Cover







Sütterlin



Schriftstücke mit dieser alten Schrift sind nicht mehr überall zu finden. Man nennt diese Schreibschrift auch die „Deutsche Schrift“. Sie wurde von dem Berliner Grafiker L. Sütterlin in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts geschaffen.
Zuvor bediente man sich für Briefe und Notizen der Schriften Kurrente und Humanistische Cursive.
Zu unterscheiden sind Schreibschriften für Briefe und Notizen, zu denen auch Sütterlin gehört und den Druckschriften (Fraktur, Kanzlei und Rundschrift) für Dokumente und Bücher.
Sütterlin wurde noch bis 1940 in deutschen Schulen gelehrt. Danach führte man die „Lateinische Schreibschrift“ ein, die es bereits seit dem 18. Jahrhundert gab.


Wir, in unserem KGG Kämmerchen wollen uns an die Zeit der Sütterlin-Schrift erinnern und haben so einige alte Schriften zusammengetragen und auch heute noch einmal versucht, soweit möglich, uns dieser Schrift zu bedienen.





Ein Feldpostbrief aus Rußland, den Monirapunzel noch aufbewahrt hat.
Um den Inhalt leichter lesen zu können, ist im Anschluss eine Übersetzung dabei.



Rußland, d. 24.3.43

Liebe Eltern!

Herzliche Grüße aus weiter Ferne sendet Euch Euer Sohn Artur. Bin noch gesund und munter, was ich auch von Euch hoffe. Hier fängt es schon an Frühling zu werden. Des Nachts ist es ja noch kalt,aber mittags kommt die Sonne schön heraus. Vom Winter hier in Rußland hab' ich ja wenig gemerkt. Vorige Tage habe ich meine erste Auszeichnung bekommen, und zwar einen rumänischen Orden, der nennt sich "Kreuzzug gegen den Bolschewismus". Ich schicke Euch hiermit eine Urkunde darüber, hebt sie bitte gut auf. Wie habt Ihr denn Mutters Namenstag gefeiert? Habt Ihr meine Karten auch bekommen? Ich habe davon noch keine Nachricht. Und wie ist es mit meiner Zeitung? Wenn Ihr mal Zeitschriften habt oder Illustrierten schickt sie mir bitte! Habt Ihr schon das Geld erhalten? Gebt bitte sofort Anwort. Nun will ich schließen, ich wünsche Euch alles Gute, und auf ein gesundes Wiedersehen hofft Euer Sohn Artur.
Viele Grüße an Tante Liese und Hilde.




Einige Seiten aus einer Fibel, die Ältere sicherlich noch aus ihrer Schulzeit kennen, hat Tilken für dieses Büchlein zur Verfügung gestellt.
Korrektes Schreiben in vorgegebenen 4 Linien war beim Sütterlin üblich. Man begann mit dem "i". In Einzelbuchstaben wurden die Wörter zusammengesetzt, während die Kinder heute gleich ganze Wörter gelehrt werden, um ein flüssigeres Lesen zu erreichen.

Auszüge Seite 15-22















Holte, den 13.9.1925


Liebe Schwester Schwägerin und Tante

Zuvor die freundlichsten Grüße von uns allen, als dann
die Mitteilung, dass mein Befinden augenblicklich viel besser ist.
Jetzt bin ich die ganzen Tage schon wieder hoch. Wenn es so weiter geht,
kann ich mit 4-6 Wochen meinen Haushalt wieder führen. Gottes Wege sind wunderbar, nicht wahr liebe Schwester.
Vor 3 Wochen dachte keiner, das ich wieder vom Bette käme, selbst der Arzt hatte keine Hoffnung mehr. Er wollte keinen Strohhalm dagegen einsetzen.
Wie der Arzt Freitag hier war, wusste er gar nicht was er sagen sollte, das ich so munter aussah. Er hätte gedacht, es wäre Riesenschritte rückwärts gegangen
anstatt so wie jetzt. Liebe Schwester, musst es mir nicht übel nehmen, dass ich nicht mehr schreibe. Sonntag persönlich mehr nicht wahr. Habe Alfred und Martin auch noch eben hingeschrieben. Mutter ist 16 Tage hier gewesen, ist Freitag wieder nach Hause gegangen. Nun weißt du bescheid, wie es mir geht. Berts (Ehemann) und Kinder sind auch gut zufrieden und lassen herzlich grüßen. Also wir rechnen bestimmt auf Sonntag bei gutem Wetter.
1000 Grüße und Küsse. Deine liebe Schwester

Anna

Dem lieben Gott befohlen.
***

Der einzige Brief meiner Großmutter,sie starb im Alter von 28 Jahren an Rheuma.
Meine Mutter war 4Jahre alt. 14 Tage bevor meine Großmutter starb, schrieb sie diesen Brief.
Meine Mutter hat ihn bis zu ihrem Tod im Herbst wie einen Schatz aufbewahrt. Für mich und meine beiden Schwestern, wird er nun zu einem Zeitdokument, da wir ihn nicht kannten und in dem Nachlaß unserer Mutter fanden.
Ich bedanke mich herzlich bei Clara, die mir bei der Übersetzung des Briefes geholfen hat.
(C) Klaerchen





1. Dezember


Der Winter steht nun vor den Türen.
Es ist so bitterkalt.
Wie schrecklich muss man jetzt oft frieren
Und dicker Schnee liegt schon im Wald.
Wir haben noch ein wenig Speck
Und etwas Mehl im Haus
Und Honig noch für Krankheitszweck,
den Monat reicht es aus.
Doch wenn dann dieses ist vertan,
dann weiß ich nicht, was kochen.
Bis neu man wieder ernten kann,
das dauert ja noch Wochen.
So sprach das Linchen heute früh,
als sie den Kaffee tranken.
Der Stoffel nickt, ja recht hat sie
Und macht sich viel Gedanken
12. Dezember


Heut ist der Stoffel in der Kammer
Wo Puppen werden repariert.
Was sieht er da für einen Jammer,
oh Püppchen, was ist euch passiert?
Oh, diese bösen Mädchen haben
Gar arg die Puppen zugericht’t.
Von diesen schönen Vorjahrsgaben
Hat manche nicht mehr das Gesicht.
Bei vielen ist die Nase fort,
es fehlt ein Bein vom Paar.
Ein Loch ist öfter g’rade dort,
wo sonstens war das Haar.

23. Dezember


Und endlich ist es nun soweit,
dass man kann sagen: „Morgen“.
Für’s Christkind ist man nun bereit,
verschwunden sind die Sorgen.
Die Töpfe sind nun vollgefüllt.
Gefüllt sind Kist’ und Kasten.
Denn wer zur Arbeit ist gewillt,
der braucht auch nicht zu fasten.
Jetzt kommt das schönste aller Feste
Nach diesen sauren Wochen.
Man ist gerüstet auf das Beste.
Christkindlein kann jetzt pochen.

24. Dezember


Oh Himmelslicht! Oh Himmelsschein!
Du strahlst in unsre Stuben,
so mitten in das Herz hinein
den Mädchen und den Buben.









Schulaufsatz 1936


Die Olympischen Spiele in Berlin 1936

Im dritten Reich ist das Turnen sehr wichtig. Der Turnvater Jahn hat das Turnen zum Volksgut gemacht. Eines der ersten Sportländer ist Deutschland. In Garmisch-Partenkirchen war der Wintersport. Vom 1.-16. August finden die Olympischen Spiele in Berlin statt. Auch August Volmer von Senden wird an dem Langstreckenlauf teilnehmen. Auch die deutsche Jugend nimmt daran teil. In der Olympiafahne sind fünf verschlungene Ringe. Auf dem Sportfeld ist ein 74 m hoher Turm errichtet, darin hängt eine große Glocke, sie hat eine Inschrift, diese lautet: Ich rufe die Jugend der Welt. Am 1. August nachmittags 4 Uhr werden die Kämpfer in dem Reichssportfeld einziehen. Dann wird unser Führer Adolf Hitler die Spiele eröffnen. Von Olympia in Griechenland wurde die Flamme über Delphi, Athen, Saloniki, Sofia, Belgrad, Budapest, Wien, Prag, Dresden und Leibzig nach Berlin gebracht. Die Spieler müssen den Olympischen Eid ablegen, die Spielregeln genau beachten, um der Ehre unseres Vaterlandes und zum Ruhm des Sportes.






von Tilken:

So flieg hinaus, was hier gesammelt
dass es nicht irgendwo vergammelt,
in Kästen und in alten Schränken.
Besser war es, so zu denken:
Es gab auch in der alten Zeit
sehr vieles, was die Menschen freut´.
Und was die alte Schrift -
die ihr nicht kennt - bis heut betrifft:
sie war Begleiter allezeit
den Menschen über Schmerz und Freud.




Impressum

Texte: Alle Rechte den Autoren
Bildmaterialien: Alle Rechte den Autoren
Tag der Veröffentlichung: 21.02.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Mitwirkende: monirapunzel tilken klärchen clara

Nächste Seite
Seite 1 /