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Die Wallfahrt zur Gnadenmutter



Die Gret war geradezu prädestiniert als Vorbeterin bei der Prozession. Ob das nun die Fronleichnamsprozession war oder die Bittprozession, immer war Frau Gret´s Stimme etwas blechern, aber unerbittlich und weit hörbar zu vernehmen. Sie schmetterte das „Vater unser“ und das „Gegrüßet sei´s du Maria“, dass es eine wahre Freude war, für den Herrgott und auch für die Gläubigen. Die Gret gehörte einfach dazu, sie war von der Prozession nicht mehr wegzudenken.
Eines Sonntags war eine große Wallfahrt zur Gnaden-
mutter nach Marienthal im Rheingau angesagt. Mit einem kleinen Personendampfer ging es früh am Morgen los. Das Schiff hieß „Cäcilie“ und war geduldig genug, ein ganzes Schiffsleben lang mehr oder weniger fromme Wallfahrer zu transportieren. So ging es beim ersten goldenen Son-
nenstrahl mit „Maria zu lieben“ auf den Lippen von der Landebrücke. Im Takt der Schaufelräder folgte der Rosenkranz, und es dauerte gar nicht lange, bis sich nach dem ersten Gesetz des Rosenkranzes erster Hunger und Durst einstellten.
Gerade verschwand die Turmspitze der hochragenden Liebfrauenkirche hinter der nächsten, von Bergen verdeckten Strombiegung, als die ersten mitgebrachten Butterbrote ausgepackt wurden. Thermosflaschen, gefüllt mit schwarzem Tee und Zitronensaft wurden rundgereicht. Wer gerade den Mund voll hatte, brauchte nicht mit zu beten und mit zu singen.

Im Rheingau angekommen, stand die Sonne schon hoch, es war heiß und es gab argen Durst. Die Gret war besonders durstig. Einmal lag das an ihrer Veranlagung, andererseits gab ständiges Beten und Singen einen trockenen Hals. Ein Limonadenstand an der Landebrücke wurde eilends von der Gret aufgesucht. Zwei Flaschen Limonade wechselten den Besitzer und gingen mit der Gret auf fromme Wanderschaft. Der marianische Gruß ist so eingerichtet, dass an einer Stelle des Gebetes der Vorbeter endet und die Gemeinde den restlichen Gebetstext vollendet. Just an der Stelle „Heilige Maria, Mutter Gottes …“ setzte die Gret die Flasche an ihre durstigen Lippen und gluckerte nach und nach die beiden Flaschen leer. Es war ja auch so heiß. Über Feldwege ging es vorbei an Weinbergen, vorbei an Klee und Roggen.

Was die Gret nicht vorhersehen konnte, stellte sich bei ihr ein. Nun war sie zwar nicht mehr durstig, aber die Limonade drückte doch sehr auf ihre Blase. Was tun?
Kurzerhand verließ sie die betende Kolonne, ging fünf Schritte aufs freie Feld, dort in Hockstellung und streifte ihr Untergewand so geschickt zurecht, dass sie sich der überflüssigen, nun nicht mehr Limonade, entledigte. Dabei betete sie laut wie zuvor, und wer nicht zufällig hinschaute, dem wurde der Vorgang der Wasser lassenden Gret überhaupt nicht bekannt.

Während die Gebetsmühlen auf Hochtour liefen, ruhte der Schaufelraddampfer "Cäcilie" am Rüdesheimer Anleger und ließ es sich gutgehen. Auf der Hinfahrt gegen den Strom klapperten die Schaufelräder mühsam gegen die Strömung, als ob sie flehen würden: Herr Gott hilf mir doch, die schwere Last zu schleppen. Auf der Rückreise hingegen drehten sie sich vergnüglich leicht, und es hörte sich an wie: Leck mich am A...., ich brauch dich nicht.


Schmitt am BILD-Telefon



Hallo, ist dort die Redaktion von BILD? Ja, hier ist Schmitt, ich möchte mich beschweren. Nein nicht der Bundes-
Schmitt, der heißt doch Schnauze; ich bin der Leser Schmitt. Ach Sie kennen keinen Leser Schmitt. Nein, nicht Schleicher Schmitt, mit die elastischen Beine. Die werden sich bei Ihnen kaum beschweren. Der große Schmitt ist Kummer gewohnt – mit Ihnen. Nein, hier ist der Schmitt mit T. Welchen Tee? Nee nicht Tee. Ich kann keinen Tee riechen. Ich wollte nur sagen, weil ich keinen Tee mag, wollte ich mich beschweren. Ach was sag ich, ich bin der Schmitt mit zwei TT, Te, Te, nicht DT.
Ob ich keinen anderen Namen – natürlich spielt das eine Rolle. Ich bin nun mal auf den guten alten deutschen Namen Schmitt getauft, weil mein Vater … ja der war auch ein guter Deutscher. Überhaupt, alle guten Deutschen sind deutsch. Frollein, jetzt hören se doch mal zu.
Wenn ein getreuer Axel-Cäsar-Springer-Dauer-Verdum-
mungskonsument täglich seine Groschen locker macht und einmal in dreißig Jahren Ihren Chef sprechen will, dann sollten Sie sich wirklich nicht so anstellen. Schließlich bezieh ich meine Allgemeinbildung ratenweise, wissen se, so pö a pö aus Ihrn Boulevardanzeiger mit die wichtigen Balkenüberschriften nach dem Motto: Je balker die Schrift – je toter, den´s trifft. Und das ist der springende Punkt.
Jetzt kommts. Ich möchte auch einmal in meinem Leben ganz vorne drauf auf die Balkenüberschrift. Was, das geht nicht? Und ob das geht! Das werd ich Ihnen beweisen. Passen se auf. Wenn ich ein Dutzend Plastik-Bomben gleichzeitig leg, dann lass ich mich ertappen und Ihre Zeitung schreibt: Schmitt – Bombenleger der Nation. Ja, ich, der van der Lubbe-Verschnitt von 1977. Was, das könnte Verwechslungen geben mit dem anderen Schmitt.
Das ist doch der springende Punkt. Nein, nicht der Springer im Hund. Frollein, jetzt machen se mich aber ganz schön verlegen. Hauptsache, die Leute lesen vorm Wahlsonntag, dann is de Chose sowieso gelaufen. Oder meinen se, de Bevölkerung, was so Ihr Leserpublikum repräsentiert, kann Schmitt nit von Schmitt unterscheiden?
Ei, Frollein, warum ham se aufgelegt?


Feierdaach



Wenn de Frohnäichnumsdaach
uffem Kallenner steht
Wird’s Muddergoddesje gebodzt
un aach die Kierzeläichder
gewienert. Dä Wacks vumm
ledschde Johr muss runner
Unn Schlisselbluhme miesse her
un Magereedebluhme.
Wo is das wäiße Schbitzedeckchje
un Schträichhelzjer
däm Kend sein Gränzje
un das Blumekerbchje.
Die Tembotaschediecher fier die Tant
die griehd bei däne fiele Majbahm
jedes Johr de Haischnobbe.
De Tand ihr Rosegränzje
un es Gebäädbuch met de große Schrift
De Grosche fier de Klingelbaidel
Vadder, die Fähnchjer
die roodwäiße
un das rode no ouße.
Beeil dich.
Die Prozzesjoon kimmt schunn.
Guggemol die Engelchjer wie scheen.
Wo ist dann uns Kend,
duts aach nit schwätze?
Es Gränzje sitzt en bißje schebb
uffem Loggekebbchje.
Was säin das fier staatse Kerle,
die de Hiemel drahn.
Im Namen des Vaters
un die Messediener met ihre
roode Freggelchjer
und des Sohnes
mein Gott is dä Herr Parre
en fromme Mann
und des heiligen Geistes
wie die Jungfrauwe so tapfer
vorbääde duhn
Wie es war im Anfang.
Gugg, die Nooberschfraa
hot ihre neije Rosaroode uffem Kopp
So auch jetzt und allezeit …
Nur das Kosdühm ist alt.
Das hatse schunn em letschde Johr
Jetz singen se däm Keenich Freudebsalme
Hätt der Mann en Spass
Wenn er noch do wär.
Aber er is jo uff Vadderdaach
en de Hiemel nuffgefohr.

Impressum

Texte: (c) by Karl-Heinz Link
Tag der Veröffentlichung: 19.03.2009

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