Ein kleines Häusschen am Waldrand, mit einem bezaubernden Garten voller blühender, majestätischer Pflanzen. Das Haus von meiner Mutter und mir, in das wir frisch eingezogen waren, nachdem mein Vater vor einem halben Jahr auf seltsamer Weise umgekommen war. Man hatte ihn bedeckt mit Blumen auf einer Lichtung im Stadtwald gefunden. Zunächst nahm der Pathologe an, er sei vergiftet worden, doch er fand nichts. Keine Ursache für den Tod. Das letzte halbe Jahr hatte uns mit Stress begleitet und unser neues Haus sollte uns nun bei einem Neu-Anfang helfen…
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Ich fand das Häusschen wirklich schön, aber dennoch hatte ich Angst vor der ersten Nacht. Ich vermisste Papa und es war immer wieder traurig, zu wissen, dass er am nächsten Morgen, nicht fröhlich, wie immer, mich aufwecken und mit mir unseren morgendlichen Spaziergang unternehmen würde. Ich wusch mich, zog mir eine Leggins und das Lieblings T-Shirt von Papa an, an dem immer noch der Vertraute Duft von ihm hing und kuschelte mich in mein Bett. Ein Bild, wo wir beide drauf zusehen waren, stand auf meinen Nachttisch. Ich nahm es in die Hand und strich zärtlich drüber, dann stellte ich es wieder auf seinen Platz. Eine Träne rollte über meine Wange, ich fuhr schnell mit der Hand darüber und knipste dann das Licht aus.
Eine wunderschöne Frau mit weißen Haar und glasklaren blauen Augen. Sie streckte die Hand nach mir aus und mit ihrer weichen Stimme rief sie mir zu:,, Komm her Lia! Komm zu mir, in meine Welt. Ich kann dich zu deinem Vater führen.“ Ich wollte nach ihrer Hand greifen, konnte es gar nicht erwarten. Ich schenkte ihr Gauben, doch da schob sich ein Schatten, zwischen uns. Sie flüsterte eindringlich: ,,Wach auf! Du darfst nicht mit ihr gehen. Es wird dein Untergang sein.“ Das Bild verschwamm…
Ich wachte auf. Was war das? Ich spürte noch immer den Atem des Schattens an meinem Ohr. Der Traum hatte sich so echt angefühlt, so wirklich. Verwirrt schloss ich die Augen und versuchte mir die Frau in Erinnerung zu rufen. Ihre Schönheit war sagenhaft. Sie hatte mir das Gefühl gegeben, ihr zu vertrauen, aber warum hatte mich der Schatten gewarnt? Ich schloss aus, dass es nur ein Traum war. Es war viel zu real gewesen. Ich schlüpfte in meine kuscheligen Schlappen die vor meinem Bett lagen, ging ins Bad und putzte mir erst mal die Zähne. Dann band ich meine rötlichen Haare zu einem Pferdeschwanz und zog mir eine warme Strickjacke an. Mama war schon wach und stand in der Küche. Sie machte Pancakes. Ich holte mir ein Glas Orangensaft und dachte weiter über die Nacht nach. ,,Hast du gut geschlafen?“, holte mich meine Mutter aus den Gedanken. Sie sah müde aus und hatte dunkle Augenringe. ,,Es war in Ordnung!“, antwortete ich und da sie so unfassbar traurig aussah, nahm ich sie in den Arm und drückte sie fest. Sie schluchzte auf und dann weinten wir beide. Wir weinten uns die ganzen letzten Monate raus, der Stress, die Sehnsucht, das leere Gefühl. Es tat gut und danach konnten wir beide seit Monaten endlich wieder lächeln. Die Pancakes, die mittlerweile kalt geworden waren, kamen in den Kühlschrank, da wir nicht sonderlich Appetit hatten. Stattdessen beschlossen wir in den Wald zugehen. Ich zog mir ein paar Schuhe an und dann ging es los. Es war ein warmer Tag, Vögel zwitscherten und die Sonnenstrahlen blendeten uns. Der Wald war wirklich schön. Wir kamen auf eine Lichtung, in der Mitte lag ein Baumstamm, auf den wir uns setzten. Wir redeten nicht viel, wir hörten nur den Vögeln zu und sahen uns lächelnd an. Doch plötzlich zuckte ich zusammen, hatte ich nicht gerade ein Paar glasklare blaue Augen gesehen? Mir wurde es zu kühl und ich wollte wieder nach Hause. Und auch Mama war nicht mehr so wohl und wir machten uns auf den Rückweg.
Texte: (c) Kiki1309
Tag der Veröffentlichung: 17.05.2012
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