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Internat Reykjavik



Kapitel 1 (Die Ansprache)



„Wie ihr alle wisst wurde das Internat Reykjavik erst vor zwei Monaten gegründet. Die Gründungsplanungen begannen allerdings schon vor ungefähr einem Jahr. Es musste Personal gesucht werden. Wir benötigen Lehrer für die Fächer Musik, Mathematik, Deutsch, Englisch, Spanisch, Kunst, den kooperativen Religionsunterricht, Sport und natürlich Reiten. Ich bin der Meinung wir haben es geschafft ein qualifiziertes Team zusammen zu stellen. Zu dieser Mannschaft möchte ich auch die Pferde zählen, die für euch wahrscheinlich das wichtigste sind.
Nun kommen wir zum Schuljahr; da wir langsam anfangen diese Schule aufzubauen gibt es in diesem Jahr nur Schülerinnen und Schüler des siebten Jahrgangs. Ich möchte euch also als etwas besonderes bezeichnen und dieses soll auch euer Abschluss nach der zwölften Klasse zeigen! Ihr seid der Jahrgang, dessen Ergebnisse besonders scharf beobachtet werden. Ihr werdet als erstes einen Abschluss des Internats Reykjavik erhalten...“

Kapitel 2 (Sechs Jahre später)



Nun war es da, das letzte Schuljahr des ersten Jahrgangs, das Frau Reuter, die Leiterin des Internats Reykjavik, in ihrer Rede vor sechs Jahren erwähnt hatte.
Das Internat beherbergte nun endlich sechs Jahrgänge. In den vergangenen Jahren war der Stamm der Schulpferde immer größer geworden. Es wurden immer mehr Lehrer und es wurden nach und nach alle Gebäude vollständig genutzt. Die Schulmannschaft, die aus jeweils zwei Reitern pro Jahrgang besteht, wurde mit diesem Jahr endlich richtig konkurrenzfähig. In den vorherigen Jahren wurde das Team aufgrund der fehlenden älteren Jahrgänge mit Reiterinnen und Reitern der jüngeren Klassen aufgefüllt, damit das Internat Reykjavik überhaupt an den Wettkämpfen teilnehmen konnte.
Auf Reykjavik wurden immer nur Reiter aufgenommen, sie können auch ihre eigenen Pferde mitbringen. Bevorzugt sind das Islandpferde wie es auch die Schulpferde sind, es können aber auch Pferde und Ponys anderer Rassen sein, da das Internat jedoch eigentlich nur Gangreiten, sowie die Grundlagen und das Aufbautraining dazu anbietet, müssten es Gangpferde sein. Zusätzlich zu den obligatorischen Reitkursen können die Schülerinnen und Schüler sich eine weitere Sportart aussuchen, um sich fit zu halten und ein Musikinstrument, um die Kreativität und die innere Ruhe zu fördern.
Der Reitunterricht teilt sich in unterschiedliche Kurse auf: Es gibt Grund-, Dressur-, Spring-, Tölt- und Gangkurse allgemein. An manchen Wochenenden werden auch noch Passlehrgänge angeboten, die allerdings auf rein freiwilliger Basis stattfinden. Die anderen Kurse werden so belegt, wie es für Pferd und Reiter am sinnvollsten ist. Ein Reiter wird jedoch immer mindestens zwei verschiedene Kurse belegen.

Kapitel 3 (Das letzte Schuljahr beginnt)



Alle Schülerinnen und Schüler hatten ihre Zimmer bezogen, die Mädchen im Südteil und die Jungen im Nordteil des Hauptgebäudes. Die alljährliche Rede der Internatsleiterin Frau Reuter war vorbei und die Internatsbewohner verließen die Aula, die den Mittelpunkt des Hauptgebäudes und auch des gesamten Internats bildete. Nun war es Zeit ins Bett zu gehen, um für den ersten Schultag im neuen Schuljahr auch fit zu sein. So verließen auch Emma und Martha die Aula und gingen in Richtung Süden zu ihrem Zimmer mit der Nummer 208.
Als sie dort ankamen sahen sie durch den Türspalt einen Schatten. Es war der Schatten eines Menschen und er bewegte sich. Martha, die die deutlich mutigere der beiden war, stieß die Tür auf und stürmte hinein... Emma hörte einen Aufschrei... Dann sagte Martha: „Mensch Lukas, du sollst uns doch nicht immer so erschrecken!“ Emma betrat das Zimmer. „Gleichfalls!“, gab Lukas zurück. „Wo hast du denn Tim gelassen?“, fragte Emma. „Der hat morgen ein wichtiges Spiel und wollte früh schlafen gehen“, antwortete Lukas. Tim und Lukas gingen bis zum letzten Schuljahr gemeinsam auf das Internat von Esbjerg, das ganz in der Nähe des Internats Reykjavik lag. Nun wohnten sie immer noch dort, doch sie gingen nicht mehr zur Schule. Tim spielte in der ersten Herrenmannschaft Fußball und Lukas war der Handballer unter den Beiden. Nebenher machten beide eine Ausbildung, die mit ihrem Sport vereinbar war. Beide wollten Koch werden. Immer wieder einmal kamen die beiden Jungen, die sich seit ihrem ersten Jahr auf dem Internat kannten, Emma und Martha auf Reykjavik. Seit eineinhalb Jahren war Emma nun mit Tim zusammen, Lukas und Martha waren seit genau elf Monaten ein Paar.
„Musst du nicht auch langsam zurück?“, fragte Martha und gab Lukas einen Kuss. Dieser ging zur Tür, winkte noch einmal und verließ das Zimmer.
Der nächste Vormittag verging wie im Flug. Sie bekamen ihre Stundenpläne, Bücherlisten wurden ausgeteilt, man musste sich entscheiden, ob man in einem Orchester spielen wollte und welche Sportart man in diesem Jahr betreiben wollte. Für Emma und Martha war das kein Problem. Beide spielten liebend gern im Blasorchester Klarinette, nur bei den Sportarten teilten sich ihre Meinungen. Witziger Weise spielte Emma gern Handball und Martha Fußball. Genau entgegengesetzt zu ihren Freunden Tim und Lukas.
Mit der Vorfreude auf den Nachmittag beeilten sich Martha und Emma nach dem Unterricht ihre Taschen ins Zimmer zu bringen und sich auf den Weg zur Kantine zu machen, die in einem Nebengebäude im Westen des Internats untergebracht war. Heute gab es Pizza, wie immer am ersten Schultag! Sie setzten sich an einen Tisch ganz am Ende des Raumes, hier saßen auch Lisa und Lilli, Marthas kleine Schwestern, sie waren Zwillinge und hatten heute ihren allerersten Schultag auf Reykjavik.
Gleich nach dem Essen und natürlich nach dem Umziehen machten sich die Vier auf den Weg zum Stall, der auf der Ostseite des Internats lag. Emma und Martha hatten dort ihre eigenen Isländer untergebracht und ritten seit gut acht Jahren. Lisa und Lilli hatten noch keine eigenen Pferde, ritten jedoch auch schon seit vier Jahren. Für alle ging es heute, wie alle drei Monate, um die Einteilung in die Kurse. Lilli und Lisa hofften in den Spring- und den Töltkurs zu kommen, Martha und Emma wollten ebenfalls in den Springkurs und zusätzlich hofften sie auf den Gangkurs allgemein.
Die Pferde wurden schon vor Beginn des Schuljahres den Reitern zugeordnet. Sollte ein Paar jedoch wider erwarten überhaupt nicht zusammen passen, konnten sich die Paare auch noch ändern.
Am Offenstall angekommen wurden als erstes Skinfaxi und Koltinna begrüßt. Emma rief ihren „Faxi“ und Martha ihre „Tinna“. Nach kräftigem Tätscheln, kleinen Streicheleinheiten und sanften Umarmungen gingen sie hinüber zu den Boxen, wo sich auch die große Sattelkammer und die Reithalle befanden.
In der Sattelkammer hing die Liste der zugeteilten Pferde. Martha und Emma kannten fast alle Schulpferde und konnten Lisa und Lilli gut helfen ihre Pferde zu finden, denn die Fotos, die über jedem beschrifteten Sattel hingen, halfen beim Suchen nicht wirklich weiter. Also ging Martha mit Lilli los, um den ihr zugeteilten Rotschimmelwallach Elfur vom Paddock zu holen. Die Lisa zugeteilte Fuchsstute Vending stand noch auf der Weide und von dort holten sie Emma und Lisa.
In der ersten Runde ritten heute außer Lilli und Lisa noch alle anderen Siebtklässler, also insgesamt achtzehn Mädchen und zwölf Jungen. Es gab insgesamt sechs Runden, für jede Klassenstufe eine. Jede Runde lief gleich ab. Die Pferde wurden abgeritten, dann kamen immer fünf Reiter gemeinsam in die Halle oder auf den Außenreitplatz, dort hatten sie zehn Minuten Zeit ihre Pferde in allen Gangarten zu reiten. Für alle war es ein anstrengender Nachmittag. Von 14.00 bis 19.00 Uhr ging es im Stall hoch her. Lilli und Lisa waren um genau 14.50 Uhr gemeinsam mit einem Mädchen namens Susi und zwei Jungen namens Nils und Julian. Elfur, der von Lilli geritten wurde, war sehr sanft und reagierte gut auf ihre Hilfen. Lisa hatte es mit Vending nicht so leicht, sie bog sich zwar gut in den Wendungen, doch mit der Aufrichtung im Tölt klappte es nicht so recht. Ihre Mitreiter waren alle noch nicht sehr erfahren, doch Nils hatte sein Schulpferd Iðunn gut im Griff und er konnte diese erdfarbene kräftige Stute in allen Gangarten schön reiten. Er schaffte es in den Dressur- und Töltkurs. Susi und Julian kamen aufgrund ihres guten Sitzes, jedoch fehlender Erfahrung und ein wenig fehlendem Einfühlungsvermögen, in den Grund- und den Springkurs. Lillis und Lisas Wünsche wurden erfüllt, sie kamen beide in den Spring- und den Töltkurs.
Später am Nachmittag waren auch Martha und Emma mit Koltinna und Skinfaxi dran. Faxis lange Mähne flog im Tölt wunderschön, die Rappstute Koltinna zeigte einen schicken versammelten Galopp auf dem Zirkel. Keine Frage, dass Emma und Martha es in den Gangkurs allgemein schafften, doch den Springkurs bekamen sie nicht. Die Trainer waren der Meinung, dass Emma und Faxi in der Dressur noch etwas Übung brauchten und Martha sollte mit Tinna im Töltkurs noch einmal zusätzlich am Tölt arbeiten.
Den nächsten Tag hatten alle Pferde frei. An diesem Dienstag fanden die ersten Treffen der Sportgruppen, sowie der Orchester statt. Beim Handball und beim Fußball fand das erste Training statt. Im Blasorchester, das am Abend zusammen kam, wurden von Musiklehrerin Frau Balz die Noten und der Terminplan ausgeteilt. Der reguläre Reitunterricht ging am Mittwoch los. Jeden Tag fand immer eine Kursart statt. Montags die Grundkurse, dienstags die Töltkurse, mittwochs die Dressurkurse, donnerstags die Gangkurse allgemein und freitags die Springkurse.
Also waren Emma und Skinfaxi gleich am Mittwoch mit der Dressur an der Reihe. Gemeinsam mit Martha machte sie den windfarbenen Wallach fertig für die Reitstunde, die heute in der Reithalle stattfinden sollte. Dort standen heute Seitengänge und die Hinterhandwendung auf dem Programm. Mit der Gehorsamkeit hatte es bei Skinfaxi noch nie so recht geklappt und so musste ihn Emma einige Male mit der Gerte touchieren, ehe er langsam um seine Vorderbeine herum trat. Was Seitengänge anging war Faxi jedoch noch zickiger! Er wollte auf gar keinen Fall ordentlich übertreten, erst als der Reitlehrer Herr Meinert Emma zu Hilfe kam, zeigte Skinfaxi gute Ansätze.

Kapitel 4 (Darf Snoopy bleiben?)



Die erste Woche im neuen Schuljahr verging schnell und alle, auch Lisa und Lilli lebten sich schnell ein.
Zur Feier des ersten Wochenendes wollten Emma und Martha zusammen mit den beiden ausreiten. Also gingen sie zur Reitstallleiterin Frau Grübler und baten sie um Erlaubnis. Frau Grübler wusste, dass alle vier gute Reiterinnen waren und so erlaubte sie ihnen einen kleinen Ausflug zu machen. Dazu sollten die Wallache Baggi und Farfús nehmen, da diese sehr zuverlässig im Gelände waren. Lisa und Lilli durften sich dann später selber aussuchen, wer wen reiten sollte.
Martha und Emma holten alle vier Pferde von der Koppel und überraschten dann Lilli und Lisa. Diese waren hoch erfreut, als sie hörten, dass sie einen Ausritt machen würden. Im Stall verliebte Lilli sich sofort in den kleinen Fuchs Farfús und Lisa fand den kräftigen Rappschecken Baggi sehr süß. So war die Pferdeverteilung schnell gelöst und eine halbe Stunde später ritten die vier los. Auf einem Feldweg, der hinter dem Stall begann, ritten sie in Richtung des großen Waldes.
Nach einer halben Stunde Ritt in Schritt, Trab und auch ein wenig Galopp kamen Emma, Martha, Lilli und Lisa mit ihren Pferden, die sich sehr gut verstanden, an einen Baumstamm, der mit einem Durchmesser von etwa dreißig Zentimetern mitten im Weg lag.
„Lasst uns da drüber springen!“, schlug Emma vor. Die anderen fanden diese Idee wunderbar und sprangen nacheinander über den Stamm. Besonders gut zeigte sich Marthas Stute Koltinna, sie taxierte das Hindernis genau, zog kurz vorher an, sprang zum genau richtigen Zeitpunkt ab und zog die Vorderbeine in hervorragender Manier an den Körper.
„Ich glaube Tinna war im letzten Leben ein Hannoveraner, der S-Springen gegangen ist“, scherzte daraufhin die immer gut aufgelegte Lilli. Lisa starrte den Baumstamm an, als wäre sie hypnotisiert. Emma fiel es zuerst auf und sie fragte: „Ist alles ok, Lisa?“ Die Antwort kam prompt: „Guck mal da unten am Baumstamm!“ Nun schauten alle dort hin und was sie sahen, ließ sie erschaudern.
Es war unverkennbar ein Tier, es war nicht so groß wie eine Katze, eher wie ein Zwergkaninchen und es hatte schwarz-weißes Fell. Doch das schlimmste war, dass sich das Tier nicht bewegte!
Die Mädchen stiegen ab und traten näher.
Es war eine Katze, jedoch eine noch junge, die noch nicht ganz ausgewachsen war. Bei näherem Hinsehen konnte man erkennen, dass sich die Brust hebte und senkte. Das Kätzchen lebte, aber es war schwach. Was sollten Lilli, Lisa, Martha und Emma nun tun?
Die einzige Möglichkeit war die Katze mit auf ein Pferd zu setzen und so schnell, aber auch so ruhig wie möglich zum Internat zurück zu reiten. Der kürzeste Weg zur Schule, war der Weg, den sie gekommen waren, also mussten sie noch einmal über den Baumstamm. Schnell und ruhig, das konnte nur eines bedeuten: Tölt! Den schnellsten und dabei noch ruhigen Tölt hatte eindeutig Skinfaxi, also sprang Emma mit ihm über den Stamm, dann legte Martha ihr ganz vorsichtig das Kätzchen vorne auf den Sattel. Dann sprangen auch die Anderen über den Baum und los ging es im Tölt! Farfús, Baggi und Koltinna mussten allerdings traben oder teilweise soagr galoppieren, um mit Skinfaxis Tempo, das fast an einen Renntölt erinnerte, mitzuhalten.
Innerhalb von genau 13 Minuten kamen sie am Stall an. Lilli lief sofort zu Frau Grübler, um ihr von der Katze zu erzählen und sie zu bitten sofort den Tierarzt Dr. Weise anzurufen.
Nachdem sie den Anruf getätigt hatte, kam die Reitschuldirektorin in den Stall, um nach der dort auf Stroh liegenden Katze zu sehen. Der flache Atem des Tieres machte ihr Sorgen und so kam ihnen allen die Zeit bis der Tierarzt kam unendlich lang vor.
Zehn Minuten später kam Dr. Weise auf den Hof gefahren. Er sprang mit seinem Arztkoffer aus dem Auto und ging mit großen Schritten auf den Stall zu. Lilli und Lisa kamen ihm entgegen gelaufen und führten ihn zu der kleinen Katze. Bei dem Strohbettchen angekommen öffnete der Doktor sofort seine Tasche und gab der Katze, die die Zwillinge inzwischen Snoopy getauft hatten, drei Spritzen, eine zum Aufbau der Abwehrkräfte, eine Wurmkur und ein Breitenantibiotikum, wie er später erklärte. Danach hörte der Tierarzt das Herz und die Lunge ab, nahm Blut ab und desinfizierte und verband eine verletzte Pfote.
Anschließend nahm Dr. Weise Snoopy mit in seine Praxis, um ihn besser beobachten und behandeln zu können, aber er versprach regelmäßig anzurufen und Bericht zu erstatten. Außerdem durften die Mädchen den Kater jederzeit besuchen. „Hauptsache unser Kätzchen wird wieder gesund!“, war Emmas Reaktion auf die Entscheidung des Tierarztes. „Ja stimmt, wir wollen sie ja auch mal spielen sehen!“, sagte Martha mit einem kleinen Lächeln, doch alle machten sich große Sorgen um Snoopy.
Am Abend bekamen Martha und Emma Besuch. Ihren Lieblingsbesuch. Es waren Lukas und Tim. Emma war überglücklich ihren Tim endlich wiederzusehen.Die Mädchen erzählten von Snoopy, woraufhin Tim scherzhaft meinte: „Muss ich eifersüchtig werden?“

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 13.07.2009

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