füttere dich!“, drohte mir Peer an. An Endris gewandt meinte er, „Du kannst gehen.“ Endris wandte nichts ein. Er winkte mir verlegen linkisch zu und verschwand.

„Was ist? Das Essen wird kalt.“ Baute sich Peer vor mir auf.

„Das vergesse ich nicht. Dafür wirst du bezahlen, das schwöre ich dir.“ Giftete ich ihn an.

„Oh ich werde es auch nicht vergessen Sarah Sardovan! Sowie deine Drohung nicht und werde mich vorsehen.“ Grinste er und nahm seinen gewohnten Platz ein.

Von da an sah ich mich vor dem Vampir vor. Bei Endris konnte ich wenigstens mein Herz ausschütten. Aber all das nutzte mir nichts. Ich kam nicht aus diesem Verschlag hinaus.

Dann endlich kam Vlad. Erst freute ich mich riesig doch dann verschonte ich ihn nicht. Er bekam die volle Breitseite meines Grolls ab. Er hörte sich alles ruhig und still an. Als ich einmal Atem holte, fragte er milde lächelnd nach. „Bist du fertig? Wenn ja? Können wir dann gehen?“

„Konntest du das nicht sofort sagen?“, fuhr ich ihn an, „Ich darf wirklich raus?“ Er lachte, „Aber ja! Du Schaf! Nun komm schon.“ nahm er mich im Arm.

„Warum?“, fragte ich nun um einiges ruhiger.

„Das mein Kind werde ich dir in Ruhe irgendwann einmal erzählen. Nun genieß die Sonne du bist ja ganz blass.“ Drückte er mich an sich. Tatsächlich die Sonne schien. Keine Wolke war am Himmel zu sehen. „Was wollte Alischa?“

„Oh, ich denke Familienbande schließen.“ Meinte ausweichend.

„Und hat sie ihren Willen bekommen?“

Er sah mich mit einem bedrückten Lächeln an. „Zum Teil. Ja! Aber sie ist fort nun lass uns die Sache vergessen. Bitte Sarah.“ fügte er eindringlich hinzu. Rosmerta kam um die Ecke. Sie zuckte merklich zusammen, als sie mich sah. Ich könnte schwören sie wich meinem Blick aus. „Kindchen“ nahm sie mich in die Arme. „Ich hoffe du zürnst uns nicht zu sehr.“

Vlad lachte neben mir erleichtert auf.  „Wir werden heute Abend ein bisschen Feiern.  Das haben wir alle verdient.“ Er führte mich in seine Räume doch dort hielt ich es nicht lange aus. Ich war lange genug eingeschossen. So ging ich hinunter ins Küchenzelt. Bildete ich es mir ein oder wichen sie tatsächlich meinen Blicken aus. Egal wer mir über den Weg lief senkte beschämt die Augen. Was war hier vorgefallen?

 Ich bekam es nicht heraus. Jeden den ich fragte hob unwissend die Schultern. Doch ich spürte doch, dass etwas nicht stimmte. Es stank geradezu zum Himmel. Auch war ich enttäuscht. Corvin blieb die nächsten Tage fern. Ich wusste er war im Dorf, aber so weit entfernt als wäre er auf dem Mond. Selbst Marsé verhielt sich ungewöhnlich still und gab keine Gesellschaft. Was richtete dieser weibliche Vampir nur an? Darauf fand ich keine Antwort.

Die Leute im Dorf verhielten sich nach einigen Tagen mir gegenüber wieder normal. So meinte ich jedenfalls. Ich nahm wieder an den Trainingsstunden teil und verrichtete wie üblich meinen Pflichten.

Der Koch Gustave meinte ich müsste das nicht. Sondern sollte mich ausruhen. „Ich habe mich zwei Wochen lang ausgeruht.“ Fuhr ich ihn an. Was mir sofort leidtat als ich sein betroffenes Gesicht sah. „Entschuldige“, bat ich ihn um Verzeihung. „Ich möchte nur meiner Arbeit nachgehen…“

„Ja Kindchen du hast recht. Wir sollten die letzten zwei Wochen vergessen. Schon allein… aber was rede ich? Schäle deine Kartoffel.“ Er wollte etwas sagen. Brach dann aber mitten im Satz ab. Warum verschwiegen sie mir, was vorgefallen war. Warum hielten sie mich versteckt? Denn ich war die einzige wie ich von Isabel erfuhr. Nur ich wurde geheim gehalten. Warum nur?

Nach fast einer Woche traf ich auf Corvin. Auch er schien Hemmungen zu haben mich anzusehen. Mehr noch als all die anderen. „Wie geht es dir?“, fragte er höflich nach. Er blieb auf drei Meter Abstand. Wie sollte ich, das wieder verstehen?

„Danke der Nachfrage. Gut!“, meinte ich hölzern. Das gerade er sich so verhielt bestürzte und verletzte mich am meisten. „Und dir?“

Er sah mich bestürzt an. „Sarah ich…“ doch dann brach er ab und wandte sich ab. „Diederich erwartet mich“, sagte er noch und floh vor mir. Welch ein seltsames Verhalten wunderte ich mich. Wie sollte ich das einordnen? Ich konnte es nicht.

Vlad sprach beruhigend auf mich ein. „Das legt sich wieder. Er hat eine Menge zu tun. Du kennst ihn ja. Seine Pflicht für die Familie geht vor.“

„Ist etwas geschehen?“

„Was meinst du?“ sah Vlad mich erschrocken an.

„Die Jäger meine ich… was meinst du denn?“ fiel mir seine bestürzte Miene auf.

 

„Die Jäger! Nein sie verhalten sich ruhig. Wir denken sie hecken neue Schweinereien aus und das macht mir Angst. Wir wissen einfach zu wenig.“ Rieb er sich besorgt die Stirn.

Ich hielt es nicht länger aus und starrte verbittert in die Nacht hinaus. Sanft glitzerte der Schnee im Mondlicht. Ich beobachtete eine Schneeflocke, die vom Wind hin und her geweht wurde. So fühlte mich ich mich im Augenblick.

 Drei Wochen ging mir dieser verfluchte Vampir nun schon aus dem Weg. Drei Wochen, in denen ich Corvin nur von Weitem sah. Drei Wochen, in denen ich mich jede Nacht wälzte und mich fragte, woran ich nun sei.

Vlad sprach von Aufbruch in den nächsten Tagen. Sein Ziel stand fest. Deutschland! Wenn ich ihn nach dem Rat befragte, meinte er das sei geregelt. Er rief sich alle Orte auf, wo er nach meiner Mutter suchen wollte.

Alle redeten vom Aufbruch, der Winter neigte sich dem Ende zu und ein jeder wollte zu seinem gewohnten Leben zurückkehren. Sicher mit einigen Vorsichtsmaßnahmen, aber sie warteten ungeduldig auf den Startschuss.

Nur ich wusste nicht wohin. Selbst mein Vater war in diesem Punkt ratlos. „Zur Festung.“ Riet er mir. Doch dorthin ging Corvin. Als lästiges Gepäckstück? Nein das auf keinen Fall.

Nun ich musste eine paar Antworten haben und die bekam ich nur von einem. Wie ich es auch drehte und wendete ich musste ein klärendes Gespräch führen. Wie sagt man doch so schön? Lieber ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende.

Seufzend auf alles gefasst, machte ich mich auf zu Corvins Gemächer. Zu meinem Entsetzen stand Peer vor meiner Tür. „Wohin willst du?“, fragte er mich dreist, als ich in den Flur trat.

„Das geht dich nichts an!“ ging ich an ihm vorüber, „Du kannst hier auf mich warten.“ befahl ich ihm.

„Ich folge dir.“ Blieb er mir auf den Fersen. Ausgerechnet Peer musste heute Wache haben. Warum nicht Endris? Vielleicht sollte ich das Gespräch auf morgen verschieben? Dachte ich unsicher, was wenn Corvin mich gleich verhöhnte. Mich eine Närrin schalt. Vor Peer wollte ich keine Schwäche zeigen.

Nein Sarah geh jetzt zu ihm. Morgen bringst du wahrscheinlich nicht mehr den Mut dazu auf. Die Zeit des Wartens ist vorüber. „So du willst also zu unserem Herrn!“, sagte Peer spitz.

„Was geht es dich an?“

„Nichts! Sarah Sardovan. Nicht das Geringste.“

 

Wir standen vor der Tür. „Soll ich anklopfen?“ er fragte und tat es zugleich. Mir blieb nichts weiter übrig, als nach Aufforderung einzutreten. Corvin sah auf, seine Miene zeigte keinerlei Reaktion, als er mich sah. „Entschuldige, wenn ich störe. Aber ich habe eine Frage.“ Trat ich nur einen Schritt in den Raum. „Bitte“ er bewegte sich keinen Zentimeter.

Aufgeregt biss ich mir auf die Lippe. „Wohin soll ich gehen?“, fragte ich schnell. Daraufhin gab mir Corvin keine Antwort. War das nicht Antwort genug? Schalt ich mich. Sarah du Närrin sein Verhalten sprach Bände. Ich wandte mich ab und griff zur Klinke.

„Wieso fragst du mich das?“

Ich atmete tief ein. Starrte überlegend die Tür an, suchte nach den richtigen Worten. „Nun ja! Nach Deutschland darf ich wohl nicht zurück. Und ich wollte wissen, wohin ich gehen kann.“ Wartete ich, bewegungslos seine Antwort ab. „Du gehst zur Festung.“ Seufzte er.

 „Nein das möchte ich nicht. Mir wäre es lieber ich könnte woanders hin.“

„Warum? Sarah? Warum willst du nicht zur Festung?“ Alles in mir schrie auf. Musste er mich auch noch quälen? „Es ist unter den gegebenen Umständen das Beste. Außerdem möchte ich dir nicht zur Last fallen.“

Er blieb still. Ich musste mich herumdrehen, um ihn anzusehen. Er saß mit geneigtem Kopf da und starrte ins Leere. Bemerkte er meine Bewegung? Ein Rascheln? Er sah auf blickte mich an. „Du gehst auf die Festung.“ Befahl er unleidlich.

„Aber warum erklär es mir?“, forderte ich ihn auf.

„Weil ich es so will?“, sagte Corvin verdrießlich. Ich schloss verzweifelt die Augen. Suchte nach einem Ausweg, musste ich erst auf Knien betteln? Damit er mich gehen ließ? Wenn er das so wollte, konnte er das haben.

Weiterhin in seiner Nähe zu leben würde mich vernichten. Das wusste ich in diesem Moment ganz klar. „Bitte Corvin! Warum musst du mir das antun? Ich möchte doch nur in Ruhe leben. Mehr verlange ich doch nicht. Ich könnte nach Deutschland zurückkehren. Oder Geirrod würde mich mitnehmen, er hat es mir angeboten. Endris hat mir auch…“ Corvin sprang auf. „Ja das könnte ihm so gefallen. Dieses Unschuldslamm!“ zürnte er, „Hör zu Sarah! Du gehst mit mir.“

Nicht nur Corvin war wütend, ich auch! „Ich verstehe dich nicht? Warum willst du mir das antun? Befriedigt es deine kranke Seele? Oder warum?“ ging ich aufgebracht auf ihn zu. „Sieh dich doch mal an. Wie du da selbstgefällig sitzt. Du bist ein verdammter Tyrann. Du…“

„Das reicht Sarah. Du hast dich gründlich genug ausgelassen. Ich habe verstanden. Denk von mir, was du willst. Aber ich kann und werde dich nicht gehen lassen. Egal wie du über mich denkst. Aber ich kann einfach nicht.“

„Warum nicht?“, schrie ich ihn an.

Er zuckte die Schultern „Ich liebe dich“ sagte er einfach.

Mit allem Möglichen hatte ich gerechnet, nur damit nicht. Sprachlos sah ich ihn an. Er lachte zynisch auf. „Ja es ist so. Ich liebe dich. Allein die Vorstellung du würdest mit diesem kleinen… das macht mich total verrückt. Ich weiß, dass er dich haben will. Ich will verdammt sein aber ich werde das zu verhindern wissen.“

„Ich verstehe dich nicht. Du sagst du liebst mich? Aber du verhältst dich genau andersherum? Ich verstehe es nicht.“

„Ach Sarah, du kennst mich nicht. Du bist das einzig Gute, von dem ich je träumen konnte. Ja ich liebe dich und ich halte mich von dir fern, weil… ich dich liebe“

„Das ist absurd!“

„Ja nicht wahr. Für dich wahrscheinlich. Nur für mich nicht, ich weiß, wie schlecht ich für dich bin. Das ist das Absurde…“

 „Aber wenn du mich wirklich liebst. Dann…“ ich ging auf ihn zu. Mir war es egal, was er über sich dachte mir reichte seine Liebe.

Knurrend sprang er auf. „Geh! Das ist besser für dich.“

„Oh nein Corvin Sardovan. Diesmal nicht!“ trat ich näher auf ihn zu. „Du wirst mich entweder gehen lassen, oder…“

„Oder? Was? Sarah? Glaub mir, den Gedanken wage ich nicht, zu Ende zu führen. Eines Tages wirst du verstehen und begreifen wer ich bin, wie ich bin, dann wirst du dich von mir abwenden.“

 

„Solange du mich liebst. Niemals!“ Trat ich noch näher. Corvin sah mich bestürzt an, er schüttelte verneinend den Kopf. „Wenn es so einfach wäre, Sarah. Ich muss dir etwas sagen.“ Hielt er abwehrend die Hand hoch.

„Ja nur eines. Liebst du mich Corvin Sardovan?“ woher ich die Courage nahm, ihn so beherzt zu fragen, wusste ich nicht. Ich wusste das mein Glück sich in diesem Moment entschied trat ich noch einen Schritt vor. Ich stand ihm so nah das Ich seinen Atem spürte.

Ich ließ ihm keine Chance schmiegte mich an ihm. Legte meine Arme um seinen Hals. „Küss mich!“, forderte ich ihn  auf,  seine  aufeinander  gepressten  Lippen  küssend.  Corvins  Augen  verdunkelten  sich  ich  spürte  seine Fangzähne. Noch enger lehnte ich mich an den widerspenstigen Vampir. Ich wagte es nicht, eine Niederlage einzugestehen. Nein ich wollte endlich mit ihm glücklich werden. Die vergangenen Tage vergessen. Dieses Hin und Her musste nun ein für alle Mal ein Ende haben. So oder so.

„Sage später nicht ich hätte ich dich nicht gewarnt.“ Umfasste er mein Gesicht, „Du siehst doch, wie schwach ich bin. Ich habe dir nichts entgegenzusetzen.“ Endlich küsste er mich. Mit solch einer Inbrunst, dass es mir den Atem verschlug. Er gab meinen Drängen nach und liebte mich in dieser Nacht, wie nie zuvor. Später, sehr viel später, die Sonne ging gerade auf, schlummerte ich langsam ein. Doch spürte ich seine Unruhe. Müde wandte ich mich ihm zu. „Corvin was wolltest du mir sagen?“ er regte sich nicht, hielt den Atem an.

„Nichts Sarah! Nichts von Bedeutung.“ Er zog mich an sich, „nur eines zählt unsere Liebe füreinander, nur das. Und egal was auch geschieht Sarah, eines musst du wissen. Nur dich liebe ich. Dir gehört mein Herz.“ Von der tiefen Traurigkeit in seiner Stimme erschrocken, richtete ich mich auf.

„Corvin jetzt machst du mir Angst. Was ist los? Bist du krank? Oder musst du…“ Er lachte es lag ein Unterton darin den er geschickt überspielte und ich wollte nur das Hören und Sehen, was ich wollte. „Vampire werden nicht krank. Höchstens liebeskrank und das bin ich. Sag mal Füchsin, wie steht es mit deiner Ausdauer? Bereit für einen kleinen intimen Nahkampf?“ drehte er mich auf den Rücken, um sofort in mich einzudringen. „Du verlierst!“, neckte er mich küssend. Da verlor ich doch gerne.

Kapitel 23

 Erst spät am nächsten Nachmittag erkannte ich, wie weit die Vorbereitungen für den bevorstehenden Aufbruch abgeschlossen waren. Wie üblich verließ sich Corvin nicht auf Zufälle. Alles musste auf Kleinste abgesprochen sein.

Wie ich erfuhr, wollte er Vlad nach Deutschland begleiten. Henry und Marsé wollten direkt zur Festung und ich sollte mit. Des Weiteren die Leibwächter, Hendrik und Isabel sowie Matt und Geirrod. Diederich selbst wollte erst einen Abstecher bei einem Freund einlegen das sagte er mir, als ich ihm eine Liste gab.

Sofort lief ich hinauf. Bei Diederich ließ ich mir nichts anmerken, ruhig hörte ich zu. Na warte! Das sollte er sich wagen, mich jetzt zur Festung zu schicken. Das kam überhaupt nicht infrage, so schnell würde er mich nicht los. Aufgeregt platzte ich in eine Unterhaltung zwischen Vlad, Henry und Corvin hinein. Ich bekam noch mit wie Henry sagte , „ …es ist deine Mutter Vlad.“ Als er mich sah, verstummte er sofort. Ich vergaß, weswegen ich heraufkam. „Deine Mutter?“ sah ich Vlad fragend an. Er verdrehte hoffnungslos die Augen, „Kannst du nicht anklopfen?“ fuhr er mich barsch an, anstatt mir eine Antwort zu geben.

„Deine Mutter!“ wiederholte ich. Ich war ganz aus dem Häuschen ich besaß sogar eine Großmutter. Wie schön.

„Freu dich nicht zu früh.“ Lachte Henry auf. Der sofort verstummte als er die drohenden Blicke seiner Freunde wahrnahm. „Ich verzieh mich mal.“ Zog er geschwind von dannen.

„Alischa ist meine Mutter.“ Sagte Vlad mühselig. Er warf Corvin einen rätselhaften Blick zu. Während ich die schöne aber kalte Frau vor mir sah. Sie sollte meine Großmutter sein? Dieser Vampir?

„Ich bin nicht gerade stolz auf diese Verwandtschaft. Aber es ist so, ich kann es nicht leugnen.“

„Aber warum…?“ Schossen mir tausend Fragen durch den Kopf. Weshalb versteckten sie mich? Dann war Vlad der Sohn, der sich gegen seine Mutter stellte und Corvin der mächtige Freund, der ihr trotzte? Weshalb kam Alischa her? Was wollte sie?

Sie verfolgten meine Gedankengänge das sah ich ihnen an. Doch das regte mich augenblicklich weniger auf. Schließlich meinte mein Vater. „Alischa – also meine Mutter“, verzog er säuerlich das Gesicht, „sie hat es auf meine Nachkommen abgesehen. Livio hat sie bereits auf ihrer Seite.“ Nagte Vlad an seiner Lippe, „Alischa kann verdammt charmant sein. Sie betört ohne das man ihr Widerstand entgegensetzen kann. Ich weiß, wovon ich rede. Schließlich stand ich selbst lange genug unter ihrem Einfluss. Ich wollte nicht das du in ihre Fänge gerätst.“ Völlig perplex setzte ich mich. Na das nannte man eine Neuigkeit. Eine Großmutter! Und dann noch so eine.

„Wird Livio ihr denn nicht von mir erzählen?“

Vlad schüttelte den Kopf, „Sicher nicht! So dumm ist er nicht. Denn er genießt viel zu sehr ihr Interesse. Das dürfte sofort nachlassen, wenn sie dich sieht. Livio ist sich darüber durchaus im Klaren.“ Sagte mein Vater mit einer gewissen Abneigung. „Alischa unterschätzt Livio. Er kommt mehr nach ihr und das sieht sie nicht. Es dürfte spaßig werden, wenn sie es endlich erkennt.“ Klärte er mich auf.

„Dann dürfte sie doch kein Interesse an mir haben.“

 „Ah! Das ist eine Sache. Weißt du, ich komme ganz nach meinen Großeltern und du noch mehr. In einer Privatsammlung gibt es ein Bild von ihnen. Eine Freundin malte es, sie kannte Tai persönlich. Bei Gelegenheit werden wir sie besuchen.“ Versprach er.

„Nur deshalb musste ich aus dem Verkehr gezogen werden?“, fragte ich nochmals nach.

„Ja!“,  sagte  mein  Vater  bestimmt.  Corvin  räusperte  sich.  Da  fiel  mir  wieder  ein,  weshalb  ich  überhaupt gekommen war. „Ach Corvin ich reise mit euch.“ Teilte ich ihm nebenbei mit. Gab meinen Dad einen Kuss auf die Wange und wollte wie Henry zuvor, schnell verschwinden.

„Einen Augenblick die Dame.“ Hielt Corvin mich auf. Verdammt! Zu langsam! Nun das würde einen erneuten Disput geben. Ich wappnete mich. Derweil verzog sich mein Vater aus der Schusslinie. Feigling, der er war. Konnte er nicht mal seine Tochter unterstützen. „Da mische ich mich nicht ein, mein Kind.“ Grinste er mich frech an und zog die Tür hinter sich zu.

Langsam kam Corvin auf mich zu. „Denkst du wirklich du kommst so ungeschoren davon?“ nahm er mich streng in Augenschein.

Fieberhaft überlegte ich eine Strategie um ihn zu überzeugen mich mitzunehmen. „Nun ich warte!“ zog er die Brauen drohend zusammen. Um dann schneller, als ich es mit den Augen verfolgen konnte - Erst stand ich allein da und plötzlich wurde ich an seine Brust gedrückt und geküsst. „Du wolltest also ohne Kuss einfach gehen?“ strich er meinen Rücken hinab. „Sag mir doch, wie seltsam das ist?“ ruhten seine Lippen an meinen Hals. Ich konnte kaum noch regelmäßig atmen. „Das verlangt nach einer Bestrafung Füchsin.“ Drückte er mich eindeutig an sich. „Einer sehr harten Bestrafung. Findest du nicht auch?“ grinste er mich lüstern an.

„Hier? Nein! Das ist nicht dein Ernst.“ Rief ich erschrocken aus. Jeden Moment konnte jemand hereinkommen. Corvin lächelte diabolisch, „Schön das wir einer Meinung sind.“ Drängte er mich rückwärts gegen die Wand.

„Corvin! Nicht.“ Bat ich.

„Wirklich nicht?“, schnaufte er enttäuscht auf.

„Das ist kaum der richtige Ort.“ Zog ich meinen Pulli wieder hinunter. Es war schlimm, wie schnell er mich meiner Kleidung berauben konnte.

„Na gut! Wie du möchtest nur einen Kuss, möchte ich noch haben.“ Bat er schelmisch. Ich hätte es wissen müssen  das  er  nicht  so  einfach  aufgab.  Kaum das  ich  nickte,  stürmte er einem Hurrikan gleich auf mich ein.  Dieser Naturgewalt war ich machtlos ausgeliefert.

„Na siehst du deine Besorgnis war völlig unbegründet.“ Grinste er mich schief an und half mir in meine Kleidung. „Du bist unmöglich!“, schalt ich ihn lächelnd.

„Wie du meinst. Deswegen streite ich mich nicht mit dir. Beschimpf mich ruhig, solange du nur bei mir bleibst.“ Küsste er mich. „Und noch eines mein Herz, ich habe bereits beschlossen, dich mitzunehmen. Ich glaube kaum das ich es länger als zwei Stunden ohne dich aushalte.“

 „Ohne mich oder ohne Sex?“, fragte ich frech nach.

„Oh das beinhaltet beides. Dich und den Sex.“ Gab er mir einen Klaps auf den Hintern. „Wenn ich es mir recht überlege, sollte ich dich gleich noch mal über das Eheleben mit einem Vampir wie mir aufklären.“

„Von wegen. Bleib mir vom Leibe. Ich muss noch trainieren.“

„Genau das meinte ich. Lass uns trainieren.“ Nahm er mich in den Arm. Es klopfte, „Wenn das jetzt nicht wichtig ist, werde ich verdammt sauer. Geh und trainiere aber verausgabe dich nicht.“ meinte er anzüglich lächelnd.

Ein Vampir und Diederich kamen herein. Ich schlüpfte an ihnen vorbei hinaus. Während Corvin sich erkundigte, was sie wollten. Mein Weg führte mich hinaus zum Trainingsgelände.

Nochmals kontrollierte ich meine Waffe. Matt der uns Menschen in Gebrauch mit Schusswaffen unterrichtete war ein strenger Lehrer. Schon zweimal bemängelte er meine Waffe. Bemängeln ist ein sehr zarter Ausdruck wenn ich an die Standpredigt dachte, die er mir hielt. Nochmals wollte ich die nicht über mich ergehen lassen. Raoul nickte mir zu und wartete auf mich. Lächelnd merkte er an das ich den Gurt falsch trug. Genervt sah ich auf das Ding in meiner Hand. „Ich hasse die Dinger!“, sagte ich aus voller Überzeugung.

„Naja es sind nützliche Dinger.“ Meinte er schmunzelnd. „Nicht jeder teilt deine Vorliebe für die Schwertkunst. Außerdem wirst du gegen einen Jäger mit einer Schusswaffe keine Chance haben mit einem deiner Zahnstocher. Das musst du doch zugeben.“

„Noch nicht! Aber, sobald ich genug Kraft in den Armen habe, wer weiß.“

„Niemals Sarah“ kam Hendrik dazu. Er teilte wie Raoul die Vorliebe für die Schießprügel. „Du trägst den Gurt falsch!“, bemerkte er an, „wenn Matt das sieht, heimst du dir deine nächste Predigt ein. Trag ihn so.“ half er mir.

„Und Sarah bitte versuche heute mal, die Zielscheibe zu treffen. Damit wir endlich mal weiterkommen. Die anderen Gruppen sind viel besser.“

Ich wusste natürlich, worauf er anspielte. Ich war gelinde gesagt ein miserabler Schütze. Matt vertrat die Ansicht die Gruppe ist so gut wie das schwächste Glied und so war ich der Hemmschuh in unserer. Immer fünf Menschen in einer Gruppe meine Mitstreiter sahen mittlerweile rot, wenn ich nicht traf.

Auf dem Weg musste ich mir von Raoul und Hendrik einiges sagen lassen. Sie bestürmten mich mit Regeln und guten Ratschlägen. Isabel, die ebenfalls in unserer Einheit mitmachte, erlöste mich. „Hört auf! Das bringt doch nichts, kein Mensch kann in allem Gebieten gut sein. Schwatzt Sarah etwa so auf euch ein, wenn ihr mit dem Schwert herumfuchtelt, als wäre es ein Stock. Ich kann mich nicht daran erinnern.“ Sah sie die Beiden streng an.

„Aber wir kommen nicht weiter. Die andern üben schon mit Automatikwaffen und wir dümpeln noch mit diesen vorsintflutlichen Schießeisen herum.“ Maulte Hendrik. Nicht ganz zu unrecht.

„Heute werde ich treffen.“ Tröstete ich ihn. Er grinste mich hoffnungslos an. „Das sagtest du gestern auch.“

„Nur keine Panik.“ Sagte der fünfte unserer Runde ein älterer Mann, der mit einem weiblichen Vampir verheiratet war. Björn war der ruhende Pol. Er hielt das Gleichgewicht zwischen den beiden Männern und Isabel und mir.

 Wer hitzköpfiger von uns war, ist ja klar. Die Herrn der Gesellschaft! Nach Isabels und meiner Meinung natürlich. Björn hielt also die Waage und beruhigte die Herrn. An diesem Training fungierte Peer als Leibwächter, was mich nicht besonders erfreute. Da er mich mit seinem abfälligen Seufzen und Ächzen noch mehr verunsicherte. Die anderen Leibwächter versuchten wenigstens zu helfen. Durch Peers Anwesenheit wurde ich noch schlechter. Das wusste auch Hendrik der Peer einen bösen Blick zuwarf. „Halte dich heute zurück.“ Warnte er ihn drohend während Peer ihn nur schief angrinste.

Die Knallerei ging los. Ich verdrückte mich sofort nach hinten. Zu meinem Leidwesen hatte es Matt heute auf mich abgesehen. „Sarah los nach vorn“, befahl er mir. Dabei sah er streng auf den Gurt und meiner Waffe. Dazu sagte er heute kein Wort, dank Hendrik, wie ich ehrlich zugeben musste.

„Ihr kommt nicht weiter, wenn ihr schießt. Wie oft muss ich das noch sagen. Sarah muss üben und wenn ihr heute keinen einzigen Schuss abfeuert. Sarah worauf wartest du?“ forderte er mich auf, nach vorn zu treten.

„Tut mir leid.“ Flüsterte ich meinen Mitstreitern zu. Beklommen zog ich die Waffe aus dem Gurt und setzte die Ohrenschützer auf. Matt gab mir die Anweisungen und korrigierte meine Haltung. „Nun ganz ruhig konzentriere dich und drück ab, wenn du meinst. Das tat ich und wenn wunderst wieder daneben. „Immer schön weiter üben.“ Sagte er und ging zur nächsten Gruppe. Das tat ich. Ich schoss und schoss mit immer dem gleichen Ergebnis.

Meine Gruppe teilte sich allmählich auf und sah den anderen Einheiten zu. Verzweifelt biss ich mir auf die Lippe. Warum konnte ich nur so ein lächerlich großes Ziel nicht treffen?

„Du verziehst, während du abdrückst.“ Sagte Peer hinter mir. „Ich wette du schließt die Augen, wenn du den Abzug  durchdrückst.“  Er  sprach  in  seiner  gewohnten Weise  mit mir,  abwertend.  Was  habe  ich  nur  diesem hochnäsigen Leibwächter angetan? Fragte ich mich zum tausendsten Male.

„Stell dich ein wenig breitbeiniger hin.“ Befahl er mir. Erst wollte ich ihn anfahren, er solle mich in Ruhe lassen doch ich konnte jede Hilfe gebrauchen. Also befolgte ich zähneknirschend seine Anweisungen. Was auch nicht sehr hilfreich war, das Ziel wieder verfehlend. Peer beobachtete mich genau. „Darf ich, dich berühren Sarah Sardovan?“ was mich einen Augenblick aus der Fassung brachte. „Nur mit deiner Erlaubnis darf ich das. Sarah Sardovan.“ Klärte mich Peer auf.

„Wenns hilft, dann bitte!“ jetzt war der Vampir endlich nicht so hochnäsig. Es schien er war in seinem Element. „Ich möchte genau nachvollziehen, wie du den Schuss ausführst. Also möchte ich mich hinter dich stellen und spüren, wo dein Fehler liegt.“ Erklärte er mir ausführlich. „Ich habe gesehen, wie du mit dem Messer wirfst, du besitzt demnach ein gutes Auge.“ Baute er sich hinter mir auf.

„Stell dich in Position aber drücke noch nicht ab. Ich lege meine Arme und Hände auf deine. Greife aber nicht ein.“ So tat ich, wie geheißen. Ich fand diese Art der Umarmung schon ziemlich intim. Besonders wurde ich an den Angriff erinnert, als Peer so nah hinter mir stand. Ich würgte den Drang hinunter mich von ihm zu entfernen. Er wollte mir helfen, dass erste Nette das er für mich tat. Da sollte ich um des Friedenswillen, nicht so zimperlich reagieren.

Sobald seine Hände ganz leicht auf meinen Lagen wisperte er. „Nun mach es wie sonst auch. Ich greife nicht ein. Schließlich wollen wir den Fehler finden.“

Ich nickte und drückte ab. Sofort trat Peer zurück. „Deine Hände sind eisig. Das ist das eine. Zieh Handschuhe an, dünne damit du das Gefühl für die Waffe nicht verlierst.“

So zog ich also Handschuhe an. Peer korrigierte nochmals meine Körperhaltung und trat wieder hinter mir. „Nun werde ich eingreifen. Du machst alles richtig, nur im allerletzten Moment ziehst du die Waffe leicht weg. Dagegen werde ich halten du wirst es bemerken.“

Oh Wunder, aller Wunder ich spürte was Peer meinte und traf. Das erste Mal traf ich die Zielscheibe. Das war zwar kein Schuss in die Mitte aber immerhin ich traf die Scheibe. Überglücklich warf ich die Waffe weg und umarmte Peer herzig. „Danke, Danke!“ küsste ich ihn auf den Mund. Peer stand stocksteif da und ließ sich von mir drücken. Da sah ich Corvin, der uns mit zusammengezogenen Brauen beobachtete.

Das überging ich einfach. Zu glücklich weil ich endlich einmal traf. Aufgeregt bekam er die gleiche Ladung wie Peer ab. „Hast du gesehen. Ich habe getroffen!“ riss ich an seiner Jacke herum. „Ja“ lächelte Corvin nun von meiner Begeisterung amüsiert.

„Sarah Sardovan zieht die Waffe ein wenig nach links. Ganz so als wolle sie niemanden treffen. Das habe ich ihr gezeigt.“ Verbeugte sich Peer leicht vor Corvin, der den Vampir mit einem undefinierbaren Blick musterte. Er und seine Eifersucht! Dachte ich böse. Um Corvin abzulenken, fragte ich ihn ob er mir zusehen wolle. Wieder traf ich nicht, stellte ich enttäuscht fest. „Peer zeig es mir noch mal.“ Bat ich ihn.

„Darf ich?“ trat Corvin vor. Während Peer sich weiter zurückzog. Corvin stellte sich ganz nah hinter mir. „Eifersüchtiger Hammel“, raunte ich ihm zu.

„Das bin ich Füchsin.“ Küsste er mich in den Nacken. „Dann mal los.“ Mit Corvins Hilfe traf ich. „Peer hat recht. Du ziehst nach links. Sarah, wenn du keinen Gegner treffen willst, dann hat das Ganze keinen Zweck. Du musst schon die Absicht haben deinen Gegner zu verletzen oder gar zu töten. Darin liegt dein Problem.“

„Vielleicht wenn die Zielscheibe nicht so echt aussieht, würde ich auch treffen. So habe ich das Gefühl dort steht ein echter Mensch.“

„Das ist der Sinn der Übung Sarah. Du lernst dich zu verteidigen das heißt entweder du wirst getötet oder du tötest. Stelle dir vor ein geliebter Mensch wird bedroht und nur du kannst ihn durch einen Schuss retten. Was wirst du tun?“ trat er zurück und forderte mich auf, die Waffe anzulegen. Ich traf. Ich traf wirklich. Noch vollkommen perplex starrte ich das Ziel an. „Wen hast du denn verteidigt?“, wollte Corvin scherzhaft wissen.

 „Dich!“, antwortete ich noch ganz benommen von meinen Treffer.

Corvin nahm mich in den Arm. „Für diese Antwort mein Herz verzeihe ich dir den Kuss, den du Peer gabst.“ Grinste er mich verschmitzt an.

„Ach du! Verzeih lieber Peer, es ist ein Wunder, das er nicht schreiend weggelaufen ist. Solche Angst hat er vor dir.“

„Er weiß, dass er zu weit ging.“ Bemerkte Corvin brummend.

„Willst du einen neuen Streit? Den kannst du haben Vampir. Peer hat mich gefragt, ob er mir helfen darf. Dann habe ich wie du gesehen hast ihn umarmt und einen Kuss gegeben.“ Fauchte ich Corvin an. „Na los! Brüll mich schon an.“ Forderte ich ihn sauer auf.

„Nein!  Heute  nicht  und  ich  verspreche  dir  Peer  in  Ruhe  zu  lassen.“  Peer,  der  die  Auseinandersetzung mitverfolgte, hielt stolz den Kopf erhoben. „Ich verstecke mich hinter keiner Frau“, sagte er ungehalten.

„Siehst du! Sie wollen ja, dass ich sie zurechtweise.“ Lächelte Corvin maliziös auf mich nieder.

„Bitte  tu  was  du  nicht  lassen  kannst  Sardovan. Aber  es  wäre  unrecht.  Dann  müsstest  du  mich  ebenfalls maßregeln.“ Wollte ich mich nicht beruhigen.

„Peer du kannst gehen. Heute brauche ich dich nicht mehr. Bereite dich auf den morgigen Aufbruch vor.“ Entließ er den Leibwächter. Der sich verbeugend entfernte. „Warum verbeugt er sich ständig vor dir?“ das taten nur wenige Vampire.

„Er war einer der Ersten, die ich in die Familie aufnahm. Damals waren es andere Zeiten, er hält daran fest.“

„Wie meinst du das andere Zeiten. So in etwa ich bin der Herrscher und du nur Untertan?“ ich wusste das ich Corvin herausforderte, er ging darauf nicht ein.

„So  ungefähr.  Nur besaß ich  damals keine Ländereien,  sondern  nur  den festen Willen  uns  den  Menschen anzupassen, die sich rasant entwickelten. Das musste sein, ansonsten wären wir auf der Strecke geblieben. Unsere körperliche Überlegenheit schrumpfte mit der Zeit. Ihre Entwicklungen machten dies möglich. Sieh dir die Feuerkraft einer einzelnen Pistole an. Sie verletzt uns und gut gezielt kann sie töten, zumindest tödliche Verletzungen hervorrufen.“

„Aber ich dachte ihr regeneriert euch. Ich habe doch selbst gesehen wie schnell Henry sich erholte.“

„Ein Rippenbruch kaum der Rede wert. Ein Schuss ins Herz  und es ist vorbei, so einfach ist das. Nein Sarah die Menschen sind uns überlegen allein durch die Masse. Wir dagegen sind nur eine Handvoll.“

„Du bist nicht gerade optimistisch. Was ist mit den Jägern, ist es von vornherein ein verlorener Kampf?“

„Das glaube ich nicht. Es sind nicht viele und wir haben Verbündete menschliche Verbündete. Nein mit den Jägern werden wir fertig, wir müssen nur endlich einen Anhaltspunkt finden. Sieht man den Feind nicht, kann man nicht gegen ihn kämpfen. Wir greifen nur in die Luft. Das ist das fatal.“ Ich kannte Corvin inzwischen gut genug. Er wollte mir etwas sagen und wusste nicht wie. Sollte ich nun doch mit seiner Mutter reisen. War es das? Ich fragte ich geradeheraus.

 „Nein und ja! Marsé hat mir einige Vorhaltungen gemacht, die nicht einfach von der Hand zu weisen sind. Es ist durchaus möglich, dass wir in Deutschland in eine Falle tappen. Darf ich dich solch einer Gefahr aussetzen? Ich bin hin und her gerissen.“

„Dann werde ich dir jetzt etwas sagen Corvin Sardovan.“ Stemmte ich die Hände in die Hüften. „Ich fahre mit dir und Vlad. Ist das klar soweit.“ Benutzte ich absichtlich die Worte die er gerne verwendete wenn er keinen Widerspruch duldete.

Er grinste mich an, „Wider besseres Wissen.“ Nickte er, „obwohl du auf der Festung in Sicherheit wärest. Alia freut sich auf dich ich soll dir Grüße ausrichten.“

Bei Alia bekam ich wie immer ein gemischtes Gefühl. Ihre Worte, die sie mir sagte, hatte ich keineswegs vergessen. Darin lag so viel Hass und ich war erleichtert, die Begegnung mit ihr aufzuschieben. Anders als bei Dana, die ich vermisste. Ich befragte Corvin und er teilte mir mit, Dana sei auf seine Bitte hin in Russland.

„Sie kann dort mehr ausrichten als auf der Festung. Die Clans dort sind groß ihre Unterstützung ist sehr hilfreich.“ Corvin sah über das Übungsgelände, „Matt beendet das Training, du solltest ihm vorher deine Treffsicherheit beweisen. Das wird ihn freuen und verabschiede dich von ihm. Er wird nicht mit uns gehen.“

„Ich sehe ihn doch morgen noch“, meinte ich Matt zuwinkend.

„Nein Sarah wahrscheinlich nicht. Denn wir brechen sehr früh auf und in aller Stille. Ich möchte keine schlafenden Hunde wecken. Du wirst auch deinen Freunden kein großartiges Lebewohl sagen können. Hendrik wird es ihnen erklären denn sie reisen erst in zwei Tagen ab.“

Matt war sehr zufrieden mit mir. Da wir von allerlei Leuten umgeben waren, verlief der Abschied recht karg ab. Dabei schwoll mir das Herz vor Traurigkeit an. So vieles blieb ungesagt was ich meinen Freunden hätte sagen wollen. Wohin gingen sie? Fragte ich mich, wann sahen wir uns wieder?

Auf dem Rückweg nahm Hendrik kurz meine Hand und drückte sie. Ich sah ihn an, er zwinkerte mir aufmunternd zu. Bange fragte ich mich ob ich ihn noch als Menschen sah. Denn er wollte mit Isabel gewandelt werden. Die Familie, die ich hier fand, zerbröckelte wie trockener Lehm und ich konnte nichts dagegen tun.

Es war noch Nacht als Corvin mich weckte. „Sarah leise“, flüsterte er mir zu, „zieh dich an.“ Verschlafen ergriff ich meine bereitgelegten Sachen. Darauf bestand er gestern Abend. Aus einer Truhe holte er für sich und mich anständige Straßenkleidung. Nichts Auffälliges betonte er. Was mich unweigerlich zum Kichern brachte. Corvin und unauffällig! Das wollte ich sehen. Nach Lachen war mir an diesem Morgen überhaupt nicht. Corvin schien mein Tempo zum Wahnsinn zu treiben. Kurzerhand schob er meine Hände weg und knöpfte mir die Bluse zu. „Ganz was Neues.“ Nuschelte ich gähnend. Er schüttelte nur ungeduldig den Kopf. „Wo hast du die Schuhe?“ tastete er den Boden ab. „Sie waren nass. Vor der Tür.“ Versuchte ich Ordnung in mein Haar zu bekommen.

 „Nun komm schon. Deine Schönheitspflege kannst du auf später verschieben.“ Drängte er mich. „Stopp! Mein Herr!“ setzte ich ihm den Zeigefinger auf die Brust. „Ich darf ja wohl noch auf die Toilette und meine Zähne putzen.“ Ging ich ins Bad. Das fehlte mir auch noch. Wer weiß, wann ich wieder dazu kam. Die letzte Wanderung mit den beiden Vampiren noch gut in Erinnerung.

Vlad wartete bereits an der Treppe. Als er uns kommen sah, stieg er sofort hinunter in den Keller. Mir schwante Übles, als ich an meine Ankunft dachte. Der Brunnen und sein eisiges Wasser. „Wir nehmen einen anderen Weg.“ Beruhigte mich Corvin leise.

„Sind die Wachen informiert?“, fragte Corvin in die Dunkelheit hinein. Diederich löste sich wie ein Schemen daraus hervor. „Ihr könnt ungehindert passieren. Ich habe nur vertrauensvolle Wachen aufgestellt. Von den andern habe ich Nachricht. Keine Spur von Jägern.“ Er reichte Corvin etwas, das ich in der Düsternis nicht erkennen konnte.

Vlad legte dem alten Krieger die Hand auf die Schulter. „Bis dann mein Freund.“ Diederich nickte ihm und Corvin zu. Corvin erwiderte es und zog mich weiter. Ich wehrte mich dagegen und umarmte den Recken. „Na, na Mädchen wir sehen uns ja bald.“ Erwiderte er die Umarmung. „Wirklich?“

Diederich lächelte „Aber ja! Auf der Festung.“ Löste er sich, „Nun sieh zu das ihr wegkommt.“ Schob er mich barsch fort. Wieder schüttelte Corvin den Kopf und griff nun fester zu. Wir gingen zügig durch das Tunnelsystem. Bald verlor ich jegliche Orientierung. Diesmal war ich es, der Corvin fest umklammert hielt. Hier würde ich mein Lebtag nicht mehr herausfinden.

Vlad der vorauseilte erwartete uns. „Jacke zu und Kapuze auf.“ Sagte er fast fröhlich, dann öffnete er eine schmale Tür. Die Kälte des Morgens drang in den Tunnel. „Fertig?“, erkundigte Corvin sich. Widerstrebend nickte ich und dachte an mein warmes Bett.

 

„Kein Mucks Sarah. Wir gehen durch Fenils. Halte dich direkt hinter mir.“ Es war das erste Mal, das ich das Dorf betrat. Ein Haus neben dem anderen, sie standen eng zusammen. Mehr erkannte ich in der Düsternis nicht, weil wir flott die Straße hinunter gingen. Die Bauten endeten und wir betraten eine breitete Straße. Dort bogen wir links ab. Nach einigen Minuten hörte ich ein Auto das Scheinwerferlicht strahlte frei uns direkt an. Vlad hob grüßend die Hand der Wagen hielt. Es war Peer. „Die Straßen und der Grenzübergang sind frei.“ Teilte er Vlad und Corvin mit. Ich kletterte nach hinten Vlad neben mir. „Jetzt kannst du noch ein bisschen schlafen Sarah.“ hielt er mir fürsorglich ein Kissen entgegen.

 

Als ich aufwachte, waren wir in Frankreich, wie mein Vater erklärte. Er wirkte angespannt seine Haltung und sein Blick waren unruhig, obwohl er versuchte mir beruhigend zu zulächeln. Bald darauf hielten wir an einer Raststätte. Dort durfte ich auf Toilette. Corvin wartete vor der Tür, was ihm anscheinend nicht passte. Denn als ich hinauskam, meinte er, „Das nächste Mal schlägst du dich in die Büsche.“

 Vlad versorgte mich mit Kaffee und Baguette. Corvin und Peer tauschten die Plätze. Es wurde nicht viel gesprochen, Vlad und Peer beäugten misstrauisch jeden Wagen, der an uns vorbeifuhr.

Meistens döste ich vor mich hin und ließ die Landschaft achtlos an mir vorbeiziehen. Erst als wir Deutschland erreichten, wurde ich hellwach. Wie anders meine Rückkehr verlief. Nach Monaten kehrte ich zurück, ich setzte mich auf.

Vlad lächelte mich verständnisvoll an. „Aufgeregt?“ ich nickte. „Es ist schade, dass wir nicht in Dortmund halten. Ich hätte gern gesehen, wo du lebst.“ Drückte er mir liebevoll die Hand. „Aber das werden wir nachholen…“ ließ er den Satz unvollendet.

Ich fragte mich, was er für sich behielt. Nahm er an, meine Mutter zu finden, stellte er sich eine heile Familie vor? Das wäre für meinen Vater durchaus vorstellbar. Er litt noch heute. Wie sehr musste er die Frau lieben die mich neun Monate unter ihrem Herzen trug um dann ihr Kind in fremde Hände zu geben?

Vlad suchte nach Entschuldigungen, suchte Ausflüchte  dabei übersah er die Tatsachen. Über Jahre schrieb sie ihm Lügengeschichten sandte ihm Bilder, die sie niemals aufnahm. Ich jedenfalls werde die Handlungsweise dieser Frau niemals vergessen. Vlad riss mich aus meinen trüben Gedanken, „Erzähl mir von deiner Wohnung. Wie ist sie?“

„Meine Wohnung? Sie wurde aufgelöst.“ Sagte ich zu meinem Vater und sah Corvin vorwurfsvoll an. Der grinste mich schamlos an, „Es kann sein, dass ich da ein wenig übertrieb.“ Wie jetzt? Er klärte mich ohne Anzeichen eines schlechten Gewissens auf. Erzählte mir im Plauderton das meine Wohnung, so war – fast so war, wie ich sie verließ. Vlad neben mir zog vor meinem Groll den Kopf ein. Corvin konnte von Glück sagen, das er den Wagen fuhr. Vor mich hinbrütend schwieg ich und nährte mit Vergnügen meine Wut. Lügen! Immer wieder Lügen! Die kamen diesem Vampir zu leicht über die Lippen. Zweifelnd fragte ich mich, ob er mir jemals die Wahrheit sagte. Bald darauf fuhr Corvin auf einem Parkplatz. Seine Miene genauso grimmig wie meine.

Bevor ich überhaupt richtig den Fuß auf den Boden setzten konnte wurde ich schon von Corvins dunklem Blick erwartet. Ohne ein Wort führte er mich vom Wagen fort. Vlad und Peer blieben wie verabredet im Auto sitzen.

„Ich wusste nicht, ob ich dir vertrauen konnte. Ich wollte deinen Willen brechen Sarah. Deshalb behauptete ich deine Wohnung sei aufgelöst. Noch eines mein Fräulein, ich lüge dich nicht an.“

„So?“ zweifelte ich an seinen Worten. Ich dachte an meine Verwandtschaft mit Alischa war das Verschweigen nicht auch eine Art Lüge? Was verschwieg er außerdem? Corvin bekam jeden Gedankengang mit. So erübrigte sich für mich, meine Zweifel laut auszusprechen. „Sarah es gibt vieles, was du nicht verstehen würdest. Lass es dabei bewenden und grab nicht zu tief. Du würdest in Abgründe schauen, die dich zutiefst schockierten.“

„Du versuchst es ja nicht einmal Corvin. Warum nicht.“

 Resigniert seufzend sagte er, „Ich kann nicht Sarah. Du würdest es nicht verstehen. Das Einzige was zählen sollte ist unsere Liebe zueinander. Halte daran fest, denn das ist die reine Wahrheit. Alles andere ist nebensächlich.“ Sah er mich durchdringend bittend an.

„Corvin?“ ich suchte nach den richtigen Worten. „Es geht nicht darum, was in der Vergangenheit geschah. Ich möchte nur jetzt nicht mehr belogen werden. Gehöre ich nicht zu deinem Leben? Oder schließt du mich von vornherein daraus aus?“

„Du bist mein Leben Sarah“, schloss er mich in die Arme. „Doch es gibt Dinge, die du niemals begreifen würdest, Sarah. Du würdest mich deswegen verachten. Was ich getan habe…“ er sah mich durchdringend an, „glaub mir ich liebe dich. Noch niemals habe ich einen Menschen so sehr geliebt wie dich. Das ist die einzige Wahrheit, die du wissen musst.“ Dagegen konnte ich so einiges einwenden. Aber Corvin verschloss mir mit einem heftigen Kuss die Lippen, sodass jeglicher Einwand von der aufbrausenden Leidenschaft verdrängt wurde. Erst da ließ er mich frei.

„Meine Selbstbeherrschung reicht nicht für mehr, wenn du nicht willst, das wir hier ein denkwürdiges Schauspiel abgeben solltest du sofort im Wagen verschwinden. Ich komme sofort nach, erst muss ich mich einen Moment abkühlen.“ Schob er mich in Richtung des wartenden Wagens.

Erst nachdem ich hinter Peer saß, Vlad´s wissenden Blick auswich wurde mir bewusst das Corvin mir keine eindeutige Antwort gab. Er versicherte mir seine Liebe aber er vertraute mir in keiner Weise. Sollte es mein Leben lang so weitergehen? Mussten, dass alle Menschen die Partner von Vampiren waren, so hinnehmen?

Bevor es mir überhaupt bewusst wurde, fragte ich Vlad. Peer schnaufte vernehmlich auf und sackte in seinem Sitz zusammen. Während Vlad mich mit ausdrucksloser Miene beäugte.

„Sarah Schatz das ist schwer zu beantworten. Manche Vampire scheuen sich, ihren Partner die Vergangenheit zu erzählen. Vieles würde ein Mensch niemals verstehen. Es waren andere Zeiten, andere Lebensumstände. Corvin ist alt er hat vieles gesehen, was nicht einmal in den Geschichtsbüchern steht oder worüber sich heutzutage die Archäologen die Köpfe zerbrechen. Vertrau ihm! Ich weiß er liebt dich, mehr als du ahnst. Deshalb rate ich dir, nimm das, was er dir anbietet.“

„Hast du ihr alles erzählt?“ reckte ich kämpferisch mein Kinn vor. Wie sollte ich den Vampir jemals richtig kennenlernen, wenn ich nicht alles über ihn wusste. Es gab mehr Geheimnisse und ausweichende Wahrheiten als alles andere. Wer war dieser Vampir? Was trieb ihn an? Ich wollte so viel mehr über Corvin wissen, mehr als er bereit war, mir zu sagen.

„Ja ich habe deiner Mutter alles erzählt. Oftmals bereute ich meine Freimütigkeit, es gab vieles, was sie nicht verstand. Deshalb kann ich Corvin nur zustimmen. Es ist richtig, dass du nicht alles über ihn erfährst oder über mich.“ fügte er beklommen hinzu. Ich schwieg besonders, da Peer zwischendurch immer wieder verächtlich aufschnaufte.

 Bald darauf setzte sich Corvin hinter das Steuer. Er sah mich einen Moment lang bittend an. Ich fragte mich, wie viel er von Vlad´s Worten hörte. Wahrscheinlich jedes Einzelne. Ein jeder in seine eigenen Gedanken versunken kamen wir zügig voran. Auch als wir das Ruhrgebiet passierten sah ich nicht auf. Zu sehr beschäftigten mich Corvins und Vlad´s Worte. Ich fragte mich, wollte ich zu viel, oder vertrauten sie mir nicht. Konnte mein menschliches Spatzenhirn all ihre vergangenen Taten nicht begreifen oder lag etwas anderes dahinter. Da war etwas, was mich innerlich nicht zur Ruhe kommen ließ. Jedes Mal, wenn ich dachte, ich hätte nun eine Antwort, entglitt es mir zwischen den Händen. Nur was? Ich bekam es nicht zu fassen.

„Noch eine Stunde und wir sind da.“ Setzte sich Peer ruckartig auf. „Wo sollen wir unterkommen? Gehen wir in ein Hotel oder in eine Privatpension?“ fragte er an niemanden bestimmten.

„Privat!“ entschied Corvin, „Wir suchen uns zwei Zimmer direkt in dem Dorf, in dem sie wohnte. So erhalten wir die Möglichkeit, die Leute zu befragen. Wir behaupten eine Verwandte zu suchen, die ein Erbe zu erwarten hat. Das ist erfreulich und die Dorfbewohner werden helfen wollen.“

„Was ist mit mir? Die Leute werden mich erkennen, schließlich habe ich einige Monate hier gelebt.“ Wandte mein Vater beunruhigt ein.

„Dann bist du eben ein Verwandter oder Kind von Vlad. Oder wie nanntest du dich?“

„Martin Kunze! Ein guter deutscher Name wie viele andere auch. Ein Student aus Hamburg, der die Örtlichkeit und ein Mädchen aus dem Dorf liebt. Vlad´s Stimme klang tieftraurig er sah aus dem Fenster, sodass ich sein Gesicht nicht sehen konnte. Unwillkürlich legte ich mitfühlend meine Hand auf seine. Erschreckt zog er seine Hand fort. Er wollte kein Mitgefühl oder Mitleid. Noch nicht einmal von seiner eigenen Tochter. Entmutigt zog ich meine Hand zurück, das würde mir nicht noch einmal passieren.

Tränenblind sah ich nach vorn hinaus und direkt in Corvins Augen, die mich aus dem Rückspiegel mitfühlend betrachteten. Was bekam dieser Vampir eigentlich nicht mit?

„Dort werden Zimmer vermietet.“ Deutete Peer auf ein Haus, an dem wir gerade langsam vorbeifuhren. Corvin hielt direkt am nächsten Parkplatz.

„Nein  hier  nicht.“  schnellte  Vlad  nervös  nach  vorn.  „Ich  habe  dort  gewohnt.  Wenn  die  Wirtin  mich wiedererkennt! Sie war damals jung und wird wahrscheinlich noch leben.“

„Umso besser!“ entgegnete Corvin, „Dann können wir gleich heute Abend einiges in Erfahrung bringen. Ein Geschwisterpaar, das nach einer Frau sucht - die Liebe ihres Vaters. Was gäbe es Besseres?“ wiegelte er Vlad´s Einwände kategorisch ab.

Ein mürrischer aussehender Mann öffnete die Tür, als er hörte was wir wollten murmelte er vor sich hin und ließ uns vor der Tür stehen. „Was hat er gesagt? Ich habe kein Wort verstanden.“ Flüsterte ich Peer zu.

 „Er holt seine Frau.“ Informierte mich Peer kurz angebunden. „Corvin du solltest Sarah mit nach vorn nehmen, das sieht besser aus, als zwei so dunkle Gestalten wie ihr es seid.“ In seiner Stimme lag ein amüsierter Ton. Corvins Hand schnappte nach mir und er zog mich zu sich heran. „Lächle einfach nur freundlich den Rest erledigen wir.“

Erschreckt zuckte ich zusammen. Wollten sie den Leuten etwas antun? So grimmig, wie die Vampire aussahen durchaus möglich. „Quatsch! Wir überprüfen nur die Gedanken. Es könnte sich ja um Jäger handeln…“ er schwieg, denn es waren Schritte zu hören. Eine Frau erschien mit einem heiteren aufgesetzten Gesicht. Mein erster Gedanke war, sie wird uns abweisen.

Sie stockte einen Moment und kam als sie mich sah freundlicher auf uns zu. Im Handumdrehen hatten wir zwei Zimmer mit Bad, das wir uns teilen mussten. Frühstück gab es von acht bis neun teilte sie uns mit. Corvin meinte das sei völlig unnötig, Kaffee am Morgen reichte aus. Dabei informierte er die Frau nebenher über unser angebliches Vorhaben. Daraufhin betrachtete unsere Wirtin Vlad und mich genauer. Ihr Blick hing an Vlad erkennend fuhr ihre Hand an den Mund. „Mein Gott sie sind das Ebenbild ihres Vaters.“

„Ja! Ich weiß wir könnten Brüder sein“, lächelte Vlad schüchtern. Was für eine Komödie!

„Und sie haben die Augen ihres Vaters das sieht man sofort und das Haar möchte ich meinen.“ Viel freundlicher führte sie uns in die gemieteten Zimmer. „Es tut mir leid aber nur das kleinere Zimmer besitzt getrennte Betten“, sagte sie zögernd.

Corvin zauberte ein betörendes Lächeln auf die Lippen, „Genau das, was wir suchen. Mein Schwager und sein Freund werden sich eines teilen, während meine Frau und ich das andere Zimmer nehmen. Ihr habt doch nichts dagegen Martin, Bastian? Ich denke ja nicht, dass ihr in einem Ehebett schlafen wollt?“ bedachte er die Beiden mit einem zynischen Zug um die Lippen.

Peer nahm es mit Humor während Vlad unangenehm auf das große Bett im Hintergrund sah, seine Augen verdunkelten sich vor Unmut. Als die Wirtin hinunterging, um die Anmeldeformulare zu holen, folgten ihr die Vampire um unser Gepäck aus dem Wagen zu holen.

Inzwischen fragte ich mich beunruhigt, wie sie es bewerkstelligen wollten, ohne Ausweis die Zimmer zu mieten. Sie hätten mit dem Gepäck warten sollen, bis die Wirtin uns wirklich aufnahm. Schnell rannte ich hinunter sie mussten sich etwas einfallen lassen. Zu meinem Erstaunen zückten sie Ausweise aus ihren Brieftaschen.

„Sie haben ja den gleichen Namen!“, sagte die Wirtin zu Vlad.

„Nun ja so gehört es schließlich doch auch als Sohn.“

Die Wirtin lachte vor sich hin, „So selbstverständlich ist das heutzutage nicht mehr. Aber es passt zu ihrem Vater. Grüßen sie ihn, er hat in genau dem Raum gewohnt, indem ihre Schwester und ihr Schwager unterkommen. Er hat einige Monate dort gewohnt ein höflicher junger Mann, ihr Vater.“

 „Leider wird das unmöglich sein. Unser Vater ist verstorben aus diesem Grunde sind wir ja hier. Wir suchen eine Frau, die er damals in diesem Ort kennenlernte.“

„Oh sie meinen Gabi? Aber es hieß doch er hat sie verlassen! Jetzt erinnere ich mich wieder. Gabi war schwanger und er hat sie sitzen lassen.“ fuhr sie kopfschüttelnd fort, „Ich verstehe es bis heute nicht. Er liebte das Mädchen das konnte man sehen. Ach er vergötterte sie. Während der gesamten Schwangerschaft blieb er bei ihr und dann soll er sich aus dem Staub gemacht haben? Nein das konnte ich mir einfach nicht vorstellen. Oder hat er es wirklich?“ sah sie Vlad fragend an, der sprachlos auf die Wirtin hinabsah.

Corvin drängelte ihn zur Seite. „Genau das wissen wir nicht. Mein Schwiegervater hat uns nur in seinem Testament auf eine Gabi Müller hingewiesen und ihr einen erheblichen Anteil vermacht. Aus diesem Grunde suchen wir sie. Natürlich möchte meine Frau wissen, wer diese Frau ist und was sie ihrem Vater bedeutete.“

Die Wirtin erhob sich, „Tja ich werde meine Erinnerungen gern auffrischen. Morgen früh kann ich ihnen sicher mehr sagen.“ Sie deutete ein Nicken an und verschwand.

„Sie verheimlicht etwas!“, sagte Peer unumwunden. „Ich traue ihr nicht.“

„Nun mal langsam. Wir werden ihr morgen auf den Zahn fühlen. Sie war eher erschrocken und empört. Geht auf euer Zimmer. Wenn alles schläft, muss einer nach Leer, wir brauchen Nahrung.“

„Wie wäre es, wenn du gehst, Corvin!“, sagte mein Vater düster. Aber Corvin schüttelte den Kopf, „nein mein Lieber, ich bleibe bei meiner Frau.“ Fügte Corvin in anzüglichen Ton hinzu. Dabei bedachte er Vlad mit eisigem Blick. Peer drängte meinen zornigen Vater aus dem Raum, nicht ohne Corvin einen vorwurfsvollen Blick zuzuwerfen. Corvin zuckte nicht mit der Wimper.

„Was ist zwischen dir und Vlad?“, fragte ich ihn, nachdem Peer die Tür hinter sich schloss.

„Oh, er hat dir vor dem Kopf gestoßen. Meinst ich habe deine Reaktion nicht bemerkt. Wie kann er nur, du wolltest ihm beistehen…“ fuhr er mich zornig an, ruhiger fuhr er fort, „Deshalb wohnen wir nun in diesem ehrenwerten Haus.“ Lächelte er grimmig vor sich hin.

„Was soll das wieder bedeuten?“ darauf gab Corvin mir keine Antwort. Mit zwei langen Schritten war er bei mir und hob mich hoch, um mich dann auf das Bett zu werfen. „Genug geredet, ich denke wir sollten diesen sehr erregenden Kuss wiederholen.“

Später in der Nacht erzählte mir Corvin, das in genau diesem Bett, mein Vater und meine Mutter gelegen hatten. Das war es, was Vlad aufregte, er konnte und wollte nicht, dass seine Tochter in diesem Bett schlief oder noch Schlimmeres tat. „Du bist ein fürchterlicher Mann!“ sprang ich aus dem Bett, „Warum musstest du mir das sagen?“

Corvin grinste maliziös, „Keine Geheimnisse Sarah! So wolltest du es doch! Und wer weiß vielleicht wurdest du sogar in diesem Bett gezeugt.“ Lachte er vor sich hin. „Ich finde das durchaus amüsant. Stell dir vor, vielleicht haben wir gerade unseren Nachwuchs gezeugt. Na das wäre doch schon eine Tradition.“

 „Ich bleibe keine Sekunde länger in diesem Zimmer. Nun muss ich immerfort daran denken wie mein Vater mit ihr… oh du bist unmöglich.“ Suchte ich meine Sachen zusammen.

„Nicht so schnell mein liebliches Weib. Ich bin noch nicht fertig mit dir.“ Schlang er seinen Arm um meine Hüfte.

„Vergiss das Corvin Sardovan!“ fauchte ich ihn an.

„Wir werden sehen. Ich kann sehr überzeugend sein, mein Schatz.“ Und das war er.

Am nächsten Morgen konnte ich Vlad nicht in die Augen sehen. Beschämt trank ich den Kaffee. Warum musste er auch gerade an diesem Morgen mir direkt gegenübersitzen. Was Corvin noch mehr belustigte. Schuft der er war. Die Wirtin schwieg, als Vlad sie auf Gabi ansprach, verschloss sich ihre Miene sofort. „Sarah wir gehen gleich hinaus. Bleib du und trink noch einen Kaffee sie wird mit dir reden.“

So geschah es auch. Sobald die drei Vampire aus meinem Sichtfeld verschwanden - kam die Frau um die Ecke.

„Sind die Herren schon weg?“, fragte sie leutselig.

„Ja sie wollen sich ein wenig umsehen. Doch ich brauche noch einen Kaffee.“

„Darf ich ihnen Gesellschaft leisten?“ lächelnd nickte ich ihr zu. Sie kam, sofort auf meine Mutter zu sprechen.

„Stimmt es wirklich das ihr Vater ihr etwas vererbt?“

 

„Ja so ist es. Wer war diese Frau? Wissen sie etwas über sie?“

„Und ob!“ sah sie sich um. „Ich habe gestern Abend noch mit meinem Mann über Gabi und ihrem Vater gesprochen. Ich will ja niemanden etwas nachsagen aber an Gabi stimmte einiges nicht. Wir haben damals geschwiegen. Ihr Vater war ja so verliebt in dieses Mädchen. Gabi gab vor aus dem Dorf zu stammen und das Zimmer, in dem sie wohnte, gehörte ihrer Großmutter. Natürlich war das eine dreiste Lüge. Aber ihr Vater glaubte das, dabei haben wir sie überhaupt nicht gekannt und als uns ihre Schwangerschaft auffiel und wie rührend er besorgt um sie war. Jedenfalls schwiegen wir. Das gesamte Dorf! Obwohl wir oftmals von ihrer Unverfrorenheit geradezu entsetzt waren. Sie zog uns alle in ihr Lügengebilde hinein.“

Ich fragte mich, wo Vlad damals seinen Verstand hatte. Machte Liebe wirklich blind oder wollte er nur das Sehen und Wissen, was er sehen wollte. Noch heute? „Jedenfalls mitten in der Nacht platzte die Fruchtblase. Ich sehe es noch vor mir. Er trug sie die Treppen hinunter, völlig fertig mit den Nerven das war das Letzte, was ich von den Beiden sah. Zwei Tage später kam eine Frau und packte Gabis Sachen zusammen. Angeblich Gabis Mutter. Das Kind habe die Geburt nicht überlebt und der Nichtsnutz von Vater habe sich aus dem Staub gemacht. So erzählte mir die Wirtin bei der Gabi wohnte. Sie erzählte auch von deren Frechheit, da sie die restliche Miete nicht beglich. Nun ihr Vater bezahlte immer im Voraus und so gab ich ihr einen Teil der Miete, nachdem ihr Vater nicht zurückkehrte.“

Seufzend sah sie mich an. „Wenn ich ihnen einen Rat geben darf, dann behalten sie das Geld und vergessen diese Gabi Müller. Sie war es nicht wert. Hinter dem Rücken ihres Vaters machte sie doch tatsächlich meinem Mann Avancen und nicht nur ihm. Sie war ein leichtfertiges Frauenzimmer. Zwar sah sie wie ein Engel aus aber naja… und dann erzählte sie doch tatsächlich sie sei Studentin der Medizin. Ha, wenn sie den Abschluss überhaupt besaß, würde es mich doch sehr wundern. Der Sohn der Wirtin studierte damals in München und sie stürzte sich direkt auf ihn, als er zu Besuch kam. Na, der hat ihr so einiges an den Kopf geworfen und er wollte auch mit Martin reden. Leider kam er bei einem Autounfall ums Leben, das war schrecklich für meine Nachbarin der einzige Sohn.“ Schüttelte sie traurig den Kopf.

Sie wusste gar nicht, wie mir zumute war. Jäger! Nun verstand ich zum ersten Male die Rücksichtslosigkeit dieser Mörder. Denn ich war überzeugt, dass sie den Sohn der Wirtin umbrachten, bevor er mit Vlad reden konnte.

„Ich wollte all dies nicht ihrem Bruder erzählen. Er sieht seinem Vater so ähnlich. Er scheint genauso verletzlich zu sein wie er. Zudem schäme ich mich, noch heute, weil wir schwiegen und uns schuldig machten. Ich glaube kaum, dass irgendein Einwohner dieses Dorfes die Wahrheit sagen wird. Zu sehr belastet uns unser schlechtes Gewissen. Aber ich wolle ihnen reinen Wein einschenken, sie sind eine verheiratete Frau mit einem starken aufrechten Mann an ihrer Seite. Wenn sie ihrem Bruder die Wahrheit sagen wollen, tun sie das. Ich werde nicht mehr schweigen und mein Mann auch nicht.“

Dankend nickte ich ihr zu, „Diese Frau, die sich als Mutter ausgab, wissen sie etwas über sie?“ die Wirtin schüttelte verneinend den Kopf. „Sie kam und packte die Sachen zusammen und verschwand das alles soll keine halbe Stunde gedauert haben. Aber es war ein Dortmunder Kennzeichen daran konnte sich meine Nachbarin erinnern. Sie kam nämlich auch aus Dortmund nur deshalb viel es ihr auf. Trotz der Trauer um ihren Sohn. Sie lebte nicht mehr lange, der Schmerz müssen sie wissen. Eine traurige Geschichte.“ Seufzte sie leise vor sich hin.

Also nicht nur den Sohn hatten die Jäger auf dem Gewissen nein auch die Mutter und meine eigene Mutter war darin verstrickt. Mit welchen Abgründen musste ich noch rechnen? War ich vielleicht gar nicht Vlad´s Tochter, wer weiß, wer mein Vater war?

„Sarah?“ Corvin kam beherrscht in den Raum. An seinem Verhalten erkannte ich, dass er wusste, was mir die Frau erzählte. Dass er wusste, woran ich zweifelte, was mich entsetzte. Es war nicht leicht so etwas über die eigene Mutter zu hören, die man seit Kindheitstagen vergötterte. Die gleichen Gene waren auch in mir, dachte ich bitter.

Die Wirtin ließ uns allein. „Sarah hör mir zu. Vlad ist dein Vater daran gibt es keinerlei Zweifel. Egal wer auch deine Mutter ist oder war. Du trägst nur einen kleinen Teil dieser Gene in dir. Hast du vergessen, wie stark unsere Nachkommen uns ähneln? Sieh dir Hendrik an, er könnte der Zwilling seines Vaters sein. So ist es auch bei dir glaub mir.“

„Aber  Geirrod  sagte  doch,  wie  sehr  ich  meiner  Mutter  ähnelte.  Auch  Vlad  sieht  viel  von  ihr  in  mir. Wahrscheinlich bin ich eine Ausnahme.“

„Nein das bist du nicht. Du kommst ganz nach deinen Vorfahren. Ich werde es dir beweisen, es gibt ein Porträt, nein  zwei  darin  wirst  du  dich  wiedererkennen.  So  nun  lächle  wieder.  Wir  müssen  deinem  Vater  einige unangenehme Wahrheiten mitteilen.“ küsste er mich sanft. „Bist du soweit?“, fragte er nochmals nach, ich nickte wortlos.

 „Ich denke wir fahren ein Stück hinaus aus dem Dorf. Das wird ein unangenehmes Gespräch für Vlad. Wer weiß, wie er reagieren wird.“

Wie mein Vater die Worte der Wirtin auffasste. Damit hätte ich niemals gerechnet. Er bezichtigte Corvin, mich, die Wirtin, das gesamte Dorf als Lügner. Er drehte völlig ab und ging auf Corvin los, als wollte er ihn schlagen.

Corvin  blieb  ruhig  und  gelassen  während Vlad  ihm  mit  schwarzen Augen  und  ausgefahrenen  Zähnen  die heftigsten Vorwürfe machte. Erst als mein Vater mich mit Worten angriff, verlor Corvin die Beherrschung. Peer musste handgreiflich einschreiten. Ansonsten hätten sich die beiden Freunde bekämpft.

Vlad schrie verzweifelt auf, als Peer dazwischentrat. Der Schrei ließ mein inneres Gefrieren so viel Schmerz lag darin. Soviel Elend, Enttäuschung und Trauer ich konnte nicht anders. Ich ging zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter, die er wutentbrannt abschüttelte und davonlief. Corvin wollte sofort hinter ihm herstürzen. „Lass ihn!“ hielt ich ihn zurück, „Er muss damit allein fertig werden. Er weiß, dass wir ihn niemals mit Absicht belügen würden.“

Peer hielt Corvin fest, „Sarah spricht die Wahrheit Corvin. Er wird wieder zur Vernunft kommen. Dabei kann ihm niemand helfen.“

Corvin schüttelte sich wie ein nasser Hund. „Geht!“, fuhr er uns an.

„Nein! Du verfluchter Vampir, ich bleibe. Meinst du ich lasse dich jetzt allein?“ stellte ich mich Corvin in den Weg. Peer nickte mir anerkennend zu und verschwand aus meinem Blickfeld.

„Sarah geh!“, knurrte mich Corvin warnend an.

„Nein! Ich habe genug davon! Geh, sobald ich die Beherrschung verliere. Warum? Sag mir darf ich dich nicht sehen, wenn du wütend bist? Wegen deiner schwarzen Augen? Deinen Hauern? Die da aus deinem Mund wachsen. Nein Sardovan entweder du siehst mir in jeder Lebenslage ins Gesicht, oder ich gehe aber dann für immer. Wie sagtest du gestern noch keine Geheimnisse mehr und nun tust du es schon wieder. Diesmal nicht, du eigensinniger verstockter Blutsauger.“

„Ah, die Dame hat plötzlich Mut! Hast du so viel Mut mir ins Gesicht zu sehen? Soviel Mut meinen Durst standzuhalten?“ er wandte sich mir zu, sein Gesicht war eine gefährlich aussehende Fratze und doch war es der Mann, den ich liebte.

„Was ist?“ fasste er mich grob an den Schultern, „Was keine Angst? Die solltest du haben Sarah. Ich kann mich kaum beherrschen, mich gelüstet es nach deinem Blut. Ich bin ein Raubtier! Zwar eines mit Manieren bis zu einem gewissen Grad doch trotz allem ein Raubtier, das gerade jetzt nach deinem Blut giert.“ Er fixierte eine Stelle an meinen Hals.

Ich hob den Kopf bot ihm meine ungeschützte Kehle an. „Dann beiß doch zu! Zerfetz doch meinen Hals, wie du es mit dem Kerl getan hast. Meinst du, ich habe das vergessen? Meinst du, ich habe Angst? Nein mein Lieber davor nicht, nur wenn du dich von mir abwendest. Davor ängstige ich mich. Na los beiß schon zu! Trink mein Blut, nähre dich daran.“ Funkelte ich Corvin wild an.

 Er zögerte in seinen Augen flackerte etwas auf. Ich fragte mich ganz ruhig wer gewinnen würde das Raubtier oder das menschliche in ihm. Falls man es überhaupt als menschlich bezeichnen konnte. Wie sagte er? Manieren ja! Das war es aber auch schon! Über Jahrhunderte hinweg lernten sie inmitten ihrer Beute zu leben, ohne aufzufallen.

Mit einem Male begriff ich, die Wirtin, der Mann, Menschen allgemein, sie alle schreckten vor ihnen zurück. Erst als die Wirtin mich sah, kam sie beruhigter auf uns zu. Ja die Menschen spürten ihre Andersartigkeit, nur wir  die Kinder vertrauten ihnen. Wie sprach die Wirtin von Vlad so mitfühlend so besorgt, trotzdem wagte sie nicht ihm die Wahrheit zu sagen. Obwohl meine Mutter log und betrug, schützten sie sie vor dem Vampir, wenn auch unbewusst. „Nun was ist Vampir?“, forderte ich Corvin heraus, „Beißt du mich nun oder nicht. Ich habe keine Angst vor dir. Noch nie! Selbst als ich dich das erste Mal mit diesen Zähnen sah und du weißt es, nicht wahr. Tu was du tun musst aber erzähl mir nicht ich verstehe es nicht oder ängstige mich, das sind deine Ausreden.“

Corvins Augen verfinsterten in einem tieferen schwarz. Es lag eine ungebändigte Kraft darin. Das Raubtier gewann, ich sah es ihm an und dachte, mein letztes Stündlein schlage nun. Er sah sich gehetzt um und griff im gleichen Moment fester zu. Mit einer Kraft, die ich in ihm niemals vermutete, mit einer Schnelligkeit, die unfassbar war, packte und trug er mich abseits des Weges. Ich wehrte mich nicht, wusste es wäre zwecklos. Wer wollte ihn jetzt noch aufhalten? Ich selbst habe ihn herausgefordert, oft genug warnte er mich vor der Bestie, die in ihm lauerte.

Seltsam dachte ich. Denn ich verspürte keinerlei Angst, es mehr eine Neugier, was mich nun erwartete. Wusste ich doch, dass der Mann damals im Lager sofort tot war, das war ein Trost für mich kein schleichender langsamer Tod, sondern ein schneller gewaltsamer.

Da erst bemerkte ich das Corvin mir die Kleidung zerriss als wäre es Papier. „Du wolltest es Sarah! Nun trage auch  die  Konsequenzen.“  Durch  die  Hauer  behindert  lispelte  Corvin,  was  sich  irgendwie  komisch  anhörte. Kichernd hörte ich ihm zu, ich konnte nicht anders das Lispeln vermischt mit den Zischlauten belustigte mich.

Es geschah in Sekunden ich lag im trockenen Gebüsch und Corvin drang gewaltsam in mich ein. Oder biss er mir zuerst ins Fleisch. Nicht in den Hals nein in das weiche Fleisch meiner Achsel. Er trank mein Blut und zugleich spürte ich seine Erregung, die mich fast zerriss. So unglaublich brutal dieser Akt auch war, erregte er mich auf eine Weise, die ich nie für möglich hielt. Konnte es einen schöneren Tod geben? Fragte ich mich noch, bevor ich mich den Gelüsten dieses Vampires vollkommen hingab.

Kapitel 24

Aber ich starb nicht, zwar verlor ich das Bewusstsein oder war es einfach die Erschöpfung. Als ich erwachte, lag Corvin neben mir. Lächelnd sah er mich an. Nicht die Fratze, nein er Corvin grinste geradezu unverschämt. Noch etwas anderes lag darin, ein Sieg, ein Triumph, der sich immer weiter in seinen Zügen ausbreitete. Das war mir unheimlicher als die teuflische Fratze, wenn er sich wandelte. Ich wollte nur weg von diesem Ausdruck und zuckte hoch. Corvin hielt mich nieder. „Bleib liegen!“, forderte er. Was ich nur zu gern tat jeder Muskel jedes Glied in meinen Körper stöhnte auf vor Schmerz. Mein Unterleib brannte wie die Höhle ich musste völlig wund sein. In meinem Arm pochte es regelmäßig schmerzhaft auf. „Du musst erst zu Kräften kommen Sarah. Außerdem blutet die Wunde noch. Ich glaube ich habe zu tief gebissen.“ Sein siegesgewisses Grinsen breitete sich nun über sein ganzes Gesicht aus. „Nun gehörst du vollkommen mir Sarah. Du bist mir auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Obwohl ich mich nie auf diese Weise binden wollte, muss ich sagen das mir der Gedanke ungeheuer gefällt.“ Küssend fuhren seine Lippen über meinem Bauch.

„Was hast du getan?“, fragte ich kleinlaut. Seine Worte hallten in einer Weise in mir nach, die mir nicht gefiel, ich spürte direkt seine Befriedung.

„Du hast es herausgefordert Sarah. Trage nun die Konsequenzen.“ Zeigte er sein regelmäßiges Gebiss, sein Lächeln war wölfisch.

„Ich verstehe nur Bahnhof. Entweder du erklärst es mir oder halte deinen Mund mit deinen Andeutungen.“

„Ich erkläre es dir. Du bist mein in jeglicher Form. Mit Leib und Seele gehörst du mir. Jeder Mensch wird deine Andersartigkeit spüren. Jeder Vampir erkennt dich als mein Eigentum. Nicht nur meine Frau nein du bist mein Besitz. Du trägst meinen Stempel mein Schatz.“

„Quatsch! Ich gehöre nur mir selbst das habe ich dir schon einmal erklärt. Ich bin nicht dein Besitz…“

„Jetzt schon!“, unterbrach er mich, „Dein Blut fließt gerade in meinen Adern es nährt mich und stärkt mich auf eine ungewohnte Weise. So stark war ich noch niemals in meinem Leben. Mein Geist ist offen als wäre mein Hirn von allem Ballast befreit worden. Ich spüre eine Kraft, die unglaublich ist. All das von deinem Blute, deinen Vorfahren  du gehörst der alten Sippe an. Nein, der ersten Sippe. Das wusste ich nicht, deshalb ist Vlad auch so, das wird mir erst jetzt bewusst. Er hat dir nur das Beste seiner Sippe vermacht, die Reinheit und Stärke der Ersten, wenn nicht sogar des Ersten.“ War er durchgedreht? Bekam ihm das Blut nicht oder wurde er gerade vor meinen Augen wahnsinnig? Der Erste! Es hieß doch er war ein grausamer Tyrann!

„Nichts dergleichen. Es ist so einfach deine Gedanken zu hören. Sie fließen mir wie warme Regentropfen entgegen. Jegliche Erinnerung jedes Wort, das du sagtest oder hörtest, ist mir bewusst. Ich kann darin lesen wie in einem Buch. Ich muss nur nachschlagen. Auch wenn mir einige Erinnerungen nicht gefallen. Besonders die, als du auf der Suche nach Liebe warst. Ich werde jeden einzelnen Mann aus deinem Gedächtnis tilgen Sarah. Das kann ich mit der Zeit nicht ertragen schon gar nicht die Küsse, die du dem Jäger Stegmann schenktest. Ich hätte dich damals nie herauslassen dürfen. O ja ich weiß, dass er dir gefiel, ich weiß alles Sarah.“

„Du bist verrückt Corvin Sardovan!“ keuchte ich angstvoll und redete mir ein das er nur meine derzeitigen Gedanken hören konnte.

„Das war einmal.“ Lächelte er, „keine Geheimnisse Sarah du kannst vor mir nicht mehr das Geringste verheimlichen. Ich bin gespannt, was sich noch alles einstellen wird. Seit langer Zeit freue ich mich auf die Zukunft. Eine Zukunft mit meiner Frau, die mir Kraft und Stärke verleiht.“

 Es konnte nicht anders sein. Er vertrug das Blut nicht, wie lange hielt dieser Zustand an? Irgendwann mussten die Nachwirkungen aufhören ich musste nur dafür sorgen, dass er nicht mehr mein Blut trank. Ach wäre doch nur Vlad hier, er wüsste, wie er mit Corvin umgehen musste.

Corvin lachte schallend auf. „Deine Gedanken sind wirklich vergnüglich niemand noch nicht einmal dein Vater wird einen Ton dagegen erheben. Es ist mein Recht mich von dir zu nähren und glaube mir, das werde ich und sei es auch nur um dich an mich zu binden. So jetzt lass mich mal deine Wunde sehen. Wenn sie aufgehört hat zu bluten werden wir ins Dorf zurückkehren. Dort kannst du dich dann ausruhen.“ Vorsichtig untersuchte er die Wunde und war zufrieden. „Ich werde dich tragen du wirst kaum laufen können. Im Hotel wirst du ordentlich trinken das wird deine Kräfte mobilisieren.“

Zwei Tage und Nächte durfte ich mich nicht rühren. Corvin wich nicht eine Sekunde von meiner Seite. Peer schleppte alles, an was Corvin forderte. Der Wirtin erzählte er, ich sei bei der Auseinandersetzung mit meinem Bruder zusammengebrochen, aber ich sei auf den Weg der Besserung und wolle keinen Arzt. Dieser aalglatte Lügner, wie leicht sie ihm von den Lippen kamen.

Es amüsierte Corvin, was ich über ihn dachte. „Hauptsache du liebst mich Sarah. Beschimpfe mich aber höre nie auf mich zu lieben das würde ich nicht ertragen.“ Oft befragte er mich nach meiner Kindheit. Ob ich mich an jenes oder dieses erinnerte? Meistens konnte ich das nicht. Es war wahr, für ihn war ich eine Videothek in dem Er sich jede bewusste Erinnerung ansah. Jedes kleinste Detail erörterte er. Ich fühlte mich Corvin vollkommen ausgeliefert und dieses Gefühl brachte mir maßloses Unbehagen ein.

Je unangenehmer ich mich fühlte desto wohler gab sich Corvin. Er genoss es richtiggehend, mich auf meine Vergangenheit anzusprechen. Ich konnte noch nicht einmal so tun, als ob ich schliefe. Er wusste es und nahm keinerlei Rücksicht. Nebenher versorgte er die Wunde. „Sie sieht schon viel besser aus. Nun lass mich mal sehen, wie wund du bist.“ Hob er die Bettdecke an.

„Jetzt reicht’s!“ trat ich nach ihm, „Du verblödeter Vampir meinst du etwa ich lasse dich…“

Er unterbrach mich  lachend,  „Aber natürlich mein Weib! Schließlich muss ich doch wissen, wann du die ehelichen Pflichten wieder aufnehmen kannst.“

„Wagst du es, dann werde ich dir die Augen auskratzen Corvin Sardovan.“ Warnte ich ihn böse.

„Ganz wie du meinst. Kratz, soviel du willst, ich sehe mir das nun genauer an. Außerdem habe ich schon gestern und vorgestern nachgesehen, als du wirklich geschlafen hast. Ich muss sagen du besitzt eine gute Heilhaut …“

„Oh Gott das darf nicht wahr sein!“, schrie ich mir die Ohren zuhaltend. Was mir nicht das Geringste einbrachte denn Corvin zog ohne Mühe meine Hände fort. „Sarah keine Geheimnisse! Auch in diesem Bereich nicht. Du stellst dich an wie ein kleines Kind. Dabei habe ich das alles schon mehr als einmal gesehen und geschmeckt.“ Grinste er mich süffisant an. „zudem warte ich ungeduldig auf die Heilung gerade dieses intimen Körperbereichs.“

 „Kennst du denn keine Grenzen? Hast du überhaupt eine Vorstellung, wie ich mich dabei fühle?“

„Aber sicher weiß ich das. Sehr genau sogar. Deshalb habe ich ja bisher Rücksicht genommen. Doch langsam meine ich, solltest du dich an solch kleine Liebesdienste gewöhnen. Es ist doch nichts dabei.“ Beugte er sich zu mir hinunter. Er wollte mir einen Kuss geben und ich drehte mein Gesicht weg. Was ihn natürlich anstachelte. „Entziehst du mir tatsächlich deine Lippen?“, fragte er sich selbst ungläubig. „Ich freue mich auf eine kleine Rangelei und du weißt wie die ausgeht mein Schatz.“

„Ach lass mich in Ruhe!“

„Das werde ich nach einem Kuss. Einen richtigen meine Geliebte.“ Lockte er liebreizend, es blieb nicht bei einem Kuss. Er spürte meine Erregung eher als ich. Leise lachte er in sich hinein. „Dein Wunsch ist mir Befehl.“

Das waren die seltsamsten zwei Tage, die ich je erlebte. Als Corvin am Morgen des dritten Tages anfing unsere Sachen zusammenzupacken meinte er. „Die Ferien sind vorbei. Es gibt eine Spur in Dortmund die werden wir verfolgen.“

Die gab es vor drei Tagen auch schon, dachte ich, als ich Corvin dabei beobachtete, wie er meine Unterwäsche ganz selbstverständlich in die Reisetasche packte. „Ja sicher gab es die Spur schon. Doch anstatt wild und blind durch die Gegend zu rasen, rufe ich erst die dort Ansässigen an. Warum stören dich solche Kleinigkeiten noch immer Sarah?“ sah er mich interessiert an. „Ich habe doch versucht dir begreiflich zu machen, dass es zwischen uns keine Geheimnisse gibt. Zumindest keine, die uns persönlich betreffen.“

„Ach war das der Sinn für unseren Aufenthalt hier?“

„Selbstverständlich! Du bist in dieser Beziehung sehr zurückhaltend, gelinde ausgedrückt. Ich habe nicht die Geduld Jahre darauf zu warten, bis du dich lockerer in einer Partnerschaft bewegst. Mir schien ein Schnellkurs wäre das Sinnvollste. Vor allen Dingen da kein Vater, keine Freundin oder ein Vampir uns dabei ständig stört. Peer ist in diesen Dingen schon immer sehr zurückhaltend gewesen, er traut keiner Frau und besonders dir nicht. Obwohl er sich dir gegenüber manchmal äußerst rücksichtsvoll verhält.“

„Du meinst wohl abwertend!“ giftete ich zurück und versuchte aufzustehen.

„Kannst du mir verraten, was du da treibst?“ stand Corvin schon am Bett und drückte mich sanft zurück in die Federn. „Wir haben noch zwei Stunden, bevor wir abfahren. Bleibe solange liegen.“

„Aber ich möchte vorher duschen und…“

„Später! Wenn wir in Dortmund sind, kannst du dich duschen. Vorher sieht ein Arzt sich deine Wunde an.“

„Sie blutet seit gestern nicht mehr. Außerdem schmerzt sie kaum.“

„Sarah ich werde kein Risiko eingehen, also bleib liegen.“

Mir blieb keine andere Wahl. Corvin legte mir locker eine Jacke über die Schultern das war schon alles, was ich am Oberkörper trug. Die Wirtin verabschiedete uns mit vielen bedauernden Worten und geschäftstüchtig wie sie war betonte sie, wie willkommen wir wären. „Das glaube ich gern. Ich habe ihr ein ordentliches Trinkgeld gegeben.“ Meinte Corvin zynisch, als er mich in das Auto verfrachtete. Peer schloss den Kofferraum und setzte sich nach vorn. Corvin sprach nochmals mit dem Wirtspaar.

„Geht es dir gut? Sarah?“ fragte Peer mich mit besorgtem Blick.

„Danke ja.“ Ich wunderte mich über seine Fürsorge.

„Ein Vampir besonders ein alter Vampir kann seinen Durst manchmal nicht richtig einschätzen. So mancher hat angefangen seine Frau zu wandeln, ohne dass es ihm bewusst wurde. Hast du irgendeine Veränderung an deinen Körper oder deinen Geist festgestellt?“ ich schüttelte den Kopf.

„Hat er sich nochmals von dir genährt?“ wieder schüttelte ich verneinend. Er nickte zufrieden. „Corvin hat sich von allen alten Vampiren am Besten in der Gewalt. Aber ich wollte es aus deinem Munde hören. Hat er dir gesagt, was es für dich bedeutet?“

„Meinst du etwa, dass ich nun ihm gehöre?“, fragte ich spitz nach. Peer lächelte mich frech an. „Du kämpfst noch dagegen an? Das ist sehr gut. Wehre dich, solange du kannst, umso siegreicher wird deine Unterwerfung.“

„Ja, ich habe eine starke Frau!“, sagte Corvin, als er den Wagen startete. „Liegst du bequem oder willst du Peer erst  einige  Haare  herausreißen?“  lachte  Corvin  amüsiert,  er  zwinkerte  Peer  vergnüglich  zu.  „Sie  ist  ein rachsüchtiger kleiner Schelm musst du wissen.“

„Du spürst ihre Gedanken so klar? Und sie wehrt sich noch immer?“

Corvin nickte, „Ich sagte doch eine starke Frau!“ in seiner Stimme schwang ein stolzer Ton mit.

Peer rümpfte die Nase und er warf mir einen rätselhaften Blick zu. Corvin schien über etwas sauer zu sein. Sein Rücken versteifte sich abwehrend und während der Fahrt war er sehr einsilbig. Während Peer sich zufrieden in den Sitz flegelte. Wie ich es hasste, wenn sie sich wortlos verstanden.

In der bedrückten Stimmung im Wagen schlief ich ein. Erst als sanft über meine Wange gestreichelt wurde, wachte ich auf. „Leg den Arm um meinem Nacken Liebling.“ Forderte er mich leise auf. Verschlafen schmiegte ich meine Wange an seine Hand. „Lass mich noch ein bisschen liegen.“ Murmelte ich schon wieder dösend.

„Das kannst du gleich, aber Steve will deine Wunde sehen und das soll er doch wohl nicht hier auf dem Parkplatz. Oder?“ Verwirrt öffnete ich die Augen und sah in Corvins belustigte Augen. Erst jetzt wurde mir bewusst, wo ich war.

„Oh nein natürlich nicht.“ Er hob mich aus den Wagen mir kam alles vertraut vor. Wir standen vor einem mir bekannten Haus. Wir waren vor meiner Wohnung! Wollte Corvin mich tatsächlich in meine Wohnung bringen?

„Ich denke es ist nun unsere.“ Hauchte er mir ins Ohr. „Übrigens habe ich einige Veränderungen vornehmen lassen. Ich hoffe es gefällt dir.“

„Was…?“

„Du wirst es gleich sehen.“ Unterbrach er mich. „Steve würdest du die Tasche nehmen? Während Peer uns aufschließt.“

Schlüssel? Woher hatte Corvin die Schlüssel zu meiner Wohnung? „Das sind nicht deine. Wir haben die Schlösser ausgetauscht. Die Alten waren hoffnungslos veraltet nicht sicher genug.“ Nicht  sicher  genug!  Ha  für  mich  hat  es  immer  gereicht.  Schmollend  ließ  ich  mich  von  dem  Herrn Sicherheitsfanatiker die Treppe hinauftragen. „Sarah bitte! Ich kann jedes Wort deutlich vernehmen.“

„Das solltest du auch. Es ist mein Heim! Wer hat hier alles spioniert, was hast du ändern lassen?“ fragte ich sauer nach. Konnte er denn nicht verstehen, dass es eine Privatsphäre gab, die man einfach nicht überschritt. Ich möchte mal sehen, wie er es findet, wenn ich seine Schubladen durchwühle.

„Es reicht, Sarah! Glaubst du denn, du besaßest je eine Privatsphäre? Die Jäger werden sich bestens in deinen Schubladen ausgekannt haben.“ Grollte er.

Inzwischen waren wir vor meiner Wohnungstür angelangt. Peer schloss auf und mich traf der Hammer. All meine alten guten Stücke – weg! Alles weg! Stattdessen breitete sich ein entsprungenes Blatt eines Möbelkatalogs vor mir aus.

„Steve! Sieh dir bitte die Wunde an.“ Sagte Corvin mit steiler Teufelsfalte auf der Stirn. Wenn ihm meine Gedanken nicht passen, dann sollte er woanders herumschnüffeln.

Steve nahm behutsam den Verband ab. Wortlos sah er sich die Wunde an. „Es ist halb so schlimm, wie du geschildert hast, Corvin. Sarah du musst deinen Arm noch einige Tage schonen. Ich sehe es mir dann nochmals an.“ Jetzt besah ich mir diesen Steve erst mal. Ich kannte ihn! Woher? Aber der saß doch in der Firma als Pförtner! Ja Gustav der Pförtner – nur sah er in dem Glaskasten anders aus – älter, behäbiger halt, wie ein Pförtner der sich ein Zubrot verdiente. Der hatte Ahnung von Verletzungen?

Corvin seufzte auf, „Sarah, Steve ist nicht nur Arzt, sondern auch ein ausgezeichneter Kämpfer. Niemand kommt ungefragt an ihm vorbei.“

„Deshalb der Pförtnerjob? Ist das nicht langweilig? Ich habe mich das oft gefragt.“ Schaute ich ihn neugierig an.

„Nein ganz und gar nicht. Noch genieße ich die Ruhe im Glaskasten. Aber da Corvin nun in Dortmund weilt, wird es das gewesen sein.“ Lächelte er mich beklagenswert an. Mir gefiel Steve! Corvin sollte Peer in den Glaskasten stecken und mir Steve lassen. „Danke Steve, wir sehen uns dann morgen.“ Begleitete Corvin ihn hinaus, nicht ohne mir einen vorwerfenden Blick zuzuwerfen.

Während der nächsten Tage musste ich mit Peer als Gesellschafter vorlieb nehmen. Ich durfte die Wohnung nicht verlassen, der Herr Sicherheitsfanatiker traute seinen eigenen Arzt nicht. Aber er verbrachte indessen den ganzen Tag im Büro und Kam meistens erst am Abend zurück. Sie hatten angefangen die menschlichen Angestellten zu überprüfen. Bisher ohne großen Erfolg. „Es muss einen Jäger geben, davon bin ich überzeugt. Sie lassen eine infiltrierte Firma nicht ohne Spion. Die Zimmermann hatte Jahre Zeit.“ Meinte er verärgert.

„Du könntest Sarah als Köder nutzen. Bisher bist du doch nicht in Erscheinung getreten.“ Schlug Peer vor, er schien ebenso wie ich die Nase vom Herumsitzen voll zu haben.

„Nein ich glaube kaum das jemand darauf hereinfällt. Die Jäger sind bestens informiert. Gerade das macht mir Sorgen. Manchmal hege ich den Verdacht einer von uns gibt Informationen weiter.“ Konnte das sein? Wenn ja dann musste es ein Vampir aus unserer unmittelbaren Umgebung sein. Jemand den Corvin vollkommen vertraute.

„Puh, das wäre eine verflixte Sache.“ Knurrte Peer, „aber möglich, wäre es schon. Vielen Vampiren hast du schon vor dem Kopf gestoßen.“ Corvin nickte zustimmend. „Einige waren es schon, nur ich denke da wie Sarah. Es muss jemand in unserem Umfeld sein.“

„Dann sind wir hier an der verkehrten Stelle. Der Verräter müsste sich demnach in der Festung befinden.“

„Davon gehe ich aus. Alia hat während des Winters einige Neuheiten angeschafft. Zudem streut sie einige Gerüchte  über  unsere  zukünftigen  Pläne  aus. Wir  sind  im Moment  genau  am richtigen  Ort.“  Sagte  Corvin geheimnisvoll.

Weder Peer noch ich wussten, wie Corvin vorgehen wollte. Er ging allmorgendlich ins Büro und schlug mir vor, in die Stadt bummeln zu gehen. Ich sollte seine Kreditkarte ruhig beanspruchen. Darauf lief es also hinaus. Sarah der unverfängliche Köder. Ich fragte mich ob Peer der mich begleiten sollte eingeweiht war. Corvin kannte meine Gedankengänge nur zu gut, ließ sich aber zu keinem Kommentar hinreißen.

Also jagte ich mit Peer im Schlepptau den Westenhellweg hinab mit einem kurzen Abstecher in die Brückstrasse und zurück zum Ostenhellweg. Jedes einzelne Geschäft suchte ich auf. Kaufte wahllos irgendein Klimbim, bis ich übel gelaunt auf jenes Bürogebäude steuerte, in dem ich einige Jahre mein Brot verdiente. Peer bepackt mit Taschen holte auf, „Sarah Sardovan das ist keine gute Idee, Corvin hat eindeutige Befehle hinterlassen.“

„Befehle? Peer du glaubst tatsächlich er gibt seiner Frau Befehle? Also wirklich!“ ging ich zielstrebig weiter. Im Empfang saß ein mir unbekannter älterer Herr, der uns freundlich grüßte. Aber sofort nach dem Telefonhörer schnappte. Noch ein gewissenhafter Lakai!

Ich ging zurück, „Ist der Obermacker persönlich am Apparat?“ der Mann nickte erschrocken. Verlangend streckte ich die Hand aus. „Sarah!“ hörte ich ihn in seinem üblichen Knurrlauten, wenn er sauer war.

„Corvin! Was glaubst du, wie viel Stunden ich noch durch die Stadt laufen soll?“

„Warte ich komme runter, lass dich ja nicht im Büro sehen.“

 Nicht mit mir, mein Lieber! Nicht mit mir! „Ich werde es ihm ausrichten“ sah ich Peer an, „Denkst du er glaubt mir?“ betrachtete ich Peer abwägend.

„Was faselst du da?“, fragte Corvin, ich legte auf.

„Peer du kannst die Taschen in Corvins Wagen legen. Ich warte derweil.“ Unsicher kam Peer auf mich zu, „Bist du sicher?“

„Siehst du, ich habe Corvin gesagt, das du mir nicht glaubst, ruf ihn an.“ Peer winkte ab und ging zum Treppenhaus. Sobald die Tür hinter ihm zufiel, flüchtete ich. Wohin? Das war die Frage, zunächst einmal weit weg und marschierte auf die U-Bahn-Station zu. Dort nahm ich die erste Bahn.

Erleichtert setzte ich mich. Bald bin ich aus seiner Reichweite, so oder ähnlich hatte es mir Rosmerta erklärt. Von wegen mich als dumme Ziege den Löwen vorwerfen. Er hätte mich fragen können. Ein Wort nur! Aber nein die alte Leier, ich entscheide und du kuschst. Nicht mit mir! Sollte er mal sehen, wie es ist auf heißen Kohlen zu sitzen.

Jetzt erst verfolgte ich, welche Richtung die Bahn nahm. Na superdirekt nach Haus! Auch nicht schlecht dort kannte ich mich wenigstens aus. Ich könnte laufen gehen. Eine ganz ausgezeichnete Idee Sarah versuch ja nicht ihn zu sehr zu reizen verhöhnte ich mich selbst. Verschwitzt und völlig fertig vom Laufen schloss ich meine Wohnung auf. Corvin erwartete mich mit sturmumwölkter Stirn. Auch das war nichts Neues. „Pack deine Sachen, wir ziehen in ein anderes Haus.“ Lautete sein Kommentar.

„Nein Corvin! Jetzt hörst du mir… natürlich… nein…“ in meinem Kopf herrschte das absolute Chaos. Ein Teil wollte dem Macho die Meinung sagen der andere wollte sich fügen. „Was tust du da?“

„Du wolltest es nicht anders. Sarah ich habe keine Zeit für deine Spielereien. Ich wollte dir einfach nur etwas Gutes gönnen und du drehst durch und haust ab. Jetzt entscheide ich und du fügst dich.“

„Du elender Wicht! Warum lässt du mich dann ins offene Messer laufen? Du kennst meine Gedanken doch.“ Corvin schüttelte den Kopf, „Ich weiß, wie unangenehm dir das ist, deshalb unterlasse ich es.“

„Gott! Tut mir leid, ich habe gedacht du markierst wieder den Diktator.“ Fiel mein Kartenhaus in sich zusammen. Zuerst denken dann handeln Sarah! Ermahnte ich mich, mal wieder zu spät.

„Was soll ich denn noch alles tun, damit du mir endlich glaubst. Verrate mir das Mal.“ Fragte Corvin mich genervt inzwischen wesentlich ruhiger.

„Wenn ich alt und grau bin, werden wir das schon hinbekommen.“ Grinste ich ihn an, mich an ihn schmiegend. Die sicherste Methode mit dem Vampir fertig zu werden. Obwohl er mich niemals als alte gebrechliche Frau zu sehen bekommen sollte. Das jedenfalls stand für mich fest.

„Darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, Sarah. Du hast die unterschiedlichsten Paare kennengelernt. Trotzdem hältst du an deinen Vorurteilen fest. Es ist überaus mühsam mit dir zusammenzuleben, meine Füchsin.“

„Dann solltest du das Weite suchen.“ Schlug ich ihm beleidigt vor.

 „Ich will es ja gar nicht anders. Also du wirst nicht noch einmal solch einen Unsinn verzapfen?“

„Versprochen!“

„Gut! Dann höre mir zu. In deiner Abteilung sitzt ein Mann. Drei Schreibtische vor deinem kannst du mir etwas über ihn erzählen?“

Ich überlegte, neben mir eine Kollegin vor mir eine. Wahrlich ich kannte so gut wie niemanden. „Tut mir leid, ich entsinne mich nicht. Der Einzige ist der Abteilungsleiter.“ Verzog ich das Gesicht, „inzwischen kennst du ihn ja.“

„Flüchtig. Glaubst du, wenn du den Mann siehst, fällt dir etwas zu ihm ein?“

„Corvin ich habe nie großartigen Kontakt zu meinem Kollegen gehabt. Aber versuchen kann ich es ja.“ Warnte ich ihn vor.

„Morgen gehst du ins Büro. Du wirst wieder deiner Arbeit nachgehen…“

„Ich denke du glaubst nicht daran, dass die Jäger etwas unternehmen?“

Er lächelte grimmig, „Oh du gehst nur arbeiten, damit ich dich unter Kontrolle halten kann.“ Erwiderte er grimmig. Also vertraute er meinem Wort nicht.

„Wird das nicht seltsam aussehen, wenn ich einfach nach so langer Zeit anfange zu arbeiten? Jeder andere wäre längst gekündigt worden.“

„Das ist alles geregelt, du batest aus familieren Gründen um unbefristeten Urlaub. Jetzt kommst du halt zurück. So steht es jedenfalls in deiner Personalakte. Selbst der Abteilungsleiter wird daran nichts zu mäkeln haben.“

So  ging  ich  am  nächsten  Morgen  bewacht  von  zwei  Vampiren  zur  Arbeit.  Wie  erwartet  musste  der Abteilungsleiter einige abfällige Kommentare in meiner Richtung loslassen. Mein Augenmerk richtete sich auf den Mann drei Schreibtische weiter. Ich konnte mich wirklich nicht an ihn erinnern. In der Mittagspause fragte ich eine Kollegin. „Ach der! Der ist von einer anderen Abteilung versetzt worden. Von welcher weiß ich nicht. Ein komischer Kauz, erzählt gern ungereimte Geschichten da ist Münchhausen nichts dagegen.“

Mehr konnte ich über den Mann nicht in Erfahrung bringen. Er hielt sich von mir fern. Als ich zum Feierabend hinter ihm stand und darauf wartete mich auszutragen sah er mich geradezu schockiert an. Ich grinste und offerierte ihm meine Beißerchen, da flüchtete er voller Entsetzen. Na genau das wollte Corvin doch wissen!

Als Corvin spät in der Nacht die Wohnung betrat, erfuhren wir von dem ersten Fortschritt. Der Mann arbeitete für die Jäger davon war Corvin überzeugt. Gleich, nachdem der das Gebäude verließ, ging er in ein Internet – Café.

„Wir haben eine E-Mail-Adresse! Endlich ein kleiner Hinweis.“

„Könnt ihr damit etwas anfangen?“, fragte ich.

Peer und Corvin grinsten sich an, „Ja er führt uns zum nächsten Jäger. Zudem wird er beobachtet. Er verhält sich sehr auffällig, denn er ist fluchtartig aus der Stadt geflohen. Mal sehen, wohin er uns führt.“

„Endlich eine Spur!“, seufzte Peer, „Das Laufen gegen den unsichtbaren Feind hat ein Ende.“

 „Hoffen wir es!“ stimmte Corvin zu, „Trotzdem werde ich die restlichen Mitarbeiter überprüfen. Wir dürfen uns keine Fehler erlauben.“

Die  nächsten  Wochen  waren  beinahe  normal.  Wir  gingen  morgens  aus  dem  Haus  zur Arbeit  und  kamen nachmittags zurück. Die Abende verbrachten wir mit verschiedenen Aktivitäten. Als Stadtführer war ich eine miese Kreatur, denn meine Gäste kannten Dortmund besser als ich. Wie gesagt beinahe war es eine ganz normale Beziehung, sah ich über die Blutbeutel im Kühlschrank hinweg sowie die Leibwache namens Peer, der mir auf Schritt und Tritt folgte. Natürlich darf ich die unvergesslichen Nächte in denen Corvin sich mir widmete nicht vergessen. Wie er sich nur zu gern ausdrückte. Also rundherum eine ganz normale Beziehung. So verdrängte ich die Realität. Tja ich dachte überhaupt nicht nach, sondern genoss nur die gemeinsame Zeit mit Corvin. Aber die Uhr tickte – viel zu schnell nach meinem Geschmack.

Wie üblich saß ich an meinem Arbeitsplatz. Der Abteilungsleiter ein nachtragender kleinlicher Despot hatte mir noch nicht verziehen. Ich bekam die Arbeit, die jeder mich eingeschlossen hasste. Ich wühlte mich gerade durch einen Wulst an Papieren als Corvin hereinkam. Natürlich wurde er sofort bemerkt. In den Wochen, in denen er in der Firma weilte, war er Gesprächsthema Nummer eins. Doch noch nie war er zu uns kleinen Rädchen hinabgestiegen.

Er stand einfach nur da und mein Herz schlug in unregelmäßigen Abständen. Mir wurde heiß, das Blatt in meinen Händen fiel auf den Berg Papiere zurück. Langsam müsste ich mich an seinem Anblick doch gewöhnt haben, schalt ich mich. Dabei sah ich mich unauffällig um, ob jemand meine Reaktion bemerkt hatte. Mitnichten! Aller Augen waren auf meinem Blutsauger gerichtet. Besonders die der Kolleginnen, die ihn mit geiferndem Sabber anschmachteten, wie ich grimmig feststellte.

Der Abteilungsleiter versperrte mir den direkten Blick auf Corvin. Wie der buckelt! Corvin sollte ihm mal seine Hauer zeigen zumindest seine Teufelsfalte! Aber nein! Erhaschte ich gerade einen Blick auf den Vampir, er ließ seinen Charme spielen.

Was wollte er vom Abteilungsleiter? Vielleicht gehörte er zu den Jägern? Corvin kam doch gewiss nicht ohne Grund. Sie gingen in das Büro des Abteilungsleiters. Sofort wurde leise getuschelt. Aufgeregte Stimmen raunten durch  den  Raum.  Spekulationen  machten  die  Runde.  Dabei  zeigten  die  Damen  mehr  Interesse  an  Corvins Aussehen, wie ich verstimmt feststellte.

Eine gut aussehende Kollegin zog sich geschwind die Lippen nach. Worauf die anderen anwesenden Frauen ihrem Beispiel folgten. Blöde Kühe! Beobachtete ich sie sauer. Dadurch entging mir der Abteilungsleiter, der zu seinem Liebling trat. Die Beiden gingen ins Büro. Einige Minuten später kam die Frau mit hektisch roten Flecken hinaus.

 Die nächste Kollegin ging. Während der Liebling anfing, vom Firmeninhaber zu schwärmen, eindeutig Corvin spielte den Unwiderstehlichen. In meiner Unsicherheit fragte ich mich, ob ich nun den Laufpass bekam. Viel zu lange hatte er sich schon mit nur einer Frau beschäftigt mit einer die mittelmäßig aussah! Wenn ich mir meine Kolleginnen so ansah.

An Arbeit dachte niemand mehr. Natürlich wurde die Frau befragt, „Er hat mir ein paar Fragen gestellt und das war es schon. Gott ich habe gestottert wie ein Teenager. Wenn er einen ansieht dann … ach das Herz rutscht einem in die Hose. Er ist so … unbeschreiblich.“ Lächelte sie hirnverbrannt. „Vielleicht sucht er ja eine Sekretärin.“ Vermutete sie. Ja sicher eine die ihn rundum zufriedenstellt!

Quatsch ruhig weiter Blondchen! Meine Laune sank auf einen Tiefpunkt. Eine weitere Dame verschwand im Büro. Die blöden Weiber die zurückkamen zeigten merkwürdig wenig Verstand – meiner Ansicht nach! Aber wer fragte schon danach? Jedenfalls nicht der Fleischbeschauer, der dort drüben im Büro saß!

Inzwischen waren alle Damen durch. Ich wurde natürlich nicht ins Büro gebeten! Du kannst was erleben – heute Abend! Falls ich ihn überhaupt noch sah. Zornig tippte ich auf meine Tastatur ein. Was bequatschten die da drin eigentlich noch? Die Fleischschau war doch beendet.

Wenn der Nager mir heute zu Nahe tritt, dann kann er was erleben. Soll er sich doch eine von der Straße auflesen. Der Bückling kam aus seinem Büro. Mit gequälter Miene suchte er meine Aufmerksamkeit und winkte mich zu sich. Ich stand auf, ein falsches Wort Corvin Sardovan und ich ramm dir meinen Kuli ins Herz, den ich fest in der Hand hielt.

Bevor ich das Büro betreten konnte, stellte sich der Kriecher mir in den Weg. „Antworten sie nur auf seine Fragen. Mehr wird von ihnen nicht verlangt. Das werden sie ja wohl noch schaffen?“ Das und noch viel mehr! Der wird sich ja wohl kaum vor den Boss werfen, während ich Corvin massakriere? Schätzte ich das Männchen ab das gerade die Tür öffnete.

Ein Blick auf den Vampir und ich wusste, dass er in meinen Gedanken herumspuckte. Du kleiner Lump! Von wegen ich unterlasse es! Der Wichtel stellte mich vor. Corvin beugte sich vor und kam gleich zur Sache. „Wie lange sind sie bereits in der Firma beschäftigt?“ blätterte er suchend in meiner Personalakte.

„Muss ja da drin stehen. Lesen können sie doch wohl?“ beantwortete ich die Frage patzig. Das leichte Zucken um Corvin Mundwinkel verriet mir seine zunehmende Verärgerung. Hinter mir hörte ich einen verzweifelten Seufzer. „Ich sagte ihnen ja bereits Frau Wagner ist…“

Verstimmt unterbrach Corvin, das Gejammere mit einem Handstreich. Musternd sah er mich an, die Falte auf seiner Stirn vertiefte sich, was ich mit Befriedigung bemerkte. „Besitzen sie überhaupt ein gewisses Maß an Selbstbeherrschung?“, fragte er mich warnend. Viel zu wütend um auf seine Spielchen einzugehen gab ich ihm keine Antwort. Ich fand ich bewahrte eine große Selbstbeherrschung schließlich hielt ich den Kugelschreiber noch fest in meiner Hand.

„Gut, sie verstehen es wenigstens im richtigen Moment den Mund zu halten.“ Bemerkte der Herr bissig.

„Ja den Mund halten! Ich verstehe schon!“ schnappte ich nach Luft, was dieser elende Vampir gleich ausnutzte.

„Sie werden mich auf meiner Geschäftsreise als persönliche Assistentin begleiten.“

Nun ließ ich jede Vorsicht fahren, „Von wegen du blu…“ er stand fuchsteufelswild auf. So das Ich mich erschrocken mit einem Satz nach hinten in Sicherheit brachte. Gerade auf die Füße des Kriechers, der aufheulend fluchte.

„Wir reisen in einer Stunde ab.“ Sagte Corvin über das Gestöhne des Abteilungsleiters hinweg.   „Mann reißen sie sich mal zusammen! Durch ihre Inkompetenz habe ich wertvolle Zeit verloren.“ Blickte Corvin den Mann düster an, zugleich ergriff er meinen Arm und bugsierte mich hinaus. Langsam begriff ich. Sehr langsam! „Deshalb kommst du her? Veranstaltest diese Brautschau? Warum?“

„Leise! Wie sollte ich dich sonst unauffällig aus diesem Hühnerstall befreien.“ Drückte er mich leicht an sich. Erleichtert lächelte ich ihn an, meine Eifersucht und Unsicherheit vergessend. „Sieh mich nicht so an, wenn du in keinem unwürdigen Schauspiel mitspielen willst. Hol deine Sachen, ich warte am Fahrstuhl.“ Innerlich jubilierend schnappte ich meine Tasche die neugierigen Blicke meiner Arbeitskolleginnen missachtend.

„Wohin geht’s?“, fragte ich Corvin, als wir im Fahrstuhl hinunterfuhren.

„Vlad hat mich angerufen…“

„Was das sagst du erst jetzt?“, unterbrach ich ihn, „Wie geht es ihm? Wo ist er?“

„Langsam eins nach dem anderen. Ich weiß nur, wo er sich augenblicklich aufhält.“

„Wo?“

„Er ist bei einer alten Freundin in Frankreich.“ Ich nickte, „Wann fahren wir los?“

„Sofort. Wir fliegen ich möchte so schnell wie irgendmöglich zu ihm. Er hörte sich nicht gut an.“

„Was meinst du? Ist er krank oder was?“ sah ich ihn beunruhigt an.

„Sarah ich weiß es wirklich nicht. Damals war er auch in solch einer seltsamen Stimmung. Er verweigerte die Nahrung er wollte schlichtweg verhungern. Wir mussten Vlad zwangsernähren. Sarah du musst ihm gut zureden du bist das Einzige, was er noch hat.“

„Das stimmt doch nicht. Du vergisst Livio und seine Mutter Alischa.“

Corvin lachte grimmig auf, „Bei dieser Mutter würde sogar ich Selbstmordgedanken hegen.“

„Ist sie so schlimm?“

„Schlimmer noch, Sarah. Bete das du niemals in ihre Fänge kommst, sie wird dich aussaugen bis auf den letzten Tropfen.“ Ich erbleichte, „Nein! Nein! So war das nicht gemeint. Ich meine deine Seele, Alischa vergiftet alles in ihrer Nähe.“

„Habt ihr euch deshalb so seltsam verhalten? Ich hatte das Gefühl niemand konnte mir gerade in die Augen sehen. War es wegen Alischa?“ Diesmal erbleichte Corvin und wieder konnte er mich nicht ansehen. Stattdessen nahm er mich fest in den Arm. „Vergiss Alischa!“

Auf den Flug telefonierte Corvin mit Henry und Alia. „Sie warten ab. Vlad ist bei Amalasuintha das ist durchaus ein gutes Zeichen.“

„Wer ist Amala… wie kann man nur so heißen?“

„Sag einfach Intha“, lächelte er, „Sie ist ein sehr alter Vampir. Ich glaube sogar eine der Ältesten das weiß niemand mehr so genau.“

„Gibt es noch viele Älteste?“

„Zum Rat gehören die; sagen wir die Zweitältesten dazu zählt auch meine Mutter. Ja und die Ältesten… dazu gehörte Tai deine Urgroßmutter und auch Amalasuintha. Noch älter war ihr Mann dein Urgroßvater, man geht davon aus das sein Vater der erste Vampir war.“

„Tai und ihr Mann, sie sind tot? Nicht wahr.“

„Tai ja, einige Vampire verdächtigen, dass die eigene Tochter sie umbrachte.“

„Also Alischa.“ Sagte ich, Corvin ging nicht darauf ein, sondern sprach weiter. „Die Menschen damals besaßen nicht die Kraft einen Vampir zu töten. Ihr Mann verschwand, man hat ihn nie wieder gesehen. Natürlich ranken sich viele Spekulationen um ihn die von Mord über Schlaf bis hin zur Selbsttötung gehen. Was ihn letztendlich passiert ist, weiß niemand oder doch sein Mörder.“

„Du gehst von Mord aus?“

„Was sonst? Es heißt er wäre eiskalt gewesen keines Gefühls fähig.“ Wahrscheinlich kamen gerade diese Gene in Alischa offen zutage, dachte ich.

„Wieso sollte solch ein Charakter Selbstmord begehen? Nein ich denke er ist umgebracht worden.“ Fuhr Corvin fort.

„Und was ist mit Schlaf? Das könnte doch möglich sein.“

Corvin schüttelte den Kopf, „Ambrosius also dein Urgroßvater war nicht der Älteste. So nimmt man an. Gehen wir davon aus das sein Vater lebte auch er verschwand. Warum sollten sie sich schlafen legen? Sarah er war der uneingeschränkte Herrscher warum sollte er schlafen? Nahrung gab es genug zudem hielt er seine Brut unter harter Hand fest im Griff. Es kann auch sein das sich mehrere Vampire gegen ihn gestellt haben. Erfahren werden wir das nie.“

„Du sprichst von Ambrosius Vater?“

 „Ja und nein! Wir wissen es nicht genau. Es könnte auch die gleiche Person sein.“

„Was sagst du da? Inzest? Tai´s Vater auch gleich ihr Mann?“ zog ich angewidert die Lippe hoch.

„Inzest gab es zu jener Zeit noch nicht. Es war durchaus üblich. Außerdem wissen wir nicht, ob er Tai wandelte oder sie als Vampir oder als Kind eines Vampirs geboren wurde.“ Der Pilot der Privatmaschine bat uns, die Gurte anzulegen. „Erwähne Intha gegenüber kein Wort. Sie ist eine zerbrechliche kleine Person, die es sowieso schon schwer genug hatte.“

„Wie meinst du das?“, fragte ich nach.

„Sie war sein Lieblingsspielzeug und das über Jahrhunderte bis Tai den Mut aufbrachte und einschritt. Er ließ Tai gewähren andere die gegen seinen Willen handelten riss er das Herz heraus und verspeiste es. Wie gesagt er war eine Bestie.“

„Doch Tai ließ er leben!“ setzte ich hinzu, „Das muss doch einen Grund haben.“

„Ach  Sarah  du  bist  eine  hoffnungslose  Romantikerin.  Träume  weiter  ich  bin  sicher  er  kannte  andere Möglichkeiten, um seine Tochter oder Frau zu quälen.“ Lachte Corvin und gab mir einen Kuss auf die Stirn.

„Und du bist ein unverbesserlicher Pessimist.“ Ich hasste es, wenn er mich wie ein Kleinkind behandelte.

„Damit fahre ich ganz gut.“ Grunzte er zufrieden.

Mit dem Taxi erreichten wir Intha´s Wohnung, die in einem Hinterhof von Limoges Altstadt lag. Ungeduldig wartete Corvin, das die Haustür geöffnet wurde. Ein kleines Mädchen von ungefähr zehn Jahren öffnete uns. „Na da hast du dich aber beeilt.“ Lachte sie Corvin an, „und du bist Sarah? Nicht wahr? Ja man sieht es. Du gleichst Vlad sehr und nicht nur ihn. Willkommen in meinen bescheidenen Domizil.“

„Hör auf rumzureden wo ist er?“, fragte Corvin grantig nach, während ich mich langsam von meinem Schock erholte.

„Oben! Auf dem Dach.“ Antwortete das Kind. Ein Vampir! Wie grausam musste man sein, das einem Kind anzutun?

„Er  hat  dich  nicht  vorgewarnt?  Tja  das  sieht  ihm  ähnlich,  nun  komm  schon  rein.“  Forderte  sie  mich beiseitetretend auf.  Ich kam in die ungewöhnlichste Wohnung eines Jahrhunderte alten Kindvampirs. Alles war genau auf ihre Größe angefertigt. Intha lachte vergnügt auf, als sie mein Gesicht sah. „Die reinste Puppenstube nicht wahr. Ich habe mir mein eigenes Reich geschaffen, wenn Gäste kommen, müssen sie damit leben. Sowie ich in ihrer Welt zurechtkommen muss.“ Sagte sie trotzig. Sogar ihre Unterlippe schob sich starrköpfig vor. Wie ein kleines Kind zog ich fröstelnd die Schultern ein, unangenehm berührt.

„Sie werden nicht lange oben bleiben. Vlad hat dich sehr vermisst. Weißt du, er ist auch zu früh gewandelt worden. Kein Junge mehr und noch kein Mann. Für uns ist es besonders schwierig. Willst du dich wandeln?“

 „Ich? Nein! Darüber habe ich noch nicht nachgedacht.“ Versuchte ich mich auf einen der kleinen Stühle zu setzten der unter mein Gewicht gefährlich knarrte.

„Ich glaube dein Vater schon. Hier nimm ein Kissen und setz dich auf den Boden. Die Einrichtung ist mir lieb und teuer.“ Warf sie mir ein Kissen zu. „Tja ich vermute dein Vater würde es gern sehen, dich als Vampir. Aber sein finsterer Freund weniger. Zumindest nicht im Augenblick. Er hat noch nie lange an einer Frau gehangen. Doch vielleicht ist es bei dir etwas anderes. Wer weiß das schon. Jede glaubt das, um dann enttäuscht zu werden.“ Ich wusste keine Antwort auf die Offenheit dieses Kindes. Wieder lachte sie in ihrem Kinderlachen, indem die Bitternis wohnte.

„Sie kommen! Dein Bettgefährte spürt deine Befangenheit. Er hat dich also gebissen und getrunken. Dumm von ihm. Dabei kommt nichts Gutes heraus das müsste er doch wissen.“

„Wie immer redest du zu viel Intha.“ Stürzte Corvin gefolgt von Vlad hinein.

„Ich sage doch nur die Wahrheit. Wer sie nicht vertragen kann, sollte mein Haus lieber verlassen.“ Lächelte Intha Corvin unschuldig an. Sie ist ein körperlich ein Kind, während ihr Verstand uralt ist. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie sehr sie darunter leiden muss. Abrupt drehte sie sich zu mir um. „Sarah! Dein Mitleid spare dir auf.“ Fauchte sie mich mit ausgefahrenen Zähnen an. „Wenn du unbedingt Mitgefühl zeigen musst, dann fang bei dir an.“

„Intha!“, riefen Vlad und Corvin zugleich. Intha unbeeindruckt zuckte mit keiner Wimper. „Ihr Jungspunde habt mir überhaupt nichts zu sagen.“ Zog sie abfällig die Lefzen hoch.

Vlad nahm mich am Arm und meinte ich solle mir den Ausblick vom Dach des Hauses ansehen. Corvin mit Teufelsfalte und dunklen Augen bohrte seinen Blick geradezu in des Kindes Angesicht. „Er wird ihr doch nichts tun.“ Fragte ich besorgt nach.

„Wem? Amalasuintha? Sie kann sich sehr gut selbst zur Wehr setzen. Falle nur nicht auf ihr kindliches Gehabe herein. Sie ist mit allen Wassern gewaschen und extrem gefährlich sogar für Corvin.“

„Du meinst doch wohl nicht Intha würde Corvin angreifen?“ Die bloße Vorstellung war schon lachhaft.

„Intha verfügt über unermessliche Kräfte geistig wie auch körperlich. Sie könnte dich mit ihrem kleinen Finger töten.“

„Du doch auch!“ warf ich ein.

„Ja sicher!“, seufzte mein lieber Vater, „ich will dir doch nur begreiflich machen, wie gefährlich sie ist.“ Ich horchte nach unten, doch kein Laut drang herauf. Vlad schob mich unaufhaltsam weiter. „Warum hat Corvin dich nur mitgebracht?“

Das durfte ja wohl nicht wahr sein! „Ja, warum wohl?“ blieb ich stehen, „könnte es sein das mein verblendeter Erzeuger seine Tochter wie auch seinen Freund einfach hat stehen lassen. Dass er völlig durchdrehte? Und ohne ein Wort verschwand. Ja und das besagter Freund aus Sorge hierher eilte. Weißt du was Vlad, du kannst einen ganz schön aufregen. Als ob wir dir Lügen erzählen würden. Du solltest mal deine rosarote Brille abnehmen. Meine Mutter war oder ist ein durchtriebenes kleines Miststück die zu den Jägern gehört.“ Fauchte ich ihn immer lauter werdend an. Was mir sofort leidtat als ich in sein betroffenes Gesicht sah. „Bitte Vlad das war nicht so gemeint.“ Versuchte ich zu retten, was zu retten war.

„Du hast ja recht mein Kind. Ich bin ein Idiot kannst du mir verzeihen.“ Wie konnte ich nicht und nahm meinen tröstend Vater in die Arme.

„Die nächste Frau, die du kennenlernst, stellst du mir erst vor. Ich glaube ich habe das bessere Händchen von uns beiden.“

Er lachte schon wieder, „Wenn du es sagst. Bei dir und Corvin sind also alle Unstimmigkeiten beseitigt. Er hat dir alles erzählt?“

„Bei Gott das wäre ein Wunder! Nein Dad das hat er nicht und ich verlange es auch nicht.“ Sagte ich davon überzeugt nichts was er in der Vergangenheit auch tat, würde uns trennen. Das mir mein Vater in diesem Moment den Rücken zukehrte fand ich nicht besonders schlimm. Wir standen auf einer Dachterrasse. Pflanzen schützten vor dem prallen Sonnenlicht in Ecken und Nischen lagen riesige Kissen, die zum Verweilen einluden. „Sehr orientalisch!“ warf ich mich lachend auf eines der Kissen. Ich war glücklich mein Vater da und Corvin und ich kamen uns immer näher. Was wollte ich mehr? Vlad sah mich milde lächelnd an, „Du bist also glücklich?“

„Ja wie noch nie in meinem Leben.“

„Das freut mich Sarah wirklich auch für Corvin. Noch nie war er so verrückt nach einer Frau. Ich wünsche euch eine glückliche Zeit.“

Alarmiert setzte ich mich auf. „Was soll das heißen? Du wirst doch bei uns bleiben.“

„Du willst deinen alten Vater also ständig in deiner Nähe haben? Höre ich da richtig?“ nahm er neben mir Platz. Ich nahm seinen Arm und schlang in um meine Schulter, „Ja Vlad als Vater und als Freund. Ich möchte soviel Zeit wie möglich mit dir verbringen schließlich haben wir einige Jahre nachzuholen.“

„Das haben wir“, nickte er zustimmend, „doch ich werde oft unterwegs sein. Bald wird der Rat in Venedig eintreffen dort bin ich unabkömmlich. Diesmal muss der Rat uns anhören er muss einfach.“

„Dann gehe ich mit nach Venedig! Ihr könntet mir abends die Stadt zeigen …“

„Nein Sarah!“, unterbrach mich Vlad, „du wirst dich von der Stadt fernhalten von Alischa, sie wird dich aufspüren das kann ich nicht zulassen. Du kennst sie nicht sie wird dich umschmeicheln, bis du ihr erliegst.“ Ich schüttelte den Kopf, „glaub mir sie wird! Alischa kann sehr überzeugend sein und falls du ihr wirklich widerstehen würdest.“ Er hielt inne, „dann wird sie dich wandeln und aus dir eines ihrer Geschöpfe machen.“

„Hat sie es so mit dir getan?“

 „Das war gar nicht nötig, Sarah. Sie ist meine Mutter ich habe mich widerspruchslos ihrem Willen gebeugt. Erst später, sehr viel später, begann ich mich gegen sie aufzulehnen. Das lag an Corvin er hat mich auf bestimmte Dinge aufmerksam gemacht. Er verlangte  von mir meinen Verstand zu gebrauchen. Das Resultat kennst du ja. Sie hat mir nie verziehen und Corvin auch nicht. Deshalb wäre dein Verweilen in Venedig geradezu leichtsinnig.“ Ich verstand Alischa könnte sich gleich an beiden Vampiren rächen. „Dann bleibe ich halt hier.“

„Oh Gott nein! Intha hat eine sehr spezielle Hausordnung. Jeder Mensch, der ihre Schwelle überschreitet, ist Nahrung. Nur Corvins und meine Anwesenheit schützten dich.“

„Aber ich dachte so etwas gibt es nicht mehr. Die Blutbanken daher bekommt ihr doch genug Nahrung.“

„In der Regel schon aber so alte Vampire wie Intha können alte Gewohnheiten schlecht ablegen. Ab und an kommt es vor.“

„Wie ist das mit dir? Corvin? Seine Mutter? Beißt ihr auch noch Menschen?“

„Keiner, der sich Corvin anschließt, soviel ich weiß. Die meisten sind zufrieden mit dem Plasma. Wir wollen auch nur in Frieden leben, die meisten jedenfalls.“ Räumte er ein als Corvin sich zu uns setzte.

„Ja die meisten!“ stimmte Corvin zu, „Und ich denke da liegt unser Problem. Die Jäger werden von einem Insider gelenkt, der es gerade auf unseren Clan abgesehen hat. Wir halten uns strikt an die Regeln wieso also will man uns Schaden? Ich denke gerade, weil wir uns an die Regeln halten. Das scheint jemanden ein Dorn im Auge zu sein.“

„Du vergisst die anderen Familien, die angegriffen wurden.“ Merkte Vlad an, „Auch sie nähren sich vom Plasma.“

„Ihr denkt in zu kleinen Dimensionen!“, schnaufte Intha sich die letzte Stufe hinaufziehend. „Der Clan Sardovan hat viel Macht. Zuviel! So denken einige Clans nicht nur eurer finanzieller Status, sondern die Mitglieder eures Clans sind es die so manchen Furcht einjagt. Die ältesten Familien sind in eurem Verbund…“ Corvin erhob sich halb und Intha lachte, „immer schön ruhig Sardovan! Ich wiederhole ja nur, was allgemein getuschelt wird. Du kannst es nicht leugnen aber die Tatsache besteht. Allein mit deiner Mutter und Vlad als Freund kann dir schon fast keiner etwas anhaben. Doch das sind nicht alle ich spreche von Henry, der alten Krähe die immer so tut als sei sie nicht so alt“ dabei lachte sie diebisch auf, „ja, ja Rosmerta ist weitaus älter als sie zugibt.“

„Das kann nicht sein.“ Wiegelte Corvin ab, „Das müsste ich doch spüren.“

„Tja dann frage ich mich, warum Marsé und die Krähe so gute Freundinnen sind, sie hat die Macht einen jeden an die Nase herumzuführen. Einschließlich dich Corvin Sardovan.“ Kicherte das kleine Kind hämisch.

„Rosmerta ist der Familie treu ergeben.“ Sagte ich voller Überzeugung - über Rosmerta sprach keiner schlecht zumindest nicht in meinem Beisein.

„Oh du irrst dich Sarah ich mag Rosmerta. Ich will den dummen Jungen nur begreiflich machen, dass es ältere und mächtigere Vampire gibt.“ Grinste sie mich offen an. Das erste Mal, wie ich fand. „Einige mehr als bis dato angenommen. Es regt sich etwas in der Welt das besser begraben bleiben sollte.“

 „Wovor willst du mich warnen?“, fragte Corvin nicht ohne Grund, wie ich fand. Auch Vlad musterte Intha argwöhnisch.

„Wovor? Es ist nichts Spezielles, nur ein Gefühl. Der Rat ist untätig, die Angriffe auf die Familien dann die Zuchtversuche der Jäger denn Sarah ist nichts anderes. Wer weiß, wie viel Kinder es noch gibt. Wofür wurden sie gezüchtet? Etwa um uns Vampire zu vernichten? Einem Vampir zu dienen?“

Corvin und Vlad hielten den Atem an, während ich mich mit der Realität eines Zuchtprogramms auseinandersetzte. Das sollte ich sein? Geboren um die Vampire zu vernichten? Nein undenkbar niemals würde ich einem Vampir wissentlich schaden.

„Und warum der ganze Aufwand?“ lächelte mich Intha an. Sie ist kalt wie ein Roboter bar jegliches Gefühls, schoss es mir durch den Kopf. „Kein Grund mich zu beleidigen.“ Verlor sie nicht das Lächeln um ihre Mundwinkel. „Ich sehe das Ganze nur aus einem anderen Blickwinkel ohne Gefühlsduselei die euch aus verständlichen Gründen fehlen.“

„Egal wie du es betrachtest, Intha. Jeder Nachkomme ist durch unser Blut mit uns verbunden." Zweifelte Corvin ihre Worte an. „Kein Jäger könnte das ändern.“

„Ein Jäger nicht aber ein Vampir schon. Denk an Vlad an all die Kinder, die ihren Eltern gehorchen. Seien sie leiblich oder nicht. Selbst du Corvin. Ein Vampir kann durchaus solche Kinder in seinem Sinne erziehen. Alischa hat es bewiesen! Wie viele dienernde tumbe Vampire besitzt sie bereits? Selbst dein Sohn ist ihr verfallen.“ Wandte Intha sich an meinem Vater.

Kapitel 25

„Noch nicht vollkommen, Intha. Noch wehrt er sich dagegen… “ Intha lachte Vlad höhnisch ins Gesicht.

„Ich mag dich Vlad! Aber du bist ein Träumer! Genau wie einer deiner ehrenwerten Vorfahren, sieh den Tatsachen ins Auge. Livio bespitzelt dich euch alle! Ich wette Alischa kennt jedes einzelne Wort, das ihr miteinander wechselt.“

„Dann hat er ja nicht viel zu erzählen.“ Grinste Corvin, „Schon lange, gehen wir davon aus. Er kann ihr nichts Wichtiges mitteilen.“

„Von Sarah und eurem Verhältnis schon. Alia und Vadim, Henry, Hendrik, Dana, ach es gibt viel zu berichten innerhalb einer Familie. Alischa hat schon immer die Schwächen eines Lebewesen geschickt genutzt.“

„Du vermutest also Alischa dahinter?“, fragte Vlad geradeheraus.

„Aber nein!“, rief sie die kleinen Hände abwehrend erhoben. „Das sind Beispiele wie käme ich dazu, mit dem Finger auf Alischa zu zeigen. Nein ihr müsst nur jeden Aspekt sehen. Darauf weise ich einfach hin.“

Corvin grinste zynisch, „Du änderst dich auch nie, nicht wahr Intha. Du streust Verdächtigungen aus und legst dann deine kindlichen Hände unschuldig in den Schoss. Sicher hast du meine und Vlad´s Gedanken überprüft. Ja Alischa ist tatsächlich nicht unser Problem, solange sie bekommt, wonach sie dürstet.“

„Und du glaubst tatsächlich das ihr das reicht? Du bist ein größerer Träumer als dein Kumpel. Du hältst dich an deine Abkommen und denkst Alischa wird es auch. Du irrst noch nie hat sie sich an etwas gehalten.“

„Wir werden sehen. Alischa ist momentan kein Problem die Jäger sind es die mir im Magen liegen.“ Schloss Corvin das Gespräch über Alischa ab. Ich fragte mich, welches Abkommen Corvin mit ihr getroffen hatte. War es als sie so unerwartet ins Winterquartier kam?

Intha beobachtete mich, wie ich bemerkte. Sie lachte mich an, „Die Jäger! Da kann ich dir auch nicht helfen. Aber deiner Geliebten werde ich etwas zeigen.“ Stand sie auf, „Vlad, du batest mich und ich lehnte ab. Nun aber kenne ich deine Tochter und muss dir zustimmen. In ihr wohnen die Gene eurer Sippe mehr sogar, als du ahnst. Wann willst du sie wandeln?“

Ich schreckte vor der Frage zurück. „Niemals!“, antwortete Corvin barsch, das Intha ein erneutes glockenhelles Lachen entraubte.

„Ah er will dich sterben lassen. Was sagst du dazu Sarah? Willst du alt und schrumpelig werden, anstatt ewig jung zu bleiben?“

„Ich weiß es wirklich nicht, Intha. Mich erschreckt der Gedanke an die Ewigkeit.“ Teilte ich ihr ehrlich mit.

„Gut gesprochen bedenke nur eines, wie lange glaubst, du bei deinem Geliebten zu bleiben? Er wurde gewandelt nach über dreißig Sommern, so hast du noch etwas Zeit. Henrys Sohn wollte doch auch schon längst gewandelt werden vielleicht solltest du mit ihm zusammen die schwere Zeit durchmachen. Es ist kein Zuckerschlecken aber mit Hendrik könnte es wenigstens angenehm werden.“ Lachte sie schelmisch.

Corvins Miene verdüsterte sich mit jedem Wort. „Komm Sarah lass die Herren ihren Gedanken nachhängen, während ich dir etwas zeige. Keine Angst Sardovan ich bringe sie dir unversehrt zurück so viel Selbstbeherrschung bringe ich auf.“ Reizte sie den Vampir.

Intha ging vor, die Treppe hinunter und dann zu einer Tür die mit Schlössern übersät waren. „Man kann nicht vorsichtig genug sein.“ Erklärte sie und öffnete die Schlösser kaum das ich mit den Augen folgen konnte. „Hilf mir mal!“  zog  sie  an  der  Tür,  die  sich  nur  widerstrebend  öffnen  ließ.  Ein  kalter  Hauch  kam  aus  dem  Raum.

„Klimaanlage  und  das  neueste  System  da  könnten  Museen  neidisch  werden“,  sagte  sie,  „hier  drin  sind Erinnerungsstücke an denen mein Herz hängt. Nimm die Taschenlampe du wirst sie brauchen.“ Wies sie mich an. Intha ging ins Dunkle während ich nervös versuchte die Taschenlampe anzuknipsen. „Nur keine Angst Sarah bisher hast du dich tapfer geschlagen.“ Kicherte sie.

Endlich schaffte ich es und leuchtete in den Raum. Intha stand am anderen Ende des Raumes und winkte mir zu. Als ich näher kam, deutete sie auf die Wand. „Darf ich vorstellen deine Ahnherrin Tai.“ Vor mir hing ein lebensgroßes Bild mit einer Frau – das sollte Tai sein? Wo sahen sie nur die Ähnlichkeit die Frau auf dem Bild war eine Schönheit! Alischa sehr ähnlich aber mir in keiner Weise.

Wieder lachte Intha, „Du siehst nur das Oberflächliche sieh sie dir genau an. Die Nase, der Mund, die Augen sogar die ungewöhnliche Stellung. Du lachst wie sie, du verziehst den Mund wie sie, deine Gestik, die Haltung deines Kopfes all das bist du und auch Tai. deine Gedankengänge gleichen jenen die wir einst verehrten . Es ist wie mit Henry und seinem Sohn.“

 „Aber Tai ist eine Schönheit und das bin ich nicht. Ich weiß wie ich aussehe zwar nicht ungemein hässlich aber so bestimmt nicht.“

„Ach mein Kind du wirst nach deiner Wandlung die Ähnlichkeit entdecken. Wir wissen nicht, wer Tai´s Mutter war. Ihr Vater dagegen ist zu Staub verfallen und das ist gut so, Wahnsinn stand ihm in die Augen, ich glaube nicht das er von Grund auf schlecht war. Nicht wenn ich Tai und Vlad sehe oder…“ sie überlegte kurz als träfe sie eine schwerwiegende Entscheidung.  „das kann nicht sein. Außerdem liebte er seinen Nachwuchs zwar auf eine recht seltsame Art dennoch war es Liebe. Kann ein Vampir lieben, der durch und durch bösartig ist? Das glaube ich nicht.“ Jetzt war ich ehrlich überrascht weder verdammte noch verfluchte sie den Vampir, der sie auf unmenschliche Weise hat leiden lassen. „Du ergreifst Partei für ihn?“, musste ich sie fragen.

Sie nickte, „Auf eine Art schon. Was wissen wir schon? Über sein Leben seine Andersartigkeit. Er war der Erste können wir uns auch nur im entferntesten Vorstellen, was er erleiden musste? Er der Einzige, der nach dem Blut der Menschen gierte, er musste sich nähren oder verhungern. Kannst du dich in solch einer Situation hineinversetzen?“ Ich schüttelte den Kopf. Nein gewiss nicht schon allein die Vorstellung ein Blutsauger zu sein überstieg meinen Horizont. Ich dachte an ihre Schnelligkeit, ihrer Fähigkeit Gefühle und Gedanken anderer zu erkennen. Die außergewöhnliche Kraft und vieles was mir noch unbekannt war.

„Tja“ nickte Intha, „Wir werden sehen, wie du dich entscheidest. Warte nur nicht zu lange, weder als Kind noch als alte Frau ein Vergnügen. Marsé hat ihren Jungen im richtigen Alter wandeln lassen. Doch ich denke eine Frau sollte etwas eher gewandelt werden.“

„Warum das?“, musste ich einfach fragen.

„Die Jugend! Außerdem sind Frauen viel früher reifer, nicht solche Kindsköpfe, wie Männer.“ Grinste sie schelmisch, während wir den Raum verließen. „Eines Tages zeige ich dir das andere Bild, es ist zurzeit nicht da.“

„Wird es restauriert?“

„Ich habe es jemanden ausgeliehen.“ Meinte sie ausweichend.

Corvin und Vlad warteten im Flur. „Du leihst ein Porträt wann werden wir es jemals zu Gesicht bekommen? Nun verleihst du es auch noch an wen denn?“ hinterfragte mein Vater neugierig und erstaunt zugleich.

„Das werde ich dir nicht auf die Nase binden.“ Konterte Intha, „Bleibt ihr über Nacht?“

„Nein wir brechen auf sobald Peer zurückkehrt. Die Spur führt weiter nach Granada.“

„Ihr jagt einem Gespenst nach.“ Sagte Intha mit hoch erhobenen Zeigefinger was einfach nur lächerlich aussah.

Bald darauf kam Peer und wir brachen unverzüglich auf. Welch ein seltsames Treffen dachte ich über Intha nach. Ein Kindvampir mit scharfem Verstand, der schon Hunderte von Jahren alt war. Wie hielt sie das nur aus? „Hat sie dir gegenüber erwähnt, wem sie das Porträt ausgeliehen hat?“, unterbrach Vlad meine Gedanken.

„Nein nichts dergleichen. Wir sprachen von Tai´s Vater oder Ehemann. Intha hat Mitleid mit ihm! Stell dir das nur vor, sie litt unter seiner Gewaltherrschaft und dann verteidigt sie ihn. Versucht mir begreiflich zu machen, welche Qualen er ausgesetzt war.“

Die drei Vampire im Wagen schnauften. „Ganz neue Töne!“, meinte Vlad, „Noch vor fünfzig Jahren wäre sie losgezogen, um ihn endgültig von der Erde zu tilgen. Woher kommt der plötzliche Sinneswandel?“ fragte er nach vorn rutschend Corvin ansehend.

„Sie verheimlicht uns etwas. Das ist klar, aber was das kann ich nur erraten. Auch wie sie von deiner Mutter sprach. Erinnere dich Vlad, sonst spuckte sie den Namen voller Verachtung aus und nun verdächtigt sie sie nicht einmal.“

„Ich tappe im Dunkeln wie du.“ Sagte Vlad. „Ah ich hasse es Intha ist durch und durch Intrigantin. Man weiß nie, woran man bei ihr ist. Sie könnte uns auch absichtlich auf eine falsche Spur schicken.“

„Aber ich dachte sie ist eure Freundin.“ Bemerkte ich voller Verwunderung.

Die zwei Vampire lachten. „Es kommt immer auf ihre Laune an.“ Antwortete Corvin, „Doch ich glaube sie würde niemals Vlad hintergehen zumindest nicht allzu sehr.“

Vlad nickte, „Ja dazu fühlt sie sich Tai viel zu sehr verpflichtet.“

„Und was ist mit Alischa? Sie ist die Tochter Tai´s du nur der Enkel.“ Gab ich zu bedenken. Daraufhin schwiegen die Vampire. Sobald ich Alischa erwähnte, verstummten sie. Was genau war mit dieser kalten Frau an die ich mich gut erinnerte. Ich konnte nur raten und das brachte mich kein Stück weiter. Aber ich wusste das da war etwas dass ich bisher übersah.

„Fliegen wir?“, fragte Peer, der bisher schwieg.

„Ja das wird das Beste sein.“ Entschied Corvin aufmerksam die Autos beobachtend. Ich fand er war besonders achtsam, auch Vlad schien angespannt zu sein. „Ist irgendetwas?“ Vlad schüttelte den Kopf und Corvin nickte. Was denn nun?

„Wir werden verfolgt insgesamt sind es drei, zwei Autos und ein Motorradfahrer.“ Ich spähte hinaus sah jedoch niemanden der sich verdächtigt an unseren Fersen hing. „Der Silberfarbene vor uns und der rote schräg hinter uns.“ Wies Corvin mit dem Finger auf sie.

„Meinst du, das war gut? Sie werden uns andere schicken, die uns folgen werden.“

„Genau das was ich will!“ grinste Corvin meinen Vater an, „Denn sie werden selbst verfolgt. Ich bin es Leid immer nur zu reagieren. Diesmal bin ich vorbereitet. Fahr ruhig langsam weiter! Wir wollen doch nicht das sie uns verlieren.“ Wandte er sich an Peer, der automatisch Gas gab.

„Du willst wirklich zum Flughafen? Obwohl sie uns beobachten?“

„Aber ja! Das Katz und Mausspiel hat gerade erst begonnen. Was meint ihr wie viele Späher stehen ihnen zur Verfügung?“

„Jedenfalls mehr als wir Krieger in Frankreich haben.“ Mutmaßte Vlad.

„Da irrst du dich. Diederich und Geirrod besitzen große Familien.“ Jetzt lachte Vlad und Peer piff anerkennend durch die Zähne. Während ich mich mal wieder über meinen Gefährten wunderte. „Wir werden einen Flug nach England buchen und einen nach Deutschland.“

„Aber ich dachte du willst nach Spanien?“ musste ich nachfragen.

„Das werden wir auch die Maschine wartet auf uns. Doch zuerst will ich die Jäger ein wenig mobilisieren. Sie sollen aus ihren Verstecken kriechen. Zweimal verübten sie Attentate irgendwer hat diese in Auftrag gegeben und ich will wissen wer.“ Klärte er mich grimmig auf. Am Flughafen steuerten wir ein Restaurant an. „Du möchtest doch bestimmt etwas essen.“ Meinte Corvin sich umblickend.

„Ich denke ich habe keine andere Wahl.“ Mutmaßte ich.

„Es gefällt mir nicht, wie du meine Tochter benutzt.“ Erhitzte sich Vlad.

„Was soll ihr geschehen? Wir sind zu dritt, glaubst du wirklich ich bringe Sarah in ernsthafter Gefahr? Du müsstest mich besser kennen Vlad.“

„Es gefällt mir eben nicht.“ Setzte er sich an einem Tisch mitten ins Restaurant.

„Warum nicht einen in der Nische?“ ich mochte es nicht mitten auf dem Präsentierteller zu sitzen. Vlad schüttelte den Kopf, „Ich will jedweden Angreifer vorher sehen.“ Sagte er seine sture Miene aufsetzend.

Peer setzte sich zustimmend und ich folgte den Beiden. Während Corvin nochmals hinausging. „Was macht er denn nun?“, fragte ich Vlad.

„Er lässt die Jäger wissen, wo wir sind. Sie scheinen uns im Gedränge verloren zu haben. Stümper sind das!“ knurrte Peer zwischen den Zähnen.

Die Bedienung kam und überreichte uns die Karten, Peer einschmeichelnd anlächelnd fragte sie nach seinem Getränkewunsch. Es hörte sich eher nach einer Einladung in das Hinterzimmer an. „Wasser! Mehr nicht!“ sagte er unfreundlich. Die Dame nahm säuerlich die Getränkebestellung auf und schwirrte ab.

„Nimm ein Menü, Corvin will ihnen Zeit verschaffen.“ Nahm Vlad mir die Karte aus der Hand, „Ich wähle für dich aus mal sehen was können wir… ah genau das richtige ein fünfgängiges Menü für vier Personen. Ja das nehmen wir.“  Schloss Vlad die Karte. „Dazu nehmen wir natürlich ausgezeichneten Wein.“ Lächelte er vor Vergnügen, „Sollen sie ruhig denken wir lassen in unserer Aufmerksamkeit nach.“

„Langsam scheinst du ja deine Bedenken zu überwinden.“ Neckte ich meinen Vater.

„Jetzt verstehe ich ja auch Corvins Plan. Wir sind von Kriegern umgeben was soll dir da schon geschehen. Außerdem kann der Koch genau dieses Gericht absolut himmlisch zubereiten.“

„Der Koch? Willst du damit sagen der Koch ist ein…“

„Still!“, warnte Peer. Die Bedienung kam mit unseren Getränken und Vlad gab die Bestellung auf. „Aber das ist ein Gericht für vier Personen.“ wies uns die Dame netterweise daraufhin.

 „Unser Freund kommt gleich nach.“ War Vlad ungewöhnlich aufklärend. Fast schon im Plauderton bat er um die Weinkarte und die Dame weichte zusehends nach Peers brüsken Verhalten auf.

„Was trägst du denn so dick auf?“, mokierte sich Peer. Vlad hingegen grinste den Leibwächter nur an. Der verdrehte die Augen, „Die Kleine baggert doch nur, weil sie sich ein gutes Trinkgeld erhofft. Seid wann fällst du auf so was hinein?“

„Und ich möchte, dass sie uns genau beschreiben kann, du Blödian! Soll das ganze Theater hier nun Erfolg haben oder nicht?“

Peer noch immer ungläubig beäugte Vlad misstrauisch. Corvin setzte sich zu uns. „Habt ihr bestellt?“ Vlad nickte und ließ sich über das kommende Menü aus. Es war schon seltsam, wie Corvin darauf einging als wäre es ein königliches Mahl und nicht ein normales Restaurant, das man auf jedem Flughafen findet.

Die Dame kam mit dem Wein als sie näher herantrat ließ sie vor Schreck beinahe die Flasche fallen. Sofort war mir klar, was hier los war! Eine von Corvins Eroberungen. So ist das also sah ich mir die Dame genauer an. Corvin tat so als bemerke er sie nicht und Vlad brabbelte wie ein Idiot. Bleich schüttete sie Vlad einen Schluck Wein zum Kosten ein. Sie konnte kaum die Augen von Corvin abwenden.

Es lag eine solche Verzweiflung in ihrem Gesicht, das sie mir leidtat. Wie konnte Corvin nur so gemein sein? Wenigstens könnte er ihr ein paar nette Worte sagen, dachte ich empört. Er warf mir einen zweifelnden Blick zu. Also wurde ich gerade wieder einmal bespitzelt! Er lächelte! „Corinna! Ich habe dich gar nicht gesehen. Wie geht es dir?“ wandte er sich ihr in seiner charmanten Art  zu. Vlad sackte in seinem Stuhl zusammen und auf Peers Gesicht erschien ein breites Lachen.

Sie errötete bis an die Haarwurzeln. „Oh, danke der Nachfrage Corvin. Mir geht´s ganz gut und was machst du hier?“

„Ich gehe mit meinem Freunden essen.“ Antwortete er lakonisch.

Ha  mit  seinen  Freunden  also!  Corvin  rutschte  unwohl  auf  seinem  Stuhl  hin  und  her.  Corinna  lächelte aufmunternd. „Das Essen dauert noch eine Weile. Können deine Freunde dich einen Moment entbehren? Ich habe dir ja soviel zu erzählen.“ Strahlte sie ihn an. Was das wohl sein sollte konnte ich mir gut vorstellen.

Ich weiß nicht, was mich ritt. „Nun geh schon Corvin! Wir werden es schon ohne dich aushalten Vlad scheint ja heute sehr redselig zu sein. Da fällt es überhaupt nicht auf, ob du da bist oder nicht, mein Freund.“ Mein lieber Vater schrumpfte merklich auf seinem Stuhl, während Corvin eine vorsichtige Miene aufsetzte. Er wusste tatsächlich nicht, wie er sich verhalten sollte.

„Tut mir leid Corinna, aber ich habe einiges mit meinem Freunden zu besprechen.“ Sie nickte enttäuscht, „Falls du es dir anders überlegst ich bin dort hinten!“

„Sicher!“, meinte Corvin eintönig, „Wie ist der Wein?“ lenkte er von sich auf Vlad.

„Gut! Den nehmen wir!“ sagte mein lieber Mitverschwörer von Vater. Ich wusste nicht ob ich sauer oder amüsiert sein sollte. Zu einem versuchte mein Gefährte mich für dumm zu verkaufen zum anderen war er wirklich überfordert mit der Situation. Gerade das Belustigte mich der Herr ich habe alles im Griff wusste nicht, wie er sich verhalten sollte.

„Wenn ich wählen darf dann mach dich ruhig über mich lustig.“ Raunte er mir leise ins Ohr.

„Ich weiß noch nicht!“ rückte ich ein Stück von ihm weg. Seine unmittelbare Nähe beeinflusste mich zu sehr. Er zog den Stuhl mit Leichtigkeit zurück. „Das ist mir viel angenehmer!“ strahlte er mich an.

„Das kann ich mir denken. Nun auf wie viele deiner Verflossenen werde ich noch stoßen?“ fragte ich geradeheraus. Vlad spuckte den Wein vor Schreck in sein Glas zurück. Peer fand die Inneneinrichtung des Lokals höchst interessant.

„Willst du mir jetzt eine Szene machen?“, fragte Corvin in den Angriffsmodus wechselnd.

„Aber nein! Ich will nur wissen, wie oft ich dieses dämliche Spektakel über mich ergehen lassen muss.“ Konterte ich ganz ruhig.

„Wir waren beide keine unbeschriebenen Jungfrauen, Sarah. Ich halte dir ja auch nicht deine Liebhaber vor.“

Das war ja wohl nicht sein ernst! „Vor allem sind sie ja über den ganzen Erdball zerstreut nicht wahr Corvin. Sowie deine!“ giftete ich ihn an.

„Nein aber in deiner ehemaligen Heimatstadt, wie du sehr genau weißt.“

„Ach und sie sind dir tagtäglich über den Weg gelaufen. Ich verstehe! Ja eine wirklich unerträgliche Situation. Vor allem, weil du ja nicht weißt, wer und wie viele es waren.“

„He hört auf!“ fuhr Vlad dazwischen, „Schließlich sitz ich auch noch hier falls ihr das vergessen habt. Für einen alten Vater wie mich ist solch ein Thema der Albtraum schlechthin.“

Corvin winkte ab ohne Vlad überhaupt anzusehen fauchte er mich an. „Jeden Einzelnen kenne ich! Meist du es ist ein Vergnügen sie in deiner Erinnerung zu sehen? Deshalb habe ich sie aufgespürt…“

„Du hast was?“ schüttelte ich begriffsstutzig den Kopf.

„Er hat was?“ beugte sich Vlad vor, „Habe ich, das jetzt richtig verstanden?“ wandte er sich an Peer, der nur nickte.

„Was wollt ihr? Meint ihr es ist angenehm? Ständig Bilder von anderen nackten Kerlen zu sehen die…“

„Umpf erspar mir das…“ hielt Vlad sich die Ohren zu, „Warum drängst du auch in solche Erinnerungen? Das verstehe ich nicht.“

„Ja genau! Warum tust du dir das an?“ fragte ich nun nach.

„Ich weiß es nicht…“

„Eifersucht!“ redete Vlad dazwischen.

„Darf ich meine Sätze auch mal beenden?“

„Bitte! Ich hab doch nichts gesagt! Als ob ich ihn nicht ausreden lassen würde. Also wirklich! Gerade ich!“ schmollte mein lieber Vater völlig ungerechtfertigt.

 „Sarah ich weiß es nicht! Es ist wie ein Zwang auch das ich sie…“

„Bespitzelt hast?“, meinte mein unverbesserlicher Vater.

„Auch das“ verdrehte Corvin die Augen während Vlad schmunzelte, „Das gibt´s doch nicht. Wer hätte das gedacht.“ Grinste er nun Peer an, „Hättest du geglaubt, dass er mal so reagiert?“ Peer hielt sich geflissentlich heraus. Das Mobiliar ansehend.

„Und was hat dir das gebracht?“, wollte ich wissen.

„Nichts! Außer das du nach deinem Vater schlägst du suchst dir die schlechtesten aller Partner aus.“

„Na du musst es ja wissen, Gefährte.“ Konnte ich es nicht sein lassen dies zu bemerken.

„In meinem Fall sieht die Sachlage anders aus. Schließlich habe ich dich auserwählt.“ Richtete sich der Vampir Beifall heischend auf. Gerade wollte ich das passende Entgegnen da sprang Corvin auf, „Ich muss gehen.“ Und fort war er. Mit offenem Mund starrte ich auf den leeren Platz neben mir. „Kann mir das einer erklären?“, fragte ich als ich in der Lage war Worte zu bilden.

Weder Vlad noch Peer konnten mir das beantworten. Oder wollten nicht, wie ich fand. Denn keiner der Beiden sah mich an und Vlad redete schon wieder wie ein Wasserfall. Eindeutig er verschwieg mir etwas! „Wir werden in einer Stunde aufbrechen.“ Entschied Peer kurz angebunden.

„Darf ich denn wenigstens erfahren, wann er zurückkommt?“ keine Antwort, „Wohin brechen wir auf?“ fragte ich genervt.

Oh ich bekam eine Antwort! Peer ließ sich dazu herab, „Granada“ was für eine überwältigende Auskunft das haute mich doch glatt um. Sollte ich nochmals einen Versuch wagen? Irgendeine Auskunft musste ich doch über Corvins plötzlichem Verschwinden erfahren. Die verschlossenen Gesichter sagten mir genug da könnte ich auch den Tisch fragen. Der würde mir eher Antworten.

Lustlos stocherte ich in meinem Essen herum und ließ es unberührt zurückgehen. Während Vlad und Peer es sich schmecken ließ. Wie konnten sie nur Essen? Das mussten sie doch gar nicht. Nachschub an Blut gab es immer. Eigentlich störte mich alles! Wie sie aßen tranken da saßen als sei alles in bester Ordnung. Sogar wie sie kauten regte mich auf.

Endlich bezahlte Vlad. Corinna die ehemalige Geliebte fragte tatsächlich nach Corvins verbleib. Vlad antworte ihr lächelnd und log sie skrupellos an. Warum sagte er ihr nicht das der Plasmasäufer ohne ein Wort der Erklärung verschwunden ist. Ob sie ihn dann wohl wiedersehen wollte? Ja wie würde sie reagieren, wenn sie die Wahrheit über Corvin und seiner Brut erfuhr?

Peer seufzte und packte mich am Unterarm, „Ich kann deine üble Laune ja verstehen, Sarah Sardovan. Aber deine Absichten kann ich nicht gutheißen. Es ist besser wir gehen jetzt, bevor du etwas Unüberlegtes sagst, was du später sicher bereuen wirst.“

 So würde ich das? Im Augenblick sah ich das anders. Die gesamte Weltbevölkerung sollte vor den Vampiren gewarnt werden! Ja sie schlichen sich in dein Herz sie machten dich abhängig und ließen dich dann im Stich. So war es doch! Ohne Vorwarnung stand man allein da! Jede Frau sollte davor bewahrt werden. Hing ich trübe meinen Gedanken nach, während das einmotorige Flugzeug uns in eine weitere Stadt flog. Eine weitere Station die Ungewissheit verhieß.

 

 

 

 

Die Stadt Granada! Ich wollte es nicht weigerte mich mit Händen und Füßen doch es war nutzlos Granada zog mich in ihrem Bann. Dabei wollte ich doch niedergeschlagen enttäuscht und voller Zweifel mein tristes Leben beklagen. Mitnichten! Vlad unbarmherzig dabei versicherte er mir es sei zu meinem Besten schleppte mich von einer Sehenswürdigkeit zur Nächsten. Mit Erfolg die Geschichte Granadas zog mich in seinen Bann.

 

Bis Vlad eines Abends nebenher bemerkte er müsse nach Venedig. Mein Herz rutschte in die Hose. Dabei wollte ich doch noch so vieles sehen wie gesagt Granada hielt mich fest in ihrem Griff. Wohin also sollte ich nun wieder verfrachtet werden? Fragte ich mich Bange. Mein Vater lächelte mir beruhigend zu, „Sarah ich habe mir erlaubt, dir ein kleines Geschenk zu besorgen. Es ist nichts Aufwendiges ziemlich heruntergekommen sogar. Aber als ich es sah da musste ich einfach zuschlagen.“

Er  sprach  in  Rätseln  ich  schaute  ihn  fragend  an.  „Ach  komm!  Ich  zeige  es  dir!“  und  warf  Peer  einen auffordernden Blick zu.  Der weniger  begeistert die Autoschlüssel aufnahm. „Sag  nicht, ich hätte dich nicht gewarnt!“ spöttelte Peer auf der Fahrt.

Wir fuhren eine Weile aus der Stadt hinaus und hielten schließlich vor einer wenig einladenden Mauer. „Das ist es!“ strahlte Vlad.

„Die Mauer?“ verstand ich ihn nicht.

„Nein! Ja auch!“ stieg er aus und hielt auf das einstige Holztor zu das verrottet in den Angeln hing. „Das Haus! All das!“ breitete er die Arme aus, „Habe ich gekauft. Es soll dir ein Heim werden.“

Mit großen Augen sah ich mich um. Mein Heim sollte das sein? Diese Bruchbude? Doch dann ganz allmählich sah ich den Reiz dieses maroden Gemäuers, mich packte der Ehrgeiz, es zu einstiger Schönheit erstrahlen zu lassen. Peer lachte kopfschüttelnd. „Deine Tochter ist genauso verrückt wie du! Also wird die Ruine unsere neue Unterkunft. Herzlichen Glückwunsch auch, Sarah. Ich bin gespannt, wie du das in drei Wochen siehst. Ohne Strom und fließend Wasser. Hoffe du hast genug Deo!“ klopfte er sich vergnügt auf die Knie.

 

Das brachte mich in Rage. Wofür hielt er mich denn? Für ´ne Tusse, die nur in Wohlstand leben konnte? „Ganz genau!“ bestätigte er meine Vermutung.

„Du wirst schon sehen Leibwächter ich halte das länger aus als du.“ Frotzelte ich voller Zuversicht.

„Abgemacht!“ nickte er mir höhnisch grinsend zu. Abgemacht!“ schnippte ich zurück.

 „Äh Sarah ich dachte eigentlich du bleibst im Hotel wohnen und beaufsichtigst die Bauarbeiten.“ Sagte mein Vater ein klein wenig zu spät.

„Aber warum denn? Es ist herrlich hier! Ich bin sicher ich werde jeden Augenblick genießen.“ Was blieb mir schon anderes übrig. Den Erfolg gönnte ich Peer unter keinen Umständen das würde er mir mein Lebtag unter die Nase reiben. Das war etwas das ich absolut nicht ertragen wollte. Nie und nimmer!

Wie bin nur auf die Idee gekommen? Fragte ich mich gerade zum wievielten Male. Das ist nicht zum Aushalten hielt ich mir die Ohren zu, um den Geräuschpegel auf der Baustelle zu entgehen. Überall liefen Maschinen eine lauter als die andere, wenn sie mal liefen. Die Arbeiter kamen und gingen wie es ihnen beliebte das hieß nicht das sie tatsächlich etwas taten. Ich konnte nur hoffen das heute das Dach gedeckt wurde. Noch eine Nacht im Regen und ich würde aufgeben. Ein Sieb war nichts gegen das Dach über mir. Müde krabbelte ich aus dem Schlafsack. Der Boss der Bande saß mir genau gegenüber er sah ungeniert zu, wie ich mich aus dem Ungetüm befreite.

„Hola!“ grüßte er mich eine Tasse heißen süßen Tee einschenkend.

„Hola! Oro, danke“ nahm ich die Tasse entgegen.

„Gracias!“, meinte er grinsend.

„Ach Oro gib es auf, darin bin ich ein erbärmlicher Versager.“

„Du musst üben! Erst wenn du spanisch träumst, erlernst du unsere Sprache.“

„Gib es auf! Ich bin ein hoffnungsloser Fall.“

„Genau, wie dieses alte Gemäuer das nur zum Abreißen gut war, wie ich fand. Doch du glaubtest daran nun hauchst ihm neues Leben ein. Das ist gut! Glaube daran dann lernst du spanisch.“ Ich winkte dankend ab.

„Das Dach? Wird es heute fertig?“

Er lachte mich spitzbübisch an, „Wir werden sehen.“ Das war ja schon fast eine Zusage! Da konnte ich mich nur in Geduld fassen. Langsam kam ich dahinter, wie ich Oro und seine Kompagnons zum Arbeiten bekam. Langsam!

Bekümmert dachte ich an die ersten Wochen, in denen ich täglich mehrmals ausrastete. Das lag hinter mir ich fand mich mit den Gepflogenheiten dieser Männer ab. Etwas anderes blieb mir nicht übrig. Denn Oro konnte wahre Wunder vollbringen. Mehrere Häuser restaurierte er schon und setzte sie in seinem eigenen Stil aus europäischem und maurischem Erbe, instand. Allein dafür lohnte es zu warten.

„Fahr mit deinem Freund zum Markt.“ Schlug er vor, „Heute findest du bestimmt einige Möbel.“ Das war auch so eine Eigenart. Oro wusste immer wann und wo ich neue Besitztümer erwerben konnte. Natürlich wurden wir erwartet und der Verkäufer bot mir genau die Stücke an die Oro für gut befand. Inzwischen verließ ich mich auf sein Urteil. Denn selbst Peer musste zugeben, dass die Stücke die Oro aussuchte, keine billigen Kopien waren. So auch mein zukünftiges Bett, das gerade bei einem Schreiner einem Verwandten Oro´s liebevoll restauriert wurde.

Manchmal bekam ich direkt ein schlechtes Gewissen, das ich so ungeniert mit dem Geld Vlad´s umging. Peer jedoch winkte ab, „Das ist nicht sein Geld. Wir Sardovan´s sind ein Großunternehmen. Später werden hier viele Sardovan´s eine Unterkunft finden.“

„Aber ich dachte das wird mein Heim.“ Er lachte mich aus.

„Dein Heim Sarah Sardovan ist da, wo unser Herr dich unterbringt. Einzig den Kriegern kann er das nicht befehlen. Du bist kein Krieger!“

„Aber mein Vater! Und er hat es mir…“ Peer unterbrach mich, „Spitzfindigkeiten!“

Der Vampir konnte auch jeden Traum zunichtemachen. Inzwischen hauste ich nun seid drei Monaten in dem alten Gemäuer. Von Vlad bekam ich manchmal einen kurzen Brief. Inzwischen reiste er quer durch Europa immer mit dem Versprechen bald einmal vorbeizukommen. Von Corvin sprach er nie. Es war als wäre er vom Erdboden verschwunden.

So wartete ich. Auf Vlad, auf ein Lebenszeichen von Corvin. Auch kein anderer Vampir kam uns besuchen. Dabei konnte ich inzwischen eine Küche aufweisen. Das Dach war gedeckt, die Wohnräume nahmen langsam Gestalt an.

Oro schickte mich hinaus in den Garten. Ein Neffe oder Schwager von ihm, wem wundert! Mich nicht mehr, war Gärtner und dem sollte ich zur Hand gehen. Ein Garten ich besaß ja keinen! Nur ein Innenhof, indem sich Abfall und Unkraut heimisch fühlte.

Fraco entpuppte sich als junger Bursche mit einer Nickelbrille auf der Nase. Kaum der Schule entwachsen kannte er sich bestens mit dem Grünzeug aus. Ich fand Blumen und Bäume ja hübsch konnte mir aber in diesem Hof keine vorstellen. Wo sollte hier denn etwas wachsen? Soviel wusste ich auch gute Erde brauchte es dazu und kein steinernes Pflaster.

Zu meiner Verwunderung kam Peer aus seiner Abgeschiedenheit heraus. Fraco und er verstanden sich auf Anhieb. Zumindest was die Gestaltung des Hofes anbetraf. Sie planten das mir schwindelig wurde. Brunnen, Wasserspeier und Läufe die in Kaskaden herunterlaufen sollten. Nur wo? Fragte ich mich an den Verstand der Zwei zweifelnd.

„Was denkst du?“, fragte Peer mich. Mich! Ich wurde gefragt, was ich denke! Mein Kopf war leer und ich zuckte nichtssagend mit den Schultern. War ja klar! Einmal nur einmal wurde ich befragt und was kam noch nicht einmal heiße Luft. Am liebsten hätte ich mich irgendwohin gebissen.

Später am Abend, als ich gerade einen Platz für die Nacht suchte. Denn mein Schlafplatz musste für ein Gestell weichen kam Peer. Mit leeren Blättern in der Hand und einer Anzahl von Buntstiften in der anderen. Sollte ich an einem Malwettbewerb teilnehmen? Schaute ich ihn fragend an.

 „Der Hof! Wie stellst du ihn dir vor?“ sah er mich ernsthaft an um sich dann vor mir auf den nackten Boden zu setzten. „Na komm schon Sarah Sardovan du warst in genügend Gärten in der Umgebung. Irgendeine Vorstellung musst du doch haben.“

„Das meinst du völlig ernst nicht wahr?“ ich traute ihm nicht so recht. Peer und ein Gartenliebhaber! Und ich eine Frau sollte ihre Meinung dazu äußern? Dass bei dem frauenfeindlichen Vampir der nur abfällige Schnauber und Seufzer von sich geben konnte.

„Völlig!“ lächelte er. „Der Garten hierzulande gehört mit zum Wohnbereich. Er ist mehr als sich für einige Stunden zu sonnen. Man trifft Freunde, kocht, isst, trinkt und lebt dort. Das sollte man bedenken. Wie also stellst du dir deine Oase vor?“

Es brauchte eine Weile, bis ich die richtige Antwort geben konnte. „Was soll ich sagen? Der Hof sieht aus wie eine Schutthalde. Es ist schwer sich einen blühenden Garten vorzustellen.“

„Bei dem Haus konntest du das.“ Warf er mir vor behielt jedoch sein Lächeln bei das die Worte milderte. Deshalb antwortete ich ruhig. „Das ist etwas anders. Bei einem Garten kann ich mir das nicht vorstellen. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen sollte.“

Peer nickte, „Dann fangen wir morgen an den Hof zu entrümpeln.“ Erhob er sich.

Verwundert über seine ungewöhnliche Rücksichtsnahme schwieg ich. Das dicke Ende kommt bestimmt noch. Aber ich wartete vergebens. Was ich keineswegs bedauerte. Seit Wochen schufteten wir im Hof, ohne einmal in Streit zu geraten. Im Gegenteil es machte mir durchaus Spaß. Peer besaß einen feinsinnigen Humor mit dem ich gut zurechtkam und nicht nur ich auch Fraco lebte direkt auf. Der Junge anfangs scheu öffnete sich dem Vampir immer mehr der ihn geduldig lenkte. Die Zimmer im Haus nahmen Gestalt an, so wie der Hof der nun vom Abfall befreit seine Größe freigab.

„Der ist ja riesig!“ wiederholte ich ständig begeistert. Mit jeder Schubkarre die wir abtransportierten gewann der Hof an Fläche. „Fraco, Peer was sagtet ihr von einem Brunnen? Erst jetzt begreife ich“ tanzte ich wild, „Oro sieh dir das an! Fraco und Peer werden das passende Umfeld für das Haus schaffen.“ Rief ich zu Oro hinauf. Der strahlend zurückwinkte. „Also was jetzt? Ich bin zu jeder Schandtat bereit.“

„Zunächst einmal muss der restliche Schutt weg.“ Drückte mir Peer eine Schaufel in die Hand.

„Spielverderber!“ streckte ich ihm die Zunge heraus und begab mich an die Arbeit. Es war weit mehr als ich dachte. Schade auch das Peer so tun musste als sei er ein Mensch. Könnte er als Vampir arbeiten, wären wir schon längst fertig.

Oro rief mich ins Haus, „Heute haben wir einen Raum fertiggestellt den wollte ich dir zeigen.“ Neugierig lief ich los stoppte dann aber, „Was ist mit euch? Wollt ihr nicht?“

Fraco lehnte ab, „Mein Onkel würde mich ausschelten.“

„Geh nur Sarah Sardovan ich schaue mir den Raum später an.“ Winkte Peer ab.

 „Sarah! Peer.“ Sagte ich aus einem Impuls heraus. Es bestand keinen Grund mehr zu der offiziellen Anrede. Über ein halbes Jahr war es her, seitdem Corvin mich im Restaurant sitzen ließ. Die ausweichenden Antworten aus Vlad´s Briefen sagten mir mehr als tausend Worte. Oro erwartete mich bereits und führte mich direkt in das Esszimmer. Vor Staunen verschlug es mir die Sprache. „Wie schön!“, hauchte ich bewundernd über den dunklen Tisch streichend der das Herzstück des Raumes bildete. „Das habe ich nicht erwartet, Oro.“ Sah ich mich um.

Der Baumeister, dem Bescheidenheit gänzlich fehlte, warf sich in die Brust. „Ja es ist mir gut gelungen.“ Meinte er sichtlich stolz, „So und nun wieder hinaus mit dir. Ich habe noch einiges zu tun.“ Komplementierte er mich eisern hinaus. Aus Erfahrung wusste ich ihm seinen Willen zu lassen.

„Nun? Wie ist der Raum geworden?“ schauten mich Peer und Fraco gespannt an.

„Schön! Jedenfalls das was ich auf einem Blick sehen konnte. Oro hat mich hinausgeworfen.“ Klagte ich mein Leid.

„Du kannst dir ja später alles in Ruhe ansehen.“ Tröstete mich Fraco.

Mir blieb ja auch nichts anderes übrig und begab mich wieder an die Schaufel. „Wann holen wir eigentlich Blumen? Würden hier Rosen nicht gut aussehen?“ meine beiden Helfer zogen eine leidende Miene dabei warfen sie mir einen Blick zu als sei ich aus einer anderen Welt.

„Rosen brauchen Sonne!“ wurde ich von Fraco belehrt, „außerdem werden die Pflanzen als letztes gesetzt.“ Gerade wollte ich etwas entgegnen da hob der Junge seinen Zeigefinger so schwieg ich, „zudem haben wir November! Sollen die Pflanzen etwa erfrieren?“

„Erfrieren!“ blaffte ich vor mich hin, „Als ob es hier frieren würde!“ nuschelte ich in meinem Bart die Schaufel in die Karre lehrend.

„Das ist durchaus im Bereich des Möglichen.“ Sagte Peer, „Es ist Ende Oktober bisher haben wir Glück mit dem Wetter. Kaum Regen und die Temperaturen sind noch angenehm. Das kann sich ganz schnell ändern.“

„Wirklich?“ ich konnte es kaum glauben. Meine Unwissenheit tat wirklich schon weh. Ich nahm mir vor in den nächsten Tagen ein Buch zu besorgen. Nicht nur etwas über die Geschichte, sondern auch eins das mich nicht ganz so blöd dastehen ließ.

„Aber ja! Deshalb ist Oro auch so beschäftigt. Er muss den Ofen und Kamin fertigbekommen.“

Jetzt machte ich wirklich große Augen. Ein Kamin? Und einen Ofen? Wie kalt wurde es denn in Granada? Vor mir entstand ein Bild des letzten Winters. Meterhohe Wände aus Schnee. Dächer die von der Schneelast befreit werden mussten, klirrende Kälte, eisiger Wind. Vielleicht sollte ich doch Alia´s drängenden Wunsch nachkommen und den Winter in der Festung verbringen.

Mit mir selbst im Zwiespalt fragte ich schließlich einige Tage später Peer und bat ihn um seine Meinung. „Das musst du wissen Sarah Sardovan.“ Sagte er noch immer ehrerbietig den Nachnamen aussprechend.

„Dann sag mir doch wie fällt der Winter in dieser Region aus?“

 „Leichte Fröste und viel Regen kein Vergleich mit dem letzten Winterquartier.“

„Also bleiben wir?“, fragte ich unsicher. Der Vampir musste dazu doch seine eigene Meinung haben.

„Wie gesagt das musst du entscheiden. Die Festung ist ein sicherer Ort und deine Freunde werden sich freuen.“

Ja meine Freunde! Von denen ich sporadisch Briefe erhielt, die mir alles Mögliche schrieben und nie den einen erwähnten. Was sollte ich von solchen Freunden halten die mehr dem Vampir verpflichtet waren als… ja als was? Einer Verflossenen die Treue zu halten und dem Clan Oberhaupt in den Rücken zu fallen?

Nein das wollte ich nicht. Nur manchmal überkam mich Bitternis da wurde ich eben ungerecht. Was also sollte ich tun? Das Haus war immer noch nicht fertig. Weder Strom noch fließend Wasser gab es. Nein das sind Ausreden Sarah damit hast du dich längst abgefunden. Sei ehrlich! Du brennst darauf Corvin wiederzusehen und fürchtest dich gleichzeitig.

Bei dem nächsten Gespräch mit Alia frage sie ganz einfach. Wenn er nicht auf der Festung weilt dann verbringe den Dezember dort. Wenigstens Weihnachten mit der Familie. Peer schwieg während ich überlegte. Ich wusste nicht genau wie viel er von meinen Gedanken mitbekam. Wenigstens tat er so als wüsste er nichts. Nur manchmal beschlich mich das Gefühl das er jeden meiner Gedanken genau kannte. „Vielleicht sollten wir über Weihnachten…“ ließ ich den Satz unbeendet.

„Ja eine gute Idee.“ Stimmte er zu, „Bis dahin sollten wir den Hof in Ordnung bringen.“

Betrübt sah ich hinaus es regnete und wie Peer es voraussagte blieben Oro und Fraco der Arbeit fern. Mit dem Regen kühlte es sich auch ab zum Glück funktionierte der Ofen in der Küche. „Möchtest du einen Kaffee?“, fragte ich nur um mit meinen düsteren Gedanken nicht allein zu sein. Peer verbrachte die meiste Zeit in einem kleinen Anbau in dem früher wahrscheinlich Vieh gehalten wurde. Er kam selten ins Haus. Eigentlich nur wenn ich ihn aufforderte oder er mit Alia oder Rosmerta sprach die dann noch mit mir sprechen wollten. Er winkte verneinend ab. So stand ich auf zwar hatte ich keine Lust bei dem Sauwetter da draußen Steine und Schutt zu verladen aber besser als allein Trübsal zu blasen.

„Ich komme sofort muss mir nur schnell die Hände verbinden.“ Ging ich in den Speiseraum. Dort lagerte mein Verbandsmaterial denn die Blasen, die ich mir zuzog, hatten sich entzündet und rissen jeden Tag aufs Neue auf.

„Zeig her!“, befahl Peer während er eine Hand ergriff, „Das sieht schlimm aus, warum sagst du denn nichts?“ inspizierte er die entzündeten Blasen. „Bis auf Weiteres rührst du keine Schaufel an. Woher hast du denn all das Zeug?“ begutachtete er meine Apotheke.

„Oro ich habe ihn gebeten mir etwas zu besorgen.“ Erklärte ich. Aus unerfindlichen Gründen hatte ich ein schlechtes Gewissen. Verschämt zog ich meine Hand zurück.

Peer rückte sich einen Stuhl zurecht, „Komm setz dich ich lege den Verband an.“

„Das ist unnötig…“

 Er schnaufte, „Was nötig ist und was nicht entscheide noch immer ich, Sarah. Nun her damit!“ forderte er mich streng auf.

„Kannst du das überhaupt?“

Er grinste ein wenig, „Als Krieger lernt man so einiges. Nur keine scheu ich weiß was ich tue.“ Also legte ich meine Hand in seine ausgestreckte. Erschrocken als habe ich ihn verbrannt zuckte Peer zusammen.

„Was ist?“ beugte ich mich vor, etwa eine Blutvergiftung?

„Du bist nicht mehr Corvin´s Gefährtin!“, sagte Peer verblüfft um darauf sofort eine ausdruckslose Miene aufzusetzen. Ich konnte nur eines Peer anstarren. Er saß schon lange nicht mehr da. Nur ich, ich starrte vor mich hin. Begreifend was die Worte bedeuteten. Tränenlos verstand ich. Das war es also. Die hochtrabenden Worte Corvin´s nichts als… einfach bedeutungslos. Wer war ich schon? Ein kurzer Zeitvertreib mehr nicht.

Innerlich fror ich würde ich jemals wieder warm werden? Ich sehnte mich nach dem heißen Sommer, der prallen Sonne. Sehnte mich nach Wärme die mir verwehrt blieb. Wieder einmal! Der Onkel der keiner war und der Gefährte der keiner war. Liebe gab es anscheinend nicht für mich. Ich schwor mir weder Mensch noch Vampir jemals wieder so nah an mich heranzulassen. Schon wenige Stunden später klopfte ich an Peers Behausung. „Ich denke wir wollten den Hof vom restlichen Schutt befreien?“, sagte ich betont fröhlich.

„Das können wir auch ein andermal erledigen. Wenn du lieber…“

„Der  Hof!  Peer!  Die Arbeit  erledigt  sich  nicht  von  allein.“  Mir  kam  ein  Verdacht,  den  ich  bisher  nicht berücksichtigte. „Oder gehst du? Schließlich bin ich ja nicht mehr die Gefährtin des Bosses. Sicher hast du Wichtigeres zu erledigen.“

„Mein Auftrag lautet dich zu schützen. Das hat sich nicht geändert, Sarah.“ Krempelte er die Ärmel hoch.

„Außerdem will ich Haus und Hof im neuen Glanz erstrahlen sehen. So schnell wirst du mich nicht los.“

„Wir werden sehen. Du solltest nichts versprechen was du nicht halten kannst.“ Nahm ich die Schaufel auf. Peer sagte kein Wort auch in den nächsten Wochen vermieden wir das Thema Corvin oder Festung. Eigentlich sprachen wir überhaupt nicht viel es sei denn über den Hof.

Bis eines Tages Alia anrief. Peer wollte sie kurzerhand abwimmeln was mir nur recht war. Doch Alia verlangte mich zu sprechen sie kam sofort zur Sache. „Es ist bereits Dezember und wo bist du? Noch immer in Granada! Sieh zu das du herkommst oder ich schicke dir eine Wache die dich an den Haaren herbeizehrt. Der nächste Flug geht in zwei Stunden den werdet ihr nehmen und wehe nicht. Ich spreche keine leeren Drohungen aus, Sarah Sardovan!“ sie legte auf.

An Peers Gesicht sah ich das er jedes Wort verstanden hatte. „Was jetzt?“, fragte ich ihn unentschlossen.

„Alia ist imstande es zu tun.“

 „Das befürchte ich auch.“

„Außerdem wird es dir guttun bei deinen Freunden zu sein. Du darfst dich nicht verkriechen.“

„Wird er da sein?“ ich musste Peer nicht erst erklären wen ich meinte.

„Wahrscheinlich ja.“ Antwortete er mir ehrlich.

Wie sollte ich ihm begegnen? „Sei natürlich du selbst. Keinesfalls darfst du dich offen gegen Corvin auflehnen. Er ist immerhin das Oberhaupt der Familie. Doch wahrscheinlich wirst du ihm gar nicht begegnen, die Festung ist groß. Corvin hat gesellschaftliche Verpflichtungen die ihn vollauf beschäftigen.“ Hoffentlich war es so.

 

 

 

 

 

 

 

Am Flughafen wartete Alia tatsächlich mit drei gefährlich aussehenden Vampiren. Als ich sie misstrauisch beäugte lachte Alia. „Eine Privatmaschine steht bereit, Sarah. Wäret ihr nicht gekommen… aber lassen wir das.“ Umarmte sie mich herzlich. Das war die Schönheit die ich in den ersten Tagen kennenlernte. Keine Spur von Wahnsinn war ihr anzusehen.

„Es tut mir ja so leid, Sarah das du das Miterleben musstest. Dabei habe ich diese dunkle Seite an für sich gut im Griff. Vergessen wir die unangenehmen Tage. Jetzt will ich dir all das bieten was ich dir damals versprach. Peer! Wie schön! Es ist lange her.“ Musterte sie ihn ungeniert.

„Nicht lange genug. Wie geht es deinem Mann?“ O ho! Was für Töne! Wer hätte das gedacht Alia und Peer!

„Oh gut! Leon ist unerschütterlich er hält mit eiserner Hand den Empfang auf Trab. Sarah kannst du dich erinnern? Heute ist es ja ganz anders nur Vampire und ihre Angehörigen kommen auf die Festung. Du glaubst gar nicht wie viel los ist manchmal müssen wir unsere Zimmer räumen und mit dem Keller vorliebnehmen. Die Einzige, die dabei ihren Spaß hat, ist die entsetzliche Vettel. Eines Tages dreh ich ihr den Hals um.“ Sagte Alia liebreizend und stählernen Blick.

Es gab nur eine Person die solche Reaktionen hervorlockte. „Dann ist Rosmerta da?“

„Was findest du nur an ihr?“

„Ich mag sie.“ Sagte ich nur. Während Alia die Stirn krauszog, „Und sie dich! Unglaublich aber wahr. Ich hörte du warst einer ihrer Lieblinge, Peer.“ Schmunzelte Alia.

„Ganz recht! Auch ich freue mich Rosmerta wiederzusehen. Ganz anders als bei dir.“

Da lag aber ganz schön dicke Luft zwischen den Beiden. Mich ging das nichts an. „Wer ist noch da?“, fragte ich deshalb allein um Alia auf andere Gedanken zu bringen.

„Du wirst nicht enttäuscht sein. Till und Endris warten bereits. Hendrik ist ganz aus dem Häuschen. Ja und die andern kommen noch. Heiligabend sind sie spätestens da das haben sie mir versprochen.“

Zögernd betrat ich die Halle, mulmig sah ich mich um. Doch konnte ich nur einen kurzen Blick in die Halle werfen da Hendrik mich sofort an seine Brust zog. Von da wurde ich an Endris und schließlich an Till weitergereicht. „Lasst das junge Füllen doch mal!“ hörte ich die unverwechselbare Stimme Rosmerta´s die sich vorkämpfte.

„Alia du kleines Biest hast es tatsächlich geschafft. Wenigstens etwas! Sarah lass dich anschauen.“ Musterte sie mich, „Dünn! Viel zu dünn! Aber das werden wir ändern. So nun komm erzähle Rosmerta von deinem Haus.“ Vereinnahmte sie mich.

„Rosmerta!“ stellte sich Endris in den Weg. „wir werden uns gesittet setzen wie es bei Freunden üblich ist. Jeder möchte erfahren…“

Kapitel 26

„Papperlapapp du junger Hüpfer. Eins nach dem anderen.“ Gebieterisch führte sie mich in den Gästetrakt. „Alia? Du Biest! Was ist? Willst du zur Salzsäule erstarren?“ ging sie zielstrebig weiter. „Also Sarah merk dir eines. Wir sind Sardovan jeden Tag treffen hohe Würdenträger aus ganz unterschiedlichen Familien ein. Unsere erste Pflicht ist  es  den  Namen  Sardovan  gerecht  zu  werden.  In  diesen  Lumpen  darfst  du  nicht  erscheinen.  Das  ist unverzeihlich.“ Öffnete sie eine Tür die meines Wissens zu den Einzelzimmern gehörten. „So das ist vorerst dein Reich. Sollte es eng werden musst du wie alle anderen auch das Feld räumen. Das Biest hat deine Garderobe hergeschafft. Wenn du umgezogen bist darfst du in die Halle kommen.“

Verließ sie den Raum. „Was für eine Gewitterziege!“, seufzte Alia sich auf das Bett fallend lassend. „Seitdem sie da ist reißt sie alles an sich. Herrschsüchtige alte Krähe! Aber in einem hat sie recht. Du musst ständig vom Feinsten gekleidet sein. Das müssen wir alle.“ Lächelte sie, „So und nun lass uns sehen wie wir dich herrichten können. Morgen fahren wir in die Stadt dort bekommst du erst mal eine anständige Frisur. Mein Gott wann wurde dein Haar das letzte Mal geschnitten und deine Haut.“ Rief sie geradezu entsetzt aus. „Nein so geht das wirklich nicht, Sarah!“ runzelte sie bestürzt die Stirn, „daran kann ich jetzt nichts ändern. Oder bleib für heute auf dein Zimmer…“

„Alia mein Aussehen ist mir gleich! Meine Freunde aber nicht.“

„Der gleiche Sturkopf! Na gut! Aber bleib ja im Hintergrund.“

„Das dürfte nicht allzu schwer sein.“ Grinste ich , „Allein hinter Till kann ich mich schon verstecken.“

„Ja! Das könnte gehen.“ Stimmte sie völlig Ernst zu.

„Das sollte ein Scherz sein, Alia!“

„Wirklich? Du wirst schon sehen wie recht ich habe.“ Meinte sie nur.

Zu meinem Leidwesen musste ich zustimmen. Selbst Geirrod und Diederich trugen Anzüge und sie sahen darin wirklich gut aus. Obwohl Diederich ständig mit seiner Krawatte kämpfte. Leider wurde aus der ausgedehnten Unterhaltung, die ich mir wünschte, nichts. Denn jeder meiner Freunde hatte zu tun. So kamen und gingen sie was zu keinem richtigen Gespräch führte. Endris erklärte mir ihre Aufgaben, „Wir sitzen auf einem Pulverfass das jeden Moment explodieren kann. Wie du sicher von Alia und Rosmerta gehört hast sind viele Vertreter der verschiedensten Clans da. Nicht alle leben friedlich miteinander. Deshalb ist es unsere Aufgabe sie bei Laune zu halten und sie davon abzubringen sich gegenseitig abzumurksen. Keine leichte Aufgabe wie du dir denken kannst.“

„Ich verstehe nicht. Warum kommen sie denn eigentlich her.“

 „Ach das weißt du nicht?“, fragte er mich erstaunt, „Seitdem der Rat die Jäger als ernst zu nehmende Gefahr akzeptiert ist der Teufel los. Zwar ist der Sommer ohne Vorkommnisse vergangen aber trotzdem besteht Gefahr. Sie wollen Bündnisse eingehen genau das ist es was Corvin wollte. Nur so können wir die Jäger besiegen.“

„Also ist er hier?“ mein Mund war auf einmal ganz trocken.

„Oh… wie dumm von mir…“, sagte Endris bekümmert, „Ja er ist da. Aber…“

„Es ist gut.“ Legte ich beruhigend meine Hand auf seine, „Ich glaube ich werde morgen abreisen. Das wird das Beste sein.“

„Nein! Nein! Oh verdammt Rosmerta und Alia werden mich vierteilen. Sarah bitte bleib. Corvin verlässt kaum den Turm du wirst ihm wahrscheinlich überhaupt nicht begegnen. Zudem weiß er gar nicht das du da bist.“ Hielt er mit einem Male erschrocken inne, „Vergiss was ich sagte! Du bist gefährlich Sarah! Ja wirklich! Da plaudert man doch Sachen aus die unausgesprochen bleiben sollten.“ Abrupt stand Endris auf, mit zusammengezogenen Brauen meinte er noch, „mit dir rede ich nur noch wenn jemand dabei ist. Ich wünsch dir eine gute Nacht.“

Unschlüssig blieb ich noch eine Weile sitzen dann machte ich mich auf den Weg in mein Zimmer. „Sarah!“ ich sah mich um, Peer geschniegelt trat auf mich zu. „Ich habe gerade Endris getroffen. Er schimpfte über sich und dich. Ist alles in Ordnung mit dir?“

„Aber ja ich habe gerade nur erfahren wer sich im Turm aufhält.“

„Das war vorauszusehen. Lauf nicht weg, Sarah schließlich bist du Vlad´s Tochter das ist eine standhafte Familie und die flüchten nicht, sondern stellen sich ihrem Gegner.“

„Du sprichst als sei ich im Krieg.“

„Ja! Ist es doch auch. Es gibt viele Arten des Krieges, Sarah und das ist vielleicht der Schwerste.“ Peers Worte gaben mir einiges zum Nachdenken. Dazu hatte ich am nächsten Tag genug Zeit denn Alia schleppte mich tatsächlich zur Rundumüberholung. Auf den Rückweg fragte sie mich beiläufig wie ich gedachte meinen Aufenthalt  in  der  Festung  zu  gestalten.  Darauf  konnte  ich  ihr  keine Antwort  geben  da  ich  wirklich  keine Vorstellung hatte.

„Das ist gut! Sehr gut sogar. Sarah bitte, bitte helfe in der Rezeption aus. Leon tut sein Bestes aber er übernimmt sich. Wenn  du  wenigstens  einige Stunden übernehmen  würdest  wäre  das  schon  hilfreich. Wir sind  wirklich unterbesetzt und nun kommen auch noch die Franzosen. Eigentlich sind sie äußerst charmant nur Leon verachtet sie. Warum das weiß selbst ich nicht. Es ist ihm durchaus zuzutrauen das er sie unhöflich behandelt oder noch Schlimmeres. Du kennst ihn ja er hat aber auch vor gar nichts Respekt.“

Nein ich kannte ihn nicht. Nur als eingebildeten hochnäsigen Butler der auf mich hinabsah. Doch das sagte ich Alia nicht. „Wenn es dir hilft.“ Stimmte ich zu nur um nicht enden wollende Tage zu entgehen.

„Danke,  danke  das  werde  ich  nicht  vergessen. Also  fängst  du  gleich  an?  Pierre  wird  noch  heute Abend ankommen. Kümmere dich um sie ja. Eines solltest du wissen Pierre ist bekannt für seinen Charme er steht Henry in nichts nach. Auch seine Begleiter sind nicht zu unterschätzen. Ich stelle dir Peer zur Seite.“

Ich musste lachen, „Wann hast du das geplant?“

„Oh du tust mir Unrecht… also ehrlich erst vor ein paar Tagen.“ Stimmte sie fröhlich ein. „Sie sind wirklich schwer zu bändigen, Sarah. Aber du schaffst das schon.“

Daran zweifelte ich als ich die Franzosen kennenlernte. Pierre war ja ganz nett aber sein Kompagnon der hatte es faustdick hinter den Ohren. Da war Henry ja das reinste Schoßhündchen. Michelé so nannte er sich bestand auf eine echte französische Begrüßung. Er kam um die Theke geschlichen nahm mich in Augenschein und meinte bald würde ich sein Bett mit ihm teilen. Was ich natürlich nett aber bestimmt verneinte. „Dann eben dein Bett!“ gurrte er mir ins Ohr und war sofort vergessen als er Alia ansichtig wurde. „Welche Schätze!“, sagte er bewundernd. Alia viel gewandter lachte betörend. Sie hielt den Franzosen auf Abstand während sie auf sein Spiel einging. Das konnte ich nur bewundern. Seufzend sah ich dem Trio nach.

„Nimm dir kein Beispiel an Alia.“ Warnte mich Peer eingehend.

„Was ist zwischen dir und ihr? Oder darf ich nicht fragen?“

„Nichts Besonderes. Ich halte es nur so Verheiratete sind tabu. Sie hat mir Leon verschwiegen. Als ich es erfuhr war es zu spät.“ Zuckte er gleichgültig mit den Schultern, „Wie du dir vorstellen kannst war ich nicht gerade begeistert.“

„Kommt daher deine Frauenfeindlichkeit?“

„Meine was?“ schaute er mich ungläubig an, „Wie kommst du denn darauf?“

Jetzt musste ich lachen ein Vampir verlangte seinen Schlüssel. Ein düster aussehender Geselle! Der Peer scharf musterte und Peer behielt ihn genauso scharf im Blick seine Augen verdunkelten sich drohend. „Es ist lange her, Peer! Noch immer ein Lakai?“ lächelte der Vampir geringschätzig.

Der verbeugte sich auffällig langsam, „Wie immer entgeht dir nichts. Und du? Noch immer auf Kriegsfuß mit jedem dessen Nase dir nicht gefällt?“

„Jaah und deine Nase reizt mich besonders!“

„Ganz der Alte!“ schmunzelte Peer spöttisch, doch war jeder Teil seines Körpers angespannt, er war auf der Hut vor dem Vampir.

„Beruhige dich! Ich halte mich an das Abkommen. Kann mich schließlich beherrschen. Übrigens Peer Mutter geht es gut!“ Mir klappte der Mund auf!

„Wieso auch nicht! Es wundert mich das sie ausgerechnet dich schickt. Du bist nicht gerade für deine Diplomatie bekannt.“

Der Vampir lächelte kurz, „Die Zeiten ändern sich.“

„Also wird sie bald eintreffen!“ nickte Peer, „Es muss schwer für dich sein ständig an ihrem Rockzipfel zu hängen.“

 „Verlass dich nicht zu sehr auf das Abkommen, Bruder. Du wirst dich nicht immer hinter Sardovans Rücken verstecken können.“

„Das habe ich noch nie nötig gehabt.“ Lehnte sich Peer vor nun lispelte er ein sicheres Zeichen das seine Zähne ausgefahren waren. Der Bruder dagegen blieb völlig ruhig. Er reizte Peer mit voller Absicht. Warum? Fragte ich mich. Nur um das ominöse Abkommen zu brechen oder gab es noch mehr Gründe? Beruhigend legte ich Peer eine Hand auf die Schulter, „Sieh mal einer an. Das Frauchen ist besorgt eine Freundin?“ grinste er anzüglich,

„Kindchen wenn du einen richtigen Mann…“

„Das reicht! Sloan! Du lässt Sarah da raus. Es geht nur um dich und mich.“ Knurrte Peer gefährlich leise.

„Was denn? Eine neues Element das erhöht doch nur den Reiz des Spiels Brüderchen. Das ist also die Ex eures Chefs.“ Nahm er mich nun in Augenschein, „Wie ist das Sarah benutzt und abgelegt zu werden? Verrat mir das doch Mal.“ Peer knurrte gefährlich auf.

„Komisch ich komme mir gar nicht benutzt vor. Jeder weiß doch wie Corvin ist.“ Das überraschte Sloan ich sah es ihm an und nutzte es aus. „Den Weg zu deinem Zimmer kennst du ja? Oder soll ich Diederich bitten dich zu begleiten?“ fragte ich freundlich nach. Diederich war der Garant das selbst die wildesten Vampire ganz ruhig wurden so auch Sloan. „Nicht dumm Sarah. Gar nicht dumm. Ich freue mich auf eine weitere Unterhaltung.“

Erleichtert atmete ich auf nur um dann sofort vor Peers bösen Blick zurückzuweichen. „Warum hast du dich eingemischt?“, erkundigte er sich kalt.

„Ganz einfach, weil du dabei warst, die Beherrschung zu verlieren.“

„Das glaubst du? Nein davon war ich weit entfernt. Nur weil ich ein paar Muskeln spielen lasse verliere ich nicht gleich die Kontrolle.“

„Aber du hast gelispelt!“, sagte ich fest überzeugt.

„Natürlich! Du solltest mich inzwischen besser kennen Sarah es braucht schon mehr um mich aus der Ruhe zu bringen.“

„Aber warum das Ganze?“ ich kam mir ziemlich dumm vor. Schon wieder einmal.

„Informationen! Meine Mutter ist eine durchtriebene berechnende kalte Hexe. Warum schickt sie gerade Sloan? Ich habe Brüder die weit mehr Grips haben als er. Unwissend und die Neuigkeiten absorbierend blies ich die Wangen auf.

„Jeder der Vampire ist verdächtig. Einer von ihnen kann ein Verräter sein vergiss das nicht. Meiner Mutter traue ich  das  durchaus  zu.  Du scheinst  überrascht Vlad  ist  nicht  der  Einzige  den  Corvin  aus  den  Fängen  einer herrschsüchtigen Mutter befreite.“

ich war überrascht bisher habe ich nie daran gedacht, dass Peer noch Familie besaß. Wer noch? Sie sprachen wirklich nie von ihren Angehörigen. Keiner meiner Freunde. „Wie viele Brüder hast du denn?“, wollte ich wissen. „Sieben und eine Schwester.“

„So viele! Da hatte deine Mutter ja…“

Peer lachte, „Keine Blutsverwandten  sie hat uns gewandelt. Alischa ist nicht die Einzige die sich ihre eigene Familie aufbaut. Es geht ihnen nur um Macht! Und der Clan der Sardovan´s ist eine der mächtigsten Familien. Es gibt da nur einen Unterschied unser Oberhaupt will nicht herrschen sowie andere.“

„Warum glaubst du wurde Sloan geschickt?“

„Mein Bruder? Er ist nur für eines gut um Unfrieden zu stiften. Gerade das macht mir Sorgen.“

„Du solltest Corvin warnen.“ Schlug ich vor.

„Oh er kennt Sloan und genaugenommen ist er nicht das größte Problem. Pierre und Michelé sind weitaus gefährlicher du darfst ihnen auf keinen Fall vertrauen.“

„Sag mir doch noch einmal warum wir Granada verlassen haben?“, bat ich ihn.

„Um ein geruhsames Weihnachtsfest mit unseren Freunden zu begehen?“ lächelte er dünn. „Ehrlich du musstest mal in Gesellschaft und die Festung ist dafür der ideale Ort.“

„Für dich oder mich?“

Er sagte nichts dazu, sondern zog sich in den Hintergrund zurück als er sah wer aus dem Turm kam. „Sarah! Ich habe es gerade erfahren.“ Kam Henry die Arme weit ausgestreckt auf mich zu. „Gut siehst du aus. Die Bräune steht dir.“

„Und du bist der gleiche Schmeichler wie immer.“ Freute ich mich ihn zu sehen. „Natürlich schließlich habe ich einen Ruf zu verlieren.“

„Dann pass auf! Gerade sind die Franzosen angekommen. Dieser Michelé könnte dir Konkurrenz machen.“

„Sie sind schon da? Tut mir leid mein Schatz doch wir müssen unsere Begrüßung auf später verschieben.“ Wandte er sich schon wieder ab. „Ich bin hier!“ lachte ich hinter ihm her als er mir einen Kuss zuhauchte.

Danach bekam ich einiges zu tun. Die Rezeption und Halle diente als Haupttreffpunkt die ständig besucht war. Hier trafen sich Vampire der unterschiedlichsten Familien manchmal zogen sie sich auch in den ehemaligen Speiseraum zurück. Denn an den Tischen wurde nicht mehr gegessen wie ich wusste. Das erfuhr ich heute Morgen als es zaghaft an meiner Tür klopfte dort stand ein Vampir mit Tablett. Erst starrte er mich verdattert an. Bis er schließlich erklärte für die Verteilung der Speisen zuständig zu sein. Ich sollte nur in der Küche anrufen und meine Wünsche mitteilen. Er Ross würde schon dafür sorgen, dass ich es bekam. „Ich kann doch aber auch in die Küche gehen.“ Denn eine Sonderbehandlung wollte ich nicht.

„Das geht nicht! Ruf einfach an.“ sagte er bedauernd.

 „Na gut.“ Stimmte ich zu. Ich fand es schon seltsam. Doch vielleicht waren ja nur wenige Menschen in der Festung und in der Küche lagerte bestimmt mehr Plasma als für mich genießbare Nahrung. Später erfuhr ich von Alia das auch das Plasma auf die Zimmer gebracht wurden. „Warum?“, wollte ich wissen.

„So können wir genau nachhalten wer und wie viel bekommt. Du glaubst gar nicht was sie alles anstellen nur um ein bisschen mehr zu bekommen.“ Das verstand ich nun wieder nicht.

„Je mehr Blut desto stärker wird der Vampir. Wir wollen sie auf das gleiche Level halten. Deshalb ist die Küche besonders stark bewacht.“

„Gibt es noch irgendwelche besonders bewachte Räume?“, fragte ich sie. Ich dachte da an das Schwimmbad, denn sicher durfte ich nicht laufen gehen. „Nichts was für dich gefährlich wäre. Bleib einfach dem Küchentrakt fern. Ansonsten kannst du dich frei bewegen.“

So  stand  ich  also  hinter  der  Rezeption  manchmal  bekam  ich  einen  meiner  Freunde  zu  sehen  die  vollauf beschäftigt waren. Was mir noch auffiel es waren nur Vampire auf der Festung. „Sie lassen ihre menschlichen Angehörigen zu Hause es ist einfach sicherer.“ Erklärte mir Peer der mit Geirrod oder Diederich die Halle beobachtete.

Was zunächst als einige Stunden begann wurde schnell ein nächtlicher Dienst. Schliefen die verdammten Blutsauger denn nie? Fragte ich mich mehr als einmal. Sobald die Verhandlungen endeten kamen die Vampire in die Halle geströmt. Sie diskutierten und berieten sich. Manchmal kam es zu hitzigen Debatten und auch schon einmal zum Streit. Doch ein Blick von Diederich genügte schon kühlten sich die Streithähne ab. Diederich war es auch der mich aus der Rezeption entfernen wollte. Als er mich das erste Mal sah fluchte er lautstark danach fragte er erst was ich hier tat. Was ich ihm auch erklärte.

Einem Wutausbruch nahe schäumte der alte Recke. „Du gehst sofort auf dein Zimmer!“, bellte er lautstark was Alia auf den Plan rief. „Sie bleibt!“ entschied Alia kurz angebunden die Beiden gerieten in Streit. Wortlos stand ich daneben bis es mir zu viel wurde. Immer wurde alles über meinen Kopf hinwegentschieden. Es reichte mir!

„Haltet  endlich  eure  Klappen!“,  sagte  ich  nicht  gerade  leise  und  fuhr  dann  ruhiger  fort  als  ich  ihre Aufmerksamkeit besaß. „Mit gefällt die Arbeit“, sagte ich und es stimmte es machte mir Spaß die verschiedenen Vampire zu beobachten. Was anderes hatte ich auch großartig nicht zu tun. Außer ab und an Rosmerta oder Alia anzurufen wenn sie verlangt wurden. Neuankömmlingen die Zimmer zuzuweisen oder einfach nur Auskunft zu geben ob ich diesen oder jenen Vampir gesehen hätte. Wirklich keine schwierige Arbeit aber interessant. Für mich jedenfalls. „Sarah es ist viel zu gefährlich für dich. Erst letzte Woche gab es eine Schlägerei…“

 „Ja und?“, unterbrach ich Diederich, „sobald es gefährlich wird verschwinde ich nach hinten.“ Diederich lief rot an, „Kindchen sei doch vernünftig. Für einen Menschen ist es einfach zu gefährlich.“ Meinte er besorgt, Alia schnaufte ärgerlich. Ihre Augen blitzten auf. Bevor sie etwas erwidern konnte sagte ich schnell,

„Diederich du oder Geirrod passt auf zudem ist Peer da ein Wink und ich gehe.“ Lächelte ich ihn beruhigend zu. Er kämpfte mit sich doch letztlich nickte er, „Ein Wink, Sarah! Wage es nicht zu zögern ansonsten bekommst du es mit mir zu tun. Verstanden?“ sah er mich drohend an.

„Versprochen“ nickte ich erleichtert. Zwar warf Diederich Alia und mir einige böse Blicke zu doch er sagte nichts mehr. „Siehst du!“, meinte Alia, „Du wirst auch mit den hartgesottenen Kriegern fertig. Deshalb wollte ich dich ja an der Rezeption. Sogar die Vettel stimmte mir zu. Wo ist sie eigentlich wieder?“ sah sie sich suchend um. „Ständig muss ich sie im Auge behalten sie ist schlimmer als eine läufige Hündin. Und mir hält man mein Liebesleben vor! Ich sag dir eines…“ sie sah Rosmerta die gerade mit Henry aus dem Turm kam. Die ernsten Gesichter der Beiden waren nicht zu übersehen. „Da ist was los… bis später.“ Eilte sie auf Rosmerta und Henry zu.

Bald darauf kamen die zwei Franzosen. Innerlich wappnete ich mich gegen Michelé Worte. Jedes Wort aus seinem Munde war zweideutig ich musste höllisch aufpassen sonst landete ich schneller unter ihm als mir lieb war. Schon zweimal ging Peer dazwischen ehe ich den Sinn von Michelé´s hintergründigen Worten verstand.

Diesmal jedoch blieb er ruhig und sagte nicht ein Wort. Ganz etwas Neues dachte ich erleichtert. Deshalb fiel mein Lächeln an Pierre freundlicher aus. Der stutzte als er mich ansah, „Welch ein entzückendes Lächeln!“ gurrte er schmeichelnd. Na toll! Der eine schweigt, der andere legt los. „Wie heißt du sagtest du noch mal?“

„Sarah!“ das wusste er ganz genau.

„Ja! Es ist schade, dass wir abreisen. Wirklich schade du bist Vlad´s Tochter?“ Pierre erwartete keine Antwort er sprach mehr zu sich selbst. Ich nickte nur.

„Die Sarah!“ zog er fragend eine Braue hoch. Mein Magen krampfte sich zusammen.  Die  meisten Vampire  schwiegen, wenn  sie  erfuhren,  wer ich war.  Die meisten jedenfalls  einige sprachen mich direkt auf Corvin an. „Sag mir eines ehemalige Gefährtin. Was denkst du? Welche Meinung hast du über den Herrscher der Sardovan´s?“

Auch das war nichts Neues. Wenn sie dachten ich ziehe über das Oberhaupt her so irrten sie sich gewaltig. „Er würde es als Beleidigung ansehen als Herrscher betitelt zu werden. So viel kann ich sagen.“

„Interessant! So sag mir doch Sarah Sardovan wie kommst du darauf? Ist er nicht euer Herr?“Ich schüttele verneinend den Kopf, „Nein und ja! Jeder einzelne Sardovan weiß das Corvin sich nicht als Herrscher sieht. Er ist derjenige der die Familie gründete und wie ein Oberhaupt sorgt er sich um jeden Einzelnen. Im Grunde ist er der Vater der alle beschützt.“

„Auch dich?“ lächelte er hintergründig.

 „Auch mich!“, erwiderte ich sein Lächeln.

„Vertraust du ihm?“

„Ja!“

„Du erstaunst mich, Sarah Sardovan.“ Zog er überlegend seine Brauen zusammen. „Michelé wir bleiben. Vereinbare ein Gespräch mit Corvin. Ich möchte allein mit ihm reden.“ Dabei ließ er mich keine Sekunde aus den Augen. „Er hat gut daran getan dich als letzten Anker einzusetzen.“ Nahm er die Schlüssel in die Hand. Durfte ich stolz auf mich sein? Oder musste ich befürchten einen wutschnaubenden Boss gegenüberzutreten? Ich wusste es nicht.

Erst einige Stunden später meinte Alia, „Ach ich wusste es Sarah du bist an genau der richtigen Stelle. Was hast du Pierre versprochen, dass er weiterhin an den Verhandlungen teilnimmt?“

„Nichts!“ wies ich ihre Annahme zurück strikt zurück. Doch sie lächelte nur, „Ah ja? Und warum schleicht unser Franzose in der Halle herum?“ deutete sie mit wissenden Blick auf Pierre der allein in der hintersten Ecke saß.

„Er schleicht nicht! Außerdem sitzen überall Vampire.“ Nuschelte ich verlegen. Denn der verdammte Blutsauger winkte mir zu, als ich hinübersah. Dabei Alia´s wissendes Gesicht das war einfach zu viel. Waren die Blutsauger denn nur mit einem beschäftigt? Schnellstens den nächsten Bettgenossen finden? Die waren ja schlimmer als Karnickel.

„Jedenfalls hat er sich über dich informiert. Ausgehend informiert! Wenn ich dir einen Rat geben darf, Sarah. Nimm, mit was du bekommen kannst…“

„Danke auf diese Art von Rat kann ich verzichten.“ Sagte ich kalt und wandte mich ab. Alia gurrte nur leise vor sich hinlachend. „Du musst noch viel lernen, Sarah. Der Franzose hat ein Auge auf dich geworfen er wird seinen ganzen Charme spielen lassen. Im Grunde hast du schon verloren oder sollte ich sagen gewonnen.“

„Hör auf!“, schrie ich fast, ruhiger sagte ich dann, „Du und deine Fantasie, die macht einen ganz kirre…“

„Kirre ist gut! Sei kirre, verrückt und genieß die Liebe Sarah. Ein kleines Abenteuer wird dir guttun.“

„Kein Interesse!“ flüchtete ich ans andere Ende der Theke. Zum Glück wurde Alia angesprochen so entging ich weiteren Ratschlägen.

„Ehrlich gesagt muss ich Alia zustimmen.“ Erschrocken drehte ich mich um und sah Pierre direkt vor mir. Weit über die Theke gelehnt berührten sich fast unsere Nasenspitzen. So konnte ich die kleinen goldenen Sprenkel in seinen blauen Augen sehen. „Habe ich dich erschrocken?“, fragte dieser Casanova sanft, während er leicht mein Kinn berührte, „Zufällig habe ich euer Gespräch mit angehört“ schaute er mir tief in die Augen, „deine Freundin sagte die Wahrheit sei ein bisschen verrückt nur ein kleines bisschen Sarah.“ Flüsterte er leise, dabei versprachen seine Worte Zärtlichkeit, Sanftmut und die Erfüllung meiner Träume. Warum sollte ich zögern? Ein Donnergrollen, das mich bis ins Mark erschütterte, brachte mich in die harte Realität zurück.

Entsetzt über mich über meine Gedanken wich ich zurück. Bedauernd ließ Pierre seine Hand sinken noch spürte ich die Wärme seiner Finger auf meiner Haut. Ein Teil in mir wollte wieder die Wärme empfangen… sie fühlen… ich schüttelte mich wie ein nasser Hund. Endlich begriff ich er hat versucht mich zu manipulieren! Anklagend sah ich diesen Schurken an. Der mich weder schuldbewusst noch reumütig mit seinem strahlenden blauen Augen ansah.

„Es war ein Versuch wert. Nun weiß ich, was du unter deiner kühlen Fassade versteckst  mehr als ich zu erträumen wagte. So viel mehr Sarah! Corvin ist ein Idiot dich aufzugeben.“ Sprach er sehr ernst. Noch immer kämpfte ich gegen das Verlangen mich an seine Brust zu werfen. „Sei dir eines bewusst mon Coeur, auch ich bekomme was ich mir wünsche. Bis gleich.“ Zauberte er ein betörendes Lächeln hervor.

Ich stehe noch immer unter seinem Einfluss! Sonst würden mich die Worte des Franzosen doch wohl kalt lassen und nicht so heiße Schauer über den Rücken jagen. Atme tief ein Sarah und bring dein rasendes Herz zur Ruhe. Hat jemand das gesehen? Schaute ich mich vorsichtig um eindeutig jeder in der Halle! Verflucht seien sie alle! Und machte mich ich unauffällig auf den Weg nach hinten. Dort erwartete mich bereits Diederich, der mich breit angrinste, „Respekt Sarah Sardovan! Wie konntest du ihm widerstehen?“

„Widerstehen? Du hast das mitbekommen?“ loderte eine Stichflamme der Wut auf die mich blind für alles um mich herum machte. „Du! Du… warum hast du nichts dagegen unternommen?“ stieß ich meinen Finger in seinen Magen. Das machte ihm knapp die Hälfte aus nach seiner amüsierten Miene zu schließen. „Warum sollte ich?“

Entgeistert starrte ich Diederich an, „Warum?“ fragte ich nach. Ich wurde ganz ruhig innerlich ganz ruhig. Diederich ging argwöhnisch einen Schritt zurück. „Sarah beruhige dich. Atme!“

„Oh ich bin ruhig, mein Freund! Sehr ruhig.“ Folgte ich ihm mörderische Gedanken im Kopf. Bilder von herausgerissenen Herzen vor meinen Augen.

„Mach keine Dummheiten sonst werde ich dir wehtun müssen Sarah.“ Warnte mich mein lieber Freund. Schöner Freund der zuließ das der blonde Schönling mich manipulierte.

„Sarah hör mir genau zu. Pierre hat um Erlaubnis gebeten so wie einige andere auch.“

„Erlaubnis?“ trat ich einen weiteren Schritt ich sah den Anzug den schönen maßgeschneiderten grauen Anzug, der sich vom Blut rot verfärbte. Sein Blut, während ich genüsslich das Herz dieses Verräters in Händen hielt. Er nickte eifrig, „Ja die offizielle Erlaubnis um dich Freien.“

Ich stockte, „Um was?“ meine Fantasiegebilde gingen in Rauch auf. „So nennt man das doch umwerben, sich ranschmeißen, anbändeln, hofieren. Das hat er der Franzmann, da kann darf ich nichts unternehmen.“

Nun hielt ich inne, „Und wer hat ihm die Erlaubnis erteilt?“ ich wusste es doch ich wollte die Bestätigung hören.

„Ja also eigentlich hat Endris als Erster deinen Vater gefragt. Der hat nicht allzu gut auf die Anfrage reagiert sogar ziemlich wütend. Als er sich dann beruhigte meinte er im Grunde mische er sich da nicht ein man solle dich fragen. Nur ist es so das die Freier außerhalb des Clans eine Bewilligung benötigen und die kann nur einer geben. Also unser Familienoberhaupt.“

„Wie kommt er dazu sich so etwas anzumaßen wie…“

„So sind die Gesetze! Auch ein Corvin Sardovan kann nicht dagegen verstoßen. Pierre hat nichts anderes getan wie einige vor ihm. Nur reagiertest du auf keinen. So ist das! Der Franzose gefällt dir auf welche Art auch immer - aber er gefällt dir ansonsten hätte er dich nicht auf diese Weise beeinflussen können. Also hör auf das Unschuldslamm zu spielen und sei dir gegenüber mal ehrlich.“ War es nun Diederich, der drohend auf mich zuging.

„Warum tut er das? Will er mich so schnell loswerden?“ verpuffte all meine Wut. War es das? Ja! Und ich Esel ich hegte die Hoffnung… wie dumm! Genau deshalb bin ich Alia´s Einladung gefolgt nur aus einem Grunde die Versöhnung mit Corvin. Ich hasste mich dafür war ich doch nicht besser als seine anderen Verflossenen – ich lief ihm nach! Ja sei ehrlich, so wie Diederich es mir riet, war ich es. Das erste Mal, seitdem er mich verließ. Niedergeschlagen warf ich mich an Diederichs Brust. „Ist ja gut! Ist ja gut!“ ramponierte er meinen Rücken. Das sollte wohl tröstlich sein musste ich unwillkürlich kichern.

„Was ist denn nun?“, fragte er mich mit entsetztem Gesichtsausdruck. Ich wischte mir die Tränen fort. „Ach nichts, Diederich nichts. Ich danke dir du hast mir die Augen geöffnet.“ Weinte und lachte ich zugleich.

Ich fühlte mich wie auf einer Achterbahnfahrt. Überschwänglich und todtraurig zugleich. Was für ein Idiot ich doch bin! Natürlich gab er die Erlaubnis somit konnte er zwei Fliegen in einem Handstreich erledigen. Zum einem bot er ein Familienmitglied an das dann hoffentlich schnellstens in einen anderen Clan übersiedelte. Genauso dachte Corvin heulte ich fluchend.

Das machte dem starken Krieger bange, „Soll ich Alia oder Rosmerta rufen?“ fragte er besorgt.

„Nein“ schüttelte ich den Kopf das riesige Tuch nehmend das er mir vor die Nase hielt. Worin ich kräftig schnäuzte. „Das könnte ich im Augenblick nicht ertragen.“

„Wie du meinst.“ Lehnte er sich kraftlos an die Wand, „nur weiß ich nicht, wie ich dir helfen kann, Mädchen. Das ist Weiberkram, wirklich da kenn ich mich nicht aus.“

Wieder musste ich lachen. „Wirklich Diederich du machst das gut. Mir geht es schon viel besser und ich muss dir danken.“

Er winkte ab, „Wozu?“

„Für alles!“ drückte ich ihn, „Für alles!“ atmete ich tief durch. „Sind da drin noch die Umkleiden und Toiletten?“ er nickte. „Dann werde ich mich frisch machen.“

 „Tu das, Sarah.“ Wirkte der Krieger erleichtert, „Ich, geh schon mal vor.“

„Okay ich komme gleich nach.“ Doch dann viel mir etwas ein ich zögerte, „Diederich was meintest du damit, Endris und andere?“ sah ich ihn fragend an.

Er kratzte seinen Bart, „Naja einige haben genau wie Pierre die Erlaubnis bekommen. Sie haben es versucht“ schmunzelnd fuhr er fort, „ohne Erfolg du hast jeden Einzelnen kalt abblitzen lassen. Pierre jedoch muss dich auf eine Art – wie soll ich sagen…“

„Pierre ist charmant, gut aussehend und sexy.“ Half ich ihm auf die Sprünge.

„So würde ich es nicht ausdrücken.“ Sagte er sich angewidert schüttelnd.

„Eines verstehe ich nicht. Endris hat doch auch…“

„Endris!“ lachte Diederich sich den Bauch haltend, „Der Romantiker! Er hat noch nicht einmal den Versuch unternommen. Nein unser lieber Endris hat nur aus einem Grund die Einwilligung eingeholt. Henry, Geirrod diese Narren, glaubten doch tatsächlich…“ entschuldigend sah er mich an.

„Corvin eifersüchtig zu machen?“ vervollständigte ich den Satz. „Wirklich es sind Narren aber liebe Narren. Bis gleich Diederich.“

Mit solchen Aktionen hätte ich rechnen müssen dachte ich. Sie sollten Corvin besser kennen. Ich hatte gut reden war ich doch mit den gleichen Absichten hergekommen. Nun ist Schluss damit sagte ich eindringlich zu meinem Spiegelbild. Und du wirst nicht vor Scham abreisen. Nein ich würde mit meiner Familie und Freunden die Weihnachtstage verbringen. Herumalbern und es genießen mit ihnen zusammen zu sein. Außerdem wirst du lernen Corvin Sardovan uneingeschränkt gegenüberzutreten. Hörst du Sarah Wagner! Sah ich mich streng im Spiegel an. Nein! Das bist du nicht, nicht mehr! Du bist Sarah Sardovan. Die Tochter Vlad´s Sardovan´s und so wollte ich handeln.

Die alte Sarah, die zögerliche, verzagte, flüchtende gab es nicht mehr. Von nun an war ich die Tochter meines Vaters stark und zuversichtlich. So straffte ich meine Schultern um an meinem Arbeitsplatz zurückzukehren mit neuem Mut sah ich mich um. Niemanden würde ich es mehr gestatten auf mich herumzutrampeln über meinen Kopf hinweg Entscheidungen zu treffen. Absolut niemanden!

Es war schon komisch mein Entschluss stand fest und keinem fiel es auf. Ich lachte über mich selbst. Wie auch? Was erwartest du? Applaus! Hurra Sarah will sich nichts mehr vorschreiben lassen.

„Was lässt dein schönes Gesicht erstrahlen mon Coeur?“ Pierre! Er stand am anderen Ende der Theke.

„Nichts was dich anginge!“, sagte ich schroff dabei sah ich ihm auf den Mund, nur um nicht in seinem Bann zu geraten. Der Mund war auch nicht gerade dazu angetan. Sehr sinnliche Lippen stellte ich mit trockenem Mund fest. Gott er ist wirklich sexy. Sah ich schnell weg, meine Röte verfluchend.

„Wie  süß  du  bist,  Sarah.“  Lachte  er  leise,  als  er  in  mein  Gesichtsfeld  erschien.  „Wirklich!  Ich  finde  es bezaubernd, wie du errötest.“

 „Wie üblich fällt es euch Vampiren leicht zu lügen.“ Sagte ich spitz, „Ich weiß sehr wohl das ich aussehe wie eine überreife Tomate.“

„Ich liebe Tomaten und vernasche sie nur zu gern mon Coeur.“ Blitzte er mich mit großen Augen an.

„Dann solltest du welche in der Küche bestellen.“ Wandte ich mich ab. Warum musste es gerade jetzt so ruhig sein?

„Wir könnten heute Abend zusammen schlemmen? Nicht nur Tomaten das versteht sich. Aber ein…“

„Kein Interesse! Ich esse lieber allein.“

„Wie langweilig. Ich würde wirklich gern mit dir speisen. Mehr über deine Familie erfahren. Sieh mal es ist schwierig für mich den Sardovan´s zu vertrauen die Beziehung zu unserer Familie war schon immer sehr angespannt. Du würdest als Botschafter deinen Clan vertreten, sowie ich die meine.“

„Dann solltest du dich an Rosmerta oder Alia wenden. Ich ruf sie gern für dich an.“

„Nicht nötig!“ winkte Pierre ab. Aber ich wählte bereits die Nummer als Rosmerta sich mit ihrem kurzem „Ja“ meldete sprudelte ich auch sofort los. Am anderen Ende herrschte Schweigen. „Rosmerta? Was sagst du dazu? Haben du oder Alia die Zeit? Oder soll sich Pierre nochmals bei euch melden?“

„Ich werde es Rosmerta und Alia ausrichten.“ Sagte Corvin. Mein Herz setzte aus. Wilde Gedanken, Vorwürfe doch kein Ton brachte ich heraus.

„Ist das Rosmerta?“, fragte Pierre, ich schüttelte den Kopf, „Gib mir doch den Hörer Cherie.“ Langte er hinüber und nahm mir den Hörer aus den kalten Fingern. Aufmerksam musterte er mich, während er telefonierte. „Ich habe nichts gegen Alia oder Rosmerta, Corvin. Ich denke nur Sarah ist der geeignete Gesprächspartner für mich.“ Fast andächtig hörte er zu, „Das stimmt ja alles, Corvin. Doch egal was du auch sagst ich möchte mit Sarah…“ wieder hörte er zu, seine Miene nahm einen verstockten Ausdruck an, „Egal was du auch sagst, Corvin. Mein Entschluss steht fest oder willst du mir die Bitte abschlagen? Danke wie nobel von dir.“ Lächelte er kalt mir den Hörer reichend.

„Sarah?“

„Corvin!“

„Der Franzose will dich… ich meine du sollst … verdammt beantworte seine Fragen und nimm dich vor ihm in acht. Er ist ein ausgemachter Frauenheld.“

„Ich werde seine Fragen beantworten so gut ich kann. Sonst noch etwas, was ich berücksichtigen sollte?“ woher nahm ich die Kraft nicht laut zu schreien? Ich wusste es nicht. Nur um eines flehte ich, fang nicht an zu heulen oder ihm gar Vorwürfe zu machen. „Es ist mein ernst, Sarah. Pierre ist äußerst gerissen er wird dir alles versprechen nur um dich herumzukriegen.“

„Danke! Für die Warnung doch die war völlig unnötig. Schließlich habe ich ja einschlägige Erfahrung. Ich denke inzwischen kann ich sehr gut differenzieren.“ Ich knallte den Hörer in die Ecke. Warum musste ich ihm das auch noch unter die Nase reiben? Klang ich etwa weinerlich? Ich hoffte nicht!

 „Dann ist es also abgemacht?“ strahlte mich der Franzose an, „Ich habe viele Fragen mon Coeur – sehr viele Fragen.“

„Wenn du Antworten erhalten willst, dann hör mit dem mon Coeurscheiß auf!“ fauchte ich ihn grantig an.

„Wie du möchtest, Sarah.“ Lächelte er unschuldig. Dabei sprach er meinen Namen so zärtlich aus das ich eine Gänsehaut bekam. Verfluchter Franzose, der er war!

„Also gut! Dann fang an!“ meinte ich geschäftsmäßig.

„Doch nicht hier!“ riss er die Augen auf, „Ich ziehe da eine privatere Umgebung vor. Bei mir oder bei dir?“

„Dort!“ wies ich auf den Nebenraum, indem ich damals Jens traf.

Neugierig schaute er hinein. „Nicht ganz das, was ich mir vorstellte, aber es wird gehen.“ Meinte er ergeben. „Wir sehen uns dann später. Hast du besondere Vorlieben?“

„Wie bitte!“, fragte ich streng nach. Das ich wieder rot wurde untergrub meine würdevolle Miene erheblich.

„Was die Speise betrifft, Sarah!“ klang er vorwurfsvoll, „Alles andere möchte ich selbst in Erfahrung bringen.“ Schmachtete er mich lüstern an.

„Sehr witzig! Ich dachte die Franzosen seien von der humorlosen Art.“

„Zielstrebig! Ernsthaft! Ja! Humorlos? Nein!“ winkte er mir schelmisch zu.

Pierre wartete geduldig am Ende der Theke bis Diederich mir ein Zeichen gab, das ich gehen konnte. Sofort setzte sich Pierre in Bewegung, „Bist du bereit?“ Eigentlich wollte ich mich erst umziehen. Überlegte es mir dann aber nicht das er auf ausschweifende Gedanken kam. Zu meinen Erstaunen ging er auf den Gästetrakt zu. „Du möchtest dich sicher vorher erfrischen und dich umziehen? Ich begleite dich nur.“

„Das ist nicht notwendig Pierre. Das übernehme ich!“ stand Diederich wie aus dem nichts vor uns.

„Du kannst gern mitkommen, Krieger. Als Kavalier lasse ich die Dame natürlich nicht allein gehen.“ Schob er sich an Diederich vorbei.

Zwischen den beiden schweigenden Vampiren ging ich das kurze Stück bis zu meinem Zimmer. Erleichtert schloss ich die Tür hinter mir. „Wo bleibst du denn so lange?“ trat Alia aus dem Gewühl meines Kleiderschrankes.

„Ich habe genau das richtige für deine Verabredung.“ Lächelte sie mich an.

„Das ist keine Verabredung!“, widersprach ich Alia. Was sie total überging, „Hier das ist für das erste Date genau passend.“ Drängte sie mich ins Bad, „Wie sollen wir dein Haar herrichten?“ überlegte sie laut.

„Alia du übertreibst! Das ist weder ein Date noch…“ mit einem Handstreich brachte sie mich zum Schweigen. „Hör auf, Sarah! Du findest ihn anziehend und er dich! Genieß es doch einfach. Hör auf dir Sorgen zu machen.“ Nahm sie mein Gesicht zwischen den Händen. „Du lebst nun bei uns Vampiren. Wir haben nicht die vertrockneten Moralvorstellungen der heutigen sogenannten Zivilisation. Weder Vampir noch Mensch wird je ein Wort darüber

 verlieren. Was meinst du, wie es hier zugeht? Glaubst du etwa, die verbringen ihre Nächte allein? Nur du meine Liebe liegst einsam in deinem Bett.“

„Das kann ich nicht glauben! Das ist nicht wahr!“ schüttelte ich ihre Hände ab.

„Geh raus! Frag Diederich und deinen Verehrer frage jeden, der dir über den Weg läuft.“ Verstockt blieb ich stehen. „Na los geh schon, wenn du mir nicht glaubst.“

„Ich glaub dir ja!“, seufzte ich mich auf die Toilette sinkend lassend. „Nur ich kann das nicht, Alia. Ich kann einfach nicht.“

„Verstehe die anerzogene Moral. Ja das braucht seine Zeit.“ Meinte sie verständnisvoll.

„Das ist es nicht. Oder doch ja es hat damit zu tun.“

„Was denn? Heraus mit der Sprache.“ Forderte sie mich auf.

„Naja ich denke, also ich habe da ein, zwei Probleme.“

Sie sah mich gespannt an ihr Hirn arbeitete auf Hochtouren, während sie überlegte. „Ich komm nicht drauf. Was für Probleme?“

„Als Erstes fühle ich mich Corvin noch viel zu sehr verbunden. Es käme mir wie Betrug vor. Dann das andere es ist so… also ich… ich hab da… ich kann nicht…“ schaute ich sie mit großen Augen an.

„Bei Corvin auch nicht?“, rätselte sie.

„Oh nein!“ lief ich rot an das mir ganz warm wurde.

Sie lachte herzlich auf. „Ah so ist das! Glaub mir Pierre, wird dich durchaus befriedigen können. Du bist vielleicht eine, wenn es mehr nicht ist. Und nun vergiss Corvin! Oder schließe die Augen und stell dir vor er wäre es. Nur schalte endlich einmal ab.“ Redete sie auf mich ein während ich unter der Dusche stand ich mich anzog und sie mir die Haare frisierte. Unversehens schob sie mich hinaus und ich stand vor Diederich und Pierre die beide warteten.

Mir fielen die Worte Alia´s ein. Diederich als flammender Liebhaber konnte ich mir bei Leibe nicht vorstellen. Bei Pierre fiel mir das nur zu leicht. Auf was hatte ich mich da nur eingelassen?

Dabei verlief der Abend ganz anders. Pierre wagte nicht einen Versuch. Im Gegenteil er spielte den vollendeten Kavalier. Er stellte mir ohne Ende Fragen. Besonders schien er sich für den Winter in Fenils und das Haus in Granada zu interessieren. „Darf ich dich dort einmal besuchen?“, fragte er mich vollkommen ernsthaft.

Ich wurde aus ihm nicht ganz schlau. Erst kehrte er den unwiderstehlichen Verführer heraus und nun unterhielten wir uns stundenlang. Als ich mehrmals mein Gähnen unterdrückte meinte er bedauernd das es Zeit sei den Abend zu beenden. „Sarah darf ich hoffen morgen mit dir zu speisen? Natürlich in diesem nüchternen Rahmen.“

„Ja!“, sagte ich begeistert. Was ich sofort bereute als er mir einen flammenden Blick zuwarf.

„Nur keine Sorge, Sarah. Bisher habe ich keine Frau beeinflusst, um mit ihr im Bett zu landen.“ Schmunzelte er vergnügt, „Das wirst du ganz von selbst wollen.“

„Du bist sehr von dir eingenommen.“ Zog ich ihn ein wenig auf.

 „Selbstverständlich ich bin durch und durch Franzose. Heißt es denn nicht, wir seien die besten Liebhaber?“

In der Halle wartete Diederich, der mich eingehend musternd in Empfang nahm. Anscheinend zufrieden nickte er Pierre zu, „Ich werde Sarah auf ihr Zimmer begleiten.“

„Das hatten wir schon! Also das Prozedere noch einmal.“ Bot er mir den Arm an. Was Diederich verärgert aufschnaufen ließ. Schweigend erreichten wir mein Zimmer. „Gute Nacht, mon Coeur meine Träume werden mich hertragen.“ Küsste er mich auf die Wange.

Diesmal schnaufte Diederich knurrend auf, „Solange du keine persönliche Einladung erhältst, bleibst du schön draußen stehen mon Coeur. Sonst komme ich und dann schmusen wir zwei ein bisschen.“

„Ich halte mich an die Regeln!“ wurde aus dem Charmeur ein ernst zu nehmender Gegner. „Halte du dich auch daran, Krieger.“

„Ich sehe wir verstehen uns.“ Sagte Diederich unbeeindruckt. „Eine ruhige Nacht, Sarah.“

„Ja das wünsche ich dir auch.“ Trat Pierre an Diederich vorbei, was an sich schon eine Kunst war, da Diederich den Türrahmen vollkommen ausfüllte. „Wir sehen uns morgen und heute Nacht in unseren Träumen.“ Grinste Pierre den Krieger frech an, um sodann schnell aus seiner Reichweite zu kommen.

„Der ist zielstrebig. Warum suchst du dir nur solch unbeständige Kerle aus?“ sah Diederich mich mit sorgenvoller Miene fragend an.

„Na hör mal! Ich habe mir gar keinen ausgesucht. Schon gar nicht den da!“ wies ich auf Pierre, der mir einen Handkuss zuwarf.

„So? Naja dann ziehst du sie eben an. Such dir lieber einen netten treuen Mann, ist besser für dich.“ Brummte er.

„Werde ich! Wie ist es mit dir?“

„O ´weia das lassen wir lieber.“ Lachte er vergnügt abwinkend.

 

 

 

Früh am nächsten Morgen suchte ich das Schwimmbad auf. Zwar zogen drei Vampire ihre Bahnen und das so schnell das ich sie kaum sah doch daran störte ich mich nicht. Schließlich war das Becken groß genug. Ohne weiter auf die Drei zu achten, ließ ich mich ins Wasser gleiten. Er war wunderbar einfach alles hinter mir zu lassen.

Corvin! Vor allem Corvin! Noch jetzt regte ich mich über ihn auf. Wie konnte er mir Ratschläge erteilen? Gerade er! Warnte mich vor Pierre ausgerechnet er. Ich könnte platzen vor Wut leider ein bisschen zu spät. Ich hätte es ihm direkt ins Telefon schreien sollen, wohin er sich seine Warnungen stecken sollte.

Schon bald bemerkte ich wie eingerostet ich war. Ein Krampf in der Wade zwang mich an den Beckenrand. Die Tür schlug mit einem lauten krachen zu. Ich sah mich um und stellte erleichtert fest das ich allein war. Bei diesen Vampiren musste man auf alles gefasst sein.

Der Krampf ließ nach und ich schwamm langsam zurück. Jetzt freute ich mich auf ein herzhaftes Frühstück. Vielleicht konnte Rosmerta ja ein wenig Zeit erübrigen? Neben mir spürte ich eine Bewegung. Fast im gleichen Augenblick wurde ich an einen harten Körper gepresst. Ich wusste es sofort. Ich brauchte ihn erst gar nicht anzusehen. Mein Körper reagierte ganz selbstverständlich. Für einen Moment sah er mich fragend musternd an dann verschlossen seine Lippen gierig meinen Mund.

Erst als Corvin mich behutsam auf den Beckenrand setzte, bekam ich einen klaren Gedanken zustande. Oh Gott wie konntest du nur, Sarah! Wie konnte er nur? Er hat dich wie ein Stück Dreck sitzen lassen! Nicht ein Wort ohne jegliche Erklärung.

„Corvin!“ sah ich mich um. Ich sprach zu mir selbst er war fort. Mein Bikini lag neben mir. Wann hatte er den dahingelegt? Starrte ich den Bikini fassungslos an. Er hat es schon wieder getan mich benutzt um dann… aber halt! Das war ja die Art wie die Vampire es laut Alia hielten. Schnell ein Nümmerchen und dann auf zum Nächsten. Fröstelnd schlug ich das Handtuch um mich. Ich ließ den Bikini liegen was ging er mich noch an. In meinem Zimmer warf ich mich auf das Bett. Wie konnte ich nur?

Oh ja Sarah du unverbesserliche dumme dumme Kuh. Nur ein kurzer Abstecher warst du. Nicht aus Liebe kam er zu dir, sondern weil er einfach Bock auf dich hatte. Oder war es noch nicht einmal das? Waren das wirklich drei Vampire? War da nicht ein weiblicher? Ich wusste es nicht zu sagen sie schwammen zu schnell. Ist ja auch egal. Er hat dich nur mal eben kurz benutzt kam ich mir dumm und schmutzig vor.

Als Ross mir das Frühstück brachte, stand er nicht allein im Gang. „Hallo Sarah“ grüßte Pierre gut gelaunt. Unwillkürlich fragte ich mich, mit wem er sich die Stunden versüßt hatte. „Sollen wir…“ ich hörte nicht hin. Nickte Ross dankend zu und nahm wortlos das Tablett. Mit dem Fuß knallte ich die die Tür zu. Die Nase voll von den Vampiren. Die konnten mich alle mal.

Diederich zertrümmerte fast die Tür, bis sie endlich von allein aufsprang. Das heißt, das Schloss gab freiwillig seinen Ansturm nach. „Warum erscheinst du nicht zum Dienst? Ist etwas vorgefallen? Wenn dieser Laffe dir zu nahe getreten ist, raus mit der Sprache ich riech doch da ist was oberfaul.“

„Ich will heute einfach nicht.“ Richtete ich mich auf. Ich wusste gar nicht das es schon so spät war. „Bin müde! Schließ die Tür hinter dir.“

„Wie siehst du denn aus?“ beäugte er mich misstrauisch während er sich, wie ein wild gewordener Stier umsah.

„Na wie wohl?“ glättete ich mein Haar mit den Händen, „Ich war heute Morgen schwimmen.“

„Schwimmen? Heute Morgen?“ sah er mich entgeistert an, um dann eine Pokermiene aufzusetzen. „Das wird dich ja wohl nicht so erschöpft haben, dass du deinen Pflichten nicht nachkommen kannst. In einer halben Stunde sehe ich dich hinter der Rezeption, vernünftig angezogen.“ Stolzierte er hinaus. Er weiß es! Schlug ich auf das Kissen ein. Er weiß es!

Kurz darauf kam Henry, der mich strahlend ansah. „Wie ich hörte, hattest du einen kleinen Nahkampf!“

„Raus! Und sag dem Waschweib, er kann was erleben!“ zielte ich die Bürste an seinen Kopf. Er fing sie mit einer eleganten Geste auf. „Nur nicht so schnell! Unser tapferer Krieger ist wirklich besorgt. Dann gehört der Bikini also dir!“ ließ er sich ungeniert lachend auf das Bett fallen. „Gut gemacht Sarah! Ein kleines Liebesabenteuer soll ja auch den miesesten Gesichtsausdruck tilgen.“

„Was soll das nun wieder heißen?“ stellte ich mich vor meinem Bett.

„Oje! Der Junge war wohl nicht besonders erfolgreich? Hm?“

„Frag ihn doch! Wundert mich überhaupt das er es nicht auf der gesamten Festung herumerzählt“ redete ich mich in Rage, „und sich in die Brust wirft. Seht her, ich hab meine Ex…“

„Corvin!“ sprang laut schreiend auf, „Wirklich Corvin?“ diesmal sehr viel leiser dabei verbarrikadierte die Tür mit einem Stuhl. „Ist das wahr?“ packte er mich grob an die Schultern, „wirklich Corvin?“

„Wer denn sonst? Meinst du ich…“

„Kein Wort! Zu niemanden hörst du Sarah!“ dabei schüttelte er mich durch.

„Stolz bin ich nicht darauf das kann ich dir sagen.“ Hielt ich mich an ihm fest, „Aber warum soll es denn keiner erfahren?“

„Vlad!“, flüsterte er Unheil verkündend, „Glaub mir das könnte die Familie entzweien. Noch nie habe ich Vlad so wütend gesehen, als er nach Venedig kam.“

„Mein Vater?“ ich konnte es kaum glauben.

„Kein Wort Sarah ich bitte dich. Corvin musste ihm versprechen…“

„Schon gut! Ich werde nichts sagen.“ Versuchte ich mich aus seinem Griff zu befreien. „Das gibt blaue Flecken! Danke auch Henry!“ rieb ich meine lädierten Arme.

„Dann sag doch einfach ich sei dein Geliebter.“ Schlug er völlig ernsthaft vor.

Kichernd fragte ich „Wer soll das denn glauben? Etwa mein Vater? Hältst du ihn für so dumm?“

„Ich bin in Panik! Denn er ist auf den Weg.“ Ließ sich Henry wieder auf das Bett fallen. „Sing Sarah, sing dein gottverdammtes Lied. Ansonsten sehe ich schwarz für unsere Zukunft.“

Ich ließ mich neben ihn fallen. „Dann markiert mein lieber Vater den starken Mann. Ist er denn völlig bekloppt?“

„Markiert ist gut Sarah. So wütend habe ich ihn nie erlebt.“

„Ah langsam verstehe ich, Vlad wütend und Corvin hat versprochen, mich in Ruhe zu lassen.“ Henry nickte. „und warum lässt er mich dann nicht in Ruhe?“

„Wo die Liebe hinfällt.“ Meinte Henry über den roten Fleck streichelnd.

„Corvin kennt nur eine Art von Liebe und das ist die Familie. Das solltest du doch am besten wissen.“

„Ja vielleicht hast du recht.“ Küsste er mich auf die nackte Schulter. „Weißt du Sarah, jetzt wo wir so nah beieinander sind, will ich dir eines sagen. So abgeneigt wäre ich nicht. Du besitzt einen bezaubernden Duft, deine Haut ist…“ wie von der Tarantel gestochen sprang ich auf.

„Raus! Henry! Aber dalli.“ Zehrte ich wild an ihm.

 „Was denn? Ich darf ja wohl die Wahrheit sagen, meine Schöne. Oder wie der Franzose sagen würde mon Coeur“, äffte er Pierre nach.

Der nicht gerade begeistert das Schauspiel verfolgte. „Du solltest an deiner Aussprache feilen, Henry. Man spricht es weicher aus fast wie ein Feder die die nackte Haut einer Frau streichelt.“

Kapitel 27

„Das  werde  ich  mir  merken  Pierre.  Du  kannst  deinen  Beobachtungsposten  aufgeben  ich  werde  Sarah  zur Rezeption begleiten.“

Aufreizend lehnte sich Pierre an die Wand, „Ich werde warten.“

„Ganz wie du wünschst. Übrigens hat dir Geirrod bereits mitgeteilt das Corvin dich heute Abend erwartet.“ Ich spitzte die Ohren, während ich mich anzog.

„In der Tat das hat er. Leider musste ich absagen zurzeit bin an den Abenden verplant.“

„Hör zu Pierre, sie ist etwas Besonderes lass sie in Ruhe.“ Sagte Henry warnend.

„Wie fürsorglich!“ lachte Pierre verhalten, „kann es sein das du deine Felle wegschwimmen siehst? Soviel ich verstanden habe, gab Sarah dir eine Abfuhr.“

„Ein Spielchen unter Freunden, Pierre mehr nicht. Ach übrigens Sarahs Vater wird in Kürze erwartet. Eine gut gemeinte Warnung er versteht kein Spaß, wenn es sich um Sarah handelt.“

„Richtig! Ich bat ihn darum.“

„Warum denn das?“ hörte ich Henry jetzt war er wirklich erstaunt.

„Oh sagen wir aus rein privaten Gründen. Man stelle sich eine Allianz zwischen zwei große Familien vor. Ein Vertrag, der durch eine Heirat geschmiedet wird. Solch einer würde die Machtverhältnisse innerhalb Europas neu verteilen, nicht wahr.“

„Da hast du die Rechnung ohne den Wirt gemacht, Pierre. Vlad wird niemals sein Einverständnis dazugeben. Noch wird er seine Tochter als politisches Instrument verhökern.“

„Euer Boss vielleicht doch. Vielleicht ist er ja ganz erleichtert, Sarah loszuwerden. Nach allem, was man so hört, kann ich mir das gut vorstellen.“

„So? Was gibt es denn in der großen weiten Welt zu erzählen?“ spottete Henry.

„Venedig! Soll ich weiter ausführen?“

„Was sollen diese Andeutungen?“ trat ich in den Gang. Pierre und Henry zwei Bullterrier standen Aug in Aug gegenüber. Nach meiner Frage stoben sie betroffen auseinander.

„Es hängt mit dem Rat zusammen. Er verlangt…“ stammelte Pierre.

„…einfach zu viel, Sarah. Diese degenerierten alten Greise sie sind fern jeder Realität.“ Kam Henry ihm zu Hilfe.

 

„Ach ja? Und was hat das mit mir zu tun?“ traute ich ihnen keinen Deut.

„Mit dir direkt nichts. Es geht um die Nachkommen aber wir finden eine Lösung.“ Ich wandte mich an Pierre, „Nun?“

 „Es ist, wie Henry sagte, die Nachkommen sollen in Venedig erzogen werden.“

Ich zog die Stirn kraus, „Welche die die geboren wurden oder die die gewandelt werden?“

„Beide.“  Meinte  Henry,  „Bist  du  fertig?  Diederich  kann  unangenehm  werden.  Du  weißt  ja  er  steht  auf Pünktlichkeit.“

„Eines verstehe ich nicht. Was hat das mit mir zu tun?“

„Das war doch nur um Henry ein wenig zu ärgern. Ich mag es nicht, wenn man mich kopiert und dann auch noch so schlecht.“ Antwortete Pierre ausweichend.

„Dann war das gerade nur hohles Geschwafel zweier brünstiger Hirsche?“

Beide nickten beleidigt. „Ihr seid einfach nur zu bemitleiden. Da draußen jagen Jäger eurer Sippe nach. Sie schrecken noch nicht einmal vor Kindern zurück und ihr balgt euch um eine Bettgefährtin.“ Ließ ich sie links liegen. Kläglich folgten sie mir in die Halle. Bis in die Nacht hinein versuchten sie sich zu verteidigen. Ich ging auf ihre Lügen nicht ein. Ausreden! Von wegen Buhlerei sie meinten jedes Wort ernst.

Ungeduldig wartete ich auf Vlad er würde sicher Licht in Sache bringen. Alia informierte mich das Vlad seine Pläne ändern musste. „Er versucht alles um wenigstens Weihnachten hier zu sein.“ Tröstete sie mich. Dabei bedachte sie die beiden Streithähne mit einem bösen Blick. „Was ist? Müsst ihr die Theke belagern? Kuscht euch gefälligst!“ scheuchte sie sie weg. „Idioten!“ fauchte sie ihnen nachblickend.

„Warum bist du denn sauer?“, wollte ich wissen.

„Sie haben nichts Besseres zu tun, als Gerüchte im Umlauf zu bringen. Das hilft uns in keiner Weise weiter. Übrigens Sarah.“ Zog sie mich in eine Ecke. „Deinen Bikini habe ich. Wenn du dich schon im Bad amüsierst, dann vergiss hinterher nicht die Hälfte und versuche mir nicht weiszumachen das es nicht deiner ist. Ich weiß, was ich kaufe.“

Das Telefon klingelte Alia war schneller. „Ich bin schon auf den Weg.“ Sagte sie. „Gott ist das ein Tag Corvin ist schlechter gelaunt als jemals zuvor. Mach nicht zu lange ich habe gehört, dass Pierre für heute Abend etwas Ausgefallenes plant. Viel Spaß.“ Grinste sie geheimnisvoll.

Die Halle war ungewöhnlich leer ein paar Vampire saßen gelangweilt herum. Till schlenderte mich grüßend hinaus. Komisch er hätte ja wenigstens ein paar Minuten mit mir quatschen können. Das mulmige Gefühl, das mich seid dem Gespräch zwischen Pierre und Henry nicht losließ, verstärkte sich.

Er geht mir aus dem Weg. Till fand immer einen Moment um sich zu unterhalten. So war es jedenfalls in Fenils. Meine Gedanken kreisten um das Gesagte. Der Rat und seine Forderungen sie wollten jegliche Nachkommen. Das passte doch alles nicht zusammen. Dabei Henrys vorwerfenden Blick, wie schnell Pierre sich Henrys Aussage anschloss. Das stank doch nach Lüge. Sie hielten mir eine riesige Stinkbombe unter die Nase.

Aber was meinte Pierre? Wenigstens das entsprach der Wahrheit. Seitdem ich auf der Festung weilte, gingen meine Freunde mir aus dem Weg. Von Wegen zu viel zu tun. Gerade jetzt lungerten nur ein paar Vampire in der Halle herum. Till verdrückte sich nach draußen und von Endris keine Spur. Wo war Peer eigentlich? Der ließ sich auch nicht mehr sehen. Genau wie Rosmerta selbst Geirrod wo waren die Blutsauger denn alle heute Abend.

Diederich beobachtete wie üblich die Halle und ich schlenderte auf ihn zu. „Nicht viel los.“ Meinte ich. „Das ändert sich gleich, sobald die Besprechung endet.“

„Ziemlich spät dafür.“

„Versuchst du mich auszuhorchen?“ grinste er mich belustigt an.

„Und wenn?“ versuchte ich mein Glück.

„Dann frag doch einfach.“

„Wieso die späte Besprechung?“

„Keine Ahnung sie wurde so angesetzt ist nicht ungewöhnlich.“

„Warum will der Rat alle Abkömmlinge?“

„Weil sie alle Nervensägen sind.“ Sah er stur geradeaus. Ich musterte ihn wortlos. Diederich zeigte keine Reaktion. Er ist viel zu abgebrüht.

„Diederich ist es für die Familie besser, wenn ich abreise?“, fragte ich nun hintenherum.

„Wer hat dir denn diesen Floh ins Ohr gesetzt?“ sah er mich beunruhigt an und schielte dann zu Pierre hinüber.

„Er will sich in die Familie einschleichen.“ Deutete Diederich auf Pierre, „Durch eine Verbindung mit dir. Aber das weißt du schon, wie ich sehe. Ein ganz Schlauer findet er jedenfalls.“ Feixte er höhnisch, „Als ob Vlad dem zustimmen würde. Die Franzosen und Vlad, ja das liegt lange zurück.“ Drückte er sich nur vage aus.

„Und du wirst mich nicht aufklären nehme ich mal an.“ Seufzte ich mit mitleidiger Miene.

„Genau!“  lachte  er  mir ins Gesicht,  „So  nun  geh schön an dein Plätzchen  und  gib dem Franzosen keine Versprechen.“

Ich riss gespielt die Augen auf, „Oh, ich könnte ja natürlich Pierre fragen.“

„Netter Versuch, Sarah. Nur bezweifele ich das Pierre dir eine Auskunft erteilt. Er weiß, was ihm blüht.“ Grinste Diederich noch breiter.

„Verstehe! Du gehst mit ihm schmusen.“ Benutzte ich seine eigene Ausdrucksweise. Sein breites Lachen war mir Antwort genug. So ging ich unverrichteter Dinge zur Rezeption.

Irgendjemand musste mir doch die Wahrheit sagen können. Wenn nicht würde ich selbst nachforschen müssen. Am Besten fing ich im Büro von Alia an. Sie notierte einfach jedes Vorkommnis. Das erzählte sie mir jedenfalls. Doch zuerst wollte ich sie fragen genau wie Rosmerta und all die anderen.

Es war zum Verzweifeln, nichts rein gar nichts brachte ich in Erfahrung. Fast eine Woche befragte ich nun schon die Leute. Selbst bei Leon habe ich es versucht. Und was bekam ich zu hören. Schweigen! Kein Laut und nun gingen sie mir alle aus dem Weg sie flüchteten regelrecht.

 Außer Pierre, der allabendlich die Halle belagerte, um mich anschließend in Beschlag zu nehmen. Mittlerweile hasste ich den Nebenraum. Jeden Abend das gleiche Prozedere essen und dann Fragen über Fragen. Beschäftigte er sich mit nichts anderem mehr? Jedenfalls beschlich mich das Gefühl.

Heute wollte ich ihm endgültig absagen. Das war nun mein dritter Versuch, egal was Diederich auch sagte. Ab heute war Schluss damit. Ich brauchte die Zeit um mich in Alia´s Büro umzusehen. Ich sah kurz zum Ende der Theke, wie üblich lauerte Pierre dort, mich nicht aus den Augen lassend. Er grinste mir zu, als er meinem Seitenblick bemerkte. Wirklich nervig.

Was soll´s auf zum Angriff! „Pierre“ lächelte ich höflich, „ich kann mir wirklich nicht vorstellen, wie ich dir noch weiterhelfen könnte. Da ich dir wirklich alles über die Familie erzählt habe. Deshalb kannst du ruhig…“ Verwundert hob er eine Braue das mich leicht aus dem Konzept brachte. Ich sollte ihn wirklich nicht direkt ansehen. Das nutzte er schamlos aus.

„Sarah viele Fragen sind unbeantwortet. Wir werden diese erörtern. Denk daran das dies zu deinem Aufgabenbereich gehört oder soll ich Diederich einschalten?“ er drohte mir tatsächlich mit Diederich. Frecher ging es wirklich nicht mehr. Zähneknirschend musste ich mir eingestehen, wahrscheinlich mit Erfolg, denn was das anging, war Diederich unbestechlich, wie ich aus eigener Erfahrung wusste. „Na siehst du“ lächelte er, „Für heute Abend habe ich einen besonders guten Wein aus dem Vorrat stibitzt.“

„Der ist mir völlig egal. Mir ist schleierhaft, warum du solch ein Theater veranstaltest.“ Fuhr ich ihn nicht gerade freundlich an.

„Das erkläre ich dir, dort!“, deutete er auf den Nebenraum. Ich wünschte ein paar aussagekräftige Hauer zu besitzen, die ich in seine lächelnde Visage versenken konnte.

„Dann schieß mal los!“ forderte ich ihn auf als wir nach Dienstschluss den Nebenraum betraten entschlossen setzte ich mich an den Tisch.

„Das ist also ein rein persönliches Gespräch?“, fragte er aufreibend ruhig ich nickte. „Dann sollten wir es auf einer bequemeren Sitzgelegenheit führen.“ Ging er auf das kleine Sofa zu. Hielt der mich für bescheuert? So nah auf Tuchfühlung ging ich bestimmt nicht.

„Ich sitze bequem genug aber du kannst dich ruhig dort hinsetzten.“

„Quer durch den Raum? Nein.“ Schüttelte er den Kopf, „Du traust mir nicht?“ sagte Pierre unverblümt, „Das verstehe ich. Auch wenn ich dir mein Wort gebe, dir nicht zu nahe zu treten?“

„Dein Wort?“, fragte ich zweifelnd, „Ihr Blutsauger habt so eine besondere verdrehte Art euer Wort zu halten. Nein ganz sicher nicht.“ Pierre nahm meine Worte keineswegs krumm er lachte und schlug Folgendes vor. „Falls ich es breche, darfst mir du diesen barbarischen Krieger auf den Hals schicken.“ Daraufhin nahm er Platz und klopfte einladend neben sich.

„Wir reden!“, sagte er huldvoll. Verdammt ich saß in der Zwickmühle Pierre war ein sturer Hund das wusste ich schon. Also setze ich mich an die äußerste Kante. „Bitte! Heute darfst du die Fragen stellen.“ Sagte er höflich.

Wo sollte ich anfangen? „Warum beharrst du auf die Fragerei?“

„Das ist einfach zu beantworten. Ich will mit dir allein sein.“

„Aber warum?“

„Ist das so schwer zu verstehen? Du bist eine reizende Frau, die ich persönlich sehr anziehend finde.“ Ich verdrehte die Augen, „Komm hör auf! Die Wahrheit, ich kenne euren erlesenen Geschmack intelligent gut aussehend und so weiter.“

Pierre lächelte, „Du unterschätzt dich. Das erwähne ich nebenbei. Die Wahrheit also.“ Lehnte er sich entspannt zurück „Eigentlich recht einfach. Die Beziehung zwischen unseren Häusern war und ist sehr angespannt. Soweit ich mich erinnern kann, war das so. Seitdem ich die Führung unserer Familie innehabe, versuche ich die alten Dispute zu bereinigen. Bei einigen Clans ist es mir gelungen. Die Sardovan´s hingegen sind ein besonderer Fall. Nicht nur meine Familie auch die deine können oder wollen die alten Geschichten nicht vergessen. Was kann ich also tun? Da kommst du ins Spiel Sarah. Die einfachste Möglichkeit zur endgültigen Aussöhnung ist eine Ehe zwischen unseren Häusern. Eine Heirat mit Vlad Sardovan´s Tochter und meine Wenigkeit,  ja dagegen können auch die schärfsten Kritiker nichts mehr sagen.“

„So ist das also. Warum sagst du das nicht gleich? Dann hättest du dir einiges an Zeit ersparen können.“ Stand ich auf, „Ich habe kein Interesse an einer Ehe weder mit dir noch mit sonst jemanden.“ Wollte ich gehen.

Pierre hielt mich am Arm fest. „Nicht so schnell Sarah. Da ist noch etwas…“ zog er mich auf das Sofa zurück, „mein persönliches Interesse an dir. Wie ich schon sagte du bist äußerst reizend. Weißt du aus rein politischer Sicht, würde ich eine solche Verbindung ablehnen. Doch ich kann mir eine Verbindung mit dir vorstellen.“

Er war viel zu nah, „Eigentlich fehlt mir nur eines um mich letztendlich vollständig zu überzeugen.“ Kam er näher, ich lehnte mich weiter zurück. Während er sanft mein Kinn hielt. „Ein Kuss nur einen Kuss Sarah.“ Bat er mich schmeichelnd. Die Augen in die meinen versenkend. Wartend hielt er inne, während er mich fragend ansah. Nach einem endlosen Schweigen, in dem wir uns ansahen, fragte er „Nun darf ich?“

Ich war ganz durcheinander was wollte er noch? „Ein Kuss?“, sagte er lächelnd die kleinen goldenen Lichter flackerten belustigt auf.

Warum nicht? Er gefiel mir sah gut aus also warum nicht? Näherte ich mich ihm. Das war eine ganz neue Erfahrung. Pierre küsste zart abwartend. Mit unendlicher Zartheit hielt er mein Gesicht in Händen. Das mich mehr erregte, als ich wahrhaben wollte.

Seufzend beendete er den Kuss. „Das habe ich nicht erwartet.“ Sagte er verwundert und ging an das andere Ende des Raumes. Während ich mich auf die Lippe beißend aufsetzte. „Es ist besser du gehst jetzt.“

Nachdenklich und äußerst verwirrt ging ich zu meinem Zimmer. „Alles in Ordnung?“, fragte Diederich aufmerksam wie immer.

„Ja, ja“ winkte ich ihm im Vorbeigehen zu. Beschäftigt mit meinen Gedanken. Was war gerade geschehen? Ein Kuss. Mehr nicht, du interpretierst da etwas hinein, Sarah. Er konnte gut küssen, sehr gut sogar, wenn ich auch nicht gerade die meiste Erfahrung besaß.

„Wünscht du auf deinen Zimmer zu speisen?“

Erschrocken hüpfte ich gegen die Wand, „Ross. Wo kommst du denn her?“ griff ich an mein Herz.

„Aus der Küche.“ Antwortete er einsilbig. „Nun?“ sah er mich fragend an das Tablet anhebend.

„Oh ja! In meinem Zimmer.“ Eilte ich voraus den Schlüssel in der Hand. „Warte ich schließe auf.“

„Nur keine Eile.“ Indessen sperrte ich auf. „Darf ich eintreten?“

„Wie? Aber ja doch.“ Noch ganz benommen. Was war das? Kein normaler Kuss. „Ross kannst du Henry bitten herzukommen?“

„Sicher. Doch er sitzt in einer Besprechung. Es wird eine Weile dauern.“

„Ach so! Ich nehme an Rosmerta und Alia sind auch beschäftigt?“

„Ja“

„Danke Ross.“ Nagte ich beklommen an meiner Lippe.

„Sobald ich jemanden aus dem Turm sehe, schicke ich ihn zu dir.“

„Das ist lieb danke nochmals.“ Ich wollte allein sein. Dem Gefühl auf den Grund gehen, das mich erfasste, als Pierre mich küsste.

Geh da ganz sachlich heran Sarah, ermahnte ich mich. Wir haben uns geküsst, er konnte das wirklich gut, schweif nicht ab. Es war angenehm ja und auch erregend gesteh er dir ruhig ein. Doch dann… nicht mehr als ein Hauch, nur was? Ich kam nicht darauf. Fühlte Pierre das Gleiche? Wahrscheinlich doch wieso schickte er mich fort? Was sagte er noch? Verdammt aber auch ich war so durcheinander das ich es nicht mehr wusste.

„Nun was ist los?“ trat Henry ein. Von Anklopfen hatte er wohl noch nichts gehört! „Keine Zeit für Höflichkeiten hab nur eine kurze Pause. Ross meint du seist völlig von der Rolle.“

„Pierre hat mich geküsst.“ Sagte ich schlicht meine Röte ignorierend.

„O ha der traut sich ja was.“ Lächelte er maliziös, „Ja und?“ ließ er sich auf das Bett fallen und machte sich über mein Essen her.

„Da war etwas, ein Gefühl ich kann es nicht beschreiben.“

„Lust? Leidenschaft?“ mampfte er weiter, „Erregung? Geilheit? Was gibt´s noch?“ steckte er sich eine volle Gabel in den Mund. „Das ist wirklich gut!“

„Du nimmst mich nicht ernst.“ Sagte ich genervt die Augen rollend, „Ja es war erregend doch dann…“ ich wusste es nicht.

 „Der kalte Schauer? Vielleicht das er nicht der Richtige ist?“ stellte er den leeren Teller auf den Tisch. „Das hat gut getan.“ Schnalzte er mit der Zunge.

„Nein“

„Da kann ich dir auch nicht helfen. Knutsche ihn noch mal…“

„Er hat mich weggeschickt.“ Unterbrach ich ihn.

„Oje du Arme. Tja ich weiß auch nicht. Außerdem muss ich los.“

„Würdest du mich mal kurz… du, weißt schon.“ Sah ich ihn bittend an.

„Jetzt? Hier? Mal eben auf den Sprung? Womit habe ich das nur verdient? Nee Sarah dafür bin ich mir zu schade.“ Lachte er amüsiert, „Vielleicht wenn ich nichts gegessen hätte. Ich komm später auf deine Bitte zurück da habe ich auch mehr Zeit für dich. Du kennst mich ja ich bin nun einmal ein Genießer.“ Lachte er mich frech an.

„Lustmolch! Meinst du etwa solch ein Angebot bekommst du noch einmal?“ lief ich sauer hinter ihm her. Um darauf sofort zu schweigen. Corvin mit eindeutiger Teufelsfalte ragte drohend vor Henry. „Wir warteten auf dich. Ich muss mich auf dich verlassen können. Deine Liebchen müssen warten.“

Liebchen! Er nannte mich doch tatsächlich Henrys Liebchen. Ich drehte mich auf den Absatz um und verschwand in meinem Zimmer. Idiot, der er war. Volltrottel! Was glaubte er denn? Ich würde vor Kummer dahinsiechen? „Das wäre eine durchaus passende Maßnahme. Aber du hast ja noch nie in einer Schublade gepasst nicht wahr Sarah.“

„Ich wüsste nicht dass ich dir den Zutritt zu meinen Raum gestattete.“ Sagte ich frostig.

„Nur keine Sorge. Ich bin als Familienoberhaupt hier. Pierre hat offiziell eine Heirat zwischen dir und ihm vorgeschlagen. Nun muss ich deine Meinung dazu anhören.“

„Die habe ich ihm schon gesagt. Kein Interesse! Das kannst du ihm gerne ausrichten.“

„Überleg dir das Sarah“ mischte sich Henry ein, „das wäre für die Familien von beiderseitigen Vorteil. Da du ihn ja schon geknutscht hast und es dich nicht kalt ließ, kann solch eine arrangierte Ehe durchaus Vorteile bringen.“

„Henry!“, warnte ich ihn, „Deine Meinung interessiert mich nicht. Ich will keinen Vampir zum Mann. Basta!“

„Dann nimm ihn dir als Geliebten, während wir mit ihm verhandeln. Ein liebestoller Vampir ist leichter zu Händeln. Zudem kannst du ja deinem unerklärlichem Gefühl nachgehen.“

„Raus!“, schrie ich ihn an. Musste er das vor Corvin erörtern, der Lump. Das ging ihn nun wirklich nichts an. Henry flüchtete lachend.

„Du lehnst also eine Verbindung mit Pierre ab? Kann ich das offiziell notieren?“

„Muss ich mich wiederholen?“, fragte ich patzig.

„Nein das genügt mir vollauf.“

„Dann bitte!“ hielt ich ihm die Tür auf.

„Das war der offizielle Teil“ schlug er wütend die Tür zu. „Wie kannst du mir in meinem eigenen Haus Hörner aufsetzten? Verrate mir das Mal!“ fauchte er mich.

 „Ich dir Hörner aufsetzen? Dazu müsste ich doch wohl deine Gefährtin sein? Oder irre ich mich? Nein Corvin ich kann tun und lassen, was ich will. Und wenn ich mit jedem einzelnen Vampir in deinem Haus ins Bett steige.“

„So? Dein körperliches Verlangen scheint ja sehr aktiv zu sein. Kein Wunder, das du mir gleich um den Hals gefallen bist. Eine leichte Beute für jedermann in dem aufreizenden Ding. Das hätte ich mir denken können.“

„Tja du scheinst alt zu werden ansonsten hättest du es schneller kapiert.“ Trat ich vorsichtshalber zurück, denn er schien mir ein wenig aus der Fassung zu geraten, so wie er aussah.

Auch Corvin trat zurück gleichmütig meinte er „Bisher dachte ich du seist nicht so billig zu bekommen. Was soll´s. Irren ist menschlich.“ Sah er mich von oben bis unten beleidigend an.

Billig! Das war ich also in seinen Augen. Ha, er sollte mal sehen, wie billig ich werden konnte. „Wenn du Pierre siehst, dann schicke ihn mir doch. Ich werde Henrys Rat befolgen und ihn mir als Liebhaber nehmen. Du besitzt die größere Erfahrung wie lange werde ich ihn halten können? Entsprechend schnell solltest du die Verhandlungen mit Pierre führen.“ Riet ich ihm kaltschnäuzig.

„Das wirst du nicht!“ rauschte er auf mich zu dabei nagelte er mich an die Wand. Aus schwarzen Augen sah er mich wild an. „Du brauchst einen Mann? Du willst geküsst werden? Das kannst du haben, sofort!“ riss er an meiner Bluse.

„Bitte du kannst mir Gewalt antun. Auch das kenne ich ja bereits von dir.“ Das wirkte wie ein Schlag ins Gesicht. Aufatmend besann er sich das schwarz in seinen Augen wich langsam. Er ließ mich keine Sekunde aus den Augen, während er sich zusehends beruhigte.

„Das habe ich wohl verdient. Entschuldige es wird nicht wieder vorkommen.“

„Dann kannst du ja nun gehen.“ Forderte ich.

„Das werde ich, Sarah. Gleich, nachdem ich dich geküsst habe.“

„Spinnst du? Gerade sagtest du noch es kommt nicht wieder vor.“ Drehte ich mich weg.

„Dann  habe  ich eben gelogen.“  Verschloss  er  mir  den  Mund.  Mit  weit  aufgerissenen Augen  die  Nägel  in  die Handballen drückend verweigerte ich mich ihm.

Corvin lachte leise, „Versuch mir zu widerstehen. Wir wissen beide das du nicht in der Lage dazu bist.“ Setzte er seinen Kuss fort den Hals hinab. „Siehst du, ich kenn dich. Da genau dort.“ Ließ er seine Zunge spielen, „da bist du empfindlich und…“

„Darf ich das Geschirr abräumen?“ trat Ross durch die halb geöffnete Tür. Erleichtert schob ich Corvin weg der erstarrte. „Ja bitte und Ross kannst du mir etwas Neues bringen? Henry hat alles aufgegessen. Ich bin in der Halle, wenn du so lieb wärest?“

„Gern!“

Schnell mogelte ich mich an Corvin vorbei und verließ mein Zimmer vor Ross. In der sicheren Halle setzte ich mich in der Nähe von Diederich. „Was ist denn mit dir los?“

 „Nichts besonderes Henry hat sich über meine Mahlzeit hergemacht und Ross besorgt mir noch etwas. Ich wollte nicht allein essen deshalb dachte ich du leistet mir Gesellschaft.“

„Ich werde kaum dazu kommen.“ Deutete er hinter mir. Als ich mich umdrehte, kam Pierre auf uns zu. Genau das, was mir noch fehlte. Nein weigerte ich mich das war mehr als ich ertragen konnte. „Tut mir leid Pierre aber ich möchte keine Gesellschaft.“

„Keine oder meine nicht?“ Noch so ein Schlaumeier! „Wenn du es ganz genau wissen willst, deine! Und auch seine nicht!“ deutete ich auf Corvin, der sich einer gereizten Wildkatze gleich auf uns zu schlich.

„Diederich wo kann ich essen, ohne belästigt zu werden?“ es war mir gleich, was ich als Mitglied der Familie Sardovan den Gästen gegenüber schuldig war. Oder seinem durchgeknallten Obermacker. Ich wollte einfach nur meine Ruhe vor ihnen.

Diederich schmunzelte, „Dann bleib in meiner Nähe hier findest du die nötige Ruhe.“ Sah er Pierre und auch Corvin drohend an. Beide zogen sich wohl oder übel in das Esszimmer zurück.

Ross kredenzte mir eine ausgezeichnete Mahlzeit. Die ich heißhungrig verschlang. Diederich goss mir großzügig nach. „Das reicht! Der Wein hat es in sich.“ Wehrte ich einen Erneutes auffüllen ab.

„Solch einen guten Tropfen sollte man nicht umkommen lassen.“ Setze er die Flasche an. Leicht beschwipst suchte ich mein Zimmer auf.

Das war die Gelegenheit um mich in Alia´s Büro umzusehen. Genug Mut hatte ich mir ja angetrunken, kicherte ich vor mich hin. Diederich an ihm musste ich vorbei. Er würde mich nicht ungehindert in das Büro lassen. So hieß es warten.

Nach zwei Stunden horchte ich in den Flur hinaus. Alles ruhig. Ich wagte mich weiter vor. In der Halle war jegliches Licht gelöscht. Verdammt aber auch, als Menschen zu Gast auf der Festung waren brannte immer Licht.

Aber nein die Vampire sahen ja gut in der Dunkelheit warum sollten sie auf ein Menschenkind Rücksicht nehmen? Kam ja gar nicht infrage. Also tastete ich mich vorsichtig weiter und schon stieß ich gegen einen Stuhl.

In der Stille hörte sich das leise Geräusch überlaut an. Ich horchte die verflixten Blutsauger hörten auch einen Grashalm wachsen. Nichts kein Laut nirgendwo flammte ein Licht auf. Als ob sie es nötig hätten!

Mit einem Male beschlich mich das Gefühl beobachtet zu werden. Du spinnst die liegen in ihren Betten und schlafen. Oder auch nicht eher betreiben sie ihren Lieblingssport. Na wenigstens sind sie dadurch abgelenkt. Wer sollte schon in die Halle horchen so wollüstig, wie sie sind.

Endlich erreichte ich die Theke nun ging es flotter voran; entlang der Rezeption. Nur noch die Tür, ah das ist sie schon. Ganz leise Sarah sie quietscht, wenn du sie zu weit öffnest. Vorsichtig zwängte ich mich hindurch.

 Nun fing der schwierige Teil an. Den Gang hinunter erinnere dich! Standen irgendwelche Schränke oder sonstige Gegenstände im Flur? Tapste ich auf gut Glück vorwärts eine Hand weit nach vorn ausgestreckt die andere an der Wand entlang.

Die wievielte Tür bis Alia´s Büro? Was lag hinter den anderen Türen? Warum nur habe ich es nicht ausgekundschaftet? Starr vor Schreck blieb ich stehen. Stimmen! Woher kamen sie? Wohin gingen sie? Horchend hielt ich vor Spannung die Luft an. Halle! Ja eindeutig die Halle. Sie gingen hinaus. Wer verließ denn mitten in der Nacht die Festung? Atmete ich erleichtert aus.

War da nicht gerade ein Lichtstrahl, der unter der Tür der in den Gang schimmerte? Starrte ich auf die Stelle. Das hast du dir nur eingebildet redete ich mir beruhigend zu. Oder doch nicht? Zweifelnd verharrte ich. Schau nach entweder ist dein Ausflug beendet oder du kannst weitergehen. Entschlossen drückte ich die Klinke hinunter.  Verschlossen!  Doch  nur  Einbildung  und  was  tust  du,  wenn Alia´s  Büro  ebenso  abgeschossen  ist? Vielleicht ist der Raum dahinter sogar ihr Büro?

Nein noch nicht! Es lag am Ende des Ganges jetzt war ich sicher. Die Tür vor Kopf ging zu Corvin´s Büro keine fünf Schritte dann Alia´s. Die restlichen Räume -da saßen die Büroangestellten. Genau einmal habe ich Lydia besucht – wie konntest du das vergessen? Als Einbrecher taugst du wirklich nicht Sarah gluckste ich vor mich hin.

Ich stieß mit der ausgestreckten Hand vor Corvin´s Tür. Dann musste die hier mein Ziel sein. Etwas verwirrte mich ich hatte den Gang länger in Erinnerung. Bin ich soweit gegangen? Musste ich wohl.

Herr Gott noch mal! Abgeschlossen! Ich könnte Alia erwürgen warum musste sie auch so überaus korrekt sein. Wetten, das die Tür von Corvin unverschlossen ist! Er geht davon aus das sich niemand in sein Reich wagt. Schließlich ist er Corvin Sardovan - das Oberhaupt der Familie - sogar der Gründer - ein erfolgreicher Geschäftsmann – wer sollte es wagen - es sich anzumaßen, das Allerheiligste unaufgefordert zu betreten?

Hi! Hi! Ich! Unverschlossen! Doch was ist das? Monitore, Computer und noch mehr Monitore. Ich trat näher. Die Halle aus verschiedenen Blickwinkeln. Flure, Gänge, Räume, ich schnappte nach Luft sogar die Hotelzimmer. Ging ich noch näher heran. Oh! Das war eindeutig nicht jungendfrei. Mann, die vollführten echte Akrobatik, schmunzelte ich die Reihe weitergehend. So wie ich dachte die meisten… oh mein Gott… wandte ich schnell den Blick ab. Diederich! Das werd ich so schnell nicht vergessen.

Ah hier sitzen einige; sogar angezogen! Über was die wohl reden? Scheint ja eine heiße Debatte zu sein. Tja wer sagt´s denn mein Raum. Ich sollte mal aufräumen. Wozu das Ganze?

Schwer von Begriff nicht wahr Sarah. So entgeht ihnen nichts, sie wissen alles. Nun fiel es mir wieder ein Corvin erwähnte so etwas. Aber mit dem hier hätte ich nicht gerechnet. Mal sehen, wo noch Kameras installiert sind. Schaute ich weiter die Monitore entlang.

 Sogar im Turm, das Esszimmer, Ballsaal, Treppenhaus wirklich überall und keine toten Blickwinkel. Sogar nach oben in Corvin´s Reich. Auch in seinen Räumen? Fragte ich mich mit Herzklopfen? Tatsächlich! Der Wohnraum oh er hat ihn umgestaltet. Ganz nett! Weiter! Der Schreibtisch da saß er ja! Grinste ich! Das würdest du nicht erwarten was? Ich beobachte dich du Schuft! Freute ich mich diebisch.

Plötzlich sah er direkt in die Kamera. Ertappt wich ich zurück. Blödsinn er kann dich ja nicht sehen. Zog ich ihm eine Grimasse. Grinste er? Zweifelnd zog ich die Stirn in Falten und ging näher an den Monitor. Tatsächlich er grinste… konnte er mich sehen? Ich schaute mich um. Ein Monitor zeigte mich in Großaufnahme. Mein Magen sank sich ineinander stülpend in irgendwelche Tiefen. Das schuldbewusste Gesicht, das mich anstarrte, sagte genug, erwischt Sarah. Warum auch noch in Farbe? Ich sah wirklich wie ´ne Tomate aus.

Der Kamera zeigte ich den unfeinen Finger und machte mich mit hocherhobenem Haupte davon. Das gibt Ärger! Gigantische  Schwierigkeiten.  Flitzte  ich,  so  schnell  ich  konnte,  den  Gang  entlang ab  durch  die Halle.  Jeden Augenblick darauf gefasst einen wutschnaufenden Vampir gegenüberzustehen. Mir war es egal das ich Stühle und Tische anrempelte oder welchen Lärm ich veranstaltete.

Wo lauerte er? Das ließ er sich niemals entgehen. Schaute ich mich gehetzt um. Kein Vampir ich kam ungehindert in mein Zimmer. Eilig die Tür verschließen den Stuhl vorsichtshalber unter die Klinke. Bis mir aufging, wie nutzlos die Vorsichtsmaßnahmen waren.

Nichts was ihn aufhielt. Ich stelle mich einfach davor kam mir die glorreiche Idee. Er würde mich ja wohl kaum gegen die Wand klatschen. Und wenn doch? Haderte ich mit mir. Dann wird er halt die Schweinerei aufwischen müssen. Sarah zerquetscht wie eine Fliege ging meine Fantasie mit mir durch. Bangend und wartend harrte ich aus. Der steht draußen vor der Tür und lauert nur darauf, dass ich mich verziehe. Da kannst du lange warten!

Ich wartete! Noch immer! Er kommt nicht oder sogar aufgegeben? Was nun?

Sarah denk nach. Was kann dir schon passieren? Eine Standpauke, ja. Er kann dich hochkant rauswerfen. Dann ist nichts Weihnachten mit der Familie. Er kann sich alles Mögliche einfallen lassen. Ändern kannst du es sowieso nicht. Geh ins Bett wenigstens bist du ausgeschlafen, wenn er seinen Richtspruch verkündet.

Geschlagen knöpfte ich mir die Bluse auf. Moment mal! Peep Show ist nicht mein Ding. Wo ist die Kamera? Da! Solche Schlawiner grinste ich im Bilderrahmen versteckt. Verdammt kleines Dingelchen und schwupps schon seid ihr ausgesperrt.

 Noch während des Frühstücks klopfte es beharrlich. „Warum so höflich? Stürm ruhig rein!“ rief ich mürrisch. Es war also soweit lange genug hatte er es ja ausgehalten. Innerlich bereitete ich mich auf eine ungemütliche Viertelstunde vor.

„Nettes Zimmer.“ Sah Pierre sich um. Voller Panik zerrte ich meine Decke bis ans Kinn. „Was machst…“

Er deutete auf das Bild, „Netter Wandbehang“ grinste er ich lief schamrot an – mein BH schloss ich niedergeschmettert die Augen. Indessen rückte er ungeniert den Stuhl an mein Bett. Ich sank noch tiefer in die Decke als er Slip und Socken anschaulich hochhob, „Wohin damit?“ fragte er unschuldig grinsend.

„Oh Gott!“, stöhnte ich und zog die Decke übers Gesicht. Schlimmer ging es kaum noch.

„Ich lege es einfach ins Bad.“

 

„Neiin“ setzte ich mich kerzengerade auf. Zu spät! Er war schon im Bad. Es ging also doch noch Schlimmer, dort lag meine gesamte Wäsche auf einen Haufen! Versteckte ich mich wieder unter die Decke. Der Stuhl knarrte unter seinem Gewicht. Warum ging er denn nicht einfach? Aber nein das taten die Vampire ja nicht. Sie ergötzten sich an deinem Dilemma!

„Kannst du mich hören?“ ich nickte. „Das ist doch albern ich rede doch mit keiner Bettdecke.“ Zog er daran. Natürlich siegte er. „Na also!“ setze Pierre sich wieder.

„Was willst du?“

„Ich wollte dich fragen, ob du mit mir in den Keller kommst.“

„Keller? Mit dir? Und was sollen wir da?“ Argwohn schlich in mein Herz. Was wollte er dort?

„Die Kämpfe! Ja weißt du das denn gar nicht? Alle paar Tage werden Kämpfe ausgetragen, nichts ernsthaftes eher Trainingskämpfe.“

„Das wusste ich nicht.“

„Es fängt gleich an. Kannst du dich beeilen? Ich habe auf den ersten Kampf eine Wette laufen.“ Lächelte er entschuldigend.

„Ja klar! Ich brauche nicht lange.“ Sah ich ihn groß an und er mich.

„Ich möchte aufstehen.“ Schaute ich zum Ausgang.

„Du meinst ich soll raus?“, fragte er begriffsstutzig nach.

„Richtig!“

Nun schaute er genauer hin, ein leichtsinniges Lächeln zuckte um seine Mundwinkel. „Wir können auch später gehen. Was hältst du davon?“ beugte er sich vor.

„Gar nichts!“

„Schade! Wirklich schade!“ erhob er sich endlich. „Also soll ich draußen vor der Tür warten? In dem zugigen kalten Gang?“

„Du wirst es überleben.“ Setzte ich einen Fuß auf den Boden. Pierre starrte auf mein nacktes Bein. „Das fällt mir richtig schwer, mon Coeur. Aber ich bin Gentlemen genug.“

 In Windeseile duschte ich mich ab. Die Haare ließ ich nass schnell spurtete zum Schrank. Was sollte ich anziehen? Jeans und Pullover fand ich passend. Schuhe und fertig. „Wohin so eilig?“ lehnte Corvin an der Wand mit meinem BH in der Hand. Den er um den Finger wirbeln ließ.

„Was? Wie kommst du hier rein? Pierre wo ist er?“

„Schon einmal vorgegangen. Ich konnte ihm begreiflich machen, dass wir ein ernstes Wort miteinander wechseln müssen. Ein sehr Ernstes! Warum schleichst du des Nachts herum?“

„Antworten!“

„Antworten?“ Zog Corvin ungläubig eine Braue hoch. „Ach die alte Leier! Sarah muss unbedingt alles wissen.“ Lächelte er zynisch. „Willst du unsere dunkeln Geheimnisse ergründen, Sarah? Die unaussprechlichen Gräueltaten die wir begangen? Willst du das?“ kam er drohend näher. „Unsere jahrhundertelange Jagd nach Blut? Die Vernichtung ganzer Siedlungen, wenn wir einem hungrigen Rudel Wölfe gleich über euch ach so wehrlosen Menschen herfielen? Uns an dem Blut labten ob jung oder alt. Das alles willst du wissen Sarah?“ bohrten sich seine Nägel in meine Schultern.

„Sieh uns an, Sarah. Sieh uns, wie wir wirklich sind. Raubtiere, die nur nach einem lechzen. Dein Lebenselixier das durch deine Adern pulsiert die einzige Melodie, die uns fasziniert. Das gleichmäßige pumpen deines Herzens. Langsam sacht im Schlaf, rasend bei der Liebe, holpernd vor Angst. Das ist es was du wissen solltest. Nur das musst du wissen.“ Schob er mich von sich.

„Noch irgendwelche Fragen?“, fragte er mich kalt ansehend.

„Nein das genügt vollauf! Übrigens Corvin sagtest du mir nichts Neues. Wenn das alles ist, kannst du mir den Weg in den Keller zeigen. Ich habe eine Verabredung.“

Er atmete tief durch, „Finde den Weg doch selbst!“ rauschte er hinaus.

Was war das für eine Aufführung? Glaubte er wirklich, ich würde mir vor Schiss in die Hose machen? Als ob ich nicht wüsste, was sie sind. „Ross! Kannst du mir den Weg in den Keller zeigen? Ich hörte dort finden Kämpfe statt.“

„Folge mir!“ vor ihm könnte man Angst haben. Er tauchte genau dann auf, wenn ich jemanden benötigte. „Dort hinunter.“ Wies er auf eine steile Holztreppe. „Halte dich rechts der Gang ist beleuchtet.“

„Danke Ross!“ lächelte ich ihn an.

„Bist du sicher das du dir die Kämpfe ansehen möchtest? Es geht zuweilen sehr blutrünstig zu.“

„Ist das nicht einer eurer Wesenszüge?“

„In der Tat! Das stimmt.“ Verbeugte er sich ehrerbietig.

Ich ließ ihn stehen schon mal sagte ich ihm das mir eine Verbeugung nicht zustand. Er aber meinte nur ich sei vom altem Geschlecht.

 Als ich den Gang weiter ging, hörte ich aufgeregte Stimmen. Pierre stand direkt am Eingang zu einem Gewölbe. „Da bist du ja.“ Freute er sich, sah ich da Argwohn in seiner Miene. Er drängte mich zurück in den Gang in eine dunkle Ecke. „Corvin er schien aufgebracht zu sein. Solltest du Ärger meinetwegen haben, dann sag es mir.“

„Aber nein! Warum sollte ich deinetwegen…“

„Vlad! Der alte Zwist! Ihr ward ein Paar! Unser Kuss! Weiß ich weshalb?“ unterbrach er mich.

„Nein nichts dergleichen.“

„Das ist gut mon Coeur. Denn ich habe die Absicht dich oft zu küssen. Sehr oft sogar und ich brenne darauf mit dir allein zu sein.“ Schob er mich mit seinem Körper weiter in die Ecke.

„Immer schön langsam, Pierre.“ duckte ich mich unter ihm weg. Um aus seiner Reichweite zu kommen.

Kein bisschen verlegen lachte er, „Bald sehr bald werden wir uns besser kennen.“ Nahm er meine Hand fest in seiner. Wir betraten ein riesiges Gewölbe. Es wunderte mich nicht - in Pierres dunkle Augen zu schauen. „Das löst du nun einmal in mir aus.“ Murmelte er nah, an meinen Ohr, das eine Gänsehaut über meinen Rücken hinterließ.

„Oh sieh ein neuer Kampf beginnt gleich. Lass uns ein wenig dort hinüber gehen da ist es sicherer.“ Wies er auf eine abgelegene Bank. Erst hegte ich den Verdacht er wolle seine Verführungsmasche weiterhin betreiben. Ich tat ihm unrecht. Nicht nur in der Arena wurde gekämpft. Vereinzelte Vampire lieferten sich handfeste Schlägereien. „Das gehört einfach dazu. Wir sind nun einmal Hitzköpfe.“

„Das ist ein spannendes Duell. Beide sind geschickte Kämpfer. Natürlich wird ohne Waffen gekämpft. Deshalb nehme ich an das der Blonde gewinnt. Nahkampf ist seine Spezialität.“ Klärte mich Pierre auf.

Ich musste mich auf Pierres Ausführungen verlassen denn die Kämpfer bewegten sich so schnell ich es mit den Augen kaum verfolgen konnte. „Ah meine Blutrünstige. Wusste ich doch das dich solch ein Spektakel nicht aus den Schuhen kippt.“ Setze Henry sich dazu. „Pierre! Glück gehabt?“

„Nein ich habe wieder auf den Falschen gesetzt.“ Zerriss er seinen Wettschein, „und du?“

„Ich habe nicht so viel Glück wie du.“ Sah Henry mich mit wissenden Blick an.

„Du solltest dich schämen!“ zog ich ihm am Ohr.

„Ich spreche doch nur aus, was alle denken. Meine liebe Sarah. Die Hälfte will dich, weil sie sich mit Corvin messen will. Die andere ist von dir hingerissen und ganz wenige wirklich wenige dazu schließe ich mich ein vergöttern dich. Zu welcher Sorte gehörst du Pierre?“ fragte Henry scharf nach.

„Zu keiner Henry! Ich habe ein höheres Ziel.“

„Wirklich?“, argwöhnte Henry ungewohnt angriffslustig.

Beide Vampire lehnten sich streitsüchtig vor. Gleich springen sie sich an die an die Gurgel. Die Luft knisterte direkt vor Aufladung. Das spürte nicht nur ich. Aller Augen waren auf uns gerichtet. Keiner der Beiden gab nach schwarze Augen, die in schwarze Augen stierten.

 „Wirklich?“ wiederholte Henry, „Pech für dich Junge! Ich habe vorhin mit einem alten Freund telefoniert. Er fragte mich tatsächlich, wie weit deine Hochzeitspläne mit Sybil denn gediehen seien. Soll ich weiter ausführen oder ersparst du Sarah die schlüpfrigen Details?“ sah er mich vielsagend an. Das konnte ja nur eines bedeuten und ich Esel fing wahrhaftig an Pierre glauben zu schenken. Herzlichen Glückwunsch Sarah du bist die absolute Idiotin.

„Sarah“ Pierre sah mich bestürzt an, „du musst mir glauben, das war, bevor ich dich kennenlernte.“

„Warum sollte ich?“ schaute ich den kämpfenden Vampiren zu.

„Bitte mon Coeur sieh mich an.“ Henry lachte verächtlich auf.

„Du kannst aufhören den Charmeur zu spielen.“ Erhob ich mich. Der Kampf war vorbei, „Du hast deine Wette verloren.“ Sagte ich ihm, bevor ich ging.

Mir war nur zu gut bewusst das sie alle mich anstarrten. Das sorgte bestimmt für Gesprächsthema. Es konnte mir gleich sein. Sollte es zumindest doch das tat es nicht. Warum fiel ich nur auf solche Typen herein? Lernte ich denn nie dazu? Wahrscheinlich bist du ein hoffnungsloser Fall Sarah Sardovan. Vielleicht sollte ich mich von den Blutsaugern fernhalten? Und was dann? Bei den menschlichen Männern hast du ja auch nur in die Scheiße gegriffen.

Eine laute krächzende Stimme drang an meine Ohren. Rosmerta! Sie würde Pierre doch wohl keine Szene machen? Zuzutrauen wäre es ihr damit macht sie das Ganze nur noch schlimmer. Ich sah mich um.

Pierre saß wie ein Häufchen Elend allein auf der Bank. Geradezu mitleidserregend. Halt dich ja zurück Sarah die Aufmerksamkeit der Vampire lagerte inzwischen auf den neuen Streitern. Ein neuer Kampf musste begonnen haben.

Doch von Rosmerta keine Spur. Ein Vampir neben mir schrie mir ins Ohr. „Sanchez! Ich wette auf ihn!“ Ein anderer antwortete genauso stimmgewaltig, „Da halt ich dagegen, Rosmerta gewinnt mit Abstand.“

Rosmerta? Die Rosmerta? Meine Rosmerta! Stürzte ich mich ins Gedränge gegen die starken Leiber kämpfend eroberte ich einen Platz in der ersten Reihe. Tatsächlich Rosmerta! Gegen einen wahren Goliath. Ich erinnerte mich an ihn eigentlich recht nett, groß wie breit bestand er aus reiner Muskelmasse. Sogar Diederich zollte ihm Respekt.

Dagegen sah meine Freundin lächerlich klein aus. Besorgt musste ich mit ansehen, wie der Riese auf sie zurollte. Ein Panzer ist nichts gegen ihn er holte zu einem mächtigen Schlag aus. Ich klammerte mich an das Geländer das Geschiebe von hinten nahm zu. Nur Augen für Rosmerta die dem Schlag geschickt auswich der Riese taumelte. Hatte Rosmerta einen Treffer erlangt? Tänzelnd forderte sie Sanchez heraus. Ich verstand kein Wort ihrer Gestik nach reizte sie den Vampir. Seine Miene verdüsterte sich! Sie lachte!

Er  stürmte  auf  sie  zu.  Sie  bewegten  sich  so  schnell  das  ich  den  Kampf  nicht  verfolgen  konnte.  Nur  die Staubwolken ein kurzer Stop von Arm oder Bein mehr konnte ich vom Kampf nicht erhaschen.

 „Rosmerta, Rosmerta“, wimmerte ich voller Sorge. Ich sah sie schon mit verdrehten Gliedern dort unten liegen.

„Der Kampf ist vorbei!“, rief jemand.

Kapitel 28

Doch da unten in der Arena tobte die Schlacht ungebrochen weiter. Er wird sie zermatschen! Ich wurde zur Seite gedrängt hielt mich aber am Geländer fest und verteidigte meinen Platz. Nur Augen für den Kampf.

Dann endlich! Der Riese kippte in Zeitlupe voll auf seine Nüstern. Rosmerta stand siegreich über ihn. „Sie hat gewonnen! Rosmerta hat gewonnen!“ sprang ich den nächststehenden Vampir an. „Sie hat gewonnen!“, jubelte ich den Vampir anschreiend. Der hielt mich fest, „Hast du daran gezweifelt?“ blickte mich Corvin spöttisch an.

Sofort ließ ich ihn los und er mich. Ich trat zurück gegen einen anderen. „Verzeihung“, murmelte ich und wollte an den Vampir vorbei. Doch ich stand vor einer Mauer aus zwei Brustkörben.

Erstaunt sah ich hoch auch das noch Pierre! Dazu Corvin ein Albtraum wird wahr! „Lasst ihr mich bitte durch?“, sagte ich niemanden Bestimmtes ansehend.

„Falls du es nicht bemerkt haben solltest wir stehen inmitten einer Schlägerei.“ Meinte Corvin lässig. Wie sollte ich denn? Was sah ich denn? Ein gewaltiges Bollwerk aus zwei Vampiren versperrte mir die Sicht.

„Wir schützen dich, mon Coeur habe keine Angst.“

„Auf euren Schutz kann ich verzichten.“ Versuchte ich mich an ihnen vorbeizudrängeln. Ohne Erfolg.

„Höre ich richtig? Ein Streit?“ erkundigte sich Corvin über meinen Kopf hinweg.

„Ein Missverständnis! Mehr nicht.“ Antwortete Pierre ebenfalls über meinen Kopf hinweg. Corvin lachte, „Ja das kenne ich! Sie kann verdammt stur sein.“

„Das werde ich mit Sarah besprechen. Von dir nehme ich keine Ratschläge an.“ Pierre hörte sich ärgerlich an.

„Kein Grund sauer zu sein, Pierre. Es ist mir gleich, weshalb ihr streitet. Ich spreche nur aus Erfahrung - Vlad ist ein ebensolcher Sturkopf. Das wollte ich damit sagen.“ Er klang ja als sei er auf einer gemütlichen Gesellschaft!

„Dann entschuldige ich dachte du wolltest aus deinem persönlichen Erfahrungsschatz berichten.“

„Da gibt es nicht allzu viel.“ Schmunzelte Corvin, „Wie ich dir bereits versicherte Pierre alles was Vlad´s Tochter betrifft interessiert mich privat in keiner Weise. Als Freund ihres Vaters habe ich dir seine Meinung mitgeteilt. Mein kurzer Fehltritt ist längst vergessen.“

Innerlich gefror ich zu einem Eisklumpen. Gefangen zwischen den Beiden die über mich sprachen als sei ich ein Stück Seife das einfach weitergereicht wurde. Es gab keine Fluchtmöglichkeit außer über das Geländer. Ich sah hinunter – sollte ich es riskieren und mir das Genick brechen oder weiterhin zuhören.

Mein Arm wurde gepackt, „Eines noch Pierre, früher handelte Vlad oftmals unüberlegt, sie ist genauso. Das solltest du dir für die Zukunft merken.“ Hielt er mich fest.

„Sarah wolltest du wirklich…?“Schaute Pierre mich verwundert an.

„Besser als euch zuzuhören oder in eurer Nähe zu bleiben!“ giftete ich ihn an.

„Es war ein dummer Fehler, Sarah. Ein Irrtum! Konnte ich wissen, wie sehr ich dich mag?“

 Das durfte ja wohl nicht wahr sein. Ich sah durchaus das höhnische Gesicht Corvins während Pierre sich wortreich entschuldigte. Ein Loch! Ein tiefes Loch indem ich versinken konnte sehnte ich mir herbei. Alles Sehnen half nichts ich musste da durch.

„Wie ich bemerke können wir nun ungehindert hinaus.“ Unterbrach Corvin den Wortschwall des Franzosen. „ihr könnt euch dann in einer privateren Sphäre unterhalten.“ Schob er mich durch die Menge und ließ Pierre stehen.

„Herzlichen Glückwunsch Sarah er scheint ja echtes Interesse an dir zu haben.“

„Wenn du mich loswerden willst dann sag es doch einfach. Dann reise ich umgehend ab.“ Entzog ich ihm meinen Arm.

„Damit ich mir von deinen Freunden Vorhaltungen lassen machen kann? Nein Sarah bleibe ruhig und amüsiere dich weiterhin. Ich hörte Sloan sei sehr zufrieden mit dir. Kann Peer damit umgehen? Brüder! Du überraschst mich Sarah aber das tatest du ja schon des Öfteren.“

Was faselte er da? Bevor ich ihn fragen konnte war er verschwunden. Pierre rief mir zu ich solle auf ihn warten was ich ganz bestimmt nicht tat.

 

 

 

 

 

 

 

Später fragte ich Peer, die Anspielungen Corvins ließen mich nicht los. „Ach das ist typisch Sloan. Spielt den großen Max und Frauenkenner er behauptet ein intimes Match mit dir zu haben. Mach dir nichts weiter daraus er redet ständig Unsinn. Das wissen wir und niemand nimmt ihn ernst.“

„Wenn ich ihn sehe spreche ich ihn darauf an.“ Grollte ich wütend.

Peer lachte, „Damit spielst du ihm in die Hände. Genau das will er ja erreichen. Ignoriere ihn und seine Märchen.“

Das fiel mir schwer, verdammt schwer. Indessen rückte der Weihnachtstag immer näher. Die Zimmer leerten sich zusehends. Hendrik und Endris schleppten eine riesige Tanne an, die sie im Esszimmer aufstellten.

Rosmerta  war  sofort  dabei  alles  festlich  zu  schmücken.  „Sie  hängt  überall  Mistelzweige  auf.“  Brummte Diederich, „man muss verdammt aufpassen, wohin man geht. Geirrod und Endris hat sie erwischt – sie bestand darauf, dass sie sich küssen. Entweder das oder ihr Stock.“

Ich verkniff mir das Lachen einer von Rosmerta liebevollen Scherzen. „Und welche Wahl trafen sie?“, wollte ich wissen.

„Nachdem sie Sanchez K. o. schlug? Was für eine Frage.“ Sagte er mit bitterer Miene.

„Sie haben sich geküsst?“

„Leise!“ stupste er mich an das ich ins Taumeln geriet. „So was erzählt man doch nicht laut herum.“

Gerade ging Geirrod durch die Halle, nervös nach oben sehend. Diederich räusperte sich vernehmlich. Ich musste mir das Grinsen verkneifen, als er uns anklagend ansah. „Ich glaub´s einfach nicht!“ prustete ich los, „Allein die Vorstellung.“

„Pass lieber auf das sie dich nicht in die Falle lockt. Stell dir vor du müsstest Alia oder Rosmerta küssen.“ Meinte er mich bissig ansehend.

 „Halb so schlimm.“ Meinte ich, „Ich glaube Frauen können damit besser umgehen als ihr Männer. Oder nicht?“ fragte ich Alia, die gerade aus ihrem Büro kam.

„Wenn ihr mir sagt worum es geht.“ Sah sie uns an, sie wirkte gestresst und völlig fertig. Diederich erklärte es ihr, sie schmunzelte, „Sieh her und lerne!“ kam sie auf mich zu, „Geliebte Sarah darf ich deine zarten Lippen berühren?“

Lächelnd ging ich auf ihr Spiel ein. „Oh Alia deine Worte bringen mich zum Erglühen. Mein Sehnen wurde erhört.“ Näherte ich mich ihr die Lippen gespitzt drückte ich einen Kuss auf den Mund.

„Mann! Da wird einem ja richtig heiß!“ sagte Diederich uns feixend betrachtend, „Was denkst du Pierre? Fallen dir da auch nicht einige Ideen ein?“

„Nur eine!“, meinte er schmunzelnd mich nicht aus den Augen lassend.

„Das ist euer Problem!“, sagte Alia, „Euer Hirn schaltet ab und ein anderes Teilchen übernimmt das Denken.“ Spöttelte sie. Die Vampire zogen sich beleidigt zurück, „Sarah ich habe ein Problem. Kannst du mir helfen?“

„Sicher! Was ist los?“ fragte ich nach. Alia sah wirklich fertig aus.

„Nicht so schnell, Sarah. Höre mir erst einmal zu.“ Sah sie sich in der Halle um. „Es geht um Sloan seine Mutter ist noch nicht eingetroffen. So wie es aussieht wird sie das vor Weihnachten auch nicht mehr. Aber wir haben heute Abend ein Bankett und mir fehlt eine weibliche Tischdame. Würdest du das übernehmen.“

„Sloan?“ zog ich die Nase kraus.

„Der bekommt Rosmerta sie wird ihm schon sein Schandmaul stopfen. Nein ich dachte da eher an Pierre.“ Sah sie mich bittend an. Wer konnte schon diesem Blick widerstehen? Selbst ich nicht. „Du bist ein Schatz! Komm doch…“ sie sah auf ihre Uhr, „in etwa einer Stunde zu mir hoch, du brauchst ein Kleid.“

„Aber ich kann doch nicht…“

„Leon wird dich ablösen, bis später.“ Flitzte sie ganz die Alte durch die Halle. Solch ein kleines Luder! Sah ich ihr nach sie wusste genau, wie sie mich überreden konnte. Doch ich nahm es ihr nicht übel.

Also durfte ich den heutigen Abend mit Pierre verbringen. Seit dem gestrigen Tag ignorierte ich ihn so gut es ging. Ohne meine Verpflichtungen den Gästen gegenüber zu vergessen. Denn das war er ja.

„Sarah Schatz! Wie sieht´s aus gehen wir gemeinsam zum Ball?“ strahlte mich Hendrik an.

„Ball? Wann ist denn ein Ball?“ wandte ich mich ihm erstaunt zu. Er grinste über das gesamte Gesicht. „Na heute Abend.“

„Aber ich muss zum Bankett.“ Meinte ich betroffen.

„Ja mit anschließenden Ball! Zum Bankett werden nur einige Auserwählte eingeladen.“

„Vom Ball hat Alia aber nichts gesagt.“

 Er grinste, „Welchen Tischnachbarn hast du denn?“ setze er sich auf die Theke, „Warte lass mich raten“, ließ er seine langen Beine baumeln, „der Franzose nehme ich an.“ Gluckste er vor Vergnügen, „Na habe ich recht“.

„Also ein abgekartetes Spiel!“ wurde mir richtig übel. „Dann wäre mir Sloan doch lieber. Bei dem muss ich nicht befürchten…“

„Angeschmachtet zu werden?“, unterbrach mich Hendrik lachend. Dafür bekam er meine Faust in den Bauch. „Ist doch wahr! Er läuft todtraurig durch die Gänge, nur weil du ihn hast abblitzen lassen. Solch ein charmanter gut Aussehender…“

„Wie viel hat er dir denn bezahlt?“ beäugte ich ihn misstrauisch. Er blähte die Wangen auf und blies seufzend die Luft hinaus. Sprang dann auf den Boden, „Bezahlt ist nicht das richtige Wort. Sagen wir ich schulde ihm etwas.“

Ich kniff die Augen zusammen, „Also hast du gewettet! Obwohl es Henry dir verboten hat. Du brauchst gar nicht erst so zu tun. Wie viel schuldest du ihm?“

Das war das momentane Streitthema zwischen Vater und Sohn. Hendrik hatte mit seinen Wetten sein gesamtes Monatsgehalt durchgebracht. Nicht das es dabei blieb obwohl kein Geld, wettete er weiter. Die Schulden beglich Henry und verbot ihm das Wetten. Mit der Ermahnung weitere Schulden nicht mehr zu begleichen. Und nun das! Geknickt gab Hendrik sein Fehlverhalten zu. „Ich dachte wirklich das ich gewinne. Es war eine todsichere Wette.“

„Wie viel?“ zählte ich in Gedanken meine Barschaft durch.

„Er will sein Geld nicht zurück. Dafür muss ich ein gutes Wort bei dir einlegen. Pierre möchte dir doch nur erklären… also ich glaub ihm.“

„Sag ihm du hast deine Wettschulden beglichen. Ich werde ihm zuhören. Aber Hendrik sehe oder höre ich auch nur noch einmal das du wettest dann wirst du dir wünschen mir niemals begegnet zu sein.“ Schwor ich ihm drohend.

„Versprochen!“ lachte er erleichtert.

Später, nachdem Leon mich ablöste, ging ich zu Alia hinauf. Auch der Turm war inzwischen weihnachtlich geschmückt. Direkt unter dem Treppenaufgang hing ein Mistelzweig. Ich musste wieder lachen als ich an Geirrod und Endris dachte.

Alia kam hinter mir hinauf, „Puh beinahe hätte ich es nicht geschafft. Es ist wirklich viel los. Sie wollen alle abreisen es ist fast nicht zu schaffen.“

„Wieso musst du dich darum kümmern?“, wollte ich wissen.

„Nenn es Dienst am Kunden! Nein wir wollen kein Aufsehen erregen stell dir mal eine Invasion von Vampiren auf dem Flughafen vor. Die Menschen würden ja flüchten, ohne zu wissen, was ihnen solche Angst einjagt. Das gäbe eine Massenpanik.“ Verdrehte sie lustig die Augen, dabei zog sie die eine Hälfte ihrer Oberlippe gefährlich hoch.

 „So nun zu den schönen Dingen. Ich denke wir frisieren dein Haar streng nach hinten. Ich habe ein Bild gesehen und dachte sofort an dich. Zum Glück habe ich vorgesorgt das passende Kleid müsste ich…“ sie suchte in den unendlichen Weiten ihres Kleiderschrankes. Ein Kleiderschrank, der ein gesamtes Zimmer umfasste. „Warte ich habe es gleich.“

Unter  meinen  Nägeln  brannte  eine  Frage. Während Alia  suchte,  sprach  ich  sie  aus.  „Wie  hat  Pierre  dich überredet?“

„Das musste er nicht. Weil ich finde, ihr passt gut zusammen. Du solltest Corvin vergessen und das Beste ist eine neue Liebe. Das ist schon alles.“ zog sie triumphierend ein Kleid hervor.

„Na ist das nicht ein Traum? Ideal für dich ohne Rüschen ohne Schnörkel aber elegant und raffiniert.“ Hielt sie mir das Kleid an.

„Ich muss mal sehen eine Kette… nichts Protziges etwas Zartes ja wie ein Band.“ Wühlte sie in den Schubladen. „Ich weiß doch das ich so was habe.“ Öffnete sie eine Schublade nach der anderen.

„Alia du weißt schon Pierre ist verlobt oder zumindest plant er eine Ehe mit einer gewissen Lydia.“

„Ja und! Eine Hochzeit kann man absagen außerdem ist es die Wahl seiner Mutter. Sloan und einige andere gehen da viel weiter sie wetten dich in die Kiste zu bekommen als sie erfuhren das du wirklich zur Festung kommst. So sind sie halt. Wir!“ verbesserte sie sich. „Ist doch nichts Schlimmes. Da gibt es weitaus Ärgeres wie zum Beispiel unangemessen gekleidet auf einem Bankett zu erscheinen.“ Lächelte sie unschuldig.

„Du kannst ja Sorgen haben!“ ließ ich mich auf die einzige Sitzgelegenheit in dem Raum fallen.

„Ja nicht wahr. Ich werde später noch einmal suchen. Jetzt zu deinem Haar.“ Hielt sie mir ein Bild hin, „Das betont deinen schlanken Hals. Ja so machen wir das. Willst du sehen, was ich anziehe?“ glänzten ihre Augen vor Vergnügen.

„Wow! Das ist gewagt.“ Sagte ich ehrlich, als sie mir ihr Kleid zeigte. „Ich wüsste niemanden außer dir der solch ein Kleid tragen könnte.“

„Du Süße! Natürlich könntest du es tragen. Wenn du nur nicht so hausbacken wärest. Schau dir den Schlitz an der reicht bis hoch an den Oberschenkel. Hier… zieh es doch einfach mal an dann wirst du schon sehen, was ich meine.“ Ich konnte der Versuchung kaum widerstehen. „Na los! Es sieht doch niemand.“ Ermunterte sie mich. Ich nickte. „herrlich“ rief sie aus. Dann wurde sie ganz ernst, als ich die Bluse auszog. „Weißt du Sarah, das habe ich mir immer gewünscht. Eine Schwester wie dich. Ich wusste schon damals, als du an das Hotel schriebst, das du es werden konntest. Nichts weiter als ein Gefühl ich bin ja so froh dir geantwortet zu haben.“ Lächelte sie mich mit Tränen in den Augen an. Ich wusste darauf nichts zu sagen. Deshalb nahm ich sie in den Arm.

„Hilfe!“ löste sich Alia schließlich, „Da stehen wir und heulen dabei werden wir bald erwartet.“ Wischte sie mir und sich die Tränen fort.

 „Na los Hose runter Sarah! Ich helfe dir da rein. Ist gar nicht so einfach, es liegt hauteng an. Stop zieh den BH aus.“ Stand sie mit gereckten Armen das Kleid haltend über mir. Kichernd meinte ich, „Hoffentlich bekommst du mich da wieder raus. Es liegt wie eine zweite Haut an.“

Alia trat kritisch zurück, „Deine Haare!“ legte sie flink Hand an. „Ja so ist es besser. Hier zieh die Schuhe an. Mein Gott Sarah, wie schön du bist.“ Drehte sie mich zum Spiegel.

Das war nicht ich das war ein Wesen aus einer anderen Welt. Die Haare schwarz glänzend, die Augen wirkten übergroß und die Haut schimmerte wie Perlen. Das war nicht ich. „Doch Sarah das bist du! Ich mag das Kleid nicht mehr anziehen so wie du werde ich niemals darin aussehen. Lass es an es ist wie für dich gemacht.“

„Das geht doch nicht Alia es ist dein…“

„Rede keinen Quatsch, wir sind doch Schwestern.“

„Hallo?“ ertönte Rosmerta´s Stimme, „Habt ihr einen Moment Zeit für mich?“ kam sie herein als sie mich erblickte blieb sie starr vor Schreck stehen. „Teufel noch mal“, flüsterte sie kalkweiß.

Alia kicherte hinter vorgehaltener Hand, „Das ich das erlebe Rosmerta sprachlos.“

Blinzelnd  schaute  Rosmerta  mich  an,  „Sarah!  Hast  du  mir  einen  Schreck  eingejagt,  ich  fühlte  mich  um Jahrhunderte zurückversetzt. Du siehst deinen Vorfahren verblüffend ähnlich.“

„Ja sie sieht bezaubernd aus.“ Nickte Alia, „Ich habe ihr gesagt sie soll es anbehalten.“

„Unbedingt“ stimmte Rosmerta zu, „Dreh dich!“ forderte sie mich auf. Anerkennend schnalzte sie. „Da werden wir es heute Abend schwer haben Alia.“ Grinste Rosmerta.

„Hört schon auf und helft mir aus dem Kleid.“ Forderte ich sie auf. „Das ist doch Alia´s Kleid.“

„Nein Kindchen!“ schüttelte Rosmerta resolut ihren Kopf, „Alia hat genügend andere Kleider ach deshalb kam ich ja, ich benötige auch eines.“

„Was ist mit dem?“ wies Alia auf das für mich bestimmte Kleid. Rosmerta begutachtete den Traum und befand ihn für gut. „Ach noch etwas Sarah dein Slip! Der muss runter! Ein Paar seidene Strümpfe fehlen aber kein schwarz…“ hielt sie überlegend inne. „…ich weiß, silbern.“ Stob Alia davon. „…und einen hauchdünnen Slip oder gar keinen.“

„Ihr seid ja verrückt! Da mache ich nicht mit.“ Stampfte ich fest mit dem Fuß auf.

Rosmerta   zeigte   ein   wölfisches   Grinsen.   „Wie   willst   du   es   verhindern?   Ich   sehe   ein   schwaches Menschenkindchen gegen zwei Vampire.“ Zog sie drohend die Brauen zusammen.

„Spielt sie die Spielverderberin?“ kam Alia umgezogen in einen sexy Outfit  mit hauchdünnen Strümpfen sowie Slip zurück.

„Ich spiele kein…“ mir verschlug es die Sprache. Rosmerta hielt mich fest während Alia vor mir kniend meines Slips beraubte.

„Das ist eine Premiere!“ lachte sie, „Noch nie habe ich eine Frau ausgezogen.“

 „Hör auf zu trödeln wir müssen runter.“ Feixte Rosmerta.

Wie Schuppen fiel es mir vor die Augen. „Das habt ihr geplant!“

„Nicht ganz!“ gestand Alia die Strümpfe vorsichtig hochziehend. „Eigentlich solltest du das Kleid anziehen. Aber ich habe das vorhin entdeckt und wie ich schon sagte es ist wie für dich gemacht. So fertig! Fast! Jetzt noch ein bisschen Make-up.“

„Übertreib es nicht!“, warnte Rosmerta mich noch immer im Schraubstock haltend.

„So das reicht. Parfüm?“ tippte sich Alia an fragend an die Lippe.

„Sie duftet so schon verführerisch genug.“

„Ihr könnt mich nicht zwingen! Ich gehe nicht zum Bankett.“ Versuchte ich vergebens sie zu erbarmen.

„Eine Minute dann bin ich fertig.“ Ließ Rosmerta mich los. Sie benötigte keine Minute da stand sie angriffslustig vor mir. „So meine Kleine du lächelst und wirst eine vorbildliche Gastgeberin sein. Charmant und höflich, wie du es deiner Familie schuldig bist. Deines Vaters Familie vergiss das nicht.“

Pflichtschuldigst nickte ich mich der Anarchie ergebend. Einer drohenden Rosmerta die einen mit funkelnden Augen ansah, widersprach man nicht.

„Nu lass sie schon.“ Sagte Alia, die ihren Schmuck anlegte, „Du verängstigt sie ja.“

Rosmerta lachte krächzend, „Sarah ist aus anderem Holz geschnitzt, so schnell hat sie die Hose nicht voll.“

„Schon gar nicht bei diesem Höschen von nichts!“ setzte ich kichernd hinzu.

Rosmerta sah Alia mit dem Blick, habe ich es dir nicht gesagt an. „Dann auf ins Spektakel! Das Letzte in diesem Jahr was bin ich froh, wenn das vorbei ist.“ Atmete Alia tief durch.

 

Wir gingen gemeinsam hinunter. Henry wartete bereits, „Meine Damen pünktlich und schön wie immer.“ Verteilte er seine Komplimente gleichmäßig. „Nur der Herr des Hauses lässt auf sich warten.“ Sah er hinauf.

Alia ging unruhig auf und ab, „Was braucht er denn so lange? Er weiß doch, wie ungeduldig sie sind.“ Murmelte sie vor sich hin.

Rosmerta hingegen setzte sich, „Gedulde dich! Das solltest du mal antesten.“ Grinste sie Alia auffordernd an. Ich wünschte so ruhig wie Rosmerta zu sein. Mein Herz klopfte wie verrückt. Ich konnte es nicht verhindern aber ich dachte unentwegt daran, wie Corvin auf mein Outfit reagieren würde. Endlich ertönten die leichten schnellen Schritte Corvin´s. „Er kommt!“ sagte ich atemlos.

Alia sah mich bedeutsam an, „Ich habe dich nicht für ihn ausstaffiert, Sarah.“ funkelte sie mich grimmig an. Dass ich mich eingeschüchtert in die äußerste Ecke zurückzog.

Rosmerta ließ ihr schauerliches Lachen hören, „Dummes Weibsbild! Gefühle kann man nicht an und ausknipsen, wie man will.“ Sah sie Alia böse an.

„Seid ihr bereit?“ kam Corvin die letzten Stufen hinunter die Lage mit einem Blick überschauend. „Gut! Alia du gehst mit Henry voran. Rosmerta mit mir. Sie hält sich im Hintergrund, wer ist ihr Tischpartner?“ wandte er sich an Alia. Mich übersah er geflissentlich. „Pierre“, antwortete Alia.

 „Dann warte auf Pierre! Du hättest ruhig vor dem Esszimmer warten können.“ Bellte er vorwurfsvoll in meiner Richtung.

„Das wusste ich nicht.“ Nuschelte ich entschuldigend. Wie grässlich er sein konnte, dachte ich nur. Die hohe Tür zur Halle wurde aufgestoßen, „Überraschung!“ platzte Dana laut lachend mit weit geöffneten Armen herein.

Sie wurde herzlichst begrüßt. Abseitsstehend sah ich zu wie Dana selbstverständlich in ihrer Mitte aufgenommen wurde. Ich hielt mich absichtlich zurück. Corvin Vorwurf wohl verstehend ich hatte nichts mehr mit dem inneren Kreis der Familie zu tun. Schließlich war ich nur ein Nachkomme. Corvin Stimme übertönte die anderen. „Dana du kommst wie gerufen! Uns fehlt eine Tischdame. Wie lange benötigst du um dich…“

Dana schon auf den Weg hinauf, „Nur ein paar Sekunden.“ Sie selbst war nicht mehr zu sehen. Alia protestierte, „Und, was ist mit Sarah?“ sah ihn empört an.

 

„Was wohl? Sie wird nicht mehr benötigt.“ Hörte ich noch, als ich flüchtend hinauslief. Die streitenden Stimmen hinter mir lassend.

Stockend hielt ich inne. Vor mir die ankommenden Gäste hinter mir der Familienverband. Keinen wollte ich sehen nur allein sein. Schnell wandte ich mich der einzigen Möglichkeit zu der Garten. Es war kaum anzunehmen das in dieser Kälte jemand dort war.

Zitternd vor Kälte spähte und horchte ich in den Turm. Die Türen des Esszimmers waren geschlossen. Leise schloss ich die Gartentür auf Zehenspitzen ging ich am Esszimmer vorbei nur eines im Sinn so schnell wie möglich mein Zimmer zu erreichen.

Als Ross mit vollem Tablett unversehens vor mir stand, dass er vor Schreck fallen ließ. Scheppernd gingen Teller zu Bruch. Das schien Ross überhaupt nicht zu bemerken er starrte mich unverwandt an. Im Raum nebenan wurde es ruhig, sie mussten den Krach gehört haben.

Ross missachtend lief ich los eine Nische als Versteck nutzend, die Tür erreichte ich ohnehin nicht mehr. Das war das Letzte was ich wollte von ihnen gesehen zu werden. Vielmehr von ihm.

„Was ist denn… Ross! Alles in Ordnung?“ fragte Corvin streng nach ich schaffte es gerade rechtzeitig in der Nische zu verschwinden.

„Wie? Ja… es ist mir aus der Hand gerutscht.“ Danke Ross! Hielt ich den Atem an weit in die Nische gepresst.

„Kann passieren.“ Meinte Corvin zweifelnd. Er glaubt ihm nicht das höre ich seiner Stimme an.

„Ich werde das sofort beseitigen und neue Teller holen.“ Sagte Ross, „Du kannst dich wieder ganz deinen Gästen widmen.“

„So kann ich das? Weshalb ließest du noch das Tablett fallen?“ bohrte er nach.

„Ein Missgeschick weiter nichts.“ Erklärte Ross, „Soll ich den Schaden bezahlen?“

 „Den was? Nein! Ich hoffe es kommt nicht wieder vor.“ Meinte Corvin dann herrschte Ruhe. Ich wagte mich nicht aus der Nische.

„Du kannst herauskommen. Er ist weg. Was treibst du dich denn hier draußen herum? Ich dachte du bist da drin?“ wies er auf die verschlossene Tür.

„Meine Hilfe wurde nicht mehr benötigt.“Erklärte ich ihm, schließlich belog er Corvin, nur um mich nicht zu verraten. „Ross ich danke dir.“

Er wiegelte ab, „Keine Ursache. Die Halle ist leer du solltest ungesehen auf dein Zimmer gehen können.“

„Danke nochmals.“

Kaum das ich die Halle durchquerte öffnete sich die Haupttür nach draußen. Komisch dachte ich noch, wer ist denn jetzt noch draußen. „Ich muss im Himmel sein.“ Sagte der Neuankömmling einschmeichelnd. Noch so ein Möchtegern Casanova! Sollte ich bleiben oder ihn einfach stehen lassen?

„Du wirst mich doch nicht dumm da stehen lassen, Sarah?“

„Eric?“ erst jetzt erkannte ich den bärtigen und vermummten Vampir.

„Ja Eric!“ äffte er mir grinsend nach, ich lief ihm vor Freude entgegen.

„Halt!“, rief er und trat dabei zurück, „Den Anblick möchte ich mir einprägen.“ Schaute er mich von oben bis unten an. „Mag Corvin wüten, wie er will, diese Augenweide gehört mir.“

„Warum sollte Corvin Sardovan etwas dagegen haben?“ seinen Namen auszusprechen, war bitterer als Galle zu spucken.

Eric schüttelte sich vor Lachen, „Witzig! Darf ich dich drücken. Weiß Gott ich habe mir geschworen die erste Frau, der ich begegne zu knutschen. So lass mich dich wenigstens drücken.“

„Mach, was du willst!“ umarmte ich ihn. Er zuckte bei meiner Berührung zurück, sah mich kurz fragend an „Ich werde also meinen Schwur einhalten.“ Senkte er seinen Kopf mich an sich ziehend und drückte mir seine kalten Lippen auf den Mund.

Ein vernehmliches Räuspern und Eric ließ mich frei. Ich war ehrlich genug mir einzugestehen das nach der schmählichen Behandlung Corvins, die intensive Begrüßung durch Eric mehr als gut tat. „Corvin“ Eric spürte, wie ich mich versteifte, er hielt mich fest an seiner Seite. „Da bin ich wieder meine Nachricht hast du demnach erhalten.“

 

„Das nennst du geheim halten?“ grollte Corvin mit zusammengezogenen Brauen.

Eric ging über den Vorwurf leichtfertig hinweg. „Kannst du mir das verübeln? Die erste Frau nach Monaten und dann noch…“ er sah mich bewundernd an. Eindeutig! Er hob mein angekratztes Selbstwertgefühl gewaltig an. „…solch ein verführerischer Anblick. Wirklich du solltest mich verstehen.“

„Dazu hast du später genügend Zeit! Meine Uhr tickt, Büro.“ Ging er voraus. Seufzend ließ Eric mich los. „Welche Zimmernummer?“, fragte er mich.

„Eric!“, sagte Corvin voller Ungeduld. Der grinste nur und folgte Corvin.

 In viel besserer Stimmung ging ich in mein Zimmer. Nun gut Corvin schloss mich aus dem internen Kreis um ihn herum aus. Das hat er ja verständlich genug gezeigt. Im Turm würde er mich nicht noch einmal vorfinden. Nie wieder! Schwor ich mir. Familie und Freunde konnte ich auch anderswo treffen. Wanderte ich verletzt und gekränkt von einer Ecke in die Nächste und wütete gegen ihn. Ich war es also nicht einmal mehr wert… Es klopfte, „Sarah?“ das war Hendrik.

„Komm rein!“ hielt ich in meiner Wanderung inne.

„Wie geht es?“, fragte er mitfühlend nach.

„Na wie schon? Ich weiß nicht, ob ich ihm die Augen auskratzen oder mich vom Turm stürzen soll.“ Gab ich ehrlich zu.

„Dann versuche lieber ihm die Augen auszukratzen das könntest du überleben.“ Meinte er verschmitzt.

„Wer hat es dir erzählt?“

„Henry er ist ganz schön sauer  wie Corvin dich behandelte. Ich soll dir ausrichten du sollst auf jeden Fall zum Ball kommen. Das ist mein Auftrag!“ grinste er sich in Pose werfend.

„Weißt du was das werden wir auch.“ Entschied ich kurzfristig, sollte er ruhig sehen, dass ich mich auch ohne ihn amüsierte. Und heute Nacht wollte ich das. „Ich möchte mal wieder eine Nacht so richtig durchzechen.“

„Mit allem Drum und Dran?“ grinste Hendrik eine Flasche hervorzaubernd.

„Mit allem Drum und Dran!“ nickte ich begeistert. „Das habe ich schon viel zu lange nicht mehr getan.“ Leicht beschwipst betraten wir den Ballsaal. Die Paare wiegten sich bereits im langsamen Takt der leisen Töne des Orchesters. Kerzen erleuchteten den Raum in stimmungsvolles Licht.

„Da hinten sind Till und Endris“, sagte Hendrik, „Sollen wir?“ deutete er auf die Tanzfläche. „Oder zuerst zu den Beiden?“

„Wenn ich mich dazwischen drängen darf?“ stand Pierre wie aus dem Nichts vor uns. „gewährst du mir den nächsten Tanz?“

Ich war trunken genug mich darauf einzulassen. Mochte er auch ein durchtriebener Vampir sein er sah noch immer verdammt gut aus. Zu gut eigentlich!

Hendrik beiseitetretend verbeugte sich formvollendet, „Du weißt ja, wo du uns findest.“ Grinste er mich breit an. Während wir auf den nächsten Tanz warteten, versuchte Pierre mir zu schmeicheln. „Pierre tanzen! Auf dein verdorrtes Süßholz kann ich verzichten.“

„Wie kann ich dich sonst von meinen ehrlichen Absichten überzeugen? Du ignorierst mich. Du gehst mir aus dem Weg und redest nicht mit mir. Wie sonst?“ sah er mich bekümmert an.

„Gar nicht! Lass uns einfach tanzen.“ Sah ich ihn bittend an.

„Unter einer Bedienung Sarah. Du gestehst mir morgen ein wenig Zeit zu.“ Pierre bat so eindringlich das ich zusagte. Meiner Meinung nach konnte er erzählen, was er wollte. Glauben würde ich ihm sowieso nicht. Ich wollte mich heute nur vergnügen!

Was ich dann auch gründlich tat. Zwar hatte ich anfangs ein schlechtes Gewissen meinem Trio Erics Ankunft zu verschweigen doch das verging verhältnismäßig schnell. An Tanzpartner fehlte es mir nicht. Dank des Überschusses an männlichen Vampiren. Auch die heißen und zuweilen kühnen Komplimente nahm ich nicht allzu ernst, so waren sie nun einmal gestrickt.

Nur um ein kleines hängendes Detail machte ich anfangs einen großen Bogen der Mistelzweig! Dafür konnte nur eine verantwortlich sein und Rosmerta nutzte ihn auch geschäftig. Zu aller Belustigung übrigens. Sie brachte es doch tatsächlich fertig, immer wieder ein hilfloses Opfer ausfindig zu machen.

Es artete zu einem wahren Wettkampf aus die jeweiligen Tanzpartner unter den Zweig zu lotsen. Zuweilen standen mehrere Paare darunter die den alten Brauch innig pflegten.

Dem zu entgehen war schier unmöglich oder man verzichtete darauf, das Tanzbein zu schwingen. Ich aber wollte mich amüsieren. Was machte es schon aus ein kurzer flüchtiger Kuss nein es war sogar äußerst spaßig.

Mit einer Ausnahme Pierre er drückte lautstark seine Missbilligung aus auf der anderen Seite versuchte er mich öfters als einmal, während eines Tanzes unter den Zweig zu führen.

Als ich ihn darauf ansprach", meinte er, „Sollen sie doch alle Damen darunter führen. Nur dich nicht! Dieses Vorrecht möchte ich allein haben.“ Sagte er mit glühenden Augen.

Worauf ich herzlich auflachte, ich nahm ihn nicht ernst, es war ja nur ein amüsantes Spiel. Dass ich an diesem Abend genießen wollte. Auch als Corvin früh den Ballsaal verließ, feierte ich munter weiter. Niemand sollte mir den Abend vergällen auch er nicht.

Das Orchester spielte schon lange nicht mehr. Aus einer Anlage trommelte harter Bass wir saßen; das heißt Endris, Hendrik, Till und ich, wie auch Pierre der sich uns hartnäckig anschloss an einem Tisch.

Saßen passte nicht ganz Hendrik total betrunken lag mit dem Kopf auf der Tischplatte. Endris hielt sich an seinem Stuhl fest und bekam das Grinsen nicht mehr unter Kontrolle. Während Till, sich bemühte mit mir und Pierre eine Konservation zu betreiben. Es lag wohl an meinem Konsum, dass ich nichts verstand oder er sprach in einer mir fremden Sprache. Jedenfalls fanden Endris und ich Till ungeheuer lächerlich.

Es war schließlich Henry, der selbst angetrunken die Runde aufhob. „Na los ihr junges Gemüse Feierabend.“ Schulterte er sich Hendrik über. Endris torkelte hilflos mit den Armen rudernd, „Pierre hilf ihm!“ Till hing schon am anderen Arm des Franzosen. „Sarah bist du imstande allein zu gehen.“ Meine Schuhe in der Hand tänzelte ich um ihm herum. „Das bin ich!“

„Lösch die restlichen Kerzen und geh ins Bett.“ Befahl er streng.

„Jawohl Sir!“ salutierte ich kichernd.

 „Vergiss die Anlage nicht!“, ermahnte er mich, bevor sie den Saal verließen. Angetrunken und ausgelassen trippelte ich zur Anlage. Dann wandte ich mich den Kerzen zu. Puh! Nicht wenige! Auf in den Kampf Sarah begann ich in der hintersten Ecke und arbeitete mich weiter auf den Ausgang zu.

Bis die Anlage anfing herumzuzicken. Eine Kerze nehmend machte ich mich auf um das Ding den Garaus zu machen. Ein Luftzug und die letzte Flamme erlosch. Leise fluchend nun völlig ernüchtert ging ich langsam vorwärts tastend auf die einzige Lichtquelle zu. Die dann auch noch erlosch!

Das war ja wohl ein schlechter Scherz! Die hat doch jemand ausgepustet! „Das ist überhaupt nicht witzig.“ Sagte ich in die Dunkelheit hinein. Keine Antwort! Da trieb irgendwer einen üblen Schabernack. Was soll´s derjenige konnte ja die Anlage ausmachen. Ich nicht! Mein Bett wartete. Durch die Dunkelheit tastete ich mich vorwärts dem Ausgang zu.

„Du stehst unter dem Mistelzweig!“ wurde ich von starken Armen aufgehalten.

„Eric!“, rief ich entgeistert aus. „Du Blödmann weißt du eigentlich, was für einen Schreck du mir einjagst?“

„Ich konnte einfach nicht widerstehen. Du allein in der alten zugigen von Gespenstern heimgesuchten Festung der Ballsaal  im letzten  Kerzenschein,  lange  Schatten,  die  vom vergangenen  Unheil  berichten.  Die  Schöne verzweifelt sucht sie ihren Liebsten. Doch da naht der tapfere strahlende Recke befreit die Schöne aus ihrer Verzweiflung.“

„Bist du betrunken?“

„Nur ein wenig! Doch mir gefiel die Vorstellung und nun darf ich die Dame um diesen letzten Tanz bitten?“

„Das darfst du.“

Langsam wiegten wir uns zu der leisen Musik. „Erzähle mir, was ist geschehen? Das Letzte was ich höre ihr wollt eine Spur in Spanien verfolgen. Ich denke ihr habt endlich zueinandergefunden und dann das Unglaubliche. Ich verstehe es nicht ihr gehört doch zusammen.“

„Das ist lange her.“ Ich wollte das Thema Corvin nicht anschneiden. Deshalb fragte ich ihn. „wo warst du überhaupt.“

„Irgendwo in der Wildnis.“ Wich er meiner Frage aus. „Genug der Ausflüchte nun berichte mir.“ Forderte er.

„Da gibt es nicht viel.“ Die Musik endete in diesem Moment.

„Rühr dich nicht von der Stelle, ich schalte nur die Anlage aus.“ Fast augenblicklich war er wieder da.

„Nun möchte ich einen Kuss die du heute so großzügig verteiltest.“ Legte er sanft seine Lippen auf meine. „Mehr traue ich mich nicht! Ich bin total ausgehungert beileibe keine Frau in den letzten Monaten.“ Murrte er verzweifelt so das ich lachen musste. „Dann solltest du dich darum bemühen.“ Schlug ich vor.

„Ich wünschte ich dürfte.“ Seufzte er schwer und nahm mich in den Arm, „Vielleicht vernasche ich dich ja auch.“ Gurrte er in mein Ohr.

„Sollte ich mich jetzt fürchten?“

 „Wenn du wüsstest! Du siehst verführerisch aus. So mancher Vampir wird heute Nacht von dir träumen.“ zog er mich an sich und wuselte durch mein Haar.

„Ach, bevor ich es vergesse. Ich habe mich bei dir einquartiert. Corvin wollte mich doch tatsächlich in den Keller stecken was ich natürlich abgelehnt habe. Ich sagte ihm das ich dich bereits gefragt habe und du mich herzlichst aufnimmst.“

„Ich habe aber nur ein Einzelzimmer.“

„Das macht mir nichts aus solange du nicht schnarchst kein Problem.“

So viel dazu ich bestimme mein Leben selbst! Natürlich konnte ich Eric nicht abweisen und in den Keller schicken. Noch lange blieben wir wach und redeten. Er wollte jede Einzelheit der letzten Monaten erfahren. Fragte mich nach Granada und Peer aus.

Schließlich fielen mir die Augen zu, „Ich kann und will nicht mehr Eric. Lass uns morgen weiterreden.“ Ging ich ins Bad. Egal wie ich es auch versuchte ich kam nicht aus dem Kleid. Verdammt Alia, das wusstest du.

„Eric“, rief ich notgedrungen. „Kannst du mir helfen?“ Hob ich das Kleid an.

„Auch das noch!“ schmunzelte er lüstern dreinblickend. „Was darf ich der Dame denn noch an Dienstleistung anbieten?“

„Müsst ihr euch immer wie Sexbesessene aufführen?“, fragte ich ihn genervt. Wenn ich mir vorstellte, außerhalb und nun innerhalb meines Zimmers ständig Anspielungen anzuhören könnte ich vor Verzweiflung schreien.

„Aber Sarah so sind wir nun einmal. Schon mit der Wandlung fängt es an.“ Sagte Eric gekränkt. „Das ist der primitive Teil in uns, den wir immerzu unter Kontrolle halten müssen.“ Er wirkte wirklich niedergeschlagen. Schon taten mir meine harschen Worte leid. „Entschuldige nur manchmal kann ich es kaum noch ertragen.“

„Ich frage mich warum. Sarah wie lange hast du denn nicht mehr?“ feixte er grinsend.

„Das geht dich gar nichts an!“, sagte ich entrüstet. Freund hin oder her gewisse Dinge gingen ihm nun nichts an.

„Doch schon so lange!“ grinste Eric, „Ich wette du sitzt schon länger auf dem Trockenen als ich.“ Vor meinen Augen entstand ein Bild schwerelos im Wasser kundige Hände harter Leib der mich… Schluss damit Sarah! Schüttelte ich mich.

„Soso da hat Corvin also die Gelegenheit beim Schopfe gepackt.“ Schmunzelte Eric mich interessiert musternd.

„Weißt du du solltest mal wieder schwimmen gehen Sarah. Das baut doch den inneren Druck ab meinst du nicht auch. Nicht dass du mich noch in der Nacht anfällst vor lauter Enthaltsamkeit. Du warst mit einem Vampir zusammen der dich gebissen hat. Es hat dich verändert zwar nur ein klein wenig doch verändert.“ Half er mir nun endlich aus dem Kleid.

„Wie meinst du das, Eric?“, wollte ich wissen und fragte durch den Stoff hindurch.

„Wie?“ verstummte er, „So!“ strich er über meine Schenkel, dass ich sofort ein bekanntes Ziehen spürte.

 „Männer konnten dich nie befriedigen. Das liegt an deiner Abstammung. Du wurdest gebissen ein wenig gewandelt. Das Ergebnis ist einfach so kannst du unseren Hunger nach Sex befriedigen. Überlege doch mal, eine normale Frau könnte niemals den Ansturm eines Vampirs standhalten.“ Zog er mir endgültig das Kleid über den Kopf. Er sah mich mit dunklen Augen an. „Mit einer menschlichen Frau Verkehr zu haben ist für uns unbefriedigend. Wir schlagen unsere Zähne ins Fleisch des Partners, unsere animalischen Triebe übernehmen die Kontrolle. Selbst bei einer Frau wie dir müssen wir aufpassen. Zu schnell könnte aus einem angenehmen Zeitvertreib ein bestialischer Mord werden. Je öfter du gebissen wirst umso ähnlicher wirst du uns, bis eine Grenze erreicht wird. Dann heißt es Wandlung oder keinen weiteren Biss.“

„So  habe ich das noch nie  gesehen.“  Nahm ich meinen  Bademantel,  die dunklen Augen Erics verweilten unablässig auf meiner nackten Haut. Er wandte sich tief einatmend ab. „Ich sollte einen Orden bekommen. Meine Gefährtin kann wirklich stolz auf mich sein.“ Schüttelte er wild seinen Kopf.

„Du hast eine Gefährtin?“ drehte ich ihn zu mir herum. „Warum weiß ich nichts davon? Wo ist sie?“

Er lächelte versonnen, „Ja warum eigentlich? Wahrscheinlich liegt es daran, dass wir völlig unrationell denken, wenn es um unsere Gefährten geht. Wir wollen sie verstecken vor den Blicken der anderen“, setzte er hinzu, „denn sie gehört nur uns.“

„Also wo ist sie?“ stemmte ich die Hände in die Taille.

„Zu Hause nehm ich an.“ Bekam sein Blick einen träumerischen Ausdruck. „Du solltest sie kennenlernen. Sarah ist…“

„Sie hat den gleichen Namen?“

Er nickte, „Ja wie du.“ Nahm er eine Strähne auf, „Schwarzes Haar wie du. Da hört die Ähnlichkeit dann auf. Sie hat braune warme Augen einen dunklen Teint, sie ist bestimmt einen Kopf größer als du und viel… naja das geht dich nichts an.“ Räusperte er sich.

„Seid einem Jahrhundert sind wir bereits Gefährten. Davon habe ich über die Hälfte fern von ihr verbracht.“ Meinte er bedauernd, „sie kennt und akzeptiert meine Pflichten gegenüber der Familie.

„Aber warum bleibst du dann hier? Wenn du sowieso keine Pflichten wahrnehmen kannst?“

Eric lachte, „Aber die habe ich! Auch wenn ich nicht in Erscheinung trete. So und nun sollten wir uns ins Bett hauen. Damit du wenigstens ein paar Stunden Schlaf bekommst.“

Ich wusste er wollte nicht mehr über seine Gefährtin reden. Die Sehnsucht, mit der er von ihr sprach, der traumverlorene Ausdruck in seiner Miene sagte mir genug. Eric vermisste seine Gefährtin! Es wäre doch gelacht nicht herauszufinden, wo sie lebte.

Der Plan stand fest. Ich wollte dafür sorgen, dass Sarah baldmöglichst herkam. Natürlich in aller Heimlichkeit. Nun dafür musste ich an Alia´s Computer. Gleich am nächsten Mittag, nachdem ich wach wurde, setzte ich meinen Plan in die Tat um. Was sich zunächst als schwierig erwies. Eric hielt mein Haar fest umklammert. Wie süß dachte ich, mich von ihm lösend. So sehr vermisst er seine Gefährtin. Aber natürlich würde er das niemals Zugeben starker Recke, der er war, lächelte ich versonnen.

Kaum das ich ein Bein aus dem Bett hatte umschlang er mich, „Wo willst du hin?“ fragte er verschlafen.

„Das Übliche mein Lieber.“ Strich ich ihm das Haar aus dem Gesicht. In diesem Moment fühlte ich mich ihm sehr verbunden. Mehr als mit den andern. Aber das war ja nichts Neues nun wusste ich warum. Er litt still unter der Trennung seiner Frau.

„Dann beeil dich!“, murmelte er im Halbschlaf.

„Das war knapp!“ stob Corvin herein. Verdutzt starrte ich ihn an was wollte er denn hier? Mit einem Blick umfasste er das Gesamtbild und zog seine Schlüsse daraus. Welche dafür brauchte ich keine großartige Fantasie das las ich in seinem Gesicht. Sollte er doch denken, was er wollte. „Nahrung! Du wirst es brauchen.“ Warf er einen höhnischen Blick auf meine Blöße, automatisch zog ich die Bettdecke hoch.

„O ja danke Corvin. Nun muss ich mich nicht an Sarah schadlos halten.“ Kicherte er über seinen Witz, dabei rekelte sich ausgiebig.

„Ich komme später … wenn ihr weniger beschäftigt seid.“ Sah er uns nochmals zynisch an.

„Was ist denn mit ihm los?“ setzte Eric sich auf.

„Keine Ahnung“ schluckte ich meinen Ärger hinunter, wie typisch für Corvin! Es gab nur eines zwischen Mann und Frau für ihn. Er konnte sich noch nicht einmal ein freundschaftliches Verhältnis vorstellen. Ganz ohne Hintergedanken. Sollte er doch denken, was er wollte. Schließlich ging es ihm nicht die Bohne an.

„Sarah du bist verärgert. Liegt es an mir?“ erwartete mich Eric, als ich aus dem Bad kam. Er saß im Bett den leeren Beutel in der Hand.

„Das scheint nur so. Wahrscheinlich habe ich zu viel getrunken oder zu wenig Schlaf gehabt.“

„Ja schlafen! Genau das werde ich.“ Legte er sich wieder hin. „Würdest du den entsorgen?“ grinste er mich schief an.

„Nur, wenn du es heute noch schaffst, den schrecklichen Bart zu entfernen.“ Nahm ich den Beutel. Eric kratzte wohlig durch das Gestrüpp in seinem Gesicht. „Würde ich ja. Aber dafür benötige ich…“

„Liegt im Bad!“, unterbrach ich ihn.

„Rasierzeug? Aber Sarah wozu brauchst du…“

Kapitel 29

„Gott Eric du kannst fragen stellen! Wozu benötigt eine Frau wohl Rasierzeug?“ er grinste mich wissend an.

„Deins scheint ja wohl eine Weile unbenutzt dazuliegen.“

„Holzkopf“, schimpfte ich puterrot.

„Aber bald ein glatt rasierter mein haariges Bärchen.“

 Noch immer vor mich hinfluchend über Erics Frechheit ging ich zu Alia ins Büro. Sie saß, wie ich dachte an ihrem Schreibtisch. Dana sah mir lächelnd entgegen und schloss mich sofort in ihre Arme, „Wie ich mich freue, Sarah.“ begrüßte sie mich. Ihre dunklen Augenringe ihre Blässe erschreckten mich zutiefst. Unwillkürlich fragte ich mich, wann sie das letzte Mal Nahrung zu sich genommen hatte.

„Halb so schlimm.“ Deutete sie meinen Blick richtig denn wie es mir zur Gewohnheit wurde sang ich im Stillen mein Liedchen. Heute besonders da ich weder Eric noch meinen Plan gefährden wollte.

Sie verzog ihr Gesicht, das ich allzu gut kannte, wenn sie in meine Gedanken eintauchten. „Wer hat dir das denn beigebracht?“, fragte sie entsetzt. Alia lachte,  als sie zu Dana aufsah, „Schrecklich nicht! Dafür  sollte man Diederich vierteilen.“

„Diederich!“ zog Dana eine Braue hoch. „Na den werde ich mir vorknöpfen.“ Ließ sie mich los.

„Aber erst nachdem du mit Sloan fertig bist und ehe Rosmerta einen Krieg anzettelt.“ Sagte Alia die Augen rollend. Derweil setzte ich mich auf die einzig freie Ecke des Schreibtisches.

„Ist so gut wie erledigt. Sarah kommst du mit? Ich will alles über dein Häuschen wissen.“ Blieb Dana in der Tür stehen.

„Später ja Dana. Ich muss etwas mit Alia bereden.“ Dana nickte, „Dann komme ich später zu dir.“

Das auf keinen Fall! „Mein Dienst fängt gleich an. Wie wäre es, wenn du zur Rezeption kommst? Es ist sowieso kaum was zu tun.“ Sah ich sie fragend an.

„Abgemacht, bis dann.“

Alia sah mich schon die ganze Zeit neugierig an. Als Dana die Tür hinter sich schloss, lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück. „Was ist denn mit dir? Du trällerst ja ununterbrochen!“

„Ich muss an deinen Computer!“ undiplomatischer ging es wohl kaum noch.

„Aha!“ reagierte Alia entsprechend zurückhaltend. „Ich wundere mich das du mich fragst. Sonst schleichst du doch des Nachts durch die Gänge. Wie konntest du übrigens die Aufnahmen löschen?“

„So was habe ich nicht getan!“ wehrte ich die Behauptung zurück.

„Vadim hat dich gesehen Sarah. Es fehlen die Aufnahmen genau zu dem Zeitpunkt, als du hier spioniertest. Was wolltest du eigentlich?“

„Informationen!“, erklärte ich. Warum sollte ich es ihr verheimlichen? „Der Zwist zwischen Vlad und den Franzosen was hat es damit auf sich? Dann versuchten Henry und Pierre mir eine haarsträubende Geschichte aufzutischen. Von wegen - der Rat will alle Nachkommen - dämlicher ging es wirklich nicht.“ Regte ich mich im Nachhinein noch auf. „all die Halbwahrheiten die Lügen kann ich nicht mehr ertragen. Deshalb wollte ich an deinen Computer du sagtest doch du schreibst alles nieder.“ Zuckte ich entschuldigend die Achseln.

„Das war schon alles?“, fragte mich Alia erstaunlich entspannt. „Ja“

 „Vlad hat den damaligen Herrscher der Sippe umgebracht. Verstehe mich richtig, es war ein Kampf auf Leben und tot. Vlad hat gesiegt nur nahmen und nehmen es ihm die Franzosen übel. Es war eine vertrakte Situation denn eigentlich forderte Vlad dessen Gefährtin heraus. Eine despotische Frau ganz ähnlich wie Alischa oder Sloan´s und Peers Mutter. Manchmal schäme ich mich direkt ein weiblicher Vampir zu sein. Diese Frauen schrecken vor nichts zurück weder ihre Gefährten noch ihre Kinder sind ihnen heilig. Sie kennen nur eines Macht und nur Macht.“ Blickte Alia mich an. „Zufrieden?“

„Und was hat es mit dem Rat auf sich?“

„Venedig! Ja Sarah das kann ich dir nicht sagen. Es ist mir schleierhaft, wie Pierre davon Kenntnis erhielt. Aber wir haben überall unsere Spione das beweist nur unsere Annahme, dass wir in unserem internen Kreis einen Spion haben. Nur wer? Wer würde die Familie verraten? Es ist mir schleierhaft ich kann keinen verdächtigen.“ Seufzte sie sich die Stirn reibend.

„Ihr sucht noch? Dabei dachte ich ihr wüsstet es bereits.“

„Nein leider nicht. Egal welche Fallen ich dem Verräter auch stelle er schlüpft hindurch. Aber ich bekomme ihn das schwöre ich dir und dann nehme ich ihn mir vor.“ Flammten ihre Augen dunkel auf. „Corvin hat eine Familie geschaffen. Er hat Vadim und mich aufgenommen niemals werde ich ihm das vergessen. Wer ihn angreift, muss zuerst an mir vorbei.“ Schlug sie hart mit der Faust auf, dass der Schreibtisch mitsamt seinem Durcheinander aufhüpfte. „War das alles? Ich muss noch arbeiten.“

„Ich muss trotzdem an deinen Computer. Ich benötige nur eine Telefonnummer.“

„Welche?“ wandte sich sich der Tastatur zu.

„Das kann ich dir nicht sagen.“

Alia lächelte, „und du erzählst mir das du die Lügen und Halbwahrheiten nicht mehr ertragen kannst? Du bist nicht besser Sarah.“ öffnete sie ein Fenster in ihrem Computer. „Ich hole mir einen Kaffee.“ Stand sie elegant auf.

„Sarah?“ blieb sie stehen, „Du hast die Bänder wirklich nicht gelöscht?“

„Nein Alia. Bestimmt Corvin, er hat mich erwischt.“

„Das würde einiges erklären und mich beruhigen denn es sollte unmöglich sein, ohne Kennwort die Bänder zu löschen. Noch nicht einmal Vadim kann das. Eigentlich nur Rosmerta, Corvin und ich. Nun noch Dana. Ich werde Corvin fragen hast du etwas dagegen?“ sah sie mich lauernd an.

„Nicht das geringste Alia. Noch etwas streich mich von der Liste deiner Verdächtigen. Ich bin wie ein Trottel durch die Festung geschlichen.“

Die Telefonnummer war schnell gefunden. In einem Nachbarbüro, das leer war, rief ich an. Das Gespräch verlief zu meiner vollsten Zufriedenheit. Schon bald konnte Eric seine Sarah in die Arme schließen.

„Deshalb also!“ verließ Alia ihren Lauscherposten hinter dem Vorhang. „Dann ist Eric zurück ich frage mich, warum Corvin daraus ein Geheimnis macht. Und warum du anscheinend als Einzige eingeweiht bist.“

„Und du scheinst mir nicht zu vertrauen!“, stellte ich sachlich fest.

 „Vertrauen ja. Kontrolle ist besser. Corvin wusste nicht das geringste von den gelöschten Bändern. Das habe ich ihn schon vor Tagen gefragt.“

„Ehrlich Alia dann kann ich dir nicht helfen. Ich bin ja noch nicht einmal in dein Büro gekommen es war verschlossen. Als ich den Computer mit all seinen Monitoren sah, hat Corvin mich beobachtet. Da bin ich Hals über Kopf geflüchtet. Das muss Vadim doch mitbekommen haben. Ich nehme an er hat mich aus einem der Büros gesehen und dann das Licht gelöscht.“

„Was sagst du da?“ kam sie schnell näher. Sodass ich zurückzuckte, „Vadim soll in einem der Büros gewesen sein?“

„Naja das vermute ich. Denn ich hörte Stimmen aus der Halle und vorher schien unter einem der Türschlitze Licht da bin ich mir ziemlich sicher.“

„Welche Tür?“ ihre Augen waren nur noch Schlitze.

„Das weiß ich nicht genau. Es war dunkel ich war aufgeregt und nervös.“

„Das behältst du für dich Sarah. Kein Wort zu niemanden.“ Warnte sie mich eindringlich. „Ach übrigens Sarah wie willst du Sarahs erscheinen erklären? Das wird weder Corvin noch Eric gefallen. Damit hast du dich sehr weit aus dem Fenster gelehnt.“

„Er vermisst seine Gefährtin und was geht es Corvin an.“ Sagte ich mutig. Mutiger als ich mich fühlte.

„Ich versuche mir eine Begründung für Corvin einfallen zu lassen. Mit Eric musst du allein fertig werden schließlich habe ich keine Ahnung, dass er zurück ist.“

„Danke Alia.“

„Ja du mich auch!“ grinste sie nun schon wieder. „Du bist wahrhaftig ein unmögliches Menschenkind. Man hat nur Ärger mit dir.“ Traten wir aus den Gang und trafen auf Dana.

„Was hat unsere Süße denn angestellt?“

„Na was schon! Wenn es um die Liebe geht!“

„Corvin!“, mutmaßte Dana mit vorwerfenden Blick. „Selbst nach seinem gestrigen Auftritt? Oh Sarah du bist ein hoffnungsloser Fall. Er wird dich niemals wieder zurücknehmen. Nicht wahr Alia.“

„Was fragst du mich? Sarah schlägt jedes Angebot aus. Du kennst Pierre er ist doch ein Hingucker. Aber unsere Sarah lässt ihn verhungern armer, armer Pierre.“

„Er ist in der Halle!“ schob Dana mich in die Richtung, „Er fragte übrigens nach dir. So wie ich ihn verstand, habt ihr eine Verabredung.“

„Da muss er warten! Ich habe Dienst!“

„Den ich sehr gern übernehme.“ Lächelte Dana diabolisch mich unweigerlich auf den Empfang zuschiebend. Egal welche Einwände ich auch vorbrachte.

„Sarah!“ lächelte Pierre mir zu. Den Umstand ignorierend das Dana mich fast schon gewaltsam aus dem Gang schob. „Wollen wir uns in unserem Raum unterhalten?“ Unserem Raum! Das war ja maßlos übertrieben.

 Mir blieb kaum eine andere Wahl, wenn ich nicht wollte, das Dana mich dorthin schleppte. Also stimmte ich zu. Nicht ohne Dana einen bösen Blick über die Schulter zuzuwerfen.

Einen kurzen Augenblick überlegte ich Diederich um Hilfe zu bitten aber Geirrod versah den Dienst in der Halle. Nach seinem Gesichtsausdruck genoss er die Situation in vollen Zügen.

Pierre kam ohne Umschweife zur Sache. Was mich verwunderte denn sonst brauchte er ellenlang, um auf ein Thema zu kommen. „Alles, was Henry sagte, ist wahr. Ich stand kurz vor einer Heirat, aber seitdem ich dich kenne Sarah  und  begriff vor welchem schwerwiegenden Fehler ich stand da sagte ich alles ab. Zudem habe ich mich über dich  ausgelassen und sogar gewettet dich…“ er zögerte.

„Mich ins Bett zu bekommen? Sex mit mir zu haben. Sprich es ruhig aus.“ ging mir sein Zögern gegen den Strich. Dafür gab es keine nette Umschreibung.

„Du sagst es. Aber Sarah das war, bevor ich dich kennenlernte.“

„Das soll ich dir glauben? Oder ist es ein letzter Versuch die Wette zu gewinnen?“ fragte ich kühl nach.

„Nein du irrst!“ kniete er sich vor mir.

Ich glaub´s ja nicht. Er kniete wirklich vor mir mit flehentlichen Blick und bittenden Händen. Was für ein Schauspiel! „Ich mag dich Sarah. Sehr sogar.“

Ich konnte er mir nicht verkneifen. Es ging einfach nicht. So gemein es auch war, ich lachte.

„Ich sehe ganz schön blöd aus? Danke auch Rosmerta!“

„Rosmerta?“

Er nickte noch immer da unten. „Ich habe sie um Rat gefragt. Sie kennt dich wie auch all deine Freunde sogar Corvin.“

Fassungslos starrte ich ihn an. „Und dann nimmst du gerade ihren Rat an?“

„Naja er erschien mir gegen die anderen Empfehlungen durchaus praktikabel.“

„Was gaben sie dir denn für Ratschläge?“ ungefähr konnte ich es mir ausmalen.

„Eigentlich liefen sie auf das Gleiche hinaus.“ Wich er meinen Blick aus. Also war meine Annahme recht zutreffend. „Nur heraus mit der Sprache.“ Bat ich geduldig. „naja sie meinten ich solle dich manipulieren. Aber wie gesagt das sagten sie nur um mich zu ködern. Ich wette bei dem geringsten Versuch finde ich mich im Kerker wieder.“ Meine angeblichen Freunde konnte was erleben.

„Sarah das kannst du nicht ernst nehmen. Sie wollten mich nur ausschalten.“ Er grinste, „Wäre die Sachlage umgekehrt würde ich ebenfalls zu solchen Maßnahmen greifen.“ Er saß noch immer auf den Boden. Ich wunderte mich, da sein maßgeschneiderter Anzug beschmutzt werden konnte. „Willst du nicht aufstehen? Dein Anzug.“

„Ach der!“, meinte er gleichgültig. „Ich möchte nur die Chance erhalten dich näher kennenzulernen und du mich.“ Sah er jetzt wieder bittend zu mir auf. „Das Abkommen ist besiegelt. Denn ich möchte nicht das du denkst ich habe aus reinem politischen Gründen an dir Interesse. Noch in dieser Stunde reise ich ab nur deshalb bedränge ich dich. Darf ich dich in Granada besuchen? Sag ja Sarah was hast du schon zu verlieren.“

 „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Erst versuchst du dich einzuschmeicheln dann faselst du von einer geschäftlichen Verbindung der Familien und zum guten Schluss erfahre ich das du nur ein Ziel vor Augen hattest. Du verlangst viel.“

„Ich habe Mist gebaut das gebe ich ja zu.“

„Und damit ist alles vergessen! Ja das kenne ich…“

„Stop“ setzte er sich auf so waren wir auf gleicher Augenhöhe. „Vergleiche mich nicht mit anderen...“ Er, fluchte leise, „ …mit Corvin! Um es deutlich auszusprechen. Hier geht es um dich und mich. Ich weiß selbst nicht, wohin es führt. Eines jedoch ist gewiss da war etwas als wir uns küssten das mich nun lache mich nicht wieder aus meine Seele tief berührte. Du musst es doch gespürt haben.“ Nahm er mein Gesicht in seinen Händen. Seine Augen strahlten mich intensiv an. „Granada Sarah lass mich dich besuchen.“ Drängte er.

„Na gut! Aber…“

„Kein aber! Wir haben Zeit. Inzwischen halten wir Kontakt denn ich möchte das du mich kennenlernst, so wie ich wirklich bin. Das hier“ sah er an sich hinunter, „das bin ich nicht.“ Sprach er voller Zuversicht.

Es klopfte und gleich darauf wurde die Tür geöffnet. „Pierre unser Flieger wartet nicht.“ Mahnte Michelé freudlos lächelnd.

„Ich komme sofort!“, sagte Pierre scharf, „Schließ die Tür.“ Befahl er ohne sich umzusehen denn er sah mich unentwegt an. „Er ist dagegen als könnte er mich verstehen. Wann darf ich kommen? Sylvester? Wir könnten…“

„Nicht so schnell!“ bremste ich ihn, „Vielleicht im Frühjahr.“

„Wie grausam du bist mon Coeur.“ Senkte er niedergeschlagen den Kopf, er atmete ein paar Mal tief durch. „Na gut! Halten wir diesen Termin vorerst fest. Das ist eine lange Zeit eine sehr lange.“ Zog er mich magisch in seinen Bann. Bevor ich reagieren konnte, lagen seine Lippen auf meine. Fragend bittend. Doch ich konnte nicht.

Er rückte er Stück ab, „Tut mir Leid das wollte ich nicht.“ Grinste er mich schief an. „Ich sehne mich danach dich zu küssen  zu halten  zu… C ‘est à désespérer.“ Rief er aus mich an sich ziehend schon küsste er mich und ließ mich ebenso schnell los. „Spätestens im Frühjahr mon Coeur.“ Stürmte er hinaus Michelé brüsk anfahrend.

In der Halle brach der übliche Abschiedslärm aus. Langsam ging ich zum Fenster und schob den Vorhang beiseite. Welch ein seltsamer Mann. Er berührte mich auf eine Art das konnte ich nicht leugnen. Doch nicht so wie…, hör auf Sarah das wird keiner, mahnte eine leise traurige Stimme in mir.

Michelé und Pierre kamen hinaus. Mitten in der Bewegung schaute Pierre sich um noch aus dieser Entfernung zog er mich in seinen Bann. Erst als Michelé ihn anrief, stieg er in den wartenden Wagen. Grüßend hob ich die Hand zu spät er sah es nicht mehr blickte ich auf die Rücklichter des davonfahrenden Autos.

Jemand anderes zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Corvin! Er stand mit dem Rücken zu mir. Auch er sah dem Wagen nach. Seit Langem konnte ich ihn uneingeschränkt beobachten. Er war tief in Gedanken versunken erkannte ich an seiner Haltung. Dachte er über das neue Bündnis nach? Waren all die Mühen erfolgreich? Was ging in ihm vor?

 Es geht dich nichts an Sarah. Nicht mehr. Schloss ich den Vorhang einen letzten Blick auf den stolzen unbeugsamen Vampir werfend.

„Du liebst ihn.“ Trat Alia vor, „Noch immer, trotz allem.“

„Ja“

„Er ist hart mit sich mit uns in seinen Entscheidungen. Und einsam. Das ist das Los, das er wählte, zu unser aller Wohl.“

„Kann sein, Alia. Doch mir brach er das Herz.“ Sah ich hinaus.

„Ich weiß.“

Mit Gewalt wandte ich mich ihr zu. „Wie viele Gäste noch?“

„Einige sie reisen im Laufe des Tages ab. Die Letzten in der Nacht. Morgen haben wir die Festung wieder für uns.“ Atmete sie erleichtert auf. „Es waren anstrengende Monate und sie gehen im neuen Jahr weiter. Willst du wirklich wieder nach Spanien? Du könntest auch hier bleiben.“

„Nein!“ sah ich nochmals hinaus. Warum rührte er sich nicht? „ich reise nach Weihnachten ab. Ich glaube sogar schon am Weihnachtstag abends geht ein Flug.“

„Sarah das lasse ich nicht zu. Schon gar nicht am Weihnachtsabend.“ Sah sie empört auf.

Ich musste lächeln, „Für mich ist der Abend vor Weihnachten wichtig. Der Heiligabend er gehört der Familie.“

„Sarah du bleibst! Wofür haben wir…“ brach sie mitten im Satz ab.

Stirnrunzelnd betrachtete ich Alia es war ungewöhnlich für sie, „Was habt ihr?“ sie warf einen kurzen zum Fenster. Ich verstand, „Demnach ist er dagegen das ich hier bin.“

„Soll ich dich belügen? Nein!“ entschied sie, „Wir haben uns gegen seine Entscheidung gestellt auch ein Corvin Sardovan muss eine Niederlage einstecken können.“

Nochmals sah ich durch den dichten Vorhang. Nur der Umriss seiner Gestalt war erkennbar. Bewegungslos verharrte er dort draußen in der Kälte eine Statue gemeißelt aus Stein.

Es muss schwer für dich sein deine Ex-Geliebte in deinem Heim zu dulden. Doch wie du es auch siehst Corvin Sardovan ich gehöre zur Familie und die lass ich mir nicht nehmen auch von dir nicht. Mein Vater ist dein Freund was willst du tun? Vlad vor einer Entscheidung stellen? Nein das würdest du nicht. Ich weiß. Aber ich weiß in Zukunft werde ich dein Heim meiden. Nicht, weil du es wünschst, nein allein für die Familie, weil ich nicht der Auslöser für Streitereien sein will. Zudem ertrage ich es nicht in deiner Nähe zu sein. Noch nicht! Aber vielleicht eines Tages - eines Tages kann ich ohne den Schmerz den du mir auferlegtest an dich denken.

„Sarah?“ riss Alia mich aus meiner Zwiesprache, „Sollen wir?“ deutete sie hinaus.

„Ja!“ wandte ich mich endgültig ab.

„Wann kommt Erics Sarah?“

Sarah! Das hatte ich ganz vergessen. „Noch diese Nacht.“ Schüttelte ich meine Melancholie ab.

 „Diese Nacht? Na wunderbar! Verrate mir eines meine Liebe. Wie willst du sie ungesehen in die Festung bringen? Gerade heute Nacht geht es dort draußen“ zeigte sie zur Halle, „wie auf einem Bahnhof zu.“

„Ist doch ideal sie wird nicht weiter auffallen bei so vielen Vampiren auf einen Haufen.“

„Dein Vertrauen möchte ich haben. Das kann doch nur in die Hose gehen. Ich habe Sarah noch nicht einmal

Corvin gegenüber erwähnt. Wie sollen wir…“

„Nein Alia ich du hältst dich heraus. Vergiss nicht du weißt von nichts. Wenn dann bekomme ich den Ärger. Das werde ich schon überstehen.“ Sah ich sie beschwörend an.

„Falls du meine Hilfe…“, in der Halle, wurde es laut, „Sloan!“ giftete Alia, „Wäre er doch schon fort. Nur Ärger hat man mit ihm. Eines sag ich dir mich juckt´s in den Fingern erwürgen könnte ich den kleinen Intriganten.“ Stürmte sie hinaus, als es lauter wurde.

Na der kann sich auf was gefasst machen folgte ich ihr. „Da ist sie ja“, schrie Sloan aufgebracht, „Jetzt werdet ihr sehen, dass ich die Wahrheit sage.“ Zeigte er auf Alia.

„Was ist denn los?“ bemühte sie sich ruhig zu bleiben.

„Dieser Wicht ich habe ihn erwischt, wie er sich in deinem Büro zu schaffen machte.“ Erklärte Rosmerta Sloan Arm auf den Rücken verdrehend.

„Nun halt doch mal deine Klappe du alte Schabracke! Alia gab mir ihr Einverständnis! Tut mir Leid Alia aber unter diesen Umständen sage ich die Wahrheit dein Komplott ist beendet. Sie ist es die mir ihre Zugangsdaten mitteilte, nicht nur mir. Ich weiß von weiteren Komplizen.“

„Der lügt doch!“ schritt Diederich wütend vor die Faust erhoben.

„Warte ich habe Beweise.“ Zog er mit der freien Hand einen zerknüllten Wisch heraus. „Hier da steht es!“ hielt er das Papierknäuel wie ein Schild vor sich. Corvin nahm ihn an sich. Er kam direkt vor uns in die Halle gestürmt. „Alia hat ihn dir persönlich gegeben?“, fragte Corvin sanft nach. Zu sanft, wie ich aus Erfahrung wusste.

„Nein natürlich nicht! Für, wie dumm hältst du uns denn.“ Sloan wieder obenauf.

„Alia“ reichte er ihr das Blatt. Sie nahm ihn mit bleichem Gesicht und sah Corvin sprachlos an. „Das habe ich niemals geschrieben, Corvin. Obwohl es meine Handschrift ist. Sogar die Kennwörter sind richtig jedenfalls bis vor ein paar Stunden.“

„Du hast sie geändert? Warum?“ erschien seine Teufelsfalte zwischen den Augen.

Sie warf mir einen kurzen Blick zu, „Das erkläre ich später. Wer hat dir diese Fälschung gegeben?“ trat sie drohend auf Sloan zu.

„Du! Ich hab noch mehr! All die Anweisungen da kannst du dich nicht rausreden.“

„Ich gehe und durchsuche sein Zimmer.“ Sagte Dana.

„Henry geht!“ hielt Alia sie zurück, „Du wirst einen kleinen Drink für Sloan brauen. Corvin?“ holte sie sich nachträglich  seine  Zustimmung.  Corvin  nickte  nur.  Indessen  versuchte  Sloan,  sich  aus  Rosmerta´s  Griff  zu befreien. Diederich wie all die anderen Vampire drückten Wut aus aber sie warfen Alia auch fragende Blicke zu.

 Misstrauen verbreitete sich. Das war es! Misstrauen gegenüber Alia noch immer suchten sie den Verräter in ihrer Mitte. Jeder von ihnen konnte es sein das war die unbestreitbare Tatsache. Aber Alia? Nein das konnte und wollte ich nicht glauben. Es war ihre Familie, Corvin, der sie aufnahm, ihr half den Wahnsinn in Grenzen zu halten, der immer wieder durchbrach. Nein!

Sie gingen gemeinsam in den Turm allen voran Rosmerta, Sloan mit ihrem gefürchteten Stock wie Vieh vor sich treibend. Automatisch setzte ich mich in Bewegung wollte ihnen nach. Doch ein warnender Blick Alia´s ließ mich innehalten sie schüttelte leicht verneinend ihren Kopf.

So lief ich in mein Zimmer, zu Eric, dem einzigen mit dem ich reden konnte. Er hörte mir schweigend zu als ich endete sah er bedrückt aus dem Fenster. „Nun sag schon was!“, forderte ich ungeduldig.

„Es ist durchaus möglich. Über Alia laufen sämtliche Informationen. Vieles würde sich erklären denn sie ist eine der wenigen, die über alle Aktionen Kenntnis besitzt.“

„Das glaube ich einfach nicht. Nur weil Sloan einen Wisch hervorzaubert.“

„Einen mit Zugangsdaten und in Alia´s Handschrift, wie du selbst sagtest.“

„Ja das beweist ja auch so viel! Denk mal nach wie war das denn im Winterquartier? Was war mit Corvin´s gefälschten Anweisungen. Der Fälscher wurde nie gefasst.“

„Nur aus diesem Grunde läuft Alia frei herum.“ Sagte Corvin ich wirbelte erschrocken herum.

„Nur aus diesem Grunde!“, fuhr ich Corvin an. Jetzt ging es nur um Alia sie konnte auf keinen Fall der Verräter sein. „Alia würde…“

„Deine  Meinung  interessiert  niemanden.“  Meinte  Corvin  kalt,  „Sie  hat  dir  also  Bericht erstattet?“ fragte Corvin über meinen Kopf hinweg.

„Sarah würdest du uns Bitte allein lassen?“ sah Eric mich um Verständnis heischend an.

So war das! Nicht nur ein ungebetener Besucher! Nein vertrauenswürdig war ich auch nicht mehr und meine Meinung zählte schon gar nichts. Wie dumm von mir das anzunehmen. Wirklich verdammt dumm. Ich lernte doch ständig dazu im Umgang mit dem Familienoberhaupt. Er löst nicht nur mit einem Fingerschnippen die Verbindung. Nein man wurde gleich in die unterste Schublade zu dem Kleinkram gesteckt. Die man irgendwann leerte, ohne besondere Achtung auf den Inhalt zu nehmen.

Ich knallte die Tür zu!

Wo war Alia? Ich musste mit ihr reden.

In der Halle tummelten sich abreisefertige Vampire. Nur Henry und Rosmerta verabschiedeten sie. Ihnen war nicht das Geringste anzumerken. Ich winkte den beiden zu und Henry löste sich kurz aus der Gruppe.

„Alia? Wo ist sie?“

Bekümmert sah Henry zu mir hinunter, „Es geht ihr gut. Das ist alles, was ich dir sagen kann.“ Schaute er zu der Gruppe, „Ich muss!“ deutete er auf sie.

„Geh schon! Kannst du mir sagen, wo ich Endris, Till und Hendrik finde?“

 „Sie sind unterwegs ich glaube sie wollten in die Stadt. Keine Ahnung dafür habe ich augenblicklich keinen Kopf. Geh in dein Zimmer, geh schwimmen oder was auch immer. Aber halte dich von der Halle und dem Turm fern.“

Nun auch noch Henry! Wohin konnte ich schon gehen? Selbst da wurde ich hinausgeworfen. Ja wohin? Das beinhaltete auch die nächste Nacht. Ich konnte mir schwerlich vorstellen, dass Eric und seine Gefährtin besonders begeistert wären, wenn ich als Anstandsdame fungierte. Ich brauchte einen ungestörten Platz.

Also nahm ich einfach irgendeinen Schlüssel eines unbesetzten Zimmers. Eine Nacht! Es war wohl besser morgen abzureisen sagte ich mir. „Nimm diesen!“ streckte mir Ross die Hand mit einem Schlüssel entgegen. „Das ist ein schönes Zimmer.“ Grinste er mir verschwörerisch zu.

„Ich… äh…“ fehlte mir jegliche Ausrede.

„Darf ich dir deine Mahlzeit dorthin bringen?“ überging er meine Stotterei.

„Später?“ schaute ich ihn fragend an. Wusste er, wer in meinem Raum war? Und wenn dann benötigte Eric die doppelte Menge. Durfte ich etwas sagen? Ich ließ es lieber. Er tauchte immer unerwartet auf. Ich war sicher das er über die Vorgänge auf der Festung bestens informiert war. Nur zu welchem Zweck? Konnte er der Spion sein? Hör auf Sarah! Jetzt fängst du ebenfalls an jeden zu verdächtigen du solltest dich lieber auf Sarahs Ankunft vorbereiten. Corvin müsste inzwischen wieder im Turm sein. Jetzt brauchte ich nur noch meinen Mantel und Schal. Mein Plan war recht einfach. Sarah würde mich anrufen, kurz bevor sie eintraf. Daraufhin wollte ich sie an der kleinen Pforte einlassen wir tauschen die Mäntel Sarah sollte vorsichtshalber den Schal umbinden so konnte sie unbemerkt die Halle passieren. Kurzum einfach genial oder das absolute Fiasko.

Eric schüttelte zwar den Kopf als er hörte ich wolle hinaus zum Glück entgegnete er nichts weiter. Er lief selbst ungeduldig auf und ab mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt.

Nun weiter! Mein Ziel der Nebenraum! Dort konnte ich ungestört auf den Anruf warten. Die Tür ließ ich angelehnt, damit wenigstens ein Lichtstrahl in den Raum fiel. Das Handy auf Vibration und fertig! Nun konnte ich nur noch eines. Warten!

 

 

Sarah ließ sich wirklich Zeit. Inzwischen wurden die Engländer und Sloan verabschiedet. Sloan dachte ich verärgert warum behielten sie ihn nicht einfach Haft? Genau das hätte ich getan bis zum Sankt Nimmerleintag, wenn es nötig sein sollte.

Besorgt stellte ich fest das Alia bei keinem Abschied dabei war. Henry und Rosmerta ja. Auch Diederich wahrscheinlich gerade wegen Sloan. Geirrod begleitete Peers Bruder. Wo war Peer eigentlich? Fragen über Fragen schossen mir durch den Kopf. Warten zermürbte einen. Dann hätte ich mich beinahe selbst verraten als Vlad eintraf. Vor Freude sprang ich auf hielt mich jedoch in letzter Sekunde zurück. Zu meinem Glück wurde er lautstark begrüßt. Er fragte sofort nach mir, was mich freute.

Rosmerta meinte, dass ich wohl schlafe. Es war Corvin der Vlad in den Turm zitierte. Morgen konnte ich mit meinem Vater beisammen sein. Oder vielleicht ja auch später redete ich mir voller Ungeduld ein.

 Dabei müsste ich es besser wissen. Der Turm war für mich tabu! Endlich! Das Handy vibrierte. Steif vom Langen sitzen wäre ich beinahe über meine eigenen Beine gestolpert. Du taugst wahrlich nicht zum Spion horchte ich sicherheitshalber in die Halle. Draußen war es bitterkalt. Kein Regen, kein Schnee nur der in die Kleider fahrende eisige Wind. Gegen ihn stemmte ich mich auf das Tor zulaufend. Die Pforte war schnell geöffnet und da stand sie. „Sarah?“, fragte ich leise.

„Wer sonst?“, antwortete sie amüsiert. „Oder erwartest du weitere vernachlässigte Gefährtinnen?“

„Eigentlich nicht.“

„Nun darf ich?“

„Wie? Oh ja!“ gab ich den Durchgang frei.

„Wo ist er?“ das klang mehr als ungeduldig.

So nannte ich die Zimmernummer und wollte gerade meinen grandiosen Plan ausbreiten nur stand ich allein in dieser grausigen Kälte. Völlig baff sah ich über den Hof. Sie war schon nicht mehr zu sehen. Bei diesem Tempo lagen sie sich bestimmt schon in den Armen, falls sie nicht vorher aufgehalten wurde. Einerlei was mich erwartete nur raus aus dieser Eiszeit die Halle versprach Wärme.

Keine aufgeregten verärgerten Stimmen in der Halle. Es herrschte absolute Ruhe. Demnach ging mein Plan auf. Naja fast mit Sarahs Ungeduld konnte ich ja nicht rechnen. Das Glück der Liebenden grinste ich vor mich hin.

Kurz schaute ich hinüber zum Turm, dort herrschte nur Dunkelheit doch das bedeutete nichts. Sollte ich warten? Vielleicht kam Vlad nochmals hinaus. Nein entschied ich mich morgen kannst du mit ihm den Tag verbringen. Falls Corvin ihm es zugestand, sah ich auf den Schlüssel nach der Zimmernummer. Dann mal hinauf zum dritten Stock.

Kaum das ich die Tür aufschloss kam Ross den Gang herunter. Diesem Vampir entging wirklich nichts. Mein Misstrauen erwachte jäh. „Du scheinst allwissend zu sein.“ Sagte ich im Plauderton, vorsichtig ist die Mutter in der Porzellankiste der konnte mir glatt den Hals verdrehen. Könnte ja sein das er sich als Spion entlarvt sieht.

„Es ist meine Aufgabe zu wissen, was ein Gast wann benötigt. Zudem bat Rosmerta mich, auf dein leibliches Wohl zu achten.“ Stellte er das Tablett ab. Worauf nicht nur ein Teller stand, sondern auch Waschutensilien.

„Überschreitet das nicht deine Aufgabe?“, tippte ich die Zahnbürste an.

„Nur ein wenig.“ Blieb seine Miene gelassen. „Dein Vater, beabsichtigt dich am Morgen aufzusuchen.“ Sagte er noch, als er hinausging. Fragt sich nur wo? Ich sollte an der Rezeption auf ihn warten. Wusste Vlad inzwischen von Eric? Besser ich ging kein Risiko ein. Deshalb gönnte ich mir nur ein paar Stunden Schlaf und stand bereits um sechs Uhr auf.

Es tat mir ja Leid das Paar zu dieser frühen Stunde zu wecken aber ich benötigte nun einmal Kleidung. Auf leisen Sohlen machte ich mich auf. Ich konnte nur hoffen ungesehen zu Eric und Sarah zu gelangen. Auf der Festung regte sich nichts als würde sie im Winterschlaf liegen. Waren die letzten Gäste bereits abgereist? So still habe ich das alte Gemäuer noch nie erlebt. Es war schon komisch nur die eigenen Schritte zu hören, die mir bald überlaut in den Ohren klangen. Das Knarzen der Treppe hinterließ eine Gänsehaut schleunigst lief ich auf mein Zimmer zu.

Gehetzt sah ich mich um, das untrügliche Gefühl beobachtet zu werden. Blödsinn das bildest du dir ein kratzte ich an die Tür. Zu klopfen wagte ich nicht das könnten sie hören selbst drüben im Turm. Schaute ich nochmals über meine Schulter angetrieben von Panik. Nichts! Atmete ich erleichtert auf.

Eric  öffnete  verschlafen  und  zerknautscht  die  Tür.  Sofort  drängelte  ich  mich  an  ihm  vorbei  mir  war  es vollkommen wurscht das er nackt dastand. „Was ist denn mit dir? Kennst du keine Uhrzeit.“

„Uhrzeit!“ lachte ich nervös, „Das ist es ja! Vlad! Er will mich am Morgen aufsuchen und Eric, ob er nun weiß, dass du da bist oder nicht. Eines weiß er bestimmt nicht.“deutete ich auf seine schlafende Gefährtin. „Also hör auf zu meckern. Ich muss mich anziehen und ihn in der Halle abfangen.“

„Es ist gleich sieben Uhr! Meinst du, er wirft dich so früh aus dem Bett?“

„Sieben schon!“ stürmte ich zum Kleiderschrank, „Vlad hat keinerlei Probleme damit. Hilf mir ich muss mein Haar in Ordnung bringen. Hol mir einfach eine Hose und einen Pullover raus und was ich sonst noch so benötige.“ Er starrte mich nur an. „Nun beeil dich schon!“ rannte ich ins Bad.

„Als ob ich wüsste, was eine Frau so trägt.“ Grummelte er vor sich hin.

„Nun lass mich sehen!“ hörte ich Sarahs Stimme.

„Danke!“ föhnte ich mein Haar. Eric kam mit einer Auswahl. Ich schüttelte den Kopf, „Kein Kleid lieber eine Hose.“  Er verdrehte gequält die Augen und verschwand. Während ich fieberhaft  versuchte  meine Haare  zu bändigen, mich auszuziehen, dabei gleichzeitig den genervten Eric immer wieder wegzuschicken. Sarah schien eine ausgefallene Schwäche für ungewöhnliche Outfits zu besitzen. Alia an sich war ja schon schlimm aber Sarah übertraf sie noch.

„Etwas Einfaches, Bitte!“, rief ich meiner Kleidung entledigt die letzte Socke ausziehend und stolperte in Eric hinein, der stocksteif und schuldbewusst dreinblickend inmitten des Raumes verharrte. „Was ist denn…“ ich folgte seinem Blick. Corvin ragte drohend vor uns auf.

Er wird uns töten. Das war mein erster Gedanke. Mein Zweiter galt Sarah. Keine Spur von ihr.

„Wie ich sehe, seid ihr bereits aufgestanden. Trotz der anstrengenden Nacht.“

„Lass mich erklären.“ Stellte sich Eric schützend vor mich.

„Was denn?“ lächelte Corvin kalt und wandte sich ab. „Ach übrigens Eric nimm dir ein paar Tage frei. Melde dich Neujahr.“

„Wie? Einfach so?“ fragte Eric verdattert.

„Aber ja! Was wollt ihr über die Weihnachtstage bis Neujahr auf der Festung verbringen? Wir alle haben uns ein bisschen Erholung verdient.“ Mit diesen Worten verließ Corvin den Raum.

 Eric ganz aus dem Häuschen riss den Kleiderschrank auf. „Hast du das gehört?“ umarmte er wild seine Frau. „Wir haben ein paar Tage ganz für uns allein. Lass uns schnellstens verschwinden, bevor Corvin seine Meinung ändert.“

So schnell wie sie angezogen waren konnte ich nicht mithalten. „Eric wie willst du Sarah ungesehen hinausbringen?“ zog ich gerade mal meine Socken an während das Paar schon fix und fertig vor mir stand.

„Dabei müsstest du uns helfen. Kannst du in der Halle und draußen die Lage checken? Ich nehme an ich darf ebenfalls nicht gesehen werden.“

„Kein Problem.“

In der Halle sah ich Till und Endris, die sich gerade auf den Weg hinaus machten. „Wie du bist noch hier?“, fragten sie mich gleichzeitig. „Wir dachten du bist schon weg.“

„Ich? Wohin denn?“ überraschte mich ihre Behauptung. „Das wissen wir doch nicht. Jedenfalls mit Vlad nehmen wir an. Wir verbringen unsere freien Tage bei Till.“ Kamen sie nochmals zurück und wünschten mir und Vlad geruhsame Tage.

Soviel zu Weihnachten mit Familie und Freunden. Daraus wurde nun ja nichts, dachte ich wehmütig. Verübeln konnte ich es ihnen auch nicht. Schließlich waren sie über Monate hinweg auf der Festung eingespannt.

Ich sah den beiden nach, wie sie abfuhren. Dann rief ich Eric an. Prompt stürmten sie an mir vorbei auf die Pforte zu. Na, wenn das kein schneller Abgang war und nicht zu früh denn nun kamen Rosmerta und Dana beide als ehrwürdige alte Damen herausgeputzt.

 

„Na wie sehen wir aus?“, krächzte Rosmerta gut gelaunt. Beschwingt umkreiste Dana uns, „Wir wollen uns so richtig verwöhnen lassen.“ Sagte sie. Rosmerta gackerte vergnügt, „Die werden ganz schön was zu tun haben uns alte Schabracken auf Vordermann zu bringen.“

„Wo wollt ihr denn hin?“

„Schönheitsfarm!“, riefen sie beide, „Oh unser Taxi bis bald Sarah.“ winkten sie mir zu.

Einer nach dem anderen verließ die Festung. Mein Vater blieb unsichtbar ebenso wie Alia. Doch bald darauf kam Vadim, der sie abholte. Sie drückte mich an sich, „Ich rufe dich an, Sarah doch zuerst muss ich etwas überprüfen. Ich habe da einen unglaublichen Verdacht.“ Raunte sie mir leise zu.

Diederich  gesellte  sich  zu  ihnen.  Bewachte  er  Alia?  Fragte  ich  mich  mit  einem  unguten  Gefühl  in  der Magengegend. Das konnte doch wohl nicht sein? Oder täuschte ich mich in Alia?

Nun da ich mein Zimmer wieder allein besaß, konnte ich auch dort auf Vlad warten. Inzwischen wollte ich meinen Koffer packen. Viel war es ja nicht, was ich mitnahm, aber all die Sachen die Alia mir gab musste ich verstauen. Vielleicht war Ross so nett sie hinüber in den Turm zu bringen, falls er noch da war.

Mittag war schon vorbei und von meinen Vater keine Spur. Das war ungewöhnlich für ihn. So sah ich nochmals in der Halle nach, die sich gespenstig still vor mir ausbreitete.

 „Nun Sarah keine Familie und keine Freunde, die du benutzen kannst. Du wolltest du dich also mit deinem ausschweifenden Lebenswandel rächen. Nun der Schuss ging nach hinten los. Zwar konnte ich Eric nicht vor dir bewahren so zumindest die andern. Wusstest du das Eric eine Gefährtin hat?“ sah Corvin mich mit dunkelunterlaufenden Augen blutrünstig an.

Wieder schoss mir der Gedanke in den Kopf er wolle mich umbringen. So außer sich habe ich ihn noch nie erlebt. Gelähmt vor Angst konnte ich nichts sagen. „Verlass die Festung Sarah.“ warf er mir einen Umschlag zu. Wie er aus dem Nichts auftauchte, so verschwand er.

Mit zitternden Händen nahm ich den Umschlag an mich. Was sagte er? Ich wolle mich rächen ausschweifender Lebenswandel? Was sollte das bedeuten? Zog ich mich in mein Zimmer zurück. Verlass die Festung! Verlass die Festung! Klangen die Worte in mir nach.

Betäubt zu keinen vernünftigen Gedanken fähig riss ich den Umschlag auf. Pass und die Autoschlüssel meines Wagens fielen mir in den Schoss. Ich starrte darauf zu keiner Regung fähig. Verlass die Festung!

Langsam begannen die Worte einen Sinn zu bilden. Verlass die Festung!

Abrupt stand ich auf. Verlass die Festung! Ging ich mit steifen Beinen los. Verlass die Festung! Pass und Schlüssel fest in Händen haltend. Verlass die Festung! Ging ich durch die Halle. Verlass die Festung! Dort stand mein altes klappriges Auto. Verlass die Festung! Ich stieg ein. Meine Handtasche sogar die Wegbeschreibung Alia´s lagen unberührt auf dem Beifahrersitz. Verlass die Festung! So als wäre keine Zeit vergangen. Verlass die Festung! Startete ich den Wagen.

Ja ich verließ die Festung! Ließ die einzige Familie zurück die ich jemals besaß.

 

 

 

 

Drei Monate. Drei Monate waren nun vergangen. Und heute saß Vlad mir gegenüber.

Mein Vater der mich aufsuchte als sei nichts geschehen. Strahlend erwartete er mich, als ich von der Schicht heimkam. „Blass siehst du aus!“, stellte er bekümmert fest. „Ich weiß ja du wolltest Abstand von uns. Aber ich musste dich einfach aufsuchen.“ Erklärte er. Mir wurde ganz kalt. Was erzählte er da? Ich wollte Abstand?

„Ich war ganz schön fertig als Corvin mir deine Entscheidung mitteilte. Sie kam gelinde gesagt überraschend.“

„Corvin“, konnte ich nur sagen.

„Du bist mir also nicht böse?“ ich schüttelte verneinend den Kopf und überlegte sollte ich Vlad die wahren Geschehnisse offenbaren? Mein Vater so jugendlich und doch so alt. Dabei sah er in jedem nur das Gute. Nein ich wollte nicht diejenige sein, die einen Keil zwischen ihnen trieb. Falls es überhaupt dazu kam. Sicher würde Vlad Tausende Beweggründe anführen die Corvin´s Verhalten entschuldigten. Dazu kam meine derzeitige Situation - nein ich würde schweigen entschied ich mich. Das alles lag weit hinter mir. Nur eines zählte die Zukunft für mich und das Kind, das in meinem Leib wuchs.

„Sarah? Wo bist du mit deinen Gedanken?“ fächelte Vlad vor meinen Augen herum.

„Ach ich bin nur müde weiter nichts. Lass uns doch hinauf gehen…“

Vlad wiegelte ab, „Mir fehlt die Zeit. Ich warte schon einige Stunden. Doch morgen wie sieht es aus kannst du ein wenig Zeit für mich erübrigen?“ fragte er vorsichtig. Was hatte Corvin nur erzählt, dass mein Vater mich so bat.

„Sicher! Wann du willst, samstags arbeiten wir nicht.“

„Du läufst nicht wieder weg?“

„Nein Dad gewiss nicht.“ Versprach ich ihm, „Außerdem, sieht es ja so aus, als ob du mich ja doch überall aufspürst.“ Versuchte ich einen Scherz.

Er lächelte tatsächlich. „Wir behalten unsere Kinder immer fest im Blickfeld. Gegen zehn bin ich da.“ Winkte er mir zu. Ich sah ihm nach, wie er gemütlich durch den Regen zur Straße hinunter ging. So also hat er es gedreht. Sarah will Abstand gewinnen. Nichts anderes hätte Vlad abgehalten mich zu sehen. Den Tag vor Augen, als er mich fortschickte verbannt aus ihrer aller Leben. Wie ich blind davonfuhr. Nur eines im Sinn so weit wie möglich von ihm fort zu kommen. Von seinen haltlosen Anschuldigungen seinen kalten finsteren Blicken.

Erst als die Tankanzeige warnend aufleuchtete und mich zwang anzuhalten setzte bei mir rationelles Denken ein. Die Fahrt nach Deutschland verschwand hinter einen grauen Schleier. Bis heute wusste ich nicht wie ich es schaffte ohne Unfall herzukommen. Dann die Erkenntnis die unmissverständliche Botschaft, als ich vor meiner Wohnungstür erfuhr, dass ich keine Bleibe mehr besaß. Corvins radikaler Schnitt brachte mich endgültig auf den Boden der Tatsachen.

Oh er ließ mich finanziell keineswegs im Regen stehen. Nein dafür sorgte er mein Girokonto wies eine beträchtliche Summe auf. Hurengeld nannte ich es. Jeden Cent, den ich ausgab, widerte mich an. So besorgte ich mir schnellstens eine Wohnung und Arbeit. Verkaufte meinen Wagen und schaffte das Nötigste an. Was brauchte ich auch schon? Ein Bett vom Secondhand-Shop die drei Monatsmieten Kaution und das wenige zum Überleben.

Mit dem ersten Lohn bestritt ich die hälfte meiner Schulden aus dem Fond des Hurengeldes. Ich ließ die Summe ohne Vermerk zurückbuchen. Mit dem zweiten Lohn atmete ich erleichtert auf. Ich stand auf eigenen Füßen. Nichts war ich ihm nun noch schuldig. Rein gar nichts. Ich schloss das Kapitel Corvin Sardovan wie ich dachte endgültig ab.

Nun endlich konnte ich mir ein Leben aufbauen. Ich ging meiner Arbeit in der Fabrik nach nahm jede Überstunde mit die ich bekam und hing jeden Morgen über der Toilette. Die Erkenntnis mit dem Ausbleiben der monatlichen Blutung ignorierend. Das durfte konnte nicht sein redete ich mir selbst ein. Es half alles nichts ich suchte den Frauenarzt auf. „Herzlichen Glückwunsch!“ wagte er es mir ins Gesicht zu sagen. Schwanger! Das Letzte, was ich wollte.

 Ein Kind von Corvin! Verflucht seist du das du mir das antust. Wusste ich doch, was auf das Kind zukam. Es würde sein Lebtag ein Außenseiter bleiben. Ohne Freunde ohne Familie allein auf sich gestellt. Verflucht seist du Corvin Sardovan!

Und doch gab mir die Gewissheit ein Kind auszutragen ein tröstliches Gefühl. Denn ich wollte es lieben, es besaß einen Großvater. Einen der sein Enkel in die Familie aufnahm. Das Leben meines Kindes konnte so viel reicher werden, als meines je war. Ich dachte an Hendrik, der eine unbeschwerte Kindheit und Jugend genoss. Ja sagte ich über meinen Bauch streichelnd, „Du wirst eine Familie haben eine die dich uneingeschränkt lieben wird.“

Selbst wenn ich daraus ausgeschlossen war, wollte ich dem Kind das in mir heranwuchs die Familie nicht vorenthalten. Nein es gehörte dazu brauchte diese Familie um nicht allein dazustehen. Dort konnte es Freundschaften aufbauen, eine Zukunft.

Und nun gerade zum richtigen Zeitpunkt erwartete ich meinen Vater. Den Besuch sah ich mit zwiespältigen Gefühlen entgegen. Mir fiel durchaus seine Kühle auf, es gab keine Umarmung kein liebes Wort. Damit konnte ich umgehen mit Lieblosigkeit bin ich aufgewachsen aber ich musste Vlad für das Würmchen in mir gewinnen es sollte niemals dieses Gefühl kennenlernen.

Wie würde Vlad reagieren? Ich musste vorsichtig vorgehen denn schließlich wusste ich nicht, inwieweit die Verbannung reichte. Schloss sie mein Kind mit ein? Das durfte ich auf keinen Fall zulassen. Nervös sah ich auf die Uhr – wo blieb er nur? Die beiden Stühle zurechtrückend die vor einem wackligen Tisch standen. Stolz betrachtete ich meine neueste Errungenschaft.

Endlich schellte es. Das ist er! Sah ich mich nochmals nervös um.

Anstatt des Fahrstuhls nahm er die Treppe. Noch nicht einmal aus der Puste grinste er mich an. „Musst du so angeben?“, tadelte ich ihn sanft.

„Für mein Alter nicht schlecht“, meinte er überheblich mir die Hand reichend. Wie höflich! Dachte ich schluckte aber eine Bemerkung hinunter. Ausgestoßenen reichte man also die Hand. Wer weiß, ob er mich heimlich besuchte ohne Einverständnis des Clans.

„Geh nur hinein.“  Deutete ich zur Wohnungstür und ließ mir meinen Kummer nicht anmerken. Das wird schwieriger als ich dachte.

„Das ist also deine Wohnung!“ wich jeglicher Ausdruck aus seiner Miene, als er sich umsah.

Was mir mehr als tausend Worte sagte. „Ja und jedes Teil habe ich von meinem selbst verdienten Geld gekauft.“ Sagte ich voller stolz.

„Wie nett!“, meinte er nur sich vorsichtig auf den Stuhl setzend als bräche er unter seinem Gewicht zusammen.

„Erzähle was treibst du so?“ sah Vlad mich aufmunternd an. Das war schnell gesagt außer der Arbeit am Fließband gab es nichts. „Freunde? Bekannte?“ hinterfragte mein Vater, worauf ich nur meinen Kopf schütteln konnte. „Also nur deine Arbeit. Ist es das, was du wolltest?“ sah er mich bekümmert an.

Schon öffnete ich den Mund um ihn eine passende Erwiderung zu liefern schloss ich jedoch sogleich.

 Er nickte, „Rosmerta lässt dich grüßen. Sie ist übrigens mit mir unterwegs und würde dich gern sehen.“

„Später vielleicht.“ Vertröstete ich ihn vage. Zuerst musste ich meinen Vater beichten. Nur wie? Verschob ich feige wie ich war meine Ankündigung. „Wie geht es ihr?“, fragte ich stattdessen.

„Gut. Sie hasst es zu reisen und lässt ihre üble Laune an mir aus.“

„Und die anderen?“

„Alle sind wohlauf.“ Zog er die Stirn in Falten, „Außer Alia es scheint als habe der Wahnsinn gewonnen. Dana kümmert sich rührend um sie. Vergebens! Noch nicht einmal Vadim dringt zu ihr durch.“

„Das tut mir Leid, wirklich Vlad“ setzte ich hinzu, als ich seine missbilligende Miene sah. „Sicher lag es an den

Anschuldigungen dieses Sloan´ s. Das muss ihr übel zugesetzt haben.“

„Eher nicht! Die Beweise gegen Alia sind stichhaltig sie ist der Verräter.“

„Das kann ich nicht glauben.“ Sagte ich entsetzt, „Nicht Alia!“

„So ist es aber leider. Wir nehmen an das sie deshalb in ihren Wahnsinn flüchtet, um der gerechten Strafe zu entgehen.“

„Alia!“ zweifelte ich seine Worte an. So feige? „Nein sie sagte doch sie wolle einen Verdacht nachgehen. Sie muss etwas Fürchterliches erfahren haben.“

„Wie kommt es das du Partei für sie ergreifst? Schließlich wolltest du …“

„Weil ich sie mag!“, unterbrach ich ihn. „Sie ist wie eine Schwester für mich.“

„Die du im Stich ließest.“

Da war es! Endlich hatte er es ausgesprochen. Jedes Wort, jede Geste zielte nur auf eines ab. Der stille Vorwurf, dass ich ging. Was konnte ich schon zu meiner Verteidigung vortragen? Nichts! Mein Kind brauchte die Familie – die intakte Familie.

„Ich bin schwanger!“

Die folgende Stille lähmte mich. Vlad rührte sich nicht er blinzelte noch nicht einmal. „Schwanger“, sagte er nach endlosen Minuten. „Das ist …“, schnaufte er, „Von wem?“

Nun kam der noch schwierigere Part. „Ist das nicht gleichgültig?“

„Es kommt darauf an – ist der Vater ein Mensch würde ich sagen ja.“ Schaute er auf meinem Bauch, „Aber sollte der Vater meiner Spezies angehören dann Nein. Also!“ sah er fordernd an.

„Ein Vampir“

„So, so!“ ratterte es durch seinen Kopf. Ich konnte förmlich sehen, welche möglichen Kandidaten er in Betracht zog. „Wann?“

„August – September“

„Willst du mir nicht sagen, wer der Vater sein wird?“ beugte er sich vor meine Hand ergreifend. „Sobald das Kind geboren wird, wird sowieso jeder wissen. Er sollte es zumindest vorher erfahren. Du darfst eines nicht außer Acht lassen Sarah, unsere Kinder sind uns heilig.“

 Wie eine ertrinkende hielt ich mich an seiner Hand fest, „Er wird es nicht wollen. Das weiß ich nur zu gut.“

„Wenn du dich da nicht mal irrst. Doch das ist nebensächlich vorerst zumindest. Sag mir wie soll es weitergehen? Wie stellst du dir das alles vor?“

„Na wie schon.“ Meinte ich patzig, riss mich dann aber zusammen. „Ich gehe weiter arbeiten und versorge mein Kind.“

„Aha! Und dein Neugeborenes? Wo bleibt das?“

„Es gibt Tagesmütter, Vlad. Meinst du etwa, ich lasse es allein?“ was traute er mir eigentlich zu? Als wäre ich eine … ebensolche Mutter wie die meine es war! „Ich werde es lieben und großziehen.“ Drückte ich fest seine Hand.

„Das Kind eines Vampirs? Du willst es wirklich in einer rein menschlichen Umgebung aufwachsen lassen? Überlege dir das gut Sarah und denke an deine eigenen Erfahrungen.“

„Aber deshalb erzähle ich es dir ja! Wenn es älter wird – Vlad du wirst es doch in die Familie aufnehmen? Sorgst dafür, dass es versteht …“ suchte ich nach den richtigen Worten ihn flehentlich bittend ansehend.

„Beruhige dich. Sicher werde ich all das tun und soviel mehr wenn du mich lässt und der Vater damit einverstanden ist. Aber Kind …“ er sah sich um und schwieg. „Also das muss ich erst verdauen und dann müssen wir einige Dinge besprechen Sarah. Ich nehme an du warst bei einem Gynäkologen?“

„Aber ja! Es ist alles in Ordnung.“

Kapitel 30

„Das ist gut aber Molly Joe sollte dich Untersuchen. Nur zur Sicherheit. Eine Schwangerschaft durch einem Vampir unterscheidet sich schon und du besitzt auffallend starke Merkmale unserer Gattung. Deshalb denke ich sollten wir Molly Joes Meinung einholen.“

„Aber ich kann hier nicht weg!“ sprang ich auf, „Der Frauenarzt sagte alles sei in Ordnung. Was kann Molly Joe schon anderes sagen?“ Wenn sie es erfuhr so erfuhren es auch die anderen. Waschweiber, die sie waren, konnten sie nichts für sich behalten. Das wollte ich verhindern er durfte es nicht wissen. Noch nicht! Noch konnte ich ihm nicht unter die Augen treten. Mach dich nicht lächerlich Sarah er will dich gar nicht sehen. Und wenn doch? Wenn er dir dein Kind nimmt? Konnte er das? Corvin würde nicht fragen er würde sich nehmen, was ihm gehörte. Das wusste ich nur zu gut.

„Vlad!“ sah ich ihn eindringlich an, „Ich möchte nicht das es bekannt wird. Wir brauchen Molly Joe doch nicht.“

„Wie stellst du dir das vor? Irgendwann werden sie es erfahren. Warum frage ich mich willst du es verheimlichen? Dazu gibt es doch keinen Grund.“

Mehr als du je erahnen wirst sah ich ihn bestürzt an. Vlad seufzte: „Komm her mein Kind.“ Breitete er die Arme aus in die ich mich hineinstürzte. „Was auch immer für Sorgen und Nöte du hast. Ich werde zu dir halten. Es liegt an den Vater des Kindes? Habe ich recht?“ ich konnte nur nicken.

 „Tja solange du ihn verschweigst kann ich nichts dazu sagen. Was hältst du davon Rosmerta einzuweihen? Sie kann ihren Mund halten das weißt du doch. Eine Frau kann dich besser unterstützen als ich sie wird dich verstehen.“ Redete er einschmeichelnd weiter, bis ich mein Einverständnis gab. Sofort rief er sie an. „Sie wird gleich da sein. Ich glaube Rosmerta war schon auf den Weg.“ Grinste er mich an.

„Du kennst sie ja - Geduld ist keine ihrer Tugenden.“

Es schellte, „Siehst du was habe ich dir gesagt.“ Entließ er mich aus der Umarmung. „Noch eines sage um Gottes willen nichts zu ihrem Erscheinungsbild.“

Gut das er mich vorwarnte Rosmerta mit Hut und Mantel sah aus wie eine alte Dame die kaum allein über die Straße gehen konnte so stark stützte sie sich auf ihren Stock ab. „Danke junger Mann!“ tätschelte sie einen Nachbarn die Wange, „Da ist meine Enkelin ja. Sie wird mir weiterhelfen. Haben sie sie schon kennengelernt? Ist ein wenig schüchtern die Kleine aber ein gutes Kind.“ Der Mann schüttelte verlegen den Kopf und verdrückte sich zurück in den Aufzug.

„Rosmerta!“, schimpfte ich als ich sicher war das uns niemand hörte. „Wie kannst du nur!“

Sie ließ ihr schauerliches Lachen los, „Was denn? Wie ich dich kenne knüpfst du keinerlei Kontakte und trauerst noch immer deiner verflossenen Liebe nach.“ hob sie mein Kinn an, „Bei Gott! Das sollte nur ein Scherz sein konnte ich ahnen …“ sie verstummte. Ich nahm an Vlad kam hinter mir aus der Wohnung.

„Wo bleibt ihr denn?“

„Geduld Vlad! Das solltest du erlernen!“ meinte sie bissig, als sie an ihm vorbeistolzierte.

„Das sagt mir die Richtige!“ fletschte er hemmungslos die Zähne.

„Hört ihr auf! Das ist ein Hausflur stellt euch vor man sieht euch.“ Scheuchte ich sie hinein. Wie sehr ich das vermisste hatte wurde mir erst jetzt bewusst. Rosmerta hielt nichts von der Zurückhaltung die Vlad mir bezeugte als er die Wohnung und meine kümmerliche Einrichtung sah.

„Was ist das denn für ´ne Bruchbude? Hier haust du? Ich sag ja schon nichts zu dem Betonklotz aber das – da geht mir die Hutschnur hoch.“ Glitzerte sie mich aus dunklen Augen an.

„Was denn? Jeder fängt klein an.“

„Verarsch mich nicht Kindchen! Warum bist du hierher gezogen? Ohne vernünftige Einrichtung noch nicht mal eine Küche! Kein Wunder, das du so elend aussiehst …“ schimpfte sie in gleichen Tönen weiter als sie den Rest meiner Wohnung ungeniert inspizierte.

„Vlad, das wird umgehend geändert! So geht das nicht!“ ging sie drohend auf meinen Vater zu.

Der rückwärts auswich, „Sarah ist schwanger.“ Rosmerta hielt mitten in der Bewegung inne und drehte sich in Zeitlupe zu mir um. „Dazu braucht es einen Mann!“ kam sie nun auf mich zu. „Welchen Kerl hast du denn an dich herangelassen?“ kicherte sie mich musternd.

„Kein Kerl ein Vampir!“ konnte mein Vater die Klappe nicht halten. Rosmerta´s Mund klappte und schloss ihn ohne ein Wort. Mit zusammengekniffenen Augen starrte sie mich an.

„Ein Vampir?“ schoss sie auf mich zu, „Ein Vampir?“ stand sie vor mir. Sie riss die Augen auf! „Oh!“ warf sie einen flüchtigen Blick über die Schulter Vlad zu. „Verschwinde!“ blaffte sie ihn an. „Sofort!“

„Spinnst du! Sarah ist meine Tochter …“

„Muss ich dir erst eine Lektion mit dem Stock erteilen?“ fauchte sie ihn an. „Raus! Das ist Frauensache du Trottel.“ Beförderte sie Vlad mit einigen Hieben hinaus.

„So nun zu uns mein Fräulein!“ zog sie einen Stuhl heran, „Setzen!“ kläffte sie kurz. „Erzähl!“ starrte sie mich mit bohrenden Blick an.

„Ich werde dir nicht sagen wer der …“

„Für wie blöd, hältst du mich, he? Corvin! Sonst kommt ja keiner infrage. Du sollst mir deinen geheimnisvollen Abgang erklären. Was tat unser aller verehrter hirnloser Obermacker? Spuck´s schon aus ansonsten werde ich mir jemanden holen der dein Gejaule mühelos umgeht.“ Grinste sie mich höhnisch an.

„Das kann keiner Rosmerta und mit Corvin liegst du falsch.“

Sie schnappte geräuschvoll ihren Mund zu und zog ihr Handy heraus. „Komm!“, sagte sie nur ins Telefon. „So du weigerst dich also der lieben Rosmerta die Wahrheit mitzuteilen. Keine Angst hat das Fräulein vor dem Stock. Ihr seid alle durch die Bank verbohrte Holzköpfe, einer wie der andere. Na warte jetzt lernst du den …“

„Rosmerta!“ erklang es warnend, Ross aus der Festung stand in meinen Wohnzimmer.

„Seid ihr im Rudel unterwegs?“ richtete ich die Frage an Rosmerta.

„Du hast hier gar nichts zu fragen! Los antworte du kleiner Querkopf.“

„Auf was? Die Stühle und Tisch habe ich für zwanzig Euro erstanden. Möchtest du noch etwas …“ Rosmerta ging beiseite und Ross trat vor. Mir blieb mir die Spucke zum Weiterreden weg. Er sah furchterregend aus mit seinen ellenlangen Hauern.

„Corvin bezichtigte sie mit mehreren Vampiren geschlafen zu haben. Verlass die Festung lautete seine Order. Das Kind ein … wollt ihr das Geschlecht erfahren?“ sah er uns fragend an.

Ich verneinte vehement kopfschüttelnd, Rosmerta nickte. „Da halte ich mich an den Wunsch der Mutter. Corvin ist der Erzeuger oh … das waren sie im Schwimmbad.“ Fügte er hinzu so das ich rot anlief.

„So also! Dieser Idiot! Danke Ross verzieh dich lieber, bevor Vlad auftaucht.“ Ross ging ohne jeden weiteren Kommentar. „Warum bist du nicht zu mir gekommen?“ setzte sich Rosmerta. „Bin ich dir nicht immer in eine Freundin gewesen?“ schaute sie mich vorwerfend an.

„Sicher. Aber ich … ich konnte nicht denken. Er hat mich verstoßen …“

„Oh nein! Kindchen er hat dich lediglich gebeten die Festung zu verlassen. Wärest du verstoßen worden hätte noch nicht einmal Ross dich finden können.“

„Soll das heißen Ross hat mich gefunden und du sagtest es Vlad?“

 Sie kicherte, „Aber nein Ross geht seinen eigenen Interessen nach. Vlad ließ dich, wie du es wünschtest in Ruhe aber er fand dich schon nach ein paar Tagen. Dein Vater mein Schatz käme niemals auf die Idee das Corvin sich wie ein Ungeheuer verhalten würde. Ist auch neu für mich. Aber ich verstehe ihn schon auf eine Weise. Was mich wirklich wütend macht bist du. Du haust in dieser Bude mit nichts, warum?“

„Meinst du ich lasse mich bezahlen? Corvin kann sich sein Geld dahinstecken, wo es ihm …“ sie lachte, gackernd, „Stolz! Mein Schatz ist niemals ein guter Ratgeber.“

„Außerdem gab er mir meinen Pass! Den Wagner verstehst du.“ Hob ich mahnend den Zeigefinger.

„Oho wie konnte er nur! Sicher das ist unverzeihlich.“ Nickte sie empört - mich angrinsend. ich kam mir seltsam verkohlt vor.

„Nun ist Schluss damit! Dazu besitze ich nicht mehr die Geduld. Du kehrst auf die Festung zurück und sagst es ihm. Danach werden wir weitersehen.“

„Nein! Das werde ich nicht und solltest du auch nur ein Ton sagen. auch nur eine Andeutung, wer der Vater meines Kindes ist. dann werde ich nie wieder ein Wort mit dir reden. Das schwöre ich dir Rosmerta.“ Brauste ich auf mir war es egal, ob sie mich schlug oder vermöbelte sollte sie doch! aber ich gab nicht nach. nicht wenn es um mein Kind ging.

„Übrigens meine Kleine du singst gerade nicht. Das solltest du aber, da dein Vater im Anmarsch ist. Er wird die Tatsache wer der Kindesvater ist keineswegs so ruhig aufnehmen. Pierre ist sein Favorit naja der Franzose ist wirklich hartnäckig. Er kam unangemeldet in die Festung. Kannst dir ja den Empfang vorstellen. doch ich muss sagen er imponierte uns. Ein hartnäckiger Kavalier.“

„Pierre! Er ist nicht mein Problem. Hilfst du Vlad nun? Das Kind soll …“

„Dein Kind Sarah wird innerhalb der Familie aufwachsen. Wir kehren unverzüglich zur Festung zurück und sollte Corvin auch nur den Mund auftun …“

Ich legte meine Hand in ihre „Bitte Rosmerta das möchte ich nicht.“ Kniete ich mich vor ihr sie eindringlich anschauend. Ich wollte das sie mich und meine Beweggründe verstand. „Für mich wäre es eine Belastung - als Ausgestoßene zurückzukehren. Verstehst du? Jeden Tag müsste ich seine Arroganz ertragen er denkt doch ich habe mit sämtlichen Vampiren geschlafen.“

„nun gut ich beuge mich. Bleib! Aber ich bestehe darauf das du dir ordentliche Möbel zulegst und iss Kind du schaust fürchterlich dürr aus.“

Mit Rosmerta und Vlad verbrachte ich mein erstes schönes Wochenende seit Langem. Als sie schließlich abfuhren standen mir die Tränen in den Augen. Aber meine Entscheidung war richtig. Die Festung gehörte zur Vergangenheit vielleicht konnte mein Kind sie eines Tages als sein zu Haus betrachten.

Als ich Dienstags nach Haus kam dachte ich mich trifft der Schlag. Molly Joe erwartete mich in meiner Wohnung. „Hallo“, sagte sie mir zuwinkend als sei es das Normalste auf der Welt in einer fremden Wohnung zu sitzen.

 „Was machst du hier?“

„Vlad schickte mich her. Er sagte es sei dringend. Krank scheinst du ja nicht zu sein. Dann verrate mir mal, warum dein Vater mich hetzte? Wieder irgendwelche Visionen?“

„Nein nichts dergleichen.“ Zog ich mir Mantel und Schuhe aus.

„Ich kann´s mir schon denken.“ Lächelte sie wissend. „Da hat ein Vampir ganze Arbeit geleistet.“ Kicherte sie vor sich hin. „Na na kein Grund rot zu werden. Dann lass uns mal sehen.“ Klatschte sie vergnügt in die Hände.

„Alles so, wie es sein sollte. Achte auf deine Ernährung bist ein bisschen blass um die Nase.“ Packte sie ihr Zeug zusammen. „Es sollte eine unkomplizierte Schwangerschaft werden, du bist jung und kräftig. Hier vorsichtshalber meine Handynummer ruf mich ruhig an, falls du Fragen hast.“ Verabschiedete Molly Joe sich.

In den folgenden Wochen rief Vlad regelmäßig an. Ab und an besuchte er mich für einige Stunden. Es schien das die  Jäger  nun  da  die  Clans  sich  zusammenschlossen  ihre  Übergriffe  aufgaben.  „Trotzdem  werden  wir  die Bündnisse weiter vorantreiben. So etwas darf nicht noch einmal geschehen.“ War Vlad´s größtes Anliegen dafür reiste er quer durch die Welt.

Zu diesem Zeitpunkt ereigneten sich in meinen Umfeld merkwürdige Missgeschicke. Mal stolperte ich völlig grundlos oder rutschte aus. Dann sackten meine Knie einfach weg als hätte ich einen Schlag erhalten. Lag es an mein Ungeschick? Sobald Vlad mich aufsuchte wollte ich ihn fragen derweil nahm ich mich besonders in Acht.

Dann ruckelte eines Morgens der Fahrstuhl das ich mich schon als Matsche im Keller liegen sah. Tags darauf spielte das Fließband verrückt ein Kollege musste verletzt ins Krankenhaus. Ich durfte gar nicht daran denken das dies normalerweise mein Arbeitsplatz war. Nur an diesem Tag wurde ich in einer anderen Halle eingesetzt. Tags darauf wartete ich an der Bushaltestelle fand mich auf einmal auf der Straße wieder. Der Lastwagenfahrer konnte gerade noch so ausweichen.

Der Mann, der mit mir an der Bushaltestelle wartete, half mir völlig verdattert auf. Argwöhnisch hielt ich mich von ihm fern. hatte er mich gestoßen? Denn ich fühlte noch immer den Stoß in meinen Rücken. Das war unmöglich er stand zuvor am anderen Ende der Haltestelle. Es sei denn, er war ein Vampir! Das ist Einbildung, Sarah er steigt jeden Morgen wie du in den Bus und fährt zu seiner Arbeit. Es war als trüge ich eine Zielscheibe vor der Brust. Ich fühlte mich beobachtet und bedroht. Noch nicht einmal in meiner Wohnung konnte ich abschalten.

Was wenn ein Vampir hinter mir her ist? Der konnte mich ganz gemütlich Abmurksen. Bisher verließ mich das Glück nicht ich sollte es nicht weiter herausfordern und rief Vlad an. Schließlich war das eine Notsituation.

Er hörte mir ruhig zu, zu ruhig, wie ich fand. „Vielleicht ist ja auch alles nur Einbildung. Verzeih das ich dich störte.“

„Ja das kann sein. Du solltest morgen nicht zur Arbeit gehen melde dich doch einfach krank.“ Schlug er mich beruhigend vor.

„Mal sehen“ verabschiedete ich mich von ihm. Ich kam mir wie eine hysterische Kuh vor.

 Aus dem Schlafzimmer kam eindeutig ein Geräusch. Da ist jemand gegen etwas gestoßen. Schon griff ich zum Handy – hysterische Kuh! Erinner dich Sarah! deine Nerven gehen einfach mit dir durch wer sollte schon in deinem Schlafzimmer sein.

Obwohl meine Nackenhaare sich kräuselten ging ich in die Küche. Ein Schluck Wasser bringt die Welt wieder in Ordnung redete ich mir gut zu. Trotzdem konnte ich nicht umhin einen Blick nach hinten zu werfen.

Geh  duschen  das  beruhigt  die  Nerven. Aber  dafür  müsste  ich  eben  ins  Schlafzimmer.  Das  mir,  wie  ein unheildrohender Schatten vorkam. Du spinnst! Sagte ich mit Herzklopfen da ist niemand. Geh und überzeuge dich. Meine Beine versagten mir den Dienst. Dort war jemand – jemand der gefährlich war ich spürte es in jeden einzelnen Nerv. Verschwinde Sarah und zwar schnell schrie mir eine innere Stimme zu. Es ging nicht ich kam nicht vorwärts.

Etwas berührte mein Haar. Strich über mein Gesicht - den Hals schloss sich fester darum. Eine riesige verhüllte Hand, die mir die Luft abdrückte und wieder losließ. In meinen Ohren rauschte pumpendes Blut ich sank auf die Knie.

Ich spürte die lodernde Befriedigung, die von dem grausamen Wesen ausging. Es bannte mich voller Wut. Drückte mir die Luft ab, bis ich röchelnd fast das Bewusstsein verließ. Auf Händen gestützt versuchte ich zu entkommen. Zwecklos!

Frenetischer Jubel ging von dem Unbekannten aus vor meinen Augen sah ich nur schwarze Punkte – ich wusste es wollte mich töten und dabei schien es dem Wesen ungeheures Vergnügen zu bereiten. Es ließ mich absichtlich an seinen Gefühlen teilhaben, es wollte mich langsam zu Tode quälen. Ließ es mich Luft einsaugen, bevor es wieder zudrückte.

Verzweifelt versuchte ich zu fliehen. So leicht gab ich nicht auf ich musste raus aus der Wohnung, die zur Falle geworden war. Das irrsinnige Lachen in meinen Kopf ignorierend das meine Flucht verspottete. Der Hohn darin wie absurd mein Vorhaben war das Versprechen ich würde bald sterben. All das sollte mich zur Aufgabe zwingen. Ich wusste es! Dieser feige Mörder wollte mich um mein Leben betteln sehen. Winseln sollte ich.

Nein schrie ich in Gedanken auf. Nein! Nein!

Schwarze Punkte explodierten vor meinen Augen und wie durch ein Wunder sah ich Endris. Endris, der mich einfach nur ansah.

War das mein Ende? War er nur Einbildung? Das Wesen heulte voller Wut auf, als es mit aller Macht zudrückte –ich verlor das Bewusstsein Corvins Bild vor Augen.

Japsend holte ich Luft jeder Atemzug tat weh zumindest konnte ich atmen bis meine geschundenen Lungen schmerzvoll aufstöhnten. Wo war der Angreifer? Voller Angst setzte ich mich schnell auf das Wohnzimmer spielte Karussell. Fliehen war mein einziger Gedanke so schnell wie möglich. Aber wohin? Der Vampir konnte mich überall finden.

 Vlad! Er konnte mir sagen wohin. Mein Handy lag in der Küche zu nahe am Schlafzimmer und doch meine einzige Chance dem Irren zu entgehen. Nochmals versuchte ich auf die Beine zu kommen. Es ging langsam näherte ich mich der Küche die geschlossene Schlafzimmertür nicht aus den Augen lassend.

Besetzt! Überlege Sarah denk nach. hämmerte ich mit der Faust gegen meine Stirn. Der Vampir hat dich Leben gelassen, wer auch immer er war – du lebst! Endris. War er es wirklich? Oder sah ich nur ein Gespinst. Sein Gesicht wieso sah er mich mit solch einer Miene an? konnte es sein das er es war der mich angriff? Nein! Nicht Endris! das konnte nicht sein. Wieder versuchte ich Vlad zu erreichen. Immer noch besetzt.

Überleg Sarah du lebst du wirst nicht angegriffen. Wer auch immer dich umbringen wollte ist verschwunden. Wie lange warst du bewusstlos? Ich hatte keine Ahnung. Was auch immer du tust, wohin du auch gehst – er wird dich finden.

Weg! Du musst raus! An einen öffentlichen Ort nur da bist du sicher.

Es blieb mir nichts übrig ich musste ins Schlafzimmer und mich anziehen. So oder so, wenn er noch da ist, lässt er dich nicht gehen. Entschlossen stieß ich die Tür auf und ging hinein. Ich trat auf etwas Weiches, was ein schmatzendes Geräusch erzeugte.

Automatisch sah ich hinunter erstarrt konnte ich den Blick nicht abwenden. Vor mir lag Endris oder das, was von ihm übrig geblieben war. Nur sein Gesicht sein liebes unschuldiges Gesicht blieb unversehrt.

Sein Körper - sein Körper, welch eine grausame Seele tat so etwas? Sackte ich in die Überreste meines Freundes sein Gesicht liebevoll streichelnd. Sein Kopf kickte einfach weg blieb wippend auf dem Gesicht liegen. Ich sah zu, bis der Kopf sich nicht mehr rührte. Sah einfach nur zu und wartete … endlich lag er bewegungslos dar. Endlich!

Ich hörte Geräusche regte mich aber nicht. Aus Angst sein Kopf könnte wieder in Bewegung geraten. Sanfte Hände hoben mich hoch. Leises entsetztes Wispern neben dröhnend fluchender Stimme drang an mein Ohr.

„Sie steht unter Schock bring sie raus und stell sie unter die Dusche.“

„Ich?“

„Mann du wirst ja noch ein Frauenzimmer duschen können ohne sie gleich als potenzielle … verdammt Henry das ist nicht der richtige Zeitpunkt.“

Henry und Geirrod! Sickerte es langsam in mein Bewusstsein. „Ich kann mich allein waschen.“ Löste ich mich aus Henrys Armen.

„Ich helfe dir!“, sagte Geirrod bestimmt Henry böse Blicke zuwerfend. „Ruf auf der Festung an und Vlad.“

Ich saß in ein Handtuch gewickelt auf einen meiner Stühle. Vampire bevölkerten meine Wohnung, die ein und aus gingen. Gesichter, die ich niemals zuvor gesehen hatte, schauten mich bemitleidenswert an. Senkten verlegen die Augen, wenn ich sie ansah.

Außer Henry und Geirrod kannte ich nur Steve, der mich gründlich untersuchte. „Woher kommen die Würgemale an deinem Hals?“, wollte er wissen. Ich erzählte es ihm und fragte leise nach meinen Kind.

 „Du erwartest ein Kind?“, fragte er bestürzt nach. Was allgemein von allen Anwesenden gehört wurde, die mich interessiert  musterten.  Doch  das  war  mir  im Augenblick  ziemlich  gleichgültig  nur  eines  zählte  -  war  mein Ungeborenes gesund.

„Da muss ich dich woanders untersuchen“, sagte er.

Seitdem saß ich allein auf meinem Stuhl verfolgte das kommen und gehen der Vampire. Sie schleppten mein gesamtes Schlafzimmer hinaus mitsamt des Teppichs. Groß geredet wurde nicht. Eine gut geölte schweigsame Maschinerie. Schließlich setzte sich Geirrod zu mir. „Steve nimmt dich mit.“ Sagte er.

„Was ist mit Endris? Wohin bringt ihr ihn?“

„Wir verbrennen unsere Angehörigen.“

„Wir? Du meinst, damit ihr Krieger?“ er nickte, „Darf ich dabei sein?“

„Ich weiß nicht …“ äugte er zweifelnd auf meinem Bauch.

„Endris war mein Freund. Er hat mein Leben gerettet und seines dafür gegeben. Es ist das Mindeste, was ich tun kann.“ Geirrods Miene verschloss sich, ich beugte mich zu ihm, „Ich weiß ja nicht wie ihr das mit euren Toten haltet aber wir geben einem geliebten Menschen das letzte Geleit. Ich will dabei sein.“

„Das verstehe ich ja alles. meinst du nicht du solltest dir Ruhe gönnen? Dir und deinem Baby? Dann musst du noch Fragen beantworten, was hier eigentlich los war. Vlad … er sorgt sich Herrgott noch mal du siehst furchtbar aus. Endris würde es bestimmt nicht wollen das du dir zu viel zumutest.“ Geirrod sah mich besorgt an, „Warte doch einfach die Untersuchung ab. Wenn du – ihr in Ordnung seid dann verspreche ich dir dich zu Endris letzter Ruhestätte zu bringen.“

Henry stimmte Geirrod zu. „Nimm dir seine Worte zu Herzen, Sarah. fahre mit Steve und lass dich Untersuchen. Vlad holt dich ab ich habe gerade mit ihm gesprochen.“

Schließlich gab ich nach. Steve fuhr mit mir in das nächstgelegene Krankenhaus. Ich wunderte mich nicht das uns keiner aufhielt oder uns befragte. er sagte kein Wort während der Untersuchung endlich meinte er es sei alles in Ordnung. Erleichtert atmete ich auf.

„Darf ich fragen, wer der Vater ist?“ sofort verschloss sich mein Gesicht. „Reine Neugier“, meinte er achselzuckend. „Sicher weißt du das es kein Geheimnis bleiben wird.“

Ich schwieg Steve erwartete keine Antwort. „Nun zu dir!“ sah er sich meinen Hals an, „Dein Hals und Nacken werden in den nächsten Tagen aussehen wie ein Weihnachtsbaum. Was ist eigentlich genau geschehen?“

„Das würde ich auch gern erfahren.“ Kam Vlad herein, „Ich warte da draußen schon eine Weile.“ Drückte er mich an sich, was ich mir nur widerwillig gefallen ließ. Noch grollte ich gegen ihn, da er mich nicht ernst nahm, als ich ihn anrief.

„Nun?“ setzte er sich auf einen Hocker.

 Kurz schilderte ich den Angriff. Was konnte ich auch schon erzählen gesehen habe ich niemanden. Als ich von

Endris sprach konnte ich meine Tränen keinen Einhalt gebieten.

Vlad sprang auf, „Endris hat seine Pflicht erfüllt, Sarah. mehr als das er hat dein Leben gerettet. Ich hätte ihn nicht bitten sollen nach dir zu sehen. Jedenfalls nicht allein.“

„Du hast Endris geschickt?“

„Ja direkt nach deinen Anruf. Er war ja beauftragt dich zu schützen aus der Ferne natürlich. Als er seinen Verdacht meldete schickte ich Geirrod und Henry. Sie sollten dich an einen sicheren Ort bringen.“

„Aber du sagtest doch …“ schaute ich ihn verwirrt an, als er mich unterbrach, „Doch nur um dich zu beruhigen. Ich wusste doch längst davon. Endris war der festen Überzeugung Jäger seien hinter dir her oder wie er es ausdrückte auf dein Kind aus. Wäre auch nur einer dieser fungierten Unfälle geglückt hättest du es verlieren können.“

„Aber warum?“ Steve trat zu uns, „Du solltest deiner Tochter nicht weiter aufregen, Vlad.“ Riet er meinen Vater.

„Tut mir leid aber ich muss Sarah befragen. Jedes kleinste Detail ist wichtig da darf ich keine Rücksicht nehmen.“ Erwiderte Vlad. Vor mir stand mein Vater und auch wieder nicht. Jetzt gerade war er nur der Vertreter seines Clans das also sahen all die Vampire, die mit ihm verhandelten. Sogar ich spürte die Macht, die von ihm ausging, als er Steve maßregelte. Ein kühl arbeitender Verstand, der sich seiner Stellung und Verantwortung vollstens bewusst war. Sogar seine Miene drückte sein Alter und Macht aus. so ermittelte er die Geschehnisse - kühl und distanziert kamen seine Fragen. Nachdem Vlad endlich zufrieden nickte ergriff er sein Handy und informierte Corvin. das nahm ich zumindest an.

„Puh“, stöhnte ich, „An ihm ist ein Polizist verloren gegangen.“

„Das war noch gar nichts.“ Grinste Steve, „Heute war er geradezu freundlich.“ Das konnte ich mir sogar gut vorstellen.

„Sarah wir fahren!“, sagte er in befehlenden Ton.

„Und wohin soll ich in der Aufmachung fahren?“ sah ich an mir herunter auf das Handtuch deutend.

„Man wird dich sowieso nicht sehen. So weiß ich wenigstens das du im Wagen bleibst.“ Meinte er grimmig.

„Steve danke“, tippte er sich an die Stirn mich antreibend.

„Wohin geht es?“ schnallte ich mich an.

„Festung!“ er hielt mich fest, als ich auszusteigen versuchte. „Danach bringe ich dich in ein Dorf nahe der Festung. Dort leben zurzeit die Krieger mit ihren Familien. Ich denke dort wirst du vor weiteren Zugriffen jeglicher Art geschützt sein.“ Fuhr Vlad los. Unterwegs hatte er ein Einsehen mit mir und kaufte wenigstens Hose und Pullover ein.

„Du bist wie Diederich!“ warf ich ihm vor, „Wozu braucht man denn Unterwäsche!“ zwängte ich mich in die viel zu enge Hose. „Die passt nicht!“

 „Kein Wunder langsam rundest du dich.“ Meinte er köstlich amüsiert.

Vlad fuhr ohne Pause durch. Wir hielten nur, damit ich meine Geschäfte in den Büschen erledigen konnte. Selbst da blieb er in der Nähe. „Kann ich das nicht einmal allein?“, beschwerte ich mich.

„Bald!“, sagte er nur. Wo war nur mein liebevoller Vater? Stattdessen musste ich mich mit dem, was aus ihm geworden war, zufriedengeben.

Nachmittags erreichten wir die Festung. „Du kannst dich gleich in den Nebenraum der Halle verziehen. Ich möchte nicht das du großartig gesehen wirst. Bleib dort, bis ich dich hole. Kann auch sein das wir über Nacht bleiben.“ Marschierte er schnurstracks auf die Treppe zu.

Im Nebenraum wartete ich nicht lange da kam er schon wieder zurück. „Wir bleiben über Nacht.“ Brachte er mich in den Turm in Alia´s Räume, „Rühr dich nicht vom Fleck. Es sind einige Besucher anwesend die dich unter keinen Umständen sehen sollten. Ross bringt dir gleich etwas zu essen.“

Ich stand noch unter der Dusche als Rosmerta kam. „Da bist du ja!“ öffnete sie ungeniert die Dusche. „Das sieht ja schlimm aus.“ deutete sie auf meinen Hals.

„Gibt es denn keine Privatsphäre in diesem alten Gemäuer?“ umarmte ich sie nass, wie ich war.

„Wozu denn?“, erwiderte sie herzlich meine Umarmung, hinter Rosmerta erschien Dana. „Ja das frage ich mich auch!“ lächelte sie mir zu.

„Bin gleich fertig.“ Spülte ich mir schnell das Haar aus.

Geschwind trocknete ich mich ab dabei ignorierte ich den mannshohen Spiegel denn mein Spiegelbild hatte mich zutiefst erschreckt. Über Hals und Nacken zogen sich dunkle blau und Grüntöne, die mich erinnerten, welches Glück ich hatte. Dank Endris ohne ihn … doch daran wollte ich jetzt nicht denken. Wer auch immer der Vampir war er würde nicht so leicht aufgeben das wusste ich nur zu gut.

Rosmerta und Dana blieben eine Weile. Dabei sprach Rosmerta gleich meine Schwangerschaft an und wie ich nun mit dem Vater des Kindes verfahren wollte. Es war unübersehbar das sie von Dana Schützenhilfe erwartete. Die sich aber sehr zurückhaltend äußerte, was Rosmerta mit Erstaunen hinnahm, jedoch hielt sie mit ihrer Meinung keineswegs hinter dem Berg.

Im Gegenteil sie kam gegen Abend nochmals kurz vorbei, „Sarah ich beschwöre dich sag es ihm! Du musst es tun! es ist ganz gleich, was er sagt oder tut doch solltest du ihm die Chance geben sich vor deinem Vater behaupten zu können.“ Sagte sie mich eindringlich warnend. Verdammt aber auch ihre Argumente ließen mich nicht schlafen.

Überlegend wanderte ich in Alia´s Räumen hin und her. Wägte das für und wider ab. Eines stand fest mein Vater würde ausrasten, egal was er auch sagte. Hier ging es einzig darum das Corvin wortbrüchig geworden war. Sollte mein Kind für diesen Zwist verantwortlich sein? Nein das wollte ich nicht.

Wie Rosmerta richtig bemerkte musste ich Corvin die Chance geben es seinem Freund selbst zu beichten. Was auch immer daraus resultierte daran konnte ich nichts ändern.

 Zudem hatte Corvin ein Anrecht es zu erfahren. Mein Kind hatte ein Anrecht auf einen Vater das wollte ich ihm nicht nehmen. Wie sehr er auch mich verletzte doch das stand auf einem anderen Blatt.

Sorgfältig bereitete ich mich auf das Gespräch vor. Es war schon nach Mitternacht, als ich mich in den Flur begab. Gerade richtig dachte ich. So konnte ich ihm schnell die Neuigkeit mitteilen, ohne von lästigen Störungen unterbrochen zu werden.

Es war ruhig im Turm. Beklommen stieg ich die Treppen zu Corvin Reich hinauf. Nur nicht den Mut verlieren. Nach mehrmaligen anklopfen  hörte  ich so etwas wie herein.  So  öffnete  ich die schwere  Holztür.  Corvins Schlafzimmer lag rechts aus dem ich Geräusche hörte. Tief durchatmend ging ich hinein.

Was ich sah würde ich niemals vergessen die Schönheit der ineinander verwobenen Leiber. Dieses Bild würde mich stets begleiten. Jede Einzelheit nahm ich detailgenau war. Die schlanken wohlgeformten Glieder, die sich sinnlich aneinanderschmiegten. Ihre Gesichter, die trotz ihrer schwarzen Augen und Reißzähne überirdisch schön erstrahlten.

Sie bemerkten mich noch nicht einmal so vertieft waren sie in ihrem Liebesspiel. Auf dem Absatz umkehrend floh ich die Treppe hinunter. Dana verfolgte meine gehetzte Flucht in Alia´s Raum. Ich lief einfach an ihr vorbei ins Zimmer die Tür hinter mir zuknallend.

Was sie nicht weiter störte denn sie kam hinter mir her. Ich atmete tief durch - sie sollte nicht sehen wie erschüttert ich war. Das fehlte auch noch schließlich konnte Corvin seine Vergnügungen nachgehen, wie er wollte. Seit Langem nahm ich schon an seinem Leben nicht mehr teil.

„Du hast sie also gesehen.“ Setzte sich Dana auf einen der zierlichen Stühle die Alia nie benutzte, weil sie ihr viel zu kostbar waren. Es störte mich das Dana darauf saß es waren Alia´s Sachen. Alles hier gehörte ihr – wir waren die Eindringlinge.

„Irgendwann hättest du es so oder so erfahren. Vlad bat uns es dir zu verschweigen.“ Sprach sie leise auf mich ein.

„Ich weiß Sarah, wie schwer es für dich ist.“ Seufzte sie mitfühlend das war mehr als ich ertragen konnte. Warum ging sie nicht einfach.

„Du irrst dich Dana.“ Versuchte ich überzeugend zu wirken, „Ich kenne Corvin gut genug um zu wissen das er sein altes Leben wieder aufnahm. Das war keine Überraschung.“

Dana seufzte tief auf, „Wie tapfer du bist, Sarah.“ lächelte sie traurig, „etwas das dein Vater nicht begreift. Er will dich vor allem Übel schützen auch vor der Wahrheit.“ Sah sie mich musternd an. „So vieles verbirgt er vor dir dabei hast gerade du ein Anrecht darauf die ganze Wahrheit zu erfahren.“ Wartete sie meine Reaktion ab.

Nun gut sie besaß meine Aufmerksamkeit ich sprang auf ihre Andeutungen an, „Was meinst du damit?“

Dana zögerte, „Also gut!“ nickte sie, „Ich spreche als Freundin gegen den ausdrücklichen Wunsch einiger Anderer. Es ist mir egal wie sie denken, denn ich erwarte von meinen Freunden das sie mir die Wahrheit sagen wie unangenehm und verletzend sie auch sein mag.“

 „Das sehe ich genauso.“ Stimmte ich ihr zu.

Sie lächelte mir zu, „Es ist schwieriger als ich dachte“ meinte sie bekümmert, „Um es kurz zu machen. hast du Alischa erkannt?“

„Alischa!“, erinnerte ich mich an ihr königlichen Einzug in Fenils. Die schöne kalte arrogante Mutter meines Vaters. „Ich habe sie nur einmal kurz gesehen.“

„In Fenils?“ ich nickte, „Und da sind wir schon bei dem Geheimnis das sie dir vorenthalten. In Fenils fing es an mit ihnen. Ihr Verhältnis!“

Ich schüttelte ungläubig den Kopf, „Nein das ist unmöglich. Das hätte ich doch bemerkt. Er …“ setzte ich mich nun doch auf Alia´s Stuhl.

„Und doch ist es so. Alischa kam mit einem eindeutigen Angebot. Sie unterstützt Corvin bei dem Rat – dafür zeugt er ihr ein Kind. Corvin stimmte zu seitdem äh … treffen sie sich. Einmal wurde sie schwanger doch verlor sie das Kind. Das war als Corvin dich ohne Grund hat sitzen lassen. Sie rief ihn als sie das Kind verlor. Man sollte es nicht für möglich halten aber Alischa war zutiefst betroffen. Diese kaltschnäuzige Frau, die ihren eigenen Sohn beinahe umbrachte, zeigte wirklich Gefühle. Corvin blieb bei ihr während sie sich erholte. Das verbindet natürlich schließlich war es ja auch sein Kind. Sei´s wie es sei jedenfalls munkelt man das sie eine Ehe eingehen wollen.“ Sie hielt tröstend meine Hand während sie mir das Ungeheuerliche mitteilte.

Ich war wie vor dem Kopf geschlagen zu keiner Regung fähig. Leer und ausgebrannt.

Schon in Fenils! Während er mir Liebe vorheuchelte bekam eine andere sein Kind. Wann wollte er mir das erklären? Nie! Das war sicher.

Kein Wunder, das er mich nicht auf der Festung haben wollte. War ich doch der Störenfried, die Verflossene die ihn ständig an seinen Verrat erinnerte. Sein gutes Ansehen ankratzte - wie konnte man auch einem solchen Lumpen vertrauen?

Ich dachte an all seine Versprechen – seine Lügen verbesserte ich mich verbittert. Er musste sich köstlich über mich amüsiert haben glaubte ich ihm doch jedes Wort, das er mir auftischte.

Wie naiv du bist Sarah das ganze Ausmaß seines Betruges erkennend. Kraftlos bat ich Dana mich allein zu lassen.

Sie tat mir den Gefallen nicht ohne mir nochmals zu versichern das ich jederzeit mit ihrer Hilfe rechnen konnte. Was es auch sei. Das sagte sie so eindringlich das ich nachfragte worauf sie anspielte. „Das Kind! Willst du es noch immer austragen? Stell dir vor er erkennt es an – Corvin und Alischa als Paar. Willst du es ihnen überlassen? Als Vater hat er seine Rechte er könnte es dir wegnehmen.“

„Das werde ich niemals zulassen!“, fuhr ich sie an, „Wie kommst du nur auf den Gedanken ich würde mein Kind wegmachen? Was hat es mit Corvin´s Verrat zu tun? Es ist mein Kind und ich werde es zu einem starken aufrechten Menschen erziehen.“

„Stell dir das nicht so einfach vor. Sollten sie Gefährten werden könnten sie dir Schwierigkeiten bereiten.“

 „Sollen sie es versuchen noch habe ich einen Vater …“

„… dessen Mutter ein Anrecht auf den Urenkel anmelden kann.“ Hob sie schulmeisterisch den Zeigefinger.

„Was  auch immer!  Es  ist mein  Kind  daran kann keiner rütteln.“ Wehrte  ich mich  gegen ihre Annahmen.

„Außerdem wollen sie doch ihr Eigenes. Was will Alischa schon mit dem Baby einer Fremden?“

„Ihrer Enkelin! Das solltest du nicht vergessen. Unterschätze Alischa nie – glaub mir ich wette sie kennt jedes einzelne pikante Detail aus deinem Leben. Das wird sie zu ihren Gunsten zu nutzen wissen.“

Kam sie nochmals zurück die Hand freundschaftlich auf meine Schulter legend. „Ich möchte dich doch nur warnen. Schließlich bin ich deine Freundin - stell dir das nicht zu leicht vor. Sollte Alischa kein Kind empfangen könnte sie auf deines zurückgreifen. So ist es nun einmal sieh der Realität ins Auge. Denk daran ich bin nicht der Feind.“ Drückte sie mich kurz an sich bevor sie endgültig den Raum verließ.

Nicht der Feind! Nein das war sie nicht. Nur ehrlich auf grausame Art zu ehrlich. Sei nicht ungerecht Sarah wie soll man einem Träumer wie dir die Realität begreiflich machen? Sieh den Tatsachen ins Auge! Corvin hat dich nie wirklich geliebt so einfach ist das.

Nun musst du in die Zukunft sehen. So hart es auch ist du musst dein Kind vor ihnen schützen wollte ich verhindern das es so wird wie Corvin. Du brauchst einen Verbündeten einen starken und alten – besser noch einen Clan  einen  unabhängigen.  Die  Krieger!  sie  waren  all  das!  Keiner  machte  ihnen  Vorschriften.  Geirrod  und Diederich! Gehörte Vlad ihnen nicht an? Dachte ich nun zuversichtlicher.

Was sagte mein lieber vorausdenkender Vater noch? ich bringe dich in ein Dorf indem der Kriegerclan derzeit wohnt. Demnach traf er Vorsorge - was wusste er noch alles? jedenfalls mehr als ich bisher annahm. Also bringt er mich außerhalb von Corvins Einflussbereich.

Mit neuen Schwung setzte ich mich an Alia´s Schreibtisch. Trotz allem sollte Corvin erfahren wer der Erzeuger meines Kindes war. Mehr nicht! Ich schrieb ihm auch das ich von Alischa wusste – alles. in Anbetracht dieser Tatsachen riet ich ihm sich von mir und meinem Kind fernzuhalten.

Es war ein kurzer unpersönlicher Brief. Was auch sonst? sollte ich ihm mitteilen wie sehr er mich verletzte. Ihm seine Taten seine Lügen vorhalten? Nein nachher dachte er noch es mache mir etwas aus. er hatte lange genug mich und meine Naivität ausgenutzt und sich wahrscheinlich darüber köstlich amüsiert. Nochmals schlich ich hinaus hinunter in sein Büro dort legte ich den Brief auf seinen Schreibtisch. Das war´s!

Früh am nächsten Morgen brachte Vlad mich in das Dorf. Keine halbe Stunde mit dem Wagen von der Festung entfernt. „Durch den Wald sind es nur ein paar Meter.“ Deutete er auf die Festung, die hoch über uns auf dem Berg thronte. Er steuerte direkt auf ein kleines solides Haus zu. „Das ist es!“ sah er hinaus.

„Wie schön! Welcher Clan wohnt noch hier im Dorf?“ blickte ich mich um.

„Eigentlich bin ich der Anführer des Clans, Sarah. Aber im Grunde sind es Geirrod und Livio - sie kümmern sich um alle Belange. Es liegt an meiner ständigen Abwesenheit.“ Meinte er entschuldigend, „sobald Livio sich als tüchtiges Oberhaupt beweist, werde ich ihm vollends die Verantwortung übertragen. Wende dich ruhig an Livio, falls du Hilfe benötigst. Zudem wird Ross mit im Haus wohnen. Schau mich nicht so an!“ denn das tat ich tatsächlich ihn zweifelnd ansehend, „Ross ist an mich herangetreten und hat den Wunsch geäußert dich zu begleiten. Wohin auch immer.“ Schaute er mich nun fragend an.

„Frag mich nicht warum, Vlad. Ich habe keine Ahnung, wieso er das wollte.“ Konnte ich seine Gedanken richtig lesen. War meine Annahme falsch das Vlad wusste oder ahnte, wer mich schwängerte?

Er lächelte, „Man darf sich ja wohl noch wundern.“ Zuckte er gleichgültig die Schultern.

„Was weißt du eigentlich über Ross?“ folgte ich ihm ins Haus.

„Eigentlich nicht viel. Rosmerta brachte ihn mit aus Fenils. Er schloss sich der Familie und besonders diesen Clan an. Ein guter Krieger wenn nicht sogar einer der Besten, die ich bisher sah. Naja kein Wunder, wenn Rosmerta ihn ausbildete. Er kämpft fast wie sie aber nur fast - besitzt seinen eigenen Stil, was einen guten Krieger ausmacht.“ Sprach Vlad voller Hochachtung von Ross.

„Naja du wirst es selbst sehen. Das Leben hier dreht sich um den Kampf. Täglich werden Übungsstunden abgehalten. Noch eines Sarah wir haben zwei angehende Vampire. Sie sind unberechenbar und werden gesondert gehalten. Halte dich von ihnen fern Isabel ist eine von ihnen ist. Ich hörte ihr habt euch angefreundet. Sie wird dich weder erkennen noch ein Pläuschchen mit dir halten. Das Einzige was sie von dir begehrt ist dein Blut.“ Warnte er mich eindringlich.

„Muss ich sonst noch etwas beachten?“ sah ich mich im Innern des Hauses um das zweckmäßig eingerichtet war.

„Nein. Ich hoffe du fühlst dich wohl hier. Die Menschen und Vampire wirst du noch kennenlernen. Soviel ich weiß ist Mirusch ebenfalls schwanger sie ist die Gefährtin von Neff ein nettes Paar. Außerdem haben wir insgesamt fünf Kinder hier herumlaufen. Du siehst keine allzu kleine Familie. Insgesamt drei Paare dabei ist Leika mit drei Kindern vollauf beschäftigt. Dann noch Bine mit ihren zwei Buben, die es faustdick hinter den Ohren haben. Nimm dich vor dem Zwillingspaar in acht sie haben nur Unfug im Kopf.“ Klärte er mich über meine zukünftigen Nachbarn auf.

„Du wirst sie alle noch kennenlernen. Soll ich dir dein Schlafzimmer zeigen?“

„Gern!“ nickte ich.

Während wir die steile Holztreppe hochstiegen, meinte Vlad das Ross unten im Anbau wohnte. „So ist er nahe genug und trotzdem kannst du dich ungehindert im Haus bewegen. Es ist ganz allein dein Reich du kannst es ganz nach deinen Wünschen gestalten.“ Das hatte ich nicht erwartet ein eigenes Heim freute ich mich.

„Wenn du etwas benötigst, sag es deinem Bruder, Ross oder Geirrod sie werden es besorgen. So machen es alle Frauen sie fahren selten selbst in die Stadt.“ führte er mich durch die obere Etage. Das ein Schlafzimmer, Bad und wie ich mir schon in Gedanken ausmalte ein Kinderzimmer beherbergte.

Er wirkte besorgt, „Das Haus ist wunderbar und ich werde mich bestimmt wohlfühlen. Genau richtig für mich.“

„Du willst dein Kind also wirklich allein großziehen? Ohne den …“

 „Er ist nur der Erzeuger Dad. Mehr wird er nicht im Leben meines Kindes sein. Ich fürchte du wirst die Vaterstelle übernehmen müssen. Bei all dem Gegenwind, der auf uns zukommen wird.“ Wagte ich anzudeuten.

Vlad runzelte die Stirn und nickte. „Auch damit werden wir fertig. Mach dir nur keine Gedanken ich bin mir der

Lage durchaus bewusst.“ nickte er in Richtung Festung.

Nun sprach ich ihn direkt darauf an. „Alischa du denkst also auch sie …“

Er unterbrach mich, „Wer auch immer dich aufklärte – ich bin froh das du es weißt.“ Lächelte er erleichtert. „Ja sie wird ihre gierigen Finger nach deinem Baby ausstrecken. Sie versuchte es bei Livio und ich weiß ehrlich noch nicht, ob ich meinen Sohn voll vertrauen kann. Das ist eine leidige Tatsache. Sowie das mein bester Freund sein Wort brach. Doch ich halte mich an Rosmerta´s 

Kapitel 31

Doch ich halte mich an Rosmerta´s Ratschlag und mische mich in deine Belange nicht ein. Verfahre nach deinem Ermessen, ich stehe hinter dir. Das wollte ich dir unbedingt mitteilen bevor ich …“

„… wieder abreist? Für wie lange?“

„Ich weiß es nicht die Lage ist prekär. Wir haben nichts außer Endris Vermutungen und deiner Überzeugung, dass ein Vampir dich angriff. In Dortmund ist alles ruhig – überall ist es ruhig. Das gefällt mir nicht! Wir haben unsere Verbündeten  gewarnt  doch  im Grunde  haben  wir  nichts.  Jetzt  ist  es  wichtig  das  die Aufmerksamkeit  nicht nachlässt. Deshalb reise ich herum – sie einfach ermahnen, damit niemand leichtfertig handelt.“

„Reicht Endris Tod denn nicht? Wer außer einem Vampir hätte ihm das antun können? Ich habe ihn gesehen …zerstückelt … aufgeschlitzt“ sagte ich stockend, „Wer?“ fragte ich ihn.

„Es ist ungeheuerlich das einer von uns solch eine Schandtat vollbringt. Sie können es nicht erfassen, verstehst du? Die Zeiten sind lange vorbei, seitdem wir uns gegenseitig töten.“

„Trotzdem läuft einer frei herum.“

„Oder eine! Die weiblichen Vampire waren schon immer die Gewalttätigeren und Machtbesessener.“ Gingen wir hinunter. Ross wartete draußen vor der Tür. Er fragte nach, ob ich mit seinem Einzug in den Anbau einverstanden war.

Dabei dachte ich es sei bereits abgeklärt. Vlad verneinte er sagte nochmals das dies mein Heim wäre und meine alleinige Entscheidung. So zog Ross in den Anbau. Bald darauf verabschiedete sich Vlad.

Am nächsten Tag begegnete ich Livio, der mich mit schmalen Lippen willkommen hieß. Daran war ich mittlerweile gewöhnt. Aus welchen Grund auch immer mochte er mich nicht. In der Festung brachte er es so manches Mal fertig durch mich hindurchzuschauen.

Geirrod hielt sein Versprechen und ging gleich in den ersten Tagen nach meinen Einzug an Endris Gedenkstelle. Es war so ganz anders als die Friedhöfe, die ich kannte. Eine offene Feuerstelle, die inmitten des Dorfes lag. Darum herum lagen Steine in denen Namen eingeritzt waren. Einer trug den Namen meines Freundes.

„Das ist alles?“ kniete ich mich nieder den Stein berührend, „Mehr nicht?“

„Wozu? Behalte ihn in Erinnerung. So ehren wir unsere verlorenen Kinder. Jeden Tag auf ein Neues.“

 Da fiel mir etwas ein, das Bild das ich in Fenils bekam. Ich bat Geirrod Rosmerta danach zu fragen und mitzubringen. Das tat er schon einen Tag später. „Hendrik hat es aufbewahrt.“ Sagte er mir. „Ich soll dich grüßen er möchte dich gern besuchen.“

„Wann immer er kann.“ Dankte ich Geirrod das Bild an den vorgesehenen Platz hängend.

„Ein idyllischer Augenblick.“ Meinte er die Zeichnung betrachtend, „So wird es nimmer mehr.“ Fröstelnd schlang ich die Arme um mich. „Ja aber dieses Bild ist mir lieber als das in meinem Kopf.“

„Ich wusste sofort, als ich dich das erste Mal sah, welcher Mut in dir steckt. Mein Angebot steht nach wie vor, solltest du dich wandeln werde ich dein Ausbilder.“ Wuselte er durch mein Haar.

„Das werde ich nicht!“

„Wer weiß? Warten wir es ab vielleicht kann ich deine Meinung ja ändern. Deine Freundin macht übrigens ganz gute Fortschritte in zwei drei Jahren wird sie soweit sein das die Ausbildung beginnen kann.“

„Solange noch? Wer bildet sie aus?“

„Na wer wohl? Diederich! Er sieht jeden Tag nach ihr. Wir schließen schon wetten ab, wann er sie das erste Mal verprügelt.“ Grinste Geirrod.

Ich erschrak, „Ihr schlagt sie?“

„Manchmal! Nur den Stärkeren respektieren sie. So sind sie wild, blutgierig, die reinsten Monster. Da muss man hart durchgreifen. Die Kleine scheint von der sanfteren Sorte zu sein.“

„Isabel meinst du!“

„Das ist sie schon lange nicht mehr. Sie wird ihren Namen wählen, wenn der Verstand einsetzt. Ich muss dich warnen Sarah bleib von den Gehegen fern – Raubtiere sind nichts gegen sie.“ Mit dieser Warnung verließ er das Haus.

So lebte ich mich langsam in das Dorfgefüge ein. Sie nahmen mich ohne großes Tara auf. Schon bald begriff ich die festen Rituale in unserer kleinen Gemeinschaft. Dreimal täglich trainierten die Krieger, wobei die Frauen und Kinder zusahen. Diese Stunden wurden genutzt um sich zu unterhalten. Ansonsten lebten sie jeder in ihrer eigenen kleinen Welt.

Nur die Kinder genossen eine Freiheit, die ich nie zuvor erlebte. Sie waren in jedem Haus willkommen. Es gab nur eine Regel, die sie strengstens befolgen mussten. Die Unterkünfte und Gehege der Neuen meiden.

Da kannte keiner Spaß. Das erlebte ich als die Zwillinge neugierig wie sie waren dort aufgegriffen wurden. Zuerst verabreichte Livio der sie erwischte ihnen eine Tracht auf den Hintern anschließend die Mutter und danach der Vater. Sie taten mir Leid, und als ich mich nach ihnen erkundigte, schnaufte Bine die Mutter der Beiden. „Sie haben Hausarrest.“

„Es erscheint dir zu streng!“, sagte Leika, „Das müssen sie begreifen zu ihrer eigenen Sicherheit. Es sah schlimmer aus, als es war.“ Lächelte sie mir augenzwinkernd zu. „Der Hausarrest ist die größere Strafe. Für Kinder die immerzu ihren Drang nach Freiheit nachgehen geradezu die Hölle. Glaub mir, ich spreche aus Erfahrung. Als Kind musste ich ganze vier Tage in meinem Zimmer bleiben die längsten Tage meines Lebens. Ich bat meinen Vater mich nochmals zu versohlen, nur damit ich der Enge meines Zimmers entfliehen konnte.“

„Und tat er dir den Gefallen?“ lachte Bine fragend.

„Oh ja! Dazu brummte er mir einen zusätzlichen Tag länger auf. Glaubt mir, ich kam nie wieder in Versuchung, bis heute nicht. Die Lektion saß.“

„Tja so sind wir eben. Das Schlimmste was uns widerfahren kann ist eingesperrt zu werden.“ Stimmte Bine zu. Überrascht stellte ich fest das es ihnen so ging wie mir. War das ein Teil unseres Erbes, den wir alle gleichsam

innehatten? Der einzige Unterschied bestand darin, dass sie bei ihren Familien aufwuchsen. Während ich das Laufen als Ventil benutzte für meinen eingeschränkten Freiheitsdrang.

Ich beobachtete die Kinder, wie sie laut johlend durch das Dorf liefen. Um dann in ein Haus einfielen. Nie blieben sie länger an einer Stelle sie streiften den ganzen Tag umher das Dorf und den nahen Wald nutzend.

Ich träumte, wie anders meine Kindheit verlaufen wäre, wenn ich diese Freiheit hätte genießen dürfen. Anders sah es auch nicht aus, wenn es zum Unterricht ging, den ein älterer Vampir abhielt. Sogar die Jüngsten nahmen daran teil. Er durchstreifte die Umgebung mit den Kindern hielt an der Feuerstelle den Unterricht ab, indem sie sich einfach auf den Boden kauerten. Mit Schreibblock und Stift in der Hand.

Ich durfte sogar dabei sein und musste mir so manches Gespött der Kids gefallen lassen, weil ich vieles nicht wusste. Weder konnte ich die Baumarten auseinanderhalten noch die Rufe eines bestimmtes Vogels erkennen. Sie befanden mich für wirklich dumm und drängten mich von da an am Unterricht teilzunehmen.

So vergingen die Wochen, die ich unbeschwert genoss. In denen ich endlich zur Ruhe kam. Mittlerweile konnte ich an Endris denken, ohne das mir die Tränen in die Augen schossen. Ich konnte des Nachts durchschlafen denn die Albträume versiegten.

Dana, Rosmerta und überhaupt meine Freunde kamen mich oft besuchen so kam niemals Langweile auf. Vor allen Dingen, weil Ross mich das Kochen und Backen lehrte, was die kleinen Leckermäulchen anzog. Dazu gehörten auch meine Freunde obwohl Blut ihre Nahrung war stürzten sie sich zu gern auf meine Backwerke. Rundum zufrieden rundete sich mein Leib die anfangs leichten Tritte wurden zu ausgewachsenen Beulen. Von denen Henry mitsamt seines Sprösslings nie genug bekamen.

Sobald sie eintraten, lagen ihre Hände auf meinen Bauch. Sie wetteiferten regelrecht, wer die meisten Bewegungen erhaschte. Einer von ihnen war jeden Abend für mindestens eine Stunde da. Was jedes Mal zu einer Debatte führte der Name des Kindes.

Sollte es ein Junge werden wollte ich ihn Endris nennen das verriet ich ihnen. Wie es heißen sollte, wenn ich ein Mädchen bekam, wusste nicht. Sie kamen immer mit neuen Vorschlägen, wovon mir keiner gefiel.

„Dann nenn es doch Endrine oder Endrise ist doch egal. Nur solltest du dich mal festlegen.“ Schlug Hendrik glucksend vor.

 „Ja sicher! Endrine die Trine das kann auch nur von dir kommen.“ Schüttelte Henry den Kopf. „Aber in einem muss ich meinem verblödeten Sohn zustimmen es wird Zeit. Oder willst du in den Wehen liegen und dir Gedanken über den Namen deines Kindes machen?“

„Ach bis dahin habe ich noch massig Zeit.“ Winkte ich ab.

Henry zog zweifelnd eine Braue hoch, „Nach Molly Joes Aussage hörte sich das aber anders an.“

Erst gestern untersuchte sie mich. Wie immer sehr zufrieden mit dem Werdegang der Schwangerschaft. „Ich wusste gar nicht das sie zur Festung wollte. Sie sagte doch sie habe es eilig.“ Wunderte ich mich. Die beiden vermieden es mich anzusehen, „Na los raus mit der Sprache. Stimmt etwas mit dem Kind nicht?“ packte ich angstvoll Henrys Arm.

„Nein alles in Ordnung.“ Beruhigte er mich was ich nicht glaubte weshalb verschwieg sie mir das zur Festung ging. Dabei wollte ich ihr etwas für Rosmerta mitgeben. Ich verstand es nicht. Henry log mich an.

Abrupt stand ich auf, „Ich will sofort wissen warum …“

„Beruhige dich!“ stand nun auch Henry auf, „Sie kommt nach jeder Untersuchung hinauf.“ Seufzte er, „weil Corvin es anordnete.“

„Was?“ setzte ich mich fassungslos, ging es schon los? Versuchten er und Alischa mir mein Kind zu nehmen.

„Vlad! Er ist doch rechtzeitig zur Geburt da? Ihr habt doch mit ihm gesprochen.“

„Er versucht sein Bestes!“ erwiderte Henry.

„Dann sag ihm er soll sich verdammt noch mal beeilen!“ fauchte ich Henry an. Corvin! Warum musste er sich einmischen? Nie niemals bekam er mein Kind.

„Dann kannst du dir die Frage ja sparen.“ Sagte Hendrik nicht ohne ein gewisses Maß an Hohn. Auffordernd blitzte ich ihn an so das er zusammenzuckte. Abwehrend hielt er seine Hände hoch, „Er hat sich breitschlagen lassen – ich nicht.“

„Musste das sein?“, fuhr Henry seinen Sohn wütend an.

Während ich mit verschränkten Armen wartete. Henry lief rot an ob vor Wut oder Verlegenheit wusste ich nicht zu sagen. Er suchte nach Worten das konnte nur eines bedeuten, „Also was will er? Mein Kind? Dann sag ihm eines – nie! Für heute habe ich die Nase von euch voll gute Nacht!“ ging ich wutschnaubend vor mich hinwetternd hinauf.

Von unten hörte ich die streitenden Stimmen von Vater und Sohn. Wie ich bemerkte, räumten sie den Tisch ab. Was mich wiederum zum Lächeln brachte. Ich musste an Ross und unseren Reibereien denken. Als er mir vorwarf ich sei eine wahre Furie und ob ich schon immer solch ein Teufel gewesen sei.

Naja ich war zuweilen unausstehlich und Ross litt am Meisten darunter. Das würde ich ihm natürlich nie sagen. Nach einer Weile wurde es unten ruhig. Ich ging nochmals hinunter und holte mir mein Buch. Für heute hatte ich genug von Besuch!

 Doch anstatt zu lesen, wanderten meine Gedanken ständig zu Corvin und was er wollte. Warum habe ich nicht gewartet  bis  Henry  mit  der  Sprache  herausrückte?  Nein  voreilig  und  unüberlegt  musste  ich  meine  Klappe aufreißen.

Es klopfte! Bestimmt Ross er kam jeden Abend nochmals vorbei und vergewisserte sich, ob alles in Ordnung sei. Vielleicht  trinkt  er  noch  einen Tee  mit  mir  lesen  oder  schlafen  konnte  ich  doch  nicht.  Den  viel  zu  engen Morgenmantel über die Schulter werfend ging ich hinunter.

Wie immer wartete er geduldig nie klopfte er ein zweites Mal. Entweder ich machte auf oder ließ es bleiben er schien es immer zu wissen. Deshalb öffnete ich die Tür und fragte sogleich, „Tee?“

„Sehr gern“ ich erstarrte. Seit Monaten hatte ich die Stimme nicht gehört und erkannte sie sofort.

„Ich darf ja wohl eintreten oder bekomme ich den Tee draußen in der Kälte serviert?“

„Was willst du?“, fragte ich barsch nach.

„Mit dir reden.“

„Ach ja? Ich wüsste nicht, über was ich mich mit dir unterhalten sollte.“

„Ich schon! Bittest du mich nun herein oder sollen wir die Unterhaltung hier draußen führen?“

„Sag was du sagen hast!“ rührte ich mich nicht vom Fleck.

„Das ist doch lächerlich! Lass mich rein Sarah.“ grollte er die Teufelsfalte trat scharf hervor.

„Dann eben nicht!“ knallte ich ihm die Tür vor der Nase zu. Wo war Ross? Schob ich hektisch den Riegel vor. Wohl bewusst das ihn das nicht aufhalten würde.

Die Dielen oben knirschten da waren eindeutig Schritte, „Du müsstest schon in einem Panzerschrank wohnen, wenn du mich aussperren wolltest. Ich trinke gern einen Tee.“ Kam er die Treppe hinunter und sah sich unbekümmert um. „Ganz nett“ blieb sein Blick an dem Bild haften. „Das hat er nicht verdient! Nicht solch einen Tod. Hendrik hat ein Zweites gemalt wusstest du das?“ kehrte er dem Bild den Rücken zu mich musternd.

„Gut siehst du aus. Die Schwangerschaft steht dir. Aus diesem Grunde bin ich da, wie du dir denken kannst.“ Er sah sich um, „Ich darf mich doch setzten?“

„Warum fragst du? Du tust ja doch, was du willst.“ Knipste ich das Licht an. „Also was willst du?“

„Keinen Tee?“ sah er mich fragend an, „Dann eben nicht.“ Zuckte er gleichgültig mit der Schulter. „Deine

Schwangerschaft! Du bleibst bei deiner Aussage, dass ich der Kindesvater bin?“

„Erzeuger! Samenspender! Kannst du dir aussuchen. Der Vater – nein das wirst du niemals.“

„Einerlei es kommt auf das gleiche hinaus. Ich komme nur um dich vor einer Blamage zu bewahren. Jeder geht davon aus das ich dich schwängerte. Damit kann ich Leben man hat mir schon Schlimmeres nachgesagt. Stelle vor der Geburt deines Kindes die Vaterschaft richtig, man wird dir verzeihen. Vergessen und vergeben. Das ist mein Rat denk wenigstens an deinen Vater.“

„War es das?“

 „Ja! Im Grunde schon. Du ziehst meinen Rat noch nicht einmal in Erwägung? Das sehe ich dir an. Warum? Nur um Rache zu üben? Bitte! Du stehst später allein da, wenn sie sehen, wer der Vater … der Erzeuger ist.“ Lächelte er zynisch.

Darauf erwiderte ich nichts sondern entriegelte die Tür und bedeutete ihn zu gehen. „Wie du willst.“ Erhob er sich, „Du begehst einen Fehler, Sarah. Glaube mir, sie werden dir eine Lüge nicht verzeihen.“

„Da stimme ich dir zu. Lüge Verrat und Betrug sind schlimme Vergehen, die man schlecht verzeihen kann. Oder nie!“

„Darum geht es. Du willst mich mit deiner Lüge bestrafen. Aber so sieh doch ein das du dir damit selber schadest.“

Ich trat zurück, weil er mir zu nahe kam. „Warum die Besorgnis? Es kann dir doch gleich sein.“

„Ich fühle mich verpflichtet dich zu warnen. Das ist schon alles.“

„Ah dein Pflichtgefühl! Tja du hast getan, was nötig war und nun hau ab.“ Deutlicher konnte man es ja nicht ausdrücken.

„Stur wie eh und je! Wärest du nicht schwanger, würde ich die Wahrheit aus dir herausprügeln. Denn das hast du verdient Sarah Sardovan!“

„Wagner! So steht es in meinen Pass! Wir wollen doch auf die Formalitäten achten.“

„Sarkasmus steht dir nicht.“ Schloss er die Tür von innen, „Ich denke ich nehme dein Angebot doch an und trinke einen Tee. Wie ich hörte, bereitest du einen köstlichen Tee zu. Das kann ich kaum abschlagen. Soll ich schon einmal das Wasser aufsetzen?“

„Sicher aber genug Ross kommt gleich.“

„Bestimmt nicht! Er muss heute Nacht leider eine Wache ersetzen.“

Ich ließ den Teebehälter fallen, den er rasch auffing „Dann reicht dir ja ein Teebeutel das geht schneller.“ Nahm ich ihm das Gefäß ab. Dabei berührten sich unsere Finger er zog seine Hand schnell zurück, als ob ich die Krätze hätte.

„Es liegt an dir, wie lange ich bleibe. Gib deinen … sagen wir Irrtum zu“ grinste er mich frech an, „dann verschwinde ich.“

„So einfach?“ stützte ich mich am Ofen ab und sah auf meinen Bauch hinunter. Mir wurde nur zu deutlich bewusst das ich noch lange nicht über ihn hinweg war. Er sollte gehen seufzend sagte ich. „Na gut! Du bist nicht der Erzeuger. Zufrieden? Und nun geh!“

„Zuerst unterschreibst du mir das!“ hielt er mir ein aufgesetztes Schreiben unter die Nase. „Du erzählst überall herum wer der …“

„Spinnst du!“ schlug ich seine Hand weg, „Ich habe niemanden außer dir gesagt, wer der Vater ist! Nur Rosmerta und Ross wissen es und die haben es … ist ja auch egal.“ Regte ich mich auf, ich war es nur Leid. „Gib den Wisch schon her … oder warte!“, überlegte ich fieberhaft. „Setze einen Zusatz hinzu und ich will eine Kopie.“

 „Einen Zusatz?“ sah er mich fragend an während er einen zweites Papier hervorzog. Typisch für ihn immer schön absichern. Ich würde jede Wette gewinnen, dass er noch mehr solcher Papiere bei sich trug.

„Ja das du auf jegliche Anrechte auf mein Kind verzichtest, auch wenn du der Vater bist.“ Sagte ich schnell und hoffte das dieses Schreiben reichte, falls er Ansprüche anmelden sollte.

„Das ist doch Blödsinn. Du unterschreibst, dass ich nicht der Kindesvater bin und dann noch diese Klausel. Wofür?“

„Für mich und mein Kind! Eine reine Formalität.“ Schob ich ihm die Papiere zu. Er zückte einen Stift und beugte sich über die Blätter schrieb aber nicht.

„Eines möchte ich zuvor noch erfahren. Du sagtest nur Rosmerta, Ross und ich wissen, wer der Vater deines Kindes ist. Wieso schließt du mich mit ein? Warum gehen alle davon aus das ich es bin, wenn du es keinem erzählt hast. Noch nicht einmal Vlad?“

„Ist das nicht egal? Du weißt doch, was für Klatschweiber ihr seid.“ War ich mit meiner Geduld am Ende. Dazu war ich völlig erschöpft allein seine Nähe machte mir zu schaffen. All die Gefühle die ich während der letzten Monaten verdrängte brachen Oberfläche hervor. Ich wollte nur das er endlich ging und mich in Ruhe ließ. Wollte wieder in jenes Gleichgewicht fallen, das ich mir so mühsam erkämpfte und in dem er nicht existierte.

Völlig fertig setzte ich mich an den Küchentisch. „Nun mach schon!“, forderte ich ihn auf. Die Briefe von Vlad und Pierre in die Hand nehmend als könnten sie mich vor ihm beschützen. Ich legte sie zurück, als mir die Unsinnigkeit aufging.

Anstatt zu schreiben, beobachtete er mich. Stille senkte sich über uns.

Unwohl spielte ich schon wieder mit einem Brief. Es war der Letzte von Pierre, in dem er mich wieder einmal aufforderte, ihn in Frankreich zu besuchen. Unwillkürlich musste ich lächeln, obwohl ich das Kind eines Anderen erwartete, akzeptierte er es als gegeben. In diesem Brief teilte er mir mit das er Vlad begegnet sei und ihn gebeten ganz offiziell gebeten habe, um mich zu freien.

Als ich das las, brach ich in Gelächter aus. In manchen Dingen war Pierre richtig altmodisch schon allein die Umschreibungen wie er Vlad aufsuchte das folgende Gespräch – ich wünschte ich wäre dabei gewesen.

Vlad  hingegen  berichtete  kurz  von  Pierres  Absichten  und  das  der  Franzose  gar  nicht  so  übel  sei.  Ein Zugeständnis, das bei meinen Vater selten war.

Ich sah auf und Corvin stand unbeweglich da und schaute mich noch immer an. „Was ging dir gerade durch den Kopf?“, wollte er wissen.

„Nichts was dich anginge. Bist du fertig?“ legte ich Pierres Brief auf den Stapel.

„Wer ist der Vater?“ beugte er sich über den Tisch auf die Briefe sehend.

Ich seufzte, „Fängst du schon wieder an? Ich sage dir du bist es. Du bestreitest es. Ich stimme dir zu und willst das ich unterschreibe ich bestehe auf den Zusatz und das Ganze wieder von vorn. Dazu habe ich keinen Nerv. Entweder du gehst oder …“

„… oder ich bestehe darauf zu erfahren mit wem du dich alles herumgewälzt hast! Wie zum Beispiel mit dem Franzosen der dir anscheinend noch immer schreibt. Du musst ihn ja ganz schön bedient haben.“

Von null auf hundert ohrfeigte ich ihn. „Ich lasse mich nicht beleidigen! Von dir schon gar nicht! Verschwinde aus meinen Haus!“ schrie ich ihn an. „Sofort!“

„Nun spiel nicht die Unschuldige Sarah. Wir wissen doch beide das du es durchaus genießt von Männerhänden befriedigt zu werden.“ Sagte er mich kalt anblickend. „Sloan! Und streite es nicht ab er konnte mir dein intimes Muttermal genauestens beschreiben, der Franzose und wer sonst noch?“

„Du machst mich krank! Du wagst es mir Vorwürfe zu machen. Ausgerechnet du! Wer war es denn der betrog? Du! Und immer wieder du - dabei warst du zu feige mir die Wahrheit zu sagen. Von dir lasse ich mich nicht beschimpfen. Du willst wissen wer? Ich sage es dir - Pierre! So und nun mach, dass du hier rauskommst.“ Ließ ich mich auf den Stuhl fallen. Er ging wortlos hinaus.

Was habe ich da nur gesagt? Mein Gott was habe ich da angerichtet? Hektisch fing ich an Pierre zu schreiben. Wirres Zeug, das keinen Sinn ergab. Völlig verschmiert von den Tränen, die ich nicht unter Kontrolle bekam.

Warum? Warum musste er hier auftauchen?

Morgen! Schreib ihm morgen. Oder besser rufe ihn an – Geirrod wird mir sein Handy leihen. Nein sofort! Wer weiß, was er vorhat.

Im Morgenmantel und Hausschuhen lief ich quer durch das Dorf zu Geirrod´s Haus. Hoffentlich ist er da pochte ich laut an seiner Tür, die sofort aufschwang.

„Na so was! Was ist denn heute Nacht los? Komm nur herein!“ machte er mir Platz.

„Kann ich dein Handy mal benutzen?“, fragte ich ihn.

„Sicher nur gedulde dich einen Moment es ist heiß begehrt.“ Führte er mich in sein Arbeitszimmer. Dort saß Corvin saß entspannt auf dem Schreibtisch mit dem Handy in der Hand.

Mir wurde mit einem Male ganz schlecht. Bitte nicht Pierre lass es nicht Pierre sein.

„Entschuldige nochmals für die Störung und danke. Ja das werde ich tun.“ Legte Corvin das Handy hinter sich, dabei fixierte er mich mit schwarzen Augen. Meine Knie wurden ganz weich.

„Nun das ist also dein Favorit? Wie erstaunt er war, als ich ihm die freudige Nachricht mitteilte.“ Erhob er sich langsam und  kam auf  mich  zu.  „Wir  werden  unser  Gespräch  fortsetzen  müssen  Sarah.“  fasste er  mich  am Unterarm.

„Lass mich los!“ wehrte ich mich. Nahm dieser Albtraum denn kein Ende? Hilfe suchend sah ich mich nach Geirrod um.

Der meinen Blick verstand, „Corvin lass sie gehen. Du siehst doch, wie fertig sie ist.“

„Halte dich heraus. Das ist eine Sache zwischen mir und ihr.“ Zerrte er mich weiter. Geirrod trat zurück, „Wie du meinst! Doch verrate mir eines Corvin was sage ich Vlad?“ legte er seine Hand auf Corvins Schulter, „Mann sieh dich an du bist ja völlig durch den Wind.“ Schaute er Corvin besorgt an, „Lass uns einen Moment raus gehen und reden.“ Indessen verzog ich mich in den Hintergrund.

Nach einigen Minuten hörte ich draußen keine Stimmen mehr. Sie mussten sich vom Haus entfernt haben. Was sollte ich tun? Bleiben oder gehen? Ich ging mich im Schatten haltend auf mein Heim zu. Kurz bevor ich es erreichte, rief Geirrod mich an, „Bist du okay?“

„Ja! Danke Geirrod – wo ist er?“  fragte ich ihn bange aus Angst er käme aus irgendeiner dunklen Ecke hervorgeprescht.

„Auf der Festung. Dana kümmert sich um ihn.“

„Gut! Hauptsache er lässt mich in Ruhe. Danke nochmals.“ Wollte ich die letzten Schritte zum Haus als Geirrod sagte, „normalerweise ist er nicht so. Es ist schon komisch, was Eifersucht aus einem Mann macht. Vergiss den Abend er kriegt sich wieder ein.“ Dazu schwieg ich. Von wegen Eifersucht! Aber das Geirrod auseinanderzusetzen fehlte mir die Kraft.

Am nächsten Morgen blieb ich dem morgendlichen Training fern. Dafür schrieb ich Pierre einen ausführlichen Brief. Das war ich ihm schuldig nach der gestrigen Behauptung. Die Papiere von Corvin verbrannte ich ohne sie weiter zu beachten. Erst danach fühlte ich mich Wohler zwar noch müde aber dennoch erleichtert.

Auch an Vlad schrieb ich einige Zeilen in dem ich ihn bat schnellstens nach Haus zu kommen. Bald ist es soweit strich ich gedankenverloren über den Bauch. Alles war vorbereitet fehlte nur noch mein Vater.

Corvin und sein nächtlicher Besuch beschäftigten mich den ganzen Tag. Die Begegnung mit ihm hatte mich eines gelehrt. Noch lange war ich nicht über ihn hinweg. So wütend ich auch auf ihn war liebte ich ihn. Trotz allem was er mir antat.

Das ist total krank schimpfte ich mich selbst aus. Vom Verstand wusste ich es mein Herz gebot mir etwas anderes. Eines Tages - eines Tages komme ich darüber hinweg versprach ich mir selbst.

Rosmerta kam zu einer ungewöhnlich frühen Tageszeit ich saß noch mit einer Tasse Kaffee am Frühstückstisch, als sie hereinplatzte, „Darf ich mich heute bei dir verkriechen?“ kam sie in ihrer gewohnten lauten Art herein.

„Oben ist dicke Luft, dass man kaum atmen kann.“ Musterte sie mich interessiert, „Übrigens mussten Ross und ich gestern zu einem Verhör antreten. Willst du wissen, worum es ging?“ fragte sie lauernd.

„Kein Bedarf.“ Verneinte ich, „Dana wollte mir eine Wiege besorgen.“ Wechselte ich das Thema, „Hat sie diesbezüglich etwas gesagt?“

„Zu mir nicht. Es ist bald soweit“ deutete sie mit ihrem Stock auf mich. „Sie kommt später. Erst muss sie noch zu Alia.“

„Noch immer keine Besserung?“, fragte ich bedauernd.

Rosmerta schüttelte den Kopf, „Da musst du dir wohl eine neue Patin suchen.“

„Dass ihr daraus aber auch solch einen Akt macht.“ Warf ich ihr leise seufzend vor. Paten und davon gleich Vier. Wer kam nur auf diese hirnrissige Idee? Als Rosmerta und Dana mich dahin gehend aufklärten lehnte ich es zuerst ab.

Mit Kirche und Glauben hatte ich nie etwas zu tun. Religion ja das wurde unterrichtet doch das wählte ich ab, sobald es ging. Sie erklärten mir aber das ihre Patenschaft nichts mit der Kirche zu tun habe. Sondern eine Vorsichtsmaßnahme aus alten Zeiten, als die Vampire sich noch rücksichtslos bekämpften. Deshalb vier – zwei weitere Elternteile so schützten sie ihre Nachkommen. Noch heute bekam jedes Neugeborene Paten. Gegen diesen Brauch durfte ich nicht aufbegehren. Nach Rosmerta´s und Danas Meinung und jeden verdammten Vampir, den ich befragte!

„Fragt sich nur wer? Ich halte Alia für die Richtige neben dir.“ Grinste ich Rosmerta an, denn sie und Alia eine Patenschaft – das überstieg Rosmerta´s Grenzen.

Leise fluchend zeigte Rosmerta mir ihre scharf geschliffenen Zähnchen. „Ach redet ihr wieder mal über Alia?“, grunzte Geirrod hinter vorgehaltener Hand, als er unaufgefordert eintrat. „Das passt ja ganz gut. Denn ich habe ein Problem.“ Wurde er sofort ernst. „Ist vielleicht auch ganz gut das du dabei bist Rosmerta.“ Schwang er sich auf den Stuhl.

Wir sahen ihn neugierig an. So viele Worte aus Geirrod´s Mund das war selten. „Um es kurz zu machen. Sarah ich möchte, dass du dich den Kriegern verpflichtest. Damit kann ich dich und dein Kind vor jeden schützen. Nicht dass noch einmal ein gewisser Herr auftaucht, der dann nicht zu besänftigen ist. Du verstehst schon, was ich meine.“

„Ich denke ich stehe unter euren Schutz?“

„Ja und nein! Vor Feinden der Sardovan´s ja und nein vor einem Sardovan. Schon gar nicht vor unserem Boss wenn er mal wieder, wie ein Berserker seiner Eifersucht nachgeht.“

Rosmerta kicherte, „Das kannst du laut sagen warst du heute schon in der Festung?“ sie wartete die Erwiderung gar nicht ab, „Ist auch besser so. Seine Übellaunigkeit ist kaum auszuhalten und noch lange nicht beendet. Deshalb ist es keine schlechte Idee Sarah in euren Reihen aufnehmen. Als Krieger?“ Geirrod nickte, „Man o man, wenn Vlad das erfährt.“

„Ist das, was Besonderes?“ sie sahen, mich verwundert an.

„Manchmal vergesse ich, wie wenig sie über unsere Lebensart weiß. Ein Mensch, der sich als Krieger verpflichtet verspricht, eines Tages die Wandlung.“ Klärte Rosmerta mich auf.

„Aber das will ich ja gar nicht.“ Entgegnete ich.

„Sie hört nie richtig zu! Oder was meinst du Geirrod? Darauf willst du doch hinaus? Ich kenne dich doch du Schlitzohr.“ Der Krieger grinste zustimmend und Rosmerta erklärte weiter, „Eines Tages! Sarah eines Tages das kann weit in entfernter Zukunft liegen. Indessen kannst du ja vielleicht in Frankreich ein neues Leben aufbauen – also ich finde Pierre ist ein richtiges Schnuckelchen. Solltest du ihn wirklich abweisen werde ich ihn mir …“

Geirrod stöhnte auf, „Das wollen wir gar nicht wissen.“ Verzog er seine Miene, „Was jedoch richtig ist - du musst dich nicht unbedingt wandeln. Lass uns in Fakten reden. Corvin ist das Oberhaupt der Familie – ihm sind wir gehorsam schuldig. Solange es um die Sardovan´s allgemein gilt. Aber ein Krieger aus einem Clan sowie der unsere ist zuerst seinem Clan verpflichtet da hat der Obermacker kein Mitspracherecht. Des Weiteren kann ich als Stellvertreter deines Vaters der der Boss unseres Clans ist dich vor jeden schützen auch vor Corvin. Klar soweit?“

„Hä?“ starrte ich ihn blöd an.

„Ist  doch  ganz  einfach!“  verzog  er  beleidigt  seine  Miene.  Rosmerta  setzte  mir  das  nochmals  haarklein auseinander, bis ich verstand.

„Wenn das so ist! Werde ich mich als Krieger dem Clan verpflichten. Was muss ich tun?“ nie wieder musste ich mich mit Corvin herumschlagen das war ausschlaggebend.

Geirrod sprang auf, „Das hast du gerade getan. Sollte es je dazu kommen werde ich dein Ausbilder sein das verspreche ich dir. Ich wünsche euch noch einen schönen Tag.“

Ich starrte dem Krieger hinter her. „Also ich muss schon sagen. Dafür das ihr so manche komplizierte Bräuche habt. Gehen eure Versprechen ratzfatz über die Bühne.“ Prostete ich Rosmerta mit der Tasse zu.

Sie lächelte mir zu, „Jetzt da du vor Corvin sicher bist was gedenkst du zu tun?“

Lange dachte ich darüber nach, „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht erst einmal die Geburt hinter mich bringen. Tja und dann? Wer weiß irgendwo einen Job annehmen denke ich. Schließlich kann ich nicht mein Lebtag auf Vlad´s Kosten leben.“

„Daran habe ich nicht gedacht, Sarah eher an einem gewissen Vampir in Frankreich. Er hat gestern und heute angerufen, weil er wissen, wie es dir geht. Sagte etwas von Anrufen in der Nacht – willst du mir sagen, was das bedeutet?“

Zuerst wollte ich Rosmerta eine vage Ausrede auftischen doch dann erzählte ich ihr die Vorkommnisse. „Ah nun verstehe ich“, nickte sie grinsend, „kein Wunder, warum wir unter seiner schlechten Laune leiden müssen. Wie ich heraushörte bist du über Alischa und Corvin informiert. Ich will ja sein Verhalten dir gegenüber nicht beschönigen aber lass dir eines gesagt sein. Er handelte für die Familie verdamme ihn nicht zu sehr.“

Warum ergriffen sie immer wieder Partei für ihn? Stand ich auf da ich dieses Thema endgültig satthatte. Er war es der mich sank und klanglos verließ für … wieder sah ich sie vor mir. Die Innigkeit, mit der sie sich liebten, ihre Schönheit versunken in dem Blick des anderen. Sodass sie noch nicht einmal bemerkten, dass ich sie beobachtete.

Aufseufzend setzte ich mich, „Es war von vornherein ein Hirngespinst das mit Corvin und mir. Eine Frage der Zeit, wann er meiner überdrüssig würde. Das wusste ich im Grunde immer. Tja Alischa welche Frau kann schon gegen sie bestehen ich jedenfalls nicht.“ Meinte ich niedergeschlagen.

„Du unterschätzt dich mein Kind. Er wütet gegen Eric und Pierre sie sind auf der Festung nicht willkommen. Warum wohl frage dich einmal.“

„Eric? Ja hat der Basel denn nichts gesagt?“

 „Was denn?“, fragte sie nach.

„Ich dachte Eric hätte längst den Mund aufgemacht. Nicht erwünscht sagst du? Warum sagt dieser Blödian denn nicht die Wahrheit?“ stand ich schon wieder aufgeregt auf.

Rosmerta ebenfalls, „Was denn?“ ergriff sie meine Schultern.

„Sarah! Ich habe sie in die Festung geschmuggelt. Naja sie taten mir Leid als Eric mir erzählte, wie sehr er seine Gefährtin vermisste. Er war doch einige Tage auf der Festung vor Weihnachten und nun ist er meinetwegen in Ungnade gefallen. Ich muss mit Corvin reden. Sofort!“ schüttelte ich ihre Hände ab.

„Nun mal ganz langsam. Du kannst nicht so einfach auf die Festung marschieren schon gar nicht in deinem Zustand außerdem ist dort die Hölle los. Die Russen sind da.“

„Aber ich muss das aufklären! Das hat Eric nicht verdient! Gott warum habe ich nicht daran gedacht!.“ Sackte ich auswegslos auf den Stuhl zusammen.

„Ah dann hat Eric damit zu tun und ich wundere mich warum dieser Streit zwischen ihnen. Kannst du es beweisen? Wer wusste noch davon?“

„Alia! Ja und Ross nehme ich jedenfalls an, er gab mir ein anderes Zimmer, das ich nutzen konnte.“

„Das wird genügen müssen. Ich werde Corvin bitten herzukommen wir brauchen Eric. Er hat die Russen überzeugt herzukommen. Deshalb ist ja das ganze Theater mit ihnen, weil Eric nicht da ist. Ah du bist ein Schatz jetzt gehen die Verhandlungen endlich weiter. Ich will dir eines sagen es steht schlecht mit den Bündnissen. Die Russen sind der Dreh und Angelpunkt viele Familien warten ab wie Corvin mit den Russen fertig wird. Sie sind das unabhängigste und wildeste Volk von allen. Wer sie zu einem Bündnis bewegen kann dem bringen sie Vertrauen entgegen. Ich beeile mich und wenn ich Gewalt einsetzten muss um ihn herzuschleifen. Ross bringe ich gleich mit.“ War sie im gleichen Augenblick verschwunden.

Nervös wartete ich, doch sie kamen nicht. Nur damit ich eine Beschäftigung hatte fing ich an zu backen. Das beruhigte meine Nerven inzwischen war es Mittag und noch immer keine Spur von Rosmerta, Ross oder Corvin.

Inzwischen standen drei Kuchen auf dem Tisch. Wieder sah ich zum Fenster hinaus lief unruhig im Haus herum. Irgendwann kam Dana, die nichts von den Vorgängen in der Festung wusste. „Ich war erst bei Alia und dann in der Stadt die Wiege wird in den nächsten Tagen geliefert.“ Teilte sie mir mit. „Was ist denn los? Du wirkst sehr aufgeregt? Sind die Russen hier gewesen oder gab es einen Zwischenfall?“

Was machte es schon? Ich erzählte es ihr. Wir warteten zusammen. Das lange stehen in der Küche machte sich bemerkbar. Mein Rücken fühlte sich an, als ob er durchbrechen wollte. „Wir sollten ein paar Schritte gehen Sarah das wird deine Muskulatur entspannen.“

„Später Dana. Wir sollten warten.“

Noch mehrmals schlug sie vor Spazieren zu gehen. Ich fuhr sie unwirsch an was ich sofort bereute deshalb versprach ich entschuldigend. „Sobald ich mit Corvin geredet habe. Ja!“ lieb wie sie war nahm sie mir mein rüdes Benehmen nicht übel. „Sofort danach!“, bestand sie besorgt darauf.

 Dann endlich Stimmen - ja das war Rosmerta´s unverwechselbare wundersames Krächzen. „Wie schwer ist der Klops?“, stöhnte sie laut das es durch das gesamte Dorf hallte.

Schnell lief ich zur Tür und konnte kaum glauben, was ich sah. Ross und Rosmerta trugen einen in Ketten verschnürten Corvin Sardovan. Der mit schwarz unterlaufenen Augen und ausgefahrenen Hauern wild um sich bis und versuchte Ross zu beißen. Ich unterdrückte mein Lachen, als ich das Trio sah. Dazu war die Lage zu ernst.

„Tut mir leid das wir so lange brauchten.“ Ließ sie die Beine Corvin´s auf den Boden fallen. Ross tat es ihr nach und sprang vorsichtshalber zurück. „Aber dieser Pfosten“ setzte sie ihren Fuß auf Corvin´s Bauch, worauf er geräuschvoll aufstöhnte, „weigerte sich. Sag, was zu sagen ist!“ befahl sie mir.

Was ich auch tat. Erst hörte er mir nicht zu. Doch als Rosmerta mit dem Stock neben ihm stand und ihm androhte den letzten Rest seines funktionierenden Hirns zu massakrieren hörte er mir zu. Ross bestätigte meine Geschichte. Danach  rief  Rosmerta  Eric  an. Als  das  Paar  ebenfalls  die  Geschehnisse  wiederholte  beruhigte  Corvin  sich zusehends.

„Setz deinen Arsch in Bewegung!“, bellte Corvin befehlend in das Handy. „Macht mich los auf den Genuss nochmals von euch getragen zu werden kann ich verzichten.“

Während Ross und Rosmerta ihr Werk verrichteten erteilte er Befehle. Er ließ Dana Henry anrufen, schickte Ross auf die Festung und rief nochmals Eric an. Zwischendurch fragte er mich, ob sie hier auf Eric warten dürften was ich notgedrungen bejahte.

Dana kam mit meiner Jacke, „So und wir gehen nun ein Stück!“

Ich wollte sie nicht vor dem Kopf stoßen und willigte ein, dabei war ich viel zu neugierig, was Corvin plante. „Rosmerta kommst du mit?“, fragte ich sie.

„Würde ich ja gern aber ihr seht ja bin vollauf beschäftigt. Geht ihr den Pfad im Wald entlang?“

„Das werden wir!“ beantwortete Dana die Frage, „Sarah ist total verspannt das ist für die Geburt nicht gut. Laufen ist da die beste Medizin.“

„Vielleicht komme ich gleich nach“, versprach Rosmerta. Dana drängelte mich mit sanfter Gewalt hinaus.

„Einen Augenblick!“, rief Corvin er kam auf mich zu, „Sarah“ mein Herz stockte diesem Blick an ihm liebte ich. „Danke“ strich er mir leicht über die Wange. Ich konnte nichts sagen. Dana schnaufte ungehalten auf, Corvin räusperte sich, machte den Mund auf und schloss ihn wieder. „Später!“, raunte er mir zu schweigend ging ich einfach hinaus. Tief in Gedanken versunken übersah ich Geirrod, der in voller Kampfmontur vom Trainingsplatz gehetzt kam.

„Was ist eigentlich los?“ rannte er an uns vorbei.

Ein Blick und ich schmelze dahin. Das darf nicht sein. Sagte ich mir immer wieder. Dabei achtete ich kaum auf den Weg. Dana neben mir schwieg - sie schien wie ich mit ihren Gedanken beschäftigt zu sein.

 Wie lange war es her, seitdem er mich so ansah? Das ist ganz gleich er hat sich lediglich bedankt! Später er sagte später! Reiß dich zusammen - Morgen hat er schon vergessen, dass du existierst! Beschäftigten mich meine zwiespältigen Gefühle.

Schließlich ließ ich mich erschöpft auf einem umgestürzten Baum nieder. „Ich kann nicht mehr!“ lachte ich auf meinen Bauch weisend, „So langsam wird es Zeit das Laufen wird immer schwerer.“

„Ja da kann ich dir zustimmen. Es wird wirklich Zeit!“ lachte Dana höhnisch auf. Erschrocken sah ich sie an. Vor mir stand nicht die Dana, die ich kannte. Ihr Gesicht war hart bar jegliches Gefühls. Mit hassverzerrter Miene starrte sie mich an. „Du dummes Kind!“ sie drehte sich herum, „Jens!“

Aus einem Gebüsch kam tatsächlich Jens Stegmann verwundert sah ich ihn an. „Was hat das denn solange gedauert?“, fragte er barsch.

„Dana was soll das bedeuten?“ erhob ich mich mit Herzklopfen - meine Innereien zogen sich Unheil verkündend zusammen.

„Kapierst du es denn nicht? Närrin, die du bist. Es hätte gar nicht so weit kommen müssen. Aber nein du musst ja immer wieder in den Schoss der Familie zurückkehren und nun das! Corvin und du! Ein Kind! Dabei will ich sehen, wie er vor Schmerz auf allen vieren dahinvegetiert wie mein Vater einst.“ Spuckte sie ihre Hasstriade förmlich aus.

„Hör auf zu quatschen und lass uns den Auftrag erledigen.“ Kam Jens entschlossen auf mich zu. Nun sah ich erst, was er in der Hand hielt. Ein Messer mit langer Klinge.

Entsetzt wich ich zurück konnte es nicht glauben. Dana! Mit Jens! Sie war die Verräterin! Die liebe fürsorgliche Dana. „Warum?“, fragte ich sie anklagend.

„Warum?“ äffte sie mich nach, „Rache für meinen Vater! Mein geliebter Vater den Corvin kaltblütig ermordete. Darum! Er hat viele Feinde! Er ist zu mächtig das schmeckt einigen nicht.“ grinste sie, „und du bist der erste Akt zu seiner Vernichtung. Ich habe nichts gegen dich Sarah wärest du nur fortgeblieben. Er säße schon längst in der Falle! Aber nein du kriechst immer wieder zu ihm zurück. Du hast es dir selbst zuzuschreiben.“

Während sie redete wich ich Schritt für Schritt zurück auf den Pfad, den wir gekommen waren. „Sind wir zum Quatschen hier?“, schrie Jens auf mich zulaufend das Messer vorstoßend.

Schützend legte ich die Hände auf meinen aufklaffenden Bauch. Sank auf den Boden die Gedärme und mein Kind haltend. Rief nach Corvin. Fassungslos Dana und Jens anstarrend und zugleich alles, was aus mir herausquoll, zusammenraffend. „Corvin!“, schluchzte ich, mit blutigen Händen mein Baby haltend. „Oh Gott Corvin unser Kind.“

„Ich bin ja da! Sarah sieh mich an ich bin ja da.“ Umschloss er sacht mein Gesicht mit seinen Händen.

„Unser Kind! Rette unser Kind!“ hielt ich es ihm entgegen. Es wurde mir aus den Händen genommen. „Dana! Sie ist es hörst du!“ klammerte ich mich an seinen Armen.

„Nicht reden Sarah. Alles wird gut.“ Schluchzte er auf, „Hörst du alles wird gut!“ küsste er mein Gesicht.

 „Kümmere dich um unser Kind. Ich liebe dich.“

 

„Sarah nein! Sieh mich an! Sieh mich an.“ Doch die Dunkelheit holte mich ein.

 

 

 

Epilog

Corvin sah auf sein Kind hinab das in seinen Armen mit der Faust im Mund fest schlief. Seufzend wandte er sich dem Bild zu auf dem Sarah mit ihren Freunden saß. Er hielt eine stumme Zwiesprache mit ihr. Erzählte die Fortschritte ihres gemeinsamen Nachwuchses. Berichtete von Alia und Hendrik die ihre Patenschaft sehr ernst nahmen. All die Kleinigkeiten des täglichen Lebens auf der Festung, bevor er der Frau die gerade eintrat das Kind übergab. „Gib gut darauf acht es ist alles was mir von Sarah blieb.“

Die Frau nickte beruhigend und drückte das kleine Bündel liebevoll an ihre Brust. „Das werde ich, Corvin“, versprach sie, bevor sie den Raum verließ.

Corvin seufzte unschlüssig, ob er das Richtige tat. Viel zu viele Fehler lagen hinter ihm fragend schaute er hinauf auf das Bild, auf dem Sarah ihm zuversichtlich zulächelte. „Wie glücklich du sein würdest, Sarah. All deine Träume wurden wahr. Ein Kind dem du all deine Liebe schenken könntest die du niemals erfuhrst. Ein Mann der dich liebt und immer lieben wird.“ Versank er in ihr Abbild.

Schließlich wandte er sich schweren Herzens ab, um seinen Pflichten nachzukommen.

 

 

 

 

 

Ich danke euch allen, die bisher gelangten.

 

Und kann nur hoffen das euch die Geschichte genauso viel Spaß bereitete wie mir sie zu schreiben. Sollte für einige Leser der Schluss zu schnell gekommen sein, kann ich eines sagen es geht weiter mit Bluthungrig Vulpe.

Liebe Grüße Kim Marie

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 12.12.2012

Alle Rechte vorbehalten

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