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Prolog

Die Raben stießen einen schrillen Ruf aus. Das ohrenbetäubende Knacken hallte durch den sonst ruhigen Wald. Kein Wind wehte und keine anderen Geräusche erklangen. Nur der laute wiederhall der berstenden Äste und die lauten Rufe der Boten. Alexis blieb einen Moment stehen und rang nach Atem. Die Welt lag düster vor ihm. Das Herz hämmerte stark gegen seine Rippen, als er dem flüstern weiter folgte.

Worte einer längst vergangen Sprache drangen an seine Ohren. Die Rufe wurden lauter und er sprintete weiter. Er war der einzige, der die alte Sprache verstand und er war der einzige, der die Botschaft hörte. Der Pfad wurde schmaler und Alexis erkannte die Umrisse der vier Eichen. Das Portal in die Welt seines Meisters. Die Raben stießen einen kurzen Warnruf aus, bevor sie ihre dunklen Schwingen ausbreiteten, um sich in die Luft zu erheben. Alexis sah den Boten nach, bis sie zwischen den kahlen Ästen verschwunden waren. Er lächelte frostig und bahnte sich weiter einen Weg durch dichte Büsche und tiefhängende, knochig wirkende Zweige. Donner grollte in der Ferne und kündigte ein nahendes Gewitter an. Nebel kroch aus den verwurzelten Bäumen und hüllten ihn ein.

Es wurde immer dichter, bis er sich in einem Wirbel aus dem unsichtbarem Schleier befand. Alexis wirbelte herum und suchte nach einem Hinweis, was ihm den richtigen Weg wieß. Er blieb stehen, schloss die Augen und lauschte. Er konzentrierte sich und sandte seine Energien aus. Er versuchte seinen Meister zu erreichen. Alexis fühlte einen starken Wind aufkommen. Erst leicht, wie eine Briese, dann immer stärker werdend. Es zerrte an seinem schwarzen Hemd und versuchte, ihm den richtigen Weg zu zeigen. Der Nebel begann sich vor ihm zu teilen und Alexis folgte dem alten Pfad. Der Weg bestand aus festgestampfter Erde. Schon viele Vampire waren ihn vor ihm gegangen. Alexis zögerte keinen Augenblick, um seinen Vorgängern zu folgen.Der Pfad lag in dichtem Nebel vor ihm und er ging ihn weiter. Aus der Ferne hörte er wieder die Raben schreien. Sie warnten seinen Meister vor. Alexis war bewusst, das es mit ihm schnell vorbei sein könnte. Er bräuchte nur etwas falsches zu sagen. Alexis blieb vor dem Höhleneingang stehen. Schwere, schwarze Ranken versperrten ihm den Weg. Ohne zu zögern schob er sie beiseite und auf der anderen Seite wiesen Fakeln ihm den Weg.

Die ganze Höhle lag düster vor ihm und bestand aus wirren, undurchdringlichen Gängen. Er aber kannte den Weg zu seinem Meister. Alexis galt in manchen Kreisen als seine Rechte Hand. Er vertraute ihm, aber das lag nur daran, weil Alexis sich vor langer Zeit beweisen musste. Er durchquerte die letzte Höhle und als er die Tunnel hinter sich ließ, breitete sich eine große und breite Höhle vor ihm aus. Und in der Mitte, auf einem Thron aus Knochen, saß er. Den Kopf hoch erhoben, die violetten, leicht Mandelförmigen Augen auf Alexis gerichtet. Als er seinen Freund erblickte, hellte sich seine Mine auf. Er erhob sich und stieg leichtfüßig die alten Stufen aus masiven Eisen hinunter. Ein paar seiner honigblonden Locken hingen ihm ins Gesicht. Sein Gesicht, seine weichen Züge, wirkten sanftmütig und ohne jegliche Agression.

Er wirkte jung für sein Alter. Doch Alexis wusste aus eigener Erfahrung, wie sein Meister wirklich war. Er besaß ein gutes Herz, aber er konnte auf die Brutalste Art töten und foltern. Im Gegensatz zu vielen anderen Vampiren, die Alexis kannte, war es keine Maske von ihm. Er kam mit einem sanften Lächeln auf ihn zu.

"Mein Freund, es ist schön dich wiederzu sehen. Wie lange ist das her?"

Alexis erwiderte das Lächeln.

"Fast ein halbes Jahrhundert, mein Gebieter."

Alexis verbeugte sich vor ihm.

"Ihr habt mich gerufen, und ich stehe zu euren Diensten."

Er sah seinem Herrscher in die Augen.

"Folge mir", sagte er und drehte sich um

.Alexis zögerte einen Augenblick. Wenn er gerufen wurde, dann geschah das nie ohne Grund. Nach einer weiteren Sekunde des zögerns folgte er ihm schließlich. In der ewigen Finsternis, in der sein Meister wohnte, kannte Alexis sich bestens aus. Er war schon oft an diesem Ort gewesen. Ganz besonders in diesem einen Augenblick. Alexis schüttelte den Kopf. Er versuchte, seine Vergangenheit aus dem Gedächtnis zu löschen. Aber nur mit minderem Erfolg. Sein Herrscher blieb vor ihm stehen, die schlanken Finger zur Seite ausgestreckt. Er flüsterte eine Bannformel in der alten Sprache der Vampire. Die Fackeln an den Wänden entflammten mit einem gefärhrlichen Zischen. Alexis sah sich vor einer Reihe alter Bücher wieder, die weit älter als Jahrhunderte waren. Die Buchrücken waren zerfleddert und kaum lesbar. Die besten Tage hatte diese alte Sammlung an Vampirliteratur schon hinter sich.

Alexis trat einen Schritt vor und nahm eines der am ältesten wirkenden Bände. Es umfasste alte Sagen und Geschichten der Vampire. Alexis schlug die ersten Seiten vorsichtig auf. Sie waren schon zum Teil eingerissen und vergilbt. Beim umblättern knisterten die Seiten verräterisch. Alexis wusste, was sein Meister von ihm erwartete. Er lehnte sich lässig gegen die alten Regale und wartete, bis Alexis die Seiten durchlas.

"Ein Kind geboren zwischen den Welten. Eine Seele erschaffen, um zu richten. Blut, das alles heilt. In dessen Augen die Sterne tanzen. Weiße Flügel im Schatten, schwarze Flügel im Licht. Geboren um die Bluthochzeit zu vollziehen. Aus ihrem heiligen Blut, am Tage der Vermählung, wird der schwarze Engel geboren. Wer sich von ihrem Blut nährt, wird vom Fluch befreit. Erlangt der Meister der Nacht sein Menschliches Herz zurück, ist der Fluch gebrochen."

Alexis schlug das Buch zu.

"Meint Ihr, so wird es geschehen?"

Sein Meister zuckte mit den Schultern und sah ihn nachdenklich an. Dann seufzte er.

"Ich weiß es nicht. Vielleicht. Nur, wir wissen nicht, wo sich dieses Kind aufhält. Ob sie schon geboren wurde. Deine Aufgabe ist es, sie zu finden und zu beschützen. Nichts darf ihr geschehen, solange bis die Bluthochzeit vollzogen wurde."

Alexis nickte und sah ihn noch einmal durchdringend an. Als er sich umwandte und ging, fasste er einen Entschluss. Dieses Mädchen musste schnell gefunden werden.

Und ihm blieb nicht mehr viel Zeit.

Kapitel 1

 Laura gähnte, als sie die verlassene Landstraße entlang fuhr. Die Augen auf die Straße gerichtet, beide Hände am Lenkrad und über ihr der verhangene Himmel. Der Regen prasselte stark auf die Windschutzscheibe und klang wie steter Trommelklang. Der monotone Ablauf dieses Morgens wirkte nicht gerade positiv auf den Versuch, sich nicht dem Schlaf hinzugeben. Laura schüttelte den Kopf und schaltete das Radio an, in der Hoffnung, laute Musik würde den Schlaf vertreiben. Aber selbst das half nichts. Die Scheibenwischer arbeiteten auf hochtouren. Aber kaum war der erste Schwall des Regens verschwunden und die Sicht wieder klar, dauerte es keine zwei Sekunden und Laura konnte wieder nicht sehen. Die Müdigkeit legte sich wie Blei um ihre Glieder und machten ihr das Denken schwer. Sie hättesug ihre Freundin hören sollen, bei ihr zu schlafen, anstatt morgens um drei nach Hause zu fahren.Sie brauchte nur ein wenig frische Luft. Laura trat langsam auf die Bremse und steuerte den Wagen auf die Ausfahrt eines Parkplatzes zu. Das Auto wurde langsamer, während sie eine geeignete Parklücke suchte. Sie seufzte erleichtert, öffnete die Fahrertür und stieg aus. Laura streckte sich und gähnte. Es wäre ein leichtes, einfach den Sitz zurück zu klappen und ein wenig zu schlafen. Aber sie brauchte nur noch knapp eine halbe Stunde bis zu ihrer Wohnung. Und sie wollte lieber in ihrem Bett schlafen, anstatt im Auto. Laura zitterte, als der Regen ihr ins Gesicht peitschte und der eisige Wind ihr durch die Kleider fuhr. Es dauerte nicht lange, dann war sie bis auf die Haut durchnässt. Aber der Regen hatte auch den Vorteil, das sie sich ein wenig wacher fühlte. Ihre Nerven waren ein wenig angespannt, als sich ihre Nackenhaare aufstellten. Laura fühlte sich beobachtet, und das nicht zum ersten Mal. Die Nerven waren zum zerreißen angespannt. Eisige Blicke ruhten auf ihr und Laura drehte sich um. Sie starrte in den Wald und versuchte den Schatten zu finden, dessen Augen auf ihr ruhten. Sie spürte die Bosheit.Die Luft schien zu pulsieren. Zwischen den Bäumen blitzte etwas silbernes auf, das Laura zusammen zucken ließ. Ein tiefes knurren drang zu ihr und sie wich einen Schritt zurück. Ihr Herz schlug schneller als es raschelte. Sie schüttelte den Kopf und sah noch einmal hin. Die Silbernen Augen waren verschwunden. Nur das Gefühl beobachtet zu werden blieb. Laura starrte noch einen Moment länger in die Dunkelheit. Der Wind peitschte ihr ins Gesicht. Ihr war es egal, das sie weiterhin durchnässt wurde. Dafür war ihr jetzt kalt. Auch, wenn sie vielleicht jetzt krank werden würde, hauptsache die Müdigkeit war aus ihren Knochen verschwunden. Laura holte den Schlüssel aus der Tasche und stieg zurück ins Auto. Nachdenklich startete sie den Motor. Laura war gefangen in ihrer eigenen Gedankenwelt. Sie hatte diese Augen schon einmal gesehen. Und auch diese Bosheit gespürt. Aber wo hatte sie das schon einmal erlebt? Laura schüttelte den Kopf und beschleunigte. Der Regen hörte ein wenig auf und Nebel begann aus dem Wald zu schleichen und breitete sich schnell aus.

Laura legte die Stirn in Falten. Nebel zur Regenzeit war ungewöhnlich, aber sie dachte sich nichts dabei. Ihr Handy begann zu klingeln und Laura griff danach, dabei ließ sie die Straße einen Augenblick aus den Augen. Als sie wieder durch die Windschutzscheibe blickte, sah sie einen Schatten auf der Straße, der sie einfach anstarrte. Erst einen Herzschlag später registrierte sie, das es ein Mensch war. Und Laura steuerte geradewegs auf ihn zu. Ihr Herz schlug schnell, das Blut rauschte ihr durch die Ohren, als ihr klar wurde, das sie ihn zwangsläufig rammen musste. Sie stieß ein Halbersticktes Keuchen aus, trat auf die Bremse und riss das Lenkrad herum. Der Wagen rutschte auf der nassen Fahrbahn, als die Räder ausbrachen. Laura verlor die Kontrolle über das Fahrzeug und er stürzte die Böschung hinunter. Der Wagen schlug seitlich gegen einen Felsen und landete auf dem Dach. Er rutschte noch ein Stück weiter, bis er endlich zum stehen kam.Laura stöhnte, als sie die Welt kopfüber sah. Sie nahm kaum etwas wahr. Nur das Rufen der Vögel. Es war zu weit entfernt, als das es in ihrer Nähe hätte sein können. Wie durch einen Schleier drangen Schritte an ihre Ohren. Laura versuche sich abzuschnallen, aber ihre Finger griffen blind ins Leere. Ihr wurde langsam schwarz vor Augen und sie versuchte sich mit aller Macht gegen die nahende Bewusstlosigkeit zu wehren. Jedoch nur mit mäßigen Erfolg. Das einzige, was sie wahrnahm, waren zwei Füße, die vor ihr stehen blieben. Dann wurde sie endgültig in die Finsternis gezogen. Sie konnte sich nicht wehren.Langsam, nach einer gefühlten Ewigkeit, kehrte sie aus der Traumwelt zurück, aber sie konnte ihre Glieder nicht bewegen. Laura versuchte, auf sich aufmerksam zu machen. Sie dachte im ersten Moment, noch in ihrem Wagen zu liegen. Aber als ihre Sinne schärfer wurden, spürte sie scharfkantige Felsen unter sich. Sie hörte einzelne Wortfetzen. Aber durch die weitläufige Höhle hallte es zu sehr, als das Laura etwas verstand. Sie hörte das knistern eines Feuers, und als Laura endlich die Augen aufschlagen konnte, erkannte sie die orangeleuchtenden Flammen. Stöhnend richtete sie sich auf. Im Schatten saß jemand, der sie beobachtete. Unter seinen kalten Augen machte sich Panik in ihr breit und aus Reflex rutschte Laura ein Stück von ihm weg. In seinen Augen lag ein merkwürdiger Ausdruck, den sie nicht deuten konnte. Er kam ihr auf der einen Seite seltsam bekannt vor. Und trotzdem war sie sich sicher, ihm noch nie begegnet zu sein

Laura öffnete ihre Augen. Sie seufzte erschöpft, als sie sich an ihren Traum erinnerte. Die Folgen waren selbst heute, drei Jahre danach, noch deutlich zu spüren. Ihr Herz schlug schnell, als sie an die Fetzen dachte. Wer war dieser Mann damals nur gewesen? Laura erinnerte sich nicht. Das einzige, was ihr wirklich im Gedächtnis hängen blieb, das waren seine Augen. So ein stechendes Grün hatte sie noch nie gesehen. Durch den Schein der Flammen wurde dieses Ergebnis nur noch bestärkt. Laura verschrenkte die Arme hinter den Kopf und starrte an die weiße Decke. In ihrem Kopf gab es im Moment nur ihn. Er wirkte so vertraut, als er gegen die Wand lehnte und sie nur beobachtete. Dabei war sie sich noch nicht einmal sicher, ob er wirklich da war. Als sie in der Höhle eingeschlafen war und sie später im Krankenhaus erwachte, sagte man ihr, sie wurde alleine im Wald gefunden.Laura dachte zu diesem Zeitpunkt, das sie ihn sich wirklich nur eingebildet hatte. Aber immer, wenn sie von ihm träumte, wirkte er so present, wusste sie, das sie ihn sich nicht eingebildet haben konnte. Er war bei ihr gewesen und er hatte ihr das Leben gerettet. Davon war sie fest überzeugt. Obwohl sie diesem Fremden viel verdankte, fürchtete sie sich davor, ihn wieder zu sehen. Er hatte eine Art an sich gehabt, dass sie anzog, aber zeitgleich auch von ihm fern hielt. Laura hatte schon damals den Entschluss gefasst, ihn zu finden und sich bei ihm zu bedanken. Wenigstens das wollte sie tun. Auch, um mit dem Unfall abzuschließen. Ihr Herz schlug schnell bei dem Gedanken, das sie ihn irgendwann wiedersehen würde. Als sie erzählte, das jemand ihr das Leben rettete, wurde es als Einbildung abgetan. Dann begann Laura von dem Unfall zu träumen. Sie rieb sich die Augen und seufzte frustriert. es brachte nichts, sich weiter darüber den Kopf zu zerbrechen. Sie schmiss die Decke beiseite und stand auf. Laura streckte sich und sah aus dem Fenster. Die letzten Sonnenstrahlen verschwanden gerade hinter dem Horizont. Und ihre Schicht würde bald anfangen. Das hieß für sie, wieder eine langweilige Fahrt durch die Stadt mit ihrer Partnerin, nur um sicher zu gehen, das genau das gleiche passierte, wie jede Nacht. Nähmlich gar nichts. Laura schritt zum Fenster und spähte hinaus. Sie öffnete das Fenster und frische Luft wehte in den stickigen Raum. Verzweifelt seufzte sie, während ihr Blick in die Ferne schweifte. "Werde ich dich überhaupt finden?", flüsterte sie und fühlte sich beobachtet. Dieses Gefühl überkam sie öfters, ganz besonders in Nächten wie dieser. Dabei wollte Laura einfach ihre Ruhe, anstatt immer wieder beschattet zu werden. Sie lachte bei diesem Gedanken. Wer sollte sie denn bitteschön beobachten? Laura lebte allein. Und das schon seit zwei Jahren, als sie ihren damaligen Freund rausschmiss, weil er sie betrog. Laura hatte noch nie Glück mit den Männern gehabt. Und sie hatte das Gefühl, das würde sich auch nicht so schnell ändern. Mal ganz davon abgesehen, das sie durch ihre ständigen Nachtschichten sowieso keine Zeit für eine Beziehung hatte. Gänsehaut breitete sich auf ihrer Haut aus, als ein kühler Wind über ihre Haut strich. Sie zitterte und schloss das Fenster. Laura war noch immer müde und ein wenig genervt, als sie die Stufen hinunter ging. Ihre Nerven waren zum zerreisen angespannt, dabei wusste sie noch nicht einmal warum. Sie seufzte, als sie in der Küche die Kaffeemaschine einschaltete.

Das einzige, was sie im Moment brauchte, war ein Kaffee, um ihre Gedanken in Ruhe sammeln zu können. Sie gähnte. Laura hasste die Nachtschicht. Vor zwei Jahren hatte sie ihre Ausbildung zur Polizistin abgeschlossen und sie wurde der Silent Death Abteilung zugewiesen. Eigentlich der einfachste Job der Welt. Das einzige, was Laura Nacht für Nacht tat, war Streife fahren mit ihrer Partnerin und Freundin Natascha. So war sie wenigstens nicht allein. Als Laura sich an die Anfangszeit erinnerte, hatte Natascha Laura gehasst. Aber es dauerte nicht lange und sie freundeten sich an. Inzwischen unternahmen sie auch privat das ein oder andere, solange es die zeit zuließ. Laura nahm die Tasse zwischen ihre Hände und wartete darauf, das sich ihre kalten Finger erwärmten. Vin der Küche ging es hinaus in den Garten. Direkt an der Tür grenzte die kleine, überdachte Terasse an. Wenn Laura nicht das ungute Gefühl gehabt hätte, beobachtet zu werden, hätte sie sich wahrscheinlich auf einen der Stühle gesetzt. Sie zitterte bei dem Gedanken, das jemand tatsächlich draußen stehen würde und sie beobachtet. Laura sah auf die Uhr über der Terassentür. Es war kurz nach sechs. Natascha kam in etwa vier Stunden. Sie fühlte sich schlapp und müde. Laura beschloss, sich einfach noch mal hinzulegen. Sie musste wach bleiben, sonst würde sie gefahr laufen einzuschlafen. Laura vermied es gerne. Sie trank einen Schluck von ihrem Kaffee und ging ins Wohnzimmer, nachdem sie die Tasse auf den Küchentisch abstellte. Es würde ihr gut tun, noch ein oder zwei Stunden zu schlafen. Ihr fielen die Augen langsam zu. Sie fühlte die dunklen Blicke auf sich. Unter den dunklen Augen erschauderte sie. Laura legte sich auf die Couch und machte es sich bequem. Sie schloss die Augen und betete, das sie nicht noch einmal von dem Unfall träumte. Eine Nacht ohne Alpträume. Mehr wollte sie nicht. Als sie in den Schlaf gezogen wurde und spürte, wie ihre Glieder langsam erschlafften, hörte sie wie durch einen Schleier das öffnen einer Tür. Sie war zu weit von der Realität entfernt, als sie es noch einmal schaffte, die Augen zu öffnen. Sie hörte, wie jemand ihren Namen flüsterte, dann war sie in ihrem Ruhelosen Schlaf gefangen.

Laura hörte das Krächzen der Raben, das schlagen mächtiger, breitet Flügel. Laura drehte sich um, wirbelte im Kreis und sah hinauf, zwischen den Bäumen hindurch. Sie erspähte zwei große Raben, die sich gerade in die Luft erhoben. Sonnenlicht traf auf das Schwarze Gefieder und wurde in Regenbogen farben zurück geworfen. Laura sah den beiden Vögeln nach, bis sie verschwunden waren. Die Szenerie erinnerte sie an den Unfall. Auch damals hörte sie die Raben schreien. Sie hielt sich die Ohren zu, bis das Geschrie verstummte. Der Mond, der aufgegangen war, schien hell und rund auf sie herab. Die Welt um sie herum wurde in ein silbernes Licht getaucht. Alles wirkte so unwirklich, magisch. Sie fühlte sich in eine andere Zeit versetzt. Laura machte die ersten Schritte in ihrer unwirklichen Welt. Ihr Herz wurde schwer.Das alles kam ihr so vertraut vor. Sie war schon einmal in diesem Wald gewesen. Nur konnte Laura sich nicht mehr daran erinnern. Sie schüttelte den Kopf, als wollte sie versuchen, dieses Gefühl zu vertreiben. Alles ohne Erfolg. Es war ewig her. Damals war sie noch ein Kind und hatte mit Nazda gesprochen, ihrer damaligen, imaginären Freundin. Äußerlich war ihre Einbildung eine alte Frau, die vor Jahrhunderten verflucht wurde. Und Laura sollte als Kind den Fluch brechen. Sie lachte bei dem Gedanken, wie fantasievoll sie doch als Kind war. Heute, zwanzig Jahre später, war davon nichts mehr zu sehen. Alles gehörte zu ihrer Vergangenheit. Ihr ging es schon den ganzen Tag nicht gut. Auch ihr schlaf war alles andere als ruhig gewesen. Und jetzt träumte sie von dem Wald, indem sie als Kind gespielt hatte. Laura schlang fröstelnd die Arme um ihren Körper, als ein eisiger Wind ihre nackten Arme streifte. Es fühlte sich sich eine kalte Liebkosung an. Etwas flüsterte ihren Namen und sie wirbelte im Kreis. Laura verstand nicht, was hier vor sich ging. Ihr Herz machte einen Sprung, als sich eine knochige Hand auf ihre Schulter legte. Sie schrie erschrocken auf und drehte sich herum. Vor ihr stand Nazda. Die faltigen Augen lächelten sie freundlich an, die Lippen zu einem sanften Lächeln verzogen. "Es ist schön, dich wiederzusehen, mein Kind."Ihre Stimme klang rauh und gebrochen, als wäre es das erste mal seit Jahren, das sie wieder sprach. Laura wirkte im ersten Moment irritiert, weil sie nicht genau wusste, was sie darauf erwidern sollte. Es war das erste mal seit über zwanzig Jahren, das sie ihre imaginäre Freundin wieder sah. Und Nazda war ihr niemals im Traum erschienen. Der volle Mond tauchte die alte Frau in ein silbernes Licht und verlieh ihr etwas edeles. Der Anblick ihrer alten Freundin ließ Laura zurück weichen. In Gedanken suchte sie nach den passenden Worten. Nach denen, wie sie Nazda immer begrüßt hatte. Laura trat einen Schritt zurück und verbeugte sich leicht."Ich begrüße dich, meine alte Freundin. Wie war deine Reise durch die Jahrhunderte?"In Nazdas Augen blitze einen Moment freude auf. Ihr schien es zu gefallen, das Laura noch immer die Rituellen Worte kannte. Aber dann verdüsterte sich ihre Mine. Schatten legten sich über ihre Augen und sie seufzte. Traurigkeit lag in ihrer gebrochenen Stimme, als sie zu sprechen begann."Laura, aus meinem tiefem Schlaf bin ich erwacht, um dir mitzuteilen, das du dich in großer Gefahr befindest. Jemand wurde geschickt, um dich zu holen. Du musst darauf vorbereitet sein. Nichts ist so, wie es zu sein scheint."Laura horchte auf. "Wie meinst du das? Kannst du deutlicher werden?"Nazda sah sie ein wenig traurig an. "Nicht du wirst ihn finden. Er wird dich finden."Nach diesen Worten begann sich ihre gebrochene Gestalt in Luft aufzulösen. Laura hob die Hand und versuchte ihre ehemalige Freundin aufzuhalten. Aber es war zu spät. Noch bevor ihre Finger nach ihr greifen konnten, war Laura allein."Hüte dich vor ihm", drang die Stimme noch einmal an ihr Ohr.Laura öffnete die Lider und starrte auf die tickende Uhr.

Sie zeigte halb 8 an. Sie hatte noch etwas mehr als eine Stunde geschlafen. Trotzdem fühlte Laura sich alles andere als ausgeruht. Ihr Herz schlug schneller, als sie aufstand. Es wurde Zeit, sich langsam für die Arbeit fertig zu machen. So wie sie ihre Freundin kannte, würde Natascha in einer Stunde bereits hier sein. Sie stand auf und streckte sich. Laura wusste nicht, was sie mit Nazdas Botschaft anfangen sollte. Sie ging in die Küche. Das rote lämpchen der Kaffeemaschine brannte noch und Laura nahm sich eine Frische Tasse. Luft war das, was sie brauchte. Ein kühler Wind würde bestimmt die Müdigkeit aus ihren Knochen vertreiben. Laura öffnete die Tür und trat ins freie. Ein angenehm kühler Wind wehte ihr entgegen und Laura sah hinauf in den Himmel. Der Himmel wirkte mit den schweren, düsteren Wolken schwarz und unwirklich. Sie schauderte, bei so einer düsteren Nacht auf Streife zu gehen. Laura seufzte frustriert. Ihr Herz schlug schnell. Gedanken verloren ließ sie sich auf einen Stuhl sinken. Sie betrachtete ihren kleinen Garten im Licht der gelben Neonlaternen, die vor ihrem Haus standen.Sie kniff die Lippen fest zusammen und ließ ihren Traum von Nazda noch einmal Revue passieren. Es war ein Traum gewesen. Bilder der Vergangenheit von einer Person, die sie sich als Kind nur einbildete. Trotzdem, obwohl Nazda nichts weiter als ein einfaches Gebilde ihrer Fantasie war, wirkte alles so verdammt real. Sie seufzte frustriert. Es fiel Laura schwer, zwischen Traum und realität zu unterscheiden. Genauso wie es ihr schwer viel, den Mann aus der Unfall nacht zu vergessen. Es raschelte in einem ihrer Brombeerbüsche und ließ sie aufhorchen. Sie blickte in die Finsternis und sah einen Schatten vorbeihuschen.Sie schüttelte den Kopf und sah ein weiteres Mal in den Himmel. Das ungute Gefühl breitete sich in ihrem Körper aus und fraß sich bis zu ihrem Herzen. Angst machte sich in jeder Pore breit. Sie hatte das Ungute gefühl, das heute etwas passieren würde. Und die schattenhafte Gestalt, die durch ihren Garten huschte, machte dieses Gefühl auch nicht besser. So absurd es auch klang, ein Teil in ihr wollte die Warnung von Nazda wirklich ernst nehmen.Doch der Rest in ihr weigerte sich, ihren Worten glauben zu schenken. Was sie gegen dieses Gefühl tun konnte, wusste sie nicht. Es gab etwas in ihr, das an die Oberfläche zu brechen drohte. Was es war, das konnte sie nicht sagen. Laura fuhr sich nervös durch die bronzefarbenen Haare. Sie wusste genau, was im Moment zu tun war. Vielleicht konnte Natascha ihr helfen.Natascha war nur ein wenig älter als Laura. Aber im Gegensatz zu ihr hatte ihre Freundin mehr Erfahrung. Vielleicht sollte Laura Natasha mal um Rat fragen. Sie hoffte, das ihre beste Freundin ihr wirklich helfen konnte. Und genau in diesem Moment klingelte es an der Tür.

Laura seufzte und wandte sich um. Die Kaffeetasse ließ sie auf dem Tisch stehen. Laura streckte sich ein weiteres mal. Was sollte sie nur zu ihrer Freundin sagen? Sie sah Natascha schon vor sich stehen, wie sie grinste und auf Antworten wartete. Laura ergab sich ihrem Schicksal. Sie war bereit für eine weitere, langweilige Nacht. Laura hielt inne, als sie einen Schatten aus den Augenwinkeln bemerkte. Verwirrt wandte sie den Kopf in die Richtung und suchte ihren Garten ab. Verwirrt legte sie die Stirn in Falten und dachte sich nichts dabei. Sie zuckte mit den Schultern und tat es als hirngespinnst ab. Es klingelte ein weiteres Mal und Laura beeilte sich, schnell zur Tür zu gelangen. Sie riss die Augen auf und eine breit grinsende Natascha stand vor ihr. Sie breitete ihre Arme aus und umarmte Natascha ersteinmal. Laura erwiderte die Geste, jedoch nur halbherzig. Mit den Gedanken war sie noch immer bei Nazda.Natascha merkte, das mit ihr etwas nicht stimmte. Fragend blickte Natascha ihre Partnerin an, nachdem sie die Umarmung löste. "Hey, ist alles in Ordnung?"In ihrer Stimme schwang Besorgnis mit. Laura brachte den Versuch auf zu lächeln. Sie streifte Nataschas Hände von ihren Schultern und sah ihr in die grauen Augen. "Ich bin Okey, mach dir keine Sorgen. Ich bin nur müde und konnte nicht gut schlafen."Natascha erwiderte das Lächeln. "Du kannst mir im Auto davon erzählen. Dann vergeht die Zeit schneller."Laura verdrehte die Augen. "Du hast recht. Lass uns gehen."Laura ging noch einmal ins Haus zurück, nahm ihren Schlüssel und folgte Natascha anschließend zum Wagen. Natascha war die erste die einstieg, und sie machte Laura die Tür auf. Seufzend lies sie sich in den Sitz sinken und schnallte sich frustriert an. Natascha startete den Motor, legte den ersten Gang ein und fuhr los. Aus dem Fenster starrend dachte Laura nach. Nataschas Hände lagen auf dem Lenkrad und konzentriert starrte sie auf die Straße. "Was hast du denn?", fragte Natascha und sah Laura aus den Augenwinkeln heraus an. Sie sah auf die Uhr. Halb zehn zeigte die Uhr im Amaturenbrett an. Bis morgen früh um sechs musste Laura noch einiges an Zeit totschlagen. Ein Gespräch mit ihrer Freundin würde vielleicht helfen. Aber Laura wusste nicht, wo sie am besten anfangen sollte.Laura legte ihren Kopf seitlich gegen die Scheibe. Ihre Gedanken rasten. Ihr Herz schlug schnell. In diesem einen entscheidenden Moment war sie ratlos. Schweigend blickte sie aus dem Fenster und dachte nach. War der Himmel erst klar und hell gewesen, wirkte er nun dunkel und drohend. Düsterte Wolken zogen über den Himmel und bedekten den Mond und die Sterne. Am Horizont erhellten Blitze das Firmament. Sie zuckte dabei unbewusst zusammen. Natascha entging diese Reaktion nicht. Sie fuhr ein wenig langsamer und blickte zu Laura. "Ist mit dir alles in Ordnung?"Laura seufzte und sah zu Natascha. In ihren Augen lag ehrliche besorgnis. Schweigen herrschte zwischen den beiden und Laura suchte nach den richtigen Worten. Traurig wandte sie den Blick ab. "Dieses Wetter erinnert mich an die Unfallnacht. Du weißt, ich mag keine Gewitter."Natascha schwieg einen Moment."Das weiß ich. Du hast mir ja damals alles erzählt." Sie schloss die Augen und ließ die Bilder revue passieren. Sie sah die düsteren Umrisse der Bäume, die einsame Landstraße vor ihr. Die hörte das flüstern des Windes und dieser Mann, der einfach von jetzt auf gleich auf der Straße stand. Als sie von der Straße abkam und in der Höhle erwachte. Ab da an war alles nur noch verschwommen. Laura schüttelte den Kopf. Ihr Herz schlug schneller, als sie an den Mann dachte. "Ich war damals nicht allein", war das einzige, was sie sagte.Nataschas Augen lösten sich einen Moment von der Straße. Fragend sah sie Laura an. "Du sagtest zwar, das jemand bei dir war, aber später meintest du doch, es sei nur Einbildung gewesen. Warum änderst du deine Meinung von jetzt auf gleich?"In ihrer Stimme schwang misstrauen mit, als würde sie Laura nicht so recht glauben. Sie seufzte leicht frustriert. Die Frage, die Laura im Moment beschäftigte, wie sollte sie Natascha überzeugen? Immerhin konnte sie ihr nur das erzählen, was sie Nachts in ihren Träumen sah. Und Träume waren nicht real. Laura schloss für einen Augenblick die Lider und dachte angestrengt nach. Wie sollte sie Natascha blos alles erklären? Gerade auch von diesem Gefühl, beobachtet zu werden. Laura war jetzt schon mit ihrem Latain am ende. Aber es gab kein Zurück mehr. Sie öffnete die Lider wieder und sah mit festem Blick in Nataschas Augen. "Ich war an diesem Tag nicht allein. Jemand hat mir geholfen, aus diesem Auto zu kommen. Oder meinst du, ich wäre noch in der Lage gewesen, mich alleine abzuschnallen und das Fenster einzuschlagen?"Natascha blickte nachdenklich wieder auf die Straße. Einige Sekunden herrschte schweigen zwischen den beiden. Donner grollte in der Ferne und ließ sie zusammen zucken. Dann beruhigte sich ihr Herz wieder und es war, als würde jemand ihren Namen flüstern. "Was macht dich da so sicher, Laura?"Sie wandte sich von ihr ab. "Weil ich von ihm träume", erwiderte sie und schloss dabei die Augen. Sie wollte sich nicht ausmalen, was Natascha in diesem Moment über sie dachte. Stille war das einzige was im Auto herrschte. Laura genoss die Ruhe, auch wenn sie wusste, das es nur solange herrschen würde, bis Natascha die richtigen Worte fand. Und Laura wartete nur darauf. Sie war ein wenig nervös, weil sie keine Ahnung hatte, was sie wohl darauf sagen würde. Natascha seufzte kaum hörbar und Laura sah sie einfach nur an. Natascha lachte leise. "Nur, weil du von jemanden träumst, heißt das nicht, das da wirklich jemand bei dir war. Erzähl mir davon. An was genau erinnerst du dich?""Ich soll dir von ihm erzählen?", fragte Laura nach.In ihrer Stimme lag leichtes unglauben. Sie begriff nicht, das Natascha wirklich über ihre Träume bescheid wissen wollte. Das war neu für Laura. Sie hatte ein seltsames Gefühl bei der Sache. Sie wusste nicht, woher dieses Misstrauen mit einem mal kam. Natascha strahlte in diesem Moment etwas gefährliches aus. Und Laura konnte sich das "Warum" nicht erklären. Sie beobachtete ihre Partnerin aufmerksam, konnte jedoch an ihrem nachdenklichen Blick nichts ungewöhnliches feststellen. Laura starrte auf ihre Finger. Nervös knetete sie ihre Hände und dachte angestrengt nach. Dann stieß sie einen tiefen seufzer aus. "Ich wünschte, ich könnte mich vernünftig an ihn erinnern. Aber ich sehe ihn nur als Schatten. Er lehnt gegen die Wand, vor ihm lodert ein Feuer und er starrt mich die ganze Zeit nur an. Ich wusste nicht, was er von mir wollte, was er von mir dachte. Er tat nichts. Er saß nur da und wartete. Obwohl das Feuer nicht weit von ihm entfernt war, erreichte das Licht der Flammen nichts von seinem äußeren. Ich versuche mich besser an ihn zu erinnern. Aber jedes mal, wenn ich es versuche, dann verblasst er immer mehr und ich weiß nicht, wie ich er schaffen soll, mich vernünftig an ihn zu erinnern."Natascha blickte nachdenklich auf die Straße, während sie versuchte, das Auto ruhig zu lenken. Auf ihrem Gesicht war zu erkennen, wie sehr es in ihrem Hirn arbeitete.

Woran dachte sie wohl in diesem Moment? Laura wusste keine Antwort. Natascha gab ihr im allgemein nur Rätsel auf. Für sie sah es so aus, als ob ihre Freundin etwas wusste. Sicher sein konnte Laura sich nicht. Schweigen herrschte zwischen den Beiden. Ihr war unbehaglich zumute. So sehr Laura sich auch anstrengte, ihr wollte keine Antwort einfallen. "Ich denke, du wirst ihn dir eingebildet haben."Energisch schüttelte Laura den Kopf. Sie wusste, das Natascha so etwas sagen würde. Sie versuchte ruhig zu bleiben, obwohl in ihr blinder Zorn kämpfte. Dabei wusste sie noch nicht einmal, warum sie so wütend war."Warum glaubst du, das ich ihn mir eingebildet habe?", fragte Laura und versuchte die Wut in ihrer Stimme zu unterdrücken. Ihr Herz machte einen Sprung, als sie feststellte, das Natascha leise lachte. "Das ist ein typisches Phänomen. Du standest kurz vor der Schwelle des Todes. Und um zu überleben hast du dir diesen Mann eingebildet."Laura schüttelte erneut den Kopf. "Das kann ich mir nicht vorstellen. Gerade auch deswegen, weil es sich so echt anfühlte. Ich kann mir nicht vorstellen, das er nicht echt war."Laura wollte darüber nicht weiter reden. Sie fühlte sich von Natascha nicht ernst genommen. Wie denn auch? Immerhin wusste sie nicht, ob sie ihn sich nicht doch nur eingebildet hatte. Laura schüttelte kaum merklich den Kopf. Alles in ihr weigerte sich genau das zu glauben. Verzweifelt kniff sie die Augen zusammen. Fieberhaft dachte sie nach, ob sie sich nicht doch noch an etwas erinnerte. Aber ihr Gedächtnis verweigerte ihr den Dienst. Laura wusste nicht, was Natascha nun von ihr erwartete. "Kannst du dich wenigstens an seinen Namen erinnern?"Laura ignorierte diese Frage im ersten Moment und sah aus dem Fenster. Die Straße zog an ihr vorbei und wieder verging die Zeit. Laura versuchte sich die Szene ins Gedächtnis zu rufen. Ihre Nerven waren zum zerreißen angespannt. Es fehlte nur ein Teil an diesem ganzen Spiel. Wenn sie sich an seinen Namen erinnern würde, dann würde auch alles andere in ihr Gedächtnis zurück kehren. Zumindest hoffte sie das. Laura wusste, er hatte mit ihr gesprochen, auch wenn sie sich nicht erinnerte. In ihrem Kopf spuckte eine tiefe, bedrohliche Stimme. Sie wusste nicht, ob sie ihm gehörte oder nicht. Und er hatte ihr seinen Namen gesagt. Wenn Laura sich doch nur daran erinnern könnte. Ein seufzer kam über ihre Lippen. Entschuldigend sah sie ihre Freundin an. "Es tut mir leid. Vielleicht war es doch nur ein Traum."Mit diesen Worten wandte Laura sich von Natasha ab und damit war für sie das Gespräch beendet. Für Natasha fing die Geschichte erst jetzt an, interresant zu werden. Natasha wusste mehr, als sie eigentlich zugegeben hatte. Aber ihr war es verboten mit denen zu sprechen, die noch nicht intensiv zur Silent Death gehörten. Diejenigen, die noch nicht hinter das Geheimnis kamen, mussten sich erst beweisen, ob sie überhaupt in der Lage waren, gegen die Kreaturen der Nacht zu bestehen. Natascha kannte Laura inzwischen besser. Das sie bis jetzt noch nicht auf Vampire oder andere Dämonen gestoßen waren, grenzte schon fast an ein Wunder. Und Natascha bezweifelte, aufgrund von Lauras zu gutem Herzen, das sie für diesen Job geeignet war.

Kapitel 2

 Laura fühlte sich missverstanden. Sie wusste, was Natascha in diesem Moment dachte. Und genau das verletzte sie. Sie wollte ihn einfach finden und danken. Was anderes wollte sie nicht. Ihre Partnerin redete kein Wort mit ihr. Was Natascha wohl dachte, fragte sie sich. Laura seufzte und schloss einen Augenblick die Lider. Ihr Herz schlug schneller, als sie an ihn dachte. Natascha stieß einen kurzen Schrei aus und Laura riss ihre Augen entsetzt auf. Kurz danach wurde sie nach vorne geschleudert. "Sag mal, bist du Wahnsinnig geworden?", schrie sie entsetzt. "Mir wäre fast jemand vors Auto gelaufen", erwiderte Natascha. Ihre Hände umklammerten entsezt das Lenkrad, ihr Gesicht war Aschfahl. Ihre Augen waren im Schock weit aufgerissen und sie zitterte. Laura streckte ihre Hand nach ihr aus, ließ sie aber dann wieder sinken. Krampfhaft löste sie ihre Hände und versuchte sich zu entspannen. Ihr Atem ging stoßweiße. Die Scheinwerfer des Wagens beleuchteten die Straße und Laura sah durch die Windschutzscheibe eine große Lache. Es schimmerte im Künstlichen Licht rötlich. Laura befürchtete schon das schlimmste. Fragend sah sie zu Natascha, die ihrem Blick folgte. Sie schwiegen und Natascha war die erste, die ausstieg. Der Schock war aus ihren Augen verschwunden. Laura öffnete die beifahrertür und folgte ihr auf die Straße. Beide beugten sich über den See ais dieser roten Flüssigkeit. und Laura wusste sofort, um was es sich handelte, als ihr ein metalischer Geruch in die Nase stieg. In ihrem Magen rumorte es und angewidert wandte sie das Gesicht ab. Laura richtete sich wieder auf und entfernte sich ein Stück. "Natascha, was denkst du? Was sollen wir deiner Meinung nach tun?"Natascha betrachtete das Blut und sie dachte einen Moment schweigend nach, bevor sie sich Laura zuwandte. "Das Blut ist noch frisch. Wir wissen nicht, was passiert ist. Sollte es einen Unfall oder etwas in der Art gegegen haben, müssen wir davon ausgehen, dass das Opfer tot ist. Es ist zu viel Blut, als das er es überlebt haben könnte."Laura schluckte schwer. "Das heißt, wir müssen nach einer Leiche suchen?", es klang eher wie eine Feststellung, als wie eine Frage. Natascha erwiderte nichts darauf. Stattdessen ging sie zum Auto zurück und suchte nach etwas. Laura kniff die Augen fest zusammen und beobachtete Natascha, wie sie vor Laura ging und schweigend ihre Waffe aus dem Halfter unter ihrer Jacke zog. Fragend sah Laura sie an. Sie blickte ihr in die Augen."Nur zur Sicherheit. Man muss mit allem rechnen."Sie wandte sich der Lache zu. Lauras Herz schlug schnell. Sie war nervös. Laura schluckte schwer. Natascha schaltete die Taschenlampe ein, die sie zuvor aus dem Auto geholt hatte, und beleuchtete die Blutlache. Es nahm die halbe Straße ein. Aber eine schwache, kaum sichtbare Spur führte von der Stelle weg. Sie sah zu Laura und gab ihr mir einem Blick zu verstehen, leise zu sein. Laura schloss einen Augenblick die Augen. Ihr ihrem Kopf arbeitete es. Für sie war es das erste mal, das sie im Einsatz war. Wenigstens würde heute Nacht interesanter werden. LLaura zog ihre Waffe aus dem Halfter unter ihrer Jacke und hielt den Lauf nach oben. Laura versuchte das Zittern in ihren Händen zu unterdrücken. Sie hatte ihre Waffe noch nie benutzt. Und eigentlich hatte sie gehofft, sie auch nie benutzen zu müssen. Natascha umrundete die Blutlache und blieb vor der kleinen, kaum sichtbaren Spur stehen. Sie sah noch einmal zu Laura. Natascha erkannte die Unsicherheit in ihrem Blick. Natascha versuchte zu lächeln, aber es erreichte ihre Augen nicht. Sie wandte den Blick ab und folgte der Spur, die auf die andere Straßenseite führte. Der Weg führte in eine schmale Gasse. Die Straßenlaternen erleuchteten die gesamte Gegend, nur leider reichte das Licht nicht bis in die Gasse. Gehorsam folgte Laura ihrer Partnerin. Sie hatte keine Ahnung, was sie erwartete. Aber Laura wusste, das sie auf alles vorbereitet sein musste. Natascha erreichte als erste die Gasse. Laura war nur wenige Zentimeter hinter ihr. Aus der Dunkelheit hörten beide ein leises schmatzen, dicht gefolgt, von einem leisen Knurren. Laura atmete erleichtert auf. Wohl nur ein Hund, den wir beim Essen stören, dachte sie.Laura nahm die Waffe runter und machte bereits einen Schritt zurück, als Natascha ihr ein Zeichen gab, sich ruhig zu verhalten. Laura stockte mitten in der Bewegung und sah ihrer Freundin zu, wie sie tiefer in die Gasse leuchtete. Und was Laura sah, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. In einer Ecke, versteckt im Schatten, hockte eine Frau. Ihre Augen waren Blutunterlaufen, ihr Mund blutverschmiert, in ihren Armen hielt sie den Körper eines Mannes, die Augen im Schock weit aufgerissen. Die Frau vergrub stöhnend ihre unnatürlich langen, weißen Zähne in seinem Hals. Die Spitzen ihrer langen blonden Haare waren Blutgetränkt. Sie schien Laura und Natascha nicht zu bemerken. Laura wich einen Schritt zurück. Sie fühlte sich wie die Darstellerin in einem schlechten Horrorfilm. Natascha machte einen Schritt auf sie zu. Sie war geräuschlos und trotzdem schien die Kreatur Natascha zu hören. Knurrend hob sie den Kopf und blickte Natascha knurrend an. In ihren Augen lag nichts menschliches mehr. Sie ließ den Mann zu Boden fallen, der dumpf aufschlug. Laura wusste, das sie beide ihm nicht mehr helfen konnten. Er gab keinen Laut mehr von sich. Die Frau sties ein unmenschliches Knurren aus, während sie erst Natascha und dann Laura mit einem wütenden Blick fixierte. Natascha richtete ihre Waffe auf die Frau."Bleib stehen! Sonst schieße ich!", brüllte Natascha. Sie drehte den Kopf und wandte sich an Laura, die ihre Augen voller Schrecken auf beide gerichtet hatte. "Laura! Du musst mir Deckung geben", sagte Natascha, ließ die Frau aber nicht aus den Augen. "Was geht hier vor", fragte sie."Das erkläre ich dir später."Laura beobachtete die Frau und erkannte, wie langsam das knurren verstummte. Die Augen klärten sich und aus Wut und Hass wurde verständnislosigkeit mit Angst, als sie die Waffe erkannte, die Natascha auf sie richtete. "Was ..."Weiter kam sie nicht, da löste sich bereits ein Schuss aus Nataschas Pistole, die dicht neben ihr in der Wand einschlug. Ihre Augen waren im Schock geweitet."Was wollt ihr von mir? Was habe ich getan?"Sie blickte sich um, starrte auf den Mann und wandte sich wieder an Natascha. Ihre Augen blickten flehend zu ihr. "Bitte! Helft mir! Ich wollte das nicht. Was ist passiert?"Natascha blickte sie mit Wut und Hass an. "Wir sind von der Silent Death Organisation. Aufgrund dessen, weil du diesen Mann getötet hast, wirst du mit dem Tod bestraft."Danach löste sich ein Schuss aus der Waffe. Die Frau stieß einen hohen Schrei aus, als die Kugel ihre Brust durchbohrte. Laura konnte nichts anderes tun, als mitanzusehen, wie sie sich in Luft auflöste. Natascha seufzte erleichtert und steckte ihre Waffe in den Halfter zurück.

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Tag der Veröffentlichung: 03.04.2015

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