Gegen Ende des 22. Jahrhunderts gelang es der Menschheit sich von ihrem Heimatplaneten zu lösen, um längere Expeditionen ins Weltall zu unternehmen. Die Hauptmotive dabei waren primär finanzieller Natur: da die meisten Rohstoffe auf der Erde verbraucht waren und nur noch mit komplizierten sowie kostspieligen Verfahren aus altem Material wiederaufbereitet werden konnten, versuchte man in riesigen Raumschiffen mit gigantischen Laderäumen Rohstoffe auf anderen Planeten außerhalb des Sonnensystems zu finden, um diese auszubeuten und zurück zur Erde zu transportieren. In den vergangenen 50 Jahren hatte man nämlich bereits den halben Mars mit Stollen unterminiert sowie dreiviertel des Neptuns abgetragen. Bohrungen auf den anderen Planeten hatten nur in Spuren wertvolle Edelmetalle zu Tage gebracht, weshalb man nun seit 10 Jahren dazu überging, mit Hilfe von neu entwickelten Fusionstriebwerken die Nachbarn der Sonne zu erkunden. Auf Grund der beachtlichen Leistung der neusten Antriebe, die im freien Raum eine phänomenale Geschwindigkeit von 62-facher Lichtgeschwindigkeit erlaubten, war es möglich, das System Alpha Centauri (Entfernung: 4,3 Lichtjahre) bereits in 26 Tagen zu erreichen. Das Prinzip des neuen Antriebs beruhte auf der Implosionstheorie, die durch rasch hintereinander erfolgendes Auslösen von Kettenexplosionen hinter dem Raumschiff dasselbige vorwärts katapultierten. Damit das ganze nicht nach hinten los ging, mußte man vor allem beim Beschleunigungsvorgang sehr vorsichtig sein. Das ganze Spiel beginnt im Orbit der Erde, indem man zuerst eine kleine Explosion hinter dem Raumschiff erzeugt und diese in konstanter Distanz erneuert – jedoch in stärkeren Ausführungen. Dadurch erfolgt eine Art Treppenstufeneffekt, der die Geschwindigkeit des Raumschiffs schubartig durch die Kraft der Explosionen vergrößert. Dadurch ist die Lichtgeschwindigkeit innerhalb von wenigen Stunden ab Start erreichbar und das maximale Tempo wird nur durch die Leistung des Fusionsreaktors begrenzt, der die Energie für die Sprengladungen stellen muß. Eine faszinierende Technologie, die zwar über zwei Tage benötigt, bis sie auf vollen Touren läuft, aber was bedeutet das schon angesichts der ungeheuren Geschwindigkeit, die sie dann ermöglicht? Trotz der immensen Kosten des Reaktors ist dies ein sehr ertragreicher neuer Wirtschaftszweig und so kam es dazu, daß auch ich mich bei einer dieser Firmen bewarb, die mit Rohstoffen aus dem Weltall den schnellen Teuro (alte Währung im 21. Jahrhundert) machen wollten. Dank meiner ausgezeichneten Empfehlungen bekam ich eine Stelle als Archäologe auf der „Europa“, einem 400 Meter langen Großraumfrachter der „Trans-All WK“. (WK ist die Abkürzung für Weltweiter Konzern)
Da sich das Schiff momentan noch im Bau befand, mußte ich allerdings erst noch eine Weile Bodendienste verrichten. Speziell also das Begutachten bzw. Auswerten von Bohrproben von diversen Planeten. Der Tag des Stapellaufs des neuen Schiffs ließ jedoch nicht lange auf sich warten und so kam es, daß ich mich von meiner Ehefrau verabschieden mußte, mit der ich seit vier Jahren verheiratet war.
„In spätestens drei Monaten bin ich wieder zurück“, versprach ich. „Dann machen wir erst mal richtig schön Urlaub. Wie hört sich das an?“
„Mir wäre es lieber, du würdest hier bleiben“, meinte meine Cora.
„Ich weiß – aber soviel Geld wie bei dieser einen Fahrt verdiene ich sonst in einem Jahr nicht.“
Die Bezahlung bei Trans-All war nämlich ausgesprochen großzügig. Schon der Standardsatz betrug 40 Prozent mehr als bei einer vergleichbaren Anstellung als Archäologe in einer anderen Firma. Für jeden Tag im All gab es zudem einen Bonus von 110 Prozent! Für jede Stunde auf einem erdfremden Planeten satte 150 Prozent! Da konnte man sich wirklich nicht beschweren. Auf der anderen Seite mochte ich gar nicht abschätzen, wie viel Kohle die Firma mit einer Fuhre Erz, Titan, Platin oder was immer wir fanden, machte. Das mußte vermutlich in die Milliarden gehen – ähnlich hoch beliefen sich allein schon die Kosten für den Fusionsreaktor, der zudem eine sehr aufwendige Wartung brauchte. Konnte mir im Detail aber egal sein. Herzlich umarmte ich Cora, um sie ein letztes Mal vor meiner Abfahrt zu küssen, ehe ich zur Firma fuhr. Auf dem Weg zum Starthangar, der etwas abseits der großflächigen Anlage stand, begegnete ich bereits einigen Leuten der Besatzung, die mir mein Chef bei der Einweihung in den letzten Tagen bereits vorgestellt hatte.
„Na, Franz?“ sprach mich einer der Ingenieure an. „Bin mal gespannt auf die Quartiere. Ob es da auch vollautomatische Wandbetten mit analytischer Lagenkorrektur gibt?“
„Die sind heutzutage sowieso schon Standard“, meinte ich gelassen. „Aber könnte natürlich sein, daß die da oben an irgend einer Stelle wieder gespart haben.“
„Wie immer eben. Na ja, mal schauen. Wir sehen uns später eh noch.“
Nach einer kurzen Ansprache von Theo Kutzeler, dem stellvertretenden Chef der Trans-All, die ich allerdings nicht weiter verfolgte, betraten wir das Raumschiff mit Namen „Gurk“ über den zentralen Aufzug, der alle Decks miteinander verband. Auf dem 1. Deck befanden sich die Brücke, die Krankenstation sowie die Aufenthaltsräume für die Mannschaft, wo man seine Freizeit verbringen konnte. Das 2. Deck beinhaltete die meisten fachspezifischen Labore. Auf dem 3. Deck tummelten sich die Quartiere für die Besatzung. Blieben noch drei Decks übrig, von denen eins mit Hangars für unsere kleinen Raumfähren ausgestattet war sowie mit diversen Lagerräumen für Ausrüstungsgegenstände, ein weiteres umfaßte den Maschinenraum, während im untersten (größten) die Rohstoffe gelagert werden sollten.
Ich tat es meinen Kollegen gleich und begab mich erst mal zu meinem Quartier, das ich nach etwas Suchen fand. Neugierig trat ich durch die automatische Tür um mich erst mal umzusehen. Im Hauptzimmer standen mehrere Sessel, ein Tisch, mehrere Schränke, ein Sofa und mehrere kleine Kommoden. Links führte eine Tür ins Schlafzimmer, das in der Tat über ein vollautomatisches Wandbett verfügte. Gegenüber befand sich das Bad, das mit allerlei technischen Raffinessen ausgestattet war als da wären Badewasser-Regler (auf 0,01° Celsius genau) oder manuelles Waschprogramm. Der vierte und letzte Raum war eine Art Arbeitszimmer mit Schreibtisch sowie einem Computer der allerneuesten Generation.
„Computer – wie spät ist es?“ - „Exakt 10 Uhr 27 und 12 Sekunden.“
„Das nächste mal auf die Angabe der Sekunden verzichten.“ - „Gespeichert.“
„Wie groß ist mein Quartier insgesamt?“ - „69,52 Quadratmeter.“
„Computer?“ - „Ja?“ - „Nenn mich ab sofort 'Meister'.“ - „Ja Meister.“
Das gefiel mir schon mal. „Kammstein – Auf die Knie“, wünschte ich mir und schon dudelte die Musik der bekannten ExtremHeavyRock-Gruppe los. Das Piepen meines Sprechgeräts unterbrach meine Musikeskapaden.
„Musik aus. Ja?“
„Die Musik in Zukunft bitte nicht ganz so laut“, dröhnte eine mir unbekannte Stimme an mein Ohr. „Ich bin übrigens Ihr linker Quartiernachbar. Wenn Sie wollen können Sie kurz mal vorbeischauen.“
„Mache ich“, versprach ich. „Bis gleich.“
Beim Hinausgehen sperrte ich mein Quartier mit „Tür abschließen“ ab, um durch die nächste Tür zu schlendern, wo mich im ersten Raum bereits ein blonder großgewachsener Mann empfing.
„Hallo! Ich bin Uli Wenzel“, hielt er mir freundlich die Hand hin.
„Franz Holdersheim“, stellte ich mich meinerseits vor. „Ist das auch Ihr erster Flug ins All?“
„Nein, ich bin schon etwas länger bei der Firma und mache das jetzt das vierte Mal mit. Allerdings ging es die letzten Male nach Proxima Centauri und jetzt sollen wir mitunter auch untersuchen, ob es was auf Alpha Centauri zu holen gibt. Ich würde übrigens vorschlagen, wir sagen du zueinander, Franz?“
„Ok Uli. Wie lange wart ihr auf der letzten Fahrt eigentlich unterwegs?“
„Genau 4 Monate. Das war aber noch mit dem Vorgängerschiff. Das flog noch etwas langsamer. Warum fragst du? Bist du verheiratet?“
„Erraten“, bestätigte ich. „Was ist mit dir?“
„Ich bin ständig auf Achse. Außerdem liebe ich meine Unabhängigkeit ...“
„Verstehe. Na dann wünsche ich dir noch was – ich muß mich nämlich noch mit den Lokalitäten an Bord vertraut machen.“
„Alles klar. Wir sehen uns vermutlich heute abend auf der Eröffnungsfeier oder kommst du nicht?“
„Sicher. Das laß ich mir nicht entgehen.“
„Ok, bis dann.“
Als nächstes suchte ich das archäologische Labor auf, das mit der neuesten technischen Ausrüstung ausgestattet war. Interessiert untersuchte ich mit dem hochmodernen Materieanalysator meine Schuhe. Wirklich erstaunlich wie genau die Aussage über die Konsistenz des Materials war. Auch die Beschaffenheit meiner Hand konnte recht gut analysiert werden. Eine Lautsprecherstimme ließ mich innehalten.
„Achtung, Achtung, eine Durchsage an die gesamte Besatzung. Wir werden in wenigen Minuten starten und die Erde verlassen. Im Namen von Trans-All heiße ich Sie herzlich willkommen auf diesem Schiff, das Ihnen die besten Arbeitsplätze auf einem Raumschiff bietet, die es in unserer Galaxis gibt. In diesem Sinne wünsche ich uns allen viel Erfolg bei unserer Unternehmung. Mein Name ist Käptn Wolfham.“
Wie angekündigt ging etwa fünf Minuten später ein leichter Ruck durch das Schiff – wir hoben ab. Nach einer Stunde forderte ich den Laborcomputer auf, mir ein aktuelles Kamerabild von der Erde zu liefern. Auf der Anzeige konnte ich nur einen kleinen Punkt in der Mitte erkennen. Drum herum breitete sich der Weltraum aus. „20-fache Vergrößerung des Zentrums“, befahl ich dem PC. Noch immer konnte man nicht besonders viel erkennen. „1000-fache Vergrößerung.“ Diesmal reichte es aus, um die Konturen der Kontinente der Erde zu erkennen. Wenn ich es nicht besser gewußt hätte, wäre ich davon ausgegangen, dies sei nur eine Computeranimation, aber ich wußte es ja besser: wir waren im Weltraum! Fasziniert wandte ich mich wieder meiner Arbeit zu, die momentan noch aus dem Kennenlernen der Apparaturen bestand. Am Abend erfolgte die Eröffnungsfeier zum Jungfernflug unseres Schiffes, die wir in den großflächigen Aufenthaltsräumen abhielten. Da ich nur wenige Leute kannte, ließ ich mir diverse Personen vorstellen, mit denen ich im weiteren Verlauf der Reise noch öfters zu tun bekommen sollte. Speziell wären zu nennen: Gerhard Harbinger, Chemiker, Daniel Volkers, Raumfährenpilot, Rudi Lauraun, Physiker, sowie Olga Irschova, eine aus Rußland stammende Ärztin. Letztere besaß einen harten Akzent, der vor allem bei den Lauten „r“ und „h“ zu hören war. Sie war rund 2 Jahre jünger als ich und wir verstanden uns auf Anhieb. Vielleicht lag es auch daran, daß wir uns beide für ExtremHeavyRock interessierten und auch sonst größtenteils denselben Geschmack hatten. Einzig die Tatsache, daß sie Bohnen mochte, teilte unsere Gemüter. Sowohl mit Rudi als auch mit Gerhard konnte man sehr sachliche Gespräche über fachliche Angelegenheiten führen. Man merkte halt gleich, daß beide aus der mathematischen Ecke stammten. Als ich mit Daniel ins Gespräch kam, erfuhr ich, daß er zur Übung jeden Tag eine ausgedehnte Runde im vierdimensionalen Flugsimulator drehte. Am folgenden Tag lud er mich ein, mit ihm zu spielen. Da mich das an meine Akademie-Zeit erinnerte, ging ich gern darauf ein. Jeder von uns wählte sich einen Abfangjäger aus und dann ging es los! Wilde Verfolgungsjagden über farbenfrohen Planeten, Laserfeuer, Raketenabschüsse, der erfolglose Versuch zu fliehen – und am Ende wie meistens der Abschuß meiner Maschine. Tja, Daniel war mir diesbezüglich doch eine Nasenlänge voraus. Aber ich war ja auch kein Pilot.
Die 25-tägige Reise zum Sternensystem Alpha Centauri bestand zum Großteil aus Routine: morgens irgendwann aufstehen, frühstücken (also auf die konventionelle Art und nicht etwa mit Pillen, wie man vermuten könnte; wissenschaftliche Forschungen hatten nämlich ergeben, daß komprimierte Nahrung in Kapselgröße den Körper zwar physisch ernährt, aber psychisch bleibt man trotzdem hungrig, weil der Vorgang des Essens ein instinktives Bedürfnis darstellt, das im Lauf der Evolution genauso wie Sex das Zentrum des Lebens ist, welches man nicht 1:1 ersetzen kann.), ins Labor gehen um diverse Test-Forschungen anzustellen sowie Testreihen auszuwerten. Das ganze hatte jetzt nur den Zweck, das man später mit den Geräten wirklich effizient umgehen konnte. Die Ergebnisse waren jetzt noch nicht der springende Punkt. Am Nachmittag pflegte ich dann immer meine Arbeit zu beenden, um mich in meinem Quartier zu entspannen oder auf dem Freizeitdeck. Dort gab es allerhand Möglichkeiten sich zu erholen. Im Schwimmbad, in der Sauna, beim Tennis, Minigolf oder auch bei einer ruhigen Partie Schach gegen den praktisch unschlagbaren Bordcomputer oder einen menschlichen Gegner. Soeben saß ich wieder mal bei einem Spiel gegen den ziemlich routinierten Daniel Volkers. Bei zwölf Spielen hatte ich bisher genau zweimal gewonnen. Keine besonders große Ausbeute. Wenigstens schaffte ich diesmal immerhin ein ehrliches unentschieden.
„Du wirst auch immer besser“, grinste Daniel. „Hast du heimlich geübt?“
„Nun, ich hab gestern Abend mit Fritz 27 gespielt – der hat schon ziemlich was auf dem Kasten ... einen besseren Lehrer gibt es nicht.“
Wir spielten auch in den nächsten Tagen noch öfters mal eine Runde, bis wir schließlich nach knapp einem Monat Flugzeit das Alpha-Centauri-System erreichten. Vom 1. Offizier erhielt ich die Nachricht sofort ins Hangardeck 2 zu kommen. Neugierig begab ich mich dorthin, wo ich bereits empfangen wurde. Die Nummer eins – sein Name war Werner Hufler – teilte mir mit, daß ich mit weiteren drei Spezialisten eine Erkundung von Proxima Centauri durchführen sollte, während die „Gurk“ sich mit dem Abbau von Mineralien auf Alpha Centauri befassen würde. Eifrig versuchte ich zu erfahren, wer mich begleiten sollte.
„Daniel Volkers, Rudi Lauraun, Gerhard Harbinger sowie Olga Irschova“, ließ mich Werner Hufler wissen. „Weitere Informationen finden Sie übrigens auf ihrem privaten PC. Diesbezügliche Einsatzdaten wurden bereits überspielt.“
Optimal, dachte ich, während ich mich auf mein Quartier zurückzog, um mich auf die Unternehmung vorzubereiten. Wie ich aus den digitalen Unterlagen erfahren konnte, sollten wir an verschiedenen Stellen des Planeten Grabungen durchführen um die Existenz von Erzen festzustellen. Routine eben. Zwei Stunden später hatten wir den Orbit von Proxima Centauri erreicht und wir fünf standen fertig auf dem Hangardeck.
„Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei ihrer Mission. Wir bleiben die ganze Zeit über mit Ihnen in Funkkontakt und holen Sie in exakt 48 Stunden wieder ab. Da die Atmosphäre des Planeten zu 60 Prozent aus Stickstoff, zu 29 Prozent aus Sauerstoff und zu 11 % aus Kohlenstoffdioxid besteht, werden Sie nicht mal unbedingt Sauerstoff-Masken brauchen. Allerdings sollten Sie körperliche Anstrengungen meiden, denn die Luft ist etwas dünn. Etwa vergleichbar mit der Erde ab einer Höhe von 3000 Metern. Noch Fragen?“
Niemand meldete sich zu Wort, daher bestiegen wir die kleine Raumfähre. Unser ausgebildeter Pilot Daniel setzte sich sogleich ans Steuerpult, während wir anderen in zwei Reihen hinter ihm Platz nahmen. Mit einem leisen Summen schloß die hydraulische Tür und Volkers vor mir startete die Triebwerke. Das Tor am Ende des Hangars öffnete sich und gab den Blick auf einen grünlichen Planeten frei. So hatte ich mir Proxima Centauri gar nicht vorgestellt. Bei Tauri – die Mehrzahl von Taurus, was wiederum Stier bedeutet – dachte ich eher an die Farbe rot.
Inzwischen waren wir durch das Hangartor geflogen und wir entfernten uns mit immer größerer Geschwindigkeit von unserem Mutterschiff. Je länger wir flogen, desto größer wurde auch der Planet vor uns, bis man schließlich nur noch eine große grüne Fläche auf dem Schirm erkennen konnte. Inzwischen waren wir schon so niedrig, das bereits Erhebungen auf der Oberfläche sichtbar waren.
„Das ist wahnsinnig schön!“ fand Olga, die begeistert neben mir saß.
„Also ich frage mich, was an einer grünen, chaotischen Planetenatmosphäre schön sein soll ...“ wunderte sich unser Physiker Rudi Lauraun.
„Solange wir noch keine Bodenproben untersucht haben, können wir gar nichts dazu sagen“, pflichtete ihm unser Chemiker Gerhard Harbinger bei. Die beiden alten Naturwissenschaftler hatten eben für die Schönheiten der Natur nicht viel übrig im Gegensatz zu mir und unserer Ärztin.
Kurze Zeit später beendete Daniel den Sinkflug um in einen normalen 0-Grad-Steigungssektor überzugehen. Laut Höhenmesser flogen wir in 1500 Metern Höhe. Dennoch erkannte man unten viele Details wie die Pflanzen sowie merkwürdige schlangenlinienartige Vertiefungen, die hier überall in wirrer Form die Gegend durchzogen.
„Kannst du ein bißchen weiter runtergehen?“ fragte ich Daniel.
„Kann ich schon machen ... ich überlege mir nur gerade, wo wir hier am besten landen sollen. Ist doch ziemlich bewaldet.“
In einer Höhe von 200 Metern angelangt, erkannte man die Umgebung unten noch besser. Faszinierend – dort breitete sich tatsächlich eine Art Dschungel aus. Die Bäume sahen von oben zwar komisch aus, aber wir durften wohl nicht erwarten, hier eine erdähnliche Vegetation vorzufinden. Plötzlich ertönte ein seltsames Piepen, begleitet von einem roten Blinken auf einer Anzeige. „Verdammt nochmal, was ist denn jetzt los?“ wunderte sich Daniel.
„Gibt es ein Problem?“ erkundigte ich mich, weil ich das Piepsen nicht einstufen konnte.
„Das kann ich noch nicht sagen, aber wir werden es gleich wissen.“
Konzentriert drückte er mehrere Knöpfe und schien auf eine Änderung der aktuellen Situation zu warten, doch nichts geschah. Im Gegenteil: die Raumfähre begann ruckweise auszusetzen und mal nach rechts, mal nach links zu torkeln.
„Ich befürchte, der Antrieb ist im Arsch!“ stellte unser Pilot fest. „Haltet euch fest – ich werde den Vogel jetzt runterbringen. Hier ist es zwar zum Landen denkbar schlecht bei all den Bäumen, aber ...“
In einem konstanten Sackflug verloren wir beständig an Höhe. Der Wald unter uns kam immer näher, bis wir schließlich einen Ast streiften und unmittelbar darauf einen halben Baum umrammten. Ein weiterer Ruck ging durchs Raumschiff, nachdem wir auf den Boden aufsetzten und auf Grund unserer hohen Geschwindigkeit noch ca. 300 Meter auf dem Boden dahinschlitterten. Durch die Wucht des Aufpralls warf es mich um und ich knallte mit dem Kopf irgendwo dagegen. Im Nu verlor ich das Bewußtsein – eine dunkle Schwärze breitete sich um mich herum aus. Meine Seele verweilte unbestimmte Zeit in einem großen, friedlichen Nichts, bis die geruhsame Stille einem seltsamen Geräusch wich. Langsam aber unaufhaltsam an Intensität steigernd setzte sich dieser Ton bis zu einem Brummen fort. Benommen schlug ich die Augen auf. Ich lag auf dem Bauch mit Blickrichtung Heck, wo mir nur einige zerbrochene Ausrüstungsgegenstände auffielen. Jetzt wußte ich, woher das Brummen kam: es war in meinem Kopf. Da mußte ich mir ja ordentlich den Schädel angeschlagen haben. Ein Wunder, daß ich überhaupt noch lebte. Hoffentlich hatte ich keine Gehirnerschütterung davongetragen. Mühsam rappelte ich mich auf. Verdammt war mir schwindelig. Graue Schleier tanzten vor meinen Augen auf und ab. Als erstes suchte ich nach den anderen. Daniel hing leblos in seinem Sessel. Ein armdicker Ast des Baumes, an dem wir zum Stehen gekommen waren, hatte sich in seine Brust gebohrt. Durch Pulsfühlen am Hals erkannte ich, daß er tot war. Was hatte ich denn eigentlich anderes erwartet? Gerhard war durch die Kanzel aus dem Schiff geschleudert worden und lag draußen. Da um ihn herum sehr viel Blut war, folgerte ich, daß er verblutet war. Rudi hing merkwürdig verzerrt in seinem Sitz. Offensichtlich war er durch den Gurt stranguliert worden. Welche Ironie des Schicksals. Hektisch sah ich mich um. Wo war Olga? Sie lag seitlich am Boden zwischen der vordersten und der zweiten Sitzreihe. Verdammt – was war, wenn sie auch noch tot war? Dann war ich hier ganz allein auf diesem Scheiß-Planeten. Vorsichtig berührte ich ihren Hals. Meine Befürchtung sollte sich glücklicherweise nicht bewahrheiten – sie lebte! Ihr Puls war zwar schwach, aber sie war am Leben. Ich drehte sie in eine bessere Lage, damit sie besser atmen konnte und beschloß abzuwarten. Da ich über keine medizinischen Kenntnisse verfügte, hielt ich es für besser, nichts zu tun. Mund-zu-Mund-Beatmung zum Beispiel. Wer weiß: vielleicht verschlimmert das sogar die Funktion, wenn man es nicht richtig macht und beispielsweise zu viel Luft in den Ohnmächtigen preßt. Ich war halt doch kein Arzt und wollte keinen Fehler machen. Aus diesem Grund hielt ich ihren Kopf in meinem Schoß in der Hoffnung, sie möge bald zu sich kommen. Es dauerte eine ganze Weile, ehe sie zu Bewußtsein kam. „Was ... was ist passiert?“
„Wir sind abgestürzt“, half ich ihr auf die Sprünge.
Umständlich versuchte sie aufzustehen. Ich half ihr dabei.
„Was ist mit den anderen?“ wollte sie besorgt wissen.
„Die sind tot.“ Betroffen blickte Olga zu Boden. „Bist du irgendwo verletzt?“
„Außer der Beule an der Stirn – nicht daß ich wüßte.“
Olga kramte den Medizinkoffer aus der Ausrüstung hervor, um meine Wunde am Kopf zu desinfizieren sowie zu verbinden. Es brannte ein wenig, aber ich biß die Zähne zusammen. Ein alter Indianer kennt bekanntlich keinen Schmerz. Sie selbst hatte nur ein paar Schürfwunden, bei deren Verpflasterung ich ihr gern half. „So – und was machen wir jetzt?“ Ihre blauen Augen strahlten mich fragend an.
„Wir funken die ‚Gurk‘ an und sagen denen, daß sie uns sofort abholen sollen“, entschied ich. Doch als ich das Sprechgerät der Raumfähre benutzen wollte, vernahm ich nur ein Surren. „Was ist denn jetzt los? Hallo? Hallo??“
Doch niemand antwortete. Woher auch – das Funkgerät war beim Aufprall beschädigt worden. Da ich auch kein Techniker war, stand ich etwas hilflos vor dem nicht funktionierenden Gerät.
„Was ist denn los? Bekommst du keine Verbindung?“ fragte mich Olga.
„Das Ding ist kaputt“, erklärte ich ihr. „Ich habe auch keine Ahnung, wie ich es reparieren soll geschweige denn wie wir sonst mit unseren Leuten kommunizieren könnten. Es scheint so, als säßen wir hier erst mal fest.“
„Aber vor übermorgen wird uns doch niemand vermissen!“
„Richtig. Wenn man dann merkt, daß wir uns weder melden noch zum vereinbarten Treffpunkt kommen, werden sie einen Suchtrupp zusammenstellen. Ich hoffe mal, das geht einigermaßen schnell vonstatten und das man uns bald findet. Obwohl wir hier mitten im Wald natürlich nicht gerade besonders auffällig sind ...“
„Tja, wenn wir schon hier festhängen, würde ich vorschlagen wir schauen uns mal ein wenig um.“
Wir verließen gemeinsam das Schiff durch die Hecktür, die sich nur noch halb öffnen ließ. Offenbar war sie verbogen worden, aber der Spalt war groß genug um hinauszuschlüpfen. Draußen angekommen sah ich mich erst mal staunend um. Wir standen mitten in einem Wald, dessen Bäume eine V-förmige Struktur hatten. Von den Ästen hingen flauschige, grüne Gebilde herunter. Es sah ein bißchen wie Moos aus, dabei handelte es sich allerdings um das „Laub“ der Bäume. Als ich ein solches Büschel in die Hand nahm, hatte ich das Gefühl, als wäre es Baumwolle.
„Das fühlt sich an wie Watte“, stellte Olga fest, nachdem sie ebenfalls eins der Büschel berührt hatte. „Schau dir mal den Stamm dieser Pflanze an: da sind überall so komische Rillen. Was die wohl für eine Funktion haben?“
„Ich habe keine Ahnung – ich bin kein Biologe.“
Zusammen erkundeten wir die Gegend unmittelbar um unsere Absturzstelle. Bei unserer Bauchlandung hatten wir eine kleine Schneise in den Wald gerissen und im Boden waren tiefe Furchen zurückgeblieben. In einer kleinen Mulde zwischen zwei Bäumen entdeckte ich eine Wasserpfütze, die etwa einen mal einen Meter maß.
„Komisch“, fand ich. „Wieso läuft das Wasser denn hier nicht ab? Hier ist die Erde doch ganz weich ...“
Als ich so zum Spaß einen Stein vom Boden aufhob, um ihn ins Wasser zu werfen, geschah das unglaubliche: aus der Erde schoß ein schwarzes Gebilde heraus, das bis zu einer Größe von 2 Metern anwuchs und sein Maul schloß. Olga, die irgendwo hinter mir stand, gab einen ängstlichen Schrei von sich. Starr vor Überraschung brauchte ich einige Sekunden, ehe ich begriff, daß dies kein Tier, sondern eine Pflanze gewesen war, die hier aus dem Boden emporgeschossen war. Das Ding erinnerte mich entfernt an die auf der Erde heimischen fleischfressenden Pflanzen. Mit dem Unterschied, daß dieses Exemplar hier um einiges größer und wohl auch in der Lage war, einen Menschen zu überwältigen. Ekelhaft ... wirklich schade, daß wir kein Unkrautvernichtungsmittel an Bord hatten – sonst hätte ich hier mal ordentlich aufgeräumt. Ich legte schützend meine Hand um Olgas Schulter und gespannt beobachteten wir, wie sich die Pflanze wieder öffnete und den Blick auf eine Reihe Stacheln im Inneren des Kelches preis gab, ehe sie langsam im Boden versank. Von irgendwoher preßte sie nun Erde als Tarnung über sich, kurz darauf entstand die Wasserpfütze, die wir vorher gesehen hatten, wieder. Dann zeugte nichts mehr von dem Vorfall, der sich soeben ereignet hatte.
„Was war das denn für ein Ding?“ fragte Olga mit Unbehagen in der Stimme.
„Weiß der Henker. Eine unterirdische Riesen-Stachelkelch-Pflanze?!? Jedenfalls sollten wir wirklich aufpassen, wo wir hier hintreten ...“
„Glaubst du, das Wasser hat irgendwas mit diesem Monstrum zu tun?“
„Woher soll ich das wissen?“ zuckte ich mit den Schultern. „Es kann schon sein. Vielleicht ist das ihr Köder?“
„Also ich mache hier keinen Schritt mehr. Ich habe doch keine Lust 4,3 Lichtjahre von zu Hause entfernt als Pflanzendünger zu enden. Daher schlage ich vor, wir kehren in die Raumfähre zurück und warten ab, bis uns das Suchkommando findet.“
Ehrlich gesagt hätte ich gern dasselbe getan, aber ich befürchtete, daß uns der angesprochene Suchtrupp nicht finden würde. Die Leute der „Gurk“ hatten schließlich keinen Anhaltspunkt darüber, wo auf der Oberfläche wir uns befanden. Natürlich konnten sie mit Infrarot, Funkmeß- oder sonstigen Sensoren nach uns suchen, aber unser Standort war ihnen völlig unbekannt. Das bedeutete, sie mußten quasi den ganzen Planeten absuchen und da dieser etwa die Ausmaße des Jupiters hatte, konnte dies ziemlich lange dauern. Wir mußten irgendwie auf uns aufmerksam machen. Steine auslegen ging wohl nicht, weil man das von oben nicht erkennen würde wegen dem Scheißwald. Ein Feuer ... ja, genau – ein Feuer! Das war eine gute Idee. Mir war auch scheißegal, wenn dabei der halbe Wald abbrannte. Hauptsache wir kamen schnellstens wieder zurück auf unser Schiff. Das ungnädige Schicksal von Gerhard, Rudi und Daniel wollte ich nicht teilen.
„Wir gehen zurück in die Fähre“, akzeptierte ich den Vorschlag meiner Kollegin. Ehe wir es uns im Inneren ein bißchen gemütlich machten, trugen wir die Körper von Daniel sowie Rudi nach draußen zu Gerhard, wo wir die Leichname mit einer Plane überdeckten, um anschließend die Löcher in der Kanzel der Fähre auszubessern, da wir nicht genau wußten, wie sich die Nachttemperatur hier auf dem Planeten entwickeln würde. Darüber hatte man uns nämlich keinerlei Daten gegeben. Ferner – vielleicht der wichtigere Grund – behagte mir die Tatsache nicht, daß unser Schlafplatz für jeden problemlos durch das Loch zugänglich war. Da wir nicht genau wußten, was es hier außer fleischfressenden Riesenpflanzen noch so alles gab, spielte die Angst vor dem Unbekannten also doch eine bedeutende Rolle. Besonders Olga drängte darauf, das Loch zu flicken. Das große Loch, das entstanden war, als Gerhard mit Karacho nach draußen geschleudert wurde, dichteten wir provisorisch mit Silikon-Atelat ab. Das kleinere Astloch wollten wir uns auch vornehmen, doch dazu hätten wir erst mal den Ast beseitigen müssen – interessanterweise war ich selbst mit Hilfe einer dreifach gerillten Elektrosäge nicht in der Lage ihn durchzuschneiden. Das „Holz“ war nahezu genauso hart wie das stählerne Sägeblatt. Das waren ja krasse Zustände hier! Als Olga den Einfall hatte, den Hand-Laser aus dem Chirurgenset zu verwenden, sah die Geschichte schon anders aus: innerhalb von 10 Sekunden hatte ich den Ast durch und wir konnten auch dieses Loch beheben. Mich wunderte es trotzdem immer noch, daß diese Schäden am Glas der Kanzel überhaupt entstanden waren – laut Hersteller sollte das verwendete Glas nämlich eigentlich bruchsicher sein ...
Am Ende unserer Ausbesserungsarbeiten schlug ich mit der Faust mit aller Kraft gegen die reparierte Kanzelwand. Nichts tat sich. Das schien zu halten! Hätte mich auch stark gewundert, wenn es anders gewesen wäre, war jedoch ein sehr beruhigendes Gefühl. Ich sperrte die Hecktür von innen zu, ehe wir beide uns schlafen legten. Olga drängte sich ganz dicht an mich. Offenbar war sie froh, nicht allein zu sein. Ich ehrlich gesagt auch.
„Ich hätte nie gedacht, daß dieser Tag so enden wird“, meinte sie. „Hätte ich mich nur nicht auf das ganze eingelassen. Aber ich wollte ja unbedingt raus aus meinem langweiligen Stadt-Krankenhaus ...“
„Also ich bin primär wegen der guten Bezahlung hier“, erklärte ich. „Aber ich glaube auch, daß es nicht ganz so einfach zu verdienen ist, als ich gemeint habe.“
Eine Weile schwiegen wir beide, ehe Olga eine Frage stellte:
„Was meinst du wie lange es dauern wird, ehe man uns rausholt?“
„Schwer zu sagen. Wenn alles gut läuft, einen Tag später als geplant. Falls die Suchaktion nicht so toll läuft, entsprechend länger. Aber ich hoffe in spätestens einer Woche haben wir es überstanden.“
Was ich nicht hinzufügte, sondern mir nur dachte war folgendes: ein Planet der Größe Proxima Centauris mit rund 120.000 km Durchmesser hatte eine Oberfläche von etwa 4,5 * 10 hoch 10 km² – die abzusuchen, wenn man kein Zeichen bekam, war nahezu aussichtslos. Um sicherzugehen, daß man uns fand, würden wir uns wohl irgendwas einfallen lassen müssen. Vielleicht fiel mir morgen was besseres ein, als den Wald abzufackeln ...
Nach einer unruhigen Nacht wachte ich frühzeitig am nächsten Morgen auf. Olga lag eng an mich gekuschelt neben mir. Als ich aufstand, erwachte auch sie. Verschlafen blinzelte sie mich mit halb geöffneten Augen an. „Hast du auch so gut geschlafen wie ich?“
„Es hielt sich in Grenzen“, blieb ich betont sachlich. „Mir ist aber eine Idee gekommen, wie wir den Suchtrupp auf uns aufmerksam machen können, falls sie unsere Absturzstelle nicht auf Anhieb finden: vor unserem Absturz sind wir doch über eine kleine unbewaldete Hügelkette geflogen – wenn wir dort ein großes Signalfeuer machen, müßte man uns eigentlich entdecken.“
„Probieren können wir es ja. Was haben wir eigentlich zu essen an Bord? Ich hab‘ einen Bärenhunger.“
Leider befanden sich in dem Vorratsschrank nur Konserven, aber dafür so viele, daß wir zu zweit wohl mindestens einige Wochen auskommen würden, wenngleich ich beim besten Willen nicht vorhatte, hier so lange zu bleiben. Unser Frühstück bestand aus einem mit Hühnerfleisch belegten großen Brot sowie ein paar Gläsern Wasser. Davon hatten wir reichlich – der Tank faßte 600 Liter und war randvoll. Verdursten würden wir hier also garantiert nicht. Dann schon eher verhungern, aber das ist auch kein schöner Tod.
„Tja, dann schlage ich vor, wir versuchen mal uns bis zu dem besagten Hügel durchzuschlagen, um einen großen Laubhaufen aufzuschichten, den wir morgen anzünden können.“
Olga war einverstanden, obwohl sie sichtlich Angst hatte, blindlings durch den Wald zu laufen. Da war sie nicht alleine ...
Nachdem wir ins Freie getreten waren, fielen mir ein paar große Blutlachen am Boden auf, dort wo wir die beiden Leichen unserer toten Kameraden hingelegt und mit der Plane zugedeckt hatten. Außer ein paar zerfetzten Stücken der Plane sowie einigen Knochen zeugte nur noch ein Blutfleck vom Schicksal unserer Kollegen.
„Was ist denn hier passiert?“ beunruhigte sich Olga.
„Sieht so aus, als gäbe es hier Aasfresser“, folgerte ich ruhig. „Siehst du den Knochen da am Boden? Der ist an der linken Seite glatt durchgebissen. Ich möchte echt nicht wissen, was das für Viecher waren.“
Jetzt wo wir damit rechnen mußte, daß es Tiere auf dem Planeten gab, begab ich mich nochmal zurück in die Fähre um aus dem Waffenschrank je eine Nahverteidigungswaffe NVW 3 zu holen sowie mehrere Magazine Munition. Diese vollautomatische Maschinenpistole besaß ein Kaliber von 4,7 mm, deren Patronen 19 mm lang waren. Die Kugeln wurden mit einer Mündungsgeschwindigkeit von 1520 m/s verschossen – das entsprach bei einem Patronengewicht von 4,1 Gramm einer kinetische Energie von 4736 J – mehr als der doppelte Wert eines viel schwereren herkömmlichen Sturmgewehrs aus den alten Zeiten.
„Kannst du damit umgehen?“ fragte ich Olga, als ich ihr eine NVW hinhielt.
„Einfach nur den Hebel betätigen, oder?“
„Beinahe. Wenn du den Wahlmodus hier auf der Seite auf 'x' eingestellt hast, dann ist die Sicherung aktiviert, bei der Einstellung 'I' der Einzelfeuer- und bei 'III' der Dauerfeuermodus“, belehrte ich sie. „Das Magazin wechselt man, indem man es ganz leicht nach unten zieht und das neue von unten her hineinsteckt bis es von selbst einrastet.“
„Ok, ich glaub‘ das krieg‘ ich hin.“
Mit der feuerbereiten NVW am Schulterriemen zogen wir los in die Richtung, wo ich glaubte beim gestrigen Sackflug den Hügel gesehen zu haben. Auf jede farbliche Veränderung des Bodens achtgebend stapften wir durch den Wald, denn die Begegnung mit der Riesen-Stachelkelch-Pflanze hatte ich nicht vergessen. Gelegentlich hörten wir ein seltsames Summen, das wir beide nicht genau einordnen konnten. Unverdrossen setzten wir unseren Weg fort. Nach rund zwei Stunden begann ich mich ernsthaft zu fragen, ob wir nicht etwas von der geplanten Richtung abgewichen waren. So weit konnte die Hügelkette doch gar nicht von unserer Absturzstelle entfernt liegen.
„Glaubst du, daß wir hier lebend rauskommen?“ fragte mich Olga.
„Also ich hoffe doch sehr“, meinte ich unschlüssig, aber ganz sicher war ich mir natürlich nicht dabei. Ich hatte zwar nie die Gelegenheit gehabt den Film „Lost in space“ (Verloren im Weltall) anzusehen, aber mir war jetzt klar, wie man sich in so einer Situation fühlte: sehr allein. Daran änderte auch die Tatsache nichts, daß wir zu zweit waren. Man kann auch in einer größeren Gruppe noch allein sein, wobei es mit Olga verhältnismäßig erträglich war, was wohl nicht nur daran lag, daß ich sie als Kollegin schätzte, sondern auch sonst.
Kurze Zeit später erreichten wir endlich eine kleine Erhebung, die tatsächlich zu der Hügelkette gehörte, zu der wir unterwegs waren. Da hier die Bewaldung immer mehr abnahm, konnte man die Ausmaße der Hügel recht gut abschätzen. Auf dem höchsten Punkt angekommen, überblickten wir die gesamte Umgebung. Nördlich von uns – da wir keinen planetenspezifischen Kompaß dabei hatten, definierte ich einfach die erstbeste Richtung als Norden – zog sich die Hügelkette bis in den Wald hinein fort. Im Süden herrschte dasselbe Bild. Östlich und westlich unserer Position erstreckte sich der schier endlose Wald. Hier könnte man als Holzfäller reich werden. Nach einer längeren Pause stand ich als erster von uns wieder auf.
„Auf geht‘s – frisch ans Werk. Wir brauchen schon einen ordentlichen Haufen Brennmaterial, sonst sieht man unser Feuer nicht all zu weit.“
In den kommenden Stunden trugen wir aus der Umgebung Laub zusammen, um es auf einen Haufen aufzuschichten. Da der Hügel wie bereits erwähnt so gut wie nicht bewaldet war, mußten wir primär mit einem grasähnlichen Kraut vorlieb nehmen. Am Spätnachmittag gaben wir erschöpft auf.
„Ich glaube das sollte reichen, um morgen ein ordentliches Feuer zu ergeben“, meinte ich und auch Olga pflichtete mir bei:
„Damit könnten wir selbst einen Ochsen braten – falls es hier welche gäbe.“
„Rindfleisch ist nicht so mein Fall“, schmunzelte ich. „Du weißt ja: BSE.“
Lächelnd gab sie mir recht und nach einer kleinen Pause beschlossen wir zur Fähre zurückzukehren. Wir hatten beide wenig Lust nach Einbruch der Dunkelheit hier im Freien zu lagern. Da ich mir unsere Fährte in etwa eingeprägt hatte und ich zusätzlich auch noch gelegentlich unsere Fußspuren im weichen Waldboden erkennen konnte, rechnete ich nicht mehr mit großen Schwierigkeiten. Doch unser Rückweg sollte sich als überraschender herausstellen, als ich gedacht hatte. Zuerst ging jedoch alles nach Plan. Olga und ich unterhielten uns über unsere allgemeine Situation sowie über private Angelegenheiten:
„Wenn ich gewußt hätte, daß das hier so endet ...“, seufzte meine hübsche Ärztin.
„Tja“, brummte ich hinzufügend. „Ich hab‘ meiner Frau gesagt, daß ich in spätestens drei Monaten wieder zu Hause bin. Meine Befürchtung ist zur Zeit, daß es ein bißchen länger dauern könnte – wenn alles ganz gut läuft.“
„Seit wann bist du verheiratet?“
„Inzwischen sind es vier Jahre und drei Monate ...“
„Erzähl mir mehr von deiner Frau. Wie ist sie so?“
„Was soll ich da schon besonderes erzählen?!? Sie bedeutet mir sehr viel. Ich würde alles für sie tun – sie bräuchte mich nur drum zu bitten. Sie hat mittellange, schwarze Haare, die sie meistens offen trägt, blaue Augen, eine schlanke Statur und ein sehr liebes Lächeln“, schwärmte ich.
„Das hört sich toll an“, fand Olga mit einem traurigen Blick.
„Was ist mit dir? Du bist doch sicher auch verheiratet, oder?“
„Beinahe wäre es dazu gekommen, aber dieser Mistkerl ... er hat mich eine Woche vor unserer geplanten Hochzeit mit einer Freundin von mir betrogen.“
„Das ist natürlich heftig“, gab ich zu. „Na ja, das spielt im Moment auch nicht wirklich eine bedeutende Rolle. Was meinst du? Machen wir eine kleine Rast?“
Olga war einverstanden und wir pausierten etwa zehn Minuten, ehe unser Marsch weiterging. Nach einer weiteren Stunde kamen wir zu der Stelle, wo die Fähre das erste Mal aufgesetzt und dabei eine Spur im Boden hinterlassen hatte. Kurz darauf konnten wir die Fähre schon zwischen den Bäumen sehen, als ich plötzlich ein komisches Knurren vernahm.
„Hast du das gehört? Wo kommt das denn her?“, rief ich irritiert und blieb stehen, um besser lauschen zu können.
„Vielleicht ist das eines von den Aasfressern von heute Nacht“, mutmaßte Olga ängstlich. Irgendwo halblinks vor uns mußte der Ursprung des Geräusches sein, aber ich konnte von unserer Position aus nichts erkennen.
„Wir müssen näher ran“, meinte ich, den Griff meiner NVW fester umklammernd. Vorsichtig wagte ich mehrere Schritte vorwärts, konnte jedoch immer noch nichts erkennen. Mit kurzen Tritten bewegte ich mich weiter vor, dicht gefolgt von Olga. Mit einem Mal verstummte das Knurren, doch zum erleichtert aufschnaufen hatten wir keine Möglichkeit: auf einmal brachen vor uns aus dem Gebüsch mehrere Schatten heraus, die blindlings auf uns zustrebten.
„Feuer!“ schrie ich panisch so laut ich konnte, während ich gleichzeitig die erste Salve aus meiner Waffe verschoß. Eins der Lebewesen wurde im Lauf getroffen und ging zu Boden, doch andere folgten ihm. Inzwischen hatte ich die Viecher als braun gefärbte, wolfsähnliche Tiere identifiziert, die jedoch um einiges größer und auch aggressiver waren als die besagten Tiere von der Erde. Aus diesem Grund schaltete ich von Salve auf Dauerfeuer, um aufs gerade wohl in den heranwälzenden Fleischberg zu schießen, der uns zu überrollen drohte. Wie ich von der Seite hörte, schoß Olga nun ebenfalls mit.
„Gib mir Deckung, mein Magazin ist gleich leer“, rief ich ihr zu, da ich bereits den letzten Munitionsschlitz erreicht hatte und wohl nur noch ein paar Kugeln im Magazin waren.
Als es „klack“ machte, zog ich das leere Magazin schnell heraus um ein zweites aus meinem Gürtel einzuführen. Gerade als ich durchlud, bemerkte ich, daß uns die Viecher inzwischen umzingelt hatten und sich eben anschickten, Olga von hinten anzufallen. Noch während dem Zielen drückte ich den Abzug voll durch und erwischte einige Angreifer, in deren Körper schreckliche Löcher gerissen wurden. Wie ich mit Erleichterung feststellte, waren nur noch drei von ihnen übrig, von denen ich zwei allerdings nicht erwischen konnte, weil mir Olga in der Schußlinie stand. 'Warum schießt sie denn nicht?' ging es mir für den Bruchteil einer Sekunde durch den Kopf. Im selben Moment jagte ich dem einen Vieh ein halbes Dutzend Kugeln in den Kopf, daß den Fehler gemacht hatte, sich mir offen darzubieten. Gleichzeitig verriet mir ein entsetzter Schrei, daß Olga Ladehemmung hatte.
„Duck dich!“ brüllte ich mit überschlagender Stimme und legte an, um sofort das Feuer zu eröffnen, sobald sie nicht mehr in der Feuerlinie stand. Eins der Raubtiere war allerdings schneller und sprang Olga von vorn an, ehe es von einigen meiner Kugeln durchsiebt wurde. Das zweite wurde im Sprung getroffen und fiel mit einem schauerlichen Geheul zu Boden. Nervös blickte ich mich um. Das waren alle gewesen. Schätzungsweise ein gutes Dutzend. „Olga?“ murmelte ich besorgt, weil sie teilnahmslos auf dem Boden lag. „Olga?“ versuchte ich es nochmal etwas lauter. Ein stöhnendes Brummen war die Antwort. Ich beugte mich zu ihr hinab und sah eine blutende Wunde am Hals.
„Ich trage dich erst mal hinein“, sagte ich und schleppte sie vorsichtig bis zur Fähre, die ja nur noch zwanzig Meter weit entfernt war. Drinnen angekommen legte ich sie auf den Boden, wo ich ihr erst mal ein Kissen unter den Kopf schob und sie mit ein paar Decken zudeckte. Die Halswunde blutete inzwischen stärker. Olga schnaufte schwer und blickte mich mit glasigen Augen an. Aufgeregt kramte ich im Medizinkoffer herum, aus dem ich einen Verband entnahm, um ihn ihr um den Hals anzulegen, so gut ich es konnte. Die Tatsache, daß der Verband gänzlich rot wurde und die Wunde also nicht zum Bluten aufhörte, brachte mich völlig aus der Fassung.
„Verdammt, Olga – was muß ich tun?“
Doch anstelle einer medizinischen Anleitung stöhnte sie nur leise.
„Olga, bitte, sag mir, was ich machen muß!“
„Nimm ... meine ... Hand und ... halt sie ... ganz fest ...“
Zärtlich drückte ich ihre klammen Finger, um sie zwischen meine Hände zu nehmen, wie als ob ich hoffte, ihr auf diese Weise Kraft zu spenden.
„Mach mir jetzt bitte nicht schlapp – ich bin hier doch sonst ganz allein.“
Milde lächelte sie mich noch einmal mit schmerzverzerrtem Gesicht an, ehe sich ihre Züge erhärteten und ihr glasiger Blick eiskalt auf mir ruhte. Es dauerte eine ganze Weile, ehe ich begriffen hatte, was ich nicht wahrhaben wollte: Olga war tot. Noch immer hielt ich ihre Hand, die ich nicht loslassen wollte. Doch die Erkenntnis, daß ich sie nicht mehr wärmen konnte, traf mich wie ein Messerstich. Wenn mich jetzt irgend jemand hätte sehen können, dann hätte er sich wohl etwas gewundert, denn ich weinte wie ein kleiner Junge. Ich weinte um Olga, um ihr hartes Schicksal, weil ich ihr nicht helfen konnte. Mit einem flauen Gefühl im Magen schloß ich ihr die Augen. In diesem Moment fühlte ich mich schrecklich allein. Zusammengekauert saß ich in einer Ecke um vor mich hinzustarren. Die ganze Nacht lang brachte ich kein Auge zu, so daß ich am folgenden Morgen recht müde blieb. Mein Blick fiel wie so oft in den letzten Stunden auf Olgas blutbesudelten Körper. Warum hatte es ausgerechnet auch noch sie erwischen müssen? Weshalb nur hatte mich dieses unbarmherzige Schicksal ereilt? Grübelnd überlegte ich, ob ich mir nicht einfach die NVW an die Schläfe halten sollte und … dann wäre alles vorbei und ich hätte keine Sorgen mehr gehabt. Doch das war zu einfach – außerdem wollte ich noch nicht sterben. Zumindest nicht auf diese Art und auch nicht hier. Meine Frau wartete auf der Erde auf meine Rückkehr, ich hatte also einen triftigen Grund weiterzuleben. So sehr mir der Gedanke mißfiel, aber ich mußte Olgas Leichnam in Bälde nach draußen bringen, sonst würden sich hier in der Fähre Bakterien ausbreiten und das konnte ich mir in meiner Situation nicht leisten. Da ich vermeiden wollte, daß irgendwelche Aasfresser ihren zarten Körper zerrissen, buddelte ich mit bloßen Händen ein längliches Loch in den weichen Waldboden, in das ich die Leiche vergrub. Mir tat es in der Seele weh, Olgas kalte Haut auf meiner zu spüren, als ich sie aus der Fähre bis zum Loch schleppte. Später, nachdem ich das Grab aufgefüllt hatte, war ich mit den Nerven verständlicherweise total am Ende. In gewisser Weise hatte ich einen Teil von mir selbst mit vergraben. Den ganzen restlichen Tag verkroch ich mich in der Fähre, um apathisch in einer Ecke zu sitzen, die NVW dicht an mich gepreßt. Irgendwann in der Nacht wurde ich wach. Komisch, ich hatte gar nicht mitgekriegt, daß ich eingeschlafen war. Um so schlimmer war das Aufwachen: jetzt wurde mir meine Situation mit allen negativen Seiten wieder neu bewußt. Gerhard, Rudi, Daniel und Olga waren tot, ich saß hier allein fest und wußte nicht, was ich anfangen sollte. Sehnsüchtig dachte ich an meine Ehefrau, die ein paar Lichtjahre entfernt auf mich wartete. Ob sie etwas von meinen Sorgen ahnte? Obwohl ich zugeben mußte, daß man sich augenblicklich noch nicht einmal auf der „Gurk“ Sorgen machte, denn es waren ja immerhin noch einige Stunden bis zum geplanten Treffen mit unserer Fähre. Trotz meiner Motivation einfach hier zu warten, raffte ich mich auf und beschloß meine gestrige Idee in die Tat umzusetzen – also den Laubhaufen als Signalfeuer zu entzünden. Mit ein wenig Proviant sowie einer NVW als Bewaffnung zog ich los. Der Weg zum Hügel war derselbe, aber irgendwie kam er mir heute wesentlich trostloser als gestern vor. Mir wurde klar, daß ich Olga vermißte. Ich fühlte mich so einsam wie sich ein Mensch nur fühlen kann. Verloren im Nichts, von allen getrennt, ganz allein. Aber noch gab es in mir den Kämpferinstinkt, der mich mit einer fanatischen Motivation vorwärts trieb. Nein, kampflos würde ich die Waffen nicht strecken. Das entsprach nicht meinem Charakter. Solange noch ein Funken Leben in mir steckte, würde ich versuchen von hier wegzukommen. Nach einem Gewaltmarsch stand ich endlich vor dem Haufen von gestern. Ein bißchen müde von der langen Wanderung legte ich mich erst mal ins Gras, um etwas auszuspannen. Laut meiner Uhr, die vereinbarte Treffzeit plus eine halbe Stunde anzeigte, sollte man sich auf der „Gurk“ mittlerweile Gedanken um die Gründe des Fortbleibens der Expedition machen. Mal überlegen, wie lange würde es dauern, ehe man einen Suchtrupp zusammengestellt hatte? Vielleicht eine halbe Stunde zuzüglich der Zeit um eine Raumfähre startbereit zu bekommen sowie der Reisezeit bis zum Planeten. Alles in allem also nicht mehr als eine gute Stunde. Das bedeutete direkt, daß ich das Feuer eigentlich jetzt schon anzünden konnte, damit es richtig brannte, sobald mit hoher Wahrscheinlichkeit mit dem Auftauchen von Erkundungsfähren zu rechnen war. Mit Hilfe eines Feuerzeugs, das ich aus der Fähre mitgenommen hatte, zündete ich den Laubhaufen an, der bald lichterloh brannte und eine große Rauchwolke erzeugte. Hoffentlich entdeckte mich bald irgend eine der Patrouillen.
Als mich eine Schwade des Rauchs umhüllte, wurde mir mit einem mal ganz komisch zumute. Ich befürchtete schon, mir würde schlecht werden, doch zu meinem Erstaunen wurde ich nur verdammt schläfrig. Obwohl ich zuvor nicht das Bedürfnis verspürt hatte, wurde der Schlafwunsch übermächtig und ohne mir weitere Gedanken zu machen, legte ich mich auf den Boden. Was ich dann noch bewußt wahrnahm, war das Prasseln des Feuers zehn Meter neben mir, ehe ich einschlief. Wie bei einer Narkose erwachte ich nicht sofort, sondern erst allmählich. Die anfänglichen Eindrücke verwirrten mich total, weil ich erwartete, noch immer auf dem Hügel zu liegen, was jedoch nicht der Fall zu sein schien. Der Untergrund auf dem ich lag, war viel weicher. Als nächstes fiel mir auf der linken Seite ein grauer Gegenstand auf, den ich erst ein bißchen später als eine Art Tür erkannte. Während ich langsam aber stetig richtig wach wurde, überlegte ich krampfhaft, wo ich hier war. Die Krankenstation der „Gurk“ war es schon mal nicht, denn die sah wohl doch anders aus – fortschrittlicher. Also mußte es sich um einen anderen Raum handeln, weil für mich feststand, daß eine Patrouille mein Feuer entdeckt und mich neben ihm schlafend vorfand, woraufhin man mich zurück ins Raumschiff brachte. Soweit mein Fazit – allerdings konnte ich mir trotzdem nicht erklären, in welchem Bereich des Raumschiffs ich mich befand. Keines der normalen Quartiere besaß eine solche Tür, wie ich sie hier seitlich von mir sehen konnte. Als ich meinen Kopf auf die rechte Seite wandte, erblickte ich eine weibliche Person, die ich zwar nicht kannte, mir jedoch trotzdem sehr vertraut vorkam. Blaue Augen in einem sanft lächelnden Gesicht, dunkelblonde, lange Haare, sichtbar gut gebaute Oberweite, schlanke Statur – eigentlich sehr ähnlich des Bildes der Traumfrau in meinem Unterbewußtsein, der ich allerdings noch nie zuvor begegnet war. Deshalb hatte ich mich dazu entschieden, etwas mehr in der Realität zu leben. Aus diesem Grund hatte ich dann auch meine Cora geheiratet.
„Wer bist du?“ fragte ich neugierig.
„Ich heiße Joliana“, antwortete sie mit leicht sinnlichem Tonfall. Ihre roten Lippen schimmerten dabei wie eine reife Erdbeere.
„Wo sind wir hier?“ wollte ich weiter wissen.
„Auf Proxima Centauri in einer kleinen provisorischen unterirdischen Wohnung.“
Mühsam rappelte ich mich mit dem Oberkörper auf und sah mich erst mal nach allen Seiten hin um. In der Tat: der Raum, in dem wir uns befanden, hatte durchaus Wohnungscharakter, wenngleich ich einige Gegenstände nicht genau zuordnen konnte, die teilweise in der Nähe der Ecken herumstanden. Vielleicht diente das aber auch nur dem Zimmerschmuck. Bei Frauen wußte man schließlich nie so genau, ob sie sich bei einer Sache etwas dabei dachten oder ob das nur so ganz spontan entstanden ist ...
„Was ist eigentlich passiert und wie bin ich hierher gekommen?“
„Ich hab dich zufällig draußen neben einem Feuer liegen sehen und dich hierher gebracht, weil du ohnmächtig warst“, erklärte Joliana. „Die Gräser, die du verbrannt hast, setzen bei Erhitzung ein Gift frei, das wie ein Schlafmittel wirkt. Geht es dir jetzt wieder besser?“
„Ja, mir geht‘s ganz gut. Mal eine blöde Frage: wie kommst du eigentlich auf diesen Planeten?“
„Ich bin im Jahr 2176 mit dem Erkunder-Raumschiff 'Spürhund' hierher geflogen, um Daten zu sammeln. Dabei sind wir dann in irgend ein magnetisches Feld gekommen und abgestürzt. Da uns bewußt war, daß wir hier auf uns allein gestellt sind, haben wir aus den Überresten des Raumschiffs diese unterirdische Wohnung gebaut. Leider sind die meisten von uns auf die eine oder andere Art ums Leben gekommen und seit Jahren lebe ich hier ganz allein.“
Fasziniert lauschte ich ihren Ausführungen.
„Auf der Akademie habe ich davon gehört, daß da mal ein Raumschiff verschollen ist. Die auf der Erde haben euch damals glatt abgeschrieben … die hielten es nicht für möglich, daß den Absturz jemand überlebt haben könnte, weil man damals noch davon ausging, die Atmosphäre von Proxima Centauri sei feindlich. Ist irgendwie auch unglaublich, daß du hier allein zwölf Jahre überlebt hast! Was ist eigentlich mit den sieben anderen Leuten eurer Besatzung passiert?“
„Einer geriet in eine 'Gigantosutrax' ...“
„Was ist das denn?“ - „Das sind sehr große kelchförmige, fleischfressende Pflanzen, die sich im Boden verstecken und bei Kontakt an der Oberfläche hochschnellen.“
„Ach ja genau, mit so einer hätte ich schon mal beinahe Bekanntschaft geschlossen“, erinnerte ich mich an mein Erlebnis.
„Zwei wurden von Raubtieren getötet, einer hat giftige Beeren gegessen, einer ist an einer Infektion gestorben und die anderen zwei sind an irgend welchen Krankheiten gestorben, die wir selbst nicht genau herausfinden konnten.“
„Wovon hast du dich all die Jahre ernährt?“
„Mit der Zeit habe ich herausgefunden, welche Pflanzen und welche Früchte eßbar sind. Manche kann man zum Beispiel gekocht essen. Wasser gibt es hier auch genug – man muß nur ein bißchen im Boden graben, schon sprudelt es hervor. Also du siehst: man kann hier schon eine gewisse Zeit auskommen.“
„Wahnsinn! Na ja, jetzt hast du es dann auch überstanden, sobald uns eine Patrouille der 'Gurk' findet. Ich hoffe mal, die entdecken mein Signalfeuer. Wir sollten gleich mal rausgehen um darauf aufzupassen, damit es nicht ausgeht.“
„Das hat sich jetzt sowieso von alleine geregelt“, meinte Joliana mit pessimistischer Stimme. „Kurz nachdem ich dich hierher getragen habe, ist ein Sturm ausgebrochen und die sind hier auf Proxima Centauri sehr gewaltig. Das Feuer ist schon längst ausgegangen und jetzt rauszugehen halte ich auch für keine sehr gute Idee – das bläst uns sonst glatt weg ...“
„Hmm“, brummte ich nur. „Wie langen dauern denn hier solche Stürme?“
„Das kommt drauf an, aber meistens etwa zwei Tage. Zumindest schlafe ich währenddessen etwa zweimal.“
„Das ist blöd, weil wir dann hier noch mindestens einige Tage festsitzen, ohne das irgendwas vorwärts geht. Die Suchtrupps können nicht nach uns suchen und wir können hier unten auch nichts tun, um ihnen die Suche zu erleichtern. So eine verdammte Scheiße!“
Jolianas Blick ruhte beruhigend auf mir. „Wie heißt du eigentlich?“
„Franz. Tut mir leid, wenn ich vergessen habe, mich bei dir vorzustellen.“
„Geht schon klar. Hast du Hunger? Soll ich dir was zu essen bringen?“
„Gern“, akzeptierte ich. Als sie sich umdrehte, um in einen Nachbarraum zu gehen, sah ich ihr neugierig hinterher. Die Art wie sie ihren Hintern bewegte, war mehr als aufreizend. Wenn ich nicht verheiratet gewesen wäre, dann hätte ich glatt gesagt, das ich es geil fand. Aber ein paar Blicke gestattete ich mir jederzeit. Schließlich hatte ich seit meiner Abreise von der Erde vor knapp dreißig Tagen keine Frau mehr gehabt ...
*
Auf der Brücke der „Gurk“ hatte man sich in der Tat Sorgen gemacht, als unsere Raumfähre nicht zur vereinbarten Zeit am abgesprochenen Ort aufgetaucht war. Käptn Wolfham hatte daher mit dem 1. Offizier Hufler beschlossen, zwei Suchtrupps zusammenzustellen, die mit je einer Fähre die Oberfläche des Planeten absuchen sollten. Eine der Fähre wurde von Christian Erlenschwendtner und Olaf Zacharias geflogen. Gewissenhaft überflogen sie den ihnen zugewiesenen Sektor, wobei einer immer den Radarschirm im Auge hatte, während sich der andere mit dem Fliegen sowie den IR-Sensoren beschäftigte.
„Mehrere Lebensformen direkt vor uns“, meldete Zacharias auf ein paar rote Punkte auf dem Monitor vor ihm deutend.
„Das sind sie!“ rief sein Kollege erfreut. „Moment mal – die Ausprägungen der Signale sind irgendwie komisch ... das können keine Menschen sein … ich dachte immer, auf Proxima Centauri gäbe es bestenfalls Bakterien?!?“
„Offensichtlich wurden wir in der Hinsicht falsch informiert. Also wenn ich mir die Bilder so ansehe, dann muß ich sagen: hier wimmelt es nur so von Leben. Ich hab hier schon wieder einen ganzen Haufen im Visier. Wie sollen wir denn dann unsere Leute finden, wenn wir bei jedem roten Punkt im Infrarotvisier damit rechnen müssen, irgend eine heimische Spezies vor uns zu haben?“
„Das könnte in der Tat schwierig werden. Vielleicht sollten wir uns primär darauf konzentrieren, die Fähre oder was davon übrig ist zu finden. Wenn die schlau genug waren, dann haben sie sich nicht entfernt oder haben uns zumindest eine Nachricht in welcher Form auch immer hinterlassen.“
Es dauerte mehrere Stunden, ehe Zacharias endlich einen metallischen Gegenstand ortete.
„Ich glaube wir haben die Fähre entdeckt“, meinte er. „Siehst du die Schneise da unten? Mir scheint die hatten da eine kleine Bruchlandung. Ich lande auf der freien Fläche ...“
Nach einer Ehrenrunde, die das Flugzeug in eine geeignete Landeanflugsposition brachte, setzten sie auf den Waldboden auf.
„Wir nehmen die Waffen lieber mit“, entschied Christian. „Nicht daß wir einigen von den Viecher begegnen, die wir heute schon so oft auf dem Infrarot gesehen haben. Man weiß ja nie, was das für Tiere sind ...“
Mit je einer VAVG (Voll-Automatisches-Verteidigungs-Gewehr) bewaffnet verließen die beiden ihre Fähre um zu Fuß zum Wrack der anderen Fähre zu gehen. „Schau dir mal das an“, zeigte Olaf auf diverse Blutlachen unmittelbar neben dem zerbeulten Raumschiff.
„Das schaut nicht gut aus. Hier liegt sogar ein Knochen. Wenn du mich fragst vom Oberschenkel ... hier scheint es in der Tat Raubtiere zu geben.“
Noch vorsichtiger als beim Aussteigen pirschten sie sich weiter vor. Da Olaf und Christian die Fähre verlassen vorfanden und auch in der näheren Umgebung keine Spuren fanden, kehrten sie in ihr Schiff zurück, um der „Gurk“ durchzugeben, daß sie das Wrack gefunden hatten – jedoch keinerlei Überlebende. Kaum eine Minute später erhielten sie die Anweisung, bis auf weiteres vor Ort zu bleiben, um eventuell die Rückkehr eines Überlebenden abzuwarten.
*
Joliana brachte mir einen Teller mit Grünzeug mir unbekannter Herkunft. Vermutlich machte ich einen verwunderten Eindruck, denn sie bezeichnete es als „frischen gehäckselten Waldsalat aus fünf Sorten.“
Obwohl das Zeug etwas ungewöhnlich aussah, konnte man es durchaus essen. Eins der Kräuter war zwar einzeln verspeist etwas bitter, aber im Verbund mit den anderen ging dieser Geschmack unter. Nach dem Essen hatte ich das starke Bedürfnis mich detaillierter mit Joliana zu unterhalten. Insbesondere interessierte mich, wie sie es geschafft hatte all die Jahre zu überleben.
„Hast du nicht irgendwann die Hoffnung verloren, jemals wieder heim zu kommen?“ Verlegen schaute sie einen Moment zur Seite, sah mir dann jedoch wieder tief in die Augen. „Manchmal war ich wirklich kurz davor. Irgendwie habe ich mich dann aber doch immer von einem Tag auf den nächsten vertröstet – bis zum heutigen Tage.“
„Das stell ich mir schlimm vor ... jahrelang allein zu sein, niemanden zu haben, mit dem man reden kann ...“
„Das ist in der Tat nicht ganz einfach. Wenn ich nicht zur Übung jeden Tag mit mir selbst geredet hätte, dann hätte ich vermutlich die Sprache verlernt. Aber jetzt ist das Gott sei dank endlich zu Ende. Ich bin echt froh, daß du hier bist.“
„Ich bin auch froh, daß ich nicht allein hier bin“, gab ich zu. „Also ich hoffe mal, daß wir hier nur ein paar Tage festsitzen, ehe uns ein Suchtrupp findet. Wenn der Sturm aus ist, werden sie sicher ihre Suche wiederaufnehmen. Da brauchen wir dann nur das Feuer auf dem Hügel wieder entfachen und schon finden sie uns. Ich hab wirklich keine Lust auf diesem bekifften Planeten länger zu bleiben als unbedingt nötig ist.“
„Das kann ich gut verstehen. Übrigens: falls du mal für kleine Jungs mußt, am Ende des Ganges hinter der kleinen Holztür befindet sich das Klo. Am besten ich zeig‘ dir gleich auch die anderen Räume.“
Sie stand auf und blickte mich auffordernd an. Als ich ebenfalls aufstand, führte sie mich durch die besagte Holztür in einen Gang, von dem weitere vier Türen abzweigten. Am Ende des Gangs befand sich das bereits angekündigte Klo. Man darf sich darunter allerdings kein gewohntes WC mit Wasserspülung vorstellen, denn so etwas gab es hier natürlich nicht. Vielmehr handelte es sich einfach um einen großen, feuchten Haufen Laub. Vermutlich gab es hier Pilze, die nicht nur die Blätter sondern auch die darauf befindlichen Exkremente vertilgten. Sozusagen eine biologische Toilette. Erstaunt ließ ich mir die anderen Räume zeigen. Links vom Kloraum war ein großer Raum, in dem nebeneinander vier Betten standen, auf denen mehrere Kissen sowie je eine Decke lagen. Ferner gab es noch einige kommodenähnliche Möbelstücke, die ganz offensichtlich laienhaft zusammengeschustert worden waren. Trotzdem nicht schlecht unter den hier herrschenden Bedingungen.
„Ich schlafe übrigens in dem Bett ganz links“, teilte mir Joliana mit. „Du hast also die freie Auswahl unter den drei anderen Betten.“
Weiter ging die Besichtigung in den beiden Räumen auf der anderen Gangseite. Der eine Raum – derjenige der näher am Hauptraum gelegen war – hatte die Funktion einer behelfsmäßigen Küche sowie Vorratslager. Der Raum daneben sollte ursprünglich mal eine Art Arbeitszimmer darstellen. Um einen improvisierten Tisch standen mehrere Hocker. Offenbar wurden hier mal Besprechungen abgehalten, als noch die meisten Leute der Besatzung der „Spürhund“ am Leben gewesen waren, denn die Zahl von sechs Hockern sowie der doch recht große Tisch ließen eigentlich nur diesen Schluß zu. Im ganzen restlichen Raum verstreut lagen Blech-Teile und Elektronik-Stücke, die aller Wahrscheinlichkeit aus der defekten „Spürhund“ stammten. Wie mir Joliana erklärte, hatte man quasi das gesamte Raumschiff auseinandergebaut oder besser: ausgeschlachtet. Die Türen hatten sie besonders gut brauchen können aber auch andere Teile. Als wir wieder zurück im Hauptraum waren, dem eine allumfassende Funktion zukam, fragte ich: „Was ist eigentlich hinter der Stahltür?“
„Zuerst ein Gang, der nach etwa zehn Metern nach rechts abknickt, wo Stufen nach oben führen. Dort ist nochmal eine Tür und dahinter die Oberfläche des Planeten.“
„Können wir uns diesen Gang nicht auch noch ansehen?“
„Nein“, entschied Joliana. „Lieber nicht. Da die Stahltür nur mit Hilfe von Hydraulik zu öffnen ist und der Akku eh schon wieder fast leer ist ...“
„Na ja“, meinte ich. „Ist auch nicht so wichtig. Es wird sowieso das beste sein, wenn ich gleich ins Bett gehe. Ich bin nämlich total müde.“
Gähnend schlenderte ich zum Schlafraum, wo ich mir erst mal überlegte, in welches Bett ich mich überhaupt legen wollte. Kurzerhand entschied ich mich für das ganz rechts außen in der Ecke. Die Decke zog ich mir bis zum Kinn hoch, da mir irgendwie kalt war. Ehe ich mich versah, war ich allerdings dennoch eingeschlafen.
Am kommenden Tag wurde ich irgendwann von alleine wach – wann genau konnte ich nicht sagen, weil man das ja schlecht schätzen konnte, wenn man unterirdisch hauste. Ein Blick auf meine Uhr bestätigte mir meine Vermutung: später Vormittag. Joliana war offenbar schon auf, denn ihr Bett war leer. Ich hatte sie nicht mal zu Bett gehen gehört.
*
Irgend ein nerviges Summen riß Christian Erlenschwendtner aus dem Schlaf. Es war das Kommunikationsgerät der Fähre. Verschlafen nahm er ab.
„Hier RF-2 Erlenschwendtner am Apparat ...“
„Guten Morgen“, wünschte Käptn Wolfham höchstpersönlich. „Haben Sie inzwischen über Nacht ein Zeichen von den Vermißten bekommen?“
„Nein, aber ich befürchte, daß eh keiner mehr von denen am Leben ist.“
Eine kurze Stille entstand, ehe der Käptn weiterredete.
„Nichts desto trotz bringen Sie ein Funkgerät ins Wrack der Fähre. Nur für den Fall, daß doch noch jemand von der Besatzung überlebt hat und gerade auf Erkundungstour ist oder was weiß ich. Wenn das erledigt ist, kommen Sie wieder zurück. Alles klar?“
Damit blieben in der Tat keine offenen Fragen mehr übrig. Der Co-Pilot Olaf Zacharias wachte durch das Gespräch gestört nun ebenfalls auf und gähnte herzhaft.
„Trägst du das Funkgerät rüber oder soll ich?“
„Mir egal. Eigentlich ist es ja Schwachsinn überhaupt eins hier zu lassen. Wer sollte das denn bitte benutzen? Falls noch jemand von der Expedition am Leben wäre, dann hätte sich der inzwischen schon zu Wort gemeldet.“
„Befehl ist Befehl“, meinte sein Kollege und lud sich das Gerät auf den Rücken, um es in das Wrack der abgestürzten Fähre zu bringen. Kurz darauf kam er zurück und die beiden starteten die Fähre, um wieder zurück zur „Gurk“ zu fliegen.
Käptn Wolfham regelte inzwischen mit seinem 1. Offizier den Nachruf bezüglich der fehlgeschlagenen Expedition. „Bereiten Sie schon mal die Briefe an die Angehörigen vor.“
„Was soll ich da konkret schreiben?“ erkundigte sich der 1O Werner Hufler.
„Irgendwas in der Art, daß es ein bedauerlicher Unfall war, daß wir alle Maßnahmen getroffen haben um sie zu retten, aber nur noch ihre Überreste gefunden wurden. Ach ja: wichtig ist auch noch, daß du erwähnst, das sie alle beim Aufprall tot waren. Das schont die Nerven der Hinterbliebenen.“
*
Joliana fand ich im Hauptzimmer, wo sie gerade dabei war etwas Gymnastik zu machen. Zumindest sah es so aus, denn sie dehnte sich mit rhythmischen Bewegungen. Soeben bückte sie sich nach vorn und da sie mit dem Rücken zu mir stand, sah ich hauptsächlich ihren wohlgeformten Hintern, der sich mir entgegen dehnte. Kein unansehnlicher Anblick, weshalb ich ihr gern eine Weile zusah, bis sie mich schließlich bemerkte. „Bist du schon lange wach?“
„Nein. Ich bin grade erst aufgestanden.“
„Dein Frühstück steht drüben auf der Pritsche.“
Mit einem Finger deutete sie zu dem behelfsmäßigen Bett, auf dem ich gestern aus meiner Bewußtlosigkeit erwacht war. Auf einem Teller lagen allerhand verschiedene Pflanzenteile, die ich gezwungenermaßen verzehrte. Sonst gab es hier ja nichts. Nachdem ich mich gesättigt hatte, setzte sich Joliana seitlich neben mich.
„Wie alt bist du eigentlich?“
„27 und du?“ - „36, aber erst seit zwei Wochen. Bist du schon verheiratet?“
„Ja“, bestätigte ich. „Ich bin sehr glücklich mit ihr ...“
„Wieso hast du sie dann so lange allein gelassen, als du dich für diese Expedition gemeldet hast?“
„Geld“, warf ich ihr ein einziges Wort hin, das aber soviel Macht besaß, um durch diesen einzigen Begriff potentiell ganze Bibliotheken füllen zu können.
„Hast du schon jemals den Gedanken gehegt, ihr untreu zu werden?“
Was sollte denn diese Frage?
„Nein, natürlich nicht“, bekannte ich irritiert.
Verschmitzt lächelte mich Joliana an. „Hattest du noch nie eine passende Gelegenheit dazu oder bist du deiner Frau hörig? Wie heißt sie überhaupt?“
„Gelegenheiten ergeben sich gelegentlich, d.h. nicht regelmäßig“, meinte ich schlaubergerisch. „Hörig bin ich ihr sicher nicht, aber ich will sie eben nicht im Stich lassen. Ihr Name ist Cora.“
„Cora – hmm, das bedeutet meines Wissens Herzchen. Dann kann sie ja richtig stolz sein, daß sie so einen tollen Ehemann gefunden hat ...“
Ein Flunkern umhuschte ihre Züge, das ich für einen Moment wahrnahm, ehe sie wieder ernst wurde. „Hilfst du mir ein bißchen in der Küche beim Schneiden einiger Früchte?“
Selbstverständlich willigte ich ein, wobei ich unser Gespräch über meine Frau und mich schon längst wieder vergessen hatte. Die Früchte, die meine Gastgeberin vor einigen Tagen gesammelt hatte, besaßen eine weiche Schale, die jedoch überaus giftig war. „Ein Bissen davon und du brauchst dir keine weiteren Sorgen mehr über deine Zukunft zu machen“, erörterte mir Joliana. Gewissenhaft entfernte ich daher mit einem Messer alle Teile der Schale, um sie in einen Kübel zu werfen, der auf dem Boden stand. Eine Heidenarbeit, weil man ziemlich aufpassen mußte, daß keine kleinen Schalenstücke mehr auf dem Fruchtfleisch klebten.
„Glaubst du, daß wir heute Mittag vielleicht mal raus an die Oberfläche schauen können wegen dem Signalfeuer?“
„Ich befürchte, der Sturm wird sich noch nicht gelegt haben“, entgegnete Joliana. „Wir sollten mindestens noch bis morgen nachmittag warten.“
„Wir merken hier unten doch gar nicht, wie stark der Sturm überhaupt ist. Vielleicht geht es ja heute schon wieder ...“
„Ach Franz – weißt du eigentlich, wie viele Stürme ich hier schon erlebt habe? Die flauen frühestens am zweiten Tag nach Ausbruch ab. Das darfst du mir schon glauben.“ Ihre Stimme klang jetzt ein wenig ärgerlich, weshalb ich entschuldigend was von „war ja nur ne Idee“ murmelte. Schließlich wollte ich nicht, daß sie mir beleidigt war – sonst hatte ich hier niemanden, mit dem ich reden konnte.
*
Die „Gurk“ hatte mittlerweile den Orbit von Proxima Centauri verlassen, um zurück zur Erde zu fliegen. Die Laderäume waren nämlich allesamt ausgelastet, voll beladen mit Erz aus bereits erschlossenen Erzadern von Alpha Centauri. Betretenes Schweigen herrschte auf der Brücke des Schiffes.
„Jetzt stellt euch nicht so an“, versuchte Käptn Wolfham seine Offiziere aufzuheitern. „Denkt an die Provision, die ihr bekommen werdet, sobald wir zurück sind. Da ist für jeden eine ordentliche Risikoprämie drin. Unfälle können immer mal passieren. Seid froh, daß es euch nicht erwischt hat.“
„Das sagt sich leicht“, meinte der 1. Offizier. „Wir haben noch nicht mal alle Leichen der Expeditionsteilnehmer gefunden. Was ist denn, wenn doch noch einer von ihnen am Leben ist?“
„So ein totaler Schwachsinn!“ rief der Käptn. „Wenn jemand überlebt hätte, dann wäre er bzw. sie doch unmittelbar in der Nähe des Fährenwracks geblieben. Das steht doch sogar in unseren Sicherheitsvorschriften, daß man im Falle eines Absturzes beim Raumschiff bleiben muß. Es war allerdings niemand dort unten, was wiederum heißt, daß niemand mehr am Leben ist. So einfach ist das. Da brauchen wir nicht mal alle Leichen zu finden. Der Bodentrupp hat sowieso gesagt, es wären teilweise nur noch unidentifizierbare Überreste von den Leuten übrig gewesen. Vielleicht lagen da unten ja nicht zwei bis drei davon, sondern alle fünf auf einen Streich. Nur daß unser Suchkommando diesen Umstand nicht vergegenwärtigen konnte. So – und jetzt konzentriert sich gefälligst jeder wieder auf seine Arbeit.“
Eisernes Schweigen war die Folge.
*
Den Abend des Tages verbrachte ich beim Durchstöbern des „Arbeitszimmers“, wo ich einige elektronische Apparaturen fand – leider allesamt defekt. Nichts desto trotz versuchte ich einen durchgeschmorten Fernradio zu reparieren. Klappte allerdings nicht auf Anhieb. Nun ja, das konnte ich morgen ja nochmal versuchen.
„Gute Nacht“, wünschte ich Joliana, die gerade im Hauptraum in einem Schrank etwas herumhantierte. „Schlaf gut“, wünschte auch sie mir, ehe ich mich umdrehte, um ins Schlafzimmer zu gehen, wo ich wie gestern das Bett in der rechten Ecke ansteuerte. Kurz nachdem ich mich hingelegt hatte, ging die Tür auf und Joliana kam herein. „Mhm“, brummte ich mißmutig, als ich bemerkte, daß sie das Licht eingeschaltet hatte, das – wie alle elektrischen Geräte – mit Hilfe einer der Energiezellen betrieben wurde, die im Hauptraum in einer Ecke standen. Da ich nicht hörte, daß sie sich hinlegte, schlug ich die Augen auf. Joliana stand einige Meter rechts von mir und entledigte sich soeben ihres Pullovers, unter dem sie noch ein kurzärmeliges, enganliegendes Hemd trug. Dennoch zeichneten sich wohlgeformte Rundungen unter dessen Konturen ab.
'...' dachte ich und konnte meinen Blick nicht mehr von ihrem Körper lassen, als sie auf mich zuging, bis sie direkt neben meinem Bett stand.
„Kann ich heute nacht bei dir schlafen? Mir ist so kalt ...“
Für einen Moment setzte mein Gehirn einfach aus und ich hörte mich nur leise „ja“ sagen, woraufhin sie zu mir unter die Decke gekrochen kam. Einen Augenblick hörte ich noch irgendwo eine innere Stimme, die mir sagte, das sei keine gute Idee. Irgendwie wurde ich auch daran erinnert, das ich erstens verheiratet war und ich zweitens gar nicht vorhatte, meine Cora zu hintergehen. Als Joliana dann wie selbstverständlich meine Hände nahm, um sie unter ihr Hemd zu ihren Brüsten zu führen, setzte mein Verstand vollends aus. Mein einziges Bedürfnis war: mehr – viel mehr. Das Tier in mir hatte längst die Oberhand gewonnen und ich ließ meiner Lust freien Lauf, wobei mich auch Joliana sehr intensiv unterstützte. Kein Wunder – bei 12 Jahren Enthaltsamkeit. Ich kann mich nicht daran erinnern, je in einer Nacht dermaßen wenig – eigentlich gar nicht – geschlafen zu haben. Es war dennoch (oder vielleicht gerade deshalb?) einfach wunderschön.
*
Cora betrachtete ein Foto von mir und seufzte leise. Ober er ahnte wie sehr sie ihn vermißte? 31 Tage seit seiner Abreise waren inzwischen vergangen, also fast Halbzeit. Dennoch kam ihr jeder weitere Tag endlos lang vor, beinahe wie ein ganzes Jahr. Sie sehnte sich danach, ihren Franz endlich wieder in die Arme nehmen zu können. Aber sie wußte genau, daß sie noch etwas Geduld haben mußte. Wie wird er wohl reagieren, wenn er erfuhr, daß sie schwanger war? Vor zwei Wochen hatte sie den positiven Befund bekommen. Seitdem fühlte sie sich besonders einsam. Zum Ablenken rief sie eine Freundin an, mit der sie verabredete ein wenig durch die Stadt zu bummeln. Das würde sie auf andere Gedanken bringen – heute nacht würde sie eh wieder an nichts anderes als an ihn denken ...
*
Am fortgeschrittenen Vormittag streichelte ich Jolianas Haare, während sie mich am Hals küßte. Ihre Brüste drückten angenehm auf meinen Bauch, während ihr Bauch von meinem Stab berührt wurde. Jetzt war das eingetreten, was ich niemals für möglich gehalten hatte: ich hatte Cora betrogen, aber das lustige war: es machte mir nichts aus. Es war mir einfach egal. Ich bereute nichts. Was hätte ich auch bereuen sollen? Was Joliana und ich getan hatten, war sehr schön gewesen – nichts, was man negativ auslegen könnte. Im Gegenteil: so intensiv hatte ich es zuvor selbst mit Cora nie erlebt. Als Joliana und ich endlich das Bett verließen, war es bereits Zeit zum Mittagessen, das diesmal aus einer undefinierbaren Kräutersuppe bestand. Später am Nachmittag sprach ich sie auf meinen gestrigen Vorschlag an, nach draußen zu gehen um das Feuer neu aufzuschichten. Diesmal hatte sie nichts dagegen einzuwenden. Aus diesem Grund öffneten wir per Hydraulik die schwere Stahltür, die einen dunklen Gang freigab, der wie vorgestern geschildert nach einigen Metern nach rechts abknickte, um dort über Treppenstufen nach oben zu führen, wo eine zweite Stahltür den Weg nach draußen versperrte. Auch diese öffneten wir mit Hilfe einer hydraulischen Apparatur. Vor uns tat sich der Blick auf den Wald auf. Nachdem wir draußen angelangt waren, stellte ich fest, daß die Wohnung in den Hügel hineingegraben worden war, da sich der Eingang genau am Fuß der Hügelkette befand. Da ich mich nicht zurechtfand, spazierte Joliana vorne weg, um mich zu der Stelle zu führen, wo sie mich gefunden hatte. Von dem aufgeschichteten Laubhaufen, den ich für das Feuer vorgesehen hatte, war nichts mehr übrig. Ein paar Aschereste zeugten noch von seiner Existenz – mehr war nicht mehr vorhanden. Erfreut nahm ich zur Kenntnis, daß meine verlorengegangene NVW ein paar Meter weiter im Gras lag. Nachdem ich befriedigt festgestellt hatte, daß sie lediglich ein bißchen schmutzig war, hängte ich sie mir um die Schulter.
„Was ist das denn für ein Ding?“ fragte mich Joliana neugierig.
„Das ist meine Nahverteidigungswaffe, die ich verloren habe, als ich hier draußen ohnmächtig wurde. Jetzt können wir uns wenigstens verteidigen, falls wir von diesen komischen Raubtieren angegriffen werden sollten.“
„Du meinst diese wolfsähnlichen Katzen? Ja, die kenne ich auch schon, aber die durchstreifen nur den Wald und halten sich vom offenen Gelände fern. Solange wir hier auf dem Hügel bleiben, sind wir also in Sicherheit.“
„Ich würde aber ganz gern nochmal zurück zum Wrack der Raumfähre, mit der ich gekommen bin“, erklärte ich. „Dort lagern nämlich noch Konserven für mehrere Monate. Außerdem sollte ich dort auch noch eine Nachricht hinterlassen für den Fall, daß ein Suchtrupp wenigstens das Wrack findet.“
Liebevoll nahm sie mich in den Arm und drückte meinen Kopf zwischen ihre Brüste. „Willst du mich hier etwa ganz allein zurücklassen?“
„Du kannst gern mitkommen, wenn du willst“, bot ich ihr an.
„Ich fürchte mich im Wald ...“
„Dann bleib doch unten im Quartier – es kann dir dort praktisch nichts passieren.“
„Spürst du denn nicht, daß ich Angst davor habe, dich zu verlieren?“ rief sie verzweifelt und blickte mich mit traurigen Augen an.
„Keine Angst. Mir passiert schon nichts. Wenn ich ein paar von den Viechern begegne, dann habe ich immerhin das hier.“
Demonstrativ schwenkte ich den Lauf der NVW nach vorn, mit der ich mich um einiges stärker fühlte als ohne.
„Aber zuerst sollten wir uns ohnehin um das Feuer kümmern – das ist jetzt wichtiger.“
Gemeinsam sammelten wir in der Umgebung Laub, abgebrochene Äste, Farnhalme und sonstiges Grünzeug zusammen, um es auf einen Haufen zu werfen. Als dieser ähnlich groß war wie der letzte, entzündeten wir ihn. Nachdem ich mich vergewissert hatte, daß das Feuer auch ordentlich brannte, verabschiedete ich mich von Joliana mit einem Kuß.
„Paß auf das Feuer auf – ich bin zurück, sobald es dunkel wird.“
Mit der NVW in den Händen wanderte ich in den Wald hinein. Richtig süß, wie sich Joliana um mich sorgte, aber ich würde ihr zeigen, daß ich ein ganzer Kerl war und auch mal ein kleines Risiko nicht scheute. Den Weg bis zur Absturzstelle legte ich ohne besondere Zwischenfälle zurück. Eben als ich durch das kleine Schlupfloch am Heck in die Fähre steigen wollte, vernahm ich ein seltsames Knurren – aus dem Inneren! Instinktiv sprang ich ein paar Schritte zurück. Was ging denn hier ab? Bevor ich den Finger krümmen konnte, wieselte ein brauner Schatten aus der Fähre heraus ohne mich weiter zu beachten, um irgendwo seitlich von mir in Richtung Dickicht zu verschwinden. Erst jetzt hatte ich den Abzug durchgedrückt und jagte noch einige Salven hinter dem flüchtenden Vieh her, das ich jedoch nicht mehr erwischte. Es dauerte wohl mindestens eine halbe Minute, ehe ich mich davon überzeugt hatte, daß die Fähre nun wirklich leer war. Die Vorstellung, ich könnte dort drin in der Enge des Raums von einem noch nicht entdeckten Raubtier angefallen werden, ließ mich eben doch ziemlich lange zögern. Drinnen sah es ziemlich chaotisch aus. Konservendosen lagen auf dem Boden verstreut, teilweise zerbissen, manche aufgefressen, die Überreste eines Funkgerätes waren über den gesamten Boden verstreut. Moment – ein Funkgerät? Das konnte unmöglich das Bordgerät sein, denn das war fest im Cockpit integriert. Das hieß, es war doch schon ein Suchtrupp hier gewesen, der ein Funkgerät hiergelassen hatte, damit potentielle Überlebende – also ich – mit ihnen Verbindung aufnehmen konnten. Doch mit der zerbissenen Antenne würde ich nicht mal einen Piepser machen können. So ein verdammter Mist! Draußen im weichen Waldboden fand ich nach etwas Suchen dann auch Abdrücke eines quaderförmigen, schweren Gegenstandes von vielleicht sechs mal drei Metern – kein Zweifel: hier war eine unserer Raumfähren gelandet. Ganz offensichtlich hatten sie das Wrack entdeckt und waren heruntergekommen, um sich das aus der Nähe anzusehen. Als sie niemanden vorfanden, ließen sie das Funkgerät zurück. Soweit meine Folgerungen. Das konnte nur bedeuten, daß sie uns mittlerweile anderweitig suchten. Falls das zutraf, würden sie hoffentlich auch das Signalfeuer auf dem Hügel entdecken. Klar – der Suchtrupp würde sicherlich so schlau sein, in einer Spirale um die Absturzstelle die Suche fortzusetzen. Das bedeutete, daß sie das Signalfeuer eigentlich gar nicht übersehen konnten.
Frohen Mutes packte ich schnell noch einige Gegenstände zusammen, die im ganzen Chaos heil geblieben waren – im Detail waren dies einige Magazine Munition, eine zweite NVW, mehrere Schachteln Zigaretten sowie die eine oder andere Konservendose mit Wurst. Ein bißchen Fleisch war nach der eintönigen Pflanzenkost der letzten Tage eine willkommene Abwechslung. Der Rückweg gestaltete sich als beschwerlicher als ich angenommen hatte. Die Tasche mit den Konserven, die ich auf dem Rücken trug, würgte mir halb die Luft ab. Offenbar hatte ich doch zu viel hineingepackt. Eigentlich unnötig, da ich sowieso erwartete, bei meiner Rückkehr beim „Feuerhügel“ einige meiner Kollegen vom Suchtrupp vorzufinden, die sich um Joliana kümmerten.
Als ich den Schein des Feuers zwischen den Bäumen ausmachte, beschleunigte ich meinen Schritt. Im Näherkommen registrierte ich enttäuscht, daß einzig und allein Joliana anwesend war. Aus der Traum von der schnellen Rettung.
„Na?“ sprach sie mich an. „Was hast du denn da alles mitgenommen?“
„Ach, nur ein paar Konserven, Zigaretten, Munition und noch eine NVW für dich.“
Ich nahm die Waffe aus der Tasche und drückte sie Joliana in die Hand.
„Was soll ich denn damit? Damit kann ich doch gar nicht umgehen ...“
„Ach was, das ist ganz einfach“, erklärte ich fachmännisch. „Kimme, Korn und Schuß. Wenn du den Abzug durchgedrückt läßt, dann wird solange weitergeschossen wie Kugeln im Magazin sind. Das hab ich grad eben eingestellt. Alles klar?“
„Ja, aber wozu brauchen wir das hier eigentlich? Uns greift doch niemand an.“
„Wenn es soweit ist, dann bist du froh, wenn du das Ding dabei hast.“
Da mußte sie mir Recht geben, wenngleich ich ihr ansah, daß sie mit der Knarre nicht sonderlich gut zurecht kam. Allein wie sie schon den Griff in der Hand hielt ... typisch Frau. Solange das Feuer noch am schwelen war, warteten wir am Kamm des Hügels darauf, ob nicht doch noch ein Spähtrupp auf uns aufmerksam wurde. Doch obwohl wir noch zwei, drei Stunden nebeneinander im Gras saßen, tat sich nichts. Die Zeit nutzte, ich um von meinen Entdeckungen bei der Raumfähre zu erzählen, insbesondere also von den Spuren des Suchtrupps sowie dem durch das Raubtier zerstörte Funkgerät. Die Dunkelheit hatte den Himmel schon längst schwarz gefärbt, ehe ich auf Jolianas Drängen hin nachgab, wieder zurück in unsere unterirdische Behausung zu gehen. Beim Schließen der Stahltüren prüfte ich sicherheitshalber nach, ob die Türen auch wirklich zu waren. Ich hatte irgendwie panische Angst davor, daß irgend ein Raubtier unbemerkt des Nachts in unseren Schlafraum eindringen könnte ...
Vor dem Schlafengehen bereitete Joliana uns noch eine kleine Brotzeit bestehend aus Blättern und diesmal auch mit ordentlich Wurst. So schmeckte das schon ganz anders. Als Joliana sich ebenfalls was von der Wurst nahm, verzog sie merklich das Gesicht. „Sag bloß, das schmeckt dir nicht?“ wunderte ich mich.
„Doch, aber ich lebe inzwischen schon so lange vegetarisch, daß ich mich an den Geschmack von Fleisch gar nicht mehr erinnern kann. Das ist irgendwie eine ganz neue Erfahrung.“
„Warum glaubst du, hat man uns heute nicht gefunden?“ fragte ich das Thema wechselnd. „Das Feuer hätte man doch eigentlich ziemlich weit sehen müssen. Von oben sowieso.“
„Keine Ahnung“, zuckte Joliana mit den Schultern. „Vielleicht haben sie die Suche abgebrochen, nachdem sie das Wrack entdeckten. Eventuell in der Annahme, es seien alle von eurer Expedition tot.“
„Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Denen müßte zwar klar sein, daß nicht alle den Absturz überlebt haben, aber die haben doch keinerlei Beweise dafür, daß nicht noch mindestens einer am Leben ist!“
„Was meinst du, wie viel es kostet, ein Raumschiff eurer Größe tagelang mit der Suche nach ein paar Verschollenen zu beschäftigen?“
„Keine Ahnung“, bekannte ich. „Sicher ziemlich viel.“
„Na siehst du. Genau aus diesem Grund wird man die Suche auch abgebrochen haben: weil es zu viel Zeit und dadurch bedingt auch Geld kosten würde, echte Beweise zu sammeln, die das Ableben aller Besatzungsmitglieder belegen könnten.“
Mir blieb die Geflügelpastete beinahe im Hals stecken.
„Du meinst also, der Suchtrupp hat zwar das Wrack entdeckt, sich ein wenig umgesehen und dann gemeldet, daß kein Überlebender gefunden worden ist, wobei die Zahl der Toten maximal vier beträgt, aber dann hat der Käptn den Befehl gegeben, die Suche abzubrechen?“
„Nun ja, es könnte doch theoretisch sein, oder?“
„Das würde bedeuten ... das hieße ja, daß wir jetzt hier festsitzen!“
„Immer noch“, korrigierte mich Joliana. „Ich hatte lange genug Zeit dafür, mich damit abzufinden, aber dir wird das auch noch gelingen.“
Der Gedanke für immer hier auf diesem unfreundlichen Planeten bleiben zu müssen, der trotz seiner riesigen Größe eine Art Gefängnis darstellte, gefiel mir ganz und gar nicht.
Nach dem Essen gingen wir bald zu Bett. Der heutige Tag war anstrengend gewesen. Müde legte ich mich hin und genoß Jolianas Körper, der sich ganz dicht an mich kuschelte. Ohne sie hätte ich längst schon das Handtuch geworfen. Schon bald schlief ich seelenruhig ein. In meinem Traum befand ich mich gemeinsam mit Joliana an einem Strand auf der Erde. Wir sonnten uns, bauten eine Sandburg, um anschließend ins Wasser zu hüpfen, wo wir schwammen und tauchten. Das salzige Wasser auf der Haut fühlte sich warm an und mir war sehr wohl zumute. Plötzlich störte irgendwas meinen Traum. Mein Bewußtsein schaltete sich ein um mir zu melden, daß das Wasser gar nicht einer Illusion entsprang, sondern real vorhanden war. Abrupt wurde ich daher wach und spürte tatsächlich etwas feuchtes auf mir. Als ich Licht machte und die Decke zurückschlug, erblickte ich ein grünes, schlabbriges Etwas, daß auf mir lag. Voller Ekel warf ich das Ding von mir und hüpfte anschließend aus dem Bett. Das grüne Ding begann nun Gestalt anzunehmen – ich konnte meinen Augen selbst nicht trauen, denn es wandelte zuerst seine Farbe, danach die Struktur. Binnen weniger Sekunden richtete es sich auf, es bildeten sich zwei Füße, ein Rumpf, obenauf ein Kopf. Vor mir stand: Joliana! Ungläubig starrte ich sie an, unfähig etwas zu sagen oder zu tun.
„Wer ... was ... wie ...?“ stammelte ich nur.
„Du brauchst keine Angst zu haben – ich habe nur schlecht geschlafen“, klärte mich die Person, die wie Joliana aussah, auf. Also wenn „es“ glaubte, mich damit beruhigen zu können, dann war „es“ auf dem Holzweg. So etwas hatte ich zuvor noch nie gesehen und der Schreck steckte mir noch immer in den Gliedern.
„Was bist du für ein Ding?“ sagte ich mit zitternder Stimme. Ein eiskalter Schauer lief mir den Buckel hinunter.
„Ich bin es: Joliana. Kennst du mich plötzlich nicht mehr?“ rief die Stimme, die mir noch am gestrigen Abend so sinnliche Worte ins Ohr geflüstert hatte. Doch jetzt kam mir jeder Buchstabe wie ein Schimpfwort vor. Als sei alles nur eine schöne Illusion gewesen.
„Du warst vorhin so ein komischer, grüner ... Schleim ...“, wagte ich zu sagen, was ich dachte.
„Tut mir leid, daß du das gesehen hast, mein Schatz. Vielleicht hätte ich es dir auch eher sagen sollen, aber ich dachte nicht, daß es dir etwas ausgemacht hätte. Wir waren doch die letzten Tage sehr glücklich, oder?“
„Was hättest du mir eher sagen sollen?“ bohrte ich nach.
„Nun, ich bin eigentlich gar kein Mensch, sondern eine Polymorphiane.“
„Wie bitte?“ Als Erklärung war mir das nämlich nicht ausreichend.
„Ich stamme von einem fernen Planeten namens Polymorph, wo mein Volk lebt. Wir sind in gewisser Weise ganz besondere Lebensformen, denn wir können nach Belieben unsere Gestalt verändern. Wir müssen uns nur auf eine bestimmte Form konzentrieren und schon gleicht sich unser Körper daran an.“
Das war heftig. Das war sogar so unglaublich, daß ich langsam fürchtete, ich verlöre meinen Verstand. Mit einem irren Lachen schlug ich mir auf die Stirn. Das durfte einfach nicht wahr sein.
„Was machst du dann bitte hier ganz allein?“
Ein Lächeln huschte um ihren Mund. „Nun, ich habe einen Aufstand kommandiert und das mögen die Machthaber bei uns nicht so gern. Deshalb haben sie mich auch zu lebenslangem Exil auf einem unbewohnten Planeten verurteilt. Dabei fiel die Wahl dann auf Proxima Centauri. Damit ich auch wirklich nicht von hier weg kann, implantierte man mir – bevor man mich auf diesem Planeten ausgesetzt hat – eine kleine Implosionskapsel ins Gehirn, die normalerweise nichts tut. Falls jedoch die Gravitationskraft, die auf meinen Körper einwirkt, einen bestimmten Wert unterschreitet, wird der Zünder ausgelöst und mein Kopf … Man hat mir sogar gesagt, wie der Zünder genau eingestellt ist: sobald ich mich auch nur in einem Kilometer Entfernung von der Planetenoberfläche aufhalte, unterschreitet die Anziehungskraft den kritischen Wert von 42,3 g/cm², was meinen Tod zur Folge hätte.“
„Langsam verstehe ich ...“, murmelte ich vor mich hin. „Du bist also hier in Einzelhaft. Aber wieso hast du dann die Gestalt einer Frau angenommen, als du mich gefunden hast? Und wieso ... wieso hast du mit mir ... ?!?“
„Das war ganz einfach. Als ich dich fand, erkannte ich gleich, daß du eins von den intelligenten Wesen bist, die diese unterirdische Wohnung gebaut haben. Da von den ursprünglichen Bewohner leider vor zehn Jahren der letzte gestorben ist, beschloß ich, dich hierher zu bringen. Solange du schliefst, habe ich deine Gehirnströme gelesen und dort fand ich das Bild einer blonden Frau, das du mit sehr positiven Gefühlen verbandest. Aus diesem Grund hab ich diesen Körper angenommen, damit du dich hier bei mir auch wohlfühlst. Warum ich mit dir geschlafen habe? Ganz einfach – weil es mir Spaß gemacht hat. Auch wenn du es dir vielleicht nicht vorstellen kannst: ich sehne mich genauso wie du nach Zärtlichkeit. Außerdem ist auch mir das Gefühl der Einsamkeit nicht unbekannt.“
„Aber ... aber was hast du dann dabei gespürt? Du bist doch keine – echte – Frau meiner Art. Du kannst doch eigentlich gar nichts damit verbinden!?!“
„Falsch“, korrigierte mich Joliana. „Wenn ich mich in ein bestimmtes Wesen verwandelt habe, von dem ich genügend Informationen besitze, dann fühle ich genauso und habe daher auch dieselben Bedürfnisse. Ist das denn so schwierig zu begreifen?“
„Unglaublich. Wie siehst du dann normalerweise aus?“
„Was meinst du mit 'normalerweise'? Ich habe keine feste Gestalt ...“
„Bist du überhaupt eine Frau oder habt ihr gar keine Geschlechter?“ fragte ich weiter, weil mich das alles etwas verwirrte.
„Wie ich bereits erwähnt habe, besitzen wir keinen festen Körper – also können wir theoretisch sowohl Frau als auch Mann sein. Wir sind nicht auf Geschlechter beschränkt. Allerdings muß ich zugeben, daß mir in der Regel die Rolle der Frau irgendwie besser zusagt. Keine Ahnung warum das so ist. Aber wenn du auch auf Männer stehst, dann tue ich dir gern den Gefallen mich in einen zu verwandeln.“
„Nein!“ rief ich entsetzt. „Bloß nicht.“
„Wie du willst. Wenn du magst, kann ich mich auch in eine andere Frau verwandeln – damit wir ein bißchen Abwechslung bekommen. Soviel weiß ich von euch Menschen, daß ihr immer auf der Suche nach etwas neuem, unbekannten seid.“
Langsam kam sie auf mich zu, um ihre Hand auf meine Stirn zu legen. Ein seltsames Gefühl durchzuckte meinen Körper.
„Was – was machst du?“ rief ich verzweifelt und versuchte Jolianas Hand beiseite zu tun, doch ich schaffte es nicht. Wieso war sie eigentlich stärker als ich? Da ich rasch bemerkte, daß ich sie doch nicht daran hindern konnte, ließ ich die komische Prozedur über mich ergehen.
„Du bist durcheinander“, meinte Joliana nach einer Weile. „Du weißt nicht, wie du das ganze hier einordnen sollst. Du hast den starken Wunsch diesen Planeten zu verlassen um wieder zu deiner Heimat zurückzukehren.“
Nach einer Pause nahm sie ihre Hand von meiner Stirn und fuhr fort:
„Du wirst verstehen, daß ich dich nicht gehen lassen kann. Ich war so lange allein – ich will es nie wieder sein. Ganz abgesehen davon hast du momentan sowieso nicht die Möglichkeit von hier zu verschwinden.“
„Soll das heißen, ich bin dein Gefangener?“
„So würde ich das nicht ausdrücken. Du kannst gehen wohin du willst. Aber ich werde nicht zulassen, daß du den Planeten verläßt.“
„Wie willst du mich denn dran hindern?“
Sie drückte mich sanft zu Boden, was ihr trotz meiner Gegenwehr auch gelang, ehe sie sich auf mich setzte und meine Hände festhielt. Ihre Umrisse verschwammen für einen Augenblick, bevor sie ihre Farbe zu einem dreckigen braun wechselte, ihr wuchsen Haare und ihr Körper wurde zu – einem der Raubtiere, von denen vor einigen Tagen Olga und ich angegriffen worden waren. So nahe hatte ich allerdings noch keins der Viecher gesehen. Der Kopf eines Wolfes mit spitzen, gebogenen Zähnen, weiche Tatzen ohne Krallen, die jedoch trotzdem eine ziemliche Stärke verrieten sowie ein großes Hinterteil, das mir ziemlich auf meinen Unterleib drückte. Ein Furcht einflößendes Knurren erklang wie von einem tollwütigen Hund, Speichel tropfte aus dem Maul auf meine Brust. Zugegeben: ich hatte wirklich Angst, da ich mir nicht sicher war, inwieweit Joliana noch sie selbst war. Die schwarzen Augen funkelten mich böse an und da ich den Anblick der Gefahr nicht mehr ertrug, schloß ich die Augen. Solange ich das Knurren hörte, fürchtete ich schon, sie würde mir jeden Moment in den Hals beißen, doch das passierte nicht. Auf einmal bemerkte ich, daß das Knurren verstummte und der Druck auf meinem Körper schwächer geworden war. Als ich die Augen aufmachte, saß wieder Joliana – so wie ich sie kannte – auf mir.
„Du siehst also, daß meine Möglichkeiten durchaus vielfältig sind. Aber ich will dir gar nicht wehtun. Im Gegenteil: solange du bei mir bleibst, werde ich alles für dich tun, was du willst. Wir können sehr glücklich werden … so wie in den vergangenen Tagen.“
„Ich kann verstehen, daß du nie mehr allein sein möchtest, aber glaubst du, daß diese Methode die beste ist?“
„Würdest du denn bei mir bleiben, wenn ich dir die Wahl ließe?“ wollte sie wissen, wobei sie mich aufmerksam musterte.
„Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich würde ich in meine Welt zurückkehren wollen.“
„Da siehst du es selbst. Ich kann also gar nicht anders handeln, als dich notfalls mit Gewalt zum hierbleiben zu zwingen ...“
In der aktuellen Lage – sie in dominanter Position auf mir – konnte ich mir gar nicht leisten, etwas zu unternehmen. Das einzige, was ich tun konnte, war, mich vorerst in mein unabänderliches Schicksal zu fügen.
„Warst du eigentlich dieser Wolf, der das Funkgerät in der alten Fähre kaputt gemacht hat?“ fragte ich abrupt.
„Du bist schlau“, lächelte sie. „Du hättest mich beinahe getroffen, als du wie ein Irrer in die Büsche geballert hast. Aber ich konnte doch nicht zulassen, daß du das intakte Funkgerät bekommst und deine Leute kontaktierst.“
Während ich nicht wußte, was ich sagen sollte angesichts meiner aktuellen Lage, beugte sich Joliana zu mir herab, um den Speichel von meiner Brust aufzulecken, den sie vorher – als sie dieses gräßliche Tier war – auf mich getrenzt hatte. Danach stand sie auf um sich abermals zu verwandeln. Diesmal in eine dunkelrothaarige, große Frau mit grünen Augen, üppigen Brüsten und einem sehr erotischen Hintern.
„Wie kommst du ausgerechnet auf so eine Gestalt?“ wunderte ich mich.
„Ich hab‘s in deinem Gehirn gelesen“, lachte Joliana herzlich. „Genauer gesagt in deinem Unterbewußtsein. Du hast dir schon immer mal so eine Frau gewünscht. Jetzt ist es soweit: zeig mir, was du mit ihr alles machen wolltest ...“
*
Die Wochen vergingen, in denen ich mich an das Leben mit Joliana gewöhnte. Irgendwie war sie schon absolut außergewöhnlich – vielleicht lag das auch daran, daß sie keine „normale“ Frau war? Sie war in jeder Hinsicht atemberaubend, wenngleich ich mir nicht sicher war, woran das genau lag. Vermutlich an ihrer Vielgestaltigkeit. Na ja gut, Kunststück: das war ja eine Eigenheit ihrer Rasse. Jedenfalls genoß ich es, wenn sie sich zur Abwechslung in eine rassige Blondine, eine Südländerin oder auch mal in die Versuchung schlechthin verwandelte. Am besten fand ich jedoch nach wie vor ihre ursprüngliche Form, in der sie sich mir auch am öftesten zeigte.
Wir verbrachten die Tage mit den zum Leben nötigen Tätigkeiten wie dem Sammeln von Nahrung am Waldrand, handwerklichen Arbeiten in unserer Wohnung, Werkzeugherstellung oder dem „Golkos“ – einem Spiel, das wir selbst erfunden hatten und das uns die Zeit vertrieb. Die Nächte reservierten wir nur für uns. Man kann durchaus sagen, daß ich dabei auf meine Kosten kam. Doch über allem stand eben die fehlende Wahlmöglichkeit einer Alternative. Ich fühlte mich wie in einem goldenen Käfig. Was bedeutet einem schon das Paradies, wenn man dafür auf seine Freiheit verzichten muß? Fern von der Heimat, ja, sogar fern des eigenen Heimatplaneten zu sein ist auf Dauer sehr niederschlagend. So entstand in mir der natürliche Drang aus diesem Gefängnis auszubrechen. Doch wie sollte mir das gelingen? Ich konnte nicht einmal von diesem Planeten weg. Die Raumfähre, mit der ich gekommen war, schied diesbezüglich aus. Einen so guten Techniker, den man dazu bräuchte, die zerbeulte Fähre wieder instandzusetzen – den gab es ja im ganzen Universum nicht. Das bedeutete mir blieb nur die Chance auf Hilfe von außen zu hoffen. Meine Haupthoffnung bestand darin, daß in den nächsten Monaten erneut ein Großraumfrachtschiff in dieses System kam um Mineralien zu fördern. Eventuell konnte ich denen irgendeine Nachricht übermitteln. Der Rest sollte dann kein großes Problem mehr sein. Zumindest nicht, wenn ich die Vorbereitungen vor Joliana geheim hielt. In weiser Voraussicht bastelte ich daher schon frühzeitig im Arbeitszimmer an einem provisorischen Funkgerät herum, das ich mit Hilfe von Elektronikbausteinen aus der alten Raumfähre herzustellen versuchte. Doch irgendwie gestaltete sich das wesentlich schwieriger als ich gedacht hatte. Zudem kam noch die Tatsache hinzu, daß ich auch kein ausgebildeter Elektroniker war, sondern eben Archäologe. Da tat man sich dann doppelt schwer. Zugegeben: der Grundkurs in Elektronik, den ich im Rahmen meines Studiums besucht hatte, zahlte sich jetzt aus, aber besonders fleißig war ich seitdem in der Hinsicht nicht mehr gewesen.
Nach drei Wochen war ich immerhin schon so weit gekommen, daß ich über ein behelfsmäßiges Mikro wenigstens Sprechen konnte. Natürlich wußte ich auf diese Weise noch nicht, ob mich überhaupt jemand hörte, denn ich bekam nie eine Antwort oder besser ausgedrückt: ich konnte sie nicht hörbar machen. Das war in der Tat Scheiße, aber die Umsetzung von Funkwellen auf den zweiten intakten Lautsprecher – den ersten habe ich in ein Passivmikrofon konvertiert – bereitete mir einige Probleme. Da ich auch nicht wirklich testen konnte, ob das ganze überhaupt funktionierte, baute ich schließlich das Gerät so um, daß ich die Ausgangsleitung des Mikrofons über den Eingangskanal des Lautsprechers schaltete. Auf diese Weise wollte ich zumindest sicherstellen, daß das „Senden“ auch wirklich funktionierte. Genau wie beabsichtigt sprach ich mit vorgehaltener Hand nach links ins Mikrofon, während ich mir gleichzeitig den Lautsprecher rechts ans Ohr hielt. Es klappte! Ich hatte mich also nicht getäuscht: das mit dem Sprechen hatte ich tatsächlich hingekriegt. Eifrig stellte ich den ursprünglichen Zustand wieder her. Jetzt mußte ich mich als nächstes vor allem darum kümmern, die potentielle Sendereichweite zu steigern. Ich war noch ganz in meine Arbeit vertieft, als ich plötzlich bemerkte, daß Joliana ins Zimmer gekommen war.
„Oh, hallo. Ich hab‘ dich gar nicht gehört“, begrüßte ich sie.
„Ich wollte dir nur sagen, daß das Essen fertig ist. Was machst du gerade Schönes?“
„Ach ich spiele hier nur ein bißchen mit einem Transistor herum“, tarnte ich meine Bemühungen. Joliana schöpfte wie erwartet auch keinerlei Verdacht und ging vor mir her Richtung Hauptraum wo wir immer zu speisen pflegten, weil es dort einfach am bequemsten war. Bloß gut, daß man auf dem Planeten Polymorph offenbar wenig mit Elektronik am Hut hatte. Zudem kam natürlich noch die Tatsache, daß Joliana wenig Ahnung von Technik hatte. Das verschaffte mir einen recht passablen Spielraum für meine Arbeit.
Das Essen, das an diesem Abend aus Wurzelsalat mit Früchten und Blattsuppe bestand, lenkte mich ein wenig ab, was auch Joliana zu bemerken schien.
„Was versuchst du momentan eigentlich zu bauen? Du wirkst meistens ziemlich gestreßt, wenn du aus dem Arbeitszimmer heraus kommst.“
„Ach nur so ein kleines Spielzeug, damit wir wissen, wann wir die Batterie regenerieren müssen.“ erklärte ich, was allerdings glatt gelogen war. „Das ist eine ziemlich komplexe Angelegenheit und irgendwie habe ich da noch nicht den Bogen raus, aber ich schaffe es schon noch irgendwann ...“
„Laß doch die blöde Batterie ... es genügt doch, wenn wir ungefähr jede zweite Woche die Regeneration durchführen. Ob wir jetzt mal eine Stunde oder so keine Energie haben ist doch egal. Komm her, entspann dich ein wenig.“
Einladend breitete sie ihre Arme aus. Sie lag zur Hälfte auf der Pritsche und schaute mich auffordernd an. Der Versuchung nachgebend stand ich auf, um mich neben ihr niederzulassen. Sie massierte mich am Rücken, am Nacken und auch an den Schenkeln, ehe sie mir langsam die Hose auszog. Doch im Gegensatz zu sonst hatte ich heute einfach keine Lust, was ich auch zum Ausdruck brachte.
„Heute nicht – ich bin nicht in Stimmung ...“, murmelte ich unwirsch. Enttäuscht blickte mich Joliana innehaltend an. „Kannst du etwa nicht?“
„Können tue ich schon, aber ich habe nur grad keine Lust drauf.“
„Bleib einfach liegen – ich mache den Rest ...“
Seufzend rappelte ich mich auf. „Tu mir bitte den Gefallen und laß mich heute einfach in Ruhe.“
Ohne von ihr daran gehindert zu werden zog ich mich erneut in mein Arbeitszimmer zurück. Langsam überforderte mich die gute Frau aber wirklich. Schließlich hatte ich ihr erst heute mittag vor dem Essen eine Ladung verpaßt, ferner heute früh, davor mehrmals am vergangenen Abend, während des Mittagessens, zweimal nach dem Frühstück und in den vergangenen Tagen verhielt sich die Quote ähnlich, was mich allmählich auszehrte. Irgendwie bezweifelte ich, daß sie eine Polymorphiane war – passender wäre wohl Sexmonster. Langsam aber sicher sollte ich wirklich schauen von hier weg zu kommen, sonst machte mich diese Frau noch total fertig.
*
Es vergingen einige Wochen, in denen ich es hinbekam, eine ausziehbare Antenne für mein improvisiertes Funkgerät zu bauen. Die Reichweite konnte ich natürlich schlecht schätzen, aber ich hoffte, wenigstens Kontakt mit Tieffliegern zu bekommen – falls hier mal welche auftauchen sollten, was leider nie der Fall war, als ich meine Beobachtungsstreifzüge auf der Hügelkette sowie den Waldrand entlang durchführte. Jolianas lustbedingtes Verlangen hatte sich auf ein erträgliches Maß reduziert, so daß ich keine Probleme mehr mit einer wunden Stelle oder dergleichen hatte … Geblieben war jedoch der unaufhaltsame Drang nach Freiheit, Heimat, vielleicht auch meiner Frau, die mir irgendwie fehlte. Klar, Joliana konnte man nicht mit Cora vergleichen, aber irgendwie war letztere wesentlich berechenbarer. Außerdem war ich mit Cora freiwillig zusammen gekommen, während es bei Joliana in gewisser Weise eine Art Zwang darstellte. Immerhin wußte ich anfangs nicht einmal, welche Blätter hier auf Proxima Centauri überhaupt eßbar waren. So betrachtet hatte das Verhältnis zu Joliana immer einen gewissen Zwangsfaktor beinhaltet und Zwang war etwas, was mir auf Dauer zutiefst zuwider war. Dennoch mußte ich zugeben, daß ich Joliana ziemlich bewunderte. Allein die Fähigkeit jede beliebige Gestalt anzunehmen, brachte mich zumeist in Entzücken. Mal ganz abgesehen vom erotischen Aspekt fand ich das einfach faszinierend. Ferner imponierte mir auch ihre leicht dominante Art, die so gar nicht gewohnt weiblich ist. Alles in allem verband uns eine seltsame Abhängigkeit, der ich mir nie recht klar geworden war. Das lag mitunter daran, daß ich mich meist mit meinen Funkgerätspielereien befaßte. Besonders unpraktisch fand ich nämlich die Tatsache, daß ich zum Funken extra nach draußen mußte. Das war immer so eine Sache, weil Joliana jedes mal davon Wind bekam und sich wohl ihren Teil denken würde, wenn ich viermal hintereinander zum „Luft schnappen“ nach draußen wollte.
Aus diesem Grund stellte ich ein halbes Dutzend kleiner, wirklich einfachster Funkverstärker her, die ich innerhalb der Wohnung an taktisch wichtigen Stellen aufstellte. Im Speziellen waren dies die Wand direkt gegenüber des Arbeitszimmers, die Türschwelle im Gang zum Hauptraum, im Hauptraum direkt unmittelbar neben der Tür zum Gang, vor der ersten Tür nach draußen und der letzte Verstärker befand sich bei der Gangbiegung vor der Ausgangstür. Natürlich plazierte ich diese kleinen Apparaturen, ohne daß Joliana etwas davon bemerkte. Den eigentlichen Sender deponierte ich dann circa zehn Meter von der Ausgangstür entfernt in einer kleinen Mulde, während sich die davon abgekapselte Sprecheinheit mit dem Mikrofon im Arbeitszimmer aufhielt. Auf diese Art konnte ich von dort aus versuchen, Funknachrichten in den Orbit des Planeten abzugeben. Das fand ich schon mal absolut stark. Vor allem, da es mir auch noch gelang durch Pulsumkehrung theoretisch eine Empfangseinheit durch Knopfdruck zu erzeugen, ohne daß ich lange herumstecken mußte. Wie gesagt: theoretisch. Ob meine tolle Konstruktion auch in der Praxis funktionieren würde wie ich plante, war die andere Frage. Auf Grund mangelnder Funksignale konnte ich das auch nicht testen. Soll heißen, ich brauchte mich evtl. nicht wundern, wenn ich nie eine Antwort erhalten sollte. Jedenfalls sprach ich von nun an jeden Tag zweimal meine Meldung, die ich bald auswendig wußte, ins Mikrofon:
„Notruf 187 – hier spricht Franz Holdersheim. Ich bin vor einigen Monaten mit einer Raumfähre der 'Gurk' abgestürzt und brauche Hilfe! Falls mich irgend jemand hören kann: es kann sein, daß der Empfangmodus meines improvisierten Funkgerätes nicht funktioniert und ich daher nur senden kann. Aus diesem Grund verstehe ich eventuell nicht, falls Sie gerade den Versuch unternehmen mit mir zu reden. Stellen Sie meine Position daher per Funkpeilung fest. Zwanzig Meter entfernt von meinem kleinen Sender befindet sich eine Stahltür, die den Eingang zu meiner unterirdischen Behausung markiert. Außenstation auf Proxima Centauri - ENDE.“
Natürlich hoffte ich nicht, daß ich in absehbarer Zeit eine Antwort erhalten würde, aber irgendwie lauerte ich dennoch immer darauf, nach meiner Ansprache eine beruhigende Stimme zu hören, die mir mitteilte, daß man mich verstanden hatte und daß man bereits die Lage des Senders lokalisiert hatte. Leider geschah dies nicht, was jedoch nicht heißen mußte, daß mich niemand gehört hatte. Vielleicht klappte der Empfangsmodus nur nicht. Leichte Bedenken hatte ich in der Hinsicht ohnehin von Anfang an gehabt.
Nach einem Dutzend solcher Tage wurde mir bewußt, daß ich wohl doch noch eine ganze Weile hier verbringen mußte. Trübsal blasen wollte ich aber nicht. So kam mir ganz spontan eine Idee, als ich wie jeden Abend mit Joliana zu Bett ging. „Du kannst deine Gestalt doch beliebig ändern, oder?“
„Ja. Vorausgesetzt die Größenverhältnisse der unterschiedlichen Objekte stimmen in etwa überein. In eine Maus verwandeln kann ich mich beispielsweise nicht. Hast du irgendwelche speziellen Wünsche?“
„Ach mir ist nur generell aufgefallen, daß alle weiblichen Primaten nur zwei Zitzen haben – das ist doch eigentlich ein bißchen wenig. Wie wäre es zur Abwechslung mal mit drei? Vielleicht eine zusätzlich knapp oberhalb des Bauchnabels ...“
„Kein Problem“, meinte Joliana und entzückt konnte ich mitansehen, wie sich auf ihrem Bauch eine Erhebung bildete, die bald an Masse gewann und eine perfekte Halbkugel formte, in deren Mitte ... aber das, lieber Leser, überlasse ich der Phantasie. Begeistert betrachtete ich das Ergebnis und freute mich wie ein kleiner Junge, der zu Weihnachten etwas besonderes geschenkt bekommt. In gewisser Weise war es ja auch etwas außergewöhnliches, denn was ich schon immer mal machen wollte, aber leider bei keiner normal sterblichen Frau zu bewerkstelligen ist, ging jetzt ganz einfach: an einem Busen herumschlecken und gleichzeitig mit beiden Händen an den beiden anderen herumgrabschen. Das war in der Tat eine interessante Erfahrung. Auch Joliana schien es zu gefallen, denn sie brummte wie eine Katze, der man gerade den Bauch krault.
„Wollen wir vielleicht mal was ganz exotisches ausprobieren?“ erkundigte ich mich bei ihr, was sie aufhorchend bejahte. „Ich hab mir gedacht, wir könnten das noch ein bißchen ausweiten. Zu den zwei Brüsten der Standardausstattung nochmal ein Paar derselben Größe darunter und dann noch mal zwei mit etwas kleineren Ausmaßen, damit das vom Platz her noch paßt ...“
„Einen Moment“, versprach mir Joliana und wieder sah ich eifrig zu, wie sich der Hügel in der Mitte senkte bis er schließlich verschwand, während zur selben Zeit vier weitere wie aus dem Nichts emporschossen. Wahnsinn! Da wußte man gar nicht, wo man zuerst hinlangen sollte. Bevor ich jetzt weitere perverse Phantasien preisgebe, die ich noch hatte, komme ich wieder zurück zum eigentlichen Handlungsstrang.
Nach exakt einem Jahr und 17 Tagen seit meiner Ankunft auf diesem Planeten erhielt ich plötzlich jäh eine Antwort, als ich wie jeden Tag – was ich mittlerweile schon als Routine gewohnt war – meine Funknachricht hinausschickte.
„Franz? Hörst du mich?“ Diese Stimme ... die kam mir irgendwo her bekannt vor, aber ich konnte mich nicht entsinnen woher. Entscheidend jedoch war, daß mein Funken nach so langer Zeit endlich jemanden erreicht hatte.
„Ja! Ja, ich kann dich deutlich hören!“ rief ich erfreut.
„Ich bin's, Uli Wenzel, du erinnerst dich doch, oder?“
Uli Wenzel? Na klar, der hatte an Bord der „Gurk“ sein Quartier direkt neben meinem gehabt.
„Mensch Uli, bin ich froh dich zu hören. Du kannst dir nicht vorstellen, was ich hier alles erlebt habe.“
„Ähm, das kannst du mir alles später erzählen, aber sag mir doch erst einmal, wo du genau bist. Wir können dich von hier aus nämlich nicht genau orten.“
„Also der Sender befindet sich auf einer unbewaldeten Hügelkette, die man eigentlich gar nicht übersehen kann und dort ziemlich in der Mitte auf dem Kamm.“
Ein Rauschen entstand in der Verbindung – meine Befürchtung, die Leitung wäre hinüber, wurde jäh zerstreut, als ich wieder Ulis Stimme vernahm.
„Alles klar, wir haben es auf dem Schirm. In zehn Minuten sind wir bei dir. Gibt es sonst noch was?“
„Nein, das wäre alles. Franz, ENDE.“
„Ulrich – Ende.“
Endlich war es soweit. Man würde mich abholen kommen. Wie oft hatte ich auf diesen Augenblick gewartet? Noch konnte ich gar nicht fassen, daß dieser Wunschtraum nun endlich Wirklichkeit werden sollte. Vergnügt packte ich die wenigen Habseligkeiten zusammen, die ich mitnehmen wollte. Die Stiefel, meine Uhr und zu guter letzt natürlich meine NVW. Joliana trat soeben in den Hauptraum. „Was hast du denn vor?“
„Ich will endlich heim“, erklärte ich ihr. „Eine Fähre kommt mich abholen.“
Bestürzt starrte sie mich an.
„Du kannst mich doch hier nicht im Stich lassen! Ich brauche dich doch!“
„Das mag schon sein, aber ich sehne mich sehr nach meiner Heimat.“
„Aber ich doch auch! Allerdings weißt du ja, warum ich hier nicht weg kann, selbst wenn ich möchte ...“, rief sie verzweifelt.
„Siehst du: das ist der Unterschied zwischen uns beiden. Du kannst nicht und ich erhalte jetzt die einmalige Gelegenheit dazu. Die lasse ich mir nicht einfach durch die Lappen gehen. Das wirst du wohl sicherlich nachvollziehen können?!?“
„Ich habe dir doch gesagt, daß ich dich nicht weglassen werde. Oder zweifelst du an meinen Worten?“ fragte sie mit drohendem Unterton.
„Versuch doch mich daran zu hindern“, zielte ich mit der NVW im Beidhandanschlag auf sie. Mein rechter Zeigefinger lag locker am Abzug um meiner Geste Nachdruck zu verleihen. Trotz dieser verstärkten Abwehrhaltung schritt Joliana langsam auf mich zu, während sie mich ernst mit traurigen Augen ansah. Wie hypnotisiert blieb ich einfach stehen, ohne irgend etwas zu machen. Was hätte ich auch tun sollen? Sie erschießen? Nein, das kam für mich nicht in Frage, denn irgendwie ... hatte ich sie lieb gewonnen. Als der Lauf der NVW ihren Körper genau zwischen den Brüsten berührte, blieb sie endlich stehen. Noch immer hielten mich diese faszinierenden blauen Augen in ihrem Bann. Sanfte Hände ergriffen die Waffe in meinen Händen, die ich mir ohne Widerstand zu leisten abnehmen ließ. Unter Einsatz ihres Körpers drückte sie mich zu Boden und kam schließlich auf mir zu liegen, wo sie sogleich begann, mich überall zu berühren. In dieser passiven Stellung meinerseits übernahm sie die Führung und ich kann wirklich nicht sagen, was sie machte. Sie umschlang mich, so als ob sie mich wie eine Amöbe in sich aufnehmen wollte, verformte sich auch diesbezüglich in diese oder jene Richtung und nach kurzer Zeit fühlte ich mich überall von ihr umgeben. Sie berührte meinen Hals, massierte meinen Rücken, erregte mein Glied, streichelte meine Schenkel und kuschelte sich an meine Brust. Einfach unglaublich. Von der ursprünglichen Joliana waren nur noch der Kopf und die Brüste gleichgeblieben, alles andere war zu einer unförmigen Masse verschmolzen, die meinen Körper gänzlich umhüllte. Der absolute Wahnsinn. Das hatte sie zuvor noch nie mit mir in der Art getan. Als die Euphoriewelle etwas abgeebbt war und ich meine Augen öffnete, die ich während des Höhepunkts geschlossen hatte, saß Joliana wieder in einem „Stück“ auf mir.
„Jetzt laß uns nochmal darüber reden, ob du wirklich gehen willst“, sagte sie von mir herabsteigend und reichte mir die Hand, an der sie mich hochzog. Wie in Trance sinnierte ich einen Moment über das soeben erlebte nach und dachte dabei auch an die Situation, die ich vorfinden würde, wenn ich mit der Fähre wieder nach Hause flöge. Vermutlich hatte mich Cora eh schon abgeschrieben, als man ihr von meinem Absturz berichtete. Höchstwahrscheinlich hatte sie bereits einen anderen Mann geheiratet, denn ich wußte ja, daß sie nicht gern allein war. Was war also von dem geblieben, was mich nach Hause gezogen hatte? Wenn ich ehrlich zu mir selbst war: nichts!
Die ganze Umweltverschmutzung auf der Erde, die Überbevölkerung, die riesigen Städte, in denen man niemals Ruhe fand – wollte ich das etwa wiederhaben?! Wie konnte ich all die Monate nur so vernagelt gewesen sein, nicht zu erkennen, daß ich in einer Art Paradies lebte! Aber noch war es nicht zu spät, denn noch war ich hier.
„Ich bleibe bei dir“, versprach ich Joliana. „Ich habe meine Meinung geändert und fliege nicht zurück zur Erde.“
„Was wird dann aus der Fähre, die dich abholen kommt?“
„Keine Ahnung“, zuckte ich mit den Schultern. „Ich sage ihnen einfach, daß ich es mir anders überlegt habe.“
Offenbar vertraute mir Joliana nicht, als ich die Tür mit der hydraulischen Kurbel aufmachte, denn sie bestand darauf mich zu begleiten. Gemeinsam öffneten wir auch noch die äußere Tür, ehe wir nach der Landestelle der Fähre Ausschau hielten. Diese fanden wir etwa zweihundert Meter den Hügel hinunter. Drei Personen schlenderten dort herum und wandten sich uns zu, als sie uns sahen.
„Hallo Franz!“ begrüßte uns Ulrich Wenzel. „Wen hast du denn da noch mitgebracht?“
„Äh ... das ist Olga Irschova. Die hat außer mir den Absturz auch noch überlebt“, erklärte ich Jolianas Anwesenheit.
„Na dann kommt gleich rein in die Fähre, damit wir schauen können, von hier wegzukommen.“
„Es tut mir leid, Uli, aber wir kommen nicht mit. Wir haben es uns anders überlegt. Olga ...“ Beinahe hätte ich mich beim Namen versprochen. „... und ich wollen hierbleiben.“
Ulrich und die zwei ihn begleitenden Männer starrten uns verwundert an.
„Was soll das denn heißen? Geht‘s dir nicht gut? Dok – untersuch ihn mal.“
Der eine der Männer packte einen der neuen IR-Sensoren aus, mit dem er mich am ganzen Körper durchleuchtete.
„Hmm“, machte er, nachdem er einige Meßwerte miteinander verglichen hatte.
„Sie sind von irgend einem Pilz oder was weiß ich was infiltriert worden. Sehen Sie diese weißen Stränge?“ Er deutete auf die Anzeige, auf der man die Umrisse eines menschlichen Körpers erkennen konnte, der überall von weißen unregelmäßig geformten Linien durchzogen war.
„Ja“, antwortete ich. „Die kann man ja schlecht übersehen. Was bedeutet das?“
„Also in diesem Ausmaß hab ich das noch nie gesehen. Da kann ich also nur Spekulationen anstellen. Bei einem bin ich mir aber sicher: Sie wurden vor noch nicht all zu langer Zeit von irgendeiner Substanz penetriert, die tief bis in ihren Körper gelangt ist. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das passiert sein könnte ... ich glaub ich werde sicherheitshalber ihre Kollegin auch noch untersuchen.“
Er vollzog die Prozedur ein zweites Mal bei Joliana, die es über sich ergehen ließ. Als der Arzt fertig war, schluckte er blaß und tippte eine Weile endlose Zeichenkolonnen in seinen Mini-Computer ein.
„Was ist los, Dok?“ fragte ihn Uli, der seine Nervosität bemerkt hatte.
„Das ist unglaublich“, stammelte der Doktor. „Ich habe soeben zweifelsfrei die weißen Stränge im Körper von Franz als DNS-Reste von Olga identifiziert.“
„Aha“, machte Uli. „Und was ist daran schlimm?“
„Sie hat ihn penetriert“, erklärte der Doktor. „Das ist aber etwas, was nur amöbenartige Lebensformen bzw. Pilze zustande bringen können ...“
„Soll das heißen, sie ist kein Mensch?“ folgerte Uli ungläubig. Der Arzt nickte stumm und wich ehrfürchtig einige Schritte zurück. Auch Uli und der andere Mann gingen in eine defensive Abwehrhaltung über. Bevor ich etwas unternehmen konnte um diese Situation zu schlichten, sah ich Uli seine Handfeuerwaffe aus dem Holster ziehen.
„Keine Bewegung!“ drohte er auf Joliana zielend.
„Uli, ich kann dir alles erklären“, versuchte ich eine Konversation in Gang zu setzen, doch leider erfolglos.
„Franz, halt dich bitte aus der Geschichte heraus. Das regle ich schon.“
Ehe ich es richtig mitbekam, sprang Joliana nach vorn, um Uli die Waffe aus der Hand zu schlagen. Binnen einer Sekunde wechselte sie ihre Gestalt in ein reptilähnliches Geschöpf mit spitzen Krallen und einem stacheligen Schwanz. Unbeteiligt sah ich zu, wie sie zuerst Uli die Kehle durchbiß, anschließend den überraschten Arzt mit dem Stachel durchbohrte und zu guter letzt den dritten, nun fliehenden Mann, mit ihren Krallen zerfetzte. Damit nicht genug rannte sie in einem Affenzahn die Strecke zur Raumfähre, in der sich offenbar noch ein Pilot aufgehalten hatte, denn ich hörte gleich darauf dessen Todesschreie ... dann war wieder alles ruhig.
Ich wagte nicht mich zu bewegen, sondern starrte nur auf das Blutbad direkt vor mir. Nach einigen Minuten kam Joliana aus der Fähre heraus auf mich zu. Jetzt war sie wieder die alte. Ihre blonden Haare flogen im Wind und ihre Arme waren bis zu den Ellbogen blutbefleckt.
„Warum hast du das getan? Ulrich war ein Freund von mir ...“
„Ganz einfach“, klärte sie mich nüchtern auf. „Du glaubst doch nicht, die hätten uns hier in Ruhe gelassen, wenn sie mich schon als außerirdische Lebensform identifiziert haben? Die hätten versucht mich als lebendes Forschungsobjekt auf die Erde zu transportieren, um mich dort in einem Käfig zu halten und da wäre ich eh nicht angekommen – du erinnerst dich doch sicher an die explosive Kapsel in meinem Körper?“
„War es denn unbedingt nötig, sie gleich alle zu töten?“
„Was hätte ich denn sonst mit ihnen tun sollen? Zum Teetrinken einladen?!?“
Betreten schweigend stand ich einfach nur da, bis sie mich von vorn umarmte, um mich fest an sie zu drücken.
„Ich hab‘s für uns getan. Für unsere Zukunft.“
„Was hat eigentlich der Arzt vorhin gemeint, als er mich untersucht hat?“
„Erinnerst du dich, als ich dich verführte, bevor wir nach draußen gingen? Das hat dir deshalb so gut gefallen, weil ich da mit einem Teil meines Körpers in deinen eingedrungen bin. Dadurch hast du alles wesentlich intensiver empfunden. Der Nachteil ist halt, daß dadurch einige Partikel von mir in dir gelandet sind, aber das macht eigentlich nichts.“
„Eigentlich?“ rief ich ein klein wenig besorgt.
„Es wird sich nicht nachteilig auf deine zukünftige Entwicklung auswirken“, versprach sie mir. „Ich bin schließlich nicht giftig und es handelt sich auch nur um Spurenelemente.“
„Na dann bin ich aber beruhigt.“
Während ich zurück in unsere unterirdische Wohnung stapfte, beschäftigte sich Joliana damit, die Leichen der drei Männer sowie die Kampfspuren verschwinden zu lassen. Als ich mir gerade aus der Küche etwas zu essen holen wollte, vernahm ich dumpf einen Knall von draußen herkommend – die beiden Türen standen noch offen, denn ich gedachte nicht Joliana auszusperren. Als ich neugierig geworden zum Eingang spazierte um nachzuschauen, was passiert war, kam mir Joliana entgegen.
„Was war denn jetzt los?“ wollte ich wissen.
„Die Raumfähre hatte nur einen kleinen Unfall“, klärte sie mich auf. „Das Triebwerk ist überhitzt und in die Luft geflogen. Nur um zu vermeiden, daß hier noch weitere Suchtrupps herumschnüffeln ...“
*
In der Tat wurden wir in der nächsten Zeit nur einmal von einem zweiten Suchschiff belästigt, das aber bereits nach einer Stunde wieder davonflog. Offenbar hatte man sich schnell davon überzeugt, daß es sich bei der Explosion der ersten Fähre um einen Unfall gehandelt hatte. Damit begann für uns ein langer Zeitraum ohne weitere Störungen von außen. Wir verbrachten wundervolle Monate in trauter Zweisamkeit, in der wir uns beide aufeinander abstimmten. Joliana erfüllte mir jeden noch so ungewöhnlichen Wunsch („Heute hätte ich gern mal zwei Titten auf dem Rücken ...“), während ich ebenfalls mein möglichstes tat, ihr in ihren Bedürfnissen entgegen zu kommen.
Eines Tages setzte sich meine Partnerin mir gegenüber, um eine Diskussion mit mir zu beginnen:
„Möchtest du, daß wir beide uns noch näher kommen können?“
Einen Moment wußte ich nicht, was sie meinte. „Wie 'noch näher'?“
„Du hast es doch inzwischen schon mehrmals erlebt, daß ich dich mit meinem Körper gänzlich eingehüllt habe und du fühltest doch dabei, das wir für kurze Zeit praktisch eins waren?!?“
„Ja, so kann man es beschreiben“, erwiderte ich zögerlich.
„Du weißt auch, daß dabei Partikel von mir in dich gelangen. Ich habe dir einmal gesagt, dies sei völlig ungefährlich. Ist es im Prinzip auch, sofern man es in Maßen macht. Deshalb bin ich diese Art der Verbindung trotz deines Drängens nicht all zu oft eingegangen.“
Eine kurze Pause entstand, die meine Neugierde nur noch steigerte.
„Falls wir diese Vereinigung wirklich umfassend vollzögen, dann würden unsere Körper und auch unsere Seelen verschmelzen – zu einer werden.“
Ungläubig starrte ich sie an. „Wie soll das denn funktionieren?“
„Das ist nicht so schwierig: ich muß lediglich deinen Körper penetrieren. Während diesem Vorgang geht meine DNS an dich über und beginnt dort deine Zellen zu transformieren. Vorausgesetzt ich leite ein Hormon in dich hinein, was ich bisher unterlassen habe. Erst durch die Hilfe dieses Enzyms pflanzt sich nämlich meine DNS fort. Dieser Vorgang dauert dann einige Tage – und danach sind wir untrennbar miteinander verbunden. Wir werden denselben Körper besitzen, jederzeit die Gedanken des anderen wissen und alles unmittelbar teilen. Wie hört sich das für dich an?“
„Kraß“, gestand ich. „Absolut hart! Gibt es da auch irgendwelche Nachteile?“
„Nun, dadurch würde sich meine – besser: unsere – polymorphe Masse etwa verdoppeln, denn du wiegst ungefähr so viel wie ich. Das macht im Prinzip nichts aus. Eine Massenverdreifachung über dem Normalmaß jedoch würde uns beide töten. Soll heißen, wenn ich mit dir zu einem Wesen verschmelze, dann sind wir noch weit entfernt vom Risikobereich. Einen weiteren Fusionsvorgang können wir uns aber nicht leisten.“
„Das haben wir doch gar nicht vor, oder?“
„Nein, natürlich nicht. Was du vorher auch noch wissen solltest: wir können die Fusion nicht rückgängig machen. Wir bleiben bis zum Zerfall der Zellen beieinander, d.h. wir sterben auch gemeinsam zum selben Zeitpunkt.“
„Damit habe ich kein Problem“, sagte ich. „Laß uns anfangen.“
„Ich will, daß du es dir noch einmal gründlich überlegst. Daher schlage ich vor, wir warten mit dieser Entscheidung bis morgen.“
*
Am nächsten Tag teilte ich meine unveränderte Meinung mit und erklärte mich dazu bereit, die Verschmelzung durchzuführen.
„Dann zieh dich schon mal aus – oder willst du auch mit dem Stoff der Kleidung fusionieren?“ scherzte Joliana. Da ich dazu wenig Lust verspürte, kam ich ihrer Aufforderung geschwind nach, damit wir beginnen konnten. Wir legten uns auf eins der Betten und Joliana begann damit sich auf mir aufzulösen. Ein gallertartiger Brei ergoß sich über mich. Wieder überkam mich dieses wunderschöne Gefühl, daß mich schon beim ersten Mal total verzaubert hatte. Das war besser als Sex im Quadrat, das war ... der absolute Wahnsinn! Ein schier nicht enden wollender Schwall der Erregung durchflutete meinen Geist, während ich allmählich fühlte, wie ich mehr und mehr mit Joliana verschmolz. Meine Gedanken begannen nicht mehr allein zu sein, sondern es kam ein sanftes Raunen hinzu, das mir mitteilte, daß es sich unendlich über meine Entscheidung freute. Im Lauf der Zeit wuchs diese zweite Stimme in mir an, während ich dafür meinen Körper immer weniger spürte. Jolianas Gedanken offenbarten sich mir als besäßen wir dasselbe Gehirn. Ich fühlte, daß sie glücklich war, aber unterschwellig nahm ich einen kurzen Moment Angst wahr. Angst davor, daß der aktuelle Zustand jemals zu Ende gehen könnte.
'Nein', dachte ich, denn sprechen konnte ich nicht. 'Wir gehören zusammen für immer und ewig. Hab keine Angst mehr allein zu sein ...'
Eine zarte Melodie liebkoste meinen Verstand. Das Rauschen eines Wasserfalls und eine helle, singende Stimme begleiteten mich in eine Art Trance. Irgendwann wurde mir bewußt, daß nicht mal mehr mein Herz schlug. Zumindest konnte ich es nicht spüren, so sehr ich mich auch darauf konzentrierte. Aber was macht das schon aus? Wozu brauche ich es, wenn es auch so geht, wie gerade im Moment.
'Franz ... Franz' lauschte ich einer milden Stimme, die noch lieblicher war, als ich sie bisher immer vernommen hatte. Zweifelsfrei gehörte diese Stimme zu Joliana. 'Es ist soweit: wir sind von nun an ein Lebewesen. Jetzt kann uns nur noch die Ewigkeit trennen.'
Komisch, was ist das nur für ein seltsames Gefühl? Ich kann spüren, daß ich die Kontrolle über eine unförmige Masse habe ... aber was soll ich jetzt tun?
'Du mußt jetzt lernen mit unserem gemeinsamen Körper umzugehen', flötete mir Jolianas Geist zu. 'Es kann immer nur einer von uns den Körper effizient nutzen. Das ruht daher, daß wir trotz allem zwei unterschiedliche Seelen in einem Körper sind – mit verschiedenem Willen. Aus diesem Grund ist es zweckmäßig, daß immer nur einer von uns die Kontrolle über unseren Körper ausübt, während der andere passiv bleibt. Damit du es lernst, bin ich jetzt momentan passiv. Alles klar?'
Ja, mehr oder weniger zumindest. Was soll ich jetzt machen? Verdammt … irgendwie klatschen wir gerade voll gegen die Wand. Wenigstens hat‘s nicht weh getan. Aber wie kommen wir jetzt wieder von der Wand weg?
'Benutze deinen Geist. Stell dir vor, daß du mit dem Körper identisch bist. Konzentrier dich darauf und dann nimm die Form an, die du willst.'
Ok, ich probier‘s ... das klappt nicht. Ja, ich versuch‘s nochmal. Hmm, langsam tut sich was – aber wir kleben immer noch an der Wand. Aha, jetzt sind wir zumindest schon mal auf den Boden gefallen. Jetzt soll ich mich also einfach darauf einstellen, einen menschlichen Körper auszuprägen, damit wir aufstehen können? Puh – das ist gar nicht so einfach ... aber ich lerne es schon noch ...
'Das war für den Anfang sowieso nicht schlecht. Wenn du jeden Tag fleißig übst, dann kannst du das in einigen Wochen genauso gut wie ich.'
Das freut mich aber. Übernimmst du vielleicht wieder mal die Kontrolle? Sonst kommen wir beide heute wohl nicht mehr vom Fleck ...
'Gut, aber heute nachmittag versuchst du es noch einmal.'
Einverstanden. Also ich muß schon sagen: ich bin echt überwältigt! So großartig hätte ich es mir nicht vorgestellt. Was machen wir jetzt?
'Jetzt zeige ich dir, was man in diesem Zustand noch alles tun kann.'
Leise Klänge wie von Harfenmusik umgaben mich, vor mir tauchte Joliana auf, so wie ich sie das erste Mal gesehen hatte. Sie stand vor einer Holzhütte, die an einem malerischen See gelegen war, an den sich ein Nadelwald anschmiegte. Was hat das zu bedeuten?
'Stell dir vor, was immer du willst. Es geht in deiner Phantasie in Erfüllung und wir können machen, was immer wir wollen.' erklärte die Gestalt von Joliana in meinem Kopf.
Das ist ja stark! Dann hätte ich gern den Körper von Marcus Antonius.
'Wieso gerade von dem?'
Ach ich hatte schon immer eine Schwäche für die ollen Römer ...
'Dann wär‘s doch besser, wenn ich mich in Kleopatra verwandle?!'
Ohne auf mein Zutun zu warten, veränderte sich Joliana in jene ägyptische Königin, die nicht nur Julius Cäsar verführte. Woher kennst du eigentlich Kleopatra? Die kannst du doch auf Grund deiner Herkunft doch gar nicht kennen? Ein herzhaftes Lachen erklang.
'Hast du etwa vergessen, daß ich jetzt alle deine Gedanken lesen kann und auch deine Erinnerungen? Da ist eine sehr imposante Statue von dieser Kleopatra drin enthalten, die du im Jahr 2183 im Urlaub in einem Museum in Kairo gesehen hast. Es hat dich sehr beeindruckt ...'
Ja, das stimmt. Daran hab ich jetzt gar nicht gedacht. Dann kennst du jetzt ja tatsächlich alle meine intimsten Geheimnisse. Na ja gut, dann brauche ich dir sicher nicht mehr zu sagen, was ich von dir erwarte, meine Königin?
ENDE
Bildmaterialien: NASA, http://photojournal.jpl.nasa.gov/catalog/PIA16884
Tag der Veröffentlichung: 15.05.2013
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