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Wolken und Sterne


Es war einmal ein Königssohn, den alle nur den Träumer nannten. Lag er doch am liebsten hinter seines Vaters Schloss im Garten, hing seinen eigenen Gedanken nach, schaute des Tags den vorbeifliegenden Wolken zu und des Nachts zählte er die Sterne.

Oft war der König sehr betrübt über seinen missratenen Sohn; nicht nur, weil dieser sich standhaft weigerte, das Kriegshandwerk zu erlernen, sondern vor allem, weil der gesamte Hofstaat hinter vorgehaltener Hand über dieses weltfremde und seltsame Kind kicherte.

"Hör, Vater", sprach der Jüngling, als er seinen achtzehnten Lenz erreicht hatte: "Höre, ich will nun weggehen von hier, weg aus deinem Schloss, weg aus deinem Reich und nimmermehr will ich zurückkehren oder gar deine herrschaftliche Nachfolge antreten. Niemals nämlich will ich mit Hilfe deines mächtigen und kriegerischen Gottes verfügen und bestimmen müssen über die Menschen, die Tiere und das Land. Niemals werde ich denen, die wie ich geboren wurden mit einem Kopf, einem Herzen, zwei Armen und zwei Beinen, ein Leid antun indem ich auf ihre Kosten und zu ihren Ungunsten lebe. Und niemals und überhaupt nicht werde ich meinesgleichen bekämpfen, bekriegen und mit dem Schwerte abschlachten lassen, um als etwas zu gelten in der Welt oder gar selbst dadurch ein Wohlleben zu haben."

"Du Narr", entgegnete ihm sein Vater, der König, voller Zorn. "Du törichter Narr und Träumer! Wovon glaubst du denn dein Dasein fristen zu können, wenn du in solch anmaßender Art und Weise deinen Posten verlässt, den dir unser allmächtiger Herr und Gott zugedacht?! Wie - glaubst du - dir selbst gerecht werden zu können, wenn du alle verfügte Ordnung und Gerechtigkeit mit Füßen trittst?! Vor die Hunde gehen und jämmerlich verrecken wirst du da draussen in der Welt, denn nichts hast du und nichts kannst du und ein erbärmlicher Niemand bist du, sobald du auch nur einen einzigen Schritt über meine Grenzen hinaus gesetzt hast!"

Mit Tränen in den Augen wandte sich der junge Mann ab und verliess wortlos das väterliche Schloss. Wie gerne hätte er seinem Vater davon gesprochen, wie es um die wahre, um die tief empfundene Gerechtigkeit wirklich bestellt sei. Denn darüber hatte er lange sich besonnen: Dass man in der Gerechtigkeit sein müsse wie die Wolken am Himmel, auf dass man sich nicht verhärte und versteinere, sondern jederzeit jedem Begegnenden alles sein und alles werden könne und dabei immer frei und leicht und beweglich bleibe und nicht wehe tue den anderen mit einer falschen und harten und bösen Gerechtigkeit. Und

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Klaus Strohmaier
Bildmaterialien: Bookrix
Tag der Veröffentlichung: 11.02.2013
ISBN: 978-3-7309-1089-4

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