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Prolog

Ist es nicht merkwürdig?

Wir leben unser Leben und begegnen dabei so vielen Menschen. Menschen die wir in unser Herz schließen, Menschen die unser Herz wieder verlassen und Menschen, denen wir nur flüchtig auf der Straße begegnen. Ein kurzes Gesicht, mehr nicht.

Die größten Probleme sind die eigenen.

Geld, Liebe, Verluste?

Ist der Mensch sosehr mit sich selbst beschäftigt, dass er gar nicht bemerkt was draußen eigentlich wirklich vor sich geht? Das da mehr ist?

Was ist aber wenn es Menschen gibt, die größere Probleme haben, als die primitiven Belanglosigkeiten der anderen. Menschen, die mehr sehen, mehr Wissen.

Heißt es nicht Wissen sei Macht?

Wissen kann genauso gut dein Untergang bedeuten.

Und das ist wohl meiner.

Denn ich gehöre zu der Seite der Menschen, die mehr wahrnehmen, mehr Wissen.

Ich bin Nimoe White und bin ein Teil der magischen und mysteriösen Welt.

Den Teil der Welt, den so viele andere einfach nicht sehen.

Doch diese Welt ist mein Fluch. Die Magie mein besiegelter Tod.

Die Übernatürlichkeit hat mir meine Seele abgekauft. Der Henker läuft mit mir im Arm im Arm und der Tod verfolgt mich auf Schritt und Tritt.

Doch leider nicht mein eigener.

Ich bin eine Perlenträgerin. Ich sehe den Tod anderer Menschen, eine leichte Berührung genügt.

Ich trage die Perle der Toten.  

Einmal Sorgenlos

Grau. Das war alles hier. Die Straße, die Gebäude, der Himmel und sogar die Menschen. Als hätten sie nie eine andere Farbe gesehen. Doch wer kann es den Menschen verdenken, bei all der Hoffnungslosigkeit in diesem Viertel? Die viele Armut und Arbeitslosigkeit kannte anscheinend keine andere Farbe. Der Frust der hier lebenden Einwohner ist zum greifen und lag gar schon fast spürbar und erdrückend auf einem Selbst. Als würde man die Lasten anderer tragen.

Die Männer, wie sie am Tag saufen gingen und Nachts ihre Frauen schlugen.

Die Frauen, wie sie am Tag in knappen Outfits am Straßenrand standen und sich für wenig Geld anboten. Kinder, die jede Arbeit annahmen, nur um etwas Geld zu bekommen.

Bettler mit amputierten Gliedern und verwahrlosten Tieren, die mit Schildern versuchten auf sich aufmerksam zu machen und etwas Essbares zu erlangen. Hinter jeder Häuserwand Dealer und Zuhälter.

Das, Leute, das war meine Welt. Und ich, ich bin Nimoe. Das aufmüpfige Mädchen, dass jeder kennt und sich von niemanden etwas sagen lässt.

Ich lag im saftigen Gras und schaute nachdenklich in den grauen Himmel. Ja, frustrierend, dass selbst der Himmel keine Farbe für uns übrig hatte. Als würde selbst er uns für unser Schicksal verhöhnen. Aber wer weiß, vielleicht sind wir ja wirklich der Abschaum der Welt?

Meine Freunde waren ringsherum um mich verteilt. Wir alle genossen die letzten Sonnenstrahlen des Tages und hingen unseren eigenen Gedanken nach, dachten an unsere Probleme. Denn die hatte wohl jeder, der in diesem Teil der Stadt wohnte. Der Schandfleck der Welt, das Ghetto für alle Verstoßenen. Zu behaupten das wir Freunde waren, wage ich nicht gänzlich zu behaupten. Um Freunde muss man sich kümmern und dafür hat nun wahrlich keine die Zeit noch die Nerven. Ich schätzte, wir waren mehr oder weniger eine Zweckgemeinschaft, damit wir nicht alleine durch diese Trostlosigkeit wandern mussten. Mandy, Kevin, Maik, Lucie und Jordan. Das waren sie. Irgendwie gehörten wir trotzdem alle zusammen. Wir alle hatten gebrochene Familien, Probleme.

Mandy gerade mal 15 Jahre alt, wird von ihrem Zuhälter Bruder zur Prostitution gezwungen. Ihre Eltern sind schon lange tot. Um zu Vergessen trinkt sie. Viel zu viel. Es wurden schon Organbeschädigungen bei ihr festgestellt, doch trotzdem hört sie nicht auf, also würde sie sich wünschen zu sterben.

Kevin, seine Mutter hatte sich vor seinen Augen erschossen und seitdem vergreift sich sein Vater aus Frust an fast jeder Frau.

Maik, gerade erst 18 geworden ist Dealer und zu sehr in die illegale Szene gerutscht, als da ihn noch irgendwer daraus holen könnte. Er konnte alles besorgen. Nur der Preis musste stimmen.

Lucie, die wohl liebenswürdigste Seele die ich kenne, wird fast täglich von ihrem gewalttätigen Vater misshandelt. Doch aus Gutgläubigkeit denkt sie, es würde irgendwann alles gut werden. Sie hofft immer noch auf jemanden, der sie irgendwann retten würde, doch hier konnte ihr niemand helfen.

Auch wir nicht.

Tja, und dann blieb da noch Jordan. Ihn zähle ich zu einem wahren Freunden. Was uns verbindet ist tiefe Freundschaft. Er hatte seine Eltern nie kennengelernt. Das Heim indem er aufgewachsen ist, hatte ihn schlecht behandelt und die Familien, in denen er abgeschoben wurde, waren einfach nur furchtbar. Mit 15 ist er dann abgehauen und ab dann war er Teil unseres Viertels. Ich kenne ihn schon seit einer Ewigkeit. Schon seit ich drei bin. Als mein Bruder fünf war... Heute bin ich 16. Ein Alter das mein Bruder nie erreicht hatte. Er war mit 15 gestorben.

"Ey, Nimoe!", sagte Mandy und riss mich somit aus meinen Gedanken.

"Hmmmm", meinte ich und drehte mich zu ihr um, wobei ich meinen Kopf auf der Hand abstützte.

Sie saß im Schneidersitz neben mir und rupfte mit ihren schlanken Fingern Graß aus der Wiese. Ihre feuerrote Bobfrisur ließ sie frech wie immer wirken, doch ihre spärliche Bekleidung lässt schon eher darauf schließen, was ihre Probleme sind. Ihr ausgezehrter Körper sah nicht aus, als ob er noch länger die Last der Welt tragen könnte. Die Vodkaflasche stand direkt neben ihr. Schon halb leer.

"Musst du Morgen wieder in die Schule?", fragte sie und blickte mich aus stark geschminkten blassblauen Augen an.

"Hmmmm", erwiderte ich wieder und dachte mit Schrecken an meine Klasse.

Es lag nicht wirklich an der Schule, dass ich sie hasste, oder an den Unterricht. Viel mehr lag es daran, dass ich nur aus einem Grund dort hingehen kann. In unserem Viertel ist es ziemlich außergewöhnlich, dass Jemand auf die Schule geht. Der Grund warum ich dort bin, ist ganz einfach. Ein Stammkunde meiner Mutter ist der Direktor. Meine Mutter ist eine Hure.

Und dazu nicht mal eine schlechte. Sie war die begehrteste in unserem ganzen Viertel und das ist schon eine Leistung. Durch ihr Ansehen, kann sie es sich leisten, sich ihre Kunden selbst auszusuchen und verdient ein Haufen Kohle dabei. Alleine schon wegen ihrer Rebellischen Art. Stehen die Männer drauf. Das Problem ist, dass die ganze Schule das weiß. Weiß, dass ich die Tochter einer Hure bin und aus dem schlimmsten Viertel dieser Gegend komme. Ich werde nicht gemobbt, dazu habe ich einen zu schlimmen Ruf. Nein, ich werde verachtet und ausgeschlossen, was in meinen Augen wesentlich schlimmer ist.

Kein Teil von etwas zu sein und die missbilligten Blicke zu ertragen, ist wirklich schwer. Doch ich wäre nicht Nimoe, wenn mich das unterkriegen würde! Und ich will etwas erreichen, will nicht mein ganzes Leben hier sein! Also strenge ich mich an und versuche meine Mitschüler auszublenden.

"Wieso gehsten da eigentlich noch hin? Ist doch eh voll bekifft dort", meinte Maik, der auf den Rücken lag und in seinen Schwarzen Klamotten das Licht geradezu aufzusaugen schien. Ich seufzte. Das hatten wir schon sooft durchgekaut.

"Weil ich hier nicht enden will. Ich will nicht hier bleiben." Das war schon immer so. Schon seit ich denken kann, habe ich das hier alles gehasst. Die Menschen ohne Perspektive und ohne Möglichkeiten etwas im Leben zu erreichen. Aber so will ich nicht werden. Ich werde etwas im Leben erreichen und allen zeigen, dass auch wir hier etwas schaffen, wenn man uns nur die Chance lässt.

"Dann verteil Morgen mein Zeug unter die Leute, ich könnt neue Kunde gebrauchen", Maik zog dabei an einen seiner Joints, während er versonnen in den grauen Himmel starrte, als hätte er noch nie etwas Vergleichbares gesehen.

"Ich werde keinen deinen Stoff andrehen! Hast du überhaupt ne Ahnung wie viel Ärger ich bekommen könnte! Ich könnte Fliegen!", rief ich aufgebracht und richtete meinen Blick wütend auf ihn. Was fällt ihm ein?!

"Ach chill mal. Dann sag deiner Mom, sie soll ne Nacht für den Direx umsonst machen und schon biste wieder drauf. Wo liegt das Problem?", meinte er ruhig während er den giftigen Qualm ausstieß und genüsslich die Augen schloss.

Ruckartig fuhr ich hoch. Die Wut die mich immer so leicht zu beherrschen schien, erfüllte mich.

"Nen Scheiß werd ich tun! Halt einfach deine Fresse und kümmer dich um deinen eigenen Kack!"

Ich schrie schon fast, während die anderen uns kaum beachteten. Solche Gespräche zwischen uns waren so gut wie normal.

"Peace man, war doch nur nen Vorschlag.", grummelte er als hätte er gerade festgestellt, dass das Wasser nicht aufwärts fließen kann.

Diese Joints regen mich immer und immer auf. Wenn Maik sie nahm wurde er immer zu einem friedlich gesinnten Lebewesen, das Streit unter allen Umständen vermeiden möchte. Erbärmlich.

"Maik man, du weißt doch wie das ist, sie will nichts mit deinen Geschäften zu tun haben, also warum versuchst du es dann trotzdem immer und immer wieder?", mischte sich jetzt auch Jordan ein. Er lehnte an einem Baum. Seine braunen Haare fielen ihm ins Gesicht und seine Augen blitzten amüsiert. Er liebte es, uns beim Streiten zuzusehen.

"Menschen ändern sich", erwiderte Maik und stieß Rauch aus.

"Menschen ändern sich nen Scheiß", knurrte ich und ließ mich wieder ins Gras fallen und starrte meine Fußspitzen an, die in ausgelatschten roten Chucks steckten.

"Was biste immer so Pessimistisch?", fragte mich Lucie und drehte mir auf den Rückenliegend ihren Kopf zu.

Ihre Glockenhelle Stimme und ihre Großen Rehbraunen Augen, ließen mich immerzu an Bambi denken.

"Kann ja nicht Jeder so Optimistisch sein wie du", meinte ich und starrte zurück in die graue Masse des Himmels.

Das Gras war warm und der Wind wehte den Geruch der Blumen mit sich. Ich himmelte Jedes Mal dieses Stück Erde an. Denn diese Wiese war wirklich wunderschön. Sie lag etwas abseits und machte den Eindruck, dass man hier vor allen Problemen beschützt wurde. Es war eine andere Welt. Teilweise dachte ich sogar, dass der Himmel hier nicht ganz so grau schien, wie in der Stadt. Eine Weile blieb es ruhig, während so langsam die Sonnenstrahlen verblassten und wir alle wussten, dass es Zeit wurde zu gehen. Zurück in die Knallharte Realität, zurück zu den Problemen.

Unbearbeitet

Es war schon Dunkel und ich schlenderte alleine die verlassene Straße entlang. Aus den Pubs ertönte das laute Gebrüll der Besoffenen. Die Bettler waren alle weg und lagen auf Irgendwelchen Bänken. Die Dealer waren um die Uhrzeit in den U-Bahnen und die Zuhälter stritten sich in Puffs mit ihren Nutten. Meine Mom müsste um diese Uhrzeit viel zu tun haben. Nachts waren immer Besonders viele da. Woher ich das wusste? Ich hing dort auch manchmal rum. Aber nicht als das was ihr denkt. Ich war einfach mal neugierig. Und seitdem hänge ich dort ziemlich oft rum. Manchmal Kellner ich dort auch und verdiene nicht schlecht. Meine Mom stört das nicht, allerdings wird sie zur Furie, wenn einer der Männer mich anfassen will. Aber glaubt mir, ich kann mich auch sehr gut alleine Verteidigen. Sehr, sehr gut. Doch Heute hatte ich keine Lust, auf das Kellnern. Also ging ich einfach weiter und versuchte so gut es geht, nicht an Morgen zu denken. Die Ferien waren vorbei und Schule fing wieder an. Mit neuen Menschen. Der Mond schien und sein Silbernes Licht, ließ die Gasse leuchten. Das Kopfsteinpflaster gab meine Schritte klackend wieder, die wiederrum durch die Gasse hallten. Ich hatte keine Angst. Wovor denn auch? Ich bin hier aufgewachsen und kenne hier Jeden.

Im Grunde sind wir eine große Familie. Und Jeder der zur Familie gehört wird nicht ausgeraubt. Es sei denn, er verrät sie, oder bricht die Regeln. Die Regeln sind ganz einfach und kennt hier Jeder.

 

1. Beraube nie oder lege Hand an einen aus der Familie.

2. Verrate Niemanden aus der Familie, der Polizei.

3. Akzeptiere das Verhalten der Familie, solange es nicht der Familie

selbst schadet.

 

Und das hieß: Wir konnten Lucie nicht helfen. Denn das würde gegen die Regeln verstoßen und bedeuten, dass wir nicht mehr zur Familie gehören.

Das heißt die könnten alles mit uns machen. Ob ihr Vater nicht gegen Regel 1 verstieß, darüber ließ sich streiten. Aber alle sind der Ansicht, dass es nicht der Fall ist, da sie noch Minderjährig ist. So ist das Leben hier. Der Stärkere gewinnt. Immer. Das Licht der kaputten Straßenlampen erreichte diese kleine Gasse nicht, tauchte sie nur am Rand in gedämpftes Licht. Die Häuser, die sich hier aneinander reihten, ließen mich an einen Horrorfilm denken, trotzdem befiel mich kein mulmiges Gefühl. Während ich noch die letzten Meter, bis zur Wohnung lief, kramte ich meinen Schlüssel heraus. Unsere Wohnung war eine recht Große, in einem sehr alten wunderschönem Gebäude. Obwohl der Putz schon bröckelte, erkannte man immer noch die Vergangene Schönheit. Ich liebte unsere Wohnung.

Als ich aufschloss, gab es ein lautes Klicken. Der Eingangsbereich war Dunkel, da die Deckenbeleuchtung schon seit einer halben Ewigkeit ausgefallen war und sich Niemand darum kümmerte. Die Tür fiel hinter mir ins Schloss und hüllte mich somit in eine Ruhige Dunkelheit. Munter nahm ich immer Zwei Stufen auf einmal, als ich zu unserer Wohnung lief. Wir wohnten im dritten Stock. Gerade als ich einen weiteren Schlüssel raus holen wollte um unsere Wohnungstür aufzuschließen, bemerkte ich, dass sie schon auf war.  Aufgebrochen. Wer immer das war, der gehörte nicht zur Familie. Aber wer traute sich das schon? Angst und Neugier befielen mich und ich stand erst mal eine Weile stocksteif da und starrte auf die angelehnte Tür. Fuck! Wer immer da drin war, der kann was erleben! Mutig öffnete ich die Tür und schritt herein. Alles schien normal. Der Flur sah noch genauso aus, wie ich ihn verlassen hatte. Ich spähte Rechts und Links in Küche und Bad und stutze. Alles war noch genauso wie vorher. Doch dann vernahm ich etwas. Der Fernseher lief. Der Einbrecher guckt Fernsehen?! Leise schlich ich aufs Wohnzimmer zu. Die Tür war einen schmalen Spalt geöffnet und ich konnte erkennen dass ein Footballspiel lief. Hä? Der Sessel, in dem der Verdächtige saß, erkannte ich nur von Hinten und somit nur die Lehne. Alles war Dunkel, nur das Flackern des Fernsehens tauchte den Raum in Schattenhafte Umrisse. Ein Tor wurde geschossen und der Dieb fing an zu grölen. Ich zuckte zusammen. Ich erblickte seinen Arm, als er neben sich nach einer Bierflasche griff. Der Muskelbepackte Arm war Haarig und voll Tätowiert. Irgendwo her kannte ich diesen Arm. Als einer Hinflog und alle anderen Spieler sich drauf warfen, lachte er. Er war Betrunken. Neben ihm standen eine Menge Biere. Unsere. Der Dieb ist bei uns eingebrochen, um sich vor unserem Fernseher mit unserem Bier zu besaufen?! Gehts noch?! Ich blickte neben mich. Mein Zimmer. Auf Zehenspitzen ging ich hinein. Ich besaß nicht viel, doch alles was ich besaß, hatte einen großen Wert für mich. Zielstrebig ging ich zu meinem Kleiderschrank. Ganz unten, unter einem Rock den ich sowieso nie im Leben anziehen würde, lag das Gesuchte. Ich schnappte es mir und ging wieder zurück, zur Wohnzimmertür. Diese öffnete ich dann mit Schwung. Sie schlug gegen die Wand. Ihm Wohnzimmer war nichts zu vernehmen, bis auf das Pfeifen des Schiedsrichters, der die Footballspieler zusammen scheißte.

"Wer sind Sie?"

Der Sessel bebte und die Person erhob sich langsam. Da sie nun direkt vor dem Fernseher stand, konnte ich nichts erkennen. Meine Waffe immer noch auf ihn gerichtet, tastete ich mit meiner andren freien Hand, nach dem Lichtschalter. Als ich ihn fand und betätigte...tat sich gar nichts. Fluchend wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder dem Widerling zu.

"Sie haben meine Frage immer noch nicht beantwortet!", keifte ich.

"Weil du mich kennst. Und ich bin enttäuscht, dass du es anscheinend nicht mehr weißt."

Ich erbleichte. Diese Stimme. Nein! Das kann nicht sein!

"Aber...du warst du im Gefängnis!"

"War kleine, war. Aber auch dort führen Wege hinaus."

Unkontrolliert fing an zu Zittern und der Revolver in meinen Händen schwankte gefährlich.

"Wo ist deine Mutter? Ich habe sie so vermisst."

"Nein! Du wirst ihr jetzt nichts mehr tun!"

Die Erinnerungen kamen in mir hoch. Schmerzhafte, Grauenhafte Erinnerungen.

"Sonst was? Ich muss schon sagen, ich bin immer noch sauer. Das was ihr mir Angetan habt war ja auch nicht wirklich nett."

"Das was WIR DIR angetan haben?! Wohl eher das was DU UNS angetan hast! Du hast unser Leben zerstört! Du wirst uns nie wieder wehtun!"

"Was ist nur aus dir geworden? Früher warst du doch noch so Unschuldig. Wir können doch von vorne anfangen. Eine Glückliche Familie sein."

"Ich bin das, was DU aus mir gemacht hast! Du hast meine Mom geschlagen und vergewaltigt. Mich geschlagen! So was lässt sich nicht vergessen! Du warst schon immer ein kleiner perverser Drecksack!"

Die Wut beherrschte mich wieder und ich dachte wieder an all die Schmerzen nach. An alles wozu er mich gezwungen hatte.

"Wie kannst du es wagen! Ich bin dein Vater! Wag es ja nicht so mit mir zu reden!"

"Zu spät. Ich hasse dich! Verschwinde und lasse dich hier nie wieder blicken!"

"Sonst was? Ich lasse mir doch nichts von dir sagen!"

"Sonst werde ich dich Umbringen."

Er lachte laut auf.

"Du hast es damals nicht geschafft, du wirst es heute nicht schaffen."

"Du hast je keine Ahnung. Ich bin nicht mehr das kleine süße Mädchen, ohne Willen. Ich werde dich Töten."

Er ging einen Schritt auf mich zu und ich konnte ihn besser erkennen. Sein Riesiger Muskelbepackter Körper. Seine Jogginghose und das weiße Unterhemd, an dem Bier und Essensreste klebten. Sein unrasiertes Gesicht. Seine Blutunterlaufenen Augen, mit den Riesigen Tränensäcken. Er sah noch genauso aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte und ich hasste alles an dem Kerl.

"Eure Mutter hat euch verzogen! Wenn ich erst wieder hier die Familienhauptrolle übernehme wird sich alles ändern."

Der Typ ist doch gestört! Seine großen Weltherrschaftspläne kann er sich sonst wo hin schmieren!

"Das Einzige was du hier tun wirst ist verschwinden!", zischte ich.

Es wird nicht mehr viel brauchen und das Fass wird überlaufen.

"Wo ist dein Bruder?! Joel! Er war doch immer der vernünftigere von euch beiden!"

Mein Atem wurde zu einem Hecheln und die Welt drohte in meinem Tränenmeer zu verschwinden.

"Wag es nicht nochmal seinen Namen in den Mund zu nehmen, du Bastard! Er ist dort wo du ihm nichts mehr tun kannst!"

Ich entsicherte die Waffe mit einem Klicken. Mir war es Todernst.

"Was heißt das?!"

"Er ist Tod. Für immer fort."

"Nein! DU! Wie konntest du das zulassen! Du dämliches Miststück!"

Auf das was danach folgte, war ich nicht vorbereitet. Mit einem großen Schritt war er bei mir und schlug mir mitten ins Gesicht. Blut spritze und sie Schmerzen waren dieselben wie früher. Die Waffe flog mir aus der Hand und ich ging zu Boden. Seine Tritte fühlten sich Todbringend an. Er packte mich am Kragen, zog mich hoch und presste mich gegen die Wand. Ich war zu benommen, um noch etwas Klares wahrnehmen zu können. Alles war verschwommen und verzerrt. Einzig der Geruch und Geschmack des metallischen Blutes, brachten mich dazu zu würgen. Doch sein Geschrei und Gebrüll, seine Vorwürfe nahm ich nicht war, da ich gerade von einer Vision eingenommen wurde.

Ich wusste, es war seine Todesversion. Ich sah sie aus seinen Augen. Ich sah den Schuss, wie er die Luft zerriss und mich direkt ins Herz traf. Ich sank zu Boden. Die Umgebung war mir Bekannt, jedoch ließ sie sich aus seiner verschwommen Sicht schwer erkennen. Und dann starb ich. Blutend und gehasst.

Die Realität holte mich wieder ein. Er würde Sterben. Noch heute. Nur von wem? Mein Kopf bekam ein stechen und ich bemerkte, dass es mir gerade die Luft zudrückte. Adrenalin schoss in meinen Körper und mein Überlebensinstinkt wurde geweckt. Ich zappelte und wehrte mich mit aller Macht. Doch es Half alles nichts. Ich werde nicht sterben! Nicht vor ihm! Nicht von ihm! Mit letzter Kraft hob ich meinen Arm und schlug ihn ins Gesicht. Der Schlag schien innezuhalten und so hatte ich genug Zeit mit meinem Bein auszuholen und mit voller Wucht in seine Weichteile schießen zu lassen. Jaulend warf er sich zu Boden. Ich rutschte die Wand runter und blieb schwer atmend liegen. Doch ich wusste, so leicht würde er nicht aufgeben. Zitternd stand ich auf und stolperte ein paar Schritte vorwärts. Er blickte hoch und seine Mordgierigen Augen hielten mich fest. Seine vor Wut gezeichnete Fratze ließen mich schneller weiter humpeln. Doch es war schon zu spät. Mit aller Macht, warf er sich auf mich und knallte meinen Kopf gegen die Wand. Immer wieder und wieder. Unsäglicher Schmerz durchflutete mich und ich bereitete mich schon auf meinen Tod vor. Wie schnell man sich damit abfinden konnte. Der Mond schien durchs Fenster und strahlte auf etwas. Es war als würde er mir sagen: Hier nimm es! Es war meine Waffe. Die Ohnmacht schien mich zu überrollen, doch ich blieb standhaft. Mein Vater lachte diabolisch und schien seinem Wahnsinn verfallen zu sein. Mit kalten blutenden Fingern tastete ich nach der Waffe. Ich schloss die Augen und hoffte dass die Schmerzen bald ein Ende hätten. Meine Hand umschloss etwas Metallisches und ich zog es zu mir heran. Öffnete die Augen.

Die ganze Wand war voller Blut. Mir wurde schlecht. Doch bald hatte es ein Ende. Ich nahm die Waffe an mich und presste sie an seine Brut. Verwirrt hielt er inne. doch eher er hätte reagieren können, drückte ich ab. Der Schuss hallte durch meine Ohren.

Er fiel von mir runter. Mithilfe der Wand richtete ich mich auf. gefährlich schwankend zielte ich erneut, auf die am Boden liegende Person. Der nächste Schuss traf ihm direkt ins Herz.

"Ich hasse dich."

Stöhnend sackte ich zusammen. Meine Vision ist wahr geworden. Das war schon immer so. Meine Visionen werde immer war. Doch diesmal war ich der Mörder. Schon wieder. Jetzt hatte ich schon Zwei Menschen auf dem Gewissen. Heulend brach ich zusammen. Wieso, mein Bruder? Wieso? Wieso hätte ich es nicht aufhalten können?

 

Ich war fünf. Mein Vater Vergewaltigte wieder meine Mom. Ihre Schreie und Schmerzlaute erfüllten das ganze Haus. Überdeckten sogar seine Lustlaute. Ich saß wieder weinend unter der Treppe, versuchte die Geräusche zu übertönen, indem ich mir die Handflächen auf die Ohren presste und mein damaliges Lieblingslied summte. Immer und immer wieder.

Plötzlich spürte ich eine Hand auf der Schulter und blickte auf. Vor mir stand mein sieben Jähriger Bruder und blickte mich mitfühlend an. Er setzte sich neben mich und nahm mich in den Arm. Er war schon immer für mich da gewesen. Tröstend strich er mir über den Kopf.

"Wir müssen etwas dagegen unternehmen", brachte ich unter Schluchzern hervor.

Er schüttelte nur den Kopf.

"Dagegen können wir nichts machen. Kleine Nim. Niemand kann dagegen etwas machen."

"Wir müssen aber", heulte ich und weinte gegen seine Brust, "Es tut mir selber weh. Ich kann so nicht Leben!"

Er blickte mich ernst an und nickte.

"Du hast Recht. Du hast immer Recht in solchen Dingen. Aber ich weiß nicht ob ich das schaffe, ich bin nicht so Mutig wie du, kleine Nim."

Er lächelte leicht und ich blickte ihn mit wässrigen Augen an.

"Doch das bist du! Du hast schon so viel geschafft!"

Er schüttelte leicht den Kopf, doch ich hatte meinen Entschluss schon gefasst.

Schwankend stand ich auf und ging ins Wohnzimmer. Dort hing Papas Jacke, über einem Stuhl. Ich wusste was drin war. Auf Zehenspitzen stellte ich mich hin und versuchte in die Jackentasche zu packen. Doch ich war zu klein. Plötzlich hob mich Jemand hoch und ich erreichte sie mit Leichtigkeit. Ich blickte runter und sah meinen Bruder, der mich unter Anstrengung hochhob. Er hätte die Waffe locker alleine aus der Tasche holen können, doch er wusste, wie wichtig es mir war, sie selbst raus zu holen. Als ich drin rumwühlte und die Pistole erspürte holte ich sie raus und Joel ließ mich runter. Wir schlichen uns nach Oben, standen nun direkt vor dem Schlafzimmer. Die Laute waren verschwunden, einzig das Wimmern unserer Mom war zu hören. Joel nahm die Waffe an sich und entsicherte sie. Ich beobachtete alles mit großen Augen. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und unser Vater schaute uns erst überrascht, dann wütend an. Mama saß auf dem Bett, die Bettdecke an sich gepresst und weinte. Als sie uns sah, weiteten sich ihre Augen ungläubig.

"Joel! Was soll das!", blaffte Papa.

"Wir wollen es beenden Vater."

Seine Augen verengten sich gefährlich. Mit einer ausholenden Bewegung schlug er Joel die Waffe aus der Hand. Dann schlug er auf ihn ein. Ich hörte sein Weinen. Hektisch suchte ich auf den Boden nach der Waffe. Ich fand sie unter dem Schreibtisch. Als ich sie aufhob und mich umdrehte, schlug Papa immer noch auf Joel ein. NEIN!

"Hör sofort auf!", schrie ich und richtete meine Waffe auf Papa.

Überrascht drehte sich dieser um. Er wollte schon auf mich zugestürmt kommen.

"Keinen Schritt weiter!"

Er blieb stehen, schien mich das Erste Mal richtig anzusehen und ich wünschte er hätte es nie getan. Er lachte. Lachte mich aus.

"Du könntest das doch gar nicht. Könntest mich nicht töten. Ich mein wie alt bist du? Sechs?"

Ich zitterte.

"Ich bin Fünf."

Doch auch ich wusste, dass ich es nicht konnte, ich konnte das nicht. Schluchzend brach ich zusammen. Nur den Abzug gedrückt. Mehr hätte nicht gereicht um diesen Albtraum zu beenden.

 

Nach ein paar Tagen konnte ich mir das immer noch nicht verzeihen. Ich war blau und grün geschlagen und Mom wurde wieder Vergewaltigt. Joel meinte zwar zu mir, dass es froh war, dass ich keine Mörderin bin, doch ich hasste mich dafür. Hasset mich für meine Feigheit. Doch was konnte ich sonst noch tun? Und dann kam mir die Leuchtende Idee. Mit meinen zierlichen fünf Jahren ging ich zur Polizei und erzählte ihnen alles. Es war schon fast zu einfach, aber meine Wunden, schienen Beweis genug zu sein. Vater kam hinter Gitter und wir zogen um.

 

"Schatz, Liebes. Oh mein Gott, wach doch bitte auf", ein Schluchzern, dann ein Weinen. Langsam öffnete ich meine Augen. Meine Mutter kniete neben meinem Kopf, ihr Gesicht in ihre Hände verzweifelt vergraben.

"Mom", krächzte ich. Ruckartig drehte sie sich zu mir um und fiel mir um den Hals.

Ihre Tränen fielen mir ins Gesicht.

"Mom, was ist los?"

"Oh, ich bin so froh, dass du...das du noch Lebst", dann fing sie wieder an Hemmungslos an zu weinen. Langsam richtete ich mich auf und wurde dafür, mit stechenden Kopfschmerzen bestraft. Stöhnend rieb ich mir den Schädel. Ich lag auf den Boden unserer Wohnung. Es war noch Dunkel und der Mond schien das Licht durch unsere Fenster. Und dann sah ich ihn. Die Tote Leiche. Ich hatte Jemanden umgebracht. Mir fiel alles wieder ein.

"Mom, er war hier", sagte ich mit unterdrückter Stimme.

"Ich weiß. Was hat er getan?", ihre erstickte Stimme, gab mir den Rest und ich weinte mit.

"Er hat mir wehgetan und gesagt, dass er wieder eine Familie sein will. Er hatte von Joel gesprochen und wollte dann mich umbringen. Ich konnte einfach nicht anders Mom", meinte ich und schluchzte.

Sie nahm mich in den Arm.

"Ja ich weiß. Schhhht. Alles wird gut. Das wichtigste ist, dass es dir gut geht. Das war nur Notwehr, mehr nicht. Dich nehmen sie mir nicht weg, nicht dich."

Weinend lagen wir uns in den Armen. Ich glaube keiner von uns, konnte sich schon jetzt mit der Situation abfinden. Wir waren jetzt einfach hier und waren froh, die Sache nicht allein durchstehen zu müssen.

 

Ich wusste, ich musste aufstehen. Doch ich wollte nicht.

"Komm schon Nimoe, die Schule wartet nicht auf dich.", versuchte ich mir selbst Mut zuzureden. Vielleicht haltet bin ich ja verrückt, das ich heute in die Schule ging, obwohl ich Gestern meinen Vater umgebracht hatte. Meine Mom und ich sind danach noch in nem Friedhof eingebrochen und haben seine Leiche eigeäschert. Ich habe eine lange Nacht hinter mir und bin froh, dass sie zu Ende ist.

Mühsam richtete ich mich auf und streckte mich ausgiebig, wobei ein paar Knochen knackten. Dann stand ich auf und schleppte mich ins Badezimmer. Ich zog mich aus, wobei ich bemerkte, dass ich immer noch die Sachen von Gestern trug und stieg unter die Dusche. Das warme Wasser beruhigte mich und entspannte meine Muskeln.

Als ich aus der Dusche trat, tapste ich zum Spiegel. Meine blauweißen Augen blickten mir entgegen. Einzig ein blauer Ring in ihnen ließ etwas Farbe erkennen. Ich hasste meine Augen. Sie zeigten mir mal wieder das ich nicht Normal war. Wegen dieser beschissenen Perle in meinem Herzen. Dämliche Totenperle! Seufzend holte ich mein Schminkzeug und fing an meine Augen schwarz zu Umranden. Zufrieden mit meinem Aussehen, ging ich aus dem Bad, in mein Zimmer. Auf meinem Kleiderschrank holte ich mir Unterwäsche, eine zerrissene Shorts und ein Armitop. Dazu schnappte ich mir noch ein Haufen Lederarmbänder und ein goldenes Kreuz. Voll beladen watschelte ich ins Bad zurück und machte mich fertig. Als ich anschließend noch Zähne geputzt hatte, war mein Morgendliches Ritual beendet. Ich ging in meine Zimmer schnappte mir meine Schultasche und war bereit für die Schule. Obwohl, war man je bereit für die Schule?

 

Wie nicht anders zu erwarten, hat keine Naturkatastrophe, die Schule zerstört. Schade eigentlich. Auf verlängerte Ferien würd sich Jeder freuen. Die Schüler hatten sich schon in ihren gewohnten Grüppchen versammelt. Vielleicht erschien hier und da, mal ein unbekanntes Gesicht, aber bei über 2000 Schülern, war ich mir nie so sicher. Langsam schlenderte ich zu meinem gewohnten Platz zu. Jeder der nicht Neu war, wusste dass dieser Platz Tabu für Jeden war. Es war eine Bank, gegenüber einem Brunnen und unter einer Ausladenden Eiche. Es war jetzt schon heiß und ich hatte keine Lust herauszufinden, wie stickig es erst im Klassenzimmer sein würde, doch als es klingelte, ging ich wie Jeder andere auch hinein. Ich wette, es war nur Gruppenzwang! Das Gedränge im Treppenhaus, ging mir jetzt schon auf die Nerven. Zusammengequetscht mit Leuten, die alle nicht leiden kann. Furchtbar. Als ich endlich aus dem Strom in meine Etage gehen konnte war ich echt erleichtert...bis ich auf Grace traf. Sie schien mich noch nicht zu bemerken, wurde nämlich von ein paar Jungen angesprochen, die es sich trauten. Doch schon hörte ich:

"Verpisst euch!"

Tja, bye bye.

Verübeln konnte ich es ihnen aber nicht. Sie war ja auch wunderschön. Lange schlanke Beine, schmale Taille, groß, dünn, perfekt. Alles war an ihr Perfekt. Es war zum Kotzen. Ich hasste sie auch. Na ja, sie war meine Feindin, aber verdenken konnte ich es ihr nicht. Langsam schlenderte ich auf meinen Klassenraum zu. Ich schien die letzte zu sein, doch das interessierte hier Niemanden. Ich musterte Jeden von ihnen. Tzzz, keiner hatte sich verändert. Doch Plötzlich bemerkte ich Jemanden unbekanntes. Er lehnte an der Wand, die Hände in den Taschen vergraben. Nancy, die Schulschlampe, hing förmlich an ihm. Doch er schenkte keinem Beachtung. Plötzlich hob er den Blick und starrte mich direkt aus seinen stechend grünen Augen an. Ich verzog keine Miene. Wozu auch? Der Typ interessierte mich nicht. Niemand hier Interessierte mich hier.

"Ohh. Da ist ja Nimoe. Schade, ich hatte so gehofft, dass du wegen nem Mord hinter Gitter bist.", meinte dann auch prompt Nancy, als sie mich erblickte.

Ihre Aussage versetzte mir einen Stich. Doch ich ließ mir nichts anmerken.

"Wenn du Glück hast wird sich das schneller ändern, als die Lieb ist", antwortete ich und sah sie zuckersüß an.

Sie quietschte auf und versteckte sich hinter Rodney. Einem breitschultrigen Footballspieler.

Ich hörte ein Zischen und drehte mich um. Neben mir stand Grace und sah mich Hasserfüllt an.

"Du bist ja wirklich hier."

Nee, weißt du, ich bin nur ein Hologramm.

"Und ich hatte schon gehofft die Schuldgefühle hätten dich endlich dazu gebracht dich umzubringen! Denn du weißt genauso gut wie ich, dass es deine Schuld war. Deine verdammte schuld

„Wieso hast du nichts getan?! Du bist eine verdammte Mörderin! Hast ihn mir weggenommen!"

So ging das Jeden Tag. Ich weiß dass sie Recht hatte, aber sie sollt ihre beschissene Klappe halten!

"Halt einfach deine Fresse. Ich bin schlecht gelaunt und habe heute kein Bock auf Dich. Momentmal. Ich habe nie Bock auf dich. Aber weißt du, ich habe Gestern Jemanden umgebracht und musste dann noch mitten in der Nacht seine Leiche einäschern und die Beweise beseitigen. Also tu mir den Gefallen und nerv nicht."

Alle starrten mich an. Manche lachten nervös und wichen automatisch einen Schritt zurück. Ein grimmiges Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Ich wette spätestens in der großen Pause weiß es die ganze Schule. Und nein, sie glaubten mir das nicht, aber Gerüchte Liebten sie nun mal.

"Hast du das mit ihm auch gemacht?! Hast du ihn auch mitten in der Nacht eingeäschert?!"

Ich ballte mein Hände zu Fäusten und hoffte das ich sie nicht Angriff. Sie war die Einzige, die wusste dass mein Bruder Tod war. Das ich überhaupt einen Bruder besessen hatte. Die Anderen wissen überhaupt nichts über mich. Und der Einzige Grund warum sie es weiß ist: Die Beiden waren zusammen. Beide hielten sich für die große Liebe. Tja, bis das Auto kam und ihn Tod fuhr. Sie ist genauso wie ich der Meinung, dass es meine Schuld sei, aber trotzdem soll sie es mir nicht unter die Nase reiben! Es ist schon schwer genug damit zu leben! Die anderen glotzten uns nur dumm an. Sie haben nie verstanden, worüber wir uns immer und immer wieder stritten.

"Hör auf so was über ihn zu sagen!", fauchte ich.

"Ach, jetzt tu nicht so, als hättest du Gefühle für ihn gehabt!"

Okay. Das. Ging. Zu. Weit.

Ich schnellte auf sie zu und schlug ihr so heftig ins Gesicht, das ihr Kopf gegen die Wand hinter ihr knallte.

Gefährlich langsam ging ich auf sie zu.

"Wag es nicht noch einmal so was zu sagen. Wag es nicht erst mal so was zu denken."

Ich drehte mich um und starrte in die entsetzten Gesichter.

"WAS?!", knurrte ich.

Die offenen Münder klappten zu. Die Meisten von Ihnen eilten zu Grace. Nur einer betrachtete mich noch neugierig. Der Neue.

"Hör auf mich so anzuglotzen. Wir sind hier aber nicht im Zoo."

Er schien erst überrascht zu sein, doch ein amüsiertes Funkeln schlich sich in seine Augen. Ich wollte mich schon abwenden, als er mit einer wunderschönen Stimme sagte:

"Kommt mir aber so vor."

Ein Grinsen schlich sich auf meine Lippen und ich realisierte, dass es das erste Mal war, das ich in der Schule lächelte. Selbst den Anderen fiel es auf. Sie stießen sich extra noch an um auch ja alle drauf Aufmerksam zu machen. Darüber konnte ich nur die Augen verdrehen.

 

Als dann auch mal der Lehrer kam, hatten alle aufgehört mich anzustarren. Er schloss die Tür auf und ließ uns alle rein. Jeder ging auf seinen gewohnten Platz und setzte sich. Ich saß alleine, doch plötzlich bemerkte ich eine Bewegung neben mir. Erstaunt blickte ich hoch und sah den Neuen wie er sich neben mich setzte.

"Was dagegen wenn ich mich neben dich setzte?", fragte er gelangweilt.

Es schien ihm einen Scheißdreck zu kümmern, ob ich was dagegen habe oder nicht.

"Ganz im Ernst, ja. Aber da dir nichts anderes übrig bleibt, tut mir das sehr Leid das du neben mir sitzen musst", knurrte ich aufgebracht.

Er blickte mich an. Es schien als würde er versuchen in meine Seele zu blicken. Tja, Pech gehabt Jungchen! In meine Seele kann Niemand schauen, auch nicht du.

"Was bist du nur?", flüsterte er leise.

Ich blinzelte verwirrt.

"Wie bitte?"

Er wandte sich ab und sagte nichts mehr. Auch gut! Arschloch.

Der Unterricht verlief schleppend und ich langweilte mich zu Tode. Der Lehrer der vorne Irgendwas von Irgendjemand anscheinend Wichtiges labberte. Ich würde mal gerne wissen wann er starb. Und dann drehte ich meinen Kopf und blickte genau in die Giftgrünen Augen meines ach so tollen Sitznachbars. Ich ließ mir nicht anmerken, dass es mich zu Tode erschreckt hatte und guckte ihn ebenfalls an. Seine Nachtschwarzen Haare waren verstrubbelt und schimmerten blau. Seine beiden Lippenpiercings waren ebenfalls schwarz. Schmale grade Nase, hohe Wangenknochen. Dazu ein Traumkörper. Ich hasste ihn jetzt schon. Diesen Mr Perfect. Er sah aus, wie diese Typischen Machoarschlöcher. Bäh, zum Kotzen. Unser Blickduell ging so langsam ins schmerzhafte. Meine Augen bettelten um Nachsicht, doch ich gab nicht auf.

"Miss White, Mr Black! Wie wäre es, wenn sie Ihre Augen mal zur Abwechslung auf mich Richten würden!"

Ich würde erst den Lehrer angucken, wenn er es zuerst tat! Das Gleiche, dachte er anscheinend auch, denn auch er gab nicht auf. So änderte sich nichts an unserer Situation.

"Wenn Sie Ihre Augenpaare nicht sofort auf mich Richten gibt es Nachsitzen!"

Keiner gab nach. Geschweige denn interessierte sich für ihn. Und das schien ihn gewaltig zu stören.

"Ray! Nimoe! Nachsitzen!"

 Ach Jetzt Siezte er uns auf einmal nicht mehr! Ich glaub‘s nicht. Meine Augen fingen so langsam an zu Tränen.

"So Jetzt reicht‘s mir Meldet Euch beim Schuldirektor! Sofort!"

Seine Worte, brachten mich dann doch dazu, ihn anzuschauen.

Es lag nicht daran, dass ich Angst hätte Ärger zu kriegen. Viel mehr lag es daran, dass der Schulleiter mich erpressen konnte. Wegen meiner Mutter. Er könnte sagen, dass er mir nen Verweis gibt, wenn meine Mutter nicht einmal Umsonst ist, oder so nen Scheiß. Dieser Ray schien zu begreifen, dass etwas nicht stimmte. Obwohl, er müsste sofort gecheckt haben, dass alles an mir nicht Stimmte. Jaja, mein Leben ist beschissen.

"Schön, dass Sie sich für die einfachere Methode entschieden haben. Somit können wir alle mit dem Unterricht fortfahren."

Der Mann wischte sich den Schweiß ab und schien ganz erleichtert zu sein.

Obwohl ich schon seit einer ganzen Weile hier war, wusste ich nicht wie dieser Kauz hieß, was vermutlich damit zusammenhing, dass es mich nicht interessierte.

Das Einzige was mich an ihm interessierte war sein Todestag! Unruhig rutschte ich auf meinem Stuhl hin und her, bis ich bemerkte, dass es noch Jemanden gab, dessen Tod mich interessierte. Langsam, Zeitlupenartig, drehte sich mein Kopf und starrte Ray an. Es zerriss mich innerlich, es NICHT zu wissen. Von allen anderen wusste ich es schon.

Nancy-wird Vergewaltigt

Grace- stirbt an Altersschwäche und hatte ein langes und erfülltes Leben

Mandy-Alkoholvergiftung

Maik-Drogen

Lucie-selbstmord

Kevin-Überfall

Jordan-? (bei ihm habe ich noch nichts gesehen, da sich seine Zukunft noch nicht festgelegt hat)

Mom-Herz hört auf zu schlagen, als sie mit 90 Bungeejumping geht. Für sie war das so ganz in Ordnung, da sie wahrscheinlich sowieso so sterben wollte.

 

Und jetzt will ich wissen, wann Ray stirbt verdammt! Jetzt sofort! SOFORT!

"Miss White? Müssen Sie aufs Klo?"

In meiner unruhig auf dem Stuhl rumgerutsche hielt ich inne.

"Ja!"

Er nickte mir zu, und so hatte ich die Erlaubnis zu gehen.

Hastig sprang ich auf und spurtete nach draußen. Verwirrte Blicke folgten mir. Als ich die Eingangstür aufstieß und an die frische Luft trat, atmete ich tief ein.

Beruhig dich Nimoe! Du benimmst dich sonst ja auch nicht so! Was ist wenn er früh stirbt? Ach komm schon Nimoe, na und? Dann ist es ebenso. Ich schloss die Augen und versuchte mich zu beruhigen. Unterdrück einfach den Impuls ihn anzufassen Nimoe. Man du benimmst dich ja schon wie ne Perverse Grapscherin. Ich musste grinsen.

"Ich dachte du müsstest aufs Klo?"

Ruckartig drehte ich mich um. Ray stand an eine Wand gelehnt und sah mich abwartend an.

"Na und?! Was geht dich das an!"

"Eigentlich gar nichts."

Ich nickte zustimmend und wollte mich schon umdrehen, als ich seine Hand sah, die mich zurück halten wollte. Hektisch sprang ich zurück.

"Fass mich nicht an! Ich meine...es ist besser wenn du es nicht tust", meinte ich und kam mir ungemein dumm vor.

Er schaute mich Misstrauisch an und hob eine Augenbraue.

"Was?!", knurrte ich genervt. Der Typ ging mir gehörig auf die Nerven.

"Irgendwas stimmt mit dir nicht", murmelte er.

"Ach wirklich! Mit mir Stimmt so Einiges Nicht, aber schön, dass du es auch schon bemerkst!"

Er legte den Kopf schien und starrte mich einfach aus seinen grünen Augen an. Ich stolperte zurück.

"Du hast ein Geheimnis", stellte er fest, drehte sich um und ging.

Verwirrt blieb ich stehen.

"Du mich auch Arschloch!", schrie ich und stampfte aufgebracht zurück in den Klassenraum.

Was fällt diesem Idioten ein?! Denkt wohl er würde mich kennen!

Es war Mittagspause, ich schnappte mir meine Sachen und ging genauso aufgebracht wieder nach Draußen, wie ich gegangen war.

Wütend plumpste ich auf meine Bank und beobachtete die Schüler. Alles eigebildete, arrogante Parasiten, die nicht wissen, wie viel sie eigentlich haben. Sie wissen es nicht zu schätzen! Ray entdeckte ich bei Nancy. Wieso wundert mich das nicht? Ich schüttelte den Kopf. Wenn er sich mit der Schulmatratze abgeben möchte! Bitte!

"Du solltest nicht zu Oft zu ihm rüber starren. So langsam wird‘s auffällig", meinte eine sehr bekannte Stimme zu mir. Mein Kopf schoss in die Höhe und entdeckte Jordan. Breit grinsend stand er vor mir.

"Jordan! Was machst du denn hier?", meinte ich und lächelte leicht.

Natürlich war ich ungemein froh ihn zu sehen, aber ich war nicht so eine, die deshalb quietschend aufgesprungen wäre, nur um ihn feste in die Arme zu schließen.

Er setzte sich neben mich und ich sah ihn erwartungsvoll an.

"Ich geh jetzt auch auf diese Schule."

Dieser Satz kam so unerwartet, dass mir meine Gesichtszüge entglitten. Jordan bemerkte dies und erzählte weiter.

"Meine Tante meinte anscheinend sich dafür zu entschuldigen, dass sie mich allein gelassen hatte. Nun, sie finanziert mir nun diese Schule."

Das waren Einmal gute Nachrichten Heute. Mein bester Freund ging mit mir auf eine Schule. Juhu!

"Diese Schnepfe! Du weißt, dass ich sie hasse! Na ja. Soll ich dir unsere total langweilige und ätzende Schule zeigen?"

Nickend stand er auf und zog mich am Arm an allen Vorbei, ins Gebäude.  Die Blicke, die sich in meinen Rücken bohrten, spürte ich sogar noch, als ich schon lange im Gebäude war.

 

"Ach ja, und dort stehen die Zicken alias Tussen. Dort die Außenseiter. Da die Raucher und die Angeber. Hinter der Wand die Punker und daneben die Emos und Grufties. Die Skater fahren dir Irgendwann mal über dem Weg...So, ich glaub das war‘s."

Ich denke, ich hatte mir noch nie so viele Gedanken um meine beknackte Schule gemacht.

"Und wer ist das?", fragte mich Jordan und zeigte mit großen Augen auf Jemanden.

Momentmal! Mit großen Augen? MIT GROßEN AUGEN?! Wer schaffte es Jordan zu verzaubern?! WER?!

"Aus den Weg", knurrte ich und schob Jordan leicht zu Seite um zu sehen, wen er gemeint haben könnte. Als ich sie erkannte, war ich kurz davor ihm eine zu Knallen.

"Du kennst sie", murmelte ich.

"Ehrlich? Woher?"

"Es ist Grace. Die Ehemalige Freundin von Joel."

"Verdammte scheiße! Nein! Das kann nicht sein! Aber wie..."

Ich erdolchte Grace mit meinem Blick, die es zu merken schien. Sie drehte sich zu mir um und kam mit geschmeidigen Schritten auf mich zu.

Ich hasste es, wenn sie direkt vor mir stand. Sie war groß. Mit 1,75m war man groß. Und ich mit meinen 1,66m zum Vergleich Klein. Herablassend sah sie mich an. Etwas hing um ihren Hals. Es war eine Kette. Mit dem Namen Joel. ICH BRING SIE UM!

"Nimm diese Kette ab", zischte ich.

Sie blickte an sie herunter auf die Kette und nahm sie in die Hand. Drehte und wendete sie.

"Hast du was dagegen, wenn ich etwas trage, was mich an ihn erinnert. Nur weil du für seinen Tod verantwortlich bist!", den letzten Satz schrie sie.

Jordan sah sie wütend an. Ich sagte nichts.

"Sag mal hast du sie noch alle! Es war NICHT ihre Schuld! Was bildest du dir eigentlich ein?!", brüllte er sie an. Sie zuckte noch nicht mal mit der Wimper.

"Und wer bist du", fragte sie ihn hochnäsig.

"Jordan. Joels ehemaliger bester Freund. Schön dich wieder zusehen Grace."

Ihre Augen weiteten sich und füllten sich mit Tränen. Dann brach sie einfach zusammen. Lag Schluchzend auf dem Boden. Und was tat Jordan, dieser Verräter?! Er nahm sie in den Arm! Ich glaub‘s nicht! ICH GLAUB ES NICHT!

Wütend schnappte ich mir meine Sachen und dampfte ab. Der ganze Schulhof glotze mich an. Erst mich dann, Jordan, dann wieder mich.

Als ich gerade an Nancy und ihrer Clique vorbei rauschte sagte sie mit ihrer unerträglich schrillen Stimme:

"Na Nimoe. Hat er dich wegen ner Anderen sitzen gelassen?", ein fieses Lächeln schlich sich auf ihre Lippen.

"Im Gegensatz zu dir Nancy, kann man es mit mir aushalten und benutzt mich nicht eben kurz als One Night Stand. Denn zu mehr bist du ja anscheinend nicht fähig."

Verdutzt blickte sie mich an und wollte mir schon eine Ohrfeige verpassen, als ich mir Ihre Hand packte, die Kunstnägel abriss und sagte:

"Hast du was gegen die Wahrheit? Denn das sind die Fakten. Die Kerle waren nur immer so Lange bei dir, bis sich dich gefickt hatten. Dann waren sie wieder weg. Und es scheint dir auch noch zu gefallen. Leute wie du sind einfach nur arm."

Die anderen Tussis rannten auf sie zu, nahmen sie in den Arm und sagten solche Dinge wie: Die ist doch nur Eifersüchtig auf Dich.

Gerade als ich gehen wollte, sah ich, wie sie ihre Freundinnen zur Seite schlug und mir mit Tränen ins Gesicht schrie: "Nein, Du bist Arm! Ich bin Reich! Und was hast du?! Deine Mutter ist eine Hure, die mit dem Direktor rummacht!", sie war anscheinend sehr Begeistert von sich. Dachte wahrscheinlich das ich jetzt heulend weg renne.

"Das arm war eigentlich nicht auf Materielle Dinge bezogen, aber schön, dass du mir auch noch Beweist, wie dumm du bist. Ach und noch was. Du bist auch ne Hure. Nur bist du so würdelos, dass du noch nicht mal Geld dafür fragst."

Damit drehte ich mich um und entdeckte, dass Ray auch hier stand. Und mich mal wieder anblickte. Ihn nicht beachtend schritt ich an ihm vorbei und wurde natürlich davon abgehalten, nicht zu gehen. Jemand hielt meine Schulter fest. Dass dieser Jemand nicht Ray war, erkannte ich dadurch, dass ich keine Vision sah.

"Was ist?!", sagte ich gereizt und drehte mich entnervt um.

Jordan stand Entschuldigend vor mir.

"Ich geh jetzt nach Hause. Nach den Sommerferien gehe ich dann auch hier drauf. Bist du immer noch sauer?"

"Sauer?! Ich bin Enttäuscht! Du hast grade meine Erzfeindin getröstet! GETRÖSTET!"

"Aber, sie leidet doch genauso wie wir..."

"Ja, aber ich hänge es nicht an die große Glocke! Ich versuche weiter zu Leben! Doch sie?! Sie muss mich ja Jeden verdammten Tag daran erinnern! JEDEN VERDAMMTEN TAG! Weißt du überhaupt wie schwer das ist?!"

Er schaute auf den Boden und als ich über seine Schulter blickte, sah ich Nancy und ihre Clique, inclusive Ray, die uns anstarrten.

"WAS GIBTS DA ZU GLOTZEN?!"

Nun drehte ich mich aber endgültig um und sah zu, dass ich hier weg kam, natürlich nicht ohne Jedem dem Mittelfinger gezeigt zu haben.

 

Angepisst wie eh und je kam ich Zuhause an und schmiss mein Zeug in die hinterste Ecke meines Zimmers.

"So schlimm?", hörte ich die Stimme meiner Mutter aus dem Wohnzimmer.

Schlurfend ging ich ins Wohnzimmer, wo meine Mutter mit einem XXL Eisbecher Fehrnseh guckte. Entkräftet ließ ich mich aufs Sofa plumpsen,

"Ja", murrte ich und schnappte mir den schon für mich bereitliegenden Löffel.

"Was läuft?", fragte ich und schob mir einen fetten Löffel Schokoeis in den Mund.

"Scrubs. Willst du mir sagen, was passiert ist?"

"Nein", meinte ich und nahm mir den nächsten Schub Eis.

Mom zuckte mit den Schultern und starrte wieder auf den Bildschirm.

"Mom?"

"Ja", sagte sie und drehte sich zu mir um.

"Warum trägst du ein Dessous? Du startest doch heute nicht schon wieder so ne Orgie?!"

Sie grinste.

"Nein. Und was heißt schon wieder? Wann habe ich das denn bitteschön gemacht."

"Letzte Woche", kam es auch schon prompt von mir zurück.

Sie winkte ab.

"Ach dieser Gangbang. Das du ihn noch so gut in Erinnerung hast. Das war doch nur Einmalig."

"Ja einmalig schlimm! Du hattest mich ja nicht drauf vorbereitet! Und ich dachte schon hier passiert sonst was! Aber nett, dass ich hier nichts ahnend rein stürme und euch alle nackt sehe! Der eine Typ meinte sogar zu mir, ich solle mich auch ausziehen und mitmachen! Diese Szene werde ich nie vergessen!"

Sie lachte. Und ich kam nicht umhin als zu Grinsen.

"Ach stell dich nicht so an."

Ich schnaubte.

Kurz nachdem ich mir den nächsten Löffel Eis in den Mund schob, klingelte es an der Tür.

Seufzend sprang ich auf, schluckte das Eis runter und öffnete die Tür. davor stand Lucie. Verheult und am Boden zerstört.

"Lucie! Was ist los?!"

"S-s-ie i-i-st w-w-w-ee-weg", schluchzte sie.

"Lucie, wer ist weg?!"

"M-m-a-a-ndy."

"Was ist mit Mandy?!"

Panik durchflutete mich. Panik und Angst.

"S-s-sie l-l-l-liegt i-i-im Kra-krankenhaus", und dann brach sie zusammen.

"Verfluchte Scheiße!"

"Schatz, was ist los?", hörte ich die besorgte Stimme von meiner Mom.

"Kümmer dich bitte um Lucie! Ich muss ins Krankenhaus!"

Und mit diesen Worten stürmte ich los.

Als wenn dieser Tag nicht schlimm genug wäre.

 

Krankenhäuser hatte ich schon immer gehasst. Das Sterile, kahle Aussehen. Der Geruch nach Desinfektionsmittel und Krankheit. Die Gefühlslosen Gesichter, die einem aus ihren Krankenbetten ausdruckslos anstarrten. Und erst die Anwesenheit des Todes! Ich wollte hier keinen Berühren, wollte nicht wissen, ob er an seiner Krankheit stirbt. Die Krankenschwestern und Pfleger, die Skrupellos Jedem seine Medikamente und Spritzen gaben, ohne Rücksicht auf Verluste. Ich kam mir vor wie in einer Fabrik. In einer Fabrik, in der man nicht mit Menschen, sondern Gegenständen handelt. Die Geschäftigkeit, die auf dem Gang herrschte, war Bedrückend, die Besucher gelangweilt. Zimmer 303. Da müsste sie liegen. Hastig machte ich mich auf den Weg. Wich geschickt anderen aus. Und dann endlich Zimmer 303. Schnell drückte ich die Tür auf und schritt herein.

"Wusst‘ ich‘s doch, dass du‘s bist. Alle anderen klopfen nämlich erst vorher an."

Ich drehte mich um und entdeckte sie. Krank und blass, lag sie dort. Es schien als wären schon Jahre vergangen, seit ich sie das letzte Mal gesehen hatte. Dabei war es doch erst gestern gewesen, oder? ODER?! Obwohl, wenn ich bedenke, was mir alles passiert ist, nach unserem letzten Treffen, wundert mich das schon gar nicht mehr.

Seufzend setzte ich mich aufs Bett und nahm ihre Eiskalte Hand.

"Was hast du gemacht?"

"Nichts Besonderes."

"Was hast du?"

"Du kennst mich zu gut", sie lachte, doch ich fand diese ganze beschissene Situation nicht lustig.

"Eine Alkoholvergiftung."

Ich starrte sie an.

"Wie kannst du darüber noch lachen! Verdammt, warum?!"

Ich wusste das es Irgendwann so kommen würde, habe es doch selber gesehen.

Aber es Live mit zu erleben. Selbst hier zu sitzen und sie nicht verlieren zu wollen, war viel Schlimmer. Sie war doch erst 17!

"Ich habe nur gelacht, weil du mich besser kennst, als Irgendjemand sonst. Du durchschaust Jeden. Du weißt wie ich bin. Wie ich ticke."

Ich konnte ihr nicht mehr in die Augen blicken, ließ meinen Blick streifen. Er blieb auf ihrem noch vollen Essenstablett hängen. Ich schluckte.

"Du willst Sterben, oder?", wie schwer es war, diese Worte über die Lippen zu bekommen.

"Ja."

Eine Träne kullerte meine Wangen hinunter.

"Weißt du warum ich hier sitze? Warum ich sterben will?"

Sie redete einfach weiter, ohne auf eine Antwort von mir zu warten.

"Mein Bruder hatte mich diesmal selbst Vergewaltigt. Daraufhin, habe ich alle Wodkaflaschen in mich gekippt, die bei uns waren. Und du weißt, das sind eine Menge. Er hatte mich ja noch nicht mal ins Krankenhaus gebracht! Es war Lucie, die mich auf der Straße fand. Ich hasse ihn so Nimoe. Ich hasse ihn", Tränen strömten aus ihren Augen und ich dachte darüber nach, dass sie nicht die Erste war, die ich heute weinen sah.

"Und ich werde so oder so Sterben. Die Ärzte meinten, es wäre sowieso ein Wunder, dass ich das Überlebt habe. Aber meine Organe sind kaputt. Kaputt gesoffen. Ich werde sowieso Sterben. Denn ich würde keine Einzige Bierflasche überleben. Und ich würde wieder anfangen zu Trinken. Allein schon durch meinen Bruder. Du weißt für mich gibt es keine Hilfe. Für alle die in diesem beschissenen Ghetto wohnen, wo auch wir wohnen, gibt es keine Hoffnung!"

Wir weinten zusammen und das war das Erste Mal, wo ich mich wirklich mit ihr verbunden fühlte. Wie waren Freunde. Wahre Freunde.

"Ich will nicht, dass du stirbst."

Sie sah mich an und lächelte.

"Weißt du, du bist was Besonderes. Ich werde dich furchtbar vermissen, Nimoe. Denn du warst immer für mich da. Du warst meine Familie. Aber für mich ist es zu Spät. Mein Leben ist vorbei und ich beende es lieber selber, bevor es Jemand anderes tut. Aber du kannst noch so vielen Helfen. Menschen Helfen, für die es noch nicht zu spät ist. Du hast immer durchgehalten und dafür bewundere ich dich. Aber ich kann das nicht. Selbst wenn ich es schaffen würde, wäre ich mein Leben lang geschädigt. Nimoe, lass mich Sterben. Lass mich gehen. Ich werde vielleicht in den Himmel kommen oder dorthin, wo auch immer ich hin komme und ich werde immer in deinen Erinnerungen sein und an Dich denken. Ich glaube an dich Nimoe! Helfe den Menschen für die es noch nicht zu spät ist! Ich weiß, dass du das schaffst, mein Engel."

 

Mandy starb am vierten April um 1:47Uhr. Ihre letzten Worte werde ich nie vergessen. Mit ihr ist auch ein Teil von mir gestorben. Wie viel kann ein Mensch noch aushalten? Wie viel verkraftet er, bevor er endgültig zerbricht? Heulend saß ich auf dem Sofa. Meine Mom hielt mich fest im Arm und strich mir Beruhigend über den Rücken. Wie viele Tränen hatte ein Mensch den noch?! Immer wieder erschien ihr Gesicht vor mir. Wie ein Engel lag sie in dem Bett. Ihre Haare aufgefächert auf dem Kissen. Ein letztes Mal drückte sie meine Hand, formte mit ihrem Mund: Ich glaub an dich! Und dann sank sie zurück, ihre Augen richteten sich gen Decke und dann starb sie, mit einem seligen Lächeln auf den Lippen. Ich saß einfach da, umklammerte ihre Eiskalte Hand und schrie meinen Schmerz heraus. Die Schwestern schickten mich nach Hause.

Und jetzt sitze ich hier, verzweifelt und völlig allein.

"Schatz, du musst Morgen, nicht in die Schule", meinte meine Mom mit traurigen, müden Augen und ich blickte zur Uhr. 4:35Uhr.

"Du meinst wohl eher Heute", schniefte ich und presste mein Gesicht gegen ihre Brust.

"Ich hatte ihren Tod schon lange vorausgesehen. Doch damit zu Leben ist schlimmer als ich dachte. Ich will sie zurück!", aus meinen verheulten Augen trauten sich anscheinend noch ein paar Tränen.

"Schhht. Aber so ist das im Leben. Durch deine Gabe, bist du nur eher gewarnt. Du weißt ja auch wie ich sterbe."

"Ich will diese beschissene Gabe aber nicht!"

"Ich weiß, ich weiß. Aber zu dem Zeitpunkt, hätte ich alles getan, nur damit du leben kannst."

"Wo ist eigentlich Lucie?"

"Ich habe sie nach Hause gebracht. Ihr war nicht so gut. Du solltest Morgen mit ihr Reden."

"Glaubst du, sie verkraftet das?"

Meine Mom, dachte einen Moment nach.

"Nein. Aber sie wird es noch weniger verkraften, wenn sie es später von alleine herausfindet. Außerdem denke ich, dass sie Stärker ist, als sie aussieht."

Darauf sagte ich nichts mehr. Die Müdigkeit überrollte mich und verhilf mir dazu mit einem letzten Gedanken einzuschlafen. Ich muss etwas ändern! 

 

Meine Augen verquollen, mein Gesicht rot und fleckig. Ich sah furchtbar aus. Meine Haare waren ein einziger bunter Strohhaufen. Meine sonst glatt liegende Mähne sah aus, als hätte ich in eine Steckdose gepackt. Furchtbar! Dabei sahen meine Haare, sonst doch immer so toll aus! Sie waren schwarz gefärbt und Pink an den Spitzen. Dunkel blaue Strähnchen  und mein Pony ebenfalls schwarz. Ich liebte es, obwohl die Meisten diese Emofrisur scheiße fanden, mochte ich sie.

Mandy hatte eine lila Kurzhaarfrisur gehabt...

Der Klos in meinem Hals schien zu wachsen und meine Augen fingen an zu Brennen. Ich stützte mich am Beckenrand ab. Atmete tief ein und aus und versuchte die Tränen zu unterdrücken. Ein Blick in den Spiegel, ließ mich erschrocken zurückfahren. Der Kampf mit meinem Vater war anscheinend doch nicht so schonungslos an mir vorbeigeglitten. Blaue Würgmale an meinem Hals. Kratzer an Armen und Beinen. Wieso waren die mir nicht schon früher aufgefallen? WAR ICH SO IN DIE SCHULE GEGANGEN?! Krampfhaft umklammerte ich das Waschbecken. Kurzerhand stieß ich mich ab, drehte den Wasserhahn auf und spritzte mir eiskaltes Wasser ins Gesicht. Mein glühendes Gesicht, schien die Wassertropfen gierig aufzusaugen und ich beruhigte mich etwas. Langsam schlurfte ich zurück in mein Zimmer, zog mir ne Jogginghose und nen Top an, schnappte meine Schlüssel und ging zu Lucie. Sie sollte es auch erfahren.

Schon beim ersten Klingeln machte sie die Tür auf.

"Nimoe! Was machst du denn hier?", meinte sie munter.

Ich blickte sie nur an.

"Nimoe, sind das...oh mein Gott! Hast du mal deinen Hals gesehen?!"

Ich winkte nur ab. Sie sah mich an, schien aber nichts zu begreifen.

"Kommst du kurz raus", krächzte ich mit heiserer Stimme.

Sie nickte besorgt und folgte mir.

Zielstrebig ging ich ein Stück voraus, drehte mich um und wartete auf sie, bis sie kam.

Wir gingen einfach nur und ich versuchte einfach ihre Fragen auszublenden.

Wie erzählt man Jemanden, dass Jemand anderes gestorben ist? Jemand den man gern gehabt hatte? Ich konnte so etwas nicht!

Urplötzlich blieb ich stehen. Sie knallte in mich.

"Mandy ist heute Morgen gestorben."

Ihre Augen weiteten sich, bis sie mir Heulend und schluchzend in den Armen lag.

"Nein. Warum? Warum nur..."

Ihr ganzer Körper bebte und ich hielt sie einfach nur fest, versuchte das Zittern meiner Lippe zu ignorieren, die ankündigte, dass ich auch gleich weinen würde.

Doch ich musste jetzt Stark sein. Musste für uns Beide dadurch.

"Hey! Was ist denn los?", dies war eindeutig Maik, der da auf uns zu geschritten kam. Sein langer Ledermantel, den er sogar jetzt trug, hielt ziemlich viel Illegales Zeug versteckt.

"Mandy ist Tod", hauchte ich.

Sein Lächeln erlosch und wechselte zu einer steinharten kühlen Maske.

"Alkoholvergiftung", sagte ich, bevor er fragen konnte. Seine Hände begannen zu Zittern und er drehte sich um und rannte weg.

"Maik! Warte!", schrie ich.

Ich hatte keine Lust, dass es sich mit seinen Drogen zuballerte, nur um der Realität zu entkommen. Doch er rannte einfach weiter. Rannte die Straße entlang. Bis ich ihn aus den Augen verlor.

"Ich sollte auch so langsam nach Hause", schniefte Lucie, drehte sich um und ging. Jeder ließ mich zurück. Als wäre es meine Schuld. Aber es war nicht meine Schuld!

Der Tag verlief ereignislos. Ich saß einfach nur zu Hause und dachte über diese Welt nach. Mehr tat ich nicht, dachte nur nach. Doch auch ich wusste, so konnte es nicht weiter gehen! Aber was konnte ich schon Besonderes?! Den Tod anderer Menschen sehen. Doch lässt sich das verhindern? Konnte ich den Tod besiegen? Ich sollte es schon bald herausfinden.

 

"Du solltest nach Hause gehen Kleine", meinte der Barkeeper, der sich weigerte mir noch einen Wodkacola zu geben.

"Du hast mir gar nichts zu sagen", nuschelte ich und fiel fast vom Barhocker.

Die Musik dröhnte in meinem Schädel und die Schweißbedeckten tanzenden Leiber, die sich auf der Tanzfläche zum Beat bewegten, leuchteten in unterschiedlichsten Farben, der Lampen auf. Die Disco Phönix, war bekannt dafür, dass sie Minderjährige einließen.

Der Barkeeper schüttelte den Kopf.

"Ich würd‘s dir nur empfehlen, da die Leute, die hier gleich erscheinen werden, deinen Zustand ausnutzen könnten."

Das Denken fiel mir sehr schwer, schien zäh dahin zu tropfen.

"Was‘n für‘n Zustand? Mir geht‘s total gut!"

Zum Beweis sprang ich vom Barhocker. Meine Beine knickten weg und alles drehte sich. Schwankend hielt ich mich an meinem Hocker fest.

"Diesen Zustand meine ich. Du bist total zu Kleine. Geh lieber nach Hause."

Der Typ hatte doch gar keine Ahnung!

Meine Empörung wollte ich ihm gerne entgegen schreien, doch leider ging das in meiner plötzlich aufkommenden Übelkeit unter.

Mit der Hand vor dem Mund gepresst, wankte ich nach draußen.

Ich stieß die Tür auf und kühle Nachtluft umfing mich. Es war angenehm, doch es änderte nichts an meinem Zustand.

Neben der Tür standen Mülltonnen, ich schaffte es gerade mal bis dahin. Und dann übergab ich mich.

Kraftlos ließ ich mich gegen die Gassenwand sinken. Ich musste irgendwie nach Hause kommen.

Zitternd richtete ich mich auf. An meinem Gang änderte sich nichts. Weiter schwankend ging ich aus der Gasse. Die Straße war leer und dunkel. Mein Kopf tat höllisch weh und mein Magen rebellierte.

Plötzlich spürte ich eine Hand an meinem Po.

"Na Süße, alleine Unterwegs?", fragte mich Jemand hinter mir.

Ich drehte mich langsam um. Es war ein ungefähr 20-Jähriger Mann, der leicht angetrunken wirkte.

Er kam langsam auf mich zu.

Mein Kopf schrie: Gefahr! Doch ich verstand es nicht.

"Ja. Und du?", lallte ich.

"Isch auch. Lust noch zu mir zu kommen?", er hickste.

War doch ganz nett der Kerl.

"Nee, ich muss noch nach Hause."

Das schien ihm nicht zu gefallen.

"Warum?"

Genau warum?

"Weiß nischt."

"Siehst du. Komm doch mit."

"Ich will aber nicht!", schrie ich Urplötzlich los.

Ich wusste nichts mit meinen Stimmungsschwankungen anzufangen.

"Jetzt stell dich doch nicht so an", meinte der Mann und zehrte an meiner Hand.

"Lass mich Los!", schrie ich und stolperte ihm hinterher.

Ich wusste ihm meine Hand zu entziehen, doch er umklammerte sie nur noch fester.

Sein schneller Gang und mein gestolpere, sorgten dann doch dafür, dass ich zu Boden ging.

"Jetzt komm schon!"

"Nein!"

Er zog mich gewaltsam hoch und presste mich gegen die Wand.

"Süße, entweder hier oder bei mir."

Wovon redet er?

"Was meinst du?", fragte ich und sah ihn gespannt an.

Meine Unwissenheit schien ihn auf eine Art...zu erregen.

Seine Augen blitzen.

"Wie du willst, meine Kleine Unschuldige."

Er drückte sein Unterleib gegen meins und ich verstand.

"Ohh, das meinst du."

Er grinste.

"Ich will aber nicht!"

Sein Grinsen erlosch.

"Du hast hier gar nichts zu sagen!"

Ich versuchte ihn von mir weg zu drücken, doch er bewegte sich keinen Millimeter.

Sogar mein Betrunkener Zustand schien so langsam die Situation zu begreifen.

"Lass mich gehen!"

Doch er begann einfach mein T-Shirt auszuziehen.

"Nein!", ich versuchte seine Finger weg zustoßen, dabei verlor ich beinahe mein Gleichgewicht. Alles drehte sich.

Ungeduldig riss er mein Oberteil einfach in Fetzen und knurrte erregt, als er meine fast nackte Haut sah. Unwirsch machte er sich daran, den BH zu öffnen, doch ich nahm meine letzte noch vorhandene Kraft zusammen und biss ihn in seine Schulter, bis ich Blut schmeckte. Er fiel zurück und schrie auf.

Schnell versuchte ich an ihm vorbei zu kommen, schaffte es ein Stück, doch er warf mich einfach auf den Boden.

"Kleines Miststück!"

Ich lag mit dem Bauch auf dem Kalten Bürgersteig, er bohrte ein Knie in meinen Rücken und hielt mich so am Boden. Ich versuchte aufzustehen, doch er legte einfach alles Gewicht auf meinen Rücken. Ich spürte, wie er versuchte meine Jeans auszuziehen.

"Hilfe!", schrie ich verzweifelt und spürte sobald, wie mir ein Stofffetzen in den Mund gesteckt wurde.

Ich holte ihn wieder raus.

"HILFE!", brüllte ich so laut, dass nun eigentlich Jeder hätte wach werden müssen.

"Hier hilf dir niemand, also hör auf dich zu wehren", sagte der Mann und schafft es mir die Hose runter zu ziehen. Jetzt lag ich hier nur noch in Unterwäsche. Heiße Tränen liefen mein Gesicht herab und ich spürte, dass er jetzt nur noch meinen Slip zerreißen wollte.

Doch plötzlich durchbrach ein Motorgeräusch die Nacht. Es war ein schnell heranfahrendes Motorrad.

"HILFE!", brüllte ich abermals so laut ich konnte und hoffte, dass der Fahrer es gehört hätte. Denn sonst, gab es für mich keine Hoffnung mehr.

Ich sah die Scheinwerfer, wie sie dich Straße erleuchteten und hörte meinen Peiniger wütend auf knurren.

Mit quietschenden Reifen hielt das Motorrad direkt neben uns.

"Verpiss dich!", hörte ich den Mann sagen.

"Warum sollte ich", meinte mein Retter unbeeindruckt.

"Weil das nicht deine Sache ist! Fahr einfach weiter!"

"Ich soll einfach weiter fahren, während du ein Mädchen Vergewaltigst?"

"Genau. Wird ihr auch bestimmt gefallen."

Ich hörte wie der Motorradfahrer abstieg und langsam hierhin schritt.

"Geh von ihr Runter", zischte er.

"Ich hab gesagt du sollst gehen!"

Der Druck auf meinen Rücken verschwand und ich atmete tief ein.

Ich drehte mich um und erblickte wie der Motorradfahrer auf den Mann einschlug.

"Solche Kerle wie du sind solcher Abschaum! Wie kann man so etwas frei rumlaufen lassen!"

Mittlerweile lag der Mann auf dem Boden und der Motorradfahrer trat ihm immer und immer wieder in die Rippen. Ich konnte nicht ganz sehen, ob der Mann überhaupt noch bei Bewusstsein war.

Ich zog meine Beine an meinen Körper und versuchte mit den Augen den Boden, nach Kleidung von mir abzusuchen. Bis auf Fetzen, war nichts mehr davon übrig.

"Alles Okay?", fragte mich plötzlich eine freundliche Stimme und ich hob den Kopf.

Der Motorradfahrer stand vor mir und sah mich abwartend an.

"Was soll‘n schon okay sein. Ich wurde eben fast Vergewaltigt!", meine Stimme klang immer noch genuschelt und gelallt.

Er legte den Kopf schief.

"Wie viel hast du schon getrunken?"

"Weiß ich nischt mehr."

Langsam rappelte ich mich auf, ignorierte seine Hand und wurde mal wieder mit Kopfschmerzen dafür bestraft. Zischend hielt ich mir den Schädel.

Als  ich ihn wieder ansah, war er gerade dabei meinen Körper anzustarren. Ich blickte an mich runter. BH und Slip. Scheiße.

"Hör auf mich so anzustarren. Meine Anziehsachen sind leider voll im Arsch, weil dieser Wixer ja unbedingt vorhatte mich zu Vergewaltigen!"

"Verübeln kann man ihm das ja nicht."

"Maul halten!"

Und dann fing ich an zu weinen. Einfach so.

"Was ist denn los? Okay diese Frage ist ziemlich bescheuert. Ich glaub diese Reaktion ist völlig normal, ich meine das war ein Schock und..."

"Ich weine nicht wegen diesem Wixer, du Idiot!", schrie ich.

Darauf sagte er nichts.

"Ich weine, weil ich total zu bin. Wahrscheinlich werde ich mich Morgen an nichts mehr erinnern können, aber das schlimmste ist, ich bin Betrunken!"

"Ist das denn so schlimm?"

"Heute Morgen ist meine Freundin an einer Alkoholvergiftung gestorben und ich betrinke mich! Das ist alles so scheiße! Wegen ihrem beschissenen Bruder!"

Meine Rede wurde von einem Schluchzer unterbrochen, doch ich redete einfach weiter. Ich wollte einem Außenstehenden einfach mein Herz ausschütten. Es tat gut mit Jemanden darüber zu reden, den ich sowieso nie wieder sehen werde.

"Brüder sind solche Arschlöcher! Ich hatte auch mal einen. Er war der wunderbarste Bruder, den ich mir nur vorstellen konnte. Doch als er 15 war, spielten wir gemeinsam auf der Straße. Es war Winter und als ich ausersehen den Ball wegschoss, bot er sich an, ihn zurück zu holen. Der Ball rollte auf die Straße und er hinterher. Den Blick stetig auf den Ball geheftet. Gerade als er ihn aufheben wollte, sah ich ein Auto um die Ecke auf ihn zuschießen. Ich hatte es früh genug gesehen, doch ich konnte einfach nur dastehen und zusehen, wie das Auto, meinen Bruder umfuhr. Ich war wie erstarrt und hasse mich dafür, dass ich nichts gesagt hatte! Seit dem hasst mich ein Mädchen auf meiner Schule. Sie heißt Grace. Sie war mit ihm zusammen und Beide waren wirklich Perfekt füreinander. Sie weiß auch, dass es meine Schuld ist und hält es mir Jeden Tag unter die Nase! Es ist furchtbar mit dieser Schuld zu Leben."

Der Motorradfahrer hielt mir schweigend seine Jacke hin, dich ich dankend annahm.

"Außerdem frisst es mich Innerlich auf, dass ein anderes Mädchen auf meiner Schule, sie heißt Nancy und ist die Oberflächlichste Person die ich kenne, Recht hat. Ich bin eine Mörderin. Erst bin ich für den Tod meines Bruders verantwortlich und ich habe vor ein paar Tagen meinen Vater umgebracht. Er ist aus dem Gefängnis ausgebrochen und wollte wieder eine Familie sein. Ich hasse ihn! Das was er uns angetan hatte, war schrecklich und als ich ihn sah, wollte ich einfach nur, dass er ging! Ich habe ihn umgebracht verdammt! Und alles nur, weil er herausfand das Joel Tod ist und mich dafür verantwortlich machen wollte! Kurz bevor er mich erwürgte, habe ich ihn erschossen. Das Leben bei uns ist einfach beschissen. Ich bin diejenige, zu der Jeder geht, wenn Irgendwas los ist. Wenn es Probleme gibt. Doch was ist mit mir? Zu wem gehe ich, wenn ich Probleme habe?"

Mein Leben Jemanden so breit zu offenbaren schockierte mich dann doch.

Langsam rutschte ich die Wand hoch und starrte ihm entschlossen ins Gesicht.

"Ich gehe jetzt nach Hause."

"Das wird nichts, wenn du zu Fuß gehst. Soll ich dich nicht fahren?"

Misstrauisch beäugte ich ihn.

"Ich kenn dich ja nicht mal und ich bin betrunken."

Schwer atmend, versuchte ich mich aufrecht zu halten. Meine Welt drehte sich und ich bemerkte, wie die Farben ineinander verschwommen.

"Bakerstreet 13", war das letzte was ich sagte, bevor die Welt für mich dann endgültig zusammenbrach.

 

Ich glaub ich hatte noch nie solche Kopfschmerzen gehabt. Meine Mom, war bei der Arbeit und ich kotzend über der Kloschüssel. Mir ging es so scheiße, wie lange nicht mehr.

Außerdem konnte ich mich an nichts mehr erinnern. Totales Blackout.

Ich wusste weder was ich Gestern getan hatte, noch was passiert war.

Was für eine abgefuckte Scheiße! Was war gestern nur passiert?!

Wütend und frustriert über mich, schlurfte ich in die Küche, wo ich mir ein ganze Packung Aspirin gönnte.

Danach ging ich wieder in mein Zimmer und versuchte mich an den Gestrigen Abend zu erinnern, aber so verzweifelt ich es auch versuchte, es kam kein vollständiges Bild.

Je mehr ich versuchte mich an ein Stückchen Erinnerung zu klammern, desto verschwommener und wirrer wurde alles.

Es war zum Verzweifeln!

Auf meinem Bett rollte ich mich zusammen. Ich musste wieder zur Schule. Musste mein Leben wieder aufnehmen...oder das, was davon übrig ist.

Wie können manche glauben, dass Jemals alles gut wird?

Mandy ist Tod. Wie kann man sich das gut reden?

Joel. Du fehlst mir so.

Mein Herz, zersplitterte ein Stück mehr.

In Jedem Splitter steckten Erinnerungen. Erinnerungen, die ich am liebsten Verbrennen würde. Vergessen.

Reiß dich zusammen, Nimoe! Steh wieder auf! Sei kein Feigling!

Mühselig richtete ich mich auf, streifte mein berechtigtes Selbstmitleid ab und konzentrierte mich auf etwas anderes. Etwas das sich Mathe nannte, und auch vor mir keinen Halt machte.

 

Es gab etwas Positives an Hausaufgaben. Sie waren so langweilig und unnötig, dass man alle Kraft aufwenden musste, um sie zu Ende zu machen. Dies hatte zufolge, dass ich mich nicht mehr mit meiner Vergangenheit beschäftigen konnte. Doch als ich auch mit der letzten endlos langweiligen Aufgabe fertig war, wusste ich nicht was ich jetzt noch tun konnte. Aber ein Blick auf die Uhr, beantwortete mir die Frage. 0:16Uhr.

Müde rieb ich mir die Augen, meine Kopfschmerzen hatten nachgelassen und abgesehen von meinen Erinnerungen, ging es mir gut.

Seufzend legte ich mich ins Bett und hoffte, dass das der Tag Morgen nicht zu anstrengend werden würde.

Doch ich wusste selber, dass diese Hoffnung zerstört werden würde.

 

Schon auf dem Weg zur Schule, wusste ich das Heute etwas passieren würde. Da war dieses Gefühl, was sich langsam einschleicht und sich tief in dein Bewusstsein festklammert, solange bis diese Vorahnung bestätigt wurde. Furchtbar!

Okay, ich mein, wenn ich mir mal Rückblickend meinen letzten Schultag anschaue, kann man wohl verstehen, wenn heute etwas passieren wird.

Schon mein erster Schritt aufs Schulgelände sorgte für Getuschel.

"Da hat man ja echt Spaß, weiter zu gehen", murmelte ich.

"Nicht wahr?", meinte plötzlich eine leise Stimme hinter mir.

Ruckartig blieb ich stehen und drehte mich langsam um.

Eine Aufgelöste, auf den Bodenschauende Grace stand dort.

"Wow, ich glaub das war der erste nette Satz, den du je zu mir gesagt hast."

Sie sagte nichts. Reagierte auch sonst nicht.

"Grace?", fragte ich vorsichtig.

Sie blickte hoch und sah mich zum Ersten Mal aufrichtig an.

"Ich habe nachgedacht. Du bist nicht schuld. Ich habe einfach nur jemanden gebraucht, dem ich die Schuld zuschieben konnte, damit ich mich besser fühlte. Damit es Jemanden gab, den ich deswegen fertig machen konnte. Ich wollte mich entschuldigen."

Meine kühle Fassade rutschte weg, wie Jemand, der auf einer Eisfläche ausrutscht und ich schaute sie an.

Misstrauisch, überlegte ich, warum sie mich möglicherweise verarschen könnte. Mir fiel nichts ein.

"Ist das ernst gemeint?"

Sie nickte und streckte mir die Hand hin.

"Todernst. Auf eine Möglicherweise total Chaotische und aufregende Freundschaft?"

Ich starrte auf ihre Hand. Sollte, oder sollte ich nicht?

Dann schlug ich ein und besiegelte damit einen unausgesprochenen Neuanfang.

 

"Grace! Wo warst du denn die letzten Tage und ist das...Nimoe", Nancys am Anfang aufgesetzte Freundlichkeit verwandelte sich in Puren Hass.

Wir waren vor unserem Klassenraum. Die Meisten Schüler waren noch nicht da, aber schon diese geringe Anzahl würde ausreichen, um ein Gerücht in Windeseile zu verbreiten. Die Tatsache, dass Grace und ich zusammen gesehen worden sind, ohne uns gegenseitig umzubringen, war das Highlight seid...meinem letzten Schultag.

"Ich freu mich auch sowas von überhaupt nicht dich zu sehen, Nancy", meinte ich Zuckersüß zu ihr, während Grace neben mir leise kicherte.

"Was...aber...", stotterte diese nur, und starrte und beide aus großen Augen an.

"Was denn? Noch nie zwei Mädchen auf einmal gesehen, die an keinem Typen hängen oder so Nuttig aussehen wie du? Passt das nicht in dein Weltbild?", meinte ich noch hinzufügen zu müssen.

Grace hinter mir bekam sich nicht mehr ein.

"Ach du fragst dich sicherlich, wieso wir so schön natürlich und echt aussehen? Tja das liegt daran, dass man nicht immer Tonnenweise schminke gebrauchen muss. Das tut der Haut gut, außerdem sehen wir so natürlich aus, weil bei uns alles echt ist. Was man von deinen Kunstnägeln, deine Extations, deinen Falschen Wimpern, deinem Push-up BH, deinem Fake Nasenpiercing und deinen tattowierten Augenbrauen nicht grad sagen kann. Ach und das was wir anhaben, nennt sie Kleidung, nicht Fetzen."

Grace lachte Tränen, während sich Nancy meinte wieder sammeln zu müssen.

"RAY!", schrie sie und rannte auf Jemanden hinter mir zu.

Ich drehte mich um. Ray stand direkt hinter mir.

"Sag ihr was gemeines!", meinte Nancy zu Ray und kuschelte sich an seine Brust.

"Ach, du bist also nicht in der Lage dazu. Was kannst du eigentlich, Nancy", meinte ich, fixierte Ray, aber mit meinem Blick. Zum einen, weil ich nicht sehen wollte, wie Nancy ihre Hand in seine Hose schob und zum anderen, weil er mich wieder so intensiv musterte.

"Kannst DU eigentlich auch was anderes, als mich Böse anzustarren", meinte ich zu Ray.

"Im Gegensatz zu dir, lass ich Dinge nicht einfach geschehen."

Hä?

Wie darf ich das denn verstehen?

Ich erinnerte mich an Mandy.

Mein Blick verhärtete sich.

"Du hast doch gar keine Ahnung", hauchte ich, so leise, dass nur er es verstehen konnte.

"Mehr als du denkst", antwortete er genauso leise.

Mein Hirn ratterte.

Etwas war anders. Etwas war an IHM anders.

Und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen.

Am Ersten Tag, schien er darüber zu grübeln, was mein Geheimnis sein kann.

Heute, schien er es zu wissen.

 

Sport. Wie es hasste.

Allein schon in der Umkleide, fing es an.

"Glaubt ihr, dass Top macht mich fett? Ich weiß ja nicht. Was ist wenn man darunter alles schwabbeln sieht? Okay, an manchen Stellen ist das ja gut, aber...", ich glaub es würde euch nicht verwundern, wenn ich sage, dass dieser Spruch von Nancy kam, oder?

"Komm Nimoe", meinte Grace und schleifte mich mit sich in die Halle.

Eins musste man ihr lassen, sie steht zu mir. Etwas, was ich nicht erwartet hätte.

Vor Jedem, der ihr sagen wollte, dass sie sich nicht mit mir herumschlagen sollte, hatte sie eine passende freche Antwort. Und ich vertraute ihr jetzt schon mehr als ich sollte. Als gut war. Aber ich war solange hier alleine gewesen.

Auf den Sportbänken saßen schon die Jungs und warteten ungeduldig auf die Mädchen.

Ein paar, die es anscheinend noch nicht mit bekommen hatten, blickten uns beide verdutzt an.

"Ähm...ist das nicht eigentlich der Teil, indem ihr euch streiten müsstet?", fragte Torben.

"Deine perversen Fantasien, kannst du dir auch im Internet angucken. Lesbenpornos müsstest du auch finden", erwiderte ich nur gereizt, weil ich das heute schon den ganzen Tag hörte.

Torben blinzelte verwirrt, weil es das erste Mal, dass ich direkt mit ihm redete. Sonst hatte ich ihn immer ignoriert, weil es sich nicht lohnte ihm zu antworten.

Plötzlich grinste er.

"Das war ne echt witzige Antwort."

Ist der dumm, oder so?

Ach ja....Footballspieler. Ich glaub man hat sich einmal zu oft auf ihn drauf geschmissen.

"Sie hat dich mehr oder weniger beleidigt", stellte Grace nüchtern fest und schaute Torben mit schiefem Kopf an.

"Ich weiß. Hat noch nie Jemand gemacht. Echt Mutig von dir."

Ich hatte das Gefühl, dass es das alles nur durchzog, um bei Grace zu landen.

Doch bevor wir näher drauf angehen konnten, kam unser Sportlehrer.

"So! Da meine Frau meinte, dass das wichtig sei, hören wir mit dem Thema: Gesundes Ernähren auf. Wir beginnen ein neues Thema: Partnertanz!"

Unsere nicht vorhandene Begeisterung stand uns wohl ins Gesicht geschrieben, denn er seufzte.

"Meine Frau kontrolliert das! Und wenn ich das nicht tue, muss ich auf dem Sofa schlafen!"

Als ob uns seine Probleme interessieren würden.

"Also stellt euch bitte der Größe nach auf. Ich teile euch dann in Partner auf."

Das war leichter gesagt, als getan. Doch nach 20 Minuten standen wir alle nach seiner Zufriedenheit, in einer hübschen nach Größe geordneten Reihe.

"Sooo. Mhhhh. Grace, du tanzt mit Torben. Stelle, du tanzt mit Michaell. Gina mit Sven. Katie mit Florian. Nancy mit Rodney. Nimoe mit Ray...", er wollte es einfach hinter sich bringen, aber ich war einfach nicht mit seiner Einteilung zufrieden.

"Nein! Lassen Sie mich mit Jedem anderen machen, nur nicht mit Ray!", schrie ich ihn schon fast an.

"Ja genau! Ich will Ray", meinte Nancy aufgebracht.

"Hier wird nicht getauscht und nun seid Still!"

"Aber..."

"KEIN ABER!"

Entsetzt musste ich zusehen, wie unser Sportlehrer die Schüler weiter einteilte.

"So und nun findet euch mit eurem Partner zusammen. Wie werden die Haltung üben!"

"Ich muss aufs Klo!", schrie und rannte aus der Halle.

Wenn das so weiter ging, werden die noch denken, dass ich eine Blasenentzündung hätte, oder so.

 

Was sollte ich tun?

Ich konnte nicht ewig hier rum sitzen.

Ich saß in der Umkleide, auf der Bank und wusste nicht was zu tun war.

Wenn ich wieder runter gehen würde, müsste ich mit Ray tanzen. Ihn Berühren.

"Ach verdammt!", murmelte ich.

Plötzlich hörte ich die Tür leise aufgehen.

Ruckartig hob ich den Kopf.

Ray stand in der Tür und musterte mich Finster. Wieder einmal.

Ich stand auf und machte einen Schritt nach Hinten.

"Das ist eine Mädchenkabiene. Du darfst gar nicht hier sein.", meinte ich argwöhnisch zu ihm.

Unbeeindruckt lehnte er sich an den Türrahmen. Mein einziger Ausweg war zu.

"Was willst du?", fragte ich und straffte die Schultern.

"Warum scheust du dich so, mich zu Berühren?", seine Augen funkelten.

"Ich muss ja nicht Jeden anpacken oder? Außerdem kann ich dich nicht leiden."

Er ging einen Schritt auf mich zu, ich zwang mich ruhig zu bleiben.

Zeig keine Angst!

"Was wird das?"

"Wonach siehst denn aus?"

"Versuchte Vergewaltigung."

"Da kennste dich ja auch aus."

Ich starrte ihn an. Woher...?

Er kam noch einen Schritt auf mich zu.

Ich wandte meinen Kopf nach Links.

Eine Tasche stand dort.

Ich schnappte sie mir.

"Geh!", knurrte ich.

"Sonst was?"

Ich warf die Tasche. Sie erwischte ihn am Kopf und ließ ihn ein paar Schritte zurück taumeln. Doch es war nicht so viel, sodass ich hätte vorbei laufen könnte.

"Was sollt denn das?!", schrie er aufgebracht.

Ein Roter Striemen zierte sein Gesicht. Anscheinend hatte ihn die Reißverschlussseite getroffen.

Ich zuckte mit den Schultern.

Wütend schnaubend kam er auf mich zu. Viel zu schnell.

Wahllos griff ich nach Irgendwas, was auf der Bank lag. Ein Glatteisen.

Ich schleuderte es mit voller Wucht ihm entgegen. Er duckte sich, doch auf das Kabel war er nicht gefasst, es klatschte ihm mitten ins Gesicht. Oho. Seinen Augen sprühten nur so vor Zorn und so langsam bekam ich Angst vor ihm.

Als nächstes warf ich die hohen Absatzschuhe von Nancy. Den ersten fing er auf, der Zweite landete in seinen Weichteilen. Er krümmte sich zusammen. Doch ich wusste, er würde nicht so schnell aufgeben.

Panisch suchte ich nach noch Etwas. Etwas, was ihn nicht gleich Umbringen würde.

Doch er richtete sich auf und kam weiter auf mich zu. Sein Blick war Mörderisch.

Warum habe ich denn so eine Angst seinen Tod zu sehen?

Ich wusste die Antwort. Es würde was schlimmes sein.

"Warum machst du das?", flüsterte ich und nahm den Spiegel von der Wand.

Er blieb stehen.

Er blickte mich an.

Diesmal war es kein böser, kein Verachtender, kein Musternden, oder kein Herablassender Blick. Nein, dieser Blick war offen. Ich konnte an seiner Fassade vorbei gucken. Es schien, als würde ich den echten Ray sehen. Doch wer ist der echte Ray?

Er schien seine Mauer wieder aufzubauen. Sein Blick verdunkelte sich wieder.

Ich stolperte zurück und ließ denn Spiegel fallen.

Er zerbrach in Tausend Scherben. Ich schaute hinein. Wie passend, dachte ich. Ich bin innerlich zerbrochen und man sah es mir an. Mein Gesicht, blass und müde. Meine Augen Erschöpft und Traurig. Mein Herz vernarbt und blutend.

"Wenn du mich anfasst, schrei ich", drohte ich müde.

Ja ich war Müde. Unendlich müde. Am liebsten würd ich einschlafen und nie wieder aufwachen.

"Ich weiß, wer du bist."

"Ich auch. Ich bin Nimoe."

"Tja, kleine verfluchte Nimoe."

Ruckartig hob ich den Kopf.

Ich wusste, dass das verflucht nicht als Beleidigung gemeint war. Es war mein Zustand.

"Wer bist du?"

Er lachte freudlos.

"Jeder von uns hat ein Schicksal, dass es zu erfüllen hat. Meins ist eben so hart wie deins."

"Das Schicksal kann mich mal!"

Erstaunt schaute er mich an.

"Ich habe zu viel durch gemacht, als das ich mir von einem Schicksal sagen lassen würde, was ich zu tun habe!"

"Du kannst nichts dagegen machen."

"Es gibt immer einen Ausweg!"

"Glaubst du überhaupt selber dran?"

"Nein."

"Nimoe? Was...?"

Erschrocken blickte ich an Ray vorbei, der zu überlegen schien.

Grace stand dort in der Tür und schaute von mir zu Ray. Sie sah ziemlich entsetzt und verwirrt aus.

Doch plötzlich nahm ich eine Bewegung aus den Augenwinkeln war. Ray nutzte die Gelegenheit und sprang auf mich zu.

Meinen Schrei unterdrückte er mit seiner Handfläche, dann packte er mich und zerrte mich in das Klo. Hinter sich schloss er ab.

"Ray! Lass Nimoe! Ich hole den Lehrer!"

Grace trommelte gegen die Tür.

Doch das alles nahm ich nur am Rande wahr, denn ich hatte die Vision. Die Vision von Rays Tod.

 

Alles Brannte. Ich befand mich in einem Feuerkreis und die Luft war erfüllt von Rauch. Das Feuer kam immer näher, sehnte sich danach mit zu verbrennen. Die Hitze war erdrückend. Doch es interessierte mich nicht. Denn nur eine Person, nahm mein ganzes Dasein ein. Ich, Nimoe. Sie stand schreiend am Rand. Gefesselt an einem Baum. Tränen strömten aus ihren Augen und sie schrie immer und immer wieder einen Namen: Ray!

Die Flammen leckten schon an meiner Kleidung, versengten meine Haut, der Schmerz kam aber noch lange nicht, an den Schmerz in meinen Herzen an. Der Schmerz den Einzigen Menschen zu verlieren, den ich je geliebt habe.

"Nimoe! Ich liebe dich!", und dann überkam mich das Feuermeer, nahm meine ganze Existenz mit sich und löschte mein Leben aus.

 

Zitternd wurde ich wieder in die Realität gerissen. Schluchzend saß ich auf den Boden. Wiegte mich beruhigend hin und her, versuchte dieser Alptraumvision zu entgehen. Es gab kein Entkommen.

"Du bist es wirklich..."

Mit Tränennassen Augen blickte ich hasserfüllt zu der Person, die mir das angetan hat.

"Wieso hast du das getan!"

Ich wischte mir die Tränen aus den Augen.

Ray saß gegenüber von mir an der Wand, auf den Boden.

Er schaute mich nicht an. Blickte an mir vorbei.

"Ist mein Tod so grausam?"

Ich zuckte zusammen. Die Tatsache, dass es so direkt von meiner Gabe wusste, ließ mich erschaudern.

"Du wirst noch dieses Jahr sterben."

Nun, blickte er mich leicht entsetzt an.

Schwankend stand ich auf.

"Ich hoffe, dass diese Aktion, deine sadistische Ader befriedigt hatte."

Er antwortete nicht.

Schaute wieder auf den Boden.

Als ich aus der Kabine trat, traf ich auf eine aufgelöste Grace, die erleichtert aufsprang, als sie mich sah.

"Oh mein Gott, Nimoe! Was hat er getan?! Du hast die ganze Zeit durch geschrien und ich wusste nicht, was ich machen sollte! Hat er dich vergewaltigt?! Ist dieses Arschloch noch da drin?"

Ich musste lächeln. Das sieh sich solche Sorgen gemacht hatte, rührte mich.

Plötzlich schloss sie mich in die Arme und ich versteifte mich erst mal unter diese ungewohnte Geste, doch dann entspannte ich mich und erwiderte sie sogar.

"Es tut mir so leid, dass ich immer so schrecklich zu dir gewesen bin. Ich hasse mich so dafür! Ich will das unbedingt wieder gut machen, Nimoe!"

"Du musst nicht aus Schuldgefühlen mit mir rumhängen", meinte ich leicht traurig.

"Nein! Versteh mich nicht falsch! Ich will dir einfach mal eine Chance lasse und eigentlich glaub ich, dass ich genau die Richtige Freundin für dich bin!"

In diesem Moment wussten wir beide noch nicht, wie wichtig unsere Freundschaft werden konnte.

 

Vielleicht war es genau das, was mir auf der Schule gefehlt hatte. Eine Freundin. Eine Stütze. Jemanden der wirklich zu einem Hält...okay, ich glaube das Thema vertiefe ich jetzt nicht, bevor ich noch so was wie: In guten Zeiten wie in Schlechten Zeiten, laberte. Aber für alle die wussten was ich meinte, wahre Freunde sind schon was Besonderes. Nicht, dass meine anderen Freunde keine wahren Freunde währen, aber mit ihnen gab es eben nur die schlechten Seiten im Leben. Die Seiten, die erfüllt sind mit Drogen, Problemen und Sorgen. Dort lebte Jeder sein eigenes Leben.

"Hey Nimoe, willst du jetzt eigentlich zu mir kommen?"

Zaghaft drehte sich Grace zu mir um und lächelte. Wir packten grad unsere Sachen ein, da es Schulschluss war.

"Klar", sagte ich ehrlich überrascht.

Sie nickte erleichtert und nahm meine Hand, um mich wie sie es heute schon so oft getan hatte, hinter sich her zu schleifen.

Nun ja...sie schliff mich hinter sich her...ins Ungewisse.

 

"Noch mal für die Leute, die mit nem Brett vorm Kopf durch die Weltgeschichte spazieren, also für Leute wie mich...HIER WOHNST DU?!", schrie ich entsetzt und zeigte auf eine riesige Villa, die ich aus der getönten Scheibe, der Limousine betrachten konnte.

"Weiß du, du bist die erste, die so reagiert", meinte Grace und streckte ihre unendlich langen Beine aus.

Ich wandte mich ihr ganz zu.

"Wie meinst du das?"

"Die Andere fingen sofort an über Partys und Geld zu reden."

"Man kennst du beschissene Leute."

"Tja, Menschen die Nancy heißen und in unsere Stufe gehen, denken eben nur an so was."

Ich schüttelte den Kopf.

"Und mich nennt man schlechten Umgang", murmelte ich, bevor ich wieder an der Scheibe klebte, um mir das Haus genauer anzusehen.

Weiß, riesige Fenster, mehre Balkone, davor ein Traumhafter Rosengarten mit Hecke, Einfahrt, Tiefgarage, Brunnen,...

Die Limousine hielt direkt vor der weißen Flügeltür, die nur durch eine Treppe erreicht werden konnte, an.

Ein junger Mann in Arbeitsuniform öffnete die Tür.

"Das Nimoe, das ist meine Welt", meinte Grace, jedoch zierte kein einziges Lächeln ihre Lippen, als wäre sie grad in ein Gefängnis und nicht in eine Traumvilla abgeliefert worden.

Anscheinend war ich nicht die einzige mit Geheimnissen.

An mir vorbei stieg Grace heraus, anmutig wie jemand, der nur hier wohnen konnte, jedoch mit einem gequälten Gesichtsausdruck.

"Mutter", rief sie.

Mutter? Ungelenkig hinkte ich hinter ihr raus, der uniformierte junge Mann, verkniff sich ein Lachen und ich warf ihm ein böses Gesicht zu, was ihn nur noch mehr zu Belustigen schien.

Als ich mir die gefärbten Haare aus dem Gesicht schob, sah ich eine schlanke Frau mitten auf der Treppe stehen.

Ein unbehagliches Gefühl beschlich mich.

Die Frau trug in graues Kostüm, ihre blonden Haare, hatte sie sich streng nach hinten, zu einem Dutt gekämmt.

Ihr Gesicht ausdruckslos.

Grace ähnelte ihr sehr. Doch es gab einen gewaltigen Unterschied. Grace wirkte Jung, Munter und Warm.

Die Frau wirkte hingegen Farblos, Kalt, ja schon fast kränklich blass.

"Wer ist diese unsägliche Person?", fragte sie, ohne Jemand anderen anzugucken als Grace.

Natürlich war mir sofort klar, dass nur ich damit gemeint sein konnte. Wer sonst?

Und ich fühlte mich sofort persönlich Angegriffen.

War ich es noch nicht mal Wert, einen Blick ab zubekommen?

Nicht mit mir!

"Mit ihrer Frage, könnten Sie sich auch gleich an mich wenden, statt mich als unsägliche Person abzustempeln", meinte ich trügerisch freundlich zu ihr.

Sie blinzelte verwirrt, ehe sie mich mit einem bohrenden Killerblick mustert.

"Grace? Ich erwarte immer noch eine Antwort von dir? Und wo ist Nancy? Sie war doch immer so ein nettes Mädchen gewesen", wandte diese Rabin sich wieder Grace zu.

Ich war kurz davor zu kotzen. Nett? Nancy? Elende Arschkriecherin!

Grace straffte die Schultern. Ihre Augen nahmen einen Gefühlskalten Ausdruck an.

"Es geht dich nichts an, wen ich zu mir einlade. Das ist Nimoe. Sie ist eine wahre Freundin, nicht so wie Nancy, die nur hinter meinem Geld her ist, Mutter", das letzte Wort stieß sie verächtlich zwischen den Zähnen hervor.

Ich hatte das Gefühl, das es gar nicht mehr um mich ging.

Diese Angelegenheit war tiefer verstrickt.

Plötzlich flammte Zorn im Blick der Rabin auf.

"So redest du nicht mit mir, Fräulein! Das ist mein Haus..."

Weiter kam sie nicht, Grace unterbrach sie, mit einer noch stärkeren Lautstärke.

"Nein, dies ist MEIN Haus!"

Das war es einen Moment Still. Die Ruhe vor dem Sturm.

Und dann war es eine verschwommene Bewegung. Nur das laute Klatsch Geräusch war dafür umso mehr zu hören.

Grace mit einem roten Handdruck auf der Wange, starrte die Rabin entsetzt an. Die Rabin noch mit erhobener Hand.

"Wag es nicht noch einmal so mit mir zu reden!"

"Wie konntest du nur..."

Ich zuckte innerlich zusammen. Die Schläge die mein Vater mir immer gegeben hatte, kamen wieder in mir hoch. Jeder Augenblick. Nein!

Ich wischte die Erinnerungen ungeduldig weg.

"Sie!", sagte ich und trat vor die Rabin.

Sie starrte mich an, schien sich jetzt erst wieder an mich erinnert zu haben.

"Haben Sie ein Glück, dass Sie meinen, Sie können Jeden schlagen, ohne zurück geschlagen zu werden! Irgendwann fallen sie damit aber ziemlich auf die Fresse! Und dann, Oho Gnade ihn Gott! Denn vielleicht mag sie sich ja jetzt noch nicht zu wehren, aber Irgendwann wird sie es ganz bestimmt tun. Und dann wünschten Sie sich, Sie hätten es nie getan!"

Dass ich dabei aus persönlicher Erfahrung sprach, behielt ich lieber für mich.

Kurz flackert es so etwas wie Angst in ihrem Blick auf, der Ausdruck verschwand aber genauso schnell, wie er gekommen war.

"Halt du dich daraus! Du...", anscheinend fand sie kein Schimpfwort, was schlimm genug für mich war.

"Ich was?! Und Kindesmisshandlung geht Jeden etwas an! Ungerechtigkeit auch! Sie haben nicht das Recht, ihr Kind zu schlagen, nur weil sie kein Argument mehr besitzen! Denken Sie ernsthaft, damit verschaffen sie sich Respekt?! Nein, dadurch werden Sie nur noch mehr verachtet! Eine Frau, die nicht weiß wie man mit einem Kind umgeht, schlägt es! Und da Sie anscheinend nicht damit zurechtkommen, wenn Jemand anderes als Sie Recht hat, und es deswegen schlagen, sind Sie für mich die gleiche Schande, wie ich in ihren Augen!", schwer atmend funkelte ich sie an.

Und sie? Ich glaub, sie war das erste Mal in ihrem Leben richtig sprachlos.

"Das wird Konsequenzen haben! Ich könnte mit nur einem Fingerschnippen, deine ganze Existenz auslöschen. Ich besitze mehr Macht, als du dir vorstellen kannst und ich habe mehr Kontakte, als du Leute kennst", zischte sie.

Ich glaubte ihr sofort. Wenn sie wollte, könnte sie dafür sorgen, dass ich das Land verlassen müsste.

"Es Reicht Mutter! Wag es auch nur etwas gegen sie zu tun und ich werde dafür sorgen, dass es das letzte war, was du tust."

Ich starrte Grace an. Purer Hass schimmerte in ihren Augen auf.

Die Rabin lachte kalt auf.

"Ach ja! Und wie wirst du das bitteschön anstellen wollen?"

Grace ließ sich nicht einschüchtern und wartete etwas mit ihrer Antwort.

"Ich habe Beweise, dass du bei der Wahl mehr als nur unfair geschummelt hast."

Die Rabin erstarrte, schien innerlich stehen zu bleiben.

Die Zeit verstrich, schien mühselig dahin zu tropfen, bevor die Rabin ihr Züge wieder unter Kontrolle brachte.

"Das würdest du nicht wagen!"

"Wer weiß? Tust du Nimoe was, wird es dein Untergang sein. Tust du ihr nichts, wird dein Geheimnis nie Jemand erfahren."

Die Rabin keuchte auf.

"Das wäre Erpressung!"

"Womit du dich ja wohl am Bestens auskennst! Nicht wahr? Nicht wahr, Mutter?!"

"Das wirst du bereuen!", stieß sie hervor, bevor sie sich umdrehte und auf wackligen Beinen ins Haus stolzierte.

"Ich kann‘s kaum erwarten!", schrie Grace ihr noch hinterher, währen ich der Rabin nur den Mittelfinger zeigte.

Was soll ich sagen? Ich bin durch und durch ein Gossenkind und ich steh dazu.

 

Vielleicht sollte es jetzt noch nicht sein. Vielleicht auch nicht später. Wahrscheinlich überhaupt nie. Aber nachdem ich Jeden einzelnen Raum gesehen, das ganze Personal kennen gelernt, alles genaustens Betrachtet und meine ganze fragen gestellt hatte, musste ich einfach mit dem Thema anfangen. Das Thema, welches sich so Dramatisch draußen auf der Treppe ereignet hatte.

Seufzend setzte Grace sich auf ihr Bett, während ich auf ihrem Sessel hockte, und auf meiner Unterlippe kaute.

"Fang an."

"Womit?", fragte ich.

"Komm schon! Ich sehe doch, wie sehr dich das beschäftigt. Verübeln tu ich es dir nicht...also stell deine Fragen. Ich werde antworten. Aber im gegenzug, erwarte ich auch von dir, dass du auf Jeder meiner fragen antworten wirst. Machst du es?"

Ich setzte mich auf, dachte nach. Was konnte schon passieren?

"Einverstanden. Ich fange an. Wieso hasst du deine Mutter so?"

Auch sie setzte sich auf. Starrte gedanken verloren an die gegenüberliegende Wand.

"Sie ist grausam, ungerecht und hart. Bestraft gerne unsere Angestellten", jetzt schaute sie mich direkt an, "Einmal hatte ein Küchenmädchen das Fleisch zu roh gelassen und ihr vorgesetzt. Du kannst dir nicht vorstellen was das für ein Theater war. Drei Tage später musste das Küchenmädchen das Land verlassen, ihre restliche Familie blieb hier", wusst ichs doch! SIe konnte so etwas tun...,"Danach kam sie zu mir und meinte, so müsste man mit Abschaum umgehen...Joel hatte sie gehasst! Er hatte es so schwer mit ihr gehabt", kleine Tränen füllten ihre Augen, "Als er Tod war, hatte sie sich gefreut! Verstehst du? Gefreut!", ihr Kopf sackte in ihre Hände und ich vernahm einen unnbändigen Hass auf diese abscheuliche Person, die meinen Bruder gehasst hatte.

"Der andere Grund wäre wohl", schniefte Grace, "Das ich nicht ihre Tochter bin. Ich bin die Tochter ihrer Schwester. Und sie hält mir immer wieder vor, wie dumm sie gewesen sein. Dumm und einfältig. Dabei war meine Mutter ein endlos Freundlicher und netter Mensch gewesen! Immer wenn ich an sie denke, sehe ich sie lächeln. ich war fünf, als sie gestorben war. Ermordet. Ermordet von der der eigenen Familie. Und nur, weil sie sich abgewandt hatte! Ein anderen geheiratet hatte! Ein glückliches Leben hatte!", schlurchzend barch sie auf dem Bett zusammen.

Und in diesem Moment wurde mir etwas klar. Egal wie gut du meinst einen Menschen zu kennen, es gibt immer etwas großes, was du nicht weißt. Was du meistens auch nie herausfinden wirst. Jeder Mensch hat Geheimnisse. Manche sind groß, manche klein. Es kommt nur immer darauf an, was du mit ihnen machst. Grace hatte in diesem moment, ein Geheimnis weniger. Doch wie viele hatte sie noch übrig? Und, wollte ich diese überhaupt wissen?

 

Es war merkwürdig. Freunde meinten immer, sie müssten sich alles erzählen und werden sauer, wenn sie ein Detail herausfinden, was sie noch nicht kannten. Doch ist es nicht Beraubung? Beraubung der Geheimnisse? Dinge, die man ungern Jemand anderen mitteilt und es vielleicht auch nur tut, um sich nicht mehr so allein damit zu fühlen.

Ich wollte Gace nichts mehr fragen. Wenn, sollte sie es mir von sich aus sagen und nicht, weil ich sie dazu auffordere.

"Du bist drann", meinte ich mit rauer Stimme und versuchte nicht Grace anzuschauen, die krampfhaft versuchte ihre Tränen zurück zuhalten.

Sie atmete tief ein, bedachte mich mit ruhigen Augen. Schien abzuwägen.

"Was meinte Ray damit, als er sagte, du seist verflucht?"

Knallhart und direkt.

"Woher weißt du das?", flüsterte ich.

Sie blickte mich starr heraus an.

"Ich stand schon ne ganze Weile dort im Türrrahmen."

Ich schluckte. Schloss die Augen. Ließ alle Erinnerungen zu mir heran.

"Glaubst du an Märchen? An Dinge, die nicht existieren? An Übernatürliches?"

Es herrschte eine Weile Stille. Ich ließ meine Augen dennoch geschlossen. Es schien, als hätte Grace eine freche Antwort runter geschluckt und würde erntsthaft darüber nach denken.

"Ich denke, es gibt durchaus Dinge, von denen ich nichts weiß. Unsere Welt steckt voller Überraschungen und hat mir immer und immer wieder gezeigt, dass auch die Unmöglichsten Dinge wahr werden können. Warum sollte es denn dann auch nichts Übernatürliches geben?", meinte sie und ich war ungemein stolz auf sie, ließ mir aber nichts anmerken.

"Gut. Dann mach dich auf was gefasst. Meine Geburt war schwierig. Sehr schwierig. Meine Mom kam beinahe, dabei um. Doch sie schaffte es und ich kam zur Welt. Alle waren glücklich und ich war Kerngesund. Ich war ein ruhiges, hübsches Baby und meine Mom war überglücklich", ich machte eine Pause, atmete tief ein,"tja, das hielte dann eine Woche lang. Sieben Tage Glück. Darauf folgten leider Sieben Tage Ünglück. Ein wahrer Albtraum. Denn nach diesen Sieben  Tagen des vollendeten Glücks, folgten Probleme. Am Achten Tag fingen sie an. Meine Mom, guckte Morgens nach mir und ich lag auch in der Wiege...doch leider, war ich Tod."

Grace quietschte auf, doch ich hielt weiterhin die Augen geschlossen. Versuchte das die Bilder der Erinnerungen mir nicht entglitten. Mich aber auch nicht zerstörten.

"Meine Mom weinte um mich, schien innerlich zerstört und wusste nicht was los war. Denn anscheinend war ich an einem Herzfehler gestorben. Doch wieso hatte das niemand vorher sehen können? Ich sag es dir. Weil es vorher gesehen war. Es sollte so sein. Meine Mom weigerte sich, meine Leiche abzugeben, behielt sie und legte sie wieder in das Kinderbett, inder Hoffnung das der ganze Albtraum, nur Einbildung war. Doch auch am Achten Tag rührte sich nichts bei mir, denn ich war ja Tod. Sie weinte und vergrub den Kopf in  ihren Händen. Selbst der kleine Joel weinte. Doch als meine Mom den Kopf hob, war noch eine andere Person im Raum, eine Person, die mich zärtlich betrachtete und sanft streichelte. Sie ist der Grund. Der beschissene Grund! Denn sie hat mich sterben lassen! Diese Hexe!", ich knurrte und Zorn stieg in mir auf. Ich versuchte ihn zu unterdrücken und Grace zuliebe die Geschichte weiter zu erzählen, "Sie heißt Noita und als ich Hexe sagte, dann meinte ich auch Hexe. Nicht als Beschimpfung, sondern...weil sie eine ist. Sie erzählte meiner Mom, dass sie mich auserwählt hätte. Ich sei einer ihrer Perlenträgerinnen. Das heißt, unter allen Neugeborenen sucht sie sich immer den Stärksten und derjenige, bekommt dann eine Gabe. Wird diese Gabe jedoch nicht akzeptiert, stirbt das Kind entgültig. Das heißt, meine Mom hatte die Wahl, entweder, ich würde für immer Tod bleiben, oder sie würde mir die Gabe antun. Aber natürlich gab es einen Haken. Es gibt immer einen Haken. In Geschichten, wird erzählt das du, wenn du einen Pakt mit dem Teufel schließt, deine Seele geben musst. Ich musste ihr mein Herz geben. Anstatt meines Herzens schlägt die Perle in mir. Hält mich am Leben. Und die Hexe könnt dies Jederzeit beenden. Meine Mom ging den Pakt ein, ohne zu wissen, was meine Gabe war."

Man hörte, unten Bedienstete befehle rumbrüllen und ein Auto fuhr davon. Grace sagte nichts.

Ich blickte sie auch nicht an. Hätte ihren ungläubigen Gesichtsausdruck nicht verkraftet.

"Und was genau ist deine Gabe?", ihre Stimme zitterte leicht und nun starrte ich sie doch an.

"Du glaubst mir das?"

Sie hielt ihr Kissen umklammert und nickte entschlossen.

"Natürlich. Warum hättest du mich auch belügen sollen? Außerdem ergibt jetzt vieles auch einen Sinn. Also, was genau ist deine Gabe?"

"Ich kann den Tod anderer Menschen sehen."

Sie zog scharf die Luft ein.

"Du meinst...?"

"Ich meine, eine leichte Berührung genügt und ich sehe die Todvision von demjenigen. Ich verabscheue Meschenmengen", den letzten Sazt sagte ih so beiläufig, dass ich schon fast lachte. Aber eben nur fast.

"Krass."

Hä?!

Grace saß da. Seelenruhig  schaute sie mich fasziniert an.

"Ich hasse meine Gabe!"

Sie schüttelte den Kopf.

"Nein, das mein ich nicht. Wir müssen herausfinden was Ray damit zu tun hat. Den anscheinend, weiß er mehr, als er zugibt."

"Er hat gar nichts zugegeben", murmelte ich und kam mir ein wenig verarscht vor, da Grace sich wie Jemand benahm, der Undercover arbeitete.

"Momentmal!", rief ich entsetzt, da mir was auffiel, "was heißt denn WIR?!"

Sie sah mich mitleidig an.

"Ich kann dich ja wohl kaum alleine lassen! Nachher werde ich noch wegen Fahrlässigkeit angezeigt!"

"Wir werden viel eher wegen Öffentlicher Ärgernisse angezeigt, wenn wir Ray vor allen Foltern, weil wir informationen wollen", meinte ich sarkastisch.

"Wer sagt denn, dass wir das vor allen Augen machen müssen", meinte Grace verschwörerisch und schaute dabei wie ein Psychokiller, der aus dem Gefängniss ausgebrochen ist, um seine grausame Rache zu bekommen.  Ich musste lachen und Grace fiel mit ein.

 

Ich lehnte das Angebot von Grace dankend ab, mich nach Hause zu fahren.

Nun hatte ich den Mist. Es war dunkel und ich streifte alleine und verlassen durch mein Viertel. Es ist schon komisch. Da gav es Graces Welt. Hell, Geld erfüllt und Sicher. Und dann gab es da meine: Dunkel, Arm und unsicher. Doch wenn man genauer hinsah unterschieden sich diese Orte gar nicht. In beiden sind wir auf eine Weise unglücklich.

Ich schüttelte den Kopf über meine verwirrenden Gedankengänge und schritt weiter durch die Dunkelheit, die nur leicht von den übrig gebliebenen heilen Straßenlampen erleuchtet wurde.

Obwohl ich eigentlich allen Grund hatte Angst zu haben, hatte ich diese nicht.

Warum auch? Ich bin hier groß geworden. In Probleme hinein geboren.

Als ich grad an eine Gasse vorbei ging hörte ich ein Geräusch. Besser gesagt eine Stimme. Eine Stimme, die leise meinen Namen murmelte. Maik!

Hastig stürmte ich in die schwarze Gasse. Ein schwarzer Schemen saß zusammen gekauert hinten in einer Ecke. Umgeben von Spritzen!

"Nimoe", wiederholte sie leise flüsternd.

"Ja, ich bin hier!", rief ich und eilte auf ihn zu.

Er zitterte und streckte verzweifelt seine Hände nach mir.

Sein Gesicht ausgemergelt, bleich und tiefe Augenringe zierten es.

Er sah aus wie eine Leiche.

Als ich seine Hand ergriff, fühlte es sich an, als würde ich eine Eisskulptur anfassen. Er war eisig kalt und schweiß bedeckt.

"Komm Maik, ich hol dich hier raus!", sagte ich und versuchte ihn an der Hand hoch zu ziehen, doch er wehrte sich.

"Ich brauche", hauchte er und hustete, eher er weiter sprach, "mehr Drogen."

Ruckartig ließ ich seine Hand los, sodass er zur Seite rutschte und dort liegen blieb.

"Was?!"

Er keuchte und wandte sehr viel Karft auf, um sich zu mir umzudrehen.

"Ich brauche das! Sonst sterbe ich!"

Ich erstarrte. Mandy erschien vor meinen Augen. Ihr konnte ich nicht Helfen, doch bei Maik war es noch nicht zu spät...oder?

Entschlossen drehte ich mich um. Ich werde nicht noch einen Freund verlieren.

"Warte hier", meinte ich zu Maik, ehe ich mich umdrehte und aus der Gasse sprintete.

Half ich Maik wirklich, indem ich ihm noch mehr Drogen besorgte?

Hastig dachte ich an was anderes.

Wo in Gottes Namen, sollte ich bitteschön jetzt Drogen her bekommen?!

Und wie?!

In spurtete weiter. Die Seitenstiche halfen mir meine wirren Gedanken zu vertreiben. Jetzt zählte nur noch meine Idee. Meine Idee, die genauso warghalsig war, dass nur ein Idiot sie durchführen konnte. Oder ein sehr verzweifelter Mensch.

Ich musste die Regeln der Familie brechen...was nur meinen Tod bedeutete, falls es raus kam. Falls es schief ging. Doch auf was anderes konnte ich mich nicht verlassen. Maik brauchte meine Hilfe. Jetzt!

 

Ich stand vor dem Haus. Dem Haus, indem ich die Regeln brechen müsste.

Es hatte begonnen zu Regnen und ich stand triefendnass vor einer schwierigen Entscheidung. Die Regeln waren für uns wie die Bibel für manche anderen. Wie an den Glauben des Weihnachtsmannes für Kleine Kinder. Oder wie an den Glauben der wahren Liebe. Sie MUSSTEN einfach eingehalten werden. Ich wiederholte sie leise für mich: " 1.Raube Niemanden, der zur Familie gehört aus.

2. Verrate Niemanden aus der Familie, der Polizei.

3. Akzeptiere das Verhalten der Familie, solange es nicht der Familie

selbst schadet."

Ich musste fast lachen. Als ob diese Regeln, dass Leben hier sichern könnten.

Ja, ich habe dran geglaubt, habe daran geglaubt, dass es nie Jemand wagen würde, diese Regeln zu brechen. Dass ich es selber wäre, hätte ich niemals geglaubt. Ich, die Jedem half, brach die Regeln. Das ich die Regeln für Jemanden brach, um ihm zu helfen. Tja, das Schicksal hasst mich.

Seufzend widmete ich mich voll und ganz meiner Aufgabe und versuchte die Konsequenzen meines Verhaltens zu verdrängen.

Die Brechstange in meiner Hand, rutschte mir fast aus meinen schwitzigen Fingern, ich umklammerte sie nur noch fester.

Langsam schritt ich auf das Haus zu. Kies knirschte unter meinen Sohlen. Eulen gaben ihre Laute zum Besten und es schien, als würde mir die ganze Welt zugucken und den Atem anhalten.

Vor der Tür angekommen, klingelte ich Sturm.

Es war sehr spät und der Mensch, der hier wohnte, schien schon zu schlafen.

Nach endlosen Sekunden des Sturmklingelns wurde oben, im zweiten Stockwerk ein licht angemacht. Das Fluchen, dass darauffolgte, war sogar bis hier unten zu hören.

Mein Herz schlug im Takt, der polternen Schritte, die die Treppe runter stampften.

Falls mein Plan schief ging, war alles verloren. War mein ganzes Leben verloren. Jetzt wo ich doch grad mit Grace auskam. Ich wog die Brechstange in meiner Hand nooch einmal ab.

Dich Tür wurde geöffnet, mein Herz setzte kutz aus, ehe es mit doppelter Geschwindigkeit witer schlug und ich registrierte, dass man sich bereits so sicher fühlte, das man noch nicht mal die Tür abschloss.

Der Mann der vor mir stand, hatte noch nicht einmal genügend Zeit, mich richtig zu Bemerken. Denn schon sauste meien Brechstange auf seinen Kopf. Ein keuchendes Geräusch, dann ein fürchterliches Knacken. Blut spritzte, doch ich schlug weiter. Ich konnte kein Risiko eingehen, konnte nicht verantworten, dass er noch lebte.

Tränen kullerten meinen Wangen hinunter, während ich so lange auf seinen Schädel einschlug, bis es nur noch Brei war. Gehirnmasse lag verstreut in dem Eingangsbereich, ich selber Blutbespritzt. Heulend ließ ich die Brechstange fallen, ehe ich sie nach draußen in den Regen schleuderte, dann schloss ich langsam die Tür und übergab mich in einer auf einem kleinen  Holztischchen stehenden Vase.

Ich wischte mir den Mund ab und drehte mich langsam um. Ich konnte nur hoffen, dass es keine Bettgenossin oben liegen hatte.

Das Gefühl der Übelkeit stieg wieder in mir auf, als ich wieder auf die zerstümmelte Leiche blickte.

Ich schloss die Augen und dachte an Berge. Fragt mich nicht, warum ich grade an Berge dacht, aber wenn ich mir vorstellte ich würde auf der Spitze eines riesigen Berges stehen, ins Tal blicken, den freien Himmel über mich haben und tief die frische kühle Luft inhallieren, ging es mir immer sofort besser.

Langsam öffnete ich wieder die Augen, versuchte nicht auf den boden zu gucken und maschierte zielstrebig in den Raum neben an. Das WOhnzimmer war Protzig und Angeberisch gehalten. Doch ich konnte mich nicht um die Teure einrichtung kümmern, schließlich suchte ich was anderes. Ich hatte mal von ihm persönlich gehört, dass es sein Zeug gerne im Wohnzimmer versteckte. Also, wo war es?

Ich durchwühlte alles, wirklich alles. Doch es war nicht da.

Wütend schnappte ich mir einen Bieföffner und zerschlitzte damit die Sessel und Sofas, bis das innere herauquoll. Auch dieses durwühlte ich verzweifelt.

Ich musste wieder an Maik denken, und wie er dort in der Gasse lag.

Wo waren diese verdammten Drogen!

Schweratmend hielt ich zitternd den Brieföffner in der Hand, bevor ich ihn mit aller Wucht, wie einen Dartpfeil, gegen die gegenüberliegende Wand schmetterte.

Verzweifelt ließ ich mich auf den Boden sinken und nahm meinen Kopf in beiden Händen.

Es war alles Still. Als wäre ich die Einzige Person auf diesem Gottlosen Planeten!

Mein Atem ging zu laut, mein Herz pochte zu schnell.

Plötzlich horchte ich auf. Ein Auto näherte sich dem Haus. Kies knirschte und die Scheinwerfer leuteten kurz hier rein. Das Motorgeräusch schnurrte sanft. Scheiße!

Ich sprang auf die Füße und wollte schon aus dem Zimmer eilen, als ich etwas sah. Den Brieföffner, den ich vorher weg geworfen hatte, hatte ein Loch in der Wand freigegeben. Es ist gegen die Tapete geflogen, zeriss es...doch dahinter war keine Wand. Ein Loch eben, bevor sich dahinter eine hauchdünne Wand, als Außenmauer bakannt gab. Warum fehlte dort, die Wohnzimmerwand? 

Das Auto schon fast vergessen, schritt ich langsam zu dem Loch. Ich spähte hiein.

Dort lag eine Plastiktüte. Ich fischte in das Loch und zog die Tüte heraus. Staub rieselte herab. Ich öffnete sie. Kleine Tütchen lagen darin. Viele Tütchen. Tütchen gefüllt mit Drogen!

Innerlich jubelnd drehte ich mich um und schrie fast erschreckt auf. Zwei Männer kamen ins Haus. Sie haben mich noch nicht ganz entdeckt, da ich im Wohnzimmer das Licht nicht angemacht hatte. Doch sobald sie das Licht anmachten, würde das Licht, durch die sperrangelweite Tür fallen...und somit direkt auf mich.

Einer der Männer fluchte und versuchte seinen Schuh irgendwo abzuwischen.

"Mach mal das Licht an! Ich bin Irgendwo hinein getreten!", fluchte der Eine und ich zuckte zusammen. Diese Stimme gehörte niemand anderen als...Ray.

Der andere lachte.

"Ja, einem Moment, cih suche ihn."

WAS?! Nein!

Wenn die wüssten, dass Ray ind er Gehirnmasse von Don stand.

Don, dem, Chef von unserem Viertel. Demjenigen wovor jeder Angst und Respekt hat...hatte. Ich habe ihn ja umgebracht...

Panisch suchte ich nach einem Ausweg. Doch es gab keinen, den ich geräuschlos hätte verlassen können. Die Panik wuchs und mir wurde schwindelig, mein Herz klopfte so schnell, dass ich nicht hätte sagen können, wann der Herzschlag aufhörte und wann er anfing.

Doch dann kam das Entgültige Geräusch und ich sprang hinter ein zerfetztes Sofa.

Das Licht wurde angemacht.

"Oh mein Gott! What the fuck?! Ich stehe in Hirnmatsche!"

Es war fast lustig. Doch ich glaube kaum, dass jetzt die Richtige Zeit zum Lachen war.

"Was kümmert die die Hirnmatsche! Das ist Don!"

"Ich würd eher sagen, es war Don, Kumpel."

"Ray! Hör auf Witze zu reißen. Das ist eine..."

"Eine echt eklige Situation?"

"Ray!"

"Schon gut man. Ich weiß das wir knietief in der Scheiße stehen...ich meine in Gehirnmatsche."

"Du tust es schon wieder!"

"Stimmt Sorry. Aber ich kann einfach nicht aufhören, den Typen hab ich noch nie gemocht."

"Was machen wir denn jetzt? Und vor allem...WER WAR DAS?!"

Stille.

"Ich glaub derjenige ist noch hier."

Ich hätte nie gedacht, dass Ray hier war. Geschwege denn, dass es mich gleich finden würde.

"Stimmt. Und dann geben wir demjenigen eben deiner Großmutter. So sind wir aus dem Schneider."

"Wir werde nie ganz aus dem Schneider seien..."

Ich schaltete das Gespräch zwischen den Beiden ab. Es gab nur eine Möglichkeit. Und für diese Möglichkeit musste ich kurz ins Licht treten und hoffen, dass sie mich nicht sahen.

Die Tüte fest an mich gepresst, robbte ich über dem Boden und hielt Ausschau nach einem Brauchbaren Gegenstand. Auf dem Schreibtisch entdeckte ich eine kleine goldene Skulptur.

Ein Blick über die Schulter, verriet mir, dass die Beiden noch heftig diskutierten. Idioten!

Rays Lippenpiercing schimmerte leicht in dem Flurlicht und ich überlegte gerade, warum ich das gerade erntshaft Gedacht hatte. Egal, schnell wandte ich mich wieder meine Aufgabe zu. Hastig sprang ich kurz auf, schnappte mir die Statur, wofür ich für die Beiden sichtbar wurde und hoffte, dass sie es nicht bemerkten. Schnell ließ ich mich wieder auf dne Boden fallen.

Doch leider entstand dabei ein lautes dumpfes Geräusch. ich hörte, wie das Gespräch verstummte. Fuck!

Schritte näherten sich langsam und ich wusste, dass es sich nur noch um Sekunden handelte, indenen ich entdeckt werden konnte. Also entweder jetzt, oder nie.

Ich sprang abermals auf und schleuderte noch bei Sprinten, die Skulptur gegen das Fenster. Es zerbrach in tausend Scherben und hinterließ dabei ein Ohrenbetäubenen Laut. Ray, sein Freund und ich hatten ungfähr den gleichen Weg zum Fenter, was hieß: Möge der schnellere gewinnen!

"Was zum...?", murmelte Rays Freund, als er mich sah und blieb erstaunt stehen.

Doch Ray reagierte schneller. Er hechtete los und näherte sich mir und meinen Ausweg fiel zu schnell.

"Ray Black! Verschwinde!", keuchte ich.

Das alles ging in Sekundenschnelle und machte die ganze Situation noch unwirklicher.

Ich war eine Sekunde vor ihm am Fenster und sprang, nur Millimeter von seiner nach mir greifenden Hand entfernt.

Die sptzen noch im Fenster steckenden Scherben, zerissen meine Haut, durchstießen sie und ich schrie schmerzerfüllt auf. Tränen füllten wieder meine Augen und als ich weiter rannte, wusste ich, dass mein Blut am Fenster klebte.

Meine Arme und Beine brannten genauso wie meine Lunge.

Ich hörte meien Verfolger ins Auto steigen. Doch nur eine Autotür wurde zugeknallt. was hieß, dass einer von ihnen Auto fuhr...under andere weiter hinter mir herrannte.

Ich wagte keinen Blick über die Schulter, presste die Tüte noch enger an meien Brust und rannte durch die Dunklen, verlassenen Straßen. Die Tränen nahmen mir die Sicht und ich hasste sie dafür. Denn dank ihnen geriet ich ins Stolpern und fiel der Länge nach auf den Boden. Meine sowieso geschändigten Kniee schlitterten über den Asphalt und ich verlor die Tüte, die weiter rutschte. Der Gedanke einafch hier liegen zu bleiben, war verlockend. Wenn Mandy vorher nicht gestorben wäre, würde ich wahrscheinlich auch liegen bleiben. Würde mich nicht für die näher kommenden Schritte interessieren, auch nicht für das Motorgeräusch, was uns in dieser Nacht zwishcne den Gassen suchte.

Doch Mandy war gestorben! Mühsehlig rappelte ich mich auf, wobei ich die Zähne fest zusammenbiss, um nicht laut loszuschreien und humpelte zur Tüte, die ich langsam aufhob.

Die Schritte verstummten. Er stand direkt hinter mir. Ich wusste es.

"Nimoe White. Du solltest aufgeben."

Ich drehte mich langsam um, seine Augen weiteten sich einen Augenblick, als er mich warnahm, doch es war nur ein kurzer Augenblick.

So stand ich hier. Mit zerissener Klaiedung, die Blutbespritzt war. Meine Beine Blutüberströmt und meine Arme zerkrazt, teiltweise steckten noch einzelne Scherben drinn. Ich hielt die Tüte fest umklammert, tränen zierten mein dreckiges Gesicht. Mein Haare zerstrubbelt. Doch mein Blick, hochmütig, Stolz und fest. Ich hatte keine Angst vor ihm.

"Sollt ich das?", meinte ich kalt und versuchte so gut es ging die Schmerzen zu ignorieren.

Schon komisch. Doch Heute morgen hatten wir uns gesehen. Und jetzt schien, als wären Jahre vergangen.

Er kam einen Schritt auf mich zu. Ich wich nicht zurück. Blieb starr und stark stehen. Beobachtete ihn nur argwöhnisch.

"Wieso rennst du nicht weg?"

"Hätte ich den eine Chance?"

"Wahrscheinlich nicht."

Wir musterten uns beide gegenseitig wie zwei angriffslustige Löwen.

"Du hast ihn umgebracht."

"Vielleicht."

"Warum?"

"Was geht dich das an?!", fauchte ich und knurrte.

"Was willst du von mir?!"

Er blieb stehen, hörte auf mich zu umkreisen, schien zu überlegen.

"Ich weiß es nicht."

Ich erstarrte und kurz flackerte so etwas wie Schmez in seinen Augen auf. Doch schnell setzte er wieder sein so gekonntes Pokerface auf.

"Lass mich gehen", meinte ich plötzlich müde. Ich war am Ende meiner Kräfte und hatte keine Lust mehr.

"Warum sollte ich?"

"Damit ich diese Drogen Jemanden geben kann, der ohne sie Sterben würde."

Und mit diesen Worten drehte ich mich einfach um und schritt weiter.

"Was machst du, wenn er stirbt wie deine Freundin, an einer Alkoholvergiftung?", schrie er mir hinterher und ich bleib ruckartig stehen.

"Woher...?"

"Weißt du, du erzählst einem viel, wenn du Betrunken bist und man dich vor einer Vergewaltigung beschützt!"

Von diesem Moment an, begann ich Ray zu hassen.

Ich humpelte weiter, ließ ihn meine Tränen nicht sehen und brach an der nächsten Häuserecke flennend zusammen. Es gibt eben Dinge, die auch mir weh tun. Das er diese Dinge weiß, ist das Problem.

 

Ich weiß nicht, wei spät es war, oder wir früh.

Auf Jedenfall kam ich irgendwann bei Mike an. Mike der genauso in der Gasse lag, wie ich ihn verlassen hatte. Schnell humpelte ich mit der Tüte zu ihm.

"Nimoe? Hast du was?", seine Stimme, klang wie die eines alten Mannes.

Ich nickte, bückte mich und drückte ihm die Tüte in die Hand. Er lachte auf, als er hinein schaute und  begann sofort damit die Tütchen aufzureißen, wobei er sorgsam darauf achtete nichts zu verschütten. Dann inhallierte er.

Er beruhigte sich, schien etwas mehr Farbe zu bekommen.

Dann nahm er noch ein Tütchen und noch eins.

"Hey, das reicht!", meinte ich und wollte ihm die Tüte wieder abnehmen, doch er knurrte und biss in meine Hand, wie ein tollwütiger Hund.

Ruckartig nahm ich meine schmerzende Hand weg. Wie ein Tier saß er da, beschützte die Tüte mit seinem Leben und wusste nicht, dass es genau das war, was diese Tüte wollte. Sein Leben. Gierig riss er eine Tüte nach der anderen auf, wie ein Alkoholiker, der nach einer Flasche nicht mehr aufhören kann.

"Gib mir die Tüte!", schrie ich und versuchte abermals, sie ihm zu entreißen, diesmal war ein Biss mehr als eine Warnung. Es knackte schrecklich und blute floss.

Ich starrte meine gebrochene hand an, dann meinen Freund. Ich hatte alles nur noch schlimmer gemacht. Entsetzt über die Tatsache, dass sich heute nichts gelohnt hatte, machte ich auf den Absatz kehrt und rannte nach Hause. Rannte die Straße entlang und hoffte, dass er nicht sterben wird. Denn mehr als Hoffen, blieb mir nicht.

 

Total Zerstreut und verwirrt, kam ich zuhause an. Blutverkrustet und Dreckig. Doch eine Tatsache machte mir Angst. Die Tatsache, dass ich Jemanden ungebracht hatte...und es nicht bereute. Ich bereute es nich ein Menschen Leben ausgelöscht zu haben. War ich nun schon so verdorben? Ich schahltete das Licht nicht an, als ich ihn Badezimmer humpelte. Erst dort schaltete ich das Licht. Ich zuckte kurz zusammen, als sich das Licht in meine Netzhaut brannte. Dann trat ich zum Spiegel. Meine Gesicht war blass und die tifen Augenringe, machten es nur noch gruseliger. Blutspritzer waren überall um die Nase rum verteilt. Meine Augen sahen endlos traurig aus. Meine Haare waren dreckig, verfilzt und zerstrubbelt.

Seufzend öffnete ich neben dem Spiegel unser Badezimmerschränchen und holte eine Pinzette, Desinfektionsmittel und ein Tuch heraus.

Ich setzte mich auf den Badewannenrand und schraubte mit Grimmigemausdruck die Flasche auf. Dann kippte ich etwas von dem Inhalt auf das Tuch und versuchte dabei, so gut es ging meine gebrochene Hand nicht zu benutzen. Dann hob ich mein Bein hoch und legte es neben mir auf den Badewannenrand. Ich untersuchte sie auf Splitter und Steinchen. Im Knie steckten welche. Mit der Pinzette zog es sie mir heraus. Den Schmerzenschrei unterdrückend tupfte ich mein Knie anschließend mit dem Tuch ab. Es brannte höölisch und trieb mir die Tränen in die Augen. Meine Hand krampfte sich zusammen und ich versuchte die Schmerzen zurück zuhalten. Alles nur wegen Drogen! Wer kam überhaupt auf die behinderte Idee, sie zu entdecken?!

Als der Schmerz etwas verebbte, nahm ich mir meine Arme vor, indenen immer noch Scheibenscherben steckten. Die Pinzette rutschte von den großen Stücken ab und ich legte sie frustriert beiseite. Dann riss ich sie mir mit meinen Händen heraus. Blut quoll aus der Wunde und ich musste dieses verfahren mehr mal anwenden. Die Tränen tropften heiß auf mein Handgelenk, dass solangsam Blau anlief. Den Schrei, den das Desifetionsmittel hervor rief, als ich es auf die Wunden tupfte, konnte ich nicht zurückhalten.

Zitternd stand ich auf, neues Blut lief an mir herunter. Ich hinkte zum Schrank zurück, legte die Pinzette und das Fläschchen zurück, den Blutdurchtränkten Lappen, schmiss ich den Wäschekorb.

Nächstes mal lass ich mich von Grace nach Hause bringen!

Ich zog mich aus. Zog mir die dreckige, an mir haftende Kleidung aus. Schälte mich aus ihnen. Dann stieg ich unter die Dusche. Das Wasser brannte erst fürchterlich auf meiner offenen Haut, doch nach einer Weile ging es. Langsam baute ich wieder meine kühle Fassade auf, versuchte nichts an mich heran zulassen, die Sorgen und Probleme in den Hintergrund zu rücken. Dann fing ich an den Schmutz abzuschrubben, wie Jemand, der versuchte seine schwarze Seele rein zuwaschen.

Und was es das nicht auch? Der Schmutz war das einzige, was Äußerlich noch von dem Mord zeugte. Und ich schrubbte es ab. Schrubbte die Beweise ab, bis sie der Abfluss einzog und ich gereinigt. Doch war es wirklich eine Schuldreinigung.

Mein Gewissen meldete sich nicht. Aber das sollte es doch! Ich sollte doch am Boden zerstörrt sein, sollte große Schuldgefühle haben, doch das einzige was ich fühlte war...nichts.

Und dieses nichts, machte mir Angst. Große Angst. Ich hatte Angst vor mir selber, angst davor, wozu ich noch alles in der Lage war. Und diese Angst war nicht ganz unberechtigt, wie ich leider später herausfinden sollte.

 

Ich träumte schlecht, um ehrlich zu sein, es war ein Albtraum.

Ich befand mich in einer Hütte. Die Einrichtung war ziemlich spärlich. Ein Feuer prasselte und davor befand sich ein Sessel. Ein Sessel mit einer ganz bestimmten Person. Noita drehte sich zu mir um. Ihr Gesicht hässlich und grauenhaft. Die Schatten die der dunkle Raum hervor hob und das Licht von dem Feuer auf Teilen ihres Gesichtes ließen sie wie eine Schauerfigur wirken. Wie die Hexe aus einem Märchen. Ihre Augen blitzten, als sie mich sah.

"Hast du Angst vor mir?", klang ihre Grauenhafte schreckliche Stimme, die immer und immer wieder eine Gänsehaut, bei mir hervorrief, wie Jemand, der über eine Tafel kratzte.

Ich straffte die Schultern und ließ mein Gesichtsausdruckslos wirken.

"Nein. Ich habe keinen Grund dazu, dies ist ein Traum", log ich sehr überzeugend. Ich hatte eine Scheißangst vor ihr.

Sie betrachtete mich und ich hielt ihrem Blick stand, obwohl sich alles in mir dagegen sträubte.

Dann lachte sie und ein zusammen zucken meiens Körpers konnte ich nicht verhindern.

"Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich dir das glauben. Aber ich weiß es besser", sagte sie und stand flüssig auf. Es war beeindruckend das sie so eine Bewegung hinbekam. Denn eigentlich war sie ziemlich breit.

Ihre Gewand, machte kein einziges Geräusch als sie auf mich zukam. Mir wurde kalt, doch ioch zwang mich zur Ruhe. Es ist ein Traum, nur ein Traum, versuchte ich mich zu beruhigen.

Aber ein sehr echter!, schrie meine innere Stimme, als sie vor mir stand und ich ihre dunkle Aura spüren konnte. Die Wellen der Macht die um sie rum schwappten und mich leicht berührten. Ich erschauerte.

"Du hast Angst, Kleines."

Ich ließ mir nichts anmerken, blieb Stocksteif stehen, wie eine Statur und versuchte an was anderes zu denken, als sie ihre trockenen wurstigen Finger nach mir ausstreckte.

Sie kam näher, ließ ihre Hand auf meinen Arm hoch und runter gleiten. Ich dachte an eine Blümchenwiese. In Gedanken zählte ich die Blumen.

"Ich kann deine Angst riechen", hauchte sie mir ins Ohr und ich zog mich zusammen. Nun unterteilte ich die Blumen nach Farbe.

Sie atmete tief ein, zog meinen Geruch durch ihre Nase.

"Du riechst gut Kleine. So frisch...so Lebendig", mein Herz raste und ich finga an Grashalme zu zählen.

Sie schritt um mich rum, streifte mich mal hier, mal da.

"Ich bewundere deine Selbstbeherrschung Kleine. Doch mir kannst du nichts vor machen. Ich bin deine Schöpferin", flüsterte sie gegen meine Schläfe und ich wiederstand dem Impuls sie zu schlagen. Ich ballte meine Hände zu Fäusten.

"Das ist gar kein Traum, richtig?"

Sie grinste bösartig, enblöste dabei, eine reihe verdorrter Zähne.

"Du hast Recht. Ich habe dich gerufen", sagte sie und schritt zu ihrem Sessel zurück. Ich atmete erleichtert aus. Doch dann stockte ich. Das war kein Traum?!

"Was willst du von mir?"

Sie antwortete nicht und ich starrte auf die Rückenlehne des Sessels, ehe ich ihre warzenübersähte Hand sah, die mich zu sich heran winkte.

Vorsichtig schritt ich heran. Stand nun mit dem Rücken vor dem Feuer und blickte in ihr grässliches Anlitz. Sie hatte die Beide übereinander geschlagen und ihre Fingerkuppen aneinander gelengt. Ihr Ellbogn stützte sie an den Armpolstern ab.

Da sie immer noch nicht antwortete, sondern mich wieterhin anstarrte, fragte ich leict wütend weiter.

"Willst du mir Angst einjagen?"

Sie lachte laut auf.

"Zu einfach. Findest du nicht auch? Ich könnte dich in ein Krokodilmaul teleportieren. Ich könnte dir langsam die Haut abschällen, bis ich ans Rohe fleisch komme."

Ich schluckte.

"Was willst du denn?", diesen Satz auszusprechen, fiel mir so viel schwerer, als ich gedacht hatte.

Sie legte den Kopf schief und stützte ihn auf einer Hand ab. Ihre schwarzen, langen Krallenfingernägel blitzen kurz im Schein des Feuers auf. Was nicht grad sehr beruhigend war, aber ich glaube ihre Maniküre war jetzt mein kleinstes Problem.

"Was ich will? Ich will so vieles. Streit, Krieg", ihre Augen glänzten und ich wich automatsch einen Schritt zurück.

"Aber von die will ich was ganz anderes."

Mein Atem setzte kurz aus, ehe ich mich zwang weiter zu atmen.

"Und was?", fragte ich und meine Stimme versagte mir. Meine Hände begannen zu schwitzen und mir war plötzlich unendlich heiß.

Sie setzte sich langsam wieder aufrecht hin und ließ ihre Krallennägel aneinander klacken.

Dieses Geräusch, der immer aufeiander treffenden Nägel machte mich nervös. Ich starrte die Nägel an. Klick, klick, klick. Wie das Schicksal und ich, das unweigerlich aufeiander tarfen...oder wie Ray und ich. Ich schüttelte den Kopf um meine wirren Gedanken zu vertreiben und schaute wieder Noita an, die mich wieder musterte.

"Ich will, dass du für mich Mordest."

Mein Herz erstarrte, schien zu gefrieren und dann in tausend einzelteile zu zerspringen...wie den Spiegel den ich fallen gelassen hatte. Das war mein Herz, mein Leben.

Ich versteifte mich.

"Nie. Im. Leben."

Sie hob eine Augenbraue und Zorn stand ihr in Gesicht geschrieben.

"Ach wirklich?", sagte sie und musterte plötzlich desinteressiert ihre Nägel, "und was gedenkst du dagegen zu tun."

"Nicht auf dich zu hören?", den Satz wie eine Frage klingen zu lassen, war taktisch sehr unklug. Es zeigte, wie unsicher ich war.

"Falsch."

Sie ließ von ihren Nägel ab, schaute mich nun wieder mit einem bohrenden Blick an.

"Soll ich dir auch sagen, warum?"

Meine Kehle war ausgetrocknet und ich nickte langsam.

Ein kleines Lächeln kam auf ihre Lippen und Angst schien mich in eine warme Decke zu hüllen.

"Küss mir die Füße, Nimoe White!"

Der Befehl zuckte durch meinen Körper, schien ihn zu kontrollieren.

Es hallte nur noch ein Statz in meiem Kopf: Küss die Füße!

Es war, als wäre ich nur für diese Aufgabe geboren worden.

Ich sah die Füße vor mir und ich WOLLTE sie küssen.

Ich war kein Zwang mehr, sondern mein sehnlichster Wunsch. Meinen glasigen Augen, entging der höhnische Blick von Noita.

Ich steuerte ungelenk auf sie zu.

Schmiss mich vor ihr auf den Boden, um ja schnell bei den Füßen zu sein. Bei meinen Lebenswunsch. Und dann küsste ich sie.

Plötzlich schien der Schleier von meinem Hirn zu fallen und ich starrte entsetzt auf die Füße, die vor mir lagen.

Verwirrt sprang ich und ekelte mich über mich selbst.

Hastig wischte ich mir den Mund ab und versuchte den Würgreiz zu unterdrücken.

"Du hast keine Wahl, Kleine. Du gehörst mir."

Erstarrt starrte ich sie an. Ich erinnerte mich an den Satz den ich mal zu Ray gesagt hatte: Es gibt immer eine Wahl! Er hatte Recht gehabt, die gibt es nicht.

Meine Entscheidung war schon lange gefallen, meine Wahl. Die Tatsache das ich lebte, war meine Entscheidung. Meine Entscheidung, die jetzt Menschenleben fordern würde.

Sie konnte mich kontrollieren.

"Du wirst Morgen um 21:45Uhr die kleine Emma umbringen."

"Nein", flüsterte ich un tränen füllten meine Augen.

"Oh doch. Viel Spaß!"

Und damit wurde ich aus dem Traum gerissen, aus der Hütte.

Das das erst der Anfang war, konnte ich damals noch nicht wissen. 

 

"Du siehst aus wie ne Leiche."

"Ich fühl mich auch wie eine", gab ich zurück und war kurz davor umzukippen.

Grace und ich schwänzten Schule.

Mein Anblick war ihr Grung genug anzunehmen, das es da was zu besprechen gab. Viel zu besprechen.

Wir waren bei ihr, schlenderten durch den riesigen Rosengarten. Das Wetter war schön angenehm. Es war warm, doch der kühle Wind, machte es zu einer gemütlichen Atmosphäre.

Grace hatte mich bis jetzt noch nicht gedrängt zu erzählen, doch ich wusste wie sehr sie für diese Informationen brannt.

"Woher willst du wissen, wie sich eine Leiche fühlt?"

Ich zuckte die Schultern.

"Ich war doch schonmal Tod."

Sie wandte den Blick, schien sich innerlich selbst zu verfluchen.

"Hey, ist doch nicht schlimm. Du wolltest eben nur nen Witz reißen."

"Ich hätte es aber eben nicht vergessen dürfen!"

Ich schaute wieder nach vorne un dwinkte ab. Sie konnte ja auch nichts für meien Abnormalität.

"Wie ist es egentlich...Tod zu sein?"

Ich schwieg. Der Wind wehte meine Haare durcheinander und ich steuerte auf einen Brunnen zu. Es plätscherte leise und ein wenig fühlte ich mich wie Alice im Wunderland.

"Sorry, das hätte ich nicht fragen sollen."

"Nein nein, ist schon gut. Deine Frage ist berechtigt. Ich mein, wann bekommt man schon ne wieder ne Gelegenheit wie diese? Nein, lass mir einen Moment Zeit, damit ich es in Worte fassen kann. Es ist nämlich gar nicht so leicht", ich lächelte ein wenig, um Grace ein bisschen auf zumuntern.

Ich setzte mich auf den Kalten Steinplattenrand und ließ meine Gedanken um den Tod kreisen. Wie es sich angefühlt hat?

"Nun, du musst es mir nicht sagen, ich mein...", ich schnitt Grace einfach das Wort ab, indem ich anfing zu erzählen.

"Ich weiß zwar nicht ob es für jeden so war wie für mich, da ich ja nicht richtig Tod war..., aber es fühlt sich...ziemlich scheiße an. Es ist jetzt vielleicht nicht so schlimm wie sich das manche vorstellen, oder nicht so angenehm...es ist viel eher so, als würdest du in ein schwarzes Loch fallen. Deine Wahnehmung verschwindet und du siehst nur noch schwarz. Du riechts, fühlst und denkst auch nichts mehr. Du bist einfach da. Am Anfang, wo dein Bewusstsein sanft entgleitet, dein Leben langsam entschwindet, hörst du noch etwas, doch egal wie sehr du dich auch versuchst, an etwas aus der Realität, aus dem Leben zu klammern, es verschwindet trotzdem in dem gleichen Tempo, als würdest du es nicht tun. Und dann bist du angekommen, inder Schwärze. Und dann ist dir alles egal. Denn du bist da. Da wo du früher oder später sowieso hingekommen wärst. Als ich zurück geholt wurde...ich hätte nicht sagen können, wie lange ich weg war. Es hätten Sekunden, aber auch Jahrzehnte sein können...es war merkwürdig zurück zukommen. Alles schlägt wieder auf dich ein. Deine Sinne, dein Denken...es war gar nicht so schlimm Tod zu sein, nur fühlte es sich wie die Endstation an."

Das Wasser plätscherte weiter, die Vögel zwitscherte und die Bienen summten. Blumen blühten, gedieen und wuchsen. Was das Leben so alles mit sich bringt.

Es duftete nach frischen Gras und ich solchen Momenten, liebte ich das Leben. Das Leben, in seiner unendlichen Vielfalt. Doch Leider, konnte diese Vielfalt auch aus Pech und Schmerz bestehen.

"Tja, soviel zum Thema Himmel und Hölle", murmelte Grace nach ner Weile endlich.

"Vielleicht konnte man mich noch nicht einstufen. Vielleicht ist der Tod für Jeden Menschen andres. Vielleicht ist der Tod auch ne riesige Party, inder Michael Jackson seinen Moonwalk zum Besten bringt, oder die Selbstmordattentäter auf ihre Jungfrauen warten und deswegen Osama bin Laden fertig machen."

Grace lachte.

"jaja, vielleicht."

Sie seufzte und wir beide schauten wieder in dieses Gartenmärchen, indem ich und mein leben nicht rein zupassen schienen. Vielleicht halte ich mich ganau aus diesem Grund so gerne hier auf. Um meinem gewohnten Alltag zu entschwinden. Es war wie im Fernseher. Mein Leben war schwarz weiß. Graces Leben war Bunt. Doch ihr Leben konnte jeder Zeit schwarz weiß werden, wenn der Fernseher nen Knall hatte und mein Leben nur, wenn Irgendjemand es für nötig hält, uralte Sendungen neu zu verfilmen. Doch dann wären wahrscheinlich die Zuschauerquoten so schlecht, dass man die Idee ganz schnell wieder fallen lässt, und alles wäre wieder wie vorher...

"Woran denkst du grade?", fragte Grace leise, als schien sie diese Naturschönheit zu zerstören, sobald sie laut sprach.

"Über Zuschauerquoten", meinte ich grinsend und Grace warf mir einen verwirrenden Gesichtsausdruck zu, beließ es jedoch nur dabei.

  Die Blätter raschelten, eine Rose, verlor ein Blütenblatt. Es flog sachte über die Wiese und segelte sanft auf der grünen Wiese.

"Willst du mir jetzt erzählen, war Gestern passiert ist?"

Sie wollte mich nicht drängen, hatte aber allen Grund es zu erfahren.

"Warst du schon mal bei uns? Dort wo ich Lebe?"

Sie schüttelte den Kopf.

"Joel wollte das nie. Er meinte das wäre nicht der Richtige Ort für seine Prinzessin", sie lächelte leicht, bei der Erinnerung ihres alten Spitznamen.

Früher hatte mich dieser Name immer aufgeregt. Prinzessin, wer wollte schon so genannt werden? Ich hatte nie verstanden, wieso sie das so toll fand. Aber wenn man einsah, mit wie viel Liebe er ausgesprochen wurde, mit wie viel Liebe er gegeben wurde, verstand ich sie. Sie war Joels Prinzessin. Sie IST Joels Prinzessin. Nur weil er Tod ist, hieß das nicht, dass sein Spitzname für sie an Bedeutung verlor. Nein, er wurde umso bedeutsamer. Er war ein Stück der Erinnerung. Etwas, was man nie vergas.

"Er hatte Recht", murmlte ich und blinzelte in die Sonne, die ich im Klassenraum nicht hätte genießen können.

"Hat es was damit zu tun? Wo du herkommst?"

Ich lachte freudlos.

"Alles hat damit zu tun."

Dann holte ich tief luft.

"Ich wohne in einem ziemlich schlimmen Viertel. Es kann sein, dass du schon viel davon gehört hast. Es ist immerhin, das schlimmste", ich blickte sie kurz an, sah wie sie erbleichte, "Ich will dir Jetzt nicht meine ganze Lebensgeschichte erzählen, aber ich tu es, damit du mich verstehst. Damit du meine Welt etwas besser kennen lernst", sie nickte leicht und ich fuhr fort, "mein Vater, hatte uns immer geschlagen, verpürgelt und meine Mutter vergewaltigt. Ich war ziemlich klein und jung, rannte trotzdem zur Polizei. Versuchte alles, um ihn los zu wrden...und ich schaffte es. Doch vor einigen Tagen...kam er wieder", ich hörte wie sie zischend die luft einzog, "Meine mom war nicht da und ich stand da also, allein in der Wohnung, mit einem Mann, der sich für nichts zu schade war. Er war ausberochen. Frag mich nicht wie. Ich weiß es nicht. AUf jedenfall, wollte er zurück zu seinem Leben. Zu dem Leben, indem er uns so viele schreckliche Dinge angetan hatte. Und ich wollte das nicht! Konnte es nicht zulassen. Als ich ihm auch noch sagte, dass Joel Tod sei, da ging er auf mich los", meine Stimmer verstummte kurz, doch ich erzählte unerbitterlich weiter, "Dann habe ich ihn erschossen, sonst wäre ich jetzt Tod. Die Aussage am Tag darauf in der Schule, als ich meinte, dass ich ne Leiche einäschern musste? Nun ja, es stimmte", Grace sagte gar nichts, ihr Gesicht konnte ich auch nicht erkennen, es war starr auf den Boden gerichtet, "Noch am selben Tag, als ich nach Hause kam, stand eine Freundin von mir vor der Tür. Meine Freunde, die wirklich nicht gut sind.  Mandy, Kevin, Maik, Lucie und Jordan. Der einzige der wirklich gut ist, ist Jordan. Mandy, wird von ihrem Bruden manchmal zur Prostitustion gezwungen. Kevins Mutter hat sich vor seinen Augen umgbracht. Maik ist Kiffer und verkauft das Zeug auch. Lucie wird ziemlich oft geschlagen. Tja, und Jordan? Er ist ein Waise und ist abgehauen. Ist von seinen Adoptiveltern misshandelt worden. Villeicht fragst du dich jetzt, warum hilft niemand? Warum helfe ich nicht? Ich kann nicht helfen, denn es gibt Regeln die einzuhalten sind. Regeln die man beachten muss, wenn man überleben will. Und zu diesen regeln gehört auch, dass ich niemanden helfen darf, denn dann würde ich mich in das Leben, derjenigen einmischen...und das darf ich nicht. Auf Regelbruch steht der Tod.

Tja, also wieder zurück, Lucie stand vor meiner Tür. Sie meinte Mandy lag im Krankenhaus, hat wieder zu viel getrunken.

Ich rannte sofort hin. Mandy starb kurz darauf. Alkoholvergiftung, doch ihre Worte werde ich nie vergessen. Ihre Worte, die meinten ich sei Gut", Tränen kullerten meine Wangen hinunter, es schmerzte über sie zu reden, doch ich erzählte trotzdem weiter, es fühlte sich an, wie Dolchstöße in meinem Herz, "Ich hatte ihren Tod vorausgesehen! Hatte aber nie gedacht, dass es so schnell geht! Das wirklich jemand stirbt! Ich lebte in meienr Seifenblase, die plötzlich einfach so zerplatzte! Sie starb also und was machte ich? Ich dumme Kuh?! Ich besaufte mich und wurde fast vergewaltigt! Ein Motorradfahrer rettete mich und ich erzählte ihm alles! ALLES! Mein ganzes beschissenes Leben! Nun, was darauf in der Schule passierte weißt du ja. Du warst nett zu mir, wir versuchten es mit einer Freundschaft...und ich sah die Todvision von Ray. Nachdem ich von dir weg war...traf ich auf Maik, der Drogen brauchte. Dringend! Dafür bin habe ich unseren Chef umgebracht! Unseren Big Boss! Ich habe die Regeln gebrochen! Dann habe ich mir die Drogen in seinem haus geschnappt, bin dabei aber leider auf eine ganz bestimmte Person getroffen. Ich weiß nicht was Ray dort wollte, weiß nicht warum er dort war. Aber er rannte hinter mir her...und ließ mich laufen. Außerem, war er der Motorradfahrer, dre mich vor der Vergewaltigung beschützt hatte, derjenige dem ich mein Leben erzählt hatte! Als ich die Drogen Maik gab, bereute ich es."

Wolken zogen über den Strahlenden Himmel.

"Wenn Jemand herausfindet, dass ich dort war, in dem Haus und Don umgebracht habe, werde ich sterben."

Schatten befleckten die Aussicht, die Tränen quollen weiter und ich verdammte sie.

"Warum hast du ihn nicht ins Krankenhaus gebracht", fragte Grace kaum hörbar.

"Weil ich es nicht ertragen konnte, wenn er auch dort gestorben wäre. Das mit Mandy ist noch nicht so lange her, ich konnte einfach keinen Fuß darein setzen. Denn sie hätten ihn sterben lassen. Und Maik hätte mir das nie verziehen. Verziehen, wenn ich ihn ins Krankenhaus geschleppt hätte."

"Und das...das hast du Gestern alles erlebt?!"

"Ähm...nein, es geht weiter."

"ES GEHT NOCH WEITER?!"

"Ja."

"Aber doch nicht schlimmer?"

"Doch."

"So was ist möglich?"

"Warte ich sags dir: Ich muss ein kleines Mädchen umbringen. Klingt das für dich schlimmer?"

"Du musst WAS?!"

"Noita meinte mir das als Befehl zu geben."

"Noita?! Diese Böse Hexe da, die meinte dein leben mal eben zu ruinieren?!"

"Ja."

"Aber, aber...SCHEIßE!"

Ich sagte nichts, während sie wütend auf eine Rose starrte. Es hätte mich nicht gewundert, wenn diese in Flammen aufgegangen wäre.

"Und du MUSST es tun?"

"Jop."

"Und WARUM?!"

"Weil diese Frau gstörrt ist und in eine Anstalt gehört!"

"Nein, ich meine, du kannst es doch einfach nicht tun."

"Geht nicht."

"Sag mal, ist heute dein Grace-muss-mir-alles-aus-der-Nase-ziehen-Tag?!"

"Woher weißt du das?", ich lachte leise.

"Ich glaub nicht, dass du jetzt das Recht hast zu Lachen. DU MUSST EIN KLEINES MÄDCHEN UMBINGEN?!"

Sie hatte Recht.

"Tschuldigung. Mama", das ließ ich mir trotzdem nicht nehmen zu sagen.

Ich bekam einen Schalg auf den Hinterkopf und antwortete ihr.

"Ich kann mich ihren Befehlen nicht wiedersetzten...es geht einfach nicht! Es ist merkwürdig, du verlierst die Kontrolle über deinen Körper, solange, bis du den Befehl ausgeführt hast."

"Und wann musst du sie umbringen?"

"Um 21:45."

"Ich werde dir helfen!"

Gequält sah ich sie an.

"Und wie?"

Das Funkeln in ihren Augen, machte mir etwas Angst.

 

 

"Und du bist sicher, dass das hilft?", fragte ich und sah sie zweifelnd an.

"Hundertprozentig. Du bist doch nicht Hulk, oder?"

"Ich hoffe mal nicht, aber ich denke kaum, dass Noita sich so verarschen lässt."

"Wir verarschen sie doch gar nicht! Wir...tricksen sie aus!"

"Mit Handschellen und Seilen?"

Ich musste an mich herunter blicken.

Ich war festgeseilt an ihren Schreibtischstuhl. Ich sah aus wie ein Kokon. Mit Handschellen hatte sie den Stuhl und meine aus den Seilen hervorstechenden Hände an ihr Bett gekettet. Meine Füße waren ebenfalls zusammen gekettet.

"Wie denn sonst! Ich hab hier kein Gefängnis zur Verfügung!"

"Aber Foltergeräte, oder was? Und du bist sicher, dass in dir keine perverse Seite steckt?"

Sie schnaubte.

"Stell dich doch nicht so an!"

"Weißt du wie unbequem das ist?", es macht riesigen Spaß sie auf die Palme zu bringen, sich halbwegs wie ein richtiger Teenanger zu fühlen...obwohl ich an einen Stuhl gekettet bin.

"Und was wäre, wenn deine Mutter reinkäme?", diese Frage war berechtigt.

Sie stemmte die ihre Hände an die Hüfte und funkelte mich wütend an.

"Wird sie nicht. Sie ist gar nicht da. Sonst hätte sie doch wieder irgendwelche Kommentare gemacht! So wir haben jetzt", sie schaute auf ihre riesige Uhr, die an der Wand über mir hing, "21 Uhr!"

Ich nickte und bereitete mich etwas auf das Mögliche vor.

"Willst du Fernseh gucken?"

Ich versuchte mit den Schultern zu zucken, was sich aber als unmöglich herausstellte.

"Ähm...nö."

Grace blickte mich einen Augenblick einfach nur an.

"Weiß deine Mutter eigentlich, dass du hier bist."

Wieder ein Misslungenes Schulternzucken.

"Ich denke nicht. Woher auch? Aber ich bin öfters mal nicht da und so viel Zeit hat sie auch nicht für mich."

Sie setzte sich auf ihren Sesseln, direkt gegenüber von mir.

"Ist es schlimm eine Mutter zu haben...die in dieser Branche arbeitet?"

Ich überlegte, hatte mich eigentlich auch nie wirklich mit dem Thema beschäftigt.

"Manchmal. Aber bei uns ist das Normal. Sie ist auch nicht traurig, oder so. Sie ist auch kein anderer Mensch dadurch. Natürlich willst du manchmal, dass sie was anderes macht. Aber sie ist glücklich so wie es ist. Sie hat es sich so ausgesucht und auch nie bereut. Wir haben genug Geld und ihr gehts gut. Was will man mehr?"

Grace nickte langsam.

"Du hast Recht. Ich würde es nur merkwürdig finden."

"Als was arbeitet hat eigentlich deine Mutter gearbeitet?"

Sie lächelte leicht.

"Sie war Künstlerin. Sehr Begeister, hatte sie all das Leben in sich aufgenommen und in Bildern festgehalten. Sie war sehr gut. Genießte das Leben. Mein Vater, war ein Straßenmusikant. Ziemlich Talentiert, doch niemand hatte ihm eine Chance gegeben. Nimand. Außer meiner Mom. Sie hörte ihn spielen und er inspirierte sie. Als sie sich verliebten und vorhatten zu Heiraten...es war eine Schande für ihre Familie. Ihre Politisch Erfolgreiche Familie, die nimenden akzeptierte, der kaum Geld besaß, geschweige denn Straßenmusikant war. Es gab heftige Streitigkeiten. Meine Mom zog dann einfach mit ihm weg. Hierher. Da sie viel Geld besaß, durch ihre Bilder, die so beliebt waren, dass sich manche um sie schlugen baute sie mit Alessio, ihrem Verlobten, dieses Haus. Ich wurde geboren, noch bevor sie heirateten. Das war die größte Schande, die sie über ihre Familie bringen konnten. Sie wurde enterbt, doch es interessierte sie nicht. In Alessio fand sie ihre große Liebe. Sie schottete sich von ihrer Familie ab, wollte nichts mehr von ihnen wissen, und das war der Schlag. Die Presse berichtete und berichtete. Tja und auf der Hochzeit, stürmte die Polizei die Kirche. Alessio wurde verhaftet. Meine Mom, fand heraus, dass ihre Familie Geld dafür bezahlt hatte. Sie brannte auf Rache. Stürmte zu ihrem Elternhaus...und wurde von ihrem eigenen Vater umgebracht, während der Rest der Familie zuschaute. Ich wusste noch, was er sagte: So löst man Probleme."

Die Welt ist grausam.

"Du hast das gesehen? Gesehen wie deine Mutter umgebracht wurde?", fragte ich entsetzt.

Sie schaute mir fest in die Augen, Tränen schimmerten in ihren großen Augen.

"Ja. Kurz darauf, zog meine Tante hier ein. Diese abscheuliche Frau! Ich weiß immer noch nicht was mit meinem Vater ist. ob Alessio lebt. Ich bezweifle es."

Es blieb still und plötzlich zuckte ich zusammen. Ihr Wecker klingelte.

es war 21:30 Uhr. Noch eine viertelstunde. Doch auf einmal weiteten sich Graces Augen, mein Herz begann zu rasen.

"Hat sie gesagt: Um 21:45 Uhr machst du dich auf den Weg Emma umzubringen...oder um 21:45 Uhr soll Emma Tod sein?", flüsterte sie und sah mich entsetzt an.

Mein Herz setzte aus.

"Ich weiß es nicht...", und dann spürte ich den Befehl. Den Drang.

"Emma", sagte ich mechanisch.

Mein Dasein entschwand, genauso wie meine Kontrolle.

Es zählte nicht wer ich war, noch wo ich mich befand. Das einzige was zählte war, dass Emma sterben musste. Um Punkt 21:45 Uhr.

Wie in Trance wollte ich aufstehen. Doch es ging nicht. Die Handschellen und die Seile hielten mich zurück. Wütend brüllte ich einen Tierischen Laut aus und rüttelte an den Handschellen. Der Schmerz, der darauf einsetzte, kam nicht in mein Gehirn an, nur leicht rgistrierte ich die Klebrige warme Flüssigkeit, die an meinen Handgelenken runtertröpfelte. Vor meinem geistigen Auge, erschien Noita. Sie lachte.

"Töte Emma!"

Ich knurrte, der Befehl strömte durch meine Adern, schien mich am Leben zu halten.

Langsam rutschte ich aus den Handschellen raus. Mit meinen Blutverschmierten Händen, zeriss ich die dicken Seile. Meine Fingernägel brachen, doch ich spürete es nicht, benutzte meine Zähne, spuckte Blut. Als die auch die Seile Langsam von mir runter rutschten, wollte ich siegessicher einen Schritt machen, fiel aber der Länge nach auf den Boden. Fußschellen! Mein Wutgebrüll, erklang selbst in meinen Ohren, seltsam Fremd. Schlüssel! Ich brauchte die Schlüssel!

"Das Mädchen, hat die Schlüssel", flüsterte mir Noita zu.

Ruckartig hob ich den Kopf. Ein Mädchen, sah mich schockiert an.

Als sie sah, dass ich sie bemerkt hatte, versuchte sie zu flüchten. Doch mit einem Sprung war ich bei ihr, riss sie zu Boden.

"In ihrer rechten Hand", hauchte Noita weiter.

Wie ein scanner wanderte mein Blick zu ihrer Rechten Hand. Sie war zu einer Faust zusammen gepresst worden. Ohne Rücksicht, auf das sich unter mir windenden Mädchen öffnete ich brutal ihre Hand, und hob triumphierend die Schlüssel hoch, die ich mir dann auch gleich zu nutzen machte. Das befriedigte Klick geräusch, ließ mich wieder an meinen Befehl denken. Emma! Wie ein Tier, witterte ich ihre Anwesenheit, mehrere Kilometer von hier entfernt. 21:35 Uhr.

Ich rannte, zur Balkontür, riss sie auf udn sprang auf das Geländer. Dann hangelte ich mich wie ein Affe herunter, hing an dem Balkonboden und ließ mich auf einen Bediensteten fallen, der gerade rausgetreten war. Mich nicht um ihn kümmernt, rannte ich weiter, rannte ohne Schmerzen, ohne Gefühl, nur mit der Zeit. Das Brennen meiner Lungen, nahm ich nicht war, das Stechen in meinen Seiten, kam nicht bei mir an, meine blutenden Füße, hinterließen nur eine Spur auf der Straße, jedoch nich in meinem Bewusstsein.

Ich rannte und rannte, meine Aufgabe stets vor Augen: Töte Emma!

Ich lief in eine Straße, die mir seltsam bekant vorkam, die wenigen Menschen, die mich sahen, blickten wieder weg.

"Nimoe!"

Ich rannte weiter.

"Nimoe!"

Ich fühlte mich weder angesprochen noch wollt ich stehen bleiben.

Eine Hand packte meine Schulter, wirbelte mich zurück. 21:42 Uhr.

Ich kratze, fauchte.

Erschrocken blickte mich derjenige an.

"Deine Augen..."

Ich wandte mich wieder um und rannte weiter.

Rannte, bis ich vor einem Haus stand. Niemand war hier.

Mit der Faust zertrümmerte ich das obrige Fenster der Tür, ließ meinen Arm, durch das nicht mehr vorhandene Hinderniss gleiten und öffnete die Tür von innen, als ich die Türklinke erspürte.

Dann rannte ich weiter, rannte die Treppe rauf, bis ich vor einer Tür stand. Einer Tür, mit den Buchtstabben EMMA.

Ich öffnete sie leise.

21:44 Uhr.

Das Zimmer war dunkel, die Jalousinen herabgelassen. In einem kleinen Kinderbett lag ein Mädchen. ich trat heran. 21.45 Uhr.

Wie ein Dong halte diese Uhrzeit durch mein Hirn und ich legte automatisch meine Hände, an den Hals des Kindes. Ich drückte zu. Das Kind erwacht, musterte mich aus großen Angsterfüllen Augen und wollte schreien, doch ich drückte unermütlich weiter zu. Das Kind strampelte, wehrte sich. Doch ich drückte zu.

Plötzlich blieb es weinfach nur noch Regungslos liegen. Es war Tod.

"Gut gemacht", lachte Noita und ich wurde wieder in meinen Körper geschleudert.

Den Körper, dessen Hände, gerade einen Kindeshals umschlungen hielte.

Ich hatte grad ein kleines, unschuldiges Mädchen umgebracht.

 

Der Schleier fiel von mir herab. Der Wunsch. Die Sehnsucht. Der Befehl.

Entsetzt riss ich meine Hände von dem Hals.

Nein!

Das Mädchen lag da, ruhig und bewegungslos. Man hätte denken können, dass sie schlief.

Tat sie aber nicht! Denn ich habe sie umgebracht!

Ich hielt die Luft an, und versuchte herauzuhören, ob sie noch atmete.

Ich hörte nichts. Rein gar nichts.

Langsam legte ich meine Hand an ihren Hals, suchte verzweifelt den Pulsschlag.

Er war nicht da.

Meine Augen brannten, und alles drehte sich.

Dann brach ich zusammen, fiel auf mein Knie und sah zu wie meine Tränen auf den Boden fielen.

Jede Träne, perfekt geformt, fiel von meinem Kinn. Sie schimmerte, brach sich an dem wenig Licht, dass ich vom Flur mitgebracht hatte, bis sie schließlich auf den Boden fiel und sich zu den anderen schon vergossenen Tränen gesellte. Eine kleine Pfütze, die die Dielen einzogen, oder die durch Bodenrillen sickerten.

Früher oder Später wäre nichts mehr von meinen Tränen übrig geblieben. Kein Zeichen, meiner unedlichen Traurigkeit.

Wo war meine Freiheit hin?

Sie war weg gegflogen wie ein Vogel.

Denn ich gehörte mir nicht mehr selber. Ich war nur ine Maionette. Eine Puppe, die herausgeholt wird, wenn Noita wieder Lust hat, jemanden zu Töten. Und ich kann nichts dagegen tun, kann mich nicht dagegen wehren. Denn ich bin ja nur ein Gegenstand, ohne jeglichen Willen.

Ich versuchte zitternd aufzustehen, zog mich am Kinderbett hoch, versuchte nicht herein zu gucken. Schwankend stand ich, versuchte schweratmend weiter zukommen, und mit jedem Kraftaufwändigen Schritt, den ich bewältigte, mit jedem Schritt den ich mich von der kleinen Emma entfernte, wusste ich, dass sich hier

niemand für sie interessieren würde. Niemand würde mt der Familie trauern, denn sowas passierte hier oft. Und das schmwerzte ich, schmerzte mich, weil mich dann niemand suchen würde. Niemand würde mich töten wollen. Niemand konnte mich zur Vergeltung ziehen. Weil es hier niemanden störrte.

Die kleine Emma würde in Vergessenheit geraten. Sie warf noch nicht mal dazu gekommen, in die Schule zu gehen, Freunde fürs Leben zu finden und sich zu verlieben.

Ich habe ihr alles genommen. Ihr Leben. Das welches sie bis jetzt hatte und das welches sie noch vor sich gehabt hätte.

Doch ich würde sie nicht vergessen! Ich will sie auch gar nicht vergessen!

Meine Schritte wurden sicherer und mit grimmigem Gesichtsausdruck, öffnete ich wieder die zerstörrte Tür und trat in die kühle Nacht heraus.

Die Welt kam mir nun so kalt vor. Trostlos und voller Skrupel.

Entschlossen Schritt ich weiter. Ich wollte einfach nur schnell nach Hause.

Lautes Stimmengewirr ließen mich stehen bleiben.

Es war Nacht und hier steigt ne Party?

Mitten auf der Straße?

Ich ging die Straße zu ende und lugte vorsichtig um die Ecke.

Viele Menschen standen um ein Feuer herum. Hinter dem Feuer stand ein Rednerpult an dem ein Mann, wild rumdiskutierte.

Die Menschenmenge grummelte und flüsterte untereinander.

Gebant versuchte ich die Worte des Redners zu verstehen.

"So etwas können wir nicht zulassen! Das ist ein verstoß gegen die Regeln!"

Die Menge brülle zustimmung und ein ganz mieses Gefühl breitete sich in mir aus.

"Und wir alle wissen, was auf Regelverstoß steht! Vor allem auf so einen!"

"Tod, Tod, Tod!", jubelte die Versammlung und mir wurde ganz schlecht.

"So etwas können wir nicht hinnehmen! Irgendjemand hat Don umgebracht! Und wer immer das war, er wird es bereuen!"

Die aufbrausenden Zuschauer johlten und klatschten.

"Und anhand der Spuren im Haus, werden wir auch bald wissen, welche Mistgeburt das getan hat! Und dann folgt unsere Rache!"

Mit diesen Worten drehte sich der Redner um und ließ sich in Empfang nehmen.

Wer immer das gewesen war, ich musste mich vor ihm in Acht nehmen.

Sah ganz so aus, als hätte Don einen Nachfolger. Dumm war nur, dass dieser hier nicht so leichtsinnig ist, er war viel schlimmer. Gerissen und clever. Schon jetzt, nach dieser einen Rede, liebte ihn das Volk. Die Einwohner hier.

Ich schluckte schwer, wandte mein erhitztes Gesichts ab.

Mich würde es nicht wundern, wenn sie mich als Täter entlarvt hatten, mit Fakeln und Mistgabeln jagten. Hexenverbrennung.

Ich fröstelte. Beruhig dich! Wir leben in einem zivilisiertem Jahrhundert. Mit Handys und Computern und Fernsehn...und komplett Wahnsinnigen!

Ich ließ mich gegen eine Häuserwand sinken und atmete die frische Luft wie eine Ertrinkende.

"Sieht schlecht für dich aus, nicht wahr?"

Erschrocken riss ich meine Augen auf.

Ray lehnte lässig an der Hauswand neben mir und rauchte sich eine.

"Muss du eigentlich immer da sein, wo ich bin", murmelte ich erledigt und schloss erneut die Augen.

"Schon mal dran gedacht, dass du möglicherweise immer da bist wo ich bin?"

Ich ignorierte seine hirnlose Aussage und fragte ihn selber etwas barsch:

"Was machst du hier?"

Langsam öffnete ich wieder meine Augen.

Er ließ seine Zigarette auf den Boden fallen und trat sie aus.

"Was wohl? Mir die Rede anhören! Da scheint noch einiges auf dich zu zukommen."

Ich seufzte.

"Dann ist es endlich vorbei", murmelte ich leise.

Er starrte mich an. Ließ seinen Blick über mich gleiten.

"Warum blutest du?"

Ich schaute an mich herab.

Meine Faust, mitder ich das Fenster eingeschlagen hatte blutete und steckte voller Scherben. Mal wieder, dachte ich genervt.

Meine Füße waren verkrustet, meine Kleidung zerissen und dreckig.

Meine Hände und Handgelenke bluteten.

"Das geht dich nichts an. Weißt du wer die Rede gehalten hat?"

Er schaute mich noch einen augenblick fest in die Augen, ehe er den Blick abwandt und hoch in den Himmel schaute.

"Stephano de Vita. Merk dir diesen Namen, er wird dir noch viele Probleme bereiten."

Ich nickte, stieß mich von der Wand ab und schritt an ihm vorbei.

Aus den Augenwinkeln sah ich ein zucken seiner Hand, als ich an ihm vorbei Schritt.

Als wollte er mich zurückhalten. Mir Irgendwas sagen. Doch er tat es nicht und ch musste zugeben, dass ich mich traurig machte. Traurig, dass er mich mein Schicksal überließ. Das er mir nicht half. Was war nur los mit ihm? Was verbarg er vor mir?

Diese Gedanken schwirrten durch meinen Kopf, während ich durch die verlassenen Straße, nach Hause ging, ohne auch nur eine Menschenseele zu begegnen.

 

Das Blut tröpfelte in das Waschbecken. Ließ den weißen Keramik an vereinzelten Stellen Rot werden. Mit zusammen gebissenen Zähne presste ich ein Tuch an meinen Arm.

Vielleicht denkt ihr jetzt, es ist schon so weit gekommen, dass ich mich ritzte.

Aber nein, dass stimmt nicht. Ich ritze mich nicht. Okay, der Schnitt in meinem Arm sagt was anderes. Aber das wird meine Liste. Meine Todesliste. Emma ist der erste Strich. Der erste Schnitt. Es soll mich immer daran erinnern was ich getan habe. Ihr denkt jetzt wahrscheinlich, dass ich total krank bin. Eine Strichliste auf MEINEN ARM?!

Aber so ist das eben. Ich meine diese Playboys die für jede Frau die sie Flachlegen, einen Ritz in ihrer Bettkante machen. Oder Schüler, die eine Strichliste führen, wie oft der Lehrer in der Stunde jetzt schon das gleiche Wort benutzt.

Und wo machen sie das?

Genau, an einer Stelle, gut sichtbar für andere und sich selbst.

Und ich brauchte das. Brauchte die Bestätigung für mein Versagen, denn jetzt würde ich Emma nie vergessen. Nein, sie würde immer in meiner Erinnerung sein.

An der Badezimmertür klopfte es leise.

"Ja", rief ich.

"Schatz? Ich hab dich lieb, dass weißt du doch, oder?"

Ich hatte die Stimme meiner Mom, schon seid ein paar Tagen nicht mehr gehört und es versetzte mir einen Stich, als ich daran dachte, wie ich sie vernachlässigt hatte.

Mit erstickter Stimme antwortete ich:

"Ja Mom. Das weiß ich. Ich dich auch."

Die Schritte entfernten sich wieder.

Doch ich starrte weiterhin auf die Tür.

Wann genau, war mein Leben eigentlich so verdammt kompliziert geworden?

Mit Rays Auftauchen.

Ray! Was war eigentlich mit dem schief gelaufen?

Der steckte dem anschein nach auch in einer heiklen Situation.

Wer ist er wirklich?

Was weiß er?

Ich seufzte.

Das Tuch fand seinen Weg in den Wäschekorb, zu meinen anderen dreckigen Sachen.

Auf dem Weg zu meinem Zimmer hörte ich das leise weinen meiner Mom.

Ruckartig blieb ich vor ihrer Zimmertür stehen.

Sie war ein Stück offen und ich sah meine Mom mit dem Rücken zu mir auf dem Bett hocken. Sie hielt ein Foto in der Hand und ich wusste ganz genau, was das Foto zeigte. Einen strahlenden Joel.

Die Aufnahme war drei Tage vor seinem Tod entstanden. Drei Tagen, indenen er so viel Spaß hatte. Drei Tage. Es zeriss mir das Herz.

Ich schlüpfte lautlos ins Zimmer, schritt ans Bett heran und umarmte meine Mom von hinten.

Wir sagten beide nichts. Schauten uns nur das Foto an. Denn dazu brauchte es keine Worte. Nur Erinnerungen. Erinerungen an einen Jungen, der mal mein Leben war. Mit ihm, ist auch mein Leben gestorben.

 

"Hast du auch Gestern die Rede gehört?", fragte ich meine Mom, während ich mir Speck in den Mund schob.

Wir Frühstückten. Die kleine Küche war erfüllt mit dem schweren Kaffee, Eier und Speckgeruch. So wie ich es liebte.

Meine Mom schaute mich über den Rand ihrer Tasse an. Sie sah Müde aus.

"Ja", meinte sie und setzte ihre Tasse sorgfältig ab.

"Und?", fragte ich sie udn legte mein Besteck zur Seite.

Sie blickte sorgenvoll auf und ich kaute auf meiner Unterlippe.

"Ich glaube", antwortete sie bedacht ,"das wir uns in etwas hereinreiten, was noch zu großem Unglück führen wird."

Ich schaute sie erstaunt an.

"Wie meinst du das?"

Sie sufzte, legte ihre Arme auf den Küchentisch und sah an mir vorbei an die Küchenuhr.

"Stephano ist ein...wie soll ich das sagen...sehr schwieriger Mensch. Er verfolgt seine Eigenen Ziele, braucht dafür, aber uns. Er tut das, was die Menschen hier wollen, damit er ihre Zustimmung bekommt. Ich weiß nicht genau, was er vor hat. Aber gut, sieht es nicht für uns aus."

Mir stand der Mund offen. Ich klappte ihn zu.

"Du kennst Stephano de Vita?!"

Sie nickte bedacht.

"Er ist...war einer meiner Stammkunden. Er ist Größenwahnsinnig. "

"Aber was kann er denn schon groß mit uns erreichen?"

Sie blickte mich nun direkt an und lachte freundlos.

"Denk mal nach. Mit einem Viertel voller Verbrecher, wo sich jeder an diese beschissenen Regeln hält, wo er der Boss ist. Ein Viertel voller, Dieler, Zuälter, Prostituierte, Säufer, Vergewaltiger...der größte Abschaum der Welt. Was haben die wohl gemeinsam?"

Ich zuckte mit den Schultern.

"Sie würden alles für ihren Traum tun. Denn schließlich haben sie ja nichts zu verlieren. Und das sind die gefährlichsten. Menschen, die nichts mehr zu verlieren haben. Warum denkst du, hatt noch nie jemand die Polizei eingeschaltet?"

"Die Polizei kommt nicht hierher", meinte ich, ehe es mir wie Schuppen von den Augen fiel, "sie haben Angst vor uns", flüsterte ich.

Sie nickte.

"Und was glaubst du, kann jemand mit einer kleinen Armee von Menshcen machen, die zu allem Bereit sind? Vor denen Jeder Angst hat. Was kann man wohl alles damit erreichen?"

"Ne ganze Menge", hauchte ich entsetzt.

"Genau", meinte meine Mom und lehnte sich zurück, "und das ist der Haken. Was genau hat Stephano vor?"

"Schon mal drann gedacht Detektivin zu werden?"

Sie lachte.

Doch ich grübelte weiter. Was hat Stephano vor?

Ich hatte das üble Gefühl, dass da noch einige Probleme auf mich zu tun kommen.

Probleme, die außnahmsweise mal nichts mit meiner Gabe zu tun hatten.

Ob das so viel besser war, ist eine andere Sache.

 

Das Viertel veränderte sich.

Männer sowie Frauen hangen Plakate mit dem Gesicht von Stephano auf.

Stephano war nur noch mit einen haufen Muskelbepackter Männer anzuteffen, was natürlich einen haufen Eindruck schindete. Die Reden die er hielt, wurden immer fataler.

Und ich bekam Angst um mein Leben.

Die Örtlichen Nachrichten und Zeitungen berichteten von unserem Viertel. Von den Veränderungen. Doch sie dachten, wir wählen ganz demokratisch einen neuen Boxtrainer. Ich konnte nicht verstehen, wer auf so eine Schnapsidee gekommen ist, aber das Jemand, der hier nicht wohnte, auch nicht mehr reinkam, sich dann seine eigenen Gedanken machte, war verständlich. Aber Boxtrainer?!

Und ja außenstehende kamen nicht mehr in dieses Viertel.

An jedem möglichen Eingang standen Männer. Männer mit Brechstangen.

Das heißt niemand kam rein...oder raus.

Und das wra das schlimmste. Wir sperrten uns selber ein. Kesselten uns in ein paar Straßen ein. Bildete unsere eigene kleine Stadt.

Einzig ein paar menschen durften die unsere neue Stadt verlassen. Und das waren hauptsächlich Dealer. Schließlich musste ihr Zeug ja auch irgendwo herkommen.

Die Menschen hier, badete in dem Ruhm. Sie dachten, sie könnten alles erreichen. Ach übrigens, die unser viertel hat jetzt auch einen Namen.

Und nein, es heißt nicht Stephano town, sondern Darkness.

Fragt mich nicht warum es Darkness heißt und warum alle diesen Namen so toll fanden.

Die Welt außerhalb von Darkness hat noch nicht eingegriffen, weil sie noch nicht richtig begriffen hatten, was los war.

Wahrscheinlich würden sie sowieso denken, dass wir uns alle eine zu viel gespritzt hätten.

Na ja, auf jeden fall, saß ich nun hier. Auf der Wiese meines Lieblingsplatzes.

Doch diesmal, ohne die anderen.

Ich habe kaum noch einen gesehen, seid Mandys Tod. Es schien, als wären wir dadurch auseinnder gebrochen worden.

Maik hielt sich für super wichtig, da er nun Stephanos persönlicher Kontaktmann war.

Lucie lief immer weg, wenn wir uns zufällig über den Weg liefen.

Von Kevin hab ich schon lange nichts mehr gehört, wie vom Erdboden verschwunden.

Und Jordan? Keine Ahnung.

Ich vermisste ihn, fast genauso sehr wie Grace.

Es ist zwei Wochen her. Vor genau zwei Wochen, habe ich Emma umgebracht.

Die Narbe auf meinem Arm war gut verheilt und zu meinem einmaligem Glück, ist bis jetzt auch noch kein weiterer gefolgt.

Doch ich musste etwas feststellen.

Bis auf meiner, mir selbstzugeführten Narbe, hatte ich keine Dauerhaften Verletzungen davon getragen.

Meine gebrochene Hand, wie mir erst später eingefallen war, war nach Emmas Tod wieder gesund. Als hätte ich sie mir nie gebrochen. Auch die Schnitte, die ich mir, als ich aus Dons Fenster gesprungen war zugezogen hatte...sie waren weg. Nach Emmas Tod sind alle meine Verletzungen geheilt worden.

Zum einen war das gut, denn dadurch wurde ich noch nicht in Verdacht gezogen, Don umgebracht zu haben, doch zum anderen warf das noch mehr fragen auf.

Wie verdammt noch mal, war sowas möglich?

Und wie konnte es zu soetwas kommen?

Hat Noita was damit zu tun?

Seufzend warf ich das Gänseblümchen weg, dass ich kurz davor aus der Erde gerupft hatte.

Zwei Wochen. Nur zwei Wochen, indenen ich jeden Tag über mein Leben nachgedacht hatte. Zwei Wochen indenen sich unser viertel sich so stark verändert hatte.

Gott, das war doch nicht normal!

Wütend schlug ich auf die Wiese ein. Ich zerdrückte das warme Gras und hinterließ einen Handabdruck.

"Nimoe!"

Ich blickte auf.

Jordan rannte über die Wiese auf mich zu.

Keuchend kam er bei mir an. Er sah fertig aus und das lächeln auf meinen Lippen verschwand.

"Was ist los Jordan?"

Er hob eine Hand, um zu zeigen, dass es gleich sprach. Dann stützte er sich wieder Luftringend auf seinen Knieen ab.

Ungeduldig wartete ich und verfluchte dabei das dumme Bedürfnis Luft zu benötigen.

Langsam richtete er sich wieder auf, wobei sein Kopf direkt vor der Sonne stand.

Blinzelnt sah ich zu ihm hoch.

"Was ist los Jordan?", wiederholte ich.

"Du musst verschwinden!"

Ich legte den Kopf schief.

"Wie meinst du das?"

Er wippte undgeduldig auf seinen Fußsohlen herum und schaute immer wieder angespannt nach hinten.

"Eigentlich darf ich dir das alles nicht sagen", ratterte er hastig herunter, während er sich immer wieder nervös umschaute, "doch man ist dir auf der Spur! Man ist kurz davor herauszufinden, dass du Don umgebracht hast und..."

"Woher weißt du das?!"

Doch er ignorierte mich.

"Man wird dich finden! Verschwinde von hier! Es ist nicht mehr sicher! Denn lass dir eins gesagt sein, Stephano ist schlimmer als er aussieht. Viel Schlimmer!"

Einen Moment hielt er inne, schaute mich in diesem ruhigen Moment traurig in die Augen. Es schien als würde seine Augen schreien: Verzeih mir!

Doch was?

Was soll ich ihnen verzeihen?

"Jordan", begann ich leise zu flüstern, doch der Moment verschwand und Jordan drehte sich um.

"Vertraue niemanden", sagte er noch leise, doch dann hörte ich einen noch leiseren Satz, bevor er sich mir ganz abwandte und wieder verschwand.

"Auch mir nicht", ob er wollte das ich das gehört habe, weiß ich nicht, doch ich habe es gehört und es schockierte mich. Was ist hier nur los?

 

Die Welt, wie ich sie kannte, schien zu verschwinden.

Ich mein, war das noch das Viertel, indenen einfach jeder sein Leben lebte? Nein!

Klar, zusammenhalt war gut, aber nicht wenn es darum geht, einen Diktator an die Macht zu setzen.

Es dämmerte und ich ging langsam nach Hause. Die Hände tief in den Taschen vergraben, kickte ich ein Kieselstein vor mich her, während ich über die Veränderungen der letzten Zwei Wochen dachte. Wieso stoppt das niemand?

Verdammt, wieso machen die da alle mit!

Ich hob den Kopf. Auf eines der Plakate war Stephano mit ermpor gestreckter Faust.

Er stand auf einer normalen grauen Straße, dort wo die Faust, in den Himmel Zeigt, bildete sich ein Strom.

Es schien, als ob er nur durch blosser Willenskraft die Erde verändern konnte.

Mit klarer Schrift, stand drunter: Für uns!

Ich schüttelte den Kopf und ging weiter.

"Na, findest du es auch albern?"

Ich blieb stehen, ohne mich umzudrehen.

"Komm schon! Ich seh das doch!"

Langsam drehte ich mich um. Kevin stand an einer Laterne gelehnt und sah mich abschätzend an.

"Kevin?", krächzte ich und wunderte mich, warum sich meine Stimme so schwach anhörte.

Er stieß sich ab und kam langsam auf mich zu.

Ich weiß nicht warum, aber in diesem Moment hatte ich Angst vor ihm.

Kevin war nie der Typ gewesen, der Nachts an einer Laterne lehnte und mich auf ein Plakat ansprach. Vor allem aber, war das das erste was er seid fünf Jahren zu mir gesagt hatte.

Er sprach eigentlich nicht. Nie.

Er kam näher und ich sah ein glitzern in seinen Augen.

"Hey, Nimoe."

Er stand nun direkt vor mir.

Da er größer als ich war, musste ich etwas zu ihm heraufblicken.

"Was geht?", sagte ich und fragte mich im selben Augenblick, warum ich sowas hirnloses grade gesagt habe.

Er lachte.

"Kleine, starke Nimoe", sagte er und strich mir über die Wange.

Ich wich einen Schritt zurück und schien ihn damit zu verletzen.

Seine Miene verdüsterte sich und er zeigte auf unsere Umgebung.

"Du siehst auch, wie sich hier alles verändert, oder?"

Ich nickte.

"Wusstest du, dass es hier auch Menshcen gibt, die nicht dafür sind?"

Ich schaute in erstaunt an.

"Nein."

Ich traute mich nicht mehr zu sagen.

Er nickte wissend.

"Doch die gibt es. Lightness. So heißen sie."

ich schaute ihn an.

"Hört sich an, wie ein Produkt zum Abnehmen."

Zorn zeigte sein Gesicht und ich wich noch einen Schritt zurück.

"Es ist das Gegenteil von Darkness und steht dafür, wie wenig wir davon halten."

"Wir?"

Der Zorn verschwand.

"Ja. Wir. Willst du beitreten Nimoe? Wir könnten dich gut gebrauchen."

Gebrauchen? Wurde ich nicht schon zu oft gebraucht? Benutzt?

Normalerweise hätte ich sofort zugestimmt, doch auch dieses Funkeln in seinen Augen machte mir Angst.

Ich schritt Rückwärts weiter.

"Ich werds mir überlegen."

Mit diesen Worten drehte ich mich um und rannte weg.

"Du musst die enscheiden! es gibt nicht immer einen Mittelweg!", schrie er mir nach.

"Entscheide dich!"

 

Entscheide dich!, dieser Satz hallte mir immer und immer wieder im Kopf wieder, als ich durch Darkness schritt. Wie er sagte, als würde es um Leben und Tod gehen. Mein Gehirn drückte die Repeat-taste und ich konnte mir es schon wieder anhören: Entscheide dich!

Ich lief weiter, versuchte Kevins Stimme zu vertreiben: Entscheide dich, entscheide dich, entscheide dich!

Am liebsten hätte ich laut in die Nacht, Fresse halten, geschrieen.

Dieser Satz machte mich wahnsinnig!

Entscheide du dich mal Schicksal!

Lass mich in Ruhe!

Entscheide dich, echote wieder in meinem Bewusstsein.

"Verschwinde!", schrie ich und raufte mir die Haare.

Doch zu meinem Entsetzen wurde mir geantwortet.

"Och, keine Sorge, ich werde noch früh genug von der Welt verschwinden."

Ich blieb so Ruckartig stehen, dass ich fast vornüber kippte.

Ich befand mich auf einer Brücke. Einer sehr, sehr hohen Brücke.

Unter uns, floss das Wasser gefährlich schnell.

Ich drehte mich um.

Ein Mädchen, etwas jünger als ich, so um die 14 Jahre, stand an der Brüstung gelehnt und schaute ins fließende Wasser.

Sie schaute einfach weiter aufs Wasser, ohne mich eines Blickes zu würdigen.

"Wie meinst du das?"

Ich stand hinter ihr, unfähig mich zu bewegen und schaute das Mädchen an, dass den Blick nicht von dem Wasser hob.

Durch das noch übrig gebliebene Licht, sah ich, dass sie viel kleiner war als ich.

Sie war ungefähr 1,50m groß, hatte langes Aschbllondes Haar und trug zerissene Kleidung.

"Wie wohl. Ich werde mich Umbringen", erklang ihre Glockenhelle Stimme.

Ich starrte auf ihren Rücken.

"Du willst was?!"

"Mich umbringen."

"DU WILLST WAS?!"

"Mich..."

"ICH WEIß VERDAMMT NOCHMAL WAS DU GESAGT HAST!"

"Und wieso fragst du dann?"

Ich riss mich zusammen, bevor ich ihr die Frage noch erneut entgegen schleudern konnte. Ich atmete einmal tief ein.

"Und du denkst ernsthaft, dass ich das zulasse?"

Sie zuckte mit den Schultern.

"Was willst du dagegen unternehmen?"

"Ich könnte dich an Irgendwas festbinden."

"Du wirst es aber nicht tun."

"Und warum nicht?"

"Weil du meinen Beweggrund mehr als nur gut verstehen wirst."

Ich erstarrte.

"Also, ich glaube kaum, dass ich Selbstmordgefährdet bin, denn..."

"Ich bin eine Perlenträgerin", unterbrach sie mich einfach. Einfach so.

"Du bist eine WAS?!

"Eine Perlenträgerin."

"Man, du musst echt lernen, dass ich gut hören kann!"

"Und wieso fragst du dann immer so doof?"

"Ich frage nicht doof! Noch nie was von der Sesamstraße gehört, wer NICHT fragt bleibt dumm!"

Jetzt drehte sie sich doch endlich zu mir um und ich erstarrte. Ich konnte grade noch einen kleinen Schrei unterdrücken.

Ihr Gesicht war entstellt. Farblos und...Tod.

Narben verliefen kreutz und quer über ihr Gesicht. Doch außer den Roten Striemen, war der Rest ihres Gesichtes farblos...sogar ihre Augen. Sie waren weiß.

Die Haut straffte und spannte sich nur noch knapp über das Gesicht.

Doch was mich am Meisten schockierte, war die Tatsache, dass man ihre Vergangene Schönheit noch leicht erblickte.

Sie legte den Kopf schief und ich hatte Angst, dass er vom Hals fallen würde.

"Du bist anders."

Ich hob eine Augenbraue hoch.

"Ach wirklich", schnaubte ich.

Sie nickte eifrig und ich wünschte, sie würde es lassen. Es sah einfach nur gruselig aus.

"Die anderen Perlenträger, die ich kenne, sind nicht so...so hoffnungsvoll...lebendig. Du bist stark. Stärker, als der ganze Rest von uns. Außer natürlich dem Königsperlenträger."

Verwirrt schaute ich sie an.

"Königsperlenträger? Bekommt man hier jetzt schon Orden verliehen?"

Sie lächelte nicht.

"Nein. Der Königsperlenträger ist ein Verwandter der Hexe."

"Die Hexe hat Verwandte?!"

"Nachkommen."

"Ach du heilige Scheiße! Es gibt noch mehr von der Sorte!"

Sie schaute mich erstaunt an.

"Wieso weißt du das nicht?"

"Ich weiß nie was."

"Nein", sie schüttelte den Kopf, "Noita muss dir das doch alles erklärt haben, als du dein Herz eingetauscht hast."

"Noita hat mir gar nichts erklärt! Und wenn es nach mir gegangen wäre, wäre ich jetzt Tod."

Ihre Stirn legte sich in Falten und ich wunderte mich, dass ihre Haut dazu noch im Stande war.

"Aber, du musst es doch gegen einen Wunsch von dir eingetauscht haben?"

Nun war ich, deren Stirn sich kräuslte.

"Ähm...nö...eigentlich nicht."

Ihre Stirn glättete sich immer noch nicht.

"Welche Perlenträgerin bist du?"

Ah, endlich etwas, dass ich wusste!

"Ich sehe den Tod anderer Menschen vorraus."

"DU bist die Totenperlenträgerin?!"

"Ja", sagte ich vorsichtig.

"Oh mein Gott! Wie lang gabs das denn schon nicht! Es ist sicherlich schon mehrere Tausend jahre her!"

"Hallo? Ich warte auf Aufklärung!"

"Du könntest es mit dem Königsperlenträger aufnehmen!"

"Und was kann der so tolles?"

Sie schaute mir kurz tief in die Augen.

"Er entdeckt die Perlenträger. Er sucht sie und wenn er sie berührt, weiß er welche Gabe sie besitzen."

"Aber weiß das Noita nicht?"

"Nein. Sie bestimmt zwar die Perlenträger, braucht aber den Königsperlenräger um sie aufzuspüren. Das heißt, sie macht ein Kind zum Perlenträger, muss dann aber danach wieder verschwinden. Der Königsperlenträger sucht sie dann wieder für sie. Und dann hat sie dich entgültig."

"Das heißt, dass mir dieser Typ schonmal begegnet ist?"

Sie nickte.

Verdammt, wer war das?!

"Weißt du noch, wie er ungefähr aussah? Oder wie er hieß?"

Ihr Blick glitt in die Ferne. Sie lächelte leicht.

"Oh ja. Er war echt gut aussehend. Doch keine konnte ihn haben. Keine. Er war an niemanden interessiert und als er meine Gabe herausgefunden hatte, verschwand er einfach wieder."

Bei dem Wort gutaussehend fiel mir prompt Jemand ein, doch ich verschob den Gedanken.

"Welche Gabe, hast du eigentlich?"

Das lächeln verschwand.

"Ich sehe die schlimmste Tat im Leben eines Menschen und die schlimmste Tat, die dem Menshcen in seinem ganzen Leben wiederfährt."

Ich zuckte zusammen. Bei der Vorstellung, dass alles durchleben zu müssen, wurde mir übel.

"Das hört sich...zimlcih scheiße an."

Sie lachte laut auf. Kalt und rasselnd.

"Es hat mir alles genommen! Alles! Meine Familie, meine Freunde, mein Leben! Ich musste sie alle nach der Reihe, dazu bringen diese Tat zu tun. Die schlimmste Tat inderen Leben."

"Wie meinst du das?"

"Ich meine, Jeder Perlenträger muss abhängig seiner Gabe andere Aufgaben erfüllen. Meine Tat war es, den Menschen dazu zu nötigen, seine schwärzeste Tat sofort umzusetzen."

Ich schluckte schwer. Der Klos in meinem Hals, schien bei jedem Satz größer zu werden.

"Aber manche Menschen, hatten diese Tat, doch schon sicherlich hinter sich? Und wie bringst du sie dazu?"

"Wenn die Menshcen, diese Tat schon hinter sich hatten, werde ich sie dazu bringen, solche Schuldgefühle zu haben, dass sie sich am Ende selbst aufgeben. Zerfressen von der Schuld stürzen sie sich in den Freitod. Und wie ich sie dazu bringe? Ganz einfach, alles passiert aus einem Grund. Auch ihre schwarze Tat. Ich locke sie, flüstere ihnen ihre Wünsche zu. Das Ergebnis, was sie sich dadurch erhoffen. Und irgendwann unterliegt sich mir ihr Wille, den selbts in ihren Schlafträumen, sind sie nicht vor mir sicher."

Mir klappte der Mund auf. Die Vorstellung brachte mich schon alleine fast um den Verstand.

Grausam.

"Und du kannst auch nichts dagegen machen? Genauso wie ich?"

Ihr Gesicht wurde zu einer Eiskalten Maske.

"Nein, du bist ihr Sklave, ihr Diener. Was musst du für sie machen?"

Ich unterdrückte die Tränen, versuchte nicht an die kleine Emma zu denken, die nie die Chance zum Leben hatte. Unbewusst strich auf meine Narbe. Ihre Narbe.

"Ich muss Menschen für sie umbringen."

Sie schaute mir direkt in die Augen.

"Jeder von uns muss etwas schreckliches tun und ich sag dir, dass ist erst der Anfang. Es kommt noch schlimmer. Viel Schlimmer. Am Anfang bringst du Menschen um, die du nicht kennst. Doch am Ende...bringst du deine Familie um. Deine Freunde. Alles. Tötest dein Leben selber, bis du keinen Zweck mehr siehst auf Erden zu weilen. Und dann nimmst du die letzte, sich dir bietene Möglichkeit. Den Selbstmord. Denn die Fähigkeit sich selber Schmerzen zuzufügen kann Noita nicht unterbinden. Es ist das einzige, was noch dir gehört. Alles andere...lässt sie verschwinden."

Ich keuchte auf. Nein!

"Ist das der Grund, warum du dich umbringen willst?", flüsterte ich heiser.

"Ja."

Ungefragt streckte ich meine Hand aus. Sie schaute mich fragend an.

Ich berührte sie und wurde in ihre Todvision geschleudert.

Ich war innerlich Tod, unglücklich und einsam. Die Tatsache mit der Schuld leben zu müssen, alle verloren zu haben, die mir was bedeutet haben, lastete zu schwer auf meinen Schultern. Ich wollte nicht mehr. Nicht mehr Leben!

Das Wasser rauchte beruhigend unter mir her.

Ich kletterte mit meiner noch vorhandenen Kraft auf die Brüstung.

"Danke", sagte ich zu dem Mädchen hinter mir.

Dann sprang ich. Ich weiß nicht ob sie mein letztes Wort gehört hatte, doch die Dankbarkeit, die ich für sie empfand, war das schönste letzte Gefühl, dass ich mir vorstellen konnte.

Sie ließ mich springen. Ließ mich endlich meine ersehnte Erlösung finden. Ich war ihr unendlich Dankbar. Und dann traf ich aufs Wasser. Ich lächelte.

 

Luftschnappend wurde ich zurück gerissen.

Sie will es.

"Wie heißt du eigentlich?"

Entschlossen blockte sie mir in die Augen.

"Amie. Und du?"

"Nimoe."

Sie streckte mir ihre Hand entgegen, die ich schüttelte.

"Es war mir eine Ehre dich kennen gelernt zu haben Nimoe. Und eine Freude, mein Wissen weiter zugeben."

Amie drehte sich um. Beugte sich gefährlich nah über diue Brüstung und ich musste mich zusammen reißen, sie dort nicht weg zureißen.

"Woher hast du dieses wissen?"

"Von dem Königsperlenträger."

Sie kletterte auf die Brüstung.

"Noch eine letzte Frage. Wie heißt er?"

Sie stand nun dort oben, blickte versonnen auf das Wasser.

"Ray. Sein Name war Ray Black."

Alles stürzte in mir zusammen. Ray? Aber wie...?

Ich drehte mich um, wollte nich sehen, wie ich dieses Mädchen sterben lassen. Ging stark weiter.

"Danke", hörte ich sie noch leise flüstern udn ich wusste das sie gesprungen war.

Ich biss die Zähen zusammen und war froh, dass sie meine Tränen nicht sah.

Das Klatsch geräusch, dass ich vernham, als sie auf das Wasser aufkam, brachte mich doch zu einem Schlurchzer.

Ich ballte meine Hände zu Fäusten. Sie wollte es so!

Doch ich musste mich auf mein neues Ziel konzentrieren.

Ray Black finden.

"Ray", zischte ich, "wenn ich dich finde, bist du ein toter Mann."

 

Die Dunkelheit verschluckte mich, die Männer mit den Brechstangen warfen mir böse blicke zu, wenn ich vorbeiging.

Die Tränen waren getrocknet, doch die Erinnerung blieb.

Klatsch. Das Geräusch ihres Aufpralls. Dieser Knall, schien sich in mein Hirn gebrannt zu haben.

Ich suchte schon die ganze Nacht nach Ray. Wo steckte dieser Dreckskerl bloß?!

Doch was war, wenn er auf der anderen Seite war?

Na dann konnte ich lange warten, bevor ich ihn fand!

Wütend trat ich gegen eine Häuserwand.

"Nimoe White!"

Entsetzt drehte ich mich um.

Eine zerzauste, dreckige und fuchsteufelswilde Grace stand mit verschrenkten Armen hinter mir. Ungeduldig tippte sie mit ihren Zeigefinger auf ihren Arm.

Ich war ungemein froh sie zu sehen, doch ihr Gesichtsausdruck war mehr als nur erschreckend.

"Ja?", fragte ich kleinlaut und blieb wo ich war.

"Wieso hast du dich nicht gemeldet?!", fuhr sie mich auch schon an und ich zuckte zusammen, doch bevor ich auch nur erwähnen konnte zu antworten, fuhr sie Fingerfuchtelnd fort, "du hast nicht einmal angerufen! Und ich bin sicher, dass man selbst hier ein Telefon kennt! Außerdem hättest du mir ruhig mal sagen können, dass hier mehr als nur ein neuer Boxtrainer gewählt wird!"

Ich wollte grade zu meiner Verteidigung ansetzen, doch sie redete unerbiterlich weiter, "Halt. Ich war noch lange nicht fertig! Du weißt schon, dass hier nen haufen Scheiße passiert, oder?! Und weißt du eigentlich was für Sorgen ich mir gemacht habe?! 2Wochen! ZWEI WOCHEN hab ich nichts mehr von dir gehört! Nachdem du wie ein Zombie mein Haus verlassen hast, muss ich natürlich nicht wissen wie es dir geht oder so! Wie konntest du mir sowas antun! Ich sitze dort und frage mich, wo zum Teufel du steckst und du bist einfach hier OHNE MIR ETWAS ZU SAGEN! Und weißt du eigentlich wie viel Mühe es mir gekostet hat hier herein zu kommen?! Das kannst du dir echt nicht vorstellen! Aber zum Glück ist jeder Idiot auf dieser Welt bestechlich! Das hatte ich zumindesten immer gedacht! Aber hier schien irgendwie niemand drauf anzuspringen! Also musste ich diesen Typen, der schon bedrohlich mit seiner Waffe vor meiner Nase rumfuchtelte mit meinem Pfefferspray ausknocken! Stell dir mal vor, dass hätte ich nicht dabei gehabt! Ja was dann?! Und weißt du was mir das gekostet hat, weil der Typ ie halbe Gegend zusammen geschrieen hat?! Fünf meiner frisch lackierten Fingernägel! FÜNF! Und nur weil, da nen haufen anderer vorbei kamen und meine Flucht nicht ganz so ohne war?! Kannst du auch nur annähernd nachvollziehen was ich durchgemacht habe?!"

Schweratmend stand sie vor mir und funkelte mich an.

"Fertig?", fragte ich.

"Nein warte. Ich hab dich echt verdammt lieb Nimoe. So jetzt bin ich Fertig."

Gerührt blickte ich sie an, schritt auf sie zu und nahm sie feste in den Arm.

"Ich dich auch."

Sie erwiederte die Umarmung und aus ihrer Stimmer konnte ich ihr lächeln heraus hören.

"Das hoffe ich doch, sonst war diese ganze Aktion nämlich umsonst gewesen."

"Nichts ist umsonst!"

"Stimmt, jetzt weiß ich wenigstens, dass so ein Pfefferspray wirklich echt Lebensnotwenig ist."

Ich lachte. Bei ihr konnte ich wirklich meine Sorgen für einen Augenblick vergessen.

Sie löste sich langsa von mir und schaute mich besorgt an.

"Erzähl mir, was alles passiert ist."

Seufzend, dachte ich eine Weile darüber nach, wei ich das vergangene am Besten erzählen konnte, ehe ich auch schon Anfing.

Ihre Reaktion daurauf werde ich nie vergessen, denn sie zeigte wie viel Glück ich mit Grace hatte.

 

"Dieses Arschloch! Dieser Hirnamputierte, großkotziege, Pillepalle, Obermacker, Gorillerarsch!", schrie Grace los und sprang auf, als ich ihr die Geschichte erzählt hatte.

Ich setzte den Zeigefinger an die Lippen und bedeutete ihr so, still zu sein.

Wir waren bei mir Zuhause im Zimmer und meine Mom schlief neben an.

"Dieser...dieser...Rey Black!", sie schüttelte wütend ihre Faust und lief unruhig im Zimmer rum, während ich sie vom Bett aus neugierig her anstarrte.

"Wir müssen was unternehmen! Wie hast du Ray Black sonst immer gesehen?", fragte sie und drehte sich entschlossen zu mir um, womit sie das rumgetiegere unterbrach.

"Ich habe ihn eigentlich nie gefunden. Er kam immer zu mir. Letztes Mal war es, als Stephano seine Rede gehalten hatte", meinte ich grübelnd und setzte mich im Schneidersitz aufs Bett, wobei ich mein Herzkissen nahm und es fest an mich drückte.

Grace nickte und schien zu überlegen.

"Dieser Stephano ist noch ein Punkt. Wir müssen herausfinden wer es ist und was er vorhat!"

Beeidruckt sah ich sie an, wie sie sich langsam einen Plan zusammenlegte, der für mich abere leider nichts logisch Nachvollziehbares enthielt.

Ich meinte in ihren Vortrag, indem sie ihren Plan vorstellte, sowas wie: eine Armee zusammenstellen und angreifen, herausgehört zu haben.

"Grace?", unterbrach ich sie, ohne ihr wirklich zugehört zuhaben.

Sie blickte mich an, hielt mitten in ihrer Gestik inne.

"Ja?"

"Es Tut mir leid, das ich dir weh getan habe, andem Tag, wo ich Emma umbringen musste." 

Sie winkte ab, was mich wirklich erstaunte.

"Darum kümmern wir uns noch, irgendwie muss ich dich dazu bekommen, den Befehl standhaft zu bleiben. Aber das ist der Unterpunkt von Ray suchen. Denn wenn wir Ray haben, wird er uns auch sicherlich so einiges zu erzählen haben", ihre Augen funkelten Begeistert, "und dann BUMM, sind alle Probleme aus der Welt geschafft!"

Ich hob eine Augenbraue.

"Ich glaube kaum, dass Ray die Lösung zu meinen problemen ist. Er bereitet mir eher mehr Probleme, als sie zu lösen!"

"Nur weil du dich in ihn verliebt hast, heißt das nicht..."

"Ich soll WAS gemacht haben?!", ich fiel fast geschockt vom Bett runter.

Sie sah mich durchdringend an.

"Nicht?"

"Nein!", schrie ich entsetzt und empört, "ich könnte mich doch niemals in den verlieben! Ich mein...ER IST DER NACHFAHRE VON NOITA!"

Sie zuckte gleichgültig mit den Schultern.

"Na und? Dann hat er eben ne scheiß familie..."

"Seine Familie hat mein Leben zerstörrt!"

"Mhh", machte Grace noch immer nicht ganz überzeugt und ich war drauf und dran meinen Kopf gegen die Wand zu schlagen.

"Mhhh", machte sie erneut.

"Was mhhh?"

"Naja zu mir hats du gesagt, ich soll leise sein, aber selber schreist du die ganze Gegend zusammen. Das ist echt keine Gleichberechtigung!"

Ich starrte sie an, mein Auge zuckte.

"Du bringst mich echt um den Verstand!"

Sie warf ihr Haar zurück und lächelte.

"Das haben schon so einige Jungs gesagt."

Ich schloss die Augen und ließ mich erschöpft, nach hinten in die Kissen sinken.

"Nimoe? Noch wach? Du kannst jetzt nicht einfach schlafen! Nicht, bevor du meinen genialen Plan überhaupt gehört hast!"

Der Rest ihrer Parade ging bei unter, da ich schon weggedämmert bin.

 

"...und damit hatte ich mir so viel Mühe gegeben! Und weil eine gewisse Person meinte einschlafen zu müssen, habe ich fast den ganzen Plan vergessen!", schmollte Grace weiter.

Schon den ganzen Morgen, versuchte ich sie Irgendwie aufzuheitern.

Sie saß auf unserem Küchenstuhl, die Beine angezogen, die Arme drum geschlungen und den Kopf oben drauf postiert. So schaute sie mich schon die ganze Zeit auffordernd an.

"Ich hab dir doch schon jetzt zum 35 Mal gesagt, dass es mir Leid tut!", meinte ich und ließ meine Beine baumeln. Ich saß auf der Anrichte, was mir schon so einiges mal das leben gerettet hatte, als sie vorhin trotzig damit angefangen hatte, mit Gegenständen um sich zu werfen.

"Pah! Ich will keine Entschuldigung! Es gibt nur eine Möglichkeit, die Sache wieder hinzu bekommen!", meinte sie und lächelte dabei hinterhältig.

"Und die wäre?", fragte ich und hatte das miese Gefühl, mich auszuliefern.

"Ich darf dich schminken, dir die Haare machen, deine Nägel lackieren, dich in ein Kleid stecken, dir hochhackige Schuhe anzihen", zählte sie an der Hand auf und grinste immer Teuflischer.

"Nie im Leben! Never Ever! No way! Endstation!", unterbrach ich sie, bevor sie noch ihre grausigen Pläne in die WIrklichkeit umsetzte.

Sie zog einen Flunsch und machte Hundeaugen. Ganz, ganz große süße Hundeaugen.

"Ahhh", schrie ich und hielt mir die Hände vor den Augen, bevor ich auch noch eine Sekunde weiter in diese herzzerreißende Augen geguckt hätte.

"Bitte."

"Nein!"

"Bitte."

"NEEEEEIIIINNN."

Sie antwortete nicht mehr und ich spähte vorsichtig durch meine Finger hindurch...direkt in ihre riesigen Kulleraugen. Sie stand direkt vor mir.

"Geh weg!"

"Och bitte! Sonst bin ich ganz ganz unglücklich. Willst du das etwa?"

Ihre Augen füllte sich mit Tränen und ihre Unterlippe zitterte leicht.

"Hrumpf...mhhh...von mir aus."

"Jaaa", schrie sie mir freudig ins Ohr und ihr Gesicht wurde wieder das einer 17 Jährigen Frau. Zum glück.

Sie zog mich an meiner Hand von der Anrichte und schleifte mich mit sich. Es war gruselig, wie gut sie sich schon hier auskannte...und wie wohl sie sich hier fühlte.

 

"Muss das sein?", fragte ich ängstlich, während sie mich auf einen Stuhl setzte.

Sie baute sich vor mich auf und ich zog den Kopf ein.

"Nimoe! Du hast es versprochen!"

"Ich habe gar nichts versprochen!"

"Pfff, das tut hier nichts zu sache. Du wirst mir Danken, denn wir beide, haben heute noch was vor."

Dabei zwinkerte sie mir zu und verschwand im Bad um das Haarzeugs zu holen.

Unruhig überlickte ich, ob sich ein Fluchtplan lohnen würde...

"Wenn du abhaust, werde ich dich finden und dann kannst du dich auf was gefasst machen!", ertöhnte ihre Stimme aus dem Bad. Mist!

Seufzend lümmelte ich auf den Stuhl herum und wartete bis sie endlich aus dem Bad kam.

Es krachte und kurz darauf kam ein Fluchen.

"Was machts du da eigentlich?"

Doch meine Aussage wurde von einer Tür unterbrochen, die laut aufschlug.

Grace stampfte vollbeladen bis obenhin ins Zimmer. Wankend schritt sie an mir vorbei. Der Berg war so groß, dass ich ihr Gesicht kaum erkennen konnte. Stöhnend warf sie alles aufs Bett und drehte sich zufrieden zu mir um.

"So", sagte sie breit grinsend und rieb sich die Hände, wie ein Bösewicht. Fiel nur noch, dass sie sich einen nichtvorhanden Schnurrbart zwirbelte, ihre nicht vorhandene Kittycat streichelte und ein Teuflisches lachen austieß.

Alles in mir zog sich zusammen, als sie mit der Wimperntusche auf mich zukam.

Es sah aus wie eine Waffe. Eine Tödliche Mordswaffe.

Und schon sprang ich auf und rannte weg.

"Nimoe!", schrie sie mir hinterher und ich hörte sie schon hinter mir herrennen.

Dann wurde ich zu Boden gerissen.

 

"Au. Aua. Autsch. AHHHH, das Ding ist heiß, HEIß! Du verbrennts mein Ohr! Hilfe, ich sterbe!"

"Hör auf so rum zuzappeln! Dann würde sowas gar nicht erst passieren", meinte Grace tadelnd und wedelte mit dem Glätteisen vor meiner Nase rum.

Ich hasse dieses Foltergerät!

"Anstellen? Tu ich doch gar nicht...ich meine, DU HAST MICH AN EINEN STUHL GEBUNDEN!"

Sie zuckte mit den Schultern und kam mit diesem Ding, meinem Gesicht wieder sehr nahe. Ich wich zurück, soweit das mit meinem NOCH nicht befestigten Kopf ging, doch sie kam unerbitterlich weiter.

"Man, echt Nimoe!", meinte sie und stemmte die Hände in die Hüfte, "wenn du so weiter machst, werde ich sicherlich noch einen Gürtel finden, mit dem ich auch deinen Kopf irgendwo festbinden kann!"

"Du hast doch schon alle meine Gürtel benutzt!", meinte ich gespielt beleidigt.

Sie ließ die Arme fallen.

"Ein Strick, Seil oder kabel wird es auch tun."

Ich schluckte schwer und stellte mir vor, dass das Fernsehkabel um meinen Kopf gewickelt war. Aber auf der anderen Seite, könnte ich dann möglicherweise fernseh gucken...mhhh...owohl so nen angeschlossenes Kabel um mein Hirn ist glaub ich wirklich nicht gut...aber Fernsehen...Kabel oder Fernsehn...

"So fertig!", schreckte mich Grace aus meinen Gedanken.

"Endlich!", rief ich berfreit, "darf ich jetzt losgebunden werden?"

"Mal überlegen...nein", sagte sie und grinste.

"Was?! Aber warum nicht?"

"Weil ich jetzt noch ein Outfit für dich suchen muss", erklärte sie mir wie selbstverständlich, "also ehrlich Nimoe! Was bist du eigentlich für ein Mädchen? Und nein ich will keine Antwort darauf haben", setzte sie hinzu, als sie sah, dass ich schon den Mund aufgeklappt hatte.

Ich schnaubte.

"Wozu eigentlich das ganze?", fragte ich interessiert.

"Wozu wohl?", ertöhnte ihre Stimme weiter hinter, da sie sich schon an meinem Kleiderschrank zuschaffen machte, "natürlich um Ray zu finden!"

Ahaaaaaa...das sagte mir grad überhaupt nichts.

"Achso, natürlich...bei mir klingelt garnichts! Bin ich jetzt sowas wie ein Köder oder was?! Und er wird sicherlich NICHT drauf anspringen! Und wie genau willst du das überhaupt bewerkstelligen?!"

"Überlass das mal mir Süße."

Ich hustete gekünstelt.

"Ich bin an einen Stuhl gefesselt! WAS ANDERES KANN ICH AUCH GAR NICHT!"

"Das scheint dich echt aufzuregen, oder?"

Ich verengte die Augen.

"Wen würde das schon nicht aufregen?! Sind ja auch nur schließlich MEINE Gürtel, die du dafür benutzt!"

"Uff", machte Grace, als ächtzend Irgendwas hinter mir zusammenbrach.

Ich hatte das Gefühl, dass Grace mir kein bisschen zugehört hatte.

"Grace", begann ich gefährlich ruhig, "was zur Hölle hast du da hinten gemacht?!"

Wütend versuchte ich gegen den Stuhl und MEINE Gürtel anzukämpfen, doch das Resultat war leider, dass ich mit einem kleinen Erschreckenslaut umkippte.

"Aua", heulte ich als ich mit dem Gesicht zuerst auf meinen Boden klatschte.

So lag ich da also, mitg meinem Gesicht gegen den Boden gepresst, nach vorne gekippt, der gesamte Stuhl hinten drauf.

Sah bestimmt zum Tot lachen aus.

"Och nichts. Ich hab nur dein Regal ausversehen rausgerissen...lässt sich bestimmt kleben, oder sowas und WOAH, was machst du da?", fragte sie mit erstickter Stimme, bevor sie in einen lauten Lachkrampf ausbrach. Doch Plötzlich verstummte sie und ich wunderte mich was jetzt nun wieder passiert war. Aber leider hat eich grad ja nicht so den Durchblick...

"Was NEIN!", schrie sie und ich spürte wie ich ruckartig zurück gerissen wurde.

Prüfend sah sie mich an und atmete erleichtert aus.

"Puh, ich dacht schon, dass du mein zwei Stündiges Kunstwerk ruiniert hättest, aber abgesehen von dem Dieleabdruck in deinem Gesicht, der hoffentlich schnell wieder verschwindet, ist alles noch gut."

Ich funkelte sie an. Doch dann bemerkte ich, das etwas, was sie in den Händen hatte.

Entestzt stöhnte ich auf. Als sie meinen Blick folgte, grinste sie.

"Ich weiß gar nicht, was du dagegen hast. Das ist doch voll schön", meinte sie und hielt es mir demonstrativ vor die Nase.

"Nein! Pack es jetzt doch nbicht auch noch aus!"

"Warum hast du es dann?", fragte Grace und wedelte damit vor meinem Gesicht rum.

"Meine Mom meinte, ich könnte sowas mal vertragen...", erlärte ich seufzend.

"Dein Mom hat volkommen Recht! Schau dir das doch mal an!", forderte sie mich auf und hielt es vor sich.

Das Kleid war schwarz und trägerlos. Oben war es eng und auch um die Taille war ein Band gebunden. Nach unten hin, ging es fließend und faltig. Es ging bis über das Knie.

Ich musste zugeben, dass es eigentlich wunderschön war...NEIN! Ich muss gar nichts zugeben!

Schmollend sah ich sie an und wadte den blick ab.

"Stimmt doch gar nicht!", log ich.

"HA! Ich hab doch deinen Blick gesehen. Dir gefällt es! Dir gefällt es, dir gefällt es, dir gefällt es...", sang sie und tanzte mit dem Kleid durch mein Zimmer.

"Warum muss ich mir das angucken?! Binde mich los!"

"Dir gefäääääääääääääält es!"

"Ahhhh. Vorort der Hölle!"

"DU maaaaaaaaaaaagst es!"

"Lalalalalalalalalalala..."

"Was ist denn hier los?!", fragte plötzlich eine Stimme von der Tür her und Grace und ich hörte automatisch auf, irgendwas zu tun und schauten zur Tür.

"Eine Party? Ohne mich?", fragte meine Mom, die gegen den Türrahmen gelehnt stand und uns belustigt musterte.

"Ähm...also...hallo Misses White!"

Freudestrahlend kam Grace auf meine Mom zugelaufen und hielt ihre Hand hin.

Verdutzt beobachtete ich, wie meine Mom die Hand lächelnd ergriff.

"Und mit wem habe ich die Ehre?"

"Grace Millton. Beste Freundin von Nimoe und ihr Gewissen. Außerdem wäre sie ohne mich verloren und würde unter ständigen Aggressionen, sowie Depressionen leiden."

Meine Mom lachte und ich wäre am liebsten Grace an die Gurgel gesprungen. So viel zum Thema Agressionen...

"Na dann, bin ich ja froh, dass sie dich hat", meinte meine Mom, bevor sie sich umdrehte und verschwand.

Grace stand noch immer da und blickte meiner Mom hinterher.

"Wow. Du hast echt ne coole Mom. Und sie ist echt verdammt hübsch!"

Ich schaute Grace an, die immer noch bewundert aus der Tür starrte.

Meine Mom war ziemlich Groß. Um die 1.80m, hatte Rabenschwarzes hüftlanges glattes Haar, volle Lippen, ein ebenes Gesicht, dunkle geheimnissvolle Augen, lange schlanke Beine, schmale Taille,...also kurz, der Trum jedes Mannes. Und ich habe nichts von ihr. Nichts! Eins sag ich euch, dass ist echt deprimierend...so viel zu den Depressionen...

"Ähm...Grace?"

Sie reagierte nicht.

"Garce!"

Sie schaute mich an, schien aus einer Trance gerissen zu sein.

"Ja, was ist denn?"

"So toll ich es auch finde, dass meine Mom jetzt dein Großes Vorbild ist, aber würdest du mich bitte losbinden!"

Sie schüttelte einmal den kopf, schien ihre Gedanken zu sortieren und nickt dann.

"Natürlich. Aber das Kleid musst du trotzdem anziehen", meinte sie grinsend und befreite mich von MEINEN Gürtel.

Ich weiß nicht warum, aber das regt mich immer noch auf.

"Danke", meinte ich zischend und verschrenkte die Arme.

"Tja und nun ab ins Badezimmer!"

Und das Schicksal zwang mich erneut, hinter Grace hergeschliffen zu werden.

Danke Schicksal, du mich auch!

 

"Also, ich weiß nicht Grace", meinte ich und sträubte mich gegen ihren Willen, der mich in diese Disco ziehen will.

Wir standen vor dem Eingang der einzigen Disco von Darkness. Der laute Beat ließ die Erde vibrieren und es dröhnte in den Ohren.

Der Türhsteher schaute uns schief an, als wir dann doch zu ihm hintrotteten.

Er versperrte uns den Weg und sowas konnte ich überhaupt nicht haben! Ich war zwar nicht ganz freiwillig hier, aber sowas ließ ich mir nicht gefallen.

"Hey! Was soll das?!"

Grace schaute mich warnend an, doch ich ignorierte sie.

"Ich lass euch nicht rein", grunzte der Türsteher.

Mir platzte der Kragen.

"Und warum nicht?! Haben sie überhaupt ne Ahnung, wie lange das gebraucht hat um so auszusehen! Ich habe ein Kleid an, Schuhe, die höher und spitzer sind als der Eiffelturm und mitdenen ich ihnen jederzeit in ihre Weichteile treten könnte! Männer, ihr seid alle gleich! Bracht vielleicht ein paar Minuten um euch fertig zu mahcne, ABER DAS HAT MEHRERE STUNDEN GEDAUERT!"

Grace neben mir, die ein rotes kurzes Kleid von meiner Mom trug und dazu passende rote High-heels, stand wie meine bessere Hälfte neben mir und schaute mich beeindruckt an.

Der Türsteher schaute mich erst erstaunt an, doch dann lachte er.

"Ich bin Miles. Freut mich dich kennen zulernen Nimoe White."

Ich starrte ihn an.

"Ähm...kenn ich dich?"

Er lachte erneut.

"Nein, aber so ziemlich alle kennen dich. Vor allem die Lightness haben ein Auge auf dich geworfen. Du bist wirklich die Richtige. Aufbrausend, stark und unberechenbar. Außerdem lässt du dir von niemanden etwas sagen, was mir persönlich sehr gefällt."

Ich fühlte mich...verfolgt. Wenn ich nun paranoid wurde, war das wahrscheinlich kin Wunder. Wahrscheinlich schaue im mich nun immer um, wenn ich irgendwo her ging. Toll.

"Okay", sagte ich langsam.

Gruselig.

"Wir gehen dann mal", meinte Grace, zwinkerte Miles zu und verschwand mit mir im inneren des R.I.P.s.

Ja ich weiß, echt ein beruhigender Name für eine Disco. R.I.P.

Ich hatte das Gefühl, dass dies noch ein sehr langer Abend wird.

 

"Komm schon", meinte nun schond er Dritte zu mir, "tritt den Lightness bei."

Ich saß and er Bar, habe mir geschworen keinen tropfen Alkohol zu trinken, doch so langsam wurde es echt verlockend. Dieser Typ ging mir nämlich gewaltig auf die Nerven! Vielleicht wurde es mit Alkohol erträglicher?

Nein! Kein Alkohol! Ernner dich, was das letzte Mal passiert ist, Nimoe!

"Soll ich dir mal nen Witz erzählen?", unterbrach in den Typen, der neben mir saß. Er war grade dabei davon zu reden, dass ich die Welt verändern konnte, wenn ich nur wollte.

Er schaute mich verwirrt an und ich musste sagen, dass es schon gut aussah. Blondes Strubbelhaar, blaue Augen, vondenen ein strahlen ausging. Doch er war nicht mein Typ.

"Geht ein Vergewaltiger mit nem Jungen in den Wald. Sagt der Junge zum Vergewaltiger: Ist echt dunkel hier! Sagt der Vergewaltiger: Was soll ich denn sagen? Ich muss gleich alleine zurück..."

Er blinzelte. Man ey, echt kein Humor!

Ich schnappte mir mein Glas Cola, sprang vom Hocker und schritt durch die überfüllte Disco, vorbei an Tanzenden, knutschenden, oder sonst was von Leuten.

Auf dem Weg zur Toilette quetschte ich mich zwischen einer Footballmanschaft hindurch, die anscheinend ausgelassen feierten und mir hinterher pfiffen.

Kopfschüttelnd verschwand ich in der Damentoilette und war froh, dass die Musik hier nicht so sehr dröhnte und Rauch hier nicht so augeprägt vorhanden war.

Tief einatmend schritt ich zum Waschbecken und wunderte mich, dass ich anscheinend die einzige hier war.

Schulterzuckend stellte ich mein Glas ab und öffnete den Wasserhahn. Kaltes Wasser spritzte ich mir ins Gesicht. Es tat meinem erhitztem Gesicht gut und ich fühlte mich augenblicklich besser. Viel besser.

"Na, noch immer nicht zu den Lightness gewechselt? Wovor sträubst du dich eigentlich?"

Erschrocken hob ich den Kopf und blickte in den Spiegel.

Eine Frau, so um die 40, stand an einer Kabinentür gelehnt und beobachtete mich kühl.

Meine Augen verengten sich.

"Was geht Sie das an?"

Sie verschränkte zusätzlich die Arme und musterte mich.

"Ich bin Lin. Die Anführerin der Lightness."

Ich drehte mich zu ihr um und lehnte mich ebenfalls ans Waschbecken.

"Ach schön, dass ich endlich den Ursprung des Übels finde! Ihre kleinen Anhänger sind echt schlimmer als Versicherungsvertreter! Ein verpiss dich akzeptiren die ja nicht! Ein Schlag ins gesicht auch nicht. Nein, die müssen ja unbedingt, dann noch unebitterlicher weiter kämpfen! Also sag ich Ihnen mal was: Lassen Sie mich in Ruhe!"

Ihr Blick wurde tödlich.

"Du hast keine Wahl. Du kannst nichts anderes als mitzumachen."

Mein Herz setzte kurz aus und mein Atem wurde flacher.

"Wie meinen Sie das?", steiß ich hervor und biss mir auf die Lippe.

Siegessicher schaute sie mich an.

"Ein Vögelchen könnte Stephano zuzwitschern, dass du es gewesen bist, die Don umgebracht hat", meinte sie und wischte sie Staub von dem Ärmel.

Mein Blick verdunkelte sich.

"Und wie wollen Sie das beweisen?", zischte ich und ballte die Hände zu Fäusten.

Desinteressiert schaute sie mich an.

"Schätzchen, dass ist einfacher, als du denkst. Aber hat dich jetzt nichts anzugehen."

"Hören Sie auf mich Schätzchen zu nennen!", schrie ich und funkelte sie an.

Verwundert sah sie mich an, ehe ihre Augen vor Zorn funkelten.

"Wag es nicht so mit mir zu sprechen! Du hast keine Wahl! Schließe dich uns freilwillig an, oder wir werden dafür sorgen, dass du dir wünscht, du wärst nie geboren worde!"

Wütend stieß ich mich ab, schritt auf sie zu.

"Wollen Sie mich erpressen?!"

Ich blickte ihr direkt in ihre blassblauen Augen.

"Wenn es nötig ist!"

Unglaubliche Wut überschwemmte mich.

"Sie haben doch keine Ahnung!"

"Was bildest du dir ein?! Im gegensatz zu dir, habe ich Ahnung!"

Dieser Satz, den ich sooft zuhören bekam, nur weil man nicht mit meiner Herkunft zufrieden war, ließ mich jegliche Beherrschung verlieren und meine Faust schoss direkt in ihr Gesicht.

Und mal wieder wurde ich in eine Todesvison gerissen.

Ich stand auf einer Straße. Eine Straße in Darkness. Sie war zerstörrt. Man sah Feuer und Rauch, hörte Schreie, nahm die Kampfgeräusche war.

Endlich war es soweit! Der Kapf gegen die Anhänger Stephanos war im vollen Gange und wir konnte gar nicht anders, als Gewinnen!

Doch plötzlich hörte ich ein schleifen hinter mir.

Kevin stand dort. Blutverschmiert. Eine Axt in den Hände.

"Oh Kevin, schön dich zu sehen", meinte ich und lächelte.

"Warum kämpfst du nicht!", schrie er mir entgegen, "du hast uns denen ausgeliefert. Das sind kein e normalen Menschen! Was hast du uns angetan?!"

Meine Mundwinkel zuckten.

"Es gibt Dinge, die du nicht verstehst! Kämpf weiter!"

Er spuckte Blut auf den Boden.

"Meine Freunde, Kameraden sind dort gestorben!"

Und dann sauste die Axt auf mich nieder, ohne, dass ich es kommen sah.

 

Polternd flog die Damentoilette auf. Lin und ich stürzten umschlingt heraus. Erschrocken schrieen Menschen auf, die in der Umgebung standen und fast von unseren Hieben und Tritten getroffen wurden.

"Geh von mir runter, du Schlampe!", schrie sie, doch ich schlug weiter auf sie ein.

Plötzlich Arme und Hände griffen mich grob und rissen mich brutal von ihr weg.

Ihre Anhänger, die ich leider heute schon kennen gelernt hatte, hielten mich eisern fest.

Wutschnaubend stand Lin auf. Blut rann ihren Wangen hinunter und ihr rechtes Auge schwoll zu, was ich zufrieden registrierte.

Sie winkte den Jungen von der Bar zu sich, dermir einen unergründlichen Blick zuwarf, zu sich heran.

"Du", sagte sie und atmete tief durch, "erteile ihr eine Lektion."

Sein Blick zeigte kurz entsetzen, doch als den Gesichtsausdruck seiner Befehlshaberin bemerkte, nickte er kurz und schritt auf mich.

Mein Magen zog sich zusammen und ich schuate ihn an. Er erwiederte den Blick nicht.

Scheiße! War Grace immer noch auf der Tanzfläche?!

Ich wurde in eine dunkle Nische gezogen, vernab von den neugierigen Blicken. Die Musik spielte weiter, niemand schien was zu bemerken.

Ich wehrte mich gegen die Griffe um meinen Körper, doch die drei Männer ließen nicht los.

Dann holte der Junge aus und schlug mir so fest in den Magen, dass ich dachte, er hätte mir jede Rippe gebrochen. Die Luft presste aus meinen Körper, ich wollte zusammensacken. Der nächste Schlag folgte, trieb mir Tränen in die Augen.

Mein Atem rasselte. Ich keuchte. Der Dritte Schlag. Der Vierte.

"Wenn ich wegen dir, keine Kinder mehr bekommen kann, weiß ich ja, wem ich das zu verdanken habe", röchelte ich, als sie nach den 20 Schlägen von mir locker ließen.

Der Junge lächelte nicht, schien auch nicht glücklich als Lin ihn zufrieden lobte.

Ich lag zusammengekauert auf den Boden.

Doch trotzdem nahm ich allen Mut zusammen und spuckte ihr auf die Schuhe.

Ihr Blick wurde Mordlustig.

Ein heftiger Tritt, gegen meinen Brustkorb ließ mich erneut keine Luft mehr bekommen.

"Manieren wirst du noch lernen!"

Entschlossen blickte ich ihr in die Augen, doch als ich an ihre Schultr vorbeiblickte, endeckte ich den V.I.P bereich. Er war als Balkon über die Tanzfläche angebracht. Ein Junger Mann, der sich auf seinen Stuhl umgedreht hatte, als würde er nur zufälligerweise kurz ein Blick hinter sich werfen, starrte mich an. Er hatte den perfekten Blick auf das gehabt, was geschehen war. Es war niemand anders als Ray.

"Trittst du den Lightness bei?", fragte mich Lin. Fehlte nur noch, dass sie mir mit einer Lampe, ins Gesicht leuchtete.

"Ich scheiße drauf", sagte ich, wandte ihr den Blick zu und kassierte einen Tritt ins Gesicht.

"Holt den Eimer", meinte sie eiskalt.

Den Eimer? Ich befürchtete schlimmes.

Ein paar Männer schleppten einen gammligen, alten schwarzen Eimer an. Er war gefüllt mit Wasser. Ich schluckte. Das würden sie doch nicht wirklich...?

Der Eimer wurde direkt vor mir plaziert und mir wurde schlecht. Richtig schlecht.

"Überlegst du es dir anders?", fragte sie mich zuckersüß.

Kämpferrisch schaute ich ihr in die Augen. Fest und unbezwingbar.

"Fotze", sagte ich und spürte wie mein Kopf ins Wasser gedrückt wurde.

Das letzte was ich hört, bevor mein Gesicht bekannschaft mit dem Wasser macht, war das der Junge: kleine Kämpferin sagt, und die anderen nickten.

Das Wasser war kalt, brannte in den Augen. Ich wollte wieder nach oben! Doch man drückte mich unerbittrelich weiter. Die letzten Luftblässchen fanden ihren weg nach Oben. Ich strampelte, kämpfte, wollte nicht ertrinken, doch es half alles nichts. Das Gefühl keinen Sauerstoff mehr zu haben, ihn aber zu benötigen, brachte mich fast um.

Ich schrie und schrie. Verschluckte Wasser, was die ganze Situation noch schlimmer machte. Ich brauchte Luft. Jetzt! Mein Bewusstsein entglitt langsam.

Doch bevor ich mich entgütigend damit abfinden konnte, in einem stinkendem Eimer zu sterben, wurde ich wieder herausgerissen.

Ich saugte die Luft in mir auf, meine Lungen brannten, doch ich achtete nicht drauf!

Dann erbrach ich Wasser, hustete und brach schließlich Kraftlos auf den Boden zusammen.

Mein Herz raste und ich hatte Angst, dass sie das noch einmal taten.

"Grace", wimmerte ich und rollte mich zusammen.

"Seid ihr bescheuert?!", schrie eine aufgebrachte Stimme und ich drehte mich um.

Ray stand vor Lin. Hinter ihm drei Männer, die er augenscheinlich außer gefecht gesetzt hatte.

"Was geht dich das an? Stephano Anhänger?", meinte Lin ruhig.

"Noch einmal", meinte sie abwesend zu einem der Männer, der meinen Kopf unsicher über den Eimer hielt. Ich zitterte und schlurchzte, bat jedoch kein inziges Mal um Gnade.

"Aber ich weiß nich ob sie das überleben wird. Das letzte Mal war schon nen Wunder. Wenn sieder Typ nicht gekommen wäre, aslo ich weiß nicht".

Ich blickte hoch. Meine Tränen, die mir die Wangen hinunter liefen, tropften in den Eimer.

Ray erwiederte meinen Blick. Er war verzweifelt.

"Tu es!", schrie Lin.

"Nein!", brüllte Rey.

Mein Kopf wurde wieder über den Schlund geschoben.

Mit letzter Hoffnungslosigkeit, schrie ich: "Grace!"

Dann wurde ich auch schon in die Finsterniss gedrückt.

Ich gab schneller auf, als letztes Mal.

Was wohl daran lag, dass ich einfach keine Kraft mehr hatte.

Dunkelheit umhüllte mich warm.

Wieso hatte ich nicht einfach zugestimmt? Den Lightness zugestimmt?

Weil ich nicht gegen meinen Willen handeln wollte, bantwortete ich mir die Frage selbst.

Ich hasste es, wenn Leute mein Leben bestimmten!

Die Wohlwollende Wärme erfüllte mich, doch bevor ich mich der Anderswelt ganz hingeben konnte, wurde der Eimer weggeschleudert.

Jemand hatte mit voller Wucht gegen getreten.

Das Wasser kippte um und ich war frei!

Doch ich konnte mich nicht bewegen, konnte nicht atmen.

Lag in einer Art Bewustlosigkeit, hatte keine Kraft mehr das Wasser asuzuspucken.

Wie ein Toter Fisch lag dort auf den Boden, mit dem Gesicht noch in einer Pfütze.

"Verdammt!", schrie eine Stimme und ich wurde sacht auf den Rücken gedreht.

 "Nimoe! Schau mir in die Augen Nimoe!", die verzweifelte Stimme, berührte mich und ich blickte in die schönsten und sanftesten Augen, die ich je gesehen hatte.

Der Karch verschwand, der Tumuld sowie der Lärm rückten in den Hintergrund.

Wie hypnotisiert schaute ich diese grünen Augen. Sie sahen nach Freiheit aus. Nach Leben. Das saftige Grün, das einen daran erinnert wie man im Sommer über eine Wiese läuft, das Funkeln, wenn man Nachts in den Sternen bedeckten Himmel guckte.

Vielleicht wird es das letzte sein, was ich sehen werde. Denn mein Bewusstsein verabschiedete sich und ich gleitete davon.

"Nein!", schrie der Junge.

Ich spürte Tränen die auf mein Gesicht tropften.

Wieso ist er traurig? Es soll nicht traurig sein!

Und dann legten sich unglaublich sanfte Lippen auf meine.

Sie schmeckten nach Salz, nach Rauch, nach Sanftheit und Leidenschaft...und Liebe?

Sie pusteten mir Luft in meine Lungen. Leben.

Prustend riss ich meinen Kopf weg und spuckte das Wasser aus.

"Man, ich fühl mich wie ein Wahl", murmelte ich heiser und hielt mir die Ohren zu, als der ganze Lärm wieder auf mich einschlug.

"Wie konnten Sie es wagen! Lass mich los!", schrie, mir eine sehr bekannte Stimme, hinter mir.

Darauf folgte ein Krachen und ich regrestrierte, dass die Musik aus war, Geschrei und Gebrüll an stelle gerückt waren.

Scheiße, was war hier los?!

Schweratmend lag ich immer noch auf dem Boden.

"Du Schlampe! Lass Lin los!"

"Ich zeig dir gleich Schlampe, du Hurensohn!"

Oh mein Gott. Wenn Grace solche Wörter ausstieß, dann war hier aber was los.

 "Hast du mich grade Hure genannt?!", quetschte eine andere Stimme dazwischen.

"Was?! Wer sind Sie denn?!"

"Ich bin keine Hure! Nenn mein Sohn, nie wieder Hurensohn!"

Darauf folgte ein Klatschen.

"Au! Hören Sie auf, mich mit ihrer Handtasche zu schlagen!"

Ich öffnete die Augen. Hob langsam meinen Kopf.

"Ach zur Bodellmutter Gottes!", fluchte ich.

Um mich herum schlugen sich Menschen, erwürgten sich, stochen auf sich ein.

Die "normalen" Menschen, die nichts damit zu tun haben, stürmten zum Ausgang.

Die Security kam nicht durch die Menge.

Grace hatte ihr Pfefferspray auf Lin abgefeuert, die sich schreiend auf dem Boden wand.

Ein Mann, wollte ihr helfen, rutschte aber auf irgendwelchen Blut aus.

Grace selber wurde von einer älteren Dame in Schwarz mit ihrer Handtasche zusammengeschlagen.

"Ich bezweifle, dass Gott überhaupt ein Bordell hat", meinte Stimme.

Zitternd stand ich auf, wobei ich mich an einem Tisch festklammerte und drehte mich langsam um.

Ray saß auf einem halb abgebrochenen Tisch...und rauchte sie eine?!

Der Aschenbecher neben ihm, rettete er mit einer geistesgegenwährtigen bewegung am runter fallen, als jemand gegen den Tisch geschleudert wurde.

Die Person sackte auf dem Boden zusammen.

"Okay", sagte ich langsam und versuchte meine Verwirrung zu sammlen, es gelang mir überhaupt nicht, "was zur Hölle ist hier los?!"

"Großes Wiedersehen", meinte Ray mit der Zigarette im Mundwinkel.

ich hätte sie ihm am liebsten rausgerissen und sowas wie: Rauchen ist ungesund geschrieen.

"Aha", sagte ich langsam. Meine klatschnassen Haare, ließen mich daran erinnern, was ich vor kurzen noch war. Nämlich Halbtod.

"Müsste ich jetzt nicht eigentlich Tod sein?", fragte ich und versuchte einem typen auzuweichen, der sich mit einem Messer auf einen anderen stürzte.

Dabei stieß ich gegen den Tisch auf dem Ray saß.

"Eine Danke wäre auch nett", meinte er.

Ruckartig fuhr ich herum.

"DU hast mich gerettet?!"

Er stieß Racuh aus.

"Jo. Und deswegen ist das hier", er breitete die Arme aus, "passiert."

"Versteh ich nicht."

Er ließ die Arme sinken.

"Komm schon! Ich weiß zwar nicht, was genau du von den Lightness woltest, aber dich gleich ertränken zu lassen", er schüttelte den Kopf, "außerdem hättest du wissen müssen, das sich Stephanos Leute heute hier rumtreiebn!"

"Momentmal!", schrie ich aufgebracht und tippte ihn gegen die Brust, "ICH will schon mal gar nichts von den Lightness! Aber DIE wollen mich nicht in Ruhe lassen! Und als ich nicht beitreten wollte, Lin verprügelt und alle beleidigt habe, dann meinten die mich zu ertränken! Und ich wusste nicht, dass ihr hier seid! Ich weiß gar nichts!"

"Schickes Kleid."

"Hörst du mir überhaupt zu?!"

Er blickte mir in die Augen. Grüne funkelnde Augen.

Ich schnappte nach Luft.

"Du hast mich geküsst!"

"Sonst wärst du gestorben!"

"Du hast mir meinen ersten richtigen Kuss geklaut!", schrie ich und schubste ihn kräftig von der Tischplatte.

Mit einem überraschten Aufschrei, fiel er auf die zusammen gesakcte Person.

Ich drehte mich auf den Absätzen um und maschierte zu Grace, die immer noch mit der alten Dame haderte.

Ich war Wütend.

Richtig wütend.

Gerade als die Frau noch einmal mit ihrer Handtasche zuschlagen wollte, hielt ich sie fest und schmiss sie über meine Schulter nach hinten.

Dem Schrei nach zu folgen, traf sie irgendeinen Unglückseligen.

"Sie", meinte ich und zeigte mit meinen Finger auf die Frau, die mich böse anguckte, "hören jetzt sofort auf, meine beste Freundin zu schlagen, sonst werde ich sehr, sehr ungmütlich!"

"Gossenmädchen", zischte sie und ich trat ihr, ohne mit einer Wimper zu zuken, feste gegen das Schienenbein.

Grace, die sich sauer ihre Haare wieder richtete, blickte mich strahlend an, als sie miche erblickte.

"Dich kann man, aber auch keine Minute alleine lassen, oder?", sie lachte und ich packte sie bei der

Hand, um so schnell wir möglich hier abzuhauen.

Er war schwieriger als gedacht, sich zwischen sich gegenseitig umbringenden Leuten zu schlängeln. Ich musste an alte Westernstreifen denken, indenen sich die Leute in den Pubs auch immer geprügelt hatten. Genauso sah es hier auch.

Die Barhocker wurden dazu missbraucht, sich die Köpfe einzuschlagen, die Stühle um sich die Rippen zu brechen und die Tischkante für die Hälse.

Ich hatte das gefühl, ich sei in einer Irrenanstalt.

Als wir es fast bis zum Ausgang geschafft hatten, hörten wir Schüsse, die Lampen zum platzen brachten.

"Nimoe White! Bleib gefälligst hier! Auf sie, Lightness!", schrie Lin, die sich mir mit schmerzerfüllten Gesicht zugewandt hatte. In ihrer Hand eine Pistole.

"Nein! Sie gehört uns!", rief Ray., "Stephano will sie haben!"

Alle blickten mich an.

Ich blickte Grace an, die leicht mit dem Kopf in Richtung Ausgang zeigte.

"Ihr könnt mich mal!", schire ich und rannte mit Grace raus.

Hinter uns hörten wir noch die Feinde, wie sie wieder anfingen sich anzugreifen, weil sie ausfechten wollten, wer jetzt das Recht auf mich hatte.

"Bleib stehen!", schrie und Lin noch hinterher, doch die Nacht verschluckte uns und wir waren Dankbar dafür.

Denn ich hatte jetzt ein Problem.

Lightness, sowie Darkness ar hinter mir her. Und nicht nur die, sondern auch alle anderen Neutralen Menschen, wegen der Tatsache, dass ich Don umgebracht hatte.

Ich glaube, ich hatte ein Problem. Wieso immer ich?!

 

"Ahhh! Bleib mal stehen! Man Nimoe! Meine Hacke ist abgebrochen! JETZT BLEIB STEHEN!", schrie Grace die stehen geblieben war.

Wir rannten immer noch durch die Nacht, da irgedeiner von diesen Idioten es leider geschafft hatte, uns zu verfolgen.

"Grace! Beeil dich!", zischte ich und blieb unruhig mitten auf der Straße stehen.

"Man! Es geht nicht, ich stecke fest!", ertönte ihre genervte Stimme hinter mir.

"Du steckst JETZT fest?! Ich dacht, dein Absatz ist abgebrochen?!"

Keine Antwort.

Ich drehte mich um.

Grace lag auf dem Bauch. Ihre Hand stecktge in dem Gulli und sie schaute mich entschuldigend an.

"Sag mir jetzt bitte nicht, dass du den ABGEBROCHENEN ABSATZ daraus holen wolltest?!"

"Ähm...aber wenn es so ist?", fragte sie vorsichtig und ich schlug mir mit nder Handgegen die Stirn.

"Garce verdammt! Das kann doch wohl nicht wahr sein!"

"Hör auf darum zu stehen und hilf mir! So langsam spür ich meine Hand nich mehr!"

Kopfschüttelnd machte ich mich auf dem Weg zu einer mich vorwurfsvollen anguckenden Grace und versuchte sie nicht auszulachen.

"Okay. Und wie machen wir das jetzt?"

"Keine Ahnung. Aber bitte beeil dich, der Gulli stinkt."

Versucht mal bitte bei so einem Satz ernst zu bleiben. Ich lachte los und übertönte die lauten Vorwürfe von Grace, die Beinestrampelnd auf dem Boden lag und mich dazu bingen wollte ihr jetzt sofort zu helfen.

Räuspend versuchte ich mich unter kontrolle zu bringen und so zutun, als ob ich nie gelacht hätte, was durch Graces Killerblick aber unmöglich wurde.

Ich bückte mich und zog an ihren Beinen.

"Au!"

Ich ließ los und ihre Beine knallten aufs Asphalt.

"AUA!"

"Oh...sorry."

"Du bist echt keine Hilfe!"

Schultern zuckend kniete ich mich neben sie und versuchte ihre Hand asu dem Gulli zu ziehen.

"Au. AHHHH. AUA. DAS TUT WEH! ARRGHHH! Du bringst meine Hand um! Wetten ich hab gleich keine mehr!", jaulte sie wärhend ich meine Beine gegen eine Hauswand drückte, um ihre Hand raus zuziehen.

"Wen haben wir denn hier!...ähm...was macht ihr da?!"

Grace und ich hielten in unseren Positionen inne, schaute nur unschuldig auf.

Der Junge, der mir in den Magen geschlagen hatte, stand dort.

Er schaute uns verwirrt an. Rechts von ihm stand Miles, der belustigt den Kopf schüttelte.

"WAS?!", fauchte ich.

"Nimoe, ich glaub wir haben besuch."

"Ach wirklich!"

"Da ihr euch anscheinend noch nicht mal verteidigen könnt, wird es ein leichtes sein, euch zu Lin zu schleppen!"

"Kommt mir nicht zu nah! Ich...äh...habe eine Waffe!", rief ich und kam mir richtig armselig vor.

Der Junge hob eine Augenbraue.

"Und die wäre?"

hektisch schaute ich mich um, während Grace mich erwartungsvoll ansah.

Ich sprang auf und riss ihr den anderen noch heilen Stöckelschuh vom Fuß.

"Das hier!", sagte ich und hielt meine "waffe" hoch.

"hey! Gib mir meinen Schuh wieder!"

"Ich rette hier vielleicht unser Leben!"

"Aber nicht mit MEINEM Schuh!"

"Dir war es doch auch egal, wessn Gürtel du benutzt, um mich an einen Stuhl zu ketten!"

"Das ist was völlig anderes! Das ist der letzte heile Schuh! Nimm den anderen!"

"Der andere ist kaputt! Ich brauch die Hacke, außerdem was willst du mit nur EINEM SCHUH?! Einen auf Dornrösschen machen?!"

"Dornrösschen?! Das war Aschenputtel!"

"Mir doch egal!"

"Ja, aber wenn du das schon sagst dann muss es wenigstens richtig sein! Denn-"

"Schluss jetzt!", mischte sich doch tatsächlich dieser Junge da ein!

"Schnauze!", schrieen Grace und ich gleichzeitig, ehe wir uns wieder unserem Problem widmeten.

"Ja, aber wer war denn dann Dornröschen?"

"Das war diese, die sich irgendwas in den Finger gerammt hatte und deswegen...ähm...irgendwie war die dann in son nem Rosenschloss und ein Prinz hat sie dann wach geküsst...oder sowas."

Ich erinnerte mich wieder an Rays Lippen auf meinem. Ich konnte mir schon deken, wie sie sich gefühlt hatte...

"Schön, dass ihr euch so gut mit Märchen auskennt! Da wir nun euren Märchentraum zerstören müssen, folgt uns, oder wir beide müssen euch leider mitnehemn. Also kommt ihr mit? Wie heißt ihr eigentlich?", fragte mich dieser Ich-unterbreche-gerne-sehr-wichtige-gespraäche-Fritze!

"Wir sind Dornröschen und Aschenputtel! Sieht man das denn nicht! Und wer seid ihr? Der Böse Wolf und Rumpelstilzchen?"

"Also ich bin dafür, dass ich der böse Wolf bin. Obwohl dann bin ich ja böse...", meinte Miles nachdenklich und ich fragte mich ernsthaft, was die nochmal hier wollten.

Auch Rumpelstilzchen wurde dies zu bunt.

"Miles! Hör auf! Lass und jetzt das Schloss stürmen!"

"Das was?"

Rumpelstilzchen zeigte genevt auf uns.

"Lin will Dornröschen und Aschenputtel haben. Also NEHMEN WIR SIE JETZT AUCH MIT!"

"Heißt das, die Märchenstunde ist vorbei?", schniefte Grace hinter mir und Miles nickte betrübt.

Rumpelstilzchen sah aus, als wäre er kurz davor, alle zusammen zuschlagen.

Ich räusperte und entgegnete Rumpelstilzchens Mordsblick selbstsicher.

"Ähm. So kleine Frage am Rande. Wie wollt ihr Aschenputtel daraus bekommen? Denn sie wollte ihrem Schicksal engehen und ihren Schuh sichern, damit ihr Leben nicht so verläuft, wie in allen Geschichten...und jetzt steckt sie fest. Ach un übrigens, wie wir ja jetzt alle sehen, stimmt diese Prinzenscheiße gar nicht! Denn den Schuh hat kein Prinz gefunden, sondern der Gulli gefressen! Wahre Prinzen gibt es nämlich gar nicht!"

"Und jetzt zusammen gefasst?"

"Sie steckt fest."

"Scheiße"

"Das kannst du wohl laut sagen."

"Fresse."

"Hey! Das ist noch kein Grund so mit mir rum zuspringen!", meinte ich beleidigt und fragte mich, ob dieser Abend eigentlich noch merkwürdiger werden kann.

"Ich kann so mit dir umspringen wie es mir passt!", brüllte er urplötzlich los und alles verstummte.

Diese Situation war nicht mehr witzig. Wilder Zorn stand in seinem Gesicht geschrieben. Er sah aus, als ob er jedem Moment Amok laufen würde und ich war mir nicht sicher, ob er nicht auch eine Waffe hatte.

"Beruhig dich mal! Du brauchst sie wirklich nicht so anzuschreien", meinte Miles beschwichtigend.

"Du hast doch keine Ahnung, was passiert, wenn Lin nicht pünktlich das bekommt, was sie will! Außerdem sind uns Stephanos Mistgeburten auf den Fersen!", rastete Rumpelstilzchen nun entgütligend aus und ich bekam etwas Angst um Grace.

Aus den Augenwinkeln, sah ich wie Grace an ihrer Hand rüttelte.

Sie wirkte verzweifelt, schätzte die Lage ähnlich wie ich.

"Das kann doch wirklich nicht so schlimm sein", meinte Miles es gut...und löste damit eine Lawine.

Denn Rumpestilzchens Augen verfielen des Wahnsinns.

Er riss eine Pistole aus seiner Innentasche und ich wich zurück.

Ich hielt die Luft an, bekam Panik.

Grace rüttelte nun so stark, dass ich befürchtete sie würde sich die Hand brechen.

"Schau dir meinen Rücken an! Schau in dir an!", brüllte Rumpelstilzchen drehte sich um und hob sein Oberteil hoch.

Über den ganzen Rücken zogen sich Striemen, streifen, Narben.

Ich stieß zischend die Luft aus, Grace wimmerte.

Rückwärts schritt ich langsam zu Grace.

"Scheiße! Was hat sie mit dir gemacht?!", Miles schien erst jetzt richtig zu bemerken das er ziemlich in Klemme saß.

Rumpelstilzchen drehte sich wieder um un lachte wahnsinnig.

"Sie ist zu allem fähig! Und peitschenhiebe sind noch nicht mals das schlimmste! Sie hat Philes die Haut abgezogen! DIE HAUT! Und das nur weil, er aussteigen wollte! Sie hat meinen besten Kumpel umgebracht und mir seine Leiche vor die Füße geworfen! Hast du nicht gesehen, was sie mit Dornröschen gemacht hat? Sie wollte sie ertränken! Als Rache, weil sie nicht beitreten wollte! Es gibt keinen Ausweg KEINEN!"

Miles erstarrte, schaute mich unsicher an und ich fing an zu zittern, als ich wieder an den Eimer dachte. An das gefühl, wie sich meine Lungen mit Wasser füllten.

"Dornröschen! Du wirst deine Freudin jetzt innerhalb von zwei Minuten daraus geholt haben, sonst werde ich ihr den ganzen Arm abtrennen und weiter gehen.

Ich schluckte. Und wie wollte er das machen?

Doch ich traute mich nicht zu fragen, er schien aber die Frage in meinen Augen zu lesen.

Grinsend holte er ein langes Messer aus seiner Hosentasche und ich wollte gar nicht wissen, was er sonst noch alles versteckte, geschweige denn, wozu er alles bereit war.

Grace schlurchzte und ich eilte zur ihr, setzte mich neben sie und schaute mir ihre Hand an. Sie war angeschwollen und rot.

"Grace das schaffen wir."

Sie blickte mich mit verheulten Augen an.

"Er will mir den Arm abhacken", heulte sie und ich legte ihr tröstend den Arm um die Schultern, solange bis sie sich einigermaßen beruhigt hatte.

"Noch 1 Minute!", sagte Rumpelstilzchen.

"Das kannst du doch unmöglich machen Felix!", versuhte Miles auf ihn einzureden.

Doch Felix richtete nur seine Waffe auf ihn.

Fieberhaft überlegte ich, wie ich ihre Hand daraus befreien kann.

"Noch 30 sekunden!"

Und dann fiel es mir ein.

Als Grace mir die Handschellen umgetan hatte, kam ich nur heraus, weil mein Blut mein Handgelenk so glitschig gemacht hatte. Es hatte die gleiche Wirkung wie Seife!

Verzweifelt suchte ich nach einen Gegenstand mit dem ich mich verletzen konnte.

"Darf ich das Messer mal kurz haben?", fragte ich Felix.

"Damit du mich abstechen kannst?! NEIN!"

Hallo, wer von usn beiden, hat den hier die Pistole?!

"Noch 15 sekunden", meinte er mit einem höhnischen Grinsen im Gesicht.

Panisch drehte ich mich im Kreis und fand dann endlich eine zerbrochene Bierflasche.

Ich sprintete hin, nahm mir die Größte, spitzeste Scherbe und hielt sie mir über dem Arm.

Scheiße...WO SOLL ICH REINSCHNEIDEN?!

"Noch 10, 9, 8..."

Ich nahm einfach die Scherbe und ratschte sie mir über meinen gesamten Handrücken.

Blut quoll heraus und ich rannte zu Grace, die mich aus großen Augen ansah, schmiss mich neben sie und ließ mein Blut um auf ihre Hand fließen. Sie verstand und versuchte es so gut es ging überall einzureiben.

"3, 2, 1. Dein Arm ist fällig."

Seine Tonlage erinnerte mich, wie ich früher immer verstecken gespielt habe und der Fänger immer "3,2,1. Ich komme!", gerufen hatte.

Doch Kindheitsernnerungen passten jetzt nicht hierher.

Grace zog an ihrer Hand und...sie stgeckte immer noch fest.

Er kam auf uns zu.

"Felix! Das kannst du doch nicht machen!"

Felix drehte sich zu Miles um.

"Noch ein Wort, und du bist Geschichte!", schrie er.

Diese Ablenkung brauchte ich und warf die Scherbe in den Rücken.

Denn auch das Blut half Grace nicht. Ihre Hand war zu angeschwollen.

Miles Mund klappte auf, seine Augen weiteten sich, als merkte, was ich getan hatte.

Doch zu meinem Entsetzen drehte sich Felix um.

Die Scherbe war nicht lang genug, sie tat ihm nichts.

Die Fratze in die ich blickte, als er mich ansah, brachte mir bei, das meine schlimmsten Albträume gar nichts waren.

Mit erhobener Pistole kam er augf mich zu.

Grace rüttelte erneut, schrie dabei meinen Namen, doch ich blickte Felix nur aufrecht ins Gesicht.

Seine Hand mit der Waffe shlugen mich auf die Wange.

Mein Kopf riss nach rechts, Tränen in meinen Augen.

"Kleine Kämpferin. Weißt du ich hatte dich sehr gern. Für mich warst du was besonderes. Das Mädchen, dass nie aufgab", er berührte meine Lippen, ich hätte ihm am liebsten drauf gebissen, doch als er anfing mir übers Haar zu streichen, schlug ich seine Hand beiseite. Seine Mundwinkel zuckten und es folgte eine Ohrfeige, ich blickte ihm weiterhin stolz ins Gesicht, dort, wo seine Waffe auf mein Gesicht geschlagen hatte, tropft Blut, "Ich mag dich immer noch. Du bist hübsch und du hast was. Was einzigartiges. Doch so darfst du nicht mit mir umgehen", tadelte er mich und der Wahnsinn in seinen Augen, machte mir Angst.

"DENN SO GEHT NIEMND MIT MIR UM!", brüllte er und legte sein Messer an meinen Hals.

"Willst du mir nicht etwas sagen", flüsterte er und drückte das Messer fester gegen meinen Hals. Blut tropfte runter.

"Du impotentes Arschloch! Lass sie los!", schrie Grace verzweifelt. Miles war bei ihr und versuchte ihr zu helfen.

"Miles!", bellte Felix und schleppte mich mit sich, ein paar Meter weiter.

Miles blickte auf.

"Geh von ihr weg, oder ich schieße!"

Miles schien unschlüssig, wusste anscheinend nicht, was er tun sollte.

"Was willst du von mir?", versuchte ich Felix von Miles abzulenken.

Es klappte, er schaut mich wieder an.

"Ich will, das du mir gehörst."

"Nie im Leben."

Und das war nicht ich, die antwortete.

Auch nicht Grace. Auch nicht Miles.

Es war Ray, der von ein paar anderen Männern flankiert, am anderen Ende der Straße stand.

Ich glaube, ich war noch nie so froh gewesen, ihn zu sehen.

"Was geht dich das an, Bruder!"

Bruder?!

Rays Miene vedüsterte sich.

"Du weißt das wir keine Brüder sind!"

Felix lachte dreckig und drückte mir so das Messer tiefer in den Hals.

Ich keuchte enstezt auf, der Schmerz war grausam.

Ray zuckte, als wolle er seinen Bruder das Messer aus der Hand schlagen.

Doch leider, hatte dieser auch die Pistole.

"Seid wann das denn?! Nur weil du herausgefunden hast, dass du Adoptiert wurdest! Wir waren unzertrennlich! Und du? Du hast alles zerstört!"

Wut keimte in Ray auf.

"Nicht deswegen! Wir waren unzertrennlich, bis du mit MEINER Freundin geschlafen hast!"

Eifersucht überschwemmte mich, doch ich unterdrückte sie.

"Ach ja. Die kleine Linda. Sie war eine Schlampe und das weißt du auch! Du hast sie noch nicht einmal geliebt, geschweige denn gemocht! Für dich war sie doch nur eins dieser Püpchen, das nett anzuschauen sind, solange sie die Klappe halten! Das kann ja wohl kaum der Grund sein!"

Ich hatte so einen verdacht, was der Grund war.

Und zwar, dass Ray aus Vorsicht und Rücksicht, Felix den Rücken zugekehrt hatte. Wegen Noita. Schlau, er wusste, was sonst möglicherweise auf ihn zugekommen wäre.

"Tja, aber wie du siehst, habe ich jetzt selber Jemanden gefunden. Echt reizend, die Kleine", meinte Felix und strich mir dabei auf an meinen Hals, verfolgte die Blustpur.

Es brannte höllisch.

"Nimm deine wiederlichen Griffel von mir, du männliche Hure", zischte ich und kassierte abermals einen Schlag mit der Pistole ins Gesicht.

"Siehst du", meinte Felix und deutete auf mich, "das macht sie schon die ganze Zeit. Hat echt keinen Respekt, die Kleine. Aber den werde ich ihr schon noch beibringen", sein letzter Satz sprach er hart aus.

"Nenn mich nicht Kleine."

Er schubste mich gegen eine Hauswand. Taumelnd sackte ich zusammen und blieb schwindelig liegen.

Felix lachte.

"Lass sie ihn Ruhe!", rief Ray ärgerlich.

"Achja und warum sollte ich das tun?"

"Was willst du denn von ihr, verdammt?!"

Stille, nur Miles und Graces verzweifeltes keuchen war zu hören. Sie versuchten immernoch Grace daraus zu bekommen.

"mhhh. Ich glaub ich werde sie behalten."

"Behalten? Ich bin doch keine Trophäe!", meinte ich schwach.

Der Tritt ließ eine Rippe von mir laut aufknacken.

Ich schrie.

Das reichte! Das Reichte endgültig!

NIEMAND macht sowas mit mir! Niemand!

"Wie du willst sie behalten?", meinte Ray um Fassung bemüht.

"Was weiß ich denn. Sie wird sicherlich für Irgendwas gut sein. ich habe schließlich gehört, dass ihr ne Mutter ne Hure ist. Und sie soll gut sein. Sehr gut."

Unter schmerzen stand ich auf, rutschte die Wand rauf. Getrieben von unbändiger Wut, nicht mehr Herr meiner Sinne.

Ich stand nun direkt hinter Felix. Schweratmend und wütend. So wütend wie schon lange nicht mehr. Wie noch nie!

Ray blickte mich erstaunt an und Felix folgte seinem Blick, er drehte sich zu mir um.

"Was stehst du hier! Geh weider auf den Boden! Zu dem Dreck, wo du auch hin gehörst-"

Meine Faust in seinem Gesicht unterbrach ihn.

Doch ich war noch lange nicht fertig.

Er ließ das Messer fallen, während er zurück stolperte, von der Wucht meines Angriffs.

Ich hechtete zum Messer, Ray erkannte mein vorhaben, doch ein:"Nein, Nimoe!", hielt mich auch nicht auf. Nichts hielt mich auf.

Das Messer schnappend sprintete ich auf Felix zu, der zu langsam seine pistole gehoben hatte. Trotz meiner gebrochenen Rippe, war ich schnell.

Zu schnell.

Ich wusste, dass nicht mehr ich meinen Körper steuerte. Nicht ich, sondern Noita.

"Bring ihn um!", kreischte ihre Stimme in meinem Kopf und mit Freude stürtzte ich mich auf ihn. Stach ihn nieder. Genoss sein blut, seine Schreie.

Ray rannte auf mich zu, doch es war schon zu spät.

Felix hob zitternd seinen Blutverschmierten Arm und schoss mir direkt in die Brust.

Dann wurde er von mir, mit einem einzigen Stich getötet.

Einem Stich ins Herz.

"Gut gemacht", lobte mich Noita, wie das letzte Mal auch.

Dann fiel ich von ihm runter, sah nur noch, wie mich alle ansahen.

"Scheiße. Das wird eine zweite Narbe geben", dann brach ich zusammen, verschwand ins Reich der Träume und wünschte mir, dass ich diesen ganz Mist überleben würde.

 

Stimmengewirr, ließ mich wach werden.

Ich hielt die Augen geschlossen, tat so, als würde ich immer noch schlafen.

"Stephano will sie sehen und das weißt du auch! Wieso, willst du das nicht?!"

"Ach man, ich weiß es nicht! Ich glaube, er hat nichts gutes mit ihr vor."

"Na und? Sie hat deinen Bruder umgebracht und wir haben es alle gesehen! Wir haben alle gesehen, dass etwas mit ihr nicht stimmte! Ich mein hast du ihre Augen gesehen?! Sie waren schwarz! Schwarz! Sie ist wie besessen auf ihn losgegeanegn! Als...als wäre sie gesteuert worden, oder sowas!"

Leicht öffnete ich meine Augen, spähte zwischen meinen Wimpern hindurch.

Ich lag in einem riesigen Bett. Das Zimmer war ein Schlafzimmer, mit Schrank, Stuhl und Tisch.

Ray und ein anderer Mann, standen sich gegenüber, direkt vor der Tür.

"Und warum hat sie keine Schusswudne mehr?! Sie wurde angeschossen, doch da ist nichts! Was ist sie? Eine Ausgeburtd er Hölle! Mir ist es nur Recht, wenn Stephano sie umbringt!"

"Jetzt halt mal die Luft an Dominick! Hör mit deinem Abergläubischen Gefasel auf! Stephano wird sie nicht umbringen, dafür ist sie viel zu wertvoll!"

Dominick fluchte etwas in einer mir unbekannten Sprache.

"Was ist eigentlich, mit diesem anderen Mädchen, dass welches wir nicht retten konnten?"

WAS?!

"Lin hat sie."

"WOAH! Ich glaubs nicht! Wie konntest du das zulassen!", schrie ich und sprang auf.

Dominick quietschte auf und rannte schreiend aus dem Zimmer.

Weichei.

Ray hob eine Augenbraue.

"Du Arschloch! Lin könnte ihr fürchterliches Antun! Und sie hat eigentlich gar nichts damit zu tun! Wieso habt ihr sie nicht mitgenommen, oder laufen lassen!", brüllte ich und schlug ihn gegen die Brust.

Überrascht wich er ein paar Schritte zurück.

"Beruhig dich Nimoe!"

"Beruhigen? Beruhigen?! Ich wurde entführt und meine beste Freundin ist in der Hand einer Frau, die mich umbringen wollte! ICH ZEIG DIR GLEICH MAL BERUHIGEN!"

Ich erhob meine Hand zum Schlag bereit, doch er hielt sie erstaunlich schnell fest.

Die andere Hand, klatschte dafür auf seine Wange.

Wütend packte er mit einer Hand, beide meiner Handgelenke.

"Lass mich los! Mit dir bin auch noch lange nicht fertig!", zischte ich und wadt mich unter seinem Griff.

"Jetzt hör mir mal zu, Nimoe! Du kannst hier nicht fliehen! Also behersch dich!"

"Sonst was?!"

"Sonst werde ich Gewalt anwenden müssen!"

"Mädchenschläger!"

Er drückte mich gegen die Wand um ich versuchte mit meinen Beinen ihn zu treten.

Doch er presste sie einfach zwischen seinem Körper und der Wand ein.

"Du...du ignorantes...Irgendwas! Es gibt kein Wort, was schlimm genug für dich ist! Du...du-"

Er drückte seine Lippen auf meine und erstickte somit meinen Protest.

Die Welt schien stehen zu bleiben, mein Herz begann zu rasen und mein Wiederstand ging unter.

Ich erwiederte seinen Kuss.

Seine Hand ließ meine Handgelenke los und glitt meinen Rücken hinunter, was eine Gänsehaut bei mir hervorrief. Doch genau dies, brachte mich wieder in die Realität zurück.

Ich schlug due AUgen auf und schubste ihn gewaltsam von mir weg.

"Ich glaubs nicht! Du hast es schon wieder getan!"

"Du bist echt die einzige, die mich immer und immer wieder zurück weißt", meinte er mit rauer Stimme und ich konnte nicht verhindern, dass die Schmetterlinge in meinem Bauch anfingen, wie Selbmordgefährdet durch mein Inneres zu schwirren.

"Soll ich dir mal was sagen! Ich hasse dich, Ray Black! Deine behinderte Großmutter ist einfach ein Zumutung! Noita hat mein Leben zerstörrt!"

Er riss erschrocken die Augen auf.

"Woher?-"

"Ich habe mehr durch gemacht, als du dir vorstellen kannst und ein Mädchen hat mich kurz bevor sie sich umgebracht hat alles erzählt!"

"Amie."

"Korrekt."

"Also Königsperlenträger, wir sehen uns wieder, denn du hast mir noch so einiges zu erzählen!"

Mit diesen Worten schritt ich zur Tür, riss sie auf und verschwand.

 

"Haltet sie auf! Der Todesengel darf nicht entkommen!", rief eine Männerstimme hinter mir, während ich gehetzt wie ein Tier, durch die wirren Gänge lief.

Man hätte mir Ruhig sagen können, das das hier ein Labyrinth war!

Ahhh!

Ich hatte langsam das Gefühl, dass ich durch Kellergewölbe lief, was aber bei den ganzen Treppen, die ich rauf und runter gerannt war, nicht ganz feststellbar war.

Auf jeden Fall war es dunkel, es roch das Schimmel und...Tod?

Wow, beruhigend.

"Was Todesengel? Ich dachte, sie hieß Dornsröschen!"

Oh mein Gott, was waren das denn für Vollpfosten!

Seitenstiche peinigten mich und meine luft wurde zu flach.

Keuchend rannte ich um die nächste Ecke...und blieb wie angewurzelt stehen.

Den ganzen Gang entlang erstreckten sich Zellen.

Kein Licht, ließ mich genau wissen, was sich dahinter befand und um ehrlich zu sein, wollte ich das auch gar nicht wissen.

Hinter mir hörte ich die Männerstimmen näher kommen und lief eilig weiter.

Vorbei an Zelle und Zelle.

Doch plötzlich kam aus einer Zelle ein zittrige Hand heraus.

"Du...du bist die Todesperlenträgerin."

Ich blieb wie angewruzelt stehen und hörte das leise rascheln von Ketten, spürte die Blicke.

"Woher weißt du das?"

"Du bist es wirklich!"

"Da, ich seh sie. Der Todesengel!", schrie einer meiner Verfolger hinter mir und ich sprintete wieder los.

"Rette uns!", schrie mir die unbekannte Zellenstimme hinterher.

Und diese Worte brannten sich in meine Hirn ein, verpesteten es.

Was war hier los?

Ich rannte und rannte, doch meine Verfolger holten auf.

Plötzlich kam ich an eine Kreuzung an.

Recht, oder Links?

Rechts oder Links?!

Scheiße!

Ähm...äh...ene mene miste, es rappelt in der Kiste...

"Da ist sie!"

Oh Gott...RECHTS!

Und ich rannte bindlinks rechts rauf.

Es war Dunkel und ich merkte erst etwas zu spät, das hier eine Treppe kam.

So stolperte ich die Treppe herrauf und ließ mich oben erschöpft auf den Teppich fallen.

Versucht ihr mal im Dunkel, eine unbekannte Treppe herauf zurennen!

Das ist echt schwierig!

Schnaufend kroch ich weiter.

Ich kam solangsam wieder ins Helle.

Eine goldene Tür, schien meine Rettung zu sein.

Ich sprang auf die Füße, rannte mit letzter Kraft dorthin, öffnete sie un ließ mich dann gegen die Tür sinken.

Es war ein Fehler, nicht vorher aufgeguckt zu haben.

 

"Sie! Sie will ich haben! Perfekt!"

Verwirrt blickte ich auf.

Der Raum war groß, golden und leuchtend.

Rote Möbel, stachen mir ins Auge....sowie viele Frauen?

Der Raum war gefüllt mit hübschen jungen Frauen und mittendrin standen drei Männer.

Alle starrten mich an.

Einer der Männer, der aussah wie ein großer, fetter Maffiaboss schaute mich glücklich an.

"Ähm. Hallo?", rief ich fragend in die Runde und fühlte mich sehr, sehr unwohl.

"Wie viel?", fragte der Maffiaopa und schaute einen seiner Begleiter an, der mich mistrauisch beäugte.

"Ich glaub sie gehört gar nicht hierhin."

Maffiaopa schnaubte und grunzte ungehalten.

"Ich bin hier um ein Mädchen zu kaufen und sie ist doch hier, oder?! Also, wie viel?", fragte er ungehalten.

"Momentmal!", rief ich, "Ich gehör hier wirklich nicht hin! Ich wohne noch nicht mal hier! Ich wurde hierhin entführt, weil Stephano irgendwas von mir will, also-"

"Stephano? Oh, dieses Mädchen muss teuer sein", Maffiaopa klatschte genüsslich in die Hände.

Ein dieser Mädchen kam langsam zu mir, während sich Maffiaopa heftig stritten.

"Was machst du hier?", fragte sie mich. Es klang nicht böse gemeint, eher überrascht.

"Wenn ich dir die Wahrheit sagen würde, würdest du mir nicht glauben."

"Doch ich denke schon. Ich bin Samantha und du?"

"Nimoe alias Dornröschen alias Todesengel."

Sie riss die Augen auf.

"Was? Du bist auch eines dieser Kinder?", flüsterte sie mir zu und warf einen Blick über ihre Schulter, um sicherzugehen, dass die beiden noch beschäftigt waren.

"Wie meinst du das?"

"Unten im Keller. Sind diese besonderen Kinder gefangen genommen. Die Kinder, mit den Besonderen Gaben. Du hast ziemlich viel aufsehen erregt und ich dachte du wärt schon längst bei Stephano. Du musst was Besonderes sein."

Ich seufzte.

"Ich bin abgehauen, bevor er kam und was macht ihr hier?"

"Das hier ist Stephanos Harem. Jede von uns wurde seinen Eltern abgekauft, wel wir aus amen Verhältnissen stammen. Der Typ dort ist Valenzo. Er will ein Mädchen kaufen...und leider bist du das."

"Aber...aber, dass kann er doch nicht machen!"

"Lauf", flüsterte sie mir zu, als Valenzo auf mich zukam, Hände reibend, während der Mann neben ihm ein Haufen Geld zählte.

Ich schluckte, drehte mich um und rannte wieder aus der Tür.

"Was...NEIN! Du bist MEIN! Bleib stehen!"

Dieser Satz brachte mich nur noch mehr, zu laufen.

Doch ich nahm nicht Treppe runter, sondern rannte in einen Raum hienein, indem ich dieses mal wirklich hoffte den Ausgang zu finden.

Ich schloss die Tür, suchte hektisch einen Schlüssen und fand keinen.

Den Stuhl der im Raum stand, klemmte ich unter die Türklinke und suchte langsam nach einer Fluchtmöglichkeit.

"So sieht man sich also wieder."

Erschrocken schrie ich auf.

Ray lehnte lässig ein paar Schritt neben der Tür.

"Du bist also immer noch hier."

"Ist auch irgendwie schwerer, als gedacht zu fliehen."

"Ich hatte es dir gesagt, aber ich bin ja schon beeindruckt, dass du in der letzten STunde nicht gefangen wurdest, geschweige denn, etwas passiert ist."

"Nun ja...also so ganz stimmt das ja nicht."

Und wie zur Bestätigung hämerte Jemand wie wild an die Tür.

"Du bist mein! MEIN!"

Wütend starrte Ray an die Tür.

"Wer ist das denn?", zischte er.

"Ich glaub er hieß Valenzo, oder so ähnlich."

"Valenzo?! Wie bist du denn an den geraten?"

"Äh...er hat mich gekauft."

"Er hat WAS?!"

Ich zuckte mit den Schultern.

"Ich kann auch nichts dafür, dass ich immer zur falschen Zeit am falschen Ort bin."

"Stimmt, das bist du wirklich immer."

Ich blickte ihn an und versuchte nicht im Bann seiner Augen zu geraten.

Es war mekwürdig, was für eine Anziehungskraft er auf mich hatte.

"Du bist Mein! Du kannst mir nicht entkommen!"

"Dieser Typ regt mich auf!", meinte Ray und Zorn stand im ins Gesicht geschrieben.

"Mich auch. Als ob ich ihm gehören würde! Pah!"

"Stimmt, du gehörst ja schon mir."

"WAS?!"

"Oh, ähm. Äh...vergiss es."

"Das kannst du dir schön abschminken! Was meintest du damit?!"

Er seufzte ergeben.

"Wenn ich eine Perlenträgerin küssen...dann sind wir aneinander gebunden."

"Und warum zum Teufel, hast du es dann getan?!"

"Weil du sonst gestorben wärst, verdammt!"

Darauf konnte ich nichts mehr sagen.

"Toll. Wirklich ganz große Klasse. Dann lass gefälligst deine Hände bei dir. Und dein Gesicht. Und deine Augen!"

"Sonst noch was?", fragte Ray trocken.

"Mhhh. Ja ich glaub schon."

Die Tür erzitterte, als sich Jemand dagegen warf.

"Gibt es hier Irgendwo einen Ausweg."

"Nur das Fenster."

"Okay. Man sieht sich."

"Nimoe! Du kannst doch jetzt nicht einfach aus dem Fenster springen!"

"Ach nein, dann sie zu und lerne! Ich muss schließlich meine Beste Freundin retten!"

"Das wäre glatter Selbstmord! In beiden Fällen!"

"Tja dann...sehen wir uns halt nicht mehr!"

Bevor mich packen konnte, hechtete ich schon zum Fenster und riss es auf.

Ich schluckte.

Es war hier wirklich ziemlich hoch.

Weit unter mir, sah ich die gespannten Seile, andenen Wäsche hing. Dächer von anderen Häusern zeigten sich in der Sonne.

"Nimoe!"

Ich sah, wie er auf mich zukam und...sprang.

Die Luft sauste an mir vorbei und ich versuchte mit meinen Fingern eins der Wäscheleinen zu erwischen, die sich von Hochhäusern spannten.

Ich erwischte eins, dass leider riss. Als ich mit der kaputten Wäscheleine auf die nächste Häuserwand zuflog, fühlte ich mich etwas wie Tarzan...nur war dieser sicherlich noch nie gegen eine Häuserwand geklatscht.

"Fuuuuuuuck!", schrie ich.

"Nein!", hörte ich Rays Stimme über mir.

Doch bevor ich bekanntschaft mit der harten Wand machen konnte, ließ ich moich erneut fallen. Die Wäscheleine, die es diesmal traf, hielt mein Gewicht.

Mein Herz klopfte bis zum Hals und Adrenalinstöße durchströmten mich.

So hang ich da.

An einer Leine, die sich gefährlich spannte, über einer Straße. Menschen gingen unter mir her, schienen mich nicht zu bemerken. Zu meinem Glück.

Ich hangelte mich langsam, stück für stück vorwärts, darum bemüht mit meinen schwitzigen Fingern nicht abzurutschen.

Das Dach, was mein Ziel war, kam immer näher.

Die Kraft, die es mich kostete, vorrwärts zu kommen, ließ langsam nach und schnaufend fiel ich aufs Dach.

Die Wäscheleine war um den Schornstein gewickelt, der wie ich sah, schon leicht bröckelte.

Stolz richtete ich mich auf und versuchte Ray ausfindig zu machen.

Zu meinem Schock, erkannte ich das Gebäude, indem ich mich vor kurzen noch aufgehalten hatte.

Es war das Rathaus. Das Rathaus, das eigentlich geschlossen sein müsste und baufällig war. Nun ja...wir hatten eben keinen Bürgermeister.

Stephano hatte sich im Rathaus eingenistet. Ich hätte nie gedacht, dass das so groß wäre...

"Wir bekommen dich noch!"

Ich blickte hoch. An einem Fenster standen viele Leute. Ray, Sam, Valenzo und ein paar meiner Verfolger.

Ich zeigte ihnen Mittlfinger, wobei ich Sam lächeln und Ray Lachen sah.

Dann winkte ich noch mal zum Abschied und machte mich drann, von diesem Dach runter zu kommen.

Vielleicht sollte ich wie der Weihnachtsmann durch den Kamin schlüpfen...und stecken bleiben.

 

Ich brauche Urlaub! Ganz, ganz Dringend! Und zwar JETZT!

Diese Gedanken sowie Vorstellungen von Miami zischten durch meinen Kopf, während ich vor den Bewohnern des Hauses weg lief. Ich habe schließlich doch die Möglichkeit mit dem Kamin genommen, was leider dazu führte, dass ich in ein Stelldichein reinplumpste. Und irgendwie fanden das die Beiden nicht ganz so toll. Ich übrigens auch nicht.

"Spannerin! Stalkerin! Stell dich gefälligst! Wir wollen dein Gesicht sehen!"

Die Leute schauten mich schief an, als ich an ihnen vorbei hetzte und von diesen Sprüchen verfolgt wurde.

Plötzlich stellte sich mir einer in den Weg.

Ein breitschultiger Mann mitte 30, der mich grimmig ansah.

"Stopp! Wir müssen Sie bitten mit zukommen."

"Ähm wir? Sie sind alleine, soweit ich das beurteilen kann. Und ich werde ganz sicher nicht mitkommen, bevor ich nicht weiß, mit wem ich es hier zu tun habe!"

"Carsten Wolwa. Geheimpolizei."

"Seid wann haben wir eine Geheimpolizei?"

"Wir sind die Rechte Hand von Stephano de Vita und-"

Schon war ich weg, nahm meine Beine in die Hand und sah zu, dass ich davon kam.

"Hey! Sie sind verhaftet! Hände hoch, oder ich...scheiße! Wo ist meine Waffe!"

Hat der grad wirklich Hände hoch, oder ich scheiße gesagt?

Ich lachte laut los und fiel prompt auf die Nase.

Lachend kugelte ich mich und konnte auch nicht mehr damit aufhören, als ich verhaftet und in ein Auto gequetscht wurde.

 

"Jetzt hör mir doch mal zu! Das Scheiße war nicht auf meine vorherige Aussage bezogen, sondern war eine Aussage, zu der Tatsache, dass ich meine Waffe im Auto liegen gelassen habe!"

"Sicherlich! Es ist dir doch nur peinlich zuzugeben, dass du mich ankacken wolltest! Ist sowas überhaupt legal?", kicherte ich, währen Carsten vor sich hin schimpfend das Auto durch die Gassen fuhr.

Timophy, der Junge Mann neben Carsten konnte sich nur mit Mühe ein  lachen verkneifen.

"Hey! Ich habe dir das "du" doch gar nicht angeboten!", meinte Carsten plötzlich.

"So ganz der Schnellchecker biste ja nicht. Ich dir übrigens auch nicht Carsten."

Timophy lachte leise.

"Ich unterbiete mir diesen Umgang!"

"Tja, dann unterbiete dir das mal schön weiter. Ich werde auf jedenfall weiter machen. Ist es normal, dass du auf Leute scheißt?"

"Hör auf! Das war ein Ausrutscher!"

"Ach, dann hast du es also schon mal getan. Interessant."

Timophy prustete los und auch Carstens Killerblicke ließen es nicht einhalt gebieten.

Wütend umklammerte Carsten das Lenkrad und versuchte mich zu ignorieren, während ich die Tatsache genoss, ihm auf der Nase tanzen zu können.

"So Jungs! Wo gehts eigentlich hin? In nen Stripclub? Ich hab gehört, dass tun solche Kerle wie ihr gerne."

"Ich bin verheiratet", brüstete sich Carsten empört.

"Na und. Meine Mom hat auch viele Verheiratete Kunden. Also schieb das nicht als Fluchtweg vor dich hin."

Bequem lümmelte ich mich auf die breite Rückbank.

"Ich bin GLÜCKLICH Verheiratet!"

"Gib es doch einfach zu. Die alte Schachtel regt dich manchmal furchtbar auf und deswegen gehtste zu einer Frau deines Vertrauens um ein Wenig Dampf abzulassen, weil deine Frau nicht auf Versöhnungssex steht. Sie hat nähmlich zufälligerweise immer Migräne."

"Woher weißst du das?"

"Tja", meinte ich und begutachtete meine Fingernägel, "ich bin gut."

"Sie hat es wirklich voll drauf", grinste Timophy.

"Also, wo gehts denn jetzt hin?"

"Zu uns."

"Ihr wisst schon, dass ich nicht so eine bin, oder?"

"Nicht zu uns nach Hause! Sondern ins Revier!"

"Achso...Ich habe aber keine Zeit!", rief ich aus.

"Hä? Wie du hast keine Zeit!"

"Ich muss Ray noch ausfragen, meine beste Freundin retten, allen aus der Stadt aus dem Weg gehen, versuchen mich nicht erwischne zu lassen, mich mal bei meiner Mutter sehen lassen...und das alles erfordert Zeit!"

"Im Gefängnis wirst du noch genug Zet haben."

"Momentmal...GEFÄNGNIS?!"

"Ja. Du bist verhaftet."

"Warum zur Hölle?!"

"Du hast Don umgebracht."

"Das...das ist eine ganz miese Anschuldigung! Wer hat die Verhandlung geführt? Gibt es überhaupt Beweise? Ich verlange einen Anwalt! Ich bin Minderjährig!"

Stille breitete sich im Auto aus.

"Was?", fragte ich leise, da sich beide beschähmt anschauten.

"Nun, es ist so", meinte Carsten und krazte sich am Kopf, während Timophy aus dem Fenster schaute, "wir wissen es nicht. Und wurde nur gesagt, dich gefangen zu nehmen und dort hin zuschleppen, weil du Don umgebracht hast..."

Ich starrte ihn durch den Rückspiegel an.

"Und du kannst auch keinen Anwalt verlangen, weil...man es und verboten hat. Du musst etwas schrecklich getan haben..."

Mir klappte der Mund auf.

Ruckartig wollte ich die Autotür öffnen...doch sie war verschlossen.

Wütend klopfte ich auf die Gläserne Zwischenwand, die mich von den beiden Vordersitzen trennte.

"Lasst mich hier raus! Ich habe nichts gemacht! Das könnt ihr doch nicht tun!"

Mitleidig schaute Timophy mich an.

Ich atmete tief ein und versuchte sie nicht alle zu verfluchen.

"Wie lange muss ich denn dort im Knast bleiben?"

"Lebenslänglich", meinte Carsten heiser und ich riss die Augen auf.

"WAS?!"

Tränen stiegen mir in die Augen und ich dachte an meine Mom, die mich nie wieder sehen wird...an Grace...an Ray.

"Aber...man darf mich doch besuchen, oder? ODER?!"

"Nein. Du wirst in einen hochsicherheitstrakt gesteckt. Alleine und abgeschottet. Das Essen wird dir durch ein kleines Fach unten in der Tür herein geschoben."

"Das ist jetzt wohl nen schlechter Witz. Was habe ich getan?!"

"Das müsstes du, doch wohl am Besten wissen-"

"Ich habe nichts gemacht, verdammte Scheiße! Ich bin nur von Stephano geflüchtet, als dieser mich entführt hat! ENTFÜHRT! Und jetzt wollt ihr mich wieder zu diesem Wichser schicken, damit er mich in seinen Keller sperren kann?! Wenn ich sterbe, werdet ihr Schuld sein! Meine Mom wird sich bedanken, dass jetzt auch noch ihr letztes Kind weg ist! Sie hat schon ein Kind verloren!"

"Er hat dich entführt?"

"Ja! Nachdem, mich die Lightness gejagt haben!"

"Die Lightness?"

"Ja, du weißt schon, diese Untergrund Organistation, die Stephano stürzen will."

"Was hast du denn mit denen zu tun?!"

"Sie wollten mich umbringen."

"Aber...WARUM?!"

"Weil ich nicht bei denen mitmachen wollte. Weder bei dennen noch bei Stephano! Und jetzt sind allle hinter mir her! Auch so nen Typ der Valenzo heißt!"

"Du hast jetzt nicht ernsthaft Valenzo gesagt, oder?!"

"Doch. Er meinte, er hätte Irgend nen Recht auf mich, oder so."

Ruckartig drückte Carsten auf dei Bremse und ich flog voll gegen die Scheibe.

"Wasn los?", nuschelte ich gegen die Scheibe und versuchte mich langsam wieder von ihr lösen.

"Was weißt du über Valenzo?", fragte Carsten und schien größte Mühe zu haben, sich unter Kontrolle zu haben.

"Ähm. Weiß nicht. Er kauft gerne Mädchen. Und er scheint sehr Mächtig zu sein...und fett."

"Valenzo Galingasis, das ist sein Vollständiger Name. So weit ich weiß, bedeutet Galingasis, der Mächtige."

Ich hob eine AUgenbraue. Der muss aber viel Selbstvertrauen haben.

"Er besitzt keine Feinde, da er sie schon alle umgebracht hat. Er ist der größte Frauenhändler aller Zeiten. Natürlich impotiert und exportiert er auch illegale Dinge. Du sagst, was du haben willst und er besorgt es dir. Alles. Du kannst ihm ein Mädchen beschreiben. Und es gibt es dir. Haargenauso, wie du es dir vorgestellt hattest. Dafür reißt er Familien ihre kinder weg, unterdrückt sie, erpresst sie, verlangt Schutzgeld. Alles was er will, bekommt er auch. Und wenn er dich will, bist du nicht mehr sicher. Sicher vor ihm und seinem Gefolge, dass überall lauert.

Es ist bekannt, dass er ein guter Freund von Stephano ist, aber gerne alles hätte, was ihm wichtig ist. Und da du anscheinend Stephano Igrendetwas bringst, werden sie sich um dich bekämpfen."

Na toll. Das hat mir gerade noch gefehlt. Zwei Großkotzige Idioten, die ihre bewaffneten Männer auf mich loslassen.

"Woher weißt du das?"

Er blickte versonnen auf die Straße.

"Er hat mir meine eigene Tochter genommen, vor meinen Augen vergewaltigt und umgebracht.

Damals war ich noch hoch verschuldet und konnte sein Schutzgeld nicht zahlen. Als Gegenleistung, nahm er meine Tochter. Seiddem bin ich bei Stephano. Inder Hoffnung, mich Irgendwann so hoch gearbeitet zu haben, dass ich Valenzo gegenübertreten kann. Und ihn umbringen."

Ich schluckte und wandte mich an Tomphy.

"Und du?"

"Er nahm mir meine Mutter, verkaufte sie an Irgendein Drecksschwein. Ich weiß nicht ob sie noch lebt, ich weiß nur, dass ich Vergeltung will!"

 Die Stimmung, die indiesem kleinen Auto herrschte, war erdrückend.

"Ihr lasst mich nicht gehen, oder?"

"Wir können nicht. Stephano würde uns dafür bestrafen. Und zwar Grausam."

"Wenn ich da wieder herauskomme, können wir ja mal reden. Wisst ihr wigrnlich, was genau heir vorgeht."

"Nein, aber nichts gutes", murmelte Carsten und fuhr langsam weiter.

"Ich denke", meinte Timophy, "dass Stephano an die Macht will um uns zu benutzen. Wir kennen seine genauen Ziele nicht, aber so langsam entsteht Unruhen. Die Menschen hier, verstehe nicht, warum sie Darkness nicht mehr verlassen dürfen. Manche kontaktieren sogar schon die anderen Städte. Lightness versucht die Menschen, auf ihre Seite zu ziehen. Es ist ein großes hin und her, ohne ersichtliches Ende."

Plötzliche Lautstärke außerhalb ließ uns aufhorchen.

Das Auto fuhr um die Ecke...direkt in einen wütenden Mob.

Menschen tumelten sich um das Haupttor von Darkness.

Ja, Darkness hatte ein Haupttor. Schon immer gehabt.

Da Darkness eine sehr altertümliche Altstadt war, besaßen wir auch ein Haupttor.

Außerdem war ganz Darkness von einer riesigen Mauer umgeben, die man nur durch kleine Tore verlassen konnte.

Die Menschenmenge brüllten und versuchten an den Wachen, die das Tor zuhalten sollten, vorbei zu kommen.

Die Wachen schlugen auf die Menge ein, die Menge auf die Wachen.

Das Auto kam nicht weiter und manche drehten sich schorn zornig um, erkannten anscheinend Stephanos Rechte Hand und beschmissen uns mit Flaschen, Steinen und brennenden Soffetzen.

Eine Brechstange flog durch meine Seitenscheibe und Arme griffen nach mir, zogen mich raus.

"So. Jetzt haben wir dich von diesen Scheißern befreit!", meinte die Frau, die mich heraus gezogen hatte zufrieden und ließ mich zitternd auf die Beine kommen.

Währenddessen war das Auto immer noch ANgriffen ausgesetzt und ich sah Carsten und Timophy bedächtig Fluchen.

 Sie schienen noch nicht wirklich bemekrt zu haben, dass ich nicht mehr da war.

"Was ist hier los?", schrie ich gegen den Lärm an und die Frau packte mich an dem Handgelenk, etwas weiter weg, von dem Unmult.

"Stephano hat neue Gesetze beantragt. Wir sind damit nicht zufrieden! Wir sollen, alles abgegebn, was uns möglicherweise mit der Außenwelt in kontakt setzen könnte. Handys, Computer, Telefone...sogar das Fernsehn hat er Verboten! Nur damit wir nicht merh wissen, was außerhalb vorhegeht! Doch wir die von Lightness kämpfen um ihre Rechte. Nur für uns hat er das angeordnet. Nur für die, vondenen er denkt, dass sie möglicherweise dazu gehören! Wiederliches Pakt! Das lassen wir uns nicht bieten!"

Sirenen ertöhnten und die Frau fluchte.

"Scheiße! Stephano ist im Anmarsch!", dann rannte sie an mir vorbei, in die Tiefen der Gassen.

Ich sah, wie die Menschenmenge sich Hastig auflöste, davon rannte.

Bewaffnete Männer mit einer empor gestreckten Faust auf dem Rücken, dem Zeichen Stephanos rannten den Lightness hinterher, schlugen sie zu boden, schleppten sie zu einem großen Wagen.

Als ein Mann auch mich entdekte, drehte ich mich um und rannte, hetzte durch die Gassen und bog sooft ab, dass ich nicht mehr wusste, wo ich mich befand.

Doch plötzlich kam eine Hand aus dem Dunklen uns zog mich mit sich.

"Pssst. Nimoe, ich bin es Lucie", sagte sie hastig, bevor ich schreien konnte.

Überrascht drehte ich mich zu ihr um.

"Lucie? Was machst du denn hier?"

Sie wirkte verändert. Härter und kühler.

Es war nicht mehr die Lucie, die ich kannte.

"Ich muss mit dir reden."

Ich hob eine Augenbraue.

"Aha. Und worüber?"

Sie blickte an mir vorbei, drehte sich mit ausgetreckten Armen im Kreis.

"Über das hier. über alles."

"Na dann."

Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen.

"Mir wurde gemeldet, dass du schon öfter in Gegenwahrt der Lightness gesehen wurdest."

"Woher weißt du das denn bitte?!"

"Es hat sich vieles Verändert. Mein Bruder, ist in dem Gefolge von Stephano. Er nahm mich ebenfalls auf. Er hat mir soviel gegeben. So viel für mich getan. Daher, kann ich es nicht zulassen, das ausgerechnet du Nimoe, zu den Lightness gehörst. Denn ich kann dir nur sagen, das dies Falsch ist. Der einzig Richtige weg ist Stephano de Vita!"

Ich wich einige Schritte zurück.

Diese Überzeugung in ihren Augen tat weh.

"Ich kann dir versichern, dass ich nicht mit den Lightness am Hut habe. Ich gehöre nicht zu ihnen", sie wirkte beruhigend, doch ich redete weiter, "allerdings, habe ich eben so wenig mit Stephano am Hut. Und das will ich auch gar nicht."

"Wie meinst du das?"

"Ich bin sowohl gegen Lightness, als auch gegen Stephano."

"Nein!", keuchte sie und ihre Augen wurde hart und unberrechenbar, "das wird dir noch teuer zu stehen bekommen! Denn dann gehörst du zu der Grauzone. Und eine Grauzone wird nicht akzeptiert! Du musst dich früher, oder später entscheiden, denn sonst, ist es nicht nur eine Gruppe gegen die du kämpft. Nein, es sind dann beide. Und dies zu schaffen und zu überleben, das ist unmöglich!"

 

In dieser Nacht schlief ich unruhig. Was wohl teils daran lag, dass ich scheiß Probleme hatte. Probleme, Probleme und Probleme! Kann mein Leben nicht einfach und langweilig verlaufen?!

Warum hasst mich diese Welt so?!

"Selbstmitleid hilft dir nun grad wirklich nicht."

Erschrocken schaute ich mich um.

In meinem Traum, befand ich mich in einem wunderschönen Garten.

So stellte ich mir das Paradis vor. Ein schöner Sommer, leicht kühle Brisen die das Gras zum Tanzen und die Blätter zum Rascheln brachten. Blumen, die sich wie Bunte Sprenkel auf der Wiese verteilt, der Sonne entgegen streckten.

Eine Schaukel zwischen zwei Eichen, ein Pavallion, mit Steinbank. Das fröhliche kinderlachen in der Luft, das aus vergangenen Erinnerungen stammten.

Eine Person saß auf der Steinbank blickte mir entgegen. Die Sonne blendete mich und ich konnte sie nicht genau erkennen, jedoch versetzte mit allein schon die Stimme einen Stich.

Ich wusste nicht, warum mein Herz Anfing so zu rasen, als ich langsam die Stufen zu dem Pavallion ermpor schritt.

Zitternd versuchte ich einen klaren Gedanken zu fassen und versagte auf voller Linie.

Als ich auch die letzte Stufe hinter mich gelassen hatte, blickte ich langsam hoch...und erstarrte. Meine Augen weiteten sich, mein Mund öffnete sich leicht.

"Eins muss man dir lassen. Du bist echt Bildhübsch geworden. Nicht, dass du es nicht schon vorher gewesen warst, aber jetzt. Wow. Allerdings, solltest du mal was gegen deine Augenringe machen. Was starrst du denn so? Du bist doch sonst nicht so Wortkarg, kleines Schwesterchen."

Tränen schossen in meine Augen. Ich hörte erneut die Schreie, als das Auto ihn erwischte. Er hatte sich verändert. Doch ich erkannte immer noch ihn. Meinen großen Bruder, den ich über alles liebte.

Ich rannte zu ihm und schmiss mich förmlich in seine Arme, atmete seinen Vertrauten geruch ein, berührten ihn, ungläubig ihn jetzt bei mir zu haben.

"Joel", murmelte ich immer wieder, während er mir beruhigend über den Rücken strich.

"Was ist den los? Was ist aus meiner kleinen Schlagfertigen Nim geworden?", er lachte und ich hörte es gerne.

"Die darf sich jetzt auch mal ausheulen! Wo warst du? Warum bist du jetzt hier?", nuschelte ich gegen seine Brust.

Seufzend hielt Joel mitten in seiner Bewegung inne und ich schüttelte mich leicht, als Zeichen, dass er mir weiter über den Rücken strecheln soll.

Ich wusste automatisch, dass er grinste, als er weiter machte.

"Ich bin...nun ja...ich glaub Geist wäre das Beste Wort."

Ich wäre fast von seinem Schß gefallen, hätte er mich nicht festgehalten.

"Du bist ein Geist?! So nen Hui Bu Dingen?! So nen Teil, dass durch Wände schweben kann, eigentlich keine Transparenz hat und gerne Leute erschreckt?"

"Ähm. Nein."

"Oh. Und was bist du dann genau", es war unglaublich, wie schnell ich diese Absurde Situation annahm. Mit allem was dazu gehörte.

"Ich bin ein Traumwanderer. Ich weiß klingt merkwürdig, aber alle Menschen, die entgültig Sterben, bekommen eine Aufgabe.

Manche sind Schutzengel. Beschützen das Leben bestimmter Menschen. Andere sind das Pech. Sie versuchen, viel pech ins Leben zu bringen. Andere wiederrum das Glück."

"Na dann, macht das Glück, aber nen ziemlich großen Bogen um mich."

"Das kann man nicht beeinflussen", sagte er und strich mir über den Kopf, "Aber weiter. Wie schon gesagt, bin ich ein Traumwanderer. Ich wandere von Traum zu Traum, suche mir welche aus und verweile dort ein wenig. Rede mit dem Träumern, gebe ihnen Tips. Und dies ist meine Aufgabe, den Menschen Ratschläge geben. Der kleine Unterschied von mir, zu anderen Toten ist, dass ich altere."

"Und warum?"

"Weil ich zum Teil noch auf dieser Welt weile. Du hast mich nie losgelassen. Dein Herz hällt mich hier fest, deswegen altere ich. Ich bin jetzt 17."

"Oh. Aber was ist wenn du stirbst? Was kommt den bitteschön, nach dem Tod?"

Er zuckte mit den Schultern.

"Das wäre, genau die Frage, von euch Lebenden, was nach dem leben passiert. Woraus der Tod besteht. Tja und das weiß man erst, wenn man mitten drin ist."

 Stille. Ich überlegte. Er hatte Recht.

"Warum kommst du erst jetzt?", flüsterte ich und versuchte die erneut aufsteigenden Tränen zu unterdrücken.

Traurig strich er mir über die Wange.

"Ich konnte nicht. Von den ganzen Milliarden Menschen, ist es schwierig, den richtigen Traum zu erwischen. Aber Heute, hatte mich Irgendwas zu dir gezogen. Du scheinst in Schwierigkeiten zu stecken, bist Verzweifelter den Je. Du brauchst mich und ich bin hier. Werde jetzt auch immer bei dirbleiben. Sollange bist auch du, deinen Weg ins Reich der Toten findest und wir auch dort zusammen sind."

Gerührt blickte ich ihm in die Augen.

"Danke", hauchte ich und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

"Kein Ding Nim, ich muss zugeben, dass ich dich schon tierisch vermisst habe."

Ich verdehte die Augen. Untertreibung des Jahres!

"Bist du eigentlich nicht...wütend auf mich?", ich musste die Frage stellen, die mir schon so lange, auf der Seele brannte.

Verwirrt schaute er mich an. Weiß er es denn nicht mehr?

"Aber warum denn?"

Ich atmete tief ein.

"Na, weil ich doch Schuld an deinem Tod bin. Ich hätte dich warnen sollen...", meine Stimme versagte und ich senkte den Blick.

Ich spürte den Finger, der meinen Kopf hoch hob.

Joel schaute mir fest in die Augen.

"Jetzt hör mir mal zu, Nimoe White! Du bist NICHT dafür Schuld! Es war ein Unfall, sowas kommt vor und so schlimm ist es gar nicht Tod zu sein. Sicherlich, ich hätte mir mein Leben, ein bischen anders vor gestellt, aber", er zuckte die Schultern, "es ist so gekommen und man kann es nicht ändern. Also hör auf, dich deswegen selber fertig zu machen!"

Ich schaute ihn an, lächelte leicht.

"So ist es brav. Zeig dein Lächeln", lobte er mich und tätschelte mich, wie einen Hund.

Ich lachte.

Und das war es was einen Traum ausmachte, man vergaß alles außerhalb.

Es zählte nur das hier und Jetzt, egal wie abstrakt es auch war.

"Sag mal...wie geht es eigentlich Grace?", druckste er herum.

Mein Lachen erstarb, ich schluckte schwer.

"ich weiß es nicht", sagte ich ehrlich und wich seinem Blick aus.

"Wie, du weißt es nicht?"

"Sie wurde ähm...entführt."

"Achso, klar...WAS?!"

"Keine Angst, ich bekomm das hin, bevor man ihr noch was ernsthaftes tut! Denn ich werde nicht zulassen, dass meiner besten Freundin was passiert!", und in diesem Moment wusste ich, dass ich für Grace kämpfen werde, kämpfen wie ich es noch nie getan hatte.

Joel versuchte sich zwanghaft zu beruhigen.

"Das will ich doch schwer hoffen."

"Bist du traurig, dass Grace nicht mehr bei dir ist?", fragte ich mitfühlend.

Er kratzte sich ablenkend am Kopf.

"Nun, es ist so...am Anfang schon. ich war am Boden zerstörrt. Doch dann begegnete ich Madelaine. Sie ist ein Schutzengel. Altert seltsamerweise ebefalls, weil es ihr zwilling ist, der sie nicht loslassen kann. Sich noch nicht mit ihrem Tod abgefunden hat.

Und ich liebe sie wirklich. Klar, Grace habe ich auch geliebt. Sehr sogar. Aber wenn du über einem langen Zeitraum jemanden nicht mehr siehst und ein anderer dafür in dein Leben tritt, dann verblasste die Liebe zu dem anderen. Für Grace empfinde ich jetzt eher das gleiche, wie für eine beste Freundin. Ich weiß, es ist furchtbar zu akzeptieren, dass man sich mit der wahren Liebe getäuscht hat. Aber ist es so nicht besser? Denn so kann jeder sein Leben wieder einigermaßen in die Reihe bekommen."

Wenn er nur wüsste, was ich wegen der ganze wahre-Liebe-scheiße schon alles durch machen musste.

ich schnaubte. Wetten Grace sah das ganz anders. Wie sie wohl reagiere würde, wenn sie es heruasfand? Sie würde ihn beleidigen, impotent machen und dann zur Krönung einen eleganten und eindrucksvollen Abgang machen.

Ohje...ich glaub es wäre besser, wenn sie nichts davon mit bekam.

"Madelaine also. Soso."

Es freute mich für meinen Bruder, dass er glücklich war.

Doch ich sollte Grace dazu birngen, dass gleiche zu sein.

Ihre Liebe einen anderen zu schenken. Jemanden der sie verdiente.

Plötzlich verblasste mein Traum, wurde unscharf und Farblos.

"Ahhh. Was passiert hier?", rief ich und klammerte mich an Joel.

"Du wachst auf Kleine, du wachst auf..."

"Was?! Nein!"

Doch schon spürte ich den Zog. Den Zog, der mich von ihm wegriss, mich in den Himmel schleuderte. Und ich wusste, mein Traum war vorbei.

Ich war so Traurig, wie schon lange nicht mehr.

 

Weinend wachte ich auf.

"Nein, nein, nein!", schrie ich und klopfte wütend auf mein Kissen ein.

Verzweifelt starrte ich an die Zimmerdecke, nachdem mein Kissen schon genug leiden musste.

War es alles nur ein Traum gewesen? Eine ausgeburt meiner Fantasy?

Wollte mein unterbewusstesein mir nur einen Streich spielen?

Dieser so Realitätsnahe Traum, raubte mir meine Nerven.

Das Loch in meinem Herzen, dass den Namen Joel trug, wuchs, wegen der Ungewissheit.

Am Boden zerstörrt, stand ich auf und schleppte mich ins Bad.

Die Welt dreht sich weiter.

 Die Zeit bleibt nicht stehen.

Sie wartete nicht auf dich, bis du zum Horizont gelaufen bist.

Alle Zeit der Welt? Wer hat sich diesen beschissenen Spruch eigentlich einfallen lassen?!

Die Dusche tat mir gut, wusch die ganzen vergangenen Tagen von meiner Haut.

Der Geruch meines Lieblingsshampoos, war Balsam für die Seele.

Nachdem ich fertig war, stieg ich seufzend aus der Dusche und wikellte mich in ein schönes fluschiges Handtuch.

Als ich einen kurzen Blick, in den Spiegel warf, währe ich fast vor Schreck auf den Fliesen ausgerutscht.

Auf meinem Unterarm, war etwas in verschnörkelter Schrift geschrieben.

Ich bin immer bei dir.

Sanft strich ich darüber. Es fühlte sich an, wie ein Teil von mir.

Ein Teil, den ich nie weider loslassen würde.

Bewundernd betrachtete ich es und fing schallend an zu Lachen, als ich mich an etwas aus der Vergangenheit erinnerte.

Früher, als ich noch ganz klein war, wollte ich immer ein Tatoo, doch mein Bruder war immer dagegen. Tja und jetzt hat er mir mein erstes Tatoo verpasst.

Es war kein Traum. Er ist wirklich bei mir. Für immer.

Er gab mir die Kraft, die ich brauchte.

Denn, ich hatte schon so eine Idee, wie ich Grace zurück bekam.

Naja, es war eine Wahnwitzige Idee, total idiotisch und unrealistisch. Aber hatte ich eine Wahl? Wohl kaum.

Denn ich war bereit. Bereit alles zu tun, um Grace zurück zubekommen. Denn niemand, nahm mir ungestraft meine Grace weg. Niemand.

 

Entschlossen stand ich vor der Bar. Der Wind wehte mir durch dir Haare und mein kühler Blick musterte das R.I.P.

Ich wusste nichts über die Welt der Lightness und Darkness nur, dass sie sich anscheinend gerne hier aufhielten.

Meine lilanen Chucks bewegten sich selbstsicher auf den Eingang zu.

Es stand ein anderer Türsteher dort. Ein Türsteher, der meine schwarze Röhrenjeans und mein schwarzes T-shirt mit der Aufschrift: "Jeder dritte Zwölfjährige raucht - der Rest ist bereits zu besoffen, um die Packung aufzumachen.", dämlich betrachtete.

Selbstsicher schritt ich an ihm vorbei, versuchte ihm nicht in seiner bohrenden Augen zu gucken...und kam rein.

Die Musik pumpte wie immer.

Der Laden war recht leer, was wohl daran lag, wie mir auffiel, dass kein einziger Darkness hier war.

Die Lightness, unteranderem Lin, saßen im V.I.P berreich.

Die wenig tanzenden die es gab, vergnügten sich an der Tanzfläche, oder der Bar.

An ihn allen Schritt ich vorbei, steuerte die V.I.P treppe an, die mich zu Lin führen wird.

Ich war mir sicher, dass sie mich schon längst bemerkt hatte. Sie hat sich zwar kein einiges Mal zu mir umgedreht, zumindestens habe ich es nicht gesehen, aber ich wusste, dass ihr nichts entging. Rein gar nichts.

Die beiden Bodyguards die mich keinen  Blickes würdigten, ließen mich passieren.

Sie wussten beischeid.

Anmutig stieg ich die breite Wendeltreppe hoch, darauf bedacht, so überzeugt wie möglich auszusehen. Doch innerlich bebte ich.

Die letzte Stufe verließ meine Chucks und ich stand auf dem dunklem Holz, des V.I.P bereichs.

Es war ein schöner großer Balkon, rundherum ein goldenes, zierliches Geländer.

Die schwarzen und Roten Polstermöbel, hinterließen einen edelen und teuren Eindruck.

Sie versprachen Macht.

Männer besetzten die Möbel. Rauchten, Tranken und redeten.

Doch ich wusste, dass sie mich alle beobachteten.

Lin war die einzige Frau. Sie saß auf einer Coach, eine Zigarre in der Hand.

Ich ließ mir nicht anmerken, wie sehr es mich erstaunte, dass sie Zigarren rauchte.

Doch es passte zu ihr.

Sie schaute mich aufmerksam an, während ich auf ihren Tisch zusteuerte.

 Die Blicke, die ich in meinem Rücken spürte, waren unangenehm, ich ignorierte sie.

Meine Schritte waren Selbstsicher und ich gab mir alle Mühe mein Pokerface zu halten.

Ausdruckslos und kühl.

Als ich vor ihrem Tisch stand, war ihr Blick prüfend.

Dann lachte sie.

"Ich wusste das du kommen würdest", sagte sie und zog grinsend an ihre Zigarre.

Der Geruch war bestialisch.

"Setzt dich doch", meinte sie und kurz darauf, wurde mir ein Stuhl zugeschoben, ich setzte mich, ohne Lin aus den Augen zu lassen.

"Ich will Grace zurück", sagte ich promt, ohne lange drumrum zu reden.

Sie zog erneut an ihrer Zigarre, das Ende glühte rot auf.

"Ich weiß", erwiederte sie. Mehr nicht. Nur dieser eine Satz.

Mühsam hielt ich mich unter Kontrolle, versuchte sie nicht an zuschreien.

"Ich wäre bereit zu verhandeln."

Sie hob eine Augenbraue.

"Was bietest du?"

"Was willst du?"

Sie lachte erneut auf.

"Ich muss schon zugeben, dass du mich beeindruckst und dies vermögen nicht viele zu tun. Du tust nie das, was man von dir erwartet. Ich habe dich fast umgebracht und trotzdem bist du bereit mit mir zu Verhandeln, indem Wissen, dass das für dich nicht gut ausgehen wird. Erstaunlich", meinte sie und drückte ihre Zigarre aus.

"Diese Grace muss dir fiel Bedeuten. Gut zu wissen", murmelte sie.

Ich zuckte die Schultern. Keine Gefühlsregung huschte über mein Gesicht, obwohl es mich schmerzte, wie verachtend sie Grace Namen aussprach. Ich wollte gar nicht wissen, wie sie an ihn gekommen ist. Mir wurde übel.

Ich sagte gar nichts, wartete auf etwas ihrerseits.

Seufzend lehnte sie sich zurück.

"Also gut", sie überkreutzte ihre Beine, "ich will, dass du für mich arbeitest."

Ich schluckte, verdaute ihre Aussage.

 Natürlich hatte ich damit gerechnet, musste es mit einplanen. Aber es jetzt aus ihrem Mund zuhören und an die Vorstellungen zu denken, war furchtbar.

Lin bemerkte grinsend mein Zögern.

"Für Jeden Tag, den du darüber nachdenkst, ohne zu zustimmern, verliert dein werte Freundin einen Finger."

Ich glaubte ihr sofort. Ihr war alles Recht, so lange sie bekam, was sie wollte.

Und das war ich. Warum auch immer.

"Waum willst du mich überhaupt haben?"

Sie blickte mich durchdringend an. Lächelte.

"Die Leute kennen dich. Sie haben Angst vor dir. Du bist für alles bereit. Zerbrichst nicht. Dein Persönlichkeit ist was besonders. Stark, aufmüpfig, vorlaut. Außerdem gefällst du mir."

"Ich habe einen deiner Leute umgebracht."

"ja, einen der mit dir durchbrennen wollte. Du hast mir nur einen Gefallen getan."

Na ganz toll.

"Bist du dabei?"

Mühsam nahm ich mein Schicksal an. Nickte entschlossen.

"Ich bin dabei. Wann bekomm ich Grace?"

"Du darfst sie Morgen hier um die gleiche Zeit sehen."

"Sehen?"

Sie lachte bösartig.

"Was dachtes du denn? Das ich dir mein einziges Druckmittel gegen dich ausliefere? Wohl kaum."

Entsetzt schaute ich sie an. Meine Maske glitt weg, meine Fasade verrutschte.

"Also bis Morgen mein kleine Todesengel. Ich hab noch großes mit dir vor. Und nun verschwinde. Man sieht sich Morgen."

Immer noch völlig erstarrt, griffen fremde Arme nach mir, zogen mich hoch und schleiften mich zur Treppe.

Was ich gegenüber Lin empfand war Hass. Großer, blanker, nackter Hass.

Erst als ich die Treppe hinter mir gelassen hatt, blickte ich auf und schaute der Person ins Gesicht, die mich darunter geholt hatte.

Es war Miles, der mich Traurig ansah.

 

Er zog mich in eine Ecke und ich erinnerte mich wieder an den Eimer.

"Keine Angst Dornröschen, ich tue dir nichts", meinte er ernst und ich grinste.

"Was ist los?", fragte ich, nun wieder ernst.

Er schloss die Augen und atmete tief ein.

Als er die Augen wieder öffnete, sah ich die Blanke Verzweiflung.

"Du musst deine Freundin befreien! Aschenputtel!"

Panik breitete sich im mir aus.

"Was macht ihr mit ihr?", flüsterte ich.

"Ich, gar nichts! Nur die anderen...ich weiß es nicht. Man hört nur immer die Schläge. Ihre Schmerzenslaute. Sie ist ein zähes Ding und ich helfe ihr wo ich kann. Ich will nicht mehr! Doch aussteigen bedeutet den Tod."

 "Grace wird geschlagen?!"

"Nicht nur, nicht nur. Ich glaube, es wird nicht mehr lange dauern...und Lin benutzt Strom..."

Meine Augen brannten, meinen  Lungen entwich jegliche Luft.

Grace! GRACE!

"Aber...warum?"

"Weil sie sich nicht unterwirft. Sie tut nicht das, was Lin von ihr verlangt. Verhöhnt sie, lacht sie aus, bespuckt sie. Sie ist ein stolzes Wesen."

Vielleicht ein bischen zu stolz.

Verdammt Grace, warum tust du mir das an?!

Ich räusperte mich. Versuchte einen Ton heraus zubringen.

"Aber...ihr gehts gut, oder?"

"Ich weiß es nicht. Sie vermisst sie fürchterlich. Macht sich Sorgen. Außerdem beleidigt sie jeden einzelnen von uns. Außer mich."

Ich nickte. Das war Grace. Grace die nichts mit sich machen lässt.

"Danke", meinte ich mit rauer Stimme und verließ das R.I.P.

Es war schon Dunkel.

Doch hörte ich die Kinder spielen.

Als ich um die Ecke trat sah ich sie.

Jeder von ihnen, hielt einen Stock in der Hand.

Sie spielten Krieg und ich lächelte.

Natürlich lächelte ich, ich wusste ja noch nicht, dass die Stuation einmal eskalieren würde.

Doch als ich weiter schritt hörte einen kleinen Jungen brüllen: "Ligtness ergebt euch!"

Und von da an, hatte ich eine Vorahnung.

Eine grausame Vorahnung.

 

Fertig, schmiss ich meine Chucks in Ecke und schlurfte in die Küche, um mir ein Glas Wasser zu holen.

"Du steckst in Schwierigkeiten", meinte plötzlich eine Stimme.

Überrascht drehte ich mich um.

Meine Mom, saß auf einen Küchenstuhl, in einem ihrer Liebesromane versunken.

"Hey, Mom."

"Das vorhin, habe ich ernst gemeint", sagte sie und blickte auf.

"Wie meinst du das?", fragte ich vorsichtig und spürte, wie meine Handflächen feucht wurden.

"Nun ja, Stephano ist hinter dir her. Seine Anhänger, seine Wachen, seine Geheimpolizei und natürlich er selbst. Das Volk ist hinter dir her, weil sie die Gerüchte glauben, die um dich kursieren. Die Lightness wollen Irgendwas von dir. Scheint so, als ob du Probleme hättest."

Ich schluckte. Mit meiner Mom, hätte ich nicht gerechnet.

"Scheint so", meinte ich heiser.

Sie musterte mich.

"Schatz, du weißt schon, dass du Jederzeit zu mir kommen kannst, oder?"

"Ja Mom."

"Gut. Also tu das gefälligst auch, wenn du in der Klemme steckst", sagte sie stand langsam auf, wobei ihr Morgenmantel bis auf die Erde reicht und schnppte sich ihr Buch.

"Also, eins sag ich dir. Wenn die Polizei vor unserer Tür steht, gibts Ärger. Das heißt, wenn du meine Hilfe brauchst. Ich bin immer für dich da. In jeder Situation."

"Danke Mom."

"So und da du anscheinend Heute nicht vor hast, mit der Sprache raus zurücken, werde ich nun schlafen gehen. Gute Nacht Schatz."

"Nacht Mom."

Und dann war sie schon verschwunden, während ich ihr nur sprachlos hinterher starren konnte. Das war meine Mom und ich liebte sie dafür, so wie sie war.

Kopschüttelnd verließ ich ebenfalls die Küche. Vergessen war das Glas Wasser, dass ich mir holen wollte. Denn es war der Gedanke, ob ich ihr nicht alles erzählen sollte, der mich beherrschte.

Sollte ich, oder sollte ich nicht?

 

"Und wie war dein Tag so, Kleine?"

"Ich glaub total beschissen trifft es noch nicht mal annähernd."

"Wieso? Was ist denn Passiert?"

Seufzend rutschte ich unruhig auf der Steinbank herum, ehe ich antwortete.

"Grace wird gefolter und wird gegen mich als Druckmittel benutzt. Ich arbeite jetzt für ihre Entführer.", meine Stimme klang erstickt, obwohl ich mir größe Mühe gab, kalt zu wirken.

Joel nahm mich wortlos in den Arm un ich schmiegte mich an seine Brust.

"Ich will meine Grace zurück!", meinte ich zu ihm und Tränen schimmerten in meinen Augen.

"Hast du denn schon eine Idee, wie du sie zurück bekommst?"

Ich schniefte. Weinen half jetzt auch nicht! ich musste Handeln!

Nur wie? Was soll ich tun?

Und dann wusste ich eine Lösung. Eine riskante, gefährliche Lösung.

Ich nickte entschlossen.

Grace hat eine Mächtige Person in ihrem Leben.

Eine Person, die weder sie, noch mich leiden kann.

Aber ich glaube kaum, dass sie es zulassen würde, dass Grace entführt wird.

Lin wird Blut lecken müssen!

 

Wie Gestern, stand ich vor dem R.I.P.

Doch dieses mal, war ich nicht ruhig. Kein bischen.

Zitternd und verkrampft stampfte ich auf den Eingang zu.

Wie wird Grace aussehen?

Wie wird sie sich verhalten?

Und immer und immer wieder die Frage: Wird sie mich hassen?

Mein Atem wurde Flach und hektisch, als ich den Club betrat.

Es war wieder voll hier.

Auch ein paar bekannte Darkness Gesichter erkannte ich. Sie schauten mich böse an. Feindselig.

Doch die interessierten mich nicht. Grace, war das einzige was mich interessierte!

Es schien, als würden mich die Blicke verfolgen, als ich die Treppe hoch schritt.

Ich trug dasselbe wie Gestern, da ich keine Zeit hatte mit etwas anderes aus zusuchen.

Undwohl hob ich den Blick, als ich nun auf den Balkon war.

Es fühlte sich an, als würde die Welt stehen bleiben.

Der Balkon war geteilt, durch eine rotes Seil, das auf goldenen Pfosten hing.

Auf der einen Seite, saßen Stephanos Anhänger, auf der anderen Lins.

Und mittendrin Grace, die geknebelt auf einem Sofa saß.

Ihr hübsches Gesicht, war blau und grün geschlagen. Blutergüsse zierten ihre nackten Oberarme, die das zerrissene T-Shirt nicht bedeckten. Blut lief aus einer Platzwunde, an ihrem Kopf.

Ihre Augen weiteten sich, als sie mich sah. Das Tuch in ihrem Mund, hinderte sie nicht daran zu lächeln.

Sie lächelte und ich fing an zu weinen.

Was haben die nur mit ihr gemacht?!

Ich schritt auf die Lightnessseite. Alles war still und ich sah die Blicke, die mich verfolgten.

"So, hier hast du deine Freundin", hörte ich eine lachende Stimme sagen und ich wandte mich zur Seite. Lin saß auf einem der Sessel, betrachtete das ausgebreitete Schachspiel vor ihrer Nase.

Wut stieg in mir auf. Grellend heiße Wut.

"Warum hat ihr, ihr das angetan?!", meinte Stimme zitterte und ich bebte.

Riss mich zusammen, um nicht auf sie los zugehen.

Sie zuckte die Schultern, lehnte sich zurück und schaute mich an.

"Um dir zu Beweisen, dass wir das können", meinte sie gleichgültig, "achja und weil es Spaß gemacht hat."

Ich schloss die Augen, ballte meine Hände zu Fäusten und spürte das Blut, dass auf den Boden tropfte, als sich meine Fingernägel schmerzhaft in meine Handflächen gruben.

Ich vernahm ein Tuscheln aus den Reihen der Darkness, die mich aufmerksam musterten.

"Ist sie das? Ist sie die, die Stephano haben will?",flüsterten sie und ich wunderte mich nicht, als ich Rays Stimme hörte.

"Ja. Ja das ist sie."

Hörte ich da Wehmut in seiner Stimme?

Langsam öffnete ich die Augen.

Alle starrte mich an und ich starrte zurück.

Soll ich winken?!

Ich ging langsam auf Grace zu, die mich gespannt ansah.

 Als ich mich neben sie setzte, fühlte ich mich ein Wenig beobachtet.

"Könnt ihr nicht mal wo anders hinglotzen?!", fauchte ich aufgebracht und Grace neben mir lachte.

Verwirrte Blicke trafen meinen.

"Hallo?! Das war ne Aufforderung!"

Kopfschüttelnd wandten sich einige ab, während der Rest mich grinsend anguckte.

"Was wollt ihr denn sehen?! Man ey, noch nie was von Fernsehn gehört?!"

"Du bist nicht hier, um uns zu zeigen, wie aufmüpfig du bist", klang Lins gelangweilte Stimme zu mir rüber.

"Achja stimmt! Ich bin hier, weil ich erpresst werde! Ihr seid so feige!"

Knall bekam ich einen Schlag ins Gesicht, von dem Reizenden Mann neben mir.

"Niemand redet so mit Lin!", fauchte er.

"Hallo. Mein Name ist Niemand", stellte ich mich vor und bekam erneut einen Schlag.

Blut lief aus meiner Nase.

"Was ist dein Problem?! Ich kann sagen, was ich will! Und wer bist du?! Wetten, dass du auch deine Mutter schlägst!", erwiederte ich gereizt und sah seinen Schlag kommen.

Doch bevor er mein Gesicht treffen konnte, wich ich aus und sprang auf.

Er fiel mit dem Oberkörper nach vorrne, da sein harter Schlag unerwartet ins Nichts schlug.

Und ich trat ihm mit voller Wucht ins Gesicht.

Er flog samt Stuhl zurück.

Bewegungslos lag er unter dem Sessel.

Entnervt setzte ich mich wieder und registrierte Grace glucksen neben mir.

Ansonsten war es Still.

Totenstill.

Alle starrten mich fassungslos an und ich schaute Ray nun direkt an.

Er trug eine teuren Anzug, hatte ein halbnacktes Mädchen auf seinen Schoß sitzen, dass sich ängstlich an ihn klammerte und zwinkerte mir zu.

Fassungslos sah ich ihn an.

"Wuscht ischs doch!", nuschelte Grace neben mir in ihr Tuch.

"Zwischen uns ist nichts!", flüsterte ich ihr leise zu.

Das Blut, was aus meiner Nase kam, hatte anscheinend beschlossen in meinen Mund zu fließen.

"Doch!"

"Nein!"

"Doch!"

"Nein!...Ihhhh Blut! Ekelhaft!", schrie ich und spuckte wie ein Lama aus, genau in das Glas von Lin.

Meine Blutspucke wurde von allen entsetzt angestarrt, dann hob Lin den Blick.

Es war ein Mordlustiger, Killerblick, der mir das Blut gerfrieren ließ.

"Nimoe White! Es reicht! Du wirst in Drei Tagen erneut zu mir kommen und dann sag ich dir, wie es weiter geht! Und nun...VERSCHWINDE!"

"Ich hol dich hier raus", hauchte ich noch Grace ins Ohr, bevor ich auch schn Miles sah, der auf mich zukam.

Anscheinend war er für ich zuständig. Toll.

"Komm schnell, bevor sie es sich anders überlegt", sagte er leise zu mir und ich nickte.

Aufrecht schritt ich all den Anwesenden vorbei, dir mir nachguckten.

Kurz vor der Treppe, drehte ich mich noch einmal kurz um.

Ein Mann, der inmitten der Darkness saß, musterte mich interessiert.

Er sprach Ray, der neben ihm saß aut etwas an, ohne mich dabei aus den Augen zu lass

Überrascht schaute mich Ray an. Seine Augen erstarrten kurz, dann wadte er sich wieder an den Mann und nickte. Der Mann Grinste mich an und hob seine Hand leicht zum Gruß.

Der Mann war niemand anderes als Stephano.

Stephano de Vita.

Verdammt!

 

"Warum sitzen die Beiden da oben, als könnten sie sich leiden?", fragte ich und zeigte auf den V.I.P Bereich.

Miles seufzte und nippte an seinem Bier.

"Sie haben sowas wie nen Vertrag mit einander geschlossen."

"Aha. Und worum gehts da?"

Er kratzte sie nach denklich am Kinn.

"Das hier ist neutraler Bereich. So ähnlich wie die Schweiz. Das R.I.P, steht beiden Gruppen gleich gegenüber. Hier dürfen sie sich weder bekreigen, beleidigen, oder umbringen."

Ich runzelte die Stirn.

"Hohl. Naja, aber die hatten sich doch schon geprügelt! An dem Tag, wo Lin mich ertränken wollte."

"Nun, diese Regel entstand deswegen."

"Wegen mir?!"

"Ähm. Ja. Es gibt außerdem  noch eine Regel. Für Jeden Mord der Gruppe, an der jeweiligen anderen Gruppe, gibt es eine Strafe. "

"Und woraus besteht die?"

"Das weiß ich nicht. So gut, bin ich nun auch nicht vertraut damit."

"Mhhh", murmelte ich und ließ meinen Finger auf den Rand meines Glases kreisen.

"Warum sind die Darkness eigentlich manchmal vollständig hier verschwunden?"

Miles schaute kurz zum V.I.P Bereich hoch.

Sie beobachteten uns.

"Weil es dann Irgendeine wichtige Verdammlung gibt, in der die wichtigsten Mitglieder eingeladen sind. Der Rest steht vor der Tür und passt auf, dass Niemand herein kommt."

Diese Information brauchte ich.

"Bekommst du eigenlich Ärger, wenn du mit mir rumhängst."

"Nein. Es ist meine Aufgabe. Ich bin dein einziger Freund, bei den Lightness. Ich soll dich etwas in diese Welt begleiten...obwohl du schon mittendrin steckst."

"Na Toll."

Aus den Augenwinkeln sah ich wie jemand Miles zu sich ran winkte.

"So, ich geh dann auch mal wieder", meinte er plötzlich munter und ich fragte mich, ob ich ihm wirklich vertrauen kann.

Denn hat er nicht selbst gesagt, aussteigen bedeutet der Tod?

Wird er auch erpresst?

Er schob den Hocker zurück und ging, ohne noch ein weiteres Wort zu sagen.

Ich legte meinen Kopf auf die Tischplatte und legte meine Arme drum herum.

Warum ist alles so schwierig?

Wieso kann ich nicht zwischen schwarz und weiß unterscheiden?

Wieso verschwinden die Grenzen?

Es vermischt sich alles, wie ein Bild, dass man mit zu viel Wasser bemalt hat.

Die Linien verschwinden, wären undeutlich, bis man nur noch rätseln kann, was zu was gehört.

Gehört Miles zu den Guten, oder den Schlechten?

Oder zu der so bekannten Grauzone?

Wer ist überhaupt Gut und wer böse?

Ich seufzte.

"Nur ein Wasser? Diese Aktion mit deiner fast Vergewaltigung, muss dich ja ganz schön mit genommen haben."

"Verschwinde!", stöhnte ich.

Doch ich hörte, wie sich Ray einfach auf den Barhocker neben mich setzte.

"Pflanz dich Igrendwo anders hin! Ich hab grad keinen Nerv für dich, oder deine Schlampe!"

"Hey! Ich steh direkt hinter dir! Wag es noch einmal mich Schlampe zu nennen und-"

"Und was?! Wirst du mich dann mit Nagellack anmalen? Mich mit Haarspray vollsprühen? Oder mich mit deinem unerträglichen Parfum vergasen?"

"Ray! Lass uns gehen! Dieses Straßenmädchen hat deine Anwesenheit gar nicht verdient!"

"Momentmal! Ihr seid zu mir gekommen! Nicht andesrum! Und außerdem würde es mir ne Freude sein, wenn ihr verschwinden würdet!", töhnte meine gedämpfte Stimme auf die Tischplatte.

"Nein Giselle. Ich werde noch hier bleiben."

"Aber...aber...Ray, Süßer! Wir wollten doch zu mir! Erinnerst du dich noch?!"

"Man ey! Ihr steht ja immer noch hier!"

Wütend hob ich meinen Kopf.

Meine Schädel brummte und ich sehnte mich nach einem Asperin.

In einem Zug trank ich mein Wasser aus, stand auf und schritt von der Bar weg.

Die Menschen die sich neben der Tanzfläche tummelten, ließen mich schwer durch kommen.

"Na? Lust zu Tanzen?", meinte eine Stimme an meinem Ohr und ich erschauderte.

Als ich den Kopf hob, war es Kevin, dem ich ins Gesicht blickte.

Er grinste mich an und zog schon an meiner Hand.

Ich musste an die Todesvision von Lin denken und daran, dass er für sie arbeitete.

Vielleicht half er ja, Grace zu schlagen?

Ich riss ihm meine Hand weg und er schaute mich fragend an.

"Lass mich in Ruhe, Kevin", meinte ich und wollte mich umdrehen, doch ich wurde grob an der Schulter zurück gerissen.

"Hey Kleine! Du wirst jetzt mit mir Tanzen!"

Okay...was war denn das für ne Aussage?!

"Lass mich los!", schrie ich diesmal aufgebracht, doch er krallte sich nur noch fester in meine Schulter.

Schmerzenträne schossen in meine Augen und ich versuchte ihn ab zuschütteln.

Es gelang mir nicht.

Er zog mein Gesicht zu sich heran und ich schlug auf ihn ein, doch es schien ihm nichts aus zumachen.

Zappelnd versuchte ich mein Gesicht weg zudrehen, doch er hielt es eisern fest.

Ich hatte mich noch nie so Hilflos gefühlt.

"Hilfe! HILFE!"

Sein Gesicht kam schnell auf meinem zu und ich sah keinen Anderen Ausweg.

Ich gab ihm eine Kopfnuss.

"Auuuuu!", jaulte ich auf und hielt mir meine eh schon schmerzende Birne.

"Du...du Miststück!", erklang es von Kevin, der auf dem Boden zusammen gekrümmt lag.

Ich hatte die Befürchtung, dass ich nicht seinen Kopf, sondern sein Gesicht getroffen hatte.

Ich schluckte, drehte mich um und knallte prompt in Jemanden hinein.

"Du hast die Situation anscheinend auch ganz gut alleine gemeistert", meinte Ray und hielt mich fest, damit ich nicht auf meinen Hintern plumpste.

"Wie man sieht.", knurrte ich und entriss ihm meine Hand, die er immer noch fest hielt.

"Wo ist deine Kleine Stripperin?"

Sein Blick verdunkelte sich unmerklich.

"Ich habe sie weg geschickt. Sie ist mir auf die Nerven gegangen."

Ich hob eine Augenbraue.

"Aha. Was willst du?"

"Stephano will dich sprechen."

"Stephano kann mich mal am Arsch lecken!"

"Ich glaub nicht, dass das seinem Niveau entspräche. Er hat interesse an dir."

"Wie schön für ihn!", fauchte ich.

Ray schaute mich an.

"Du weißt immer noch nicht worum es hier geht, oder?! Stephano bekommt immer alles was er will! Und er will Dich!"

"Mich wollen so einige! Darunter übrigens deine liebenswerte Oma!"

Seine Augen verengte sich.

"Ich kann auch nichts für meine Abstammung! Ich hasse sie ebenfalls! Denn nicht nur dich zwingt sie Dinge zu tun, die du nicht machen willst! Du musst Leute umbringen? Schön! Ich muss ihr die Leute geben, die sie zwingen kann! Ich muss mit dem Gewissen leben, dass diese Personen sich der Reihe nach Umringen und das dies meine Schuld ist! Ich habe sie ja erst zu ihr gebracht!", schwer atmend hielt er in seiner Rede inne.

Soll ich jetzt klatschen?

Ich wurde wütend.

"Ja ganz großartig! Mich hast du auch zu ihr gebracht! Ich konnte ein Kleines Mädchen umbringen! Ein Mädchen das gerade erst angefangen hatte zu Leben! Versuch mal damit zu Leben!"

Wir standen uns wütend gegenüber.

Auf einmal verschwand Jeglicher Zorn aus seinem Gesicht und er sah mich liebevoll an.

Liebevoll?!

"Pass auf dich auf Kleine", sagte er nur ruhig, dann tauchte er in der Menge unter und ließ mich komplett verwirrt zurück.

 

Unruhig lief ich in meinem Zimmer auf und ab.

Ich war ganz schwarz angezogen, hatte eine ebenfalls schwarze dunkle Mütze in der Hand undeinen Rucksack auf den Rücken.

Ich wusste nicht wie ich das, was ich gleich tun werde, bewerkstelligen sollte.

Doch ich war eben eine Person, die erst handelte und dann nachdachte.

Vorher darüber nachdenken brachte sowieso nichts. Es kommt immer anders, als es sollte.

Ergebend seufzend machte ich die Tür auf und verschwand in den Flur, der Wohnung.

Leise, um ja nicht meine Mom auf zuwecken, tapste ich bis zur Tür.

Als ich diese leicht quietschend öffnete, atmete ich beruhigt aus und verschwand in der Dunkelheit, wurde eins mit dem Schatten und ließ mich von niemanden blicken.

 

Wie kam ich bloß an dem vorbei?

Ich versteckte mich schon seid geraumer Zeit hinter einer Häuserecke und beobachtete den Wächter mit dem Schlagstock in den Händen.

Ich musste an ihm vorbei? Nur wie? Nur wie?!

Ich versuchte mir nicht vorzustellen, was passieren könnte, wenn dieser Schlagstock meine Knochen traf.

Grrr, denk an was anderes!

Denk an...an kleine Ponys die über die Wiese hoppeln.

Können Ponys über hoppeln?

Ich meine...Nimoe! Konzentrier dich!

Oh mein Gott wie peinlich, ich rede gedanklich mit mir selber.

Vielleicht habe ich ja eine gespaltene Persönlichkeit?

Ich ging einen Schritt rückwärts...und fiel prompt hin.

Scheppernd rollte die Spraydose, auf welcher ich ausgerutscht war, neben meinem Bein.

"Hey! Wer ist da?!", brüllte die Männerstimme und ich hörte Schritte, die auf mich zugerannt kamen.

Na ganz große Klasse.

Ein wenig Panik bekam ich ja schon.

Hastig versuchte ich auf zustehen, nahm die Sprühdose als einize Waffe in die Hand, da kaum auch schon Mr Ich-prügel-dich-windelweich um die Ecke.

Er registrierte mein Einbreche Outfit und funkelte mich an.

"Was willst du hier?!", bellte er.

"Ich äh...wollte einen Lightness melden, der dort hinten lauert um dich zu überweltigen! Er bewarf mich mit dieser Spraydose!", sagte ich und hielt ihm demonstrativ die Dose unter die Nase.

Mistrauisch schaute er mich an.

"Und wieso sollte ich dir das glauben? Du bist doch selber so angezogen, als olltest du dich vor bei schleichen!"

Ja...ähm...das ist ja auch so...

Gespielt wütend stemmte ich die hände in die Hüfte.

"Wieso wollte ich denn Lügen?!", meinte ich, "dort war ein Lightness!", sagte ich und zeigte ich die dunkelste und weit entfernteste Ecke.

Er folgte meinen Blick und runzelte die Stirn.

Während er noch sein Gehirn anstrengte warf ich die Spraydose so weit nach oben, dass er sie unmöglich sehen konnte.

"Also jetzt hör mir mal zu-!", die Sprühdose die inder Ecke landete krachte ohrenbeuteubend und unterbrach ihn.

"Da! Sag ich doch! Das ist Jemand! Schnell bevor er entkommt!"

Der Wächter schaute mich erst überrascht an, ehe er nickte und eilig losrannte.

Während er zu der Ecke rannte, spurtete ich zum Tor.

Ich hatte zwar noch keine Idee, wie ich wieder reinkam, aber draußen war ich schon mal.

Das war doch ein Anfang.

Immerhin.

 

Mein Arm brannte, als ich durch die eisige Nachluft rannte.  Der Arm mit der frischen Wunde.

Die Wunde für Felix. Meine Strichliste hatte sich um einen Strich erweitert. Um eine Narbe.

Um eine Erinnerung.

Der Angrenzende Wald an der Stadtmauer von Lightness, der durch eine breite Straße getrennt wurde, führte dirket zu der Stadt.

Es war merkwürdig, zu merken, dass es noch eine Welt außerhalb von Darkness gab.

Eine völlig normale Welt, ohne Hexen, Kleinkriege und dem ständigen entkommen des Todes.

Es war die Welt, inder ich noch vor einem Monat zur Schule gegangen war.

Schule. Es klang so unwirklich. Nur ein Monat, der alles veränderte.

Und es fing alles mit Ray an...

Als ich den Wald hinter mich ließ, sah ich die Stadtlichter, die Autolampen, die Ampeln.

All die Dinge, die es bei uns nicht gab.

Darkness war soweit abgeschottet, gehörte trotzdem dazu.

Doch nach Darkness wagte sich kaum Jemand. Es war der Schandteil, der Schandfleck.

Ein unerwünschter Ort, der nur ungern betreten wurde.

Ich weiß nicht, wann man genau beschloss ein Ghetto daraus zu machen, aber alle Abtrünnigen wurden dort abgeschoben und mit der Zeit wurde aus einem wunderschönen Ort, der Platz der Verbrecher.

Vielleicht war es Schicksal, dass aus etwas so Kostbaren, einmal der Ort der größten Verachtung werden würde.

Der Ort andem ich Leben würde, andem ich so viel durch machte.

Wer weiß?

Seufzend schulterte ich meinen Rucksack und wanderte weiter die Straße runter.

Zu der Stadt, inder sich die Menschen nicht einmal Träumen lassen, das Hexen gäbe.

Wer weiß, vielleicht werde ich ja mal mein Leben veröffentlichen lassen.

Würde es überhaupt jemand lesen?

Würde sie mich für vollkommen Verrückt erklären?

Ja, würden sie.

Würde ich ja selbst, wenn ich nicht die Protagonistin selbst wäre.

Ein Auto rauschte an mir vorbei, wirbelte Blätter auf.

Die Welt ist eben ein einziges Phänomen.

Wenn du denkst, du weißt alles, weißt du noch nicht mal ansatzweise etwas.

Nur Jemand, der die Welt so akzeptiert wie sie ist, mit Fehlern, Trauer, Gewalt und Wundern, wird in ihr Leben können.

Und das war mein Fehler.

Ich wollte mein Los nicht akzeptieren, sträbte mich gegen das unausweichliche Schicksal, dass mich mit seinem Gewicht fast erdrückte.

Vielleicht rächte es sich ja deswegen?

 

Ich schritt gerade an meienr alten Schule vorbei und bemerkte die Teenager nicht, die sich auf den Bänken rum lümmelten.

"Ey! Seht mal, wer da ist!", hörte ich eine Stimme, die ich am liebsten abgewürgt hätte.

Ich blieb stehen und wandte mich zu der Bank.

Nancy und ihre Clique besetzen sie und schauten mich Feindselig an.

Alle hielten sie Zigarrenten in den Händen und verteilten weiße Tütchen untereinander, von deren Inhalt ich näheres lieber nicht wissen wollte.

Die Leeren Alkohol Flaschen standen zum Fuße der Bank.

Ich hob eine Augenbraue.

Das nenn ich mal gesund.

"Wir wissen was du getan hast!", schrie mir Nancy lallend entgegen und zog dabei an ihrer Zigarette, während sie mit der anderen Hand, die noch halb volle Flasche rumschwänkte.

"Und das wäre?"

"Du hast Ray mit zu deinem Planeten geschleppt, damit ich ihn nicht haben konnte!"

"Ähm. Meinen Planeten?", fragte ich sie belustigt.

Gereizt funkelte sie mich an.

"Ja! In Wahrheit bist du gar nicht von dieser Erde, sondern versuchst als Außerirdischer die Welt zu erobern!"

"Oh mein Gott! Wie bist du denn an meinen absolut wahrscheinlichen Weltherrschaftsplan gekommen! Das sollte doch niemand wissen!", sagte ich gespielt enbtsetzt.

Sie nickte und stand torkelnd auf.

"Ja genau! Deshalb spinnen ja auch alle! Boxtrainer, dasss ich nicht lache! Die Örtliche Zeitung berichtet davon und warnt uns, auch nur in die Nähe von deinem Scheißhaufen namens Zuhause zu gehen! Sie haben Angst und sind glücklich, dass sie nichts mehr mit euch zu tun haben, gschweige denn euch zu Gesicht bekommen! Was passiert da wirklich? Beginnt deine Invasion schon?!"

Ich glaube Alkohol tat ihr nicht gut, obwohl es mich ja schon verwunderte, dass sie wusste was eine Zeitung war...

"Was bist du? Verschwörrungteoretikerin?"

"Wasn das?"

Ich starrte sie an und fing an zu Lachen.

Ihre Freunden streuten sich weißes Zeug auf den Finger und schnupften es auf Drei durch die Nase.

Ich schüttelte mich innerlich.

"Ich kann dir nur einen Tipp geben. Bekomm dein Leben in den Griff Nancy. Sonst wird es dein Ende."

Ich glaub das war der Erste Moment in meinem Leben dah, inder ich die wahre Nancy sah.

Die Nancy, deren Mutter bei ihrer Geburt gestorben ist.

Deren Vater sie deswegen hasst.

Die verzweifelte, einsame Nancy.

Doch es war zu spät für sie.

Zu spät die Kurve zu bekommen, das Leben halbwegs wieder in den Griff zu bekommen.

Menschen ändern sich nicht und Nancy hat sich schon damit abgegeben.

Sie weiß was auf sie zukommt. Doch sie nimmt es so wie es kommt.

Nichts wissend das sie an einer Vergewaltigung ums Leben kommen wird.

 

Die Gegend wurde ruhiger.

Die Häuser folgten in immer größeren Abständen und die wenigen Autos die mir entgegen kamen, waren Limousinen.

DIe Häuser, die mehr riesigen Villen glichen, protzten von Haus zu Haus unterschiedlich.

Die vorneme Häuserbeleuchtungen reichten um ein Kindes Traum von einem Strahlenden Weihnachtachtsbaum zu erfüllen.

Die wenigen Menschen denen ich begegnete schauten mich schief an und ich würde mich nicht wundern, wenn sie die Polizei rufen lassen würden, weil sie Angst vor mir hatten, oder dachten, ich würde ihnen ihr Geld stehlen, wenn ich sie nur sah.

Plötzlich hielt neben mir eine Limousine und die getöhnte Fensterscheibe surrte hinunter.

"Wo ist Grace?", zischte die Rabin und ich bemerkte ihren Funkelnen Blick auch durch die abgedunkelte Desingner Sonnenbrille.

"Darf ich einsteigen?", fragte ich fragte und erwiederte ihren Blick.

"Nein."

"Sie wollen doch wissen, was mit Grace ist. Und das kann ich ihnen definitiv nicht sagen, es sei denn Sie wollen, dass ich ihr Privatleben, vor ihren Nachbarn ausplaudere."

Die Tür schwang auf und ermöglichte mir den Einblick auf eine eingebaute Sektbar.

Ich setzte mich auf die ihr gegenüber liegende Bank und zog meinen Rucksack auf den Schoß.

Wir starrten uns an. Die Hasserfüllte Stimmung hing in der Luft, füllte mich mit Anspannung und ließ mich gebannt auf das warten, was kommt.

"Warum hassen Sie mich?"

Ihre Haltung sackte zusammen und sah entsetzt wie sich eine Träne unter der Designerbrille hervor stahl.

"Weil der Mann meiner Schwester genauso war, wie du. Und wegen ihm ist sie gestorben..."

 Ich erstarrte.

"Sie haben doch gar nichts dagegen unternommen! Haben ihr nicht geholfen, sie nicht gerettet!"

Ich weiß es war Hart, aber sowas ließ ich mir nicht sagen!

Sie zuckte zusammen, als hätte ich ihr einen Dolch ins Herz gerammt.

"Ich weiß", hauchte sie, "ich verstand es nicht. Doch als ich sah, wie sehr sie darum kämpfte das zu Behlten, was sie hatte. Dann akzeptierte ich es. Doch unser Vater nicht. Er sah nicht ein, dass sie so glücklich war! Und dann brachte er sie um...einfach so. Und wir alle standen dort und sahen es...alle haben es gesehen! Und ich war die Einzige, der das weh getan hat! Deswegen habe ich auch Grace genommen. Die anderen wollte sie ins Heim abschieben, aber das konnten sie doch nicht machen! Grace ist alles was ich habe. Also, was hast du mit ihr gemacht?", fragte sie mich mit brüchiger Stimme.

Ich schaute sie unsicher an, versuchte ihre Worte als Lüge zu enttarnen...doch sie sagte die Wahrheit...

"Ich gar nichts...aber...naja es gibt dort Dinge, die Sie nicht verstehen..."

"Was hat das mit Grace zu tun?"

Sie setzte ihre Sonnenbrille ab und entblößte damit rote, verquollene und müde Augen.

"Sie ist meine beste Freundin und wollte mir helfen."

Sie schaute mir fest in die Augen.

"In was hast du sie da rein gezogen?!"

Man...wieso bin immer ich Schuld?!

"Um es kurz zu machen. Sie wurde entführt von leuten die sich nicht scheuen jegliche Gewalt anzuwenden. Sie benutzen sie als Druckmittel gegen mich. Mehr brauchen Sie nicht zu wissen."

Ihre Augen verengten sich.

"Warum bist du eingentlich damit zu mir gekommen?"

Ich lächelte fast.

"Weil ich weiß das Sie die einzige sind, die mir helfen können. Denn Sie sind eine Mächtige Frau und würden nie zulassen, dass man ihre Nichte entführt."

Sie grinste Böse.

"Damit hast du verdammt Recht!"

Ich lehnte mich entspannt zurück.

"Ich bin Nimoe White."

"Ich weiß."

"Woher?", rief ich erstarrt.

Sie lachte.

"Ich habe meine Männer überall. Du bist sehr bekannt in Darkness. Fast zu bekannt, findest du nicht auch?"

Kalte Schauer liefen mir über den Rücken und ich schluckte.

"Ich bin Beatrice Milles. Freut mich dich kennen zulernen, kleiner Todesengel."

 

"Auf wessen Seite stehst du jetzt eigentlich genau?", fragte ich durch meinen Teedampf.

Beatrice setzte ihren Tee ab und verschränkte die Arme.

"Auf gar keiner."

"Und wieso kennst du das dann alles?"

"Weil", sagte sie ruhig und schnippste einen Krümmel vom Tisch, "ich über alles Bescheid weiß. Als ob ich mich durch sowas banales wie einen Boxtrainer aufhalten lasse. Ich wusste, dass Irgendwas nicht stimmt, also schleuste ich meine Leute ein...und was die berichteten", sie schüttelte den Kopf, "das war echt unglaublich. Ein kleiner Stadtteil außerhalb, entwickelt sich zu einer Eigenmacht! Das ist so unrealistisch! Aber, meine Leute wurden immer verwirrter. Ein paar gehören zu den Lightness, ein paar zu den Darkness. Sie unterliegen mir nicht mehr. Es scheint als ob da sowas wie eine Gehirnwäsche vor sich geht. Doch von früheren Berichten hörten ich immer einen Namen. Immer und immer wieder. Deinen."

Sie schaute mich an, durch borrte mich fast.

Ich zuckte mit den Schultern und richtete meinen Blick auf meinen Tee.

"Sagen wir es mal so. Ich habe die ungewünschte Aufmerksamkeit von allen Bewohnern erweckt und Jeder versucht mich nun auf seine Seite zu ziehen."

Ich spürte ihren Blick doch eine weile auf mir ruhen, ehe sie weiter sprach.

"Und wo ist Grace?"

"Bei den Lightness", meinte ich und überwand mich flüsternd, den nächsten Satz zu sagen, "sie schlagen sie..."

Ich hörte das Krachen von Porzellan und schaute hoch.

Beatrice hatte ihre Hände zusammen geballt, ihr Gesicht war kalkweiß und sie sah mich mit aufgerissen Augen an.

Wut stand in ihren Augen.

"Luigi!", brüllte sie und ich wäre fast vom Stuhl gefallen.

Ein breitschultriger Mann trat hinein und schaute ausdruckslos auf die Pfütze und die darin liegenden Einzelteile, einer frühren teuren Teetasse.

Grunzend hob er den Blick.

"Mach meine Männer klar. Grace wurde entführt", zischte Beatrice.

Luigi entblöste eine Reihe von Goldzähnen, als es lächelte.

Es war ein eindrucksvolles böses Lächeln. Ich schluckte.

Als Luigi ging, wagte ich noch einen Blick auf Beatrice.

Sie war aufgestanden, hatte eine angespannte Haltung angenommen und einen kalten und zornigen Blick.

Sie sprühte pure Macht aus und ich wusste, dass man sie sich nicht als Feind wünscht.

Doch was wäre, wenn genau das passieren würde?

Was wäre, wenn sie zu meinem Feind wird?

Die Zukunft bringt oft unerklärliche Dinge, die wir erst im Nachhienein verstehen.

Und wenn es soweit kommen sollte, so würde ich eindeutig der Verlierer sein.

Fragt sich nur in welchem Spiel.

 

Schweigend brauste die Limousine durch den Wald, näherte sich mit hoher Geschwindigkeit der Darknessmauer.

Mit jedem Meter, den wir hinter uns ließen wurde ich immer unsicher.

 Was zur Hölle taten wir hier?!

Ich meine, klar, wir wollen Grace retten, aber so?!

Die Maschienengewehre die die Acht Männer trugen, machten mir Angst.

Wir konnten doch jetzt nicht einfach alle abknallen?

Ich meine...das kann man doch nicht machen?!

Wir befinden uns doch nicht im Krieg!

Stellte ich mich jetzt ernsthaft gegen Beatrice?

JA!

Denn sowas konnte man nicht machen!

Ruckartig hielt das Auto und ich wusste, dass wir angehalten wurde.

Wir waren anscheinend am Haupttor angekommen.

"Sie können hier nicht rein!", hörte ich eine Männerstimme und ich wusste instinktiv, dass das Ärger geben würde.

Beatrices Gesichtszüge spannten sich an und sie grinste leicht.

"Zeigt es ihm Männer!"

Die Türen flogen auf und ich hörte den Mann rufen.

"Scheiße! Was wollt ihr?"

"Rein", grunzte Luigi.

Ich kletterte ebenfalls aus dem Wagen und sah, wie die Acht Männer den armen Mann eingekesselt hatten, der sich nicht ergab.

"Nein! Ich dürft nicht rein!", der Mann schlug mit der Brechstange auf den ersten Ein, was in einem riesigen Krach ausortete.

"Nein!", schrie ich.

Denn Krach wurde jäh unterbrochen, als ein Schuss die Laute zerriss und der Mann Tod auf den Boden sackte.

Entsetzt starrte ich auf den zusammen gesunkenen Haufen, während Beatrice Männer weiter gingen, als wäre nichts passiert.

Als hätten sie nicht gerade einen Mann umgebracht. Ihm das Leben genommen, nur weil sie nicht das bekamen, was sie wollten.

Ich wollte Grace zurück...aber nicht unter diesen Umständen.

 Jemand berührte mich an der Schulter und ich drehte mich um, blickte in Beatrices Gesicht.

"Armleuchter", murmelte sie, ehe sie ihren Männern hinterher schritt.

Die Limousine rollte zurück, verließ diesen Ort.

"Das könnt ihr doch nicht machen!", schrie ich Beatrice und ihrem gefolge hinterher.

Beatrice drehte sich im gehen zu mir um, während die anderen einfach weiter gingen.

"Das ist das Leben."

Ich erstarrte.

"Ist es nicht! Ihr hättet ihn nicht umbringen müssen!"

"Wilkommen in meiner Welt", dann drehte sie sich wieder um und rief noch, "kommst du?"

Doch ich schüttelte den Kopf und rannte einfach weg, rannte weg, bevor sie mich noch zwingen konnte, ihr zu sagen, wo das R.I.P war.

Vielleicht war es ein Fehler.

Ein Fehler sich ein zugestehen, dass ich diese Person hasste.

Ich hasste Beatrice Miller, ganz gleich, was sie auch für eine Vergangenheit hatte.

Denn das Leben muss man nicht so annehemen wie es ist.

Man muss sich nicht fügen.

Man kann es selbst entscheiden.

Das Schicksal bestimmt die Karten, doch du bestimmst das Spiel.

Vielleicht war es wichtig, dass ich mir das in diesem Moment klar wurde.

 

"Verdammt, verdammt, verdammt! Kann denn nie etwas gut gehen?!", murrte ich gereitz während ich vor den Schritten wegrannte, die sich einfach nicht von mir lösen wollten.

Ja, drei Mal dürft ihr raten, was passiert ist!

Egal, ich erzähle es auch ohne eure Antworten!

Diese neunmal kluge Geheimpolizei, musste ja genau in dem Augenblick aufkreuzen, indem ich mich an an eine Wand gelehnt hatte und um diese leiche getrauert habe!

Und was dachten die?! Die dachte, ICH habe ihn umgebracht!

Toll, jetzt werde ich verfolgt!

Ach Gott, wie ich das alles hasste.

"Stehen bleiben!", rief die Stimme gequält hinter mir her.

Ha! Als ob ich jetzt stehen bleiben würde.

Warum lief ich eigentlich noch weg?

Wieso blieb ich nicht einfach stehen und ließ mich verhaften?

Durch meine Gedanken bemerkte ich nicht, wie ich in jemanden hinein lief.

Jemanden, der Timophy hieß und mich grob am Arm packte.

"Oh hey Timophy. Könntest du mich vielleicht loslassen?"

Er blickte mich nicht an, doch der kühle Gesichtsausdruck versetzte mir einen Stich.

"Ich hab sie!", brüllte er und ich regristrtierte langsam, dass es mich auslieferte.

Das war mehr als Verrat.

Mein Herz zog sich zusammen und ich wehrte mich, wollte mich losreißen, doch es ließ mich nicht gehen.

Ein Schlag in meine Rippen, ließen mich keuchend inne halten.

Er hatte mich geschlagen.

Mit großen Augen sah ich ihn an, doch er blickte hinter mich, wo die Schritte verstummten.

Brutal wurde ich rum gerissen und an eine Wand geschubst.

"Gut gemacht", hörte ich jemande sagen, ehe meine Hände schmerzhaft auf den Rücken gedreht wurde und ich das schnappen von Handschellen vernahm.

Doch ich sagt nichts, wehrte mich nicht.

Das einzige, was im Moment herrschte, war der Gedanke, des Verrates.

Es schmerzte mehr, als ich je gedacht hätte.

Timophy lieferte mich euiskalt der Geheimpolizei aus.

Warum?

Erst als ich auf die Rückbank eines Autos gequetscht wurde erwachte ich langsam aus meiner Trance.

Ruckartig hob ich den Kopf und starrte Timophy, der mit ausdruckslosem Gesicht das Auto beobachtete, an.

Als er meinen Hasserfüllten Blick bemerkte, brach etwas in seiner Fassade.

"Verräter!", schrie ich und hoffte das er es hörte.

"Das werde ich dir nie verzeihen!", brüllte ich und sah zufrieden wie er zusammen zuckte.

Das Auto fuhr los und ich würdigte Timophy keines weiteren Blickes mehr.

ich wusste zwar, dass Timophy für die Geheimpolizei arbeitete, aber nicht glücklich damit war.

Doch das er mich für seine Zwecke missbracuhte, indem er mich abgab, damit er nach ganz oben kam, verletzte mich.

Ich war nur ein Mittel zum Zweck.

So ungern ich es auch zugab, aber ich hatte ihm Vertrauen geschenkt.

Vertrauen welches er schamlos ausgenutzt und zerstört hatte, als er mich abgab, ohne mir einen aufmunterndem blick zu schenken.

Er gab mich ab, als sei ich Dreck. Als würde er mich nicht kennen und ernsthaft glauben, dass ich diesen Mann umgebracht hätte!

Das er soweit ging, ließ mich etwas Hoffnung verlieren.

Mühsam hielt ich die Tränen zurück, während der Wagen weiter über das Kopfsteinpflaster fuhr.

 

"Ich stelle dir jetzt zum letzten Mal diese Frage!", brüllte mich mein Verhörer an und knallte seine Handflächen auf den Mettalenen Tisch, andem ich saß, in einem kleinen Raum.

Es war genauso wie in diesen Amerikanischen Filmen, indenen man auf einem Stuhl sitzt, von dem dir Zugeteilten Polizisten angeschrieen wirst und nebenbei noch eine Lampe ins Gesicht geleuchtet bekommst.

Nur eins war anders. Und zwar das das hier, kein Polizist war, sondern einer, der sich um meine Rechte nen Dreck scherrte. Es war einer von Stephanos ach so toller Geheimpolizei.

Der Raum war Fensterlos und klein. Die einzigen Möbel in diesem Raum waren, zwei Stühle, ein Tisch und diese sehr hell leuchtende Lampe.

Die Tür befand sich hinter mir und war abgeschlossen.

"Warum hast du den von Stephano de Vita eingestellten Wachtmeister umgebracht?! Und so, vielen unbefugten bewaffnete Eintritt verschafft?!"

"Das sind zwei Fragen", grummelte ich.

Die Lampfe wurde hoch gerissen und mit voller wucht hinter mir gegen die Wand geschleudert.

Mit einem unglaublichen Krachen zerbrach sie.

Ich hob eine Augenbraue. Soll mich diese Agressive Einstellung jetzt einschüchtern?

"Es reicht!", schrie er und stampfte wütend zur Tür.

Endlich konnte ich nach zwei Stunden unnötiges Angebrülle erleichtert aufatmen.

"Nimm sie mit. Sie spricht nicht. Du weißt was zu tun ist."

Wer hätte das gedacht? Der Typ kann ja auch ganz ruhig sprechen? Doch mit wem sprach er?

Als er wieder rein kam in Begleitung eines Mannes im Mittleren Alters, beschlich mich langsam Angst.

Der Zweite Mann war Klein, pummlig und hatte das fiseste Grinsen im Gesicht, dass ich je gesenhen hatte. Sein Gesicht war gekennzeichnet durch viele unterschiedlich große Narben, die sich einen wüschen, ihm Nachts nicht zu begegnen.

"Du bist also die Süße, die sich nicht unterkriegen lässt. Na dann komm mal mit."

Er schaute mich an und erwartete anscheinend das ich ihm folgen würde.

"Ähm...nein?! Hallo, ich will nach Hause! Warum soll ich mitkommen?"

Da war es wieder, dieses fiese Grinsen.

"Du wirst uns schon die Antworten geben, die wir wollen!"

"Wers glaubt", meinte ich schnaubend, "ich antworte doch, aber ihr glaubt mir nicht!"

"Das ist praktisch dasselbe."

"Ist es nicht!"

Narbenfresses Gesicht funkelte und er kam auf mich zu, packte mich grob am Arm und zog mich aus dem Raum, während ich seiner Todesvision nachhing.

Ich erwachte erst aus der Trance, als er mich in einen Keller stieß und ich mich mit mühe am Geläder festhielt um nicht die Treppe runter zu fallen.

Sein Tod, war alles andere als Schmackhaft gewesen, denn er stirbt an seinem eigenem Erbrochenem. Toll, an eigener Kotze gestorben. Ihh.

Erschrocken keuchte ich auf, als er hinter mir das Licht anmachte und es mit einem lauten knacken erleuchtete.

Der Raum war kahl, ebenfalls Fensterlos und gefüllt mich Gegenständen, die aussahen wie Foltergeräte. Ich schluckte schwer.

"Das sind meine kleinen Schätzchen, mitdenen du Bekanntschaft machen willst, da du ja nicht sprechen willst."

"Aber...wir sind doch hier nicht im Mittelalter! Sowas dürfen Sie gar nicht machen! Ich werde sie anzeigen! MENSCHENRECHTE!"

"Weißt du, mich interessiert nicht was ich darf und was nicht. Menschenrechte? Hier nicht. Und wie willst du mich überhaupt anzeigen. Du bist bereits schon bei der Polizei."

Mir klappte der Mund auf.

"Ich meine, bei einer richtigen Polizei!"

Er schüttelte den Kopf.

"Du wirst Darkness aber nie wieder verlassen...außerdem hast du Recht mit dem Mittelalter. Meine kleinen Kinder hier, stammen noch aus der Zeit."

Als ich mich umdrehte um Fluchtartig den Raum wieder zu verlassen, bekam ich einen Schlag auf den Hinterkopf und sackte Ohnmächtig zusammen.

 

Kopfüber baumelte ich in der Luft. Den dunklen Fleck, den ich fixierte, bewegte sich. Links, rechts, links, rechts...

Meine Haare, die den Boden streiften, folgten den Bewegungen des Seils, an welchem meine Füße gebunden waren.

Am liebsten hätte ich meine Haare von diesem dreckigen Boden gehoben, doch mit auf dem Rücken gefesselten Händen, gestaltete sich sowas eher schlecht.

Narbenfresse meinte, er hätte sich mal eine Pause verdient, nachdem er mich erst mal genügend gequält hatte.

Gequält wäre das falsche Wort, eher gefoltert.

Er hat mich an einen Stromkasten angeschlossen und immer wenn ich ihm schnippisch auf seine Fragen geantwortet habe, hatte er mir eine Ladung verpasst.

Ich zitterte immer noch und ich musste feststellen, dass ich mich wahrscheinlich noch nicht mal in die Nähe eines Stromzaunes trauen würde.

Hin, her, hin, her wischten meine wunderschönen Haare auf den Boden und ich versuchte sie verzweifelt Irgendwie von diesem Schicksal zu erlösen, was mir aber eher weniger gelang.

Seufzend ließ ich mich wieder hängen und fragte mich, wie lange es ein Mensch auf dem Kopf ausielt.

Das Blut, dass mir bei diesem auf-dem-Kopf-rumgehänge in den Kopf schoss wurde langsam unangenem. Meine Füße kribbelten und mir wurde schwindelig.

Wenn ich mich hier übergab, musste ich es dann auch selber wieder weg wischen?

Meinen Haaren zuliebe ließ ich es bleiben und hoffte, dass ich hier Irgendwann auch wieder rauskam.

Plötzlich ging oben auf der Treppe die Tür auf und ich bekam wieder Angst.

Angst vor dem, was er mit mir machen würde.

Doch als ich das Klacken von Hochhackigen Schuhen vernahm beruhigte ich mich etwas. Naja, bis sich lange schmal Beine vor mich stellte und ich mühsam hoch gucken musste.

Es war Lin.

"Ich wusste ja gar nicht, dass sie es ist...ich hatte ja gar keine Ahnung!", stammelte Narbenfresse neben ihr hektisch und ich hob verwirrt eine Augenbraue.

Lins beugte sich zu mir runter und sah mich ernst an.

"Dein Name hat mehr Bedeutung, als du glaubst."

"Holst du mich hier raus?", fragte ich hoffnungsvoll.

"Nein."

Ich starrte sie entsetzt an und Panik beschlich mich.

"Wie nein?!"

"Ich würde es ja gerne, aber es geht nicht."

"Hä?"

 Sie seufzte.

"Du hast Jemand von den Darkness umgebracht. Jetzt musst du dafür aufkommen."

"Ich hab ihn aber nicht umgebracht!", schrie ich aufgebracht und rüttelte an meinen Armen.

Emotionslos zuckte sie mit den Schultern.

"Ist das mein Problem?", dann drehte sie sich um und kehrte mir den Rücken zu.

Narbenfresse grinste mich diabolisch an.

"Was gibt's denn da so zu glotzen?!", schrie ich und schlagartig verschwand sin Grinsen.

Bedrohlich kam er auf mich zu, während Lin sich hinten in Seelenruhe eine Zigarre anzündete und uns ruhig beobachtete.

"Was willst du machen?! Mich wieder unter Strom setzen?! Tu's doch! Vielleicht bleibt dabei ja mein Herz stehen!"

"Das glaub ich eher weniger", erklang eine Stimme hinter mir.

Narbengesicht schaute erfurchtsvoll hinter mich, während ich nur genervt rumhängen konnte.

"Ich will auch sehen, welches Arschloch das gesagt hat! Ich kann dich nämlich leider nicht sehen!", motzte ich und sah schon Narbenfresses Hand auf mich zuschnellen.

"Halt! Wir bestrafen sie. Nicht du", meinte die Stimme hinter mir und ich schloss die Augen, als ich bemerkte das die Person vor mich trat.

"Bitte sei nicht Ray. Bitte sei nicht Ray. Oh Gott lass es nicht Ray sein", betete ich laut und öffnete die Augen.

"Okay...bis jetzt ist es nur eine Hose", murmelte ich und ließ meinen Blick höher wandern.

Ich kam nicht umhin, als zuzugeben, dass mir der Anblick gefiel.

Ray hatte eine Augenbraue gehoben und schaute mich grinsend an.

"Ich hasse es Jemanden von unten herauf anzugucken."

Sein grinsen wurde breiter.

"Mir kommt es eher so vor, als wäre es das erste Mal, dass du so was tun musst."

Ich zuckte mit den Schultern.

"Könntest du mich den losbinden?", fragte ich zuckersüß und klimperte mit den Wimpern, was mit deutlich misslang.

"Fürs einschleimen bist du einfach nicht gemacht. Aber klar hol ich dich hier runter."

Erleichtert atmete ich aus.

"Wow. Danke. Ich dacht schon, vorher platzt mein Kopf-"

Ich konnte nicht weiterreden, da er einfach während ich geredet hatte, eine Messer gezückt und angefangen hatte, mein Seil zu durchtrennen.

Krachend landete ich voll auf meinen Kopf und sah nur noch schwarz.

"Mein Kopf ist jetzt geplatzt", murmelte ich etwas geistlich verwirrt und versuchte meine langsam wieder Farbe bekommen Welt zu ordnen.

Der Schmerz in meinem Kopf veranlasste mich, einfach auf dem Boden liegen zu bleiben, die Kabel, die mich an diese Höllenmaschine banden, schlangen sich um meine Gelenke und ich hörte entfernt wie ich noch sagte: "Mach das noch einmal und du kannst was erleben, Arschloch", dann übermannte mich der Schmerz und ich sank dankbar in klare Dunkelheit.

 

"Warum hat sie eine Gehirnerschütterung?!", brüllte eine Männerstimme unerträglich laut und ich wünschte, er würde meinem brummenden Schädel zuliebe, damit aufhören.

"Sie ist mit dem Kopf auf dem Boden geknallt", sagte Rays Stimme ganz ruhig.

"Ich meine das ernst! Was ist passiert?!"

"Das war mein Ernst."

Stille für die ich dankbar war, folgte darauf und ich kuschelte mich wieder ins Kissen, sank hinab in die Traumwelt, wenn auch nur für kurze Zeit...

"Was hast du denn gemacht!"

"Sie losgebunden."

"Und dann?"

"Ist sie mit dem Kopf auf dem Boden geknallt."

"Stephano wird dich umbringen!"

Ray schnaubte.

"Weswegen denn bitteschön? Sie ist doch hier, was will er mehr?"

"Du bist echt merkwürdig Ray."

"Und ein Arschloch", knurrte ich und setzte mich langsam auf.

Ich schloss die Augen und hielt mir meinen Schädel, als alle Farben ineinander verschwammen.

 "Du bist wach..."

"Ach wirklich?! Nicht nur das, ich bin auch noch extremst schlecht gelaunt! Und solltest du es noch einmal wagen, mich derartig schlecht zu behandeln, werd ich dir zeigen wo die Glocken hängen!"

Ich vernahm einen Pfiff und öffnete wiederstrebend die Augen.

Ein junger Mann stand neben Ray.

Jemand den ich nur zu gut kannte.

Timophy.

"DU!", schrie ich und schaute ihn derartig hasserfüllt an, dass selbst Ray zusammenzuckte.

Wütend stand ich auf, ignorierte dabei das Schwindelgefühl und die Tatsache, dass ich umkippen würde, wenn ich mich nicht bald hinsetzte.

"Wie konntest du mir das nur antun?! Du bist echt das Letzte!", schrie ich los und versuchte Ray zu ignorieren, der neben uns stand und uns verwirrt musterte.

"Ihr kennt euch", stellte Ray fest und hob eine Augenbraue.

"Allerdings! Das ist der Dreckskerl, wegen dem ich dort unten gesessen hatte! Er hat mich einfach so ausgeliefert!", meinte ich zu Ray, ehe ich mich wieder wütend Timophy zuwandte.

"Wegen dir wurde ich da unten gefoltert! Soll ich dir mal sagen, wie es sich anfühlt, an Strom angeschlossen zu werden?! Die Schmerzen?! Das Gefühl, dass alles in dir abstirbt?! Ich hasse dich Timophy! ICH HASSE DICH!"

Ich war verletzt. Nicht nur Körperlich, sondern auch Seelisch.

Von Hinten spürte ich auf einmal Arme, die sich um meine Taille schlangen und erst dann registrierte ich, dass ich weinte.

Ray nahm mich fest in den Arm und reduzierte somit mein Zittern.

Ich gab mich einfach dem Gefühl hin, schmiegte mich an seine Brust und legte meinen Kopf an seine Schulter.

Sein Geruch drang in meine Nase und ich atmete tief ein.

Es war ein schönes Gefühl, Ray so nah zu sein, obwohl ich das nie zugeben würde.

Mein Herz raste und ich schloss die Augen.

"Du weißt das Stephano das nie zulassen würde!", zischte Timophy und zerstörte somit meine Geborgenheit.

Seine Aussage, war auf unsere Umarmung bezogen und ich hasste ihn noch ein Stück mehr.

"Wovon redest du?", fragte Ray genervt und drückte mich noch ein bisschen mehr an ihn.

"Davon, dass ihr beide keine Zukunft habt! Und zusammen schon gar nicht!"

Ich wusste nicht warum, aber seine Aussage macht mich wütend. Richtig wütend.

"Es ist MEIN Leben! Da hat schon mal Stephano gar nichts zu sagen!", meinte ich zornig, ohne die Augen zu öffnen.

Ich war Müde, obwohl ich geschlafen hatte und wollte einfach nur die Körperliche Nähe von Ray genießen.

Oh mein Gott! Was denke ich hier?!

Ich wollte mich von Ray lösen, doch es gelang mir nicht. Mein Körper gehorchte mir nicht und sträubte sich gegen meinen Willen.

Meine Gefühle kämpften gegen meinen Verstand. In meinem Inneren tobte der Kampf, der mich merken ließ, dass ich was für Ray empfand. Etwas, dass nicht zu unterschätzen war.

"Och nein! Was für ne abgefuckte Scheiße! Das kann doch nicht wahr sein!", schrie ich drauf los und öffnete die Augen. Blickte in Timophys verwirrtes Gesicht und spürte, wie Ray sich hinter mir anspannte.

"Was ist los?", fragte Ray.

Ja Nimoe. WAS IST LOS?!

"Ähm...ich glaub ich bekomm Morgen meine Tage."

Toll gemacht, was Besseres hätte dir ja auch nicht einfallen können!

Stille.

"Was denn?! Nur weil ihr diese Sorgen nicht kennt! Das ist ein sehr ernst zunehmendes Problem, da ich ja schließlich gefangen bin!"

Schnaubend machte ich mich los, wofür mich mein Herz mit mehreren Stichen bestrafte, ich es dafür verfluchte und schritt zu meiner Tür.

Es war dasselbe Zimmer wie letztes Mal auch.

"Was machst du Nimoe?"

"Sam suchen."

"Wer ist Sam?"

"Die Zahnfee."

"Nimoe! Unbefugtes rumlaufen ist strengstens untersagt! Das bringt-"

"Halt die Fresse Timophy!"

Ein Blick über die Schulter ließ mich schmunzeln.

Timophys erstarrter Gesichtsausdruck war schon ein Blick wert.

"Kommst du Ray? Ich glaube du musst mitkommen, da ich wahrscheinlich nicht unbeaufsichtigt hier sein darf."

"Da hast du verdammt Recht."

Und schon verließen wir beide den Raum, ohne auf den wütenden Timophy zu achten.

 

"...was fällt diesem super blöden Arschloch eigentlich ein?! Ich hasse ihn! Ohja und wie ich das tue! Dieser Affe von Hinterwäldler! Dieser fünf Eier tragende Beamte! Dieser unterwürfige Stephanos Rechte Hand Typ! Dieser-"

"Woher weißt du das?", unterbrach mich Ray verwundert und blieb mitten im Gang stehen. Schmerzhaft prallte ich gegen ihn und rieb mir meine Stirn.

Ich blickte zu ihm auf.

Sein schwarzes wirres Haar, glänzte leicht und seine strahlend grünen Augen funkelten mich misstrauisch an.

Ich zuckte die Schultern.

"Ist das so schlimm?"

"Es sagt mir nur, dass ihr euch schon vorher kanntet."

Ich lächelte, was ihn zu verwirren schien und antwortete: "Stimmt."

Mehr nicht, nur dieses eine Wort.

Neugierig beobachtete ich, wie er reagierte.

Überraschung verwandelte seine Züge für einen Augenblick, ehe er sich wieder unter Kontrolle hatte.

"Und woher?"

"Tzzz. Was wird das hier? Ein Verhör? Nein danke, davon hatte ich schon genug!"

Mit diesen Worten wollte ich eigentlich an ihm vorbei spazieren, um weiter Sam zu suchen.

Doch Ray packte einfach mein Handgelenk und zog mich sanft zurück.

"Was verschweigst du mir?"

"Mehr als du denkst", flüsterte ich und versuchte nicht in den Bann seiner Augen zu geraten.

Mein Herz klopfte und Stromschläge schossen aus meinem Handgelenk. Dort wo er mich berührte.

Sein Mund verzog sich zu einem kleinen Lächeln und sein Lippenpiercing erweckte in mir den Wunsch an seiner Lippe zu knabbern.

Ob ihr es glaubt oder nicht, aber ich war diesen Jungen vor mir verfallen.

Leicht bewegte sich sein Gesicht zu meinem und mein Blut kochte.

Meine Gedanken rasten und meine Gefühle sprangen im Dreieck.

Die Stimmung knisterte zwischen uns.

Ich blickte ihm in die Augen. Sie schauten mich an, als wäre ich das einzige, was wichtig wäre.

Meine Knie wurden weich und seine Hände lagen auf meine Taille, drückten mich leicht gegen die Wand.

Wohlige Wärme umhüllte mich und das Kribbeln in meinem Inneren, erinnerte an das Gefühl wenn man im freien Fall sitzt und es runter geht. Schwerelos und voller Adrenalin.

Automatisch schloss ich die Augen. Spürte seinen warmen Atem auf meinem Gesicht, seine Nähe.

Es zählte nicht mehr, wo wir waren. Warum wir hier waren, oder was uns bevor steht.

Seine weichen Lippen trafen meine und der Moment gehörte uns.

Als wären wir die einzigen auf der Welt. Alles in meinem Inneren brannte und meine Amokschmetterlinge ließen sich wieder blicken.

Ich vergrub meine Hände in seinen wunderschönen Haaren. Die Leidenschaft hatte mich gepackt. Soviel hatte ich noch nie Jemanden gegeben und ich genoss es.

Seine Zunge stupste gegen meine Lippen und ich öffnete sie bereitwillig.

Nun schienen auch ihn die Gefühle zu überrollen, denn er drückte mich noch mehr gegen die Wand. Eroberte meinen Mund, meine Gefühle, meine Gedanken, meinen Verstand.

Als wären wir nur füreinander geboren worden, als gäbe es nur uns, küssten wir uns mit voller Sehnsucht.

Doch auch dieser Moment wird irgendwann enden, dass wusste ich.

Atemlos ließen wir voneinander ab und schauten uns in die Augen. In ihnen brannte die eiskalte Erkenntnis.

Wir empfanden etwas füreinander.

Doch wie groß, war das, was er für mich empfand?

Scheiße, ich war verliebt.

Sein Blick glühte, drohte mich zu verschlingen. Aber ich wäre nicht Nimoe, wenn ich ihm hier nachgab.

Also tat ich das, was eine Nimoe tat und straffte mich.

"Lass uns weiter Sam suchen", sagte ich und ohrfeigte mich Innerlich, weil meine Stimme rau und ringend klang. Nach Luft schnappend.

Meine Wangen brannten und ich atmete einmal tief durch...okay, es war zweimal.

Ich versuchte mich, innerlich zu beruhigen, mein Herzschlag zu verlangsamen und meine verdammten Selbstmordgefährdeten Schmetterlinge zurück in ihre Anstalt zu schicken.

Selbstbewusst lief ich voran, als wüsste ich was ich tat. Doch das tat ich nicht, denn meine Gedanken kreisten um den einen. Um Ray.

Wurden verliebte immer zu solchen Hirnlosen, herzgesteuerten Wesen, die auch nur Anfingen zu sabbern, wenn sie ihren Angebeteten auch nur sahen?

Ich schnaubte. Ich und Jemanden anbeten? Niemals!

Wird aus uns beiden jetzt so ne verbotene Liebe Ding?

So ne Herzerweichende Lovestory, zwischen zwei Fronten?

Westside story?

Romeo und Julia für arme?

Wohl kaum! So lange ich, Nimoe in diesem behinderten Drehbuch namens Leben noch ein Wort zu sagen habe, wird dieses...was auch immer dazwischen mir und Ray ist, gefälligst etwas Besonderes.

Etwas das sich nicht mit Worten wie: Liebe auf den ersten Blick, oder Seelenverwandtschaft, beschreiben ließ!

Denn das waren wir auf jeden Fall nicht!

Liebe auf den Ersten Blick?

Es war eher Hass auf den ersten Blick!

Seelenverwandtschaft?

Äh...nein! Wie gesagt, Hass!

Aber wieso verwandelte sich diese anfängliche Abneigung so plötzlich in ernst zu nehmende Liebe?

Ist das hier etwa so ne Kranke Hassliebe?

Ich will sofort den Regisseur und den Drehbuch Autor sprechen!

Diese Story ist einfach genauso unlogisch, wie...mein Leben halt schon immer war...

Seufzend wiederstand ich dem Drang meinen Kopf gegen die Mauer zu hauen und lief einfach weiter. Mein Pokerface stets auf meinen Gesichtszügen.

Wenn Jemand auch nur annähernd erraten würde, was ich denke, er würde mich direkt einweisen lassen. Gummizelle ich komme!

Wenn das hier bald kein Ende nahm, würde ich wohl oder übel, selbst einweisen.

Warum sind meine Gedanken so schwer zu verstehen?

Hatte etwa einer dieser Schmetterlinge es geschafft auszubrechen und sitzt jetzt in meinem Gehirn, mit dem großen Plan die Weltherrschaft an sich zu reißen.

Fuck, was war mit mir los?

Ich verstand mich ja selber nicht mehr!

Stöhnend hielt ich mir den Kopf. Kopfschmerzen piesackten mich.

Nimoe! Weniger Denken...mehr Handeln!

Tzz...und so was nannte man innere Stimme. Verstand.

Wo war verdammt noch mal mein Verstand?!

Habe ich ihn etwa bei diesem Kuss, Ray zugesteckt?

Nicht, dass er das nicht vertragen könnte, aber was mache ich denn jetzt?!

Hilfe, ich werde verrückt!

Und ein verliebter, von überall gesuchter Teenager, der den Tod anderer Menschen sah, konnte ja nur eine Gefahr sein. Eine Gefahr für die gesamte Menschheit!

Ach du scheiße...ich entwickle langsam Verschwörrungstheorien gegen mich selber.

Okay...Sam, wo bist du?!

 

"Nimoe. Für mich weißt alles daraufhin, dass du dich das erste Mal richtig verliebt hast."

Psychologin Sam, die sich anscheinend für mein Wohlergehen verantwortete, streckte sich ausgiebig und legte sich zurück in den Berg von Kissen.

"Tzzz...", machte ich nur und schielte leicht zur Tür.

Nicht dass es ihm auch noch einfiel und zu belauschen.

Diesem...diesem herzklauendem Bösewicht!

Oh man...ich hatte auch schon mal bessere Beleidigungen drauf.

"Aber wie...? Warum?", flüsterte ich frustriert und vergrub mein Gesicht in die Bettdecke.

"Wieso passiert so was immer mir!"

"Immer?", Sam lachte, "es ist das erste Mal, Nimoe. Das erste Mal, dass deine Gefühlslosigkeit bröckelt. Sei ihm Dankbar."

"Wieso Dankbar! Ich war auch Zufrieden, ohne das hier alles!", nuschelte ich vorwurfsvoll gegen die Bettdecke.

"Das denke ich eher weniger. Vielleicht warst du Zufrieden...aber glücklich? Ray verhilft dir zurück ins Leben zu finden."

"Wohl kaum. Als er auftauchte begannen meine ganzen Probleme."

"Nimoe man! Du bist echt sturer als meine Fingernägel, die ständig brechen!"

"Was hab ich denn jetzt mit unstabilen Fingernägeln zu tun?" "Naja, sie brechen ständig, egal was ich mache! Weißt du wie anstrengend das ist? Nein weißt du nicht. Das ist ein ernst zunehmendes Problem..."

Sie redete weiter und ich fing stumm an zu weinen.

Grace...

Ich brauchte Grace, verdammt! Und irgendwie brauchte Grace auch mich.

Ich konnte nicht glücklich sein, wenn es Grace nicht gut ging, wenn ich sie nicht in meiner Nähe wusste. Das Glück nagte nur an mir, doch erfüllen tat es mich erst, wenn ich wusste, Grace ging es gut. Sie sitzt neben mir und redet mich wie immer völlig zu.

Doch wo war Grace jetzt?

Und ihre verdammte Tante, sprengte sie schon halb Darkness?

Und Stephano, was machte er? Anhänger Lightness unterdrücken? Kleine Kinder ihr Essensgeld klauen?

Und Noita? Lebte die gerade wieder ihre Sadistische Ader aus?

Was war mit diesem komischen Dreckskerl, der mich gekauft hat?

Vergnügte er sich gerade mit einer seiner Erwerbungen?

Und...was war mit Ray? Stand er immer noch vor der Tür, oder besaß er die Dreistigkeit einfach weg zugehen...shit, ich dachte schon wieder an ihn.

Verwundert stellte ich fest, dass ich aufgehört hatte zu weinen.

Ich fühlte mich wie Stimmungsschwankende Schwangere, die sich in der Menopause befand...hä?

Okay...einatmen...ausatmen. Beruhigen. Gedanken auf Verständlich stellen und aufhören an Weltherrschaft Süchtige psychisch labile Schmetterlinge zu denken.

Ich hob meinen Kopf, wobei mir eine bunte Haarsträhne ins Gesicht fiel.

"Warst du schon mal verliebt?"

Oh mein Gott. Wie tief ist diese Welt schon gesunken, dass ich anfing über so was zu reden? Doch zu meiner Verwunderung wurde Sam ganz rot.

"Nun ja", stammelte sie, "ich finde diesen einen Jungen so süß."

Hä? "Wen?"

Sie kratzte sich peinlich berührt am Kopf und ich zog die Augenbrauen hoch.

"Ich glaub er heißt Timophy, oder so und-"

"WAS?! What the fuck! Oh fucking shit!", verwirrt schaute mich Sam an, während ich hysterisch durchs Zimmer lief und zwischendurch irgendwelche Schimpfwörter in die Luft schrie.

"Alles okay da drin?", hörte ich Rays dumpfe Stimme vor der Tür fragen.

Nichts war okay, aber danke der Nachfrage!

"Was ist los, Nimoe?", fragte Sam sichtlich überrumpelt.

"Ich kann den Kerl nicht leiden", zischte ich und ballte meine Hände zu Fäusten.

"Ach, wenn’s nur das ist. Du kennst ihn? Erzähl mir was über ihn...nein warte...erzähl mir ALLES über ihn."

"Ray!", schrie ich und rannte zur Tür. Weg von der entzückten Sam, die in Gedanken wahrscheinlich schon ihre Hochzeit plante.

So wollte ich nicht werden!

Hektisch riss ich die Tür auf und rannte volles Rohr in einen Ray rein der mich verstört musterte.

"Nimoe! Was rennst du denn jetzt weg? Wir wollten doch noch reden!"

Ich hörte Sams Schritte und kam mir vor wie in einem Horrorfilm, indem das Böse dem Flüchtling knapp auf den Fersen war.

"AHHHHH!", schrie ich panisch und rannte was das Zeug hielt davon.

Auf den verwirrten Ray, der verwaist hinter mir zurück blieb, konnte ich nicht mehr achten.

Auch nicht darauf wo ich hinrannte.

Denn es war direkt die Treppe, die in den Keller führte.

 

Wispernde Stimmen. Hilferufe und Verzweiflung.

Die Zellen.

Vielleicht wird mein Horrorfilm ja doch noch wahr?

Knittrige, knochige Hände umklammerten schwach die Stäbe, faltenlose rüttelten dran.

"Wer bist du?", kam eine Stimme zitternd aus einem der Zellen neben mir.

Erschreckt hätte ich beinahe aufgeschrien.

Scheiße, war das das persönliche Labor von Stephano, oder was?!

"Nimoe", antwortete ich trotzdem und unterdrückten den Fluchtinstinkt.

Ich wollte herausfinden, was zum Teufel hier eigentlich geschieht.

Ein Raunen ging durch die Menge.

"Die Nimoe?"

"Ähm. Also ich kenne jetzt keine andere."

Die Stimmen schlugen wieder an. Hörten sich an, wie das rascheln des Laubes, wenn der Wind sie über die Straße kratzt.

"Du bist es. Du bist es wirklich."

Die Kälte drang in meine Kleidung. Die Feuchtigkeit dieses Kellers kitzelte beim Atmen in der Nase und die Angst klammerte sich an mich.

Es sprach immer nur einer. Doch ich konnte nicht erkennen, aus welcher Zelle die Stimme kam.

Es war, als würde die Stimme in meinem Kopf wiederhallen, nicht in diesem Gang.

"Wer bin ich?"

"Das Mädchen, das uns die begehrte Erlösung schenken wird." Aha. Wüsste ich das nicht selber?

"Wie kommst du darauf?"

"Du bist Nimoe."

Na ganz toll. Hat die lange eingesperrte Zeit ihm etwa das Hirn weg geblasen?

"Warum seid ihr hier unten? Was macht ihr hier? Oder eher...was wird mit euch gemacht?"

Ich fühlte mich merkwürdigerweise dazugehörig. Als würde meine Familie hier unten sitzen.

"Ihr seid doch etwa keine-"

"Doch. Wir sind alle Perlenträger."

Ich wich einen Schritt zurück.

"Was ist passiert?", hauchte ich und seltsamerweise standen mir Tränen in den Augen.

Menschen die dasselbe Schicksal wie ich teilten saßen hier unten Gefangen und verlassen.

Wollte Stephano mich deshalb hier haben...und weiß Ray davon?!

Ein Schaben, erklang aus einer Zelle, weiter entfernt. Dann ein poltern.

Es hatte sich jemand schwerfällig hingesetzt.

"Jeder Perlenträger besitzt eine andere Gabe. Eine andere Perle. Diese Perle befindet sich in deinem Herzen. Es ist so zusagen der Machtsitz Noitas. Dein Herz lebt nicht, ist nur die äußere Hülle der Perle. Denn die Perle ist es, die dich am Leben hält.

Und Noita besitzt die Kraft darüber.

Doch es gibt ein Gegenmittel gegen diese Macht", ich riss meine Augen auf, hörte jedoch gebannt weiter zu, "es ist ein Mittel, dass jeder Perlenträger nur einmal in seinem ganzen Leben zu sich nehmen kann. Wenn er es einnimmt, kann er für kurze Zeit die Kontrolle über sich selber Gewinnen. Es ist ein schwieriges Unterfangen, denn meistens zerstört schon dieses einmalige Einnehmen, den Perlenträger. Wenn er zerstört wird, bleibt nur eine leere Hülle von sich selbst auf der Erde. Ein Echo des alten Ichs. Es erinnert vom Verhalten her, nur noch wenig des einen Menschen. Denn er wandelt nur noch von dem wenig zurück geblieben Instinkten auf der Erde. Es sind seelisch verstümmelte Perlenträger, deren Perle geplatzt ist. Sie haben keine Seele mehr. Kein Leben. Doch das Herz, die Außenhülle der Perle, erhält noch die Körperliche Hülle des Trägers am Leben. Schau dich um, sieh in jede Zelle. Das sind die Hüllen ehemaliger Perlenträger. Stephano spielt sein eigenes Spiel. Noita denkt, er sei auf ihrer Seite, doch er selber missbraucht in Wahrheit sie."

Geschockt starrte ich auf die Zelle direkt vor mir, stolperte langsam hin und spähte hinein.

Ein Junge, von gerademal 5 Jahren, hob ein Steinchen vom Boden auf und ließ es fallen. Immer und immer wieder. Das Ausdruckslose Gesicht, sah aus wie das eines fleischlichen Roboters und die Toten Augen ließen mich zurück schrecken.

Tränen rannen aus meinen Augen. Wer tut so was?!

"Warum?", fragte ich mit gebrochener Stimme.

"Stephano experimentiert mit uns. Er will Noita stürzen. Selbst an die Macht. Denn derjenige der die Perlenherrscherin stürzt, kann wenn er will, ihren Platz einnehmen. Und Stephano will genau das. Macht, Ruhm und-"

"Und die Weltherrschaft?"

"Mädchen! Wir sind hier nicht in schrei alles was du denkst, durch diesen Tunnel!"

Na klar, machte er doch selber. Trotzig schluckte ich meinen Sarkasmus hinunter und versuchte ihm wieder zu zuhören.

"Er löscht die Perlenträger aus, damit Noita allein dasteht. Er wird nur einen übrig lassen und den versucht er zu finden. Es ist der stärkste Perlenträger und er kann das Mittel ein einziges Mal einnehmen, ohne zu sterben. Denjenigen wird er vorschicken um Noita umzubringen...und dann wird er diesen Perlenträger umbringen."

"Aber hat Noita nichts dagegen, dass man ihre kleine Armee auslöscht?"

Kahles Lachen erklang und bereitete mir Gänsehaut.

"Sie denkt wir wären Tod. Was wir ja auch eigentlich sind. Nur denkt sie, dass wir durch so was banales wie Autounfall gestorben sind. Oder eben Selbstmord."

Ich musste an Claire denken. Das Mädchen das sich in meiner Gegenwart das Leben nahm. Es versetzte mir einen Stich. Hoffentlich ging es ihr jetzt besser, denn sie hat es nicht verdient weiter zu leiden. Sie soll es gut haben. Sie musste es gut haben, denn ich wünschte es ihr aus vollem Herzen...oder aus voller Perle.

"Aber fällt das nicht auf? Wenn ne Masse an Perlenträgern verschwindet?"

"Nein", kam prompt die Antwort, "manche hat sie sowieso schon vergessen. Es gibt so viele Perlenträger, dass man wohl kaum alle im Auge haben kann. Außerdem ist wohl keine Seltenheit, wenn sich einer Umbringt."

"Und du? Was ist mit dir? Warum kannst du so normal mit mir reden."

Stille erfüllte den Keller, der nur von den Geräuschen der einzelnen Insassen durchlöchert wurde.

"Weil meine Fluch die Krankheit und das Leben zugleich ist."

Verwirrt schaute ich den Tunnel entlang. Meine Brauen zogen sich zusammen und langsam schmerzte das stehen.

Ich ließ mich auf den Boden sinken.

"Das versteh ich nicht."

"Meine Gabe besteht darin, dass jeden den ich berühre innerhalb der nächsten Tage stirbt. Ich lebe länger als gewöhnlich. Ich bin im Moment 204 Jahre alt. Das ist der zweite Teil des Fluches. Mittlerweile ist jeder aus meiner Familie ausgelöscht. Ich bin selbst schuld daran. Ich habe eigenhändig meine Familie ausgelöscht und die Schuld daran zerfrisst mich. es war unabsichtlich. Am Anfang hatte ich nicht bemerkt, dass dieser plötzliche Krankheitsausbruch mit mir zu tun hat. Ich habe schon verschiedene Male versucht mir das Leben zu nehmen, doch es passiert nichts. Ich lebe weiter. Nur ein Perlenträger kann mir das Leben nehmen.

Und das ist meine Bitte an dich. Ich verrate dir, was das für ein Mittel ist, dass Stephano benutzt und du nimmst mir im Gegenzug mein Leben."

Erstarrt saß ich da. Seine letzten Worte hallten noch verklungen wieder.

"Aber. Du wärst doch der perfekte Typ, der Noita das Leben nehmen kann?"

Lachen, das in husten endete klang durch den Tunnel.

"Nein, wäre ich nicht. Stephano kann mich nicht dazu zwingen es zu nehmen. Jeder der mich anfasst würde sterben und freiwillig werde ich ganz bestimmt nicht nehmen. Ich will erlöst sein und nicht als leere Hülle auf Erden bleiben. Ich will ganz weg sein. Nicht mit Bewusstsein hier unten kauern und das Ende herbei sehnen."

Das war verständlich. Ich hätte genauso gehandelt. 

Hatte Claire nicht genauso ihre Erlösung gefunden? Durch mein Zutun?

Wäre es nicht dasselbe? Nur das ich es diesmal bin die den letzten Schritt für Jemand anderen tut?

Schwer stand ich auf. Mein Entschluss stand fest.

"Und wie soll ich das tun?", es hörte sich an, als wäre es ein Tag wie jeder andere. Ein Satz wie jeder andere. Als wäre ich die Bedienung bei Mc Donalds die gerade fragt, was man haben möchte. Doch hier ging es um ein Leben.

"Ich habe einen Dolch bei mir."

"Wie kommst du an einen Dolch?"

"Ihm gehörte der letzte, der es wagte, mich anzufassen."

Ich schluckte, ging jedoch mutig weiter.

"Wo bist du?"

"Drei Zellen von dir entfernt. Rechte Seite."

Tief einatmend ging ich weiter, bis ich vor besagter Zelle stand. Ich hatte es nicht gewagt, in die anderen hineinzuspähen.

In der Zelle, vor der ich stand, lag ein zusammen gekauertes Wesen auf den Boden. Gehüllt in Lumpen und Decken. Frierend.

Es raschelte und ein Kopf erschien aus dem Bündel.

Kahl, narbig und von tiefen Furchen gekennzeichnet.

Blutunterlaufende Augen die tief in den Höhlen lagen und alles so knochig und fahl, dass ich mich fragte, ob er noch lebte.

"Hier", sagte die mächtige Stimme erneut und entblößte beim Sprechen einen Schlund voller verfaulter Zähne.

Ein Dolch wurde mir durch die Gitterstäbe hindurch neben die Füße gelegt. Die Altersflecken überzogene, knochige Hand verschwand genauso schnell, wie sie gekommen war.

Ich hob ihn langsam auf, ließ ihn durch meine Finger wandern.

Er war schön keine Frage. Ein Elfenbeingriff besetzt mit schwarzen funkelnden Steinen, eine schwarze, scharfe Klinge.

Und mit dieser Waffe, sollte ich ein Leben beenden.

Mit Händen bebten als ich sie aufhob, sie rutschte beinahe aus meinen dchwitzigen Fingern.

Als ich mich wieder aufrichtete, hätte ich beinahe einen Satz zurück gemacht, denn das Lumpenbündel stand nun aufrecht an den Stäben.

"Soll ich dir in ins Herz rammen?", da war es wieder. Die Tonlage eines gewöhnlichen Tages.

Er nickte, als hätte er eine Bestätigung für etwas viel minderes abgegeben...nicht für sein Leben.

Ich schluckte und schloss die Augen.

"Jetzt!", keuchte er und ich öffnete sie, versuchte das Beben meiner Hände zu unterdrücken.

Dann holte ich aus und ließ die Klinge auf sein Herz zu sausen.

Gerade als ich mit dem Dolch seine Lumpen durchtrennte sagte er: "Das Mittel besteht aus Noiras Perle."

Dann starb er.

Zusammengesackt, als läge dort nur ein Müllbeutel.

Doch als er von der Wand nach hinten rutschte, erkannte ich ihm fahlen Licht der Lampen, sein lächeln.

Ray wird einiges wieder gerade biegen müssen.

 

Ich konnte die Treppe aus dem düsteren Keller nicht schnell genug hoch laufen.

Das Licht das von den oberen Stockwerk ins, wie es mir vorkam, unendlich lange Treppenhaus fiel, weckte in mir das Gefühl nach Sicherheit.

Gerade als ich ein Fuß in die erste Etage setzte und tief einatmen wollte sah ich ihn. Stephano de Vita.

Panik befiel mich. Die Worte des alten Mannes hallten in meinem Kopf wieder: Er hat sie alle getötet.

Hastig setzte ich einen Schritt ins Treppenhaus zurück. Er hatte mich noch nicht gesehen, hatte stattdessen seinen Kopf über eine Akte gebeugt, steuerte aber direkt auf mich zu.

Wie ein verängstigtes Tier hastete ich zurück und sprintete die Treppe rauf.

Bewältigtet mit Adrenalinschüben gefüttert und völlig keuchend, die fünfte Etage.

Langsam steckte ich meinen Kopf aus dem Treppenhaus in den Flur und schaute, ob irgendjemand hier war.

Doch es sah eher aus, als wäre hier seit Jahren schon niemand mehr gewesen.

Eine Fingerdicke Staubschicht ruhte auf den dicken Teppichen und Gesichter, längst verstorbener blickten aus den Spinnenweben verzierten Gemälden auf mich hinunter.

Es schien als wäre hier die Zeit stehen geblieben.

So ungefähr musste wohl Dornrösschens Schloss ausgesehen haben, als der rettende Prinz es betrat. Warum dacht ich das gerade?

Seufzend trat ich vollständig aus dem Treppenhaus.

Meine Neugier wurde geweckt und ich schlich langsam zur ersten Eichentür die sich gegenüber dem Treppenhaus befand.

Meine Füße hinterließen Spuren im Staub, wie Schuhe im Schnee.

Ein bisschen fühlte ich mich wie Alice im Wunderland, als ich die Tür öffnete und ein halb zerstörtes Zimmer fand, dessen Bewohner größten Teils aus Vögel bestand.

Die Hauswand fehlte fast komplett und die ein Mals schönen Möbel sind Wetter und die Brut der Vögel zum Opfer gefallen.

Überall waren Überreste von Kadavern, Nestern und hinterbleibenschaften der Tiere zu sehen.

Das zwitschern welches aus einem kleinen Nest kam, dass in einer Schublade hauste, wurde erst gestillt als eine große Elster durch das riesige Loch in der Wand, ins Zimmer geflogen kam und ihren kleinen das Essen ins Maul stopfte.

Der Wind wehte leicht und wirbelte Federn auf. In dem alten zerfallenem Bett schlief seelenruhig eine Katze, die zu sich zu meinem Erstaunen, überhaupt für die Vögel zu interessieren schien.

Genauso wenig, wie sie sich für mich interessierte. Einen fremden Eindringling.

Fasziniert schritt ich langsam durch den Dreck, auf der Hut nicht in Scheiße jeglicher Herkunft zu treten, an die weggerissene Mauer.

Stumm blickte ich heraus, während der Wind meine Haare zerzauste und mir einzelne Regentropfen ins Gesicht fielen.

Der Himmel im Horizont färbte sich Orange, bereit zur Abenddämmerung.

Vor mir standen einige sehr hohe Bäume, die im Takt des Windes wippten und wahrscheinlich der Grund dafür waren, wie es die Katze bis hierhin geschafft hatte.

Die Bäume verdeckten dieses Loch, diesen offenen Raum, vor Blicken und andersrum war es genauso.

ich konnte nur ein paar vereinzelte Häuser weiter hinten erkennen.

Es war merkwürdig. Denn direkt auf der anderen Seite des Hauses befand sich die Hauptstraße, das Leben. Und hier? Hier befand sich die stille Schönheit, die man so oft übersah und die unterging im stätigen Motorlärm.

Wem dieses Zimmer wohl einst gehört hatte?

Oder war es einfach da? Ein Gästezimmer, für weit herkommende Besucher?

Seufzend drehte ich mich um. Ich wusste genauso wenig über alles hier, wie Grace über Natürlich hergestellten Nagellack.

Grace.

Ich verbot mir das denken an sie, denn ich konnte es im Moment nicht ändern.

Denn ich war selber gefangen. Gefangen in einer Welt in der ich nicht mehr mitkomme.

Es fühlte sich an als hätte man ein Seil um mich gebunden, das an ein Auto befestigt war, das über die Autobahn raste. Ich musste hinterherrennen. Hinfallen, bedeutet verlieren.

Es war ein grausames Spiel des Unmöglichen.

Ich ging langsam zurück zur Tür, ohne einen Blick zurück zuwerfen, trat ich wieder auf den Flur und schloss die Tür leise hinter mir.

Dann ging ich wieder ins Treppenhaus.

Zurück in die Knallharte Realität.

 

"Du. Ich. Reden. Jetzt", zischte Ray, als die Tür hinter mir ins Schloss fiel.

Auf meiner Tür stand im gar nichts. Auf Sams Tür steht in großen, dicken Lettern Sam. Das war wohl auch der einzige Grund, weshalb ich ihr Zimmer überhaupt gefunden hatte.

Ich war gerade in mein Zimmer zurückgekehrt und fand einen schlecht gelaunten Ray vor, der mich aus dem Sessel her, zornig anfunkelte.

Es erinnerte mich stark an das typische Bild, wenn die Tochter spät nachts von einer Party zurück kehrt und der Vater die ganze Zeit in einem Sessel auf sie gewartet hat, um sie beim Eintreten der Wohnung zu fragen, wo sie gewesen sei.

Ich musste fast grinsen. Er hatte sich Sorgen gemacht.

Doch die Ereignisse überschatteten dieses Glücksgefühl.

Nun war ich es, die in Böse anschaute.

"Du nimmst mir echt die Worte aus dem Mund."

In seinen Todesblick mischte sich jetzt auch noch Verwirrung, doch er ließ sich nicht aus der Fassung bringen.

"Wo bist du gewesen?!"

Ich starrte ihn einen Moment ungläubig an, ehe ich in schallendes Lachen ausbrach.

Krampfhaft hielt ich mir den Bauch und versuchte mich nicht auf den Boden zu kugeln, während Ray's Zorn stieg.

"Das ist nicht witzig! Erst rennst du wie ne Wahnsinnige an mir vorbei und dann tauchst du nicht mehr auf! Stephano hätte mir den Hals umgedreht, wenn er erfahren hätt-"

Abrupt hörte ich auf zu lachen.

"Ach darum ging es dir?! Das du nicht mehr Schoßhündchen Nummer eins bist, wenn du die Sache mit mir versaut hättest?!"

Ich glaubte ihn kein Wort. Ray war nicht der Typ Mann, der sich von irgendjemanden was sagen ließ.

Ich war wohl nicht die einzige, die nicht zu seinen Gefühlen stand.

"Nimoe! Das nimmst du zurück!", knurrte er und sprang auf.

Nun standen wir uns gegenüber.

Und nein, das war sicherlich kein Streit, indem wir uns knutschend in die Arme fielen.

Ich habe einen Mann umgebracht!

"Hat sich wohl aus getätschelt!"

Was labere ich hier für nen Müll?!

"Was wäre, wenn du entkommen wärst?! Dann hätten wir dieses ganze Katz-Maus-Spiel wieder von vorne austragen können!"

"Soll ich dir mal was sagen Mr. Ich-Fühl-Mich-Ja-So-Viel-Besser-Als-Nimoe? Wusstest du das in diesem beschissenen Keller, beschissene tote Perlenträger sind, deren Existenz sich hauptsächlich aufs Zombie Dasein konzentriert?!"

Stille. Verblüffung stand Ray so deutlich im Gesicht, wie die Vogelscheiße auf den Boden des drei Wände Raumes.

Ich sollte mir echt nen besseren Namen als: Drei Wände Raum, einfallen lassen.

"Tja, entweder du lügst mich an und verschweigst mir etwas, oder du wusstest wirklich nicht davon, was ich aber bezweifle, da dieser Keller jedem offen steht. Momentmal. Wieso eigentlich? Weiß Sam das? Bin ich hier in irgendeiner kranken Sekte gelandet?!"

Ich wunderte mich, warum ich mich so in die Sache hineinsteigerte.

Ray runzelte die Stirn.

"Die Kellergewölbe sind für jedermann zugänglich. Nur...betritt sie für gewöhnlich niemand. Niemand hat Lust in einen kalten, unbeleuchteten Keller zu gehen. Wozu auch? Dort ist nichts von Interesse..."

"Natürlich. Versteh ich vollkommen. Seit wann sind schon die Leben anderer, die in diesem Scheißkeller sind, von Interesse?", schrie ich sarkastisch.

"Boah man, Nimoe! Beruhig dich mal! Das hast du dir sicherlich nur eingebildet!"

Ich verstummte, war kurz davor, ihm eine rein zuhauen.

"Klar. Ich hab mir eingebildet, dass ich den alten Mann umgebracht hab. ich habe mir den Elfenbeindolch nur ausgedacht. Die toten Perlenträger gibt es gar nicht. Auch Stephano für Noita arbeitet ist eine Lüge", sagte ich ruhig und drehte mich um.

Ich wusste nicht, wie Ray reagiert, doch es interessierte mich nicht mehr.

Es kotze mich an. ER kotze mich an.

Die Tür fiel laut scheppernd hinter mir zu.

Ich wollte weg. Nur weg hier.

Doch dazu müsste ich erstmals einen Ausgang finden.

Einen, der nicht bewacht wurde und ich hatte auch schon eine Idee.

 

Es war Dunkel. Nur weit am Horizont tauchten zwischendurch Lichter auf. Vermutlich Scheinwerfer, der Autos.

Ich konnte so gut wie nichts erkennen. Die Baumwipfel waren das einzige, was ich ungefähr ausmachen konnte. Es war echt unangenehm gewesen, durch die Vogelscheiße zu laufen, mit dem stetigen saug Geräuschen, wenn du mal wieder voll reingetreten warst. Meine armen Chucks.

Ich schrie erschrocken auf, als ich plötzlich etwas Flauschiges an meinem Bein rieb. Schnurren erklangen und mein tobendes Herz, beruhigte sich etwas.

Nur die Katze, sagte ich mir und atmete erleichtert auf.

Langsam bückte ich mich und hob das vibrierende Fellbündel auf meinen Arm.

Sein Schnurren wurde lauter, verwandelte sich in ein Geräusch, das sich nach kaputtem Auto anhörte.

Leicht grinsend wollte ich es wieder absetzten, doch da hatte ich meine Vorhaben, ohne die Katze geplant.

schmerzhaft krallte sie sich in meine Schulter und bohrte nur noch tiefer hinein, wenn ich sie stärker wegziehen wollte.

Fluchend ließ ich das teuflische Ding wo es war und überlegte, wie ich denn jetzt hier runter kam...mit Katze.

Langsam ließ ich sie los und wartete ab, was die Katze tat, die nun aus eigener Kraft versuchen müsste, bei mir zu bleiben. Denn ich brauchte beide Hände zum Klettern.

Ich spürte wieder ihre Krallen, doch sie schien auf mir rumzukrabbeln.

Die Nachtschwarze war nicht sonderlich groß und als ich spürte wie sie sich in meinem Nacken fallen ließ, musste ich fast lachen.

Es fühlte sich an, als hätte ich einen Pelzschal um.

Der Schwanz, der über meiner Brust lag, zuckte, strich mir manchmal durchs Gesicht und wollte ienfach nicht zur Ruhe kommen.

"Gut festhalten", flüsterte ich dem schnurrenden Motor zu, ehe ich mich vollständig meiner Flucht widmete.

 

Es grenzte an ein Wunder, dass ich den Abstieg im Dunkeln, ohne große Verletzungen geschafft hatte. Nun hockte ich am Fuße des Baumes und versuchte mir die ganzen Äste und Blätter aus den Haaren zu zupfen, während die Katze auf meinen Füßen lag und weiter schnurrte.

Es war gruselig, wie lange dieses Ding schon schnurrte.

Seufzend lehnte ich mich zurück an die Rinde und schaute in den Himmel. Sterne überzogen ihn und ließen den Mond als großen Anführer silbern herausstrahlen.

Ich schaute die Katze an...oder den Kater?

Was wusste ich denn schon über sie, oder ihn?

Noch nicht mal das Geschlecht.

Armselig.

"Na du?", sagte ich und stupste das Tier leicht an.

Es blinzelte mich verschlafen an und entschied sich dann zu erheben, bevor er auf mich zu gekrabbelt kam und sie auf meinen Bauch legte.

Der Mond gab genug Licht, sodass ich mir die Katze genauer anschauen konnte.

Das Fell schimmerte leicht und erinnerte mich stark an die Haare von Ray. Seufzend strich ich darüber und kraulte es. Ich hatte jetzt Angst, dass man das Schnurren bis ins Gebäude hörte.

Erst jetzt fiel mir auf, dass das Tier zwei verschiedenfarbige Augen besaß.

Ein Giftgrünes und ein leuchtend blaues. Das Grün konnte zwar nicht mit Rays Augenfarbe mithalten, war jedoch ebenfalls wunderschön.

"Du bist ein Junge, nicht wahr?"

Der Kater schnurrte einfach weiter, doch ich war mir sicher. Das war ein Kater. Eindeutig.

Ich wusste nicht wie genau ich jetzt darauf kam, doch ich war mir dessen sehr sicher.

"Und jetzt einen Namen, nicht wahr?", ich lachte leise.

Ich musterte den Kater genauer.

"Wie wäre es mit Fighter? Naja, ich weiß. Ist kein üblicher Name, aber mir gefällt er...und dir?"

Der Kater hob nur den Kopf, schaute mir in die Augen und schnurrte dann weiter.

Na, wenn das keine Zustimmung war!

"Na dann los, Fighter. Wir müssen weiter."

Und mit diesen Worten stand ich auf, setzte den Kater vorsichtig auf den Boden und schritt los.

Fighter lief dicht neben mir und für einen Außenstehenden müssen wir ein einmaliges Bild abgegeben haben.

Ein zerzaustes entschlossenes Mädchen und ein immer noch schnurrender Kater, der sich dicht an das Bein des Mädchens drängte.

Zwei Seelen, die zueinander gefunden haben und nun Acht auf die jeweils andere geben.

 

"Hallo Nimoe.

Überrascht? Wohl kaum. Und wenn doch, wäre das wirklich naiv.

Also wie du siehst, habe ich deine Mum mitgenommen.

Aber ganz ehrlich. Ist es so nicht besser für alle?

Vielleicht mache ich sie zu deinem nächsten Opfer.

Deine Angebetete,

Niota", las ich entsetzt laut vor.

Die Wohnung war aufgeräumt und ordentlich. So, als wäre nie etwas passiert.

Als wäre meine Mum kein Opfer einer Entführung geworden. Scheiße!

Krampfhaft hielt ich mich an der Tischplatte fest, auf der der Zettel lag.

Warum hatte Noita so was überhaupt nötig?

Weil es dich verletzt, beantwortete ich mir die Frage selber.

Meine Welt schwankte und ich setzte mich auf den Boden, zog die Beine an und vergrub mein Gesicht in meinen Händen.

Muss eigentlich allen die ich liebe, etwas passieren?

Ist das hier so ein Zerstört-Nimoe-bis-sie-sich-umbringt-Spiel?

Fighter strich mir mit seinen Barthaaren beruhigend übers Gesicht und mauzte so herzzerreißend das ich unter Tränen lachte.

Ich wusste dass nicht ich diejenige war, die das Spiel spielte.

Es war Noita. Sie spielte das Spiel des Grauens und ich, ich bin nur eine Figur darin. Eine klitzekleine unbedeutende Figur die versucht das Spielbrett lebend zu verlassen, während das Schicksal die Würfel wirft und Noita die Karten bestimmt.

Alle, ebenso Ray und meine Mum, wir alle waren nur eine kleine Unterhaltung. Stephano und Lin waren auch in diesem Spiel. Spielten es, ohne zu wissen, dass nicht sie es waren, die die anderen steuerten. Nein, sie wurden ebenfalls gesteuert.

Doch was bringt das alles?

Welche Rolle spielt Stephano darin?

Und was viel wichtiger ist, warum ich?

Warum musste ausgerechnet meine kleine Stadt unter Noitas Blutgier leiden?

Warum ausgerechnet ich?!

Welche Rolle meine Freunde spielen, hatte ich schon längst nicht mehr verstanden.

Ich kapierte Jordan nicht.

Ich kapierte alle nicht.

Mike, war eindeutig auf Stephanos Seite. Doch wo war er?

Lucie ebenfalls Stephano, und wo war sie?

Kevin war eindeutig auf Lins Seite.

Und Jordan?

Verdammt auf wessen Seite war Jordan jetzt?!

Warum hatte ich meine Freunde so lange nicht mehr gesehen?

Und dann kam mir ein schockierender Gedanke.

Was ist...wenn sie schon gar nicht mehr leben?

Wer weiß wie der Streit sich zwischen den Fronten entwickelt hat.

Wer weiß wie stark die Mordlust auf den beiden Seiten war.

Und wer weiß schon, wer alles darunter zu leiden hatte?

Dieses Leben kam mir so unwirklich vor. Doch es war die Realität.

Es war die Realität, dass Grace entführt wurde.

Es war Realität, dass meine Mum in der Gewalt Noitas ist.

Es war Realität, dass meine Freunde andere Menschen geworden sind.

Es war Realität, dass ich mich in Ray verliebt hatte.

Es war Realität, dass bald ein Krieg zwischen den Fronten ausbrechen würde.

Und es war Realität, dass ich mit der Ungewissheit leben musste, ob ich das überhaupt überleben werde.

 

Etwas kitzelte mich an der Nase.

Missmutig drehte ich mein Gesicht etwas weg, doch es hörte nicht auf.

Niesend öffnete ich verpennt die Augen und starrte direkt in das Gesicht eines Katers.

"Fighter", grummelte ich und versuchte mich weg zudrehen, um noch ein wenig zu schlafen, doch der harte Untergrund ließ das nicht zu.

Seufzend setzte ich mich auf, um zu registrieren, dass ich auf den Boden eingeschlafen bin und streckte mich ausgiebig, wobei ein paar Knochen schmerzhaft knackten.

"Miau."

"Ja, ich finde es auch schrecklich so früh aufzustehen."

"Miauuuuuuuuuuuuu."

"Ja, ich guck ja gleich, ob wir was zu essen haben!"

"MIAUUUUUUUUUUU!"

"Man was ist denn!", schrie ich schon fast ungehalten und drehte mich um, um kurz darauf fast umzukippen.

"Hallo Nimoe. Schön dich wieder zusehen", meinte Maik und versuchte meinen fauchenden Kater keines Blickes zu würdigen.

"Fighter! Was bist du eigentlich für ein schlechter Wachkater! Hättest mich ja wenigstens warnen können..."

Vorwurfsvoll schaute er mich an, wobei er von Maik abließ, der aussah, als würde er mich für verrückt erklären. Nicht, dass ich das nachvollziehen könnte.

"Was willst du?!", fauchte ich ihn nicht ganz so freundlich an, was ihn doch tatsächlich zusammen zucken ließ. Haha.

"Dich wieder zurück zu Stephano bringen."

Ungläubig blickte ich ihn an, bevor ich in einen Lachkrampf ausbrach, der ihn wütend machte.

"Was ist so lustig daran?!"

"Naja, nur die Tatsache, dass ich für dich einiges auf mich genommen habe. Dir diese behinderten Drogen geklaut habe, für dich einen Menschen umgebracht habe und du nun hier, wie das größte Arschloch stehst und anscheinend wirklich denkst, dass DU MICH zurück bringen könntest", den letzten Satz schleuderte ich ihm, mit so einer unglaublichen Wut entgegen, dass ich kurz Angst in seinem Gesicht auflodern sah.

"Das war früher, Nimoe. Bevor ich-"

"Bevor du was?! Bevor du deine Freunde verraten hast und beschlossen hast alles zu tun, damit ich dich hasse?! Herrlichen Glückwunsch! Ziel wurde erreicht!"

Die Wehmut die im Gesicht stand, war einfach nur abartig.

"Das wollt ich nie...hab ich nie gewollt-"

"Wie genau hast du Stephanos Gunst eigentlich bekommen?", unterbrach ich ihn erneut.

Er schluckte.

"Ich hab...ich hab...ich hab ihm erzähl, dass du es warst der Don umgebracht hast...", es schien als würde er unter meinem eisigen Blick schrumpfen.

So war er also Stephanos ach so toller KONTAKTMANN geworden.

Ich könnte kotzen.

"Weißt du was? Kennst du denn Spruch: Ich hasse dich nicht. Denn Hass ist ein Gefühl und Gefühle hast du nicht verdient! Tja dieser Spruch trifft wohl auf dich zu. Weißt du dass er wegen DIR auf mich kam?! Wegen dir, konnte ich diesen ganzen abgefuckten Scheiß durchmachen! Ich wurde gefoltert! GEFOLTERT!", brüllte ich so laut, dass Fighter sich unter dem Sofa versteckte und alles so still war, wie die Ruhe vor dem Sturm.

Obwohl der Sturm gerade voll im Anmarsch war. Ohja.

Mikes Augen weiteten sich und zum ersten Mal betrachtete ich ihn richtig an. Er sah noch genauso aus, wie ich ihn kannte. Es hatte sich nichts verändert. Zu mindestens an seinem Aussehen.

"Das wusste ich nicht, ich-"

"DU WEIßT DOCH ÜBERHAUPT NICHTS!"

Er sah auf den Boden. Wenn Blicke töten könnten, wäre ne Atombombe nichts gegen meinen Blick gewesen.

"Es tut mir leid Nimoe. Es tut mir wirklich leid."

Ich schluckte mein Gebrüll mühsam herunter.

"Und was bringt mir das jetzt?"

Mike atmete tief ein, ehe er sagte: "Heute wird alles eskalieren. Wenn irgendjemand einen Mord begeht und man weiß auf wessen Seite er stand, eskaliert alles", sagte er mit rauer Stimme und hob den Kopf, "und es ist ein Mord geschehen. Denn ich habe jemanden umgebracht. Jemanden der auf der Seite der Lightness stand. Und es wird nicht mehr lange dauern, bis die Lightness Vergeltung wollen. Vergeltung die sie in Blut sehen wollen. Darkness Blut. Es ist Zeit für einen Bürgerkrieg."

 

"Was hast du getan?", flüsterte ich entsetzt und ließ mich auf einen Stuhl sinken.

Er jedoch stand wieder stramm und selbstbewusst vor mir.

"Es musste passieren!", sagte er so von sich überzeugt, dass ich mich fragte, welche Gehirnwäsche man ihm nur angetan hatte.

"Wie kommst du auf so was Hirnloses!", fuhr ich ihn an und nahm entsetzt mein Gesicht in beide Hände.

Das konnte doch alles nicht wahr sein.

Er lachte wahnsinnig auf.

Kam sich überlegen und groß vor.

"Alles was Stephano will, bekommt er auch!"

Ruckartig hob ich den Kopf.

"Stephano wollte das?!"

Er nickte eifrig und strahlte dabei übers ganze Gesicht.

"Ohja. Und ich war derjenige der diesen wichtigen Schritt für ihn getan hat! Ja genau, Nimoe. ICH WAR DER JENIGE!"

"HAST DU SIE NOCH ALLE!", schrie ich zurück und sprang wutentbrannt auf.

Seine Gesichtszüge Verwandelten sich urplötzlich in flammenden Zorn.

"Was weißt du denn schon! Du weißt doch gar nichts! Du bist doch nur dumm und einfältig! Verstehst doch überhaupt nicht, wie es ist zu so einer mächtigen Gruppe zu gehören! Doch wir werden es schaffen! Denn wir die Anhänger Stephanos werden der Welt schon zeigen, wer hier das sagen hat! Sie werden es schon sehen! Alle werden es sehen! Und dann wird nichts mehr uns aufhalten!"

Ich starrte ihn, konnte mich nicht entscheiden, ob ich ihn auslachen, oder mir doch lieber Sorgen machen sollte.

Mein Mund klappte auf, mein Gesicht zu keiner Regung fähig.

"Sie werde ehrfurchtsvoll vor uns knien und uns anflehen-"

Ich hörte ihm nicht mehr zu, sondern stellte mich stattdessen direkt vor ihm hin...und glotzte ihm in die Augen.

"Sag mal, hast du Drogen genommen?!", unterbrach ich ihn barsch und schaute mir seine weiten Pupillen ganz genau an.

Er lachte nur. Mal wieder.

"Was glaubst du denn? Warum sollte ich denn aufhören? Stephano gibt mir alles was ich brauche. Er ist gut zu uns."

"Das bezweifle ich eher weniger. Er nutzt euch nur aus, braucht euch nur für seine eigenen Ziele! Wenn er euch nicht mehr benötigt lässt er euch fallen wie ein Baum, im Winter die Blätter!"

"Hör auf!", schrie Maik und hielt sich die Ohren zu.

"Ha! Du wirst schon sehen! Wirst in irgendeiner Gasse enden und unter den Schmerzen des Drogenentzuges leiden und schließlich zu Grunde gehen! Und niemand wird dir helfen! NIEMAND! Denn alle, die dir mal helfen wollten, hattest du zurück gewiesen und dich für etwas Besseres gehalten!"

"SCHWEIG!", brüllte er mir brutal entgegen.

Ich lachte nur freudlos und trat auf ihn zu, blickte ihm verächtlich ins Gesicht.

"Allein. Das werdet ihr alle sein. Allein und verlassen. Ausgenutzt und hilflos. Fühlst du es schon? Die bittere Erkenntnis?", hauchte ich ihm ins Gesicht.

Seine Augen flatterten, er schien gegen die Wahrheit zu kämpfen.

Doch auf seine Reaktion war ich nicht gefasst.

"Lügnerin!", schrie er und schubste mich grob von sich.

Erschrocken schrie ich auf, während ich das Gleichgewicht verlor und umfiel, während Maik wutentbrannt auf mich zukam.

Die Zeit schien sich zu verlangsamen. In Zeitlupe nahm ich meine Umgebung war. Die Faust, die auf mein Gesicht zielte, das wutverzerrte Gesicht, dass einmal das Gesicht eines Freundes von mir war. Und das noch nicht mal vor allzu langer Zeit.

Was war nur passiert?

Was schafft  es in so kurzer Zeit, alles zu zerstören?

Was kann so einfach Menschen brechen?

Die Antwort war immer und immer wieder dieselbe. Noita.

Wenn ich diese Szene noch vor ein paar Monaten geträumt hätte, wäre ich schnaubend aufgewacht und hätte nur den Kopf über meine Fantasy geschüttelt.

Ich hätte gedacht: Was fürn Mist.

Dann wäre ich aufgestanden um den Tag mit meinen Freunden auf unserer Wiese zu verbringen.

Das war einmal mein Tagesablauf. Mein Leben.

Und jetzt?

Jetzt versucht jeder sich selber zu retten, für seine Gruppe da zu sein, während Freundschaften brechen und Verräter entstehen.

Aus besten Freunden, werden die schlimmsten Feinde.

Sie bekämpfen sich, verletzen sich, töten sich.

Vergessen war die gemeinsame Vergangenheit. Die Zeit in der man noch gemeinsam aus Matsche Kuchen gebacken hatte, gemeinsam auf Bäumen kletterte um die Welt zu entdecken.

Oder das gemeinsame Lachen.

Wie lange ist es her, dass ich das Lachen der Menschen die Straße heraufschallen hörte?

Darkness war zwar eine ausgebeutete, arme Stadt. Doch für das Lachen, brauchte man kein Geld.

Nur zwei Menschen, die sich verstanden, sich vielleicht erzählten, was das Kind nun wieder für Mist angestellt hatte.

Oder das Kinderlachen?

Wo war es geblieben?

Das Kinderlachen war ein stetiger Begleiter Darkness gewesen.

Wie sie gemeinsam auf den Boden saßen, versucht haben aus Dreck und Steinchen gemeinsam ein Traumschloss zu bauen, während die müden und überarbeiteten Eltern kurz innehielten und ihren Kindern zuguckten. Dabei leicht lächelten, in Kindheitserinnerungen schwelgten, bevor sie weiter arbeiteten.

Das war die andere Seite Darkness.

Die Seite fernab von Drogen und Gewalt. Das war die Seite der Kindheit.

Und für eine glückliche Kindheit braucht man nicht viel Geld, viel Ansehen.

Denn Kinder interessierte es nicht, wie reich ihre Eltern waren.

Es interessierte sie auch nicht, wie viel ihre Familie zu bieten hatte.

Für eine glückliche Kindheit braucht man nur ein Stück Natur, ein einfaches Kuscheltier und einen guten Freund, der meisten einen das ganze Leben lang begleitete.

So war das hier früher.

Das nannte man hier Alltag.

Während die Faust auf mein Gesicht zukam, schloss ich die Augen.

Ich schloss die Augen und wünschte mir einfach, dass alles wieder so wäre, wie früher.

Armut, Gewalt, Drogen und ein Haufen richtig guter Freunde.

Doch bevor die Faust mein Gesicht traf, vernahm ich ein Fauchen und einen Schmerzensschrei.

Langsam öffnete ich verwundert meine Augen und blickte sprachlos auf das Szenario das sich mir bot.

Fighter hatte sich in Maiks Nacken fest gekrallt, während dieser sich schreiend unter diesen Schmerzen wandte und versuchte den fauchenden Fighter abzuschütteln.

Das führte dazu, dass Maik gegen ein Regal stieß und die Lieblingsvase meine Mom gefährlich schwankte.

Shit!

Ich weiß auch nicht warum in dieser kaputten Stadt überhaupt noch etwas retten wollte, aber zum Teufel, wenn jetzt auch noch die Vase brach, die Joel Mom zum Geburtstag geschenkt hatte!

Neben der Vase auf dem Regal stand eine schwere Messingfigur, die einen liegenden Löwen darstellen sollte.

Maik knallte immer und immer wieder gegen das Regal.

Die Vase war kurz davor umzufallen, während die Figur ebenfalls fiel.

In Sekunden war ich auf den Beinen und hechtete zu dem Regal.

Die Vase und die Figur fielen, doch ich hatte nur Augen für die Vase.

Ich sprang und warf mich auf den Boden, schlitterte mit meinen nach vorne gestreckten Händen zu dem Regal und fing die Vase gerade noch so auf.

Erleichtert wollte ich gerade ausatmen, als ich einen dumpfen Knall vernahm.

Schweißperlen standen auf meiner Stirn und ich wollte gar nicht wissen, was jetzt schon wieder passiert war.

Langsam erhob ich mich mit der schweren Vase in den Händen und drehte mich vorsichtig um.

Maik lag zusammen gesackt auf den Boden. Blut sickerte aus dem Loch in seinem Kopf.

Die schwere Löwenfigur lag blutbefleckt daneben und Fighter schnüffelte interessiert an Maik.

Ich war kurz davor die Vase fallen zulassen und konnte mich gerade noch dazu überwinden, sie unter zitternden Händen auf den Boden abzustellen.

Fighter schlich schnurrend um meine Beine, während ich langsam auf Maik zukam und versuchte heraus zu finden, ob er noch lebte.

Sein Atem kam rasselnd und ich atmete erleichtert aus.

Doch bevor ich noch etwas anderes machen konnte, ertönte ein Knallen, dass die ganze Erde beben ließ.

"DARKNESS! ERHEBT EUCH! WIR WOLLEN VERGELTUNG! VERGELTUNG!", brüllte eine herbe Männerstimme.

Der Satz wurde begleitet mit viel Gebrüll und Schüssen.

...SCHÜSSEN?!

Hastig rannte ich zum Fenster und riss den Vorhang beiseite. Und dann sah ich sie.

Unten kam eine riesige Masse den Berg hinauf.

Die Meisten waren Bewaffnet. Mistgabeln, Pistolen, Gewehre, Messer, Äxte. Alles war dabei.

Unruhe entstand auf der Straße.

Bewohner flüchtete in ihre Häuser, versuchten nicht in den wütenden Mobb zu geraten.

Es schien, als habe Maik recht gehabt.

Die Situation wird eskalieren.

Dank ihm.

 

Gespannt beobachteten die Einwohner, wie sich die Hauptmitglieder der Darkness und Lightness feindselig gegenüberstanden.

Der Marktplatz war voll.

Jeder wollte es sehen.

Sehen wie es entschieden wird.

Ich hatte es mir mit Fighter, wie manche andere auch, auf einen Vordach bequem gemacht.

Nebenbei verfolgte ich die Auseinandersetzung zwischen Lin und Stephano.

Ich interessierte mich mehr für Grace.

Sie war inmitten der Lightness.

Kniend und völlig ausgelaugt.

Ich ballte wütend meine Hände zu Fäusten.

Ich musste sie heute befreien!

Heute!

Doch vielleicht sollte ich das geplanter angehen.

Denn schließlich sind hier noch sehr viele andere Menschen.

Fuck!

Was soll ich tun?

"Wie wollen denjenigen Tod sehen, der Ron umgebracht hat!", schrie Lin und die Lightness grölte Beifall.

Die Stimmung war greifend.

Die Menge war berauschend und übermütig.

Sie wollten Siegen. Sie alle wollten das.

"Und was ist, wenn ich das nicht tue?"

Die Menge hörte augenblicklich auf Zustimmung zu schreien.

Die Stille war unglaublich und alle starrten Stephano fassungslos an. Selbst ich richtete meine Augen geschockte auf ihn.

Ray stand direkt hinter ihm.

Doch er schien sich für das hier alles nicht sonderlich zu interessieren.

Sein Blick glitt suchend über die Menge und ich wusste ganz genau was er sucht.

Mich.

"Dann wirst du  die Strafe dafür tragen müssen", zischte Lin.

Stephanos Augen verengten sich gefährlich.

"Das bedeutet dann wohl Krieg."

"Sieht ganz so aus."

Schweigen, das durch etwas durchbrochen wurde, dass wahrscheinlich besser dir Klappe halten sollte.

Mich.

"Scheiße! Fuck! Das kann ja wohl nicht wahr sein!", schrie ich wutentbrannt, als ich Grace Tante mit ihrer kleinen Armee im Anmarsch sah.

Augenblicklich waren alle Augenpaare auf mich gerichtet.

"Nimoe!", schrie Lin wütend, Stephano überrascht, Ray warnend, Grace flüsternd und Sam fröhlich.

"Ähm", sagte ich, als ich bemerkte dass mich ganz Darkness anstarrte.

"Äh...macht ruhig weiter, mit eurem...Kriegszeug...ich kümmre mich dann mal...um meine Probleme..."

Aus den Augenwinkeln sah ich die Truppe näher kommen.

Wenn ich nicht schnell Grace hier wegbracht, wird hier alles im Chaos versinken.

Also tat ich etwas....sehr unüberlegtes.

"Ahhhhh! Die haben Waffen!", schrie ich und zeugte auf Grace  Tante und ihre kleine Truppe, die versucht hat, sich ungesehen einzuschleichen. Komischer Plan.

Sofort war alle Aufmerksamkeit von mir und ich sprang von meinem Vordach mit Fighter runter.

"Waffen runter!", schrie Lin.

Ich kämpfte mich durch die Menge, die langsam in Bewegung kam.

Jeder wollte sehen, wer die gefährlichen Eindringlinge sind.

Grace lag nach wie vor gefesselt auf den Boden.

Der Anblick tat mir leid. Verletzte mich Innerlich.

"Wieso sollten wir!", schrie Beatrice zurück und erntete somit wütendes Gebrumme.

Ich schlich langsam zu Grace, die anderen waren abgelenkt.

"Grace!", flüsterte ich.

Sie drehte den Kopf zu mir und ihre Augen wurden groß.

"Wer zur Hölle sind Sie?!", fragte Lin und ich kannte sie gut genug um an ihren Ton zu hören, dass sie alles andere als angetan war.

"Das geht Sie ja mal überhaupt nichts an!", fauchte Beatrice und ich konnte mir bildlich vorstellen, wie Lin eine Augenbraue hochzog, im Angesicht dieser Arroganz.

"Grace ich bin's. Ich bin hier. Bei dir."

Ihre Augen füllten sich mit Tränen.

"Nimoe. Du bist hier. Du bist wirklich hier. Nimoe..."

Mein Herz verkrampfte sich.

"Ja. Ich bin hier."

Ich fiel auf die Knie, als ich so stark angerempelt wurde und krabbelte auf allen vieren zu Grace.

Sie lächelte selig und ich nahm sie so fest in den Arm, dass ich sie fast zerquetschte.

Beine bewegten sich vor meinen Augen und ich bekam etwas Panik.

Wir lagen auf den Boden, während Leute in die andere Richtung strömten, versuchte ihren Hassfeinden Schmerzen zu zufügen, während sie uns übersahen.

Manche nutzen die Abgelenktheit anderer aus, um ihnen eine rein zu hauen.

Schreie quollen aus der Menge, Unruhe Entstand. Blanke Panik.

Und wir hockten hier auf den Boden.

Verdammt.

"Komm Grace, ich helf dir auf. Deine Beine sind ja nicht gefesselt und dann...Scheiße! Wo ist Fighter?!", Angst umfing mich.

Angst um den Kater, der mich beschützte und den ich nie wieder hergeben wollte.

Grace schaute mich etwas verwirrt an.

"Wer ist Fighter?"

"Mein Kater."

"Oh mein Gott. Wie süß ist das denn?!"

Ich schaute sie an.

Zweifelte an ihrem Zustand und suchte dann Fighter zwischen den bewegenden Beinen.

Wenn ihm etwas zugestoßen ist, dann...

Doch meine Sorge schien unbegründet, als ich ein Schnurren an meinem Ohr hörte und mich langsam umdreht, um in die großen Augen Fighters zu sehen.

Es war, als würde ein ganzer Berg von meinem Herzen fallen.

Doch ich wusste, es war keine Zeit für Erleichterung.

Denn die Menge begann sich gerade zu prügeln.

"Hey!", schrie Lin, versuchte wieder die Kontrolle zu bekommen.

"WO IST GRACE!", schrie Beatrice ungehalten, da ihr niemand mehr zu zuhören schien.

Ich packte Fighter und setzte ihn in meine Kapuze, während ich mühselig hoch zukommen versuchte.

Grace versuchte dies ebenfalls, brach aber geschwächt wieder zusammen.

Dieser Anblick tat weh.

Ich packte sie und versuchte sie hochzuhieven, was mir aber bei den ganzen schubsenden Menschen nicht gelang.

Plötzlich erklangen Schüsse.

Erschrocken schaute ich auf.

Beatrice hatte ihre Waffen gen Himmel gerichtet und versucht so, die Aufmerksamkeit, wieder auf sich zu ziehen.

Doch das einzige was sie erreichte war eins.

Massenpanik.

Die Leute fingen an zu schreien und mit ihren Waffen durch die Gegen zu fuchteln.

Viele versuchten zu fliehen, wobei manche hinfielen und von anderen übersehen wurde.

Beatrices Schüsse wurden beantwortet.

Das Gefecht startete.

Das hieß: Für alle ohne Waffen, bitte verlassen Sie diesen Ort.

Für alle mit Waffen: Bekämpfen Sie ihre Feinde und lassen Sie ihren Überlebensinstinkt an die Macht.

Frauen und Kinder....ach scheiß drauf! Wenn sie Waffen haben, sollen sie gefälligst auch kämpfen.

Genauso...sah das hier aus.

Ich versuchte mich schützend vor Grace zu stellen, damit niemand sie zertrampeln konnte, doch das einzige was ich damit erreichte was, dass ich taumelte und hinfiel.

Ich bekam ein paar Tritte ab, während ich Ohnmächtig neben Grace zusammensackte.

Die Dunkelheit begrüßte mich und nullte mich ein.

Ließ mich meine Sorgen und Ängste vergessen.

Dann schaltete ich vollends ab.

 

"Ich will gar nicht wissen, woher Sie den schon wieder hat."

"Ach komm schon. Du kennst sie doch. Hat sie wahrscheinlich irgendwo aufgegabelt und es ist ihr dann gefolgt."

"Tzzz...das Glück scheint wohl das einzige zu sein, was ihr nicht folgt."

"Das liegt nur daran, dass das Glück überhaupt nichts bringt. Denn Arschloch Pech ist viel stärker", murmelte ich und kuschelte mich wieder in die schwarze Finsternis, die mein Denken einnahm und mein Hirn verklebte.

"Nee, das liegt daran, dass du zu viel Pech für das Glück bist. Es will sich nicht mit dir abgeben", nuschelte eine Stimme direkt neben mir schläfrig.

Die wohlig weiche Wärme umhüllte mich, wollte mich wieder in die Dunkelheit ziehen doch, mein Denken tropfte einen Gedanken.

Eine Stimme neben mir. Die Stimme neben mir. Die Person.

Grace.

"AHHHHHHHHHHHHHHHHH!", schrie ich und war so schnell aufgestanden, dass es man noch nicht mal bis eins zählen konnte.

"ARGHHHHHHHHHH!", schrie Grace erschrocken und richtete sich kerzengerade auf, als sie meinen Schrei vernahm.

Doch zu mehr war sie auch nicht mehr fähig, denn ich hatte mich schon mit einem Sprung auf sie geschmissen.

Sie röchelte als ich sie mit aller Kraft die ich besaß an mich presste.

"Ähm...ich weiß das ihr das nicht hören wollt...aber nun ja...das sieht ein weinig-"

"-wie ein Lesbenporno aus", beendete Ray, Jordans Satz und erntete dafür einen bösen Blick von Jordan und ein Kissen ins Gesicht von mir.

"Was?", fragte er auf Jordans Bitterbösen blick.

"So wollte ich das gar nicht sagen!"

"Hast du auch gar nicht. Ich war das."

Erst starrte Jordan ihn an, ehe er schallend anfing zu lachen und dem breiten Grinsen von Ray nur mit Kopfschütteln begegnete.

Ich betrachtete Grace, Jordan und Ray und mir fiel ein dass irgendwas fehlte.

Bis auf die Antworten, die sie mir gleich schön zu meiner Zufriedenheit beantworten konnten, fehlte irgendwas.

Etwas das die Freude über Graces Wiedersehen überschattet.

Nicht Etwas, sondern Jemand.

"Wo ist Fighter?!", unterbrach ich das Gelächter panisch und schaute mich hektisch um.

Ray zog das Gesicht ärgerlich zusammen, Grace sah mich fragend an und Jordan hob die Augenbrauen.

"Wo ist wer?", fragte er langsam.

"Fighter! Wo ist er?!", schrie ich aufgebracht.

Alle Augenpaare waren auf mich gerichtet während ich wie eine Verrückte in jedes noch kleine Versteck hereinlugte und "Fighter", schrie.

"Ich glaube kaum, dass dein Freund darein passen würde", zischte Ray ungehalten und versuchte ein ausdrucksloses Gesicht zu machen, obwohl ich genau wusste, dass er brodelte.

Fragend sah ich ihn an.

"Wovon...? Ach...ich meine Fighter. Meinen Kater."

Augenmerklich glättete sich Rays Gesicht und ich musste ein Grinsen stark unterdrücken.

"Katzeeeeeeeeee", quietschte Grace, sprang auf und stürzte sich auf das Fellbündel, das am unteren Teil des Bettes lag und friedlich vor sich hin schnurrte.

Bin ich eigentlich dumm oder so?!

Jordan lachte sich halb Tod, als er meinen Gesichtsausdruck sah.

"Du bist echt blind, Nimoe!", lachte er, während ich funkelnd meine Hände in Hüfte stemmte und auf Kontra ging.

"Bin ich nicht! Ich habe diese Situation bereits zur Genüge analysiert und bin zu einem Ergebnis gekommen!"

Ray sah mich irritiert an.

"Und das wäre?", fragte er, während Jordan und Grace Fighter kraulten und mit glänzenden Augen um ihn herum standen.

"Mein Leben ist echt kompliziert."

Ray legte den Kopf schief und ich blickte in seine grünen Augen.

"Sei froh. Was wäre denn ein unkomplizierteres Leben?"

"Einfach."

"Und langweilig", ergänzte er zwinkernd und ich bemerkte, dass ich ihn ohne meine Gabe gar nicht erst kennen gelernt hätte.

Ich hätte ihn niemals gesehen, und wenn doch, dann wäre er nur ein hübsches Gesicht gewesen.

Mehr nicht.

Ein Mensch, dessen Leben man durch Zufall kreuzt und sich dann wieder aus den Augen verliert.

Doch unser Leben, unser Schicksal hat uns zusammen geführt, und ist nun unweigerlich miteinander verflochten.

Vielleicht für immer.

Denn vergessen werde ich ihn niemals.

Und plötzlich wurde mit etwas bewusst.

Was ist, wenn er irgendwann gehen muss?

Den nächsten Perlenträger orten?

Tränen traten in meine Augen, und ich versuchte Mühsam meine Miene unter Kontrolle zu bringen.

Ich werde das nicht zulassen.

Egal wie sehr ich ihn am Anfang gehasst hatte.

Ein Stück von mir hatte ihn schon immer geliebt.

Und dieses Stück meiner selbst, wird ihn nie wieder los lassen.

Nie wieder.

 

"Hatte ich nicht gesagt, dass ich viel Sahne haben will!", meinte Grace und zeigte auf ihre heiße Schokolade und den rieseigen Berg Sahne obendrauf.

Wir saßen in der Küche.

In der Küche von Jordan, wie ich herausgefunden habe, saßen wir nun alle versammelt um einen runden Tisch.

Jeder von uns hatte einen heißen Kakao und jetzt, nachdem Grace und ich in der Lage waren hier zu sitzen, nachdem wir genügend verarztet wurden.

"Das ist viel Sahne!", versuchte sich Jordan zu verteidigen, nachdem er die Tasse vor Grace abgesetzt hatte.

"DAS soll viel Sahne sein?!", meinte Grace entrüstet und wir alle starrten ihre Tasse an.

Die Sahne darauf war ein riesiger Berg, der umzukippen drohte.

"Stimmt", schnaufte ich kopfschüttelnd, "das ist nur ein kleines Fleckchen Vogelscheiße."

Während Jordan seufzte, schaute Ray misstrauisch seinen Kakao an.

"Kann ich auch nen Kaffee haben?", fragte er nachdem er einen Schluck getrunken hatte und nun die Tasse, mit einem angewiderten Gesichtsausdruck zurück stellte.

"Kann hier auch nur einer zufrieden damit sein, was ich mit viel Liebe hergestellt habe!"

"Ähm...war das jetzt auf meine Sahne bezogen?", fragte Grace angewidert, während sie den Finger in die Sahne tauchte und probierte, wobei sie die Schultern zuckte und die Tasse näher zu sich ran zog.

Jordan starrte sie an, Ray grinste dreckig und ich verschluckte mich an meinem Kakao.

Hustend spuckte ich Kakaotropfen über den gesamten Tisch, was Jordan mit einem angewiderten Gesichtsausdruck quittierte.

Während Grace mir auf den Rücken klopfte, schob Ray seinen Kakao von sich.

"Ich will gar nicht wissen, wie viel Liebe dadrinn steckt", murmelte er und ignorierte Jordans empörtes Gesicht.

Nachdem ich mir die Seele aus dem Leib gehustet habe, wandte ich mich mit einem ernsten Gesichtsausdruck an die anderen.

Seufzend blickte mich Jordan an.

"Was willst du wissen."

"Alles."

Er hob eine Augenbraue.

"Wie wärs wenn du mir die erste Frage gibst."

Ich kniff die Augen zusammen.

"Wie bin ich hier hingekommen?!"

"Ich hab dich getragen", meinte Ray.

Entgeistert starrte ich ihn an.

"Du hast WAS?!"

"Und wie bin ICH hier hingekommen?", fragte Grace.

"Ich hab dich getragen", antwortete Jordan und erntete ein verwirrtes lächeln von Grace.

"Und warum zum Teufel habt ihr das getan?! Ich will euch ja nicht nahe treten, ABER IHR SEID AUF STEPHANOS SEITE!", schrie ich und durchbohrte Ray mit einem Bitterbösen Blick, während Grace die Lippen zusammen kniff und Jordan keines Blickes mehr würdigte.

Ray zuckte die Schultern und erwiderte meinen Blick stark.

"Nein. Nicht absichtig. Und heißt das deswegen, dass wir zwei Ohnmächtige Freunde auf der Straße zertrampeln lassen?"

"Wie meinst du das, nicht absichtig? Und wie habt ihr das überhaupt geschafft uns ungesehen daraus zu transportieren?"

Ray seufzte, doch ehe er antworten konnte, fragte Grace: "Hey, darf ich duschen gehen?"

"Klar", sagte Jordan und sprang auch sofort auf, um ihr alles zu zeigen.

Verwirrt starrte ich sie an.

"Willst du deine Fragen denn nicht auch beantworten?"

Grace schüttelte den Kopf und grinste: "Nö. Ich bin grade ziemlich zufrieden mit der Situation, da brauch ich keine verwirrenden Antworten."

Schnaubend drehte ich mich wieder zu Ray um, der angrinste.

"Was?!"

"Nichts", meinte er kopfschüttelnd und ich schaute ihn aus zusammen gekniffenen Augen an.

"Also Antworte!"

Ray hob eine Augenbraue, antwortete aber, was meiner Ungeduld ziemlich zugunsten kam.

"Denkst du ernsthaft, dass ich es toll finde, mir von so nem Arschloch wie Stephano sagen zu lassen, was ich zu tun und zu lassen habe?", er lachte freudlos, "nein, ganz sicher nicht. Aber ich bin nur Noitas Marionette. Ich muss tun was sie verlangt, ob ich will oder nicht. Doch ich tue es lieber freiwillig, damit sie Vertrauen zu mir aufbaut und mich nicht ständig kontrolliert."

Verwirrt zog ich meine Beine an und runzelte die Stirn.

"Wie kontrolliert? Gibt es etwa Dinge, die du nicht darfst?"

Er blickte mir kurz intensiv in die Augen, bevor er den Blick abwandte.

"Ich darf niemanden lieben."

Mein Herz setzte kurz aus, ehe es zersplitterte.

Die kleinen Splitter bohrten sich in mein Fleisch.

Verletzten mich.

Ich räusperte mich, versuchte so gut es ging mir nichts anmerken zu lassen.

"Und warum nicht?"

Nun schaute mich Ray wieder an.

Sah ich etwa Reue in seinem Blick?

"Weil Noita, wenn es kein Perlenträger ist, denjenigen qualvoll sterben ließe, aber wenn es ein Perlenträger wäre, würden wir beide drauf gehen. Allein schon, weil derjenige vielleicht die Macht hätte, dann alles zu beenden. Noita auszulöschen."

Wir beide...

Rasch wandte ich meinen Blick ab um nicht mehr in den Bann seiner Augen zu geraten.

"Und hast du dich jemals verliebt?"

Ich versuchte nicht seinem Blick zu begegnen.

"Puh. Grace hats ja ganz schön drauf", meinte Jordan, während er breit grinsend in die Küche platzte.

Entsetzt starrte ich ihn an.

"oh nein. Wir haben nicht....nein...sie hat nur...also...", stammelte Jordan, während Ray weiter gedankenverloren auf den Boden starrte und ich gar nicht wissen wollte, warum das so lange gedauert hatte.

"Oh mein Gott! Ich glaub es nicht!", meinte ich und schlug mir die Hände vor mein Gesicht, während Jordan vor meinen Augen merklich kleiner wurde.

"Also...Es ist nicht so wie du denkst!"

"Ist es denn das jemals?", murmelte ich.

"Ich werde es dir erklären! Also, du stellst dir gerade wahrscheinlich etwas völlig falsches vor! Also, es war so-", doch weiter kam er nicht, denn Grace betrat den Raum.

Ein Bademantel umschlang ihren Körper, während auf ihrem Kopf ein Handtuch gewickelt war.

Doch das schlimmste war, der Blick den Grace Jordan zuwarf...es sah so...nach Liebe aus...

Ahhhh!

"Hey, ähm hast du vielleicht Anziehsachen für mich?", fragte Grace augenklimpernd, während Jordan rot anlief.

AHHHH!

Wütend stand ich so heftig auf, dass der Stuhl nach hinten kippte und mit einem lauten poltern auf den Boden aufkam.

Nun waren alle Blicke auf mich gerichtet, doch es interessierte mich nicht.

Ich war wütend, enttäuscht, verletzt, verliebt und verwirrt und dann kam auch noch das!

Meine Gefühlswelt warf meine Welt auf den Kopf und brachte mir nichts als Kopfschmerzen.

Ich wollte nur noch weg. Dachdenken. Luftholen.

"Ich denke ich gehe jetzt besser", brachte ich zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor, während ich auch schon unter Grace verwirrten Blick rausstürmte.

"Du kannst jetzt nicht rausgehen!", brüllte mir Jordan hinterher.

"Achja?! Und wer sagt das?!", schrie ich zurück, die Türklinke schon in der Hand.

"Die Situation draußen!"

"Leck mich!", meinte ich nur und das letzte was ich hörte, bevor ich die Tür schloss war ein paar ordentliche Flüche von Ray, ehe er mir folgte.

 

Es war Kalt und dunkel.

Fette schwarze Wolken bevölkerten den Himmel, verdeckten die Sonne und der eisigkalte Wind trug Rauch und eine Vorahnung mit sich.

Es wird heute passieren.

Der Kampf.

Doch merkwürdigerweise schien mich das im Augenblick eher weniger zu interessieren, was wahrscheinlich auch daran lag, dass es für mich einfach zu unwirklich war.

Ich meine im welchen Zeitalter leben wir denn bitteschön?

Auf jeden Fall nicht in einem, in dem man die Liebe zu einer holden Maid ausfechtet und so was wie Rente ein unvorstellbares Geschenk war.

Genauso wie eine Krankenversicherung.

"Nimoe!"

Ich drehte mich nicht um.

Lief einfach weiter, genoss das brennen meiner Lungen, die Seitenstiche und die Taubheit in meinen Fingern.

Das alles bewies mit nämlich nur eins.

Und zwar das ich immer noch lebte.

Meine Umgebung vermischte sich, wurde unscharf, während ich dran vorbei rannte und tief die eisige Luft in meine gepeinigten Lungen zog.

"Nimoe, verdammt!", brüllte wieder diese Stimme und ich rannte  nur noch schneller, schaltete mein Denken aus und gab mich ganz den Rhythmus meiner Beine hin.

Als ich gerade in eine Seitenstraße einbog, warf sich jemand von hinten auf mich und ich viel erschrocken auf den Boden.

Überrascht riss ich meine Augen auf und blickte in Rays belustigtes Gesicht.

"Geh von runter", keuchte ich, während sein Gewicht auf mir lastete und der kalte Boden sich unangenehm in meinen Rücken bohrte.

"Damit du wieder weg laufen kannst?"

"Nein, damit ich wieder atmen kann!"

"Also für mich hörst du dich noch ziemlich lebendig an", meinte Ray grinsend und ich warf ihm einen Todbringenden Blick zu.

Zu mindestens hoffte ich, dass er Todbringend war.

Seine Nähe war brachte mein Herz zu rasen und als er sich zu mir runter beugte, versuchte ich mich zappelnd frei zu machen.

"Wo vor wehrst du dich eigentlich ständig?", hauchte er mir ins Gesicht und ich zappelte nur noch mehr.

"Davor, dass das hier nach versuchter Vergewaltigung aussieht!", meinte ich knapp atmend.

Er lächelte leicht.

"Warum bist du mir eigentlich gefolgt?!"

"1. Ich wollte nicht allein mit diesen Turteltäubchen sein. 2. Beginnt bald der Kampf und da möcht ich dich nicht erst suchen müssen und 3.", sagte er und grinste so breit, dass ich nur die Augen Verdrehen konnte, "3. Kann man dich sowieso nicht alleine lassen, ohne das irgendeine Katastrophe passiert."

Ich verengte meine Augen.

"Ich zeig dir gleich Katastrophe!", meinte ich und versuchte den Blick abzuwenden.

Mein Herz schlug schneller, und ich hatte Angst dass er es bemerkte.

Seine Augen hielten mich fest und sein Gesicht kam näher.

Doch bevor er auch nur näher kommen konnte, passierte etwas, was uns beide verwunderte.

Mein Kopf ruckte vor und ich presste meine Lippen gierig gegen seine.

Sein Gesicht verwandelte sich erst in Überraschung, bevor er mit einem breiten Grinsen, den Kuss erwiderte.

Unsere Lippen fechteten ein Duell aus, während unsere Herzen im selben Galopp schlugen.

Seine Hände griffen in mein Haar, während meine die Konturen seines Gesichts erkundeten.

Ich versuchte ihn noch ein Stück näher zu mir zuziehen, während er sich noch mehr an mich presste.

Es war, als würden wir versuchen uns zu verschmelzen.

Ich spürte seinen Herzschlag an meinem.

Keuchend zog er seinen Kopf zurück und blickte mich an.

Schien auch den hintersten Winkel meiner Seele ergründen zu wollen.

Er öffnete den Mund, wollte etwas sagen.

Doch soweit sollte es anscheinend nicht kommen.

"Ray Black!"

Wir blickten uns beide um und da stand er.

Stephano de Vita.

In voller Pracht und einem, sehr, sehr wütendem Gesicht.

 

Es fühlte sich an, als seien wir bei etwas verbotenem erwischt worden.

Aber war es verboten?

Verdammt, seit wann war Liebe verboten?!

Seit wann, kann eine einzelne Person bestimmen, was richtig und was falsch ist?!

Es war egal, wie sehr mein Gerechtigkeitssinn mit der Realität appellierte.

Ray steckte in Schwierigkeiten.

Aber warum?!

Warum, dürfen wir nicht glücklich Zusammensein?!

Wenn eines auf dieser zerstörerischen Welt ohne Halt und Regeln ist, ohne Grenzen und ohne jemanden der sie verbieten kann, dann ist es die Liebe.

Denn die Liebe kann man nicht bezwingen, die ausradieren.

Selbst wenn man es wollen würde, es geht nicht.

Es scheint, als wäre sie aus diesem Grund hier.

Um allen ins Gesicht zu spucken, sie zu verhöhnen und ihnen zu zeigen, dass es Dinge gibt, über die sie keine Macht haben.

Selbst Noita nicht...

"Stephano de Vita!", meinte Ray nur, während er aufstand als hätten wir hier grad nicht auf dem Boden rumgemacht.

Oh mein Gott. Auf dem Boden...mein Niveau sinkt...

"Ach und welche Überraschung. Die Nimoe", grinste Stephano.

Momentmal. Er grinste?

Wo war sein wütendes Gesicht?

Während ich weiter grübelte und Stephanos Gesicht in eine teuflisch grinsende Fratze verwandelte, traf mich die Erkenntnis wie ein Schlag in den Magen.

Natürlich lächelte Stephano!

Schließlich brauchte er doch einen Perlenträger der Noita besiegt!

Und da ich und Ray ja nicht erwünscht in Noitas Augen sind, müsste ich für seine Pläne perfekt sein!

Weil ich Ray behalten will...genauso wie mein Leben!

Und dann tat ich das einzig Richtige, ohne irgendjemanden etwas zu sagen, rannte ich.

Rannte ich um mein Leben.

Der überraschte Ausruf Rays und der wütende von Stephano spornten mich nur noch mehr an.

Ich rannte so schnell wie noch nie in meinem Leben.

Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, in dem ich gerufen wurde.

Gerufen von Noita.

Wenn ich daran dachte, dass es für Ray und Stephano, die mir dicht auf den Fersen waren, sehr merkwürdig aussehen müsste, wie ich mich plötzlich in Luft auflöste, musste ich fast schmunzeln.

Aber nur fast.

Ich schloss die Augen und als ich spürte wie sich meine kalte Umgebung, urplötzlich in eine warme, ja schon fast schwüle geändert hatte, öffnete ich langsam die Augen.

Es war wie letztes Mal.

Eine Hütte. Ein Feuer. Ein Schemen in einem Sessel, vor dem Kamin.

Ich könnt kotzen.

"Zu arm, die Umgebung zu ändern?", fragte ich gerade heraus.

Stille.

Dann ein scheußliches raues Lachen.

"Ich wusste, dass du mir gefallen wirst. Wo ist denn deine Angst?"

"Im Urlaub", murmelte ich.

"Komm her, Nimoe. komm her", sagte sie und winkte mich zu sich.

Langsam kam ich auf sie zu.

Sie drehte sich etwas in ihrem Sessel zu mir um, und klimperte mich breit grinsend an.

Mein  Gesicht zeigte keine Regung.

Ich zeigte keine Regung.

Ausdruckslosigkeit.

Das war das einzige, was sie von mir sah.

Meine anfängliche Angst ihr gegenüber hatte sich in beißenden Hass verwandelt.

Sie hob eine Augenbraue.

"Also ich muss schon sagen, deine Angst vermiss ich schon irgendwie. Das ist neu für mich. Du bist die zweite, die sich nicht vor Angst in die Hose macht."

Die zweite?, fragte ich innerlich und dachte danach sofort an Ray.

Er würde auch keine Angst vor ihr haben.

"Was soll ich diesmal für dich tun?", du widerwärtiges Stück Scheiße, fügte ich in Gedanken grinsend hinzu.

"Nanu? Warum auf einmal so hilfsbereit?"

"Naja, ich habe gelernt mich meinem Schicksal zu fügen", antwortete ich.

Nie im Leben, du hässliche Kröte!

Sie lachte wieder.

"Oh das gefällt mir. Ja, gefällt mir sehr, sehr gut. Bist ja doch zu etwas zu gebrauchen, mein Mädchen."

Mein Mädchen?

Wenn ich dein Mädchen wär, hätt ich mich schon längst selbst umgebracht.

Und wenn daraus nichts geworden wäre, dann eben Gesichtschirugie.

Momentmal...welcher Samenspender hätte sich das denn bitteschön antun wollen?

Selbst für Geld nicht!

"Ich wüsste zu gern was du denkst", meinte Noita und sah mich interessiert an.

"Ich gehe in Gedanken nur mein mögliches Opfer durch", meinte ich monoton, während meine Gedanken sich totlachten.

Und ich hoffe, irgendwann wirst du darunter zählen!

Sie grinste und ihre Zähne, schrien mich förmlich nach Zahnpasta an.

"Weißt du, dein Entwicklungsweg, beweist mir, dass ich alles richtig gemacht habe. Du bist perfekt für mich. Meine kleine persönliche Killerin."

Oh man.

Wie schnell die Vertrauen fasst, das ist ja mal naiv.

Perverser geht’s ja nicht: du bist perfekt für mich. Hallo?

Werde ich jetzt auch noch zum Sexsklaven oder was?

Ja danke.

Falls ihr euch jetzt fragt, warum ich so untypische Nimoe Gedanken habe, kann ich sie euch leicht beantworten.

Sie lenken mich ab.

Lassen meine Gedanken nicht zu der Wut, den Hass und der Angst schweifen.

Sie reinigen mich, lassen mich nicht in der Situation versinken.

"Und wer ist es?", fragte ich gelangweilt, als würde ich ihr erzählen das die Wiese grün ist.

"Es ist ein Mann. Und nebenbei bemerkt kennst du ihn."

Ich schaute sie an.

"Ahaaaaaaaaa."

innerlich hoffte ich, dass ich Stephano abschlachten durfte.

Ich hoffte es wirklich.

Doch meine Hoffnung wurde jäh zerstört als sie mir lachend seinen Namen ins Gesicht schleuderte.

Aber was solls. Besser als jemand anderes.

Es war Valenzo.

Der Mädchenhändler.

Vielleicht tat ich ja mal zur Abwechslung was Gutes für die Welt.

 

"Aber Mutter-", begann Valenzo, wurde aber jäh unterbrochen.

"Nichts aber Mutter!", schnitt die kleine gedrungene Frau, ihrem Riesen Babysohn mitten im Satz das Wort ab, während sie ihr kleinen Arme in ihre Hüfte stemmte, wobei ihre Handtasche gegen ihren Körper klatschte, wie eine Mülltüte bei einem Sturm gegen ein Kind.

Ich saß auf der Fensterbank im Wohnzimmer und hörte neugierig ihrem Gespräch zu.

Wenn ich nicht in der Situation wäre, in der ich war, hätte ich das ganze amüsant gefunden, doch im Moment hasste ich mich nur selber.

Wie konnte ich glauben auch nur ansatzweise was Gutes zu tun?

Ich werde ein Leben auslöschen.

Ein Leben mit Familie.

Ich hatte ein völlig falsches Bild von Valenzo und hasste mich dafür.

Denn wie konnte ich so schnell über ein Leben urteilen?

Überhaupt in Erwägung ziehen, dass es nicht so schlimm werden würde?!

Ich war eine grausame Mörderin!

Valenzo’s Mädchen liefen hier frei herum, hatten ein Haufen Geld zum Ausgeben und standen auf die vielen Sexpartys, die hier ständig stattfanden.

Sie waren glücklich.

Klar waren sie das.

Denn Valenzo war glücklich solange er seinen Sex bekam.

Und solange er glücklich ist, sind sie auch glücklich.

Seine Mutter war vor ein paar Minuten hereingeplatzt...mitten in einen...leidenschaftlichen Fast Sex, zwischen Valenzo und drei anderen Frauen.

Während sie aufgeschrien hatte, haben die Mädchen kichernd ihr Zeug gepackt und sind nach oben gegangen, während Valenzo peinlich berührt, seine Hose angezogen hat, um seiner Mutter gegenüber zustehen.

Tja und das war der Zeitpunkt, als ich durchs Fenster kletterte.

Es ist merkwürdig, wie viele Meinungen es von Valenzo gab.

Wie viele Gesichter.

"Werde endlich erwachsen!", zeterte sie weiter, während Valenzo immer weiter zu schrumpfen schien.

"Seit wann bist du denn so?!"

Valenzo sagte gar nichts und seine Mutter sah ihn zornig an, drehte sie um und knallte die Tür hinter sich zu.

Seufzend drehte sich Valenzo um und marschierte mit gesenktem Kopf ins Wohnzimmer.

Als er den Blick hob, weiteten sich seine Augen erschreckt, als er mich sah.

Ich winkte nur grinsend.

Wenn der wüsste, dass ich seine letzte Begegnung im Leben wär...

"Ähm. Ich kenn dich. Ich habe dich gekauft."

Ich zuckte mit den Schultern.

"Kann sein. Aber ich bin nicht hier, weil ich das akzeptiert habe."

Er verschränkte die Arme.

"Ich weiß. Du bist Nimoe. Nachdem du abgehauen bist und ich dich nicht mehr wieder gesehen habe, habe ich viel von die gehört", er verengte die Augen, "ich denke mal, dass diese Begegnung nicht gut für mich ist."

Ich legte den Kopf schief.

"Es wird deine letzte sein."

Er lachte und nun schien er wieder dem Mann mit der Macht zu sein.

Der Mann der mehrere Leben zerstört und Frauen vergewaltigt hatte.

"Das glaubst du doch selber nicht. Du bist zwar gefürchtet, aber mich umbringen?", er lachte erneut.

"Das hatte Don auch geglaubt."

Augenblicklich erstickte sein Lachen.

Seine Augen wurden groß.

"Du hast Don umgebracht?"

Ich zuckte die Schultern, tat so, als wäre das nichts für mich.

Er stieß einen Pfiff aus.

Doch sein Gesicht zeigte keine Bewunderung.

Sein Gesicht zeigte Wut.

"Ich hoffe du hast einen guten Grund gehabt meinen besten Freund umzubringen."

Na ganz toll.

"Ich brauchte Drogen."

Er erstarrte.

"UND DAFÜR HAST DU IHN UMGEBRACHT!"

"Das sagt gerade der, der aus Spaß Frauen vergewaltigt und umbringt!"

Er funkelte mich an.

"Das ist vorbei!"

"Ohhhh. Jetzt komm mir bitte nicht mit dem Ich-habe-mich-geändert-scheiß!"

Er schwieg.

"Wie willst du mich denn eigentlich umbringen."

Ich zuckte die Schultern.

"Ich WILL dich nicht umbringen. Aber ich muss!"

Er sah mich verwirrt an.

"Und wieso tust du es dann. Nicht das ich daran glauben würdest, dass du es schaffst, aber naja."

Ich sah ihn an. Sah zur Uhr und merkte, dass es nur noch wenige Minuten waren.

Wenige Minuten bis zu seinem Ende.

"Weißt du. Da draußen ist mehr als du weißt. Und wehren kann ich mich nicht. In ein paar Minuten werde ich nicht mehr ich sein. Ich werde dich umbringen, ob ich es will oder nicht. Mein Körper wird nicht mehr mir gehören."

Er sah mich zweifelnd an.

"Das will ich sehen."

"Wirst du auch. Und zwar. Jetzt."

Ich schloss die Augen und spürte wie ich die Kontrolle verlor, wie ich aus meinen eigenen Körper gekickt wurde, nur um zu sehen, was ich tat, ohne zu bemerke, dass das wirklich ich war.

Ich richtete mich auf.

Meine Augen glühten.

"Ich habe dich gewarnt!", zischte eine Stimme, die nicht meine war.

Es war ein krächzen, ein kratzen.

Und dann sprang ich auf den überraschten Valenzo zu.

 

"Das hast du aber wirklich schön hinbekommen!", lobte mich Noita, während ich mir mein strak blutendes Handgelenk hielt.

Valenzo‘s Strich.

"Redest du von meiner Verletzung, oder von Valenzo."

"Natürlich von Valenzo! Das du eine Verletzung davon getragen hast, sollte dir peinlich sein! Du musst noch viel lernen..."

Wenn sie wüsste, dass das Absicht war.

"Kann ich jetzt gehen?!", fragte ich wirsch.

Ich hasste diese Hütte!

Sie lachte bösartig.

"Klar. Und hab noch viel Spaß!"

Ihr Lachen gefiel mir nicht.

Zeigte mir, dass irgendwas nicht stimmte.

Ich spürte wie mein Körper sich auflöste.

"Achja. Und wehe du stirbst!"

Und dann wurde ich aus dem Raum geschleudert.

Hätte mir in diesem Augenblick jemand gesagt, in welche Situation ich hinein teleportiert wäre, ich hätte alles getan um noch in dieser Hütte bleiben zu können.

Alles.

Doch mir hat niemand etwas gesagt.

Und so landete ich direkt in das größte Chaos meines Lebens.

 

"Nieder mit Darkness! Nieder mit Darkness!"

"Stirb Lightness!", schrie ein anderer und warf eine Vase aus dem Fenster auf die Lightness Menge, die bewaffnet und laut streikend durch Darkness zog.

Die Vase zerbrach schellend auf den Kopf eines Anhänger Lightness.

Der getroffene sackte zusammen.

Und wo war ich?

Auf einem Hausdach.

Alles andere wäre besser gewesen.

Ich hätte sogar eine Mülltonne bevorzugt.

Ich hatte keine Angst auf dem Dach.

Das einzige was ich nicht sehen wollte, war das, was sich mir hier bot.

Rauch quoll aus verschiedenen Häusern.

Menschen bekämpften sich mit Waffen, schlugen auf einander ein, bis der Gegner nur noch Brei war.

Die Kämpfenden schrien und brüllten.

Fackeln flogen durch die Gegend.

Scheiben wurden eingeschlagen.

Und das schlimmste trieb mir die Tränen in die Augen.

Unten. In der Nähe des Rathauses schossen welche auf sich.

Doch diese welche waren Kinder.

 

Zwischen den Gassen wuselten Menschen, versteckten sich, in der Hoffnung den Gegner in den Rücken fallen zu können. Schreiende Menschen schleuderten Brennende Fetzen in offene Fenster. Türen wurden eingeschlagen, Häuser wurden geplündert, Menschen wurden umgebracht, zu Tode geschlagen, misshandelt.

Tränen traten in meine Augen, während ich mit offenem Mund auf die brennende Stadt blickte, das einst mein Zuhause war.

Zuhause konnte ich das schon lange nicht mehr nennen. Akzeptieren.

Ein Zuhause würde sich nicht zerstören. Sich beim lebendigen Leibe in Stücke zerfetzen.

Der Anblick dieser Kinder, die wie Soldaten in den Krieg zogen, schockierte mich.

Dass diese Stadt so tief sinken konnte, hätte ich nie geglaubt.

Wo sind die Eltern dieser Kinder?!

Erschlagen?!

Heulend sah ich weiter entfernt, wie eine alte, krüppelige Frau erstochen wurde.

Sie fiel auf den harten Boden, während das Blut aus ihrem Körper floss und ihre Schändiger eilend weiter zogen.

Der Himmel brodelte und donnerte. Ich spürte kalte Tropfen auf meiner ohne hin schon eisigen Haut, Blut wurde die Gassen hinab gespült auf die Hauptstraße, wo sich die Parteien sich gegenseitig versuchten zu überfahren.

Es kam mir alles wie ein Alptraum vor.  Vielleicht wie eines dieser sinnlosen Ballerspiele, die erst ab 18 waren. Aber nicht wie mein Leben!

Ich kannte diese Leute! ALLE! Jeden einzigen!

Meine Beine knickten ein, als ich sah, wie eine junge Frau mit Baby, bewusstlos geschlagen wurde.

Schluchzend rollte ich mich zusammen. Ich wollte nicht mehr. KONNTE nicht mehr.

Wofür das alles, verdammt?!

Und wofür sollte ich weiter kämpfen?

 

Sägender Schmerz brachte mich an mein Bewusstsein zurück.

Schreiend öffnete ich die Augen und sah einen jungen Mann mit Gewehr auf mich zu rennen.

Ich blickte an meinem Arm herunter und sah, dass ich angeschossen war.

Blut quoll aus der Wunde, floss zwischen meinen Fingern hindurch wie rinnender Wein, während der Regen es wegschwamm.

Der Mann rannte von Dach zu Dach auf mich zu und ich realisierte, dass das mein Ende sein könnte.

Mein Unterbewusstsein schrillte alle Alarmglocken und ich wusste, dass ich Leben will.

Leben für MICH!

Keuchend stand ich auf, hielt mir den verletzten Arm und rannte, während ich mich so gut es ging hinter Vorsprüngen und Kaminen versteckte.

Doch es nützte nichts. Er war schneller. Die Kugeln die mich treffen sollten, zischten haarscharf an mir vorbei und während eine mein Gesicht streifte, schien es als sei ein Schleier von mir gefallen.

Ich sah alles viel klarer und begann zu verstehen, dass das hier REAL war...egal wie abstrakt es war.

Mein Herz erklomm Weltmeistergeschwindigkeit und mein Atem rannte mit mir um die Wette.

Die Panik floss in mir wie etwas, das mich am Leben hielt.

Und es hielt mich am Leben! Denn mit der Panik pumpte Adrenalin ebenfalls in meinem Körper.

Mein Wille zum Leben stieg, trieb mich zu übermenschlichen Leistungen an.

Ich sah das Ende der Häuserreihe kommen.

Ich sah es. Doch ich FÜHLTE es nicht.

Ich rannte einfach weiter. Sprang von Hausdach zu Hausdach, während der Regen, alles grau färbte und meine Schuhe auf den Platten schlitterten.

Doch es verpasste mir noch mehr Adrenalin so nah am Rande des Todes zu sein.

Grinsend, rannte ich über das letzte Dach.

Danach kam...ein Park.

Lächelnd sprang ich.

Ich spürte den Wind der mir ins Gesicht peitschte.

Ich spürte die Schwerelosigkeit.

Doch was ich nicht spürte, war der Aufprall.

Als ob ich Flügel hätte, landete ich federleicht auf dem Boden.

Was zur Hölle?!

Mein Herz...pumpte?

Als ich an mir herabsah, erhaschte ich noch das leichte glühen in meiner Brustgegend bevor es verschwand.

Ich wurde gerettet durch...meine Perle?!

Wow. Ich war ein Superkrieger.

Na ganz toll.

 

Nachdem ich mir meine Wunde verbunden hatte, mit einem T-Shirt von einem Toten rannte ich weiter durch den Lärm und dem Gebrüll.

Ich befand mich in einem kleinen Gassenviertel, an die Häuserwand gedrängt und versuchte so gut es ging niemanden zu begegnen.

Was will ich hier eigentlich?

Stockend blieb ich stehen.

Was will ich hier?!

Das ist eine gute Frage. Ich hab keine Ahnung.

Ich weiß nicht, warum ich hier rumschleiche wie ein Dieb auf der Flucht.

Ich weiß nicht warum ich mich benehme wie ein Schwerverbrecher auf der Suche nach einem Unterschlupf.

Ich suche...?

Ich brauche einen Plan!

Der Regen fiel weiter, meine Kleidung war durchnässt und ich zitterte vor Kälte.

Der Kampflärm drang laut und kratzig in meinen Ohren, das Schreien der Gefallenen ging in mein Gehirn, während sich der dicke Rauch am dunklen Himmel in mein Gedächtnis brannte.

Langsam ließ ich mich auf einen Mülltonnendeckel sinken und lehnte mich an eine Hauswand, während ich in den Himmel blickte.

Sterne versuchten sich nach vorne zu kämpfen, während man den Mond leicht am Himmel erblicken kann.

Gerade als ich den Blick abwenden wollte huschte eine Sternschnuppe über den Himmel!

Ich hatte noch nie eine Sternschnuppe gesehen!

Schnell schloss ich die Augen und wünschte mir was.

Wer weiß, vielleicht wird es ja wahr?

 

Langsam stieg ich durch die Trümmer meines Hauses.

Alles war kaputt und zerstört.

Es sah aus, als hätte sich ein paar Leute mit Äxten und Hämmern hier ausgetobt.

Ich versuchte so gut es ging, nicht allzu genau hinzugucken und stampfte in mein Zimmer.

Hier sah es auch nicht viel anders aus.

Alles was mir lieb war...kaputt.

Es gab mir Stiche in mein Herz, während ich ein paar Kleidungsstücke von der Erde sammelte.

Ich zog mir einen nicht ganz so zerstörten Pulli über und suchte nach meiner Waffe.

Ich hoffte wirklich, dass sie hier war. Irgendwo.

Ich musste mich schließlich doch auch irgendwie verteidigen!

Nach ewigem Suchen fand ich die Pistole doch tatsächlich unter meinem Bett.

Schnell schnappte ich sie mir und packte mir auch gleich noch ein paar Magazine mehr dazu ein.

So bewaffnet verließ ich die Wohnung, die ich wohl nie wieder Zuhause nennen konnte.

 

Ich weiß nicht wie ich mir das vorgestellt hatte. Soll ich Leute niedermetzeln?

Soll ich Leute verletzen?

Oder soll ich einfach nur versuchen zu überleben?

Kaum trat ich aus dem Hausengang, sah ich die vereinzelten Leute auf der Straße.

Ich hatte Glück, dass mein Haus nicht direkt im Zentrum lag, sondern etwas außerhalb.

Doch auch hier roch ich den Rauch. Vernahm das Chaos und hörte die Todesgeräusche.

Selbst hier musste ich einsehen, dass mein altes Leben dabei ist, sich selbst zu zerstören.

Ich ging ein paar Schritte. Unsicher, wie ein Kind, dass das erste Mal versucht zu laufen.

Es fühlt sich merkwürdig an, sich in Acht zu nehmen, an einen Ort den ich schon mein ganzes Leben lang kannte.

Ich versuchte die Aufmerksamkeit der drei Personen, die etwas weiter entfernt zur Hauptstraße rannten, nicht zu erregen.

Doch kaum hatte ich meine Augen auf die Personen, geheftet, stolperte ich über einen Wiederstand auf den Boden und flog entsetzt aufschreiend auf den Boden.

Fluchend hielt ich mir das aufgeschürfte Knie und drehte mich um, um zuschauen über was zum Teufel ich gestolpert bin.

Ich schlug mir die Hände vor dem Mund, als ich die am Boden liegende Person, als meine geliebte Nachbarin entzifferte.

Es war eine dieser alten Frauen gewesen, die einen immer Herzlich angelächelt hatten, dir frisch gebackene Kekse in die Hand gedrückt und die alte Kriegsgeschichten über ihre Kindheit erzählt hatten.

Sie war offensichtlich Tod.

Das Blut, das schon seit einer Weile nicht mehr aus ihrer Kopfwunde sickerte zeigte, dass sie erschlagen wurde.

Wer tut so was?

Wer hat Mrs. Skaar umgebracht?!

Wer hat die Frau umgebracht, die mir selbst in den Trostlosesten Tagen Hoffnung geschenkt hatte?!

Unermessliche Wut stieg in mir auf.

Und ich schrie. Schrie einfach den Schmerz heraus. Die Wut. Die Trauer.

Egal wer es war. Er wird dafür zahlen.

Bitterböse Zahlen.

Rache ist nicht süß. Rache macht Menschen zu Monstern.

 

Während ich dort auf den Boden lag und meine alte Nachbarin anstarrte, bemerkte ich nicht, wie die anderen Personen auf mich aufmerksam geworden sind.

Ich bemerkte auch nicht, dass sie auf mich zu kamen, Acht darauf gaben, dass ich sie nicht bemerkte.

Denn ich hätte ich sie bemerkt, wäre ich schon lange nicht mehr hier.

„Soso!“, räusperte sie eine Person hinter mir und ich drehte mich erschrocken um.

Stephano stand breit grinsend hinter mir, flankiert von zwei Männern, die aussahen als ob sich mich in Sekunden schnelle zerstören können.

Ich schluckte.

„Sooooooo?“, fragte ich und versuchte meine Panik herunterzudrücken.

Stephano hatte wohl denselben Gesichtsausdruck, wie die glücklichen Menschen, wenn sie herausfinden, dass sie im Lotto gewonnen haben.

Ich bin sein Lottogewinn.

„Endlich habe ich dich!“

Ich verdrehte die Augen.

„Ja und jetzt? Willst du jetzt böse anfangen zu lachen?“

Er kniff die Augen zusammen.

„Du hast wohl immer noch nicht verstanden worum es hier geht oder?“

„Die Weltherrschaft?“

Er lachte und etwas enttäuscht musste ich feststellen, dass es nicht eins dieser Bösewicht Lachen war, die immer in einem Husten enden.

Nein, er erstickte nicht. Er schüttelte den Kopf.

„Kaum zu glauben, dass ein Mädchen wie du, der Schlüssel ist. Merkwürdig diese Welt“, meinte er verträumt.

Ich schnaubte.

Plötzlich widmete er sich wieder mit einem ernsten Gesichtsausdruck zu mir.

„Gustavo?“, fragte er und ich hatte keine Zeit die Hand zu bemerken, die auf meinen Hinterkopf zu geschnellt kam.

Der Kampf näherte sich dem Ende.

 

Ist die Welt nicht merkwürdig?

Man beschwert sich ständig, mit welchen Problemen man zu kämpfen hat, bekommt dadurch aber nur noch mehr?

Meine Mom, die alles für mich getan hat, wurde entführt.

Meine einstigen Freunde, sind Verräter.

Meine Gegner hinter mir her.

Meine jetzigen Freunde in Gefahr.

Meine Liebe könnte sich im Tod befinden.

Und Noita?

Was zum Henker treibt sie?

Liegt vielleicht in ihrem Sessel und quält andere Perlenträger, während der Kampf hier einem Krieg gleicht.

Doch welche Seiten gibt es?

Und welche Ziele verfolgen sie?

Es gibt Darkness, Stephanos Anhänger.

Sie kämpfen für Stephano, der wiederrum sein eigenes Ding dreht, dass darin besteht mich in die Finger zu bekommen und für seine Zwecke gegen Noita zu missbrauchen.

Lightness, die Gruppe unter Lin, die alles wie früher haben wollen. Oder nicht?

Oder führt Lin ihren eigenen Kampf?

Und was ist mit Beatrice?

Der Tante von Grace?

Ist sie immer noch hier? Fest davon überzeugt alles und jeden auf der Suche nach Grace umzubringen?

Und ich?

Was mache ich?

Ich dachte immer, überleben wäre alles.

Aber das geht nicht mehr. Das kann ich nicht mehr.

Kämpfen ist die Divise.

Kämpfen für mich und die Freiheit. Kämpfen dafür, dass ich das erste mal in meinem Leben selbst entscheiden kann.

Ich werde alles geben.

Und sollte ich sterben, habe ich alles versucht.

 

Als ich meine Augen öffnete, wusste ich, dass ich gefesselt war.

Stramm war ich an einem Stuhl gebunden. Die Stricke schnitten in meine Gelenke, doch es interessierte mich nicht.

Ich befand mich in einem großen Raum, der bis auf einem langen Tisch der einige Meter von mir mit Menschen besetzt war, leer stand.

Auf dem Tisch, befand sich eine große Goldene Schmuckschatulle. Edelsteine verzierten die Ränder und die Schnörkel die sich um sie wanden, sahen nach langer Kunstvoller Handarbeit aus.

Es dämmerte draußen und man erkannte dicke Rauchschwaden in der Luft.

Als ob die ganze Stadt abfackeln würde.

Ruhig hob ich meinen Kopf und betrachtete die wenigen Leute an dem Tisch, die sich angeregt mit einander unterhielten.

In der Mitte saß Stephano. Er schien sich an der Beteiligung der Gespräche eher weniger teil zu haben.

Angespannt starrte er nur auf die Schatulle.

Sein Gesicht zeigte Müdigkeit und tiefe Falten. So ganz Sorgenlos verlief das alles nicht an ihm und insgeheim freute mich das.

Das ich nicht einzige war die zu leiden hatte.

Rechts neben ihm saß Maik. Ein dicker Verband zierte seinen Kopf. Er unterhielt sich mit Timophy der so aussah, als ob er nicht wirklich gerne hier wäre.

Links neben Stephano saß Sam, dich sich lachend mit jemanden unterhielt dessen Gesicht ich nicht sofort sah.

Sonnenstrahlen verdeckten es aber allein die bläulich schimmernden schwarzen Haare, versetzten mir einen Tritt in die Magengrube.

Tränen stiegen mir in die Augen, doch ich unterdrückte sich krampfhaft.

„Ich denke mal, ihr wartet alle darauf, dass ich wach werde. Also tu ich euch mal den Gefallen“, meinte ich laut und deutlich und sofort erstarben alle Gespräche.

Mein Blick war auf Stephano gerichtet, der langsam seinen Blick hob. Niemand sprach.

„Nette Runde habt ihr hier“, meinte ich neutral, „wie heißt sie denn? Die Runde der Verräter?“

Verächtlich lachte Stephano.

„Bist du nicht selbst eine Verräterin Nimoe? Spielst du nicht auch mit uns? Sind wir nicht alle ein Teil deines Plans?“

Maik nickte zustimmend und ich sah Stephano ungläubig an.

„Sag mal, willst du mich eigentlich verarschen?!“

„Nana, Nimoe. Doch nicht in diesem Ton“, erwiderte Stephano grinsend.

„Ich weiß zwar nicht, welche Hoffnungen du hast De Vita, aber das tun was du von mir verlangst, werde ich nie tun“, antwortete ich zwischen zusammen gebissenen Zähnen.

„Werden wir ja noch sehen. Es gibt immer einen gewissen Punkt, an dem sich jeder unterwirft.“

„Ich werde mich dir nie unterbieten du Drecksschwein!“, zischte ich.

Bevor irgendjemand etwas sagen konnte, sprang Maik Wut entbrannt auf.

„Wie kannst du es wagen!“, schrie er.

Ich blickte ihn nüchtern an.

„Was willst du eigentlich? Findest du es nicht schlimm genug, dass du uns alle Hintergangen hast Maik? Das ich FÜR DICH Don umgebracht habe?“, ich spuckte auf den Boden, „du bist echt arm. Weißt du was? Ich werde kein Mitleid mit dir haben, wenn du an einer Überdosis stirbst. Und soll ich dir noch was sagen? Keiner wird zu deiner Beerdigung kommen, denn man verabschiedet sich nicht von Lügnern und Betrügern. Viel Spaß beim Ungeliebt sterben.“

Maik wich verletzt einen Schritt zurück und schien sich zu sammeln.

Timophy sah überrascht aus.

„Du kennst ihn?“

Ich schnaubte.

„Ich kenn so ziemlich jeden in diesem beschissenen Kaff! Er war mal einer meiner engsten Freunde. Bis er mich verraten hatte. Und lass mich Raten“, sagte ich und wandte mich an Sam, die erschrocken aufschrie, „du bist auch so eine kleine Betrügerin oder? Hast dir mein Vertrauen erschlichen, nur um mich unter ständiger Beobachtung zu haben. Hab ich Recht?“

Sams Gesicht verzog sich zu einer hässlichen Fratze.

„Schön, dass du das auch mal herausfindest! Es war gar nicht mal so einfach, an dich heran zu kommen, aber es freut mich, dass ich es trotzdem geschafft habe!“

Mein Blick wanderte weiter zu Timophy.

Er erwiderte ihn traurig.

„Das du die feigste Sau in dieser Runde bist, muss ich wohl nicht erwähnen, oder?“

Bestürzt senkte er den Blick.

Ich ließ mir Zeit, bevor mein Blick den von Ray traf.

Doch so sehr ich auch versuchte Ausdruckslos aus zusehen. Mein Herz zersplitterte.

Er sah mir Gefühlskalt in die Augen.

Es fühlte sich an, als ob die Scherben meines Herzens anfangen würden zu brennen.

Sie gruben sich tief in meine Seele, stachen von Innen in mich herein, ließen mich langsam verbluten.

Aus weiter Ferne hörte ich Setphanos Lachen.

„Und du dachtest, er würde etwas für dich empfinden, nicht wahr? Wie naiv du doch bist“, verhöhnte er mich.

Entsetzt weiteten sich meine Augen. NEIN!

Ich starrte Ray an, wollte von ihm wissen, dass das alles nicht stimmte. Dass das nur eine Lüge war, eine Gemeinheit!

Doch Ray sah mich nur mit seinen Grünen Augen, die ich immer so wunderschön fand.

Sie brannten sich wie Gift in meine.

„Nein“, hauchte ich. Meine Augen brannten und etwas Zerbrach in mir.

Mein Kopf sackte nach Hinten.

Mein Wille war gebrochen.

„Diesen Punkt meine ich“, sagte Stephano stolz, „wir haben sie.“

Es ist das grausamste Gefühl, dass ich jemals gehabt hatte.

Wenn dein Herz nach einer Eiszeit wieder imstande ist zu fühlen und es dann einfach gebrochen wird, wie einen Spiegel, den man fallen lässt.

Ich habe das erste mal in meinem Leben jemanden so nah an mich heran gelassen.

Und zur Belohnung wurde ich bis auf den Grund zerstört.

Tränen tropften an meinem Gesicht herunter.

Blutrote Tränen.

 

„Was zum Henker?! Warum…ihre Tränen!“

Das Stimmgewirr um mich herum war mir egal, alles war mir egal.

Mein Blick war gesenkt, während meine Tränen eine Pfütze auf dem Boden bildeten.

Auf den Schwarzen Fliesen hatte es einen erstaunlich faszinierenden Effekt.

Eine Hand tauchte in meinem Sichtfeld auf und hob mein Kinn an.

„Nicht weinen“, sagte Timophy.

Ich nahm ihn nicht wahr.

Es fühlte sich alles taub an.

„Nimoe?“, flüsterte er.

Ich reagierte nicht.

„Mach dir selbst eine Ehre und gebe nicht auf!“

Ich drehte meinen Kopf weg.

„Mach mir eine Ehre!“

Ich ignorierte ihn.

De Schmerz brannte heiß in mir.

„Ich hätte nie gedacht, dass die kleine Kämpferin, sich so leicht besiegen lässt“, meinte er noch leise und wandte sich zum gehen.

Ruckartig hob ich den Kopf.

Er hatte Recht. Wie konnte ich nur so einfach aufgeben? Nach allem was ich durch gemacht hab?

Stephano stand mit dem Rücken zu mir und erklärten den Anderen etwas, die ihm gebannt zu zuhören schienen.

Einzig Ray wirkte etwas abwesend.

„Halt“, flüsterte ich leise zu Timophy.

Überrascht drehte er sich zu mir um.

Meine Tränen verebbten und ich blickte ihm trotzig in die Augen.

„Was ist in der Kiste?“

Er grinste.

„Noitas Herz Süße. Ihre Perle.“

Ich lächelte.

„Dann beeil dich mal mit meiner Befreiung.“

Er lachte leise.

„Du checkst es immer noch nicht oder Nimoe?“

Ich sah ihn verwirrt an.

„Du bist stark genug um dich selber zu befreien.“

Und dann ging er zurück zu den anderen, als wäre er nie bei mir gewesen.

Ich runzelte die Stirn. Überlegte, was er gemeint haben könnte.

Und plötzlich wusste ich was er gemeint hatte.

Alles was mich nicht gleich umbringt ist egal.

Ich erinnerte mich daran, dass ich einfach so vom Dach gesprungen bin, ohne mir auch nur einen Kratzer zu holen.

Ich musste nur an mich und meine Fähigkeiten glauben.

Verächtlich grinste ich und machte mich daran, mich von meinen Fesseln zu befreien.

 

„Heute wird sich alles entscheiden! Heute wird endlich die Entscheidung gefällt!“, rief Stephano euphorisch und stieß die Faust in die Luft.

Ich stand auf. Die fesselnd fielen von mir runter.

Ich war zerkratzt und blutete, aber ich hatte es geschafft und war unglaublich stolz auf mich.

Mein Herz raste.

Stephano und seine Anhänger standen vor dem Fenster und blickten nach draußen.

Sie genossen den Anblick der Zerstörung.

„Bald ist der Richtige Zeitpunkt für unsere Opfer!“

Es war unschwer zu erkennen, dass ich damit gemeint war.

Mein Atmen wurde Flacher. Sie konnten sich jeden Moment umdrehen.

Meine Augen durch suchten den Raum nach möglichen Waffen.

Adrenalin stieg in mir Empor. Ich unterdrückte ein Keuchen, als die Situation aussichtslos erschien.

Scheiße! Hier muss doch irgendetwas sein!

Plötzlicher Tumult von Unten ließ mich aufschrecken.

„Was zum...“, meinte Sam.

„Wir werden gestürmt!“, schrie Maik entsetzt. Ich wusste, dass es keine Zeit mehr gab.

Es waren nur noch Wimpernschläge dich mich noch vor dem Entdecken trennten.

Ich warf mich auf den Boden und schlitterte zu einem der Wandvorhänge.

Der Krach von unten übertönte meine Geräusche.

Ich atmete erleichtert ein, als der Vorhang mich vor den Blicken schützte.

„WO IST SIE HIN?! WO IST DIESE SCHLAMPE!“, schrie Sam hysterisch los und kurz darauf ertönte aus mehreren Ecken Flüche.

Unten berstete der Haupteingang auseinander.

„Maik und Sam, ihr sucht Nimoe. Sie kann nicht weit sein. Der Rest schnappt sich Waffen und kommt mit mir!“, befahl Stephano wirsch.

Ich vernahm eine Tür zuknallen.

„Komm raus, komm raus Nimoe“, hörte ich Sam.

Etwas schnackte auf. Ein Messer. Oh Gott.

„Ergib dich einfach, dann passiert schon nichts“, meinte auch Maik.

Ich unterdrückte ein Schnauben.

Als ob!

Die Schritte näherten sich und automatisch drückte ich mich gegen die Wand.

Fieberhaft suchte ich einen Gegenstand den ich nehmen konnte um mich zu verteidigen.

Ein paar Meter neben mir raschelte etwas, dann ein Schlitzen.

Sam hat in den Vorhang gestochen.

Ich schluckte. Die Panik wuchs.

Sie schlitzte den Vorhang weiter. In meine Richtung!

„Wir bekommen dich!“

„Sam? Wir sollten sie glaub ich nicht umbringen“, flüsterte Maik Angst erfüllt.

Das Messer in dem Vorhang blieb einen Meter von mir stehen.

Ich atmete erleichtert aus.

Sam lachte höhnisch und zog das Messer aus dem Vorhang.

„Na und? Was kann sie schon bringen?!“

„Aber, Sam…“

„KLAPPE DU WICHT!“

Stille.

„Na geht doch“, meinte Sam zufrieden und entsetzt registrierte ich, dass sie wieder kurz davor war, weiter zu schlitzen…direkt auf meinem Hals.

Ich ging langsam in die Hocke, merkte aber zu meinem Nachteil, dass sich dadurch der Vorhang wölbte.

Sam stand nun direkt vor mir, dass Messer kurz davor in mich hinein zu rammen.

„Lass mich los Maik!“, fauchte sie.

Und das war meine Chance.

Ich trat mit voller Wucht auf Sam.

Ein Schrei und ein Knacken. Gewaltsam hörte ich sie über den Boden schlittern.

Ich hastete aus dem Vorhang.

Maik stand erstarrt vor dem Vorhang, schien nicht zu registrieren, was hier gerade vor sich ging.

Sam seltsam verkrüppelt auf dem Boden, dass Messer, verschwunden.

Eilig versuchte ich den Raum nach dem Messer abzusuchen, wurde aber durch Sams bestialisches Fauchen unterbrochen.

Sie erhob sich langsam, spuckte Blut. Ihr hübsches Gesicht vor Wut verzerrt.

„DU!“, schrie sie mir entgegen. Automatisch wich ich einen Schritt zurück.

„Maik such das Messer! Während dessen kümmere ich mich um dieses kleine Problemchen“, zischte Sam und kam auch schon auf mich zu gerannt.

Hitze stieg in mir auf, gemischt mit Adrenalin Panik und Angst.

Ich fühlte mich wie ein in die enge getriebenes Tier.

Doch mir blieb keine Zeit zum Denken. Ich versuchte vor Sam zu entkommen und wich ihr aus, bevor sie mich hätte umreißen können.

Ihr animalisches Wutgebrüll machte mir tierische Angst und ich hetzte weiter.

Sie war schnell. Viel schneller als ich.

Ein kreischen ihrerseits und dann spürte ich schon ihr Gewicht in meinem Rücken.

Wir krachten gemeinsam auf den Boden. Sie auf mir drauf.

Benommen wollte ich mich wehren, wurde aber von ihr auf den Boden gehalten.

„Dachtest wohl, dass du mir entkommen könntest“, sagte sie lachend, „nun gehörst du mir.“

Sie packte meinen Kopf und schlug ihn auf den Boden.

Jaulend wand ich mich. Schrie meinen Schmerz hinaus als brennend heißer Schmerz meinen Kopf peinigte.

Blut befleckte den Boden. Sie packte meinen Arm und fing an ihn in eine abstrakte Weise von meinem Körper zu drehen.

Ich schrie und schmiss sie in einem hohen Bogen von mir runter. Zorn beherrschte mich.

Sie wurde gegen eine Wand geschleudert und ich stand zitternd auf und sprintete zu ihr hin.

Sie richtete sich langsam auf und wollte gerade den Kopf heben, als ich sie gewaltsam gegen die Wand schubste.

Sie keuchte, irgendetwas knackte. Ich schlug ihr mit der Faust ins Gesicht.

Sie sackte nach unten. Blut strömte aus ihrer Nase, Mordlust stand in ihren Augen.

Bevor ich auch nur nach ihr treten konnte, spürte ich einen segnenden Schmerz.

Ich gab ein Ohrenbetäubendes Schreien von mir, dass man sicherlich auch noch unten gehört hatte.

Ich spürte das Blut das mein Linkes Schulterblatt hinunter lief.

Langsam drehte ich mich um. Maik stand zitternde und leichenblass hinter mir.

Das Blutdurchtränkte Messer in seinen bebenden Händen.

Entsetzt sah er mich an und ließ das Messer fallen, dass mit einem lauten Krachen auf dem Boden aufkam.

„So weit ist es also schon gekommen“, flüsterte ich.

In Maiks vor Schock geweiteten Augen erkannte ich die Reue.

„Lauf“, flüsterte ich, „lauf bevor ich es mir anders überlege.“

Angsterfüllt wich er erst ein paar Schritte zurück, bevor er sich ganz umdrehte und weg rannte.

Erst jetzt nahm ich den Lärm von unten war.

Schreie, Schüsse.

Wer immer hier war, würde bald auch in diesen Raum finden.

„Eine kleine Bewegung und ich schlitze dir die Kehle auf, Miststück“, hauchte mir Sam ins Ohr, während sie mir das Messer an die Kehle drückte.

Der Krach von unten näherte sich langsam diesen Saal.

„Was willst du eigentlich von mir?“

Sie lachte, wobei es eher an ein gurgeln erinnerte, da ihr das ganze Blut in den Mund strömte.

„Deinen Tod. Ich hasse es wie die ganze Aufmerksamkeit immer auf die liegt. Oh Nimoe hier, oh Nimoe da“, zischte sie, „das kotzt mich an!“

„Weißt du, Früher war ich hier hoch angesehen. Ich war die Frau an Stephanos Seite. Und dann, urplötzlich brauchte er mich nur noch zum Zweck! Und diesen Zweck kann er sich sonst wohin stecken, denn ich werde mich nicht mehr ausnutzen lassen! Wofür er dich auch immer haben will, ich werde seine Pläne zerstören!“

Ich schluckte.

Meine Schulter brannte, mein Körper war müde.

„Weißt du, würde ich dich nicht so sehr hassen, wären wir vielleicht sogar Freunde geworden aber leider-“, sie würde jäh unterbrochen als die Tür in tausende Splitter explodierte.

Durch die Druckwelle, wurde ich weg von Sam an die Wand geschleudert, während sie weniger Glück hatte.

Mit einem Schrei, fiel sie aus den zerplatzten Fenstern, die sich über die ganze Wand erstreckten.

 

„Ach Nimoe! So sieht man sich also wieder“, hörte ich eine Stimme, tief hinten in meinem Kopf.

Ich realisierte sie nicht sofort, da ich erst noch zu verstehen hatte, dass Sam soeben für immer von dieser Welt verschwunden war.

Langsam drehte ich meinen Kopf, von dem das Blut herunter tropfte.

Beatrice stand vor der vollkommenen zerstörten Tür, umgeben von ihren Männern.

„Ich bin nicht sehr angetan von dir, nur so, dass du es weißt.“

Ich blickte sie verwirrt an. Meine Augen wurden größer, als ich verstand.

Sie wird mich vielleicht umbringen…aber warum?

Doch ehe jemand von uns hätte irgendetwas tun können, sagte eine angenehm raue Stimme: „Ich von dir auch nicht Beatrice.“

Entsetzt drehte sie sich um und auch ich suchte nach dem Sprecher.

Es war ein großer Mann.

Er trug zerrissene Kleidung und war verkrustet mit Dreck. Doch selbst dann konnte man seine Schönheit erkennen.

„Alessio?!“, kreischte Beatrice.

Und dann fiel ein Schuss.

 

Das war zu viel für mich. Viel zu viel.

Ich rannte und rannte, über zertrümmerte Möbel und Blut überströmte Leichen.

Als Beatrice tot umgefallen war, war ich aus dem Raum gerannt.

Die Schießerei die jetzt oben daraufhin stattfand, trieb mir die Tränen in die Augen.

Ich wusste nicht mehr wohin ich rannte, nur raus aus diesem furchtbaren Gebäude.

Keine Menschenseele befand sich noch hier. Schien so, als ob Betarices Männer gute Arbeit geleistet hatten. Das ehemalige schön eingerichtete Rathaus war nur noch ein einziges Schlachtfeld aus Trümmern und Verwüstung.

„Verdammt!“, fluchte ich, als ich überhaupt keine Ahnung hatte, wo ich mich befand.

Ich werde hier nie raus finden!

Tränen der Verzweiflung stiegen mir in die Augen und ich ließ mich auf den Boden sinken, versuchte mich zu sammeln.

Tief einatmen. Und ausatmen.

Langsam hob ich den Kopf…und erstarrte.

Stephano lag weiter hinten in einem Scherbenhaufen.

Blut sickerte aus verschiedensten Wunden.

Verkrampft erhob ich mich. Schritt quälend langsam auf den Körper eines Mannes zu, den ich bis vor kurzem noch selbst umbringen wollte.

Der Kampf näherte sich wirklich seinem Ende.

Ich ging in die Hocke, schaute ihm ins Gesicht.

Er war tot.

Ich wusste nicht, ob mich das erleichtern sollte oder nicht, denn das einzige was ich empfand war eine gähnende Leere.

Ich wollte schon weiter gehen, als ich etwas unter ihm schimmern sah.

Ich blickte genauer hin und zog die Luft ein.

Es war die Schatulle.

Noitas Perle.

Meine Erlösung.

 

Keuchend ließ ich mich auf den Boden plumpsen.

Es hatte einige Zeit gebraucht, bis ich Stephanos Leichnam von der Schatulle herunter bekommen hatte, doch nun stand sie vor mir.

Stephanos Blut befleckte sie etwas, was ihr eine noch gruseligere Aura verlieh.

Langsam, ja fast ehrfurchtsvoll öffnete ich den Deckel und hielt die Luft an.

Ich wusste nicht, was genau ich erwartet habe, aber auf jeden Fall nicht…das hier.

Die Schatulle war von innen mit rotem Polster ausgestattet. Und mit auf dem Polster lag eine schwarze Perle. Sie schimmerte und ich bemerkte, dass ich sie seltsam faszinierend fand.

Die Perle hatte vielleicht einen Durchmesser von einer gewöhnlichen Münze, aber trotzdem strahlte sie Macht und Einfluss aus.

Ganz sachte, als ob ich sie auch nur mit der kleinsten Berührung zerstören konnte, fasste ich sie an.

Eine Macht durchströmte mich. Belebte mich. Mein Brustkorb fing an zu Leuchten, genau an der Stelle wo sich meine Perle befand. Erschrocken ließ ich die Perle wieder los und die Magie verschwand als ob sie nie da gewesen war.

„Weißt du, dass du eigentlich was ganz besonderes bist“, flüsterte jemand mit rauer Stimme.

Ruckartig hob ich den Kopf.

Ray trat aus dem Schatten und sah mir tief in die Augen.

Sein Muskulöser Körper war zerkratzt und seine schwarzen Haare standen wirr in alle Richtungen ab.

Sein perfekter Mund lächelte nicht und seine Wimpern warfen lange Schatten auf seine Wangen.

Ein Tattoo zierte seinen Oberkörper.

Es war ein Spruch.

Auf der Suche nach mir selbst, nach meinem

Eigenen Ich, fand ich den Menschen,

der mir helfen wird, mich selbst zu verstehen,

und der mich trotzdem mein Leben leben lässt.

 

Auf seinem Oberarm stand:

Schicksal ist, wenn sich zwei Menschen gefunden haben,

die sich nie gesucht haben.

„Seit wann hast du Tattoos“, flüsterte ich und riss meinen Blick von seinem Oberkörper los.

„Seit ich dich kenne.“

„Ja ist klar! Was soll das?! Reicht es dir nicht, mich schon völlig zerstört zu haben?!“

Er wirkte betroffen und verletzt.

„Nimoe-“

„Lass es gut sein Ray! Ich weiß zwar nicht welche Ziele du verfolgst, aber mich kannst du vergessen!“

„Und wenn es nicht geht“, flüsterte er, „wenn ich dich nicht vergessen kann?“

Es schmerzte. Es tat so höllisch weh.

„Hör auf!“, schrie ich, schloss die Augen und presste mir die Handflächen auf die Ohren.

Ich wollte das alles nicht hören. Seine Lügen. Ich glaubte ihm nicht.

Ich musste an unser erstes Gespräch denken und mir flossen die Tränen über die Wangen.

Im Klassenraum, wo wir uns angezickt hatten und der Lehrer uns nachsitzen aufbrummen wollte.

Oder als ich Dons Drogen geklaut hatte und er mich laufen ließ.

Als ich das erste Mal seine Lippen auf meine spürte.

Das Loch in mir drohte mich zu verschlingen.

Plötzlich spürte ich zwei starke Arme die mich an eine breite Brust drückten.

Und ich ließ es einfach geschehen. Heulte mich an dem aus, der für meine Tränen verantwortlich ist.

„Ich wollte das nie Nimoe“, hauchte er unendlich traurig.

Ich sah ihn an. Blickte ihn zwischen verquollenen Augen an.

„Warum hast du mir das angetan?“

„Es war nichts gelogen Nimoe! NICHTS!“

„Und warum hat Stephano das dann behauptet?!“

„Weil er dich verletzten wollte verdammt! Hätte ich etwas dagegen gesagt, hätte er Noita gerufen und die hätte uns beide mit einem Fingerschnippen ausgelöscht!“

Ich blickte ihn an. In seinen Augen stand die pure Verzweiflung.

„Heißt das, dass du was für mich empfindest?“, fragte ich kleinlaut.

„Verdammt ja!“

„Oh“

„OH?!“

„Ja oh!“

„Hast du nicht mehr dazu zu sagen?!“

„Wie du siehst nicht!“

„Nur oh!“

„Was willst du von mir man?!“

„NUR OH?! Da sage ich das erste mal in meinem Leben ein Mädchen, dass ich was für sie empfinde und das einzige was ich zu hören bekomme ist: Oh?!“

„Ich bin halt ne Herausforderung!“

„Du bist anstrengend!“

„Tzzz. Ist ja wohl nicht meine Schuld, wenn du dich in eine anstrengende verfluchte Ziege verliebt hast!“

„Das mit der Ziege ist mir neu.“

„Ach leck mich doch!“

„Liebend gern!“

„Perversling!“

„Ach halt doch einfach den Mund“, flüsterte er und drückte seine Lippen hart auf meine.

Es fühlte sich jedes Mal wie ein Weltwunder an Ray zu küssen.

Schmetterlinge flogen umher, Hitze schoss einem ins Gesicht und alles andere war vergessen.

Atemlos lösten wir uns voneinander.

„Heute wird alles entschieden“, meinte Ray mit rauer Stimme, „Heute wird sich entscheiden, ob wir lebend hier raus kommen oder nicht.“

 

„Du hast die Perle?“

Ich nickte entschlossen.

Die Straßen waren Blut verschmiert, Leichen zierten sie und Rauch verpestete die Luft.

Ich versuchte nicht allzu sehr hinzugucken während wir durch Darkness liefen.

„Warum kommt Noita überhaupt hier hin?“, flüsterte ich in die Dunkelheit.

„Weil sie und Stephano sich für eine Lagebesprechung treffen wollten.“

„Und warum machen sie das nicht in ihrer stinkenden Hütte?“

Ray lachte.

„Weil sie die Lage hier einschätzen muss und das geht nun mal nicht in ihrer stinkenden Hütte.“

„Wann ist das hier eigentlich endlich zu Ende?“

„Der Kampf? Erst wenn sie sich alle gegenseitig abgeschlachtet haben oder Noita tot ist.“

„Hoffen wir auf das letztere.“

„Ja hoffen wir es.“

 

Ich weiß nicht was ich gedacht habe, wo das Treffen stattfinden sollte.

Vielleicht ein altes Lagerhaus? Eine verlassene Garage? Ein Friedhof?

Alles. Aber nicht das!

Es war die Wiese. Meine Wiese.

Die Wiese die mich mit so vielen alten Erinnerungen konfrontierte, dass ich wünschte die Zukunft wäre nie gekommen.

Die Wiese auf der es Mandy das letzte Mal noch gut ging…

Grob verwischte ich die Vergangenheit. Es kam mir vor, als wären Jahre vergangen, nicht Wochen.

Ray und ich gingen genau zu der Stelle an der ich immer mit meinen früheren Freunden gesessen hab.

„Warum genau dieser Ort?“, flüsterte ich während wir warteten.

Ray zuckte mit den Schultern und ließ sich ins Gras fallen.

„Ich weiß nicht warum ausgerechnet eine normale Wiese. Keine Ahnung.“

„Das hier ist keine normale Wiese“, sagte ich und Ray sah mich verwundert an.

Es war Stockdunkel. Nur der Vollmond schien hell herunter und die Sterne waren quer bis über den Horizont verteilt.

Seine Grünen Augen schienen zu leuchten.

„Das ist die Wiese auf der ich jeden Tag mit meinen Freunden war. Es war anders hier. Die Welt meine ich. Tja, und jetzt hat sich wohl alles verändert“, ich lacht freudlos.

„Ich habe da eine böse Vorahnung.“

„Was meinst du?“, fragt ich, doch bevor er antworten konnte, vernahmen wir lautes knacken und Krachen.

Erschrocken sprangen wir auf.

Der Baum, an dem wir gelehnt hatten wurde erschüttert.

Unter lauten knarzen und ätzen des Baumes löste sich etwas vom Rumpf.

Eine Gestalt die gerade eben noch Teil des Holzes war trat hervor.

Noita. Sie schüttelte ihr langes Rabenschwarzes Haar, wobei vereinzelte Ästchen und Blätter auf den Boden fielen.

„Diese Welt sieht ja noch genauso hässlich aus wie vor hundert Jahren.“

Ich starrte sie an. Sie schaute uns an.

„Wo ist Stephano? Und was macht ihr beiden eigentlich hier?“, ihre Stimme brodelte.

Sie schien was zu ahnen.

Wie hatte ich mir das hier eigentlich vorgestellt?

Was wollte ich überhaupt?

„Tot“, sagte Ray.

Sie schaute uns Böse an.

„Woher wisst ihr beiden kleinen Ratten von diesem Treffen?!“, fauchte sie.

„Von Stephano. Er war so nett es mir vor seinem Ableben zu erzählen.“

Ich starrte Ray an. ER hatte Stephano umgebracht?!

„Warum hast du das getan?!“

„Du scheinst nicht so gut auf den Stand zu sein, Großmutter. Er war gegen dich.“

Noita lachte. Ein böses dreckiges Lachen.

„Wie naiv du bist. Glaubst du wirklich, dass ich das nicht gewusst habe?“, sie lachte und ich starrte Ray panisch an. Das hier lief gar nicht gut.

Plötzlich hielt sie inne. Ihr Gesicht eine Maske des Zorns.

„Von euch weiß ich übrigens auch. Eure dumme Liebe.“

Ray erstarrte. Mein Herz blieb stehen.

„Und glaubt ja nicht, dass ihr das hier lebend überstehen werdet. Auf jeden Fall, beide von euch.“

Die Welt schien aufgehört haben sich zu drehen. Die Zeit gefror.

„Glaubt ihr wirklich, dass mir das entgangen wäre? Das ihr glücklich hättet werden können?“, sie lachte höhnisch, „niemand besiegt mich! NIEMAND!“

Panik stieg in mir hervor. Und nebenbei registrierte ich, dass meine Perlenkraft sehr stark war, wenn man bedachte, dass meine Wunde an der Schulter schon geheilt war.

Sie lachte erneut und schaute mich starr an.

„Bis gleich Nimoe“, sagte sie und ich erstarrte. Was meinte sie?

Plötzlich wurde ich aus dieser Welt gerissen. Ich schrie. Ray brüllte meinen Namen, doch es war schon zu spät. Ich sah meine eigene Todesvision:

Ich hatte die Perle geschluckt und wollte Noita bezwingen, als Rache dafür, dass sie mir Ray nahm.

Ray…meine einzig wahre Liebe. Tot.

Doch bevor ich mit meinem Messer sie töten konnte brach ich zusammen.

„Tja kleine. Ohne Ray, ist auch deine Kraft entschwunden. Warum glaubst du wohl, warst du so stark? Einzig eure Liebe hat euch dazu gemacht. Und jetzt wo er tot ist, ist diese Kraft verschwunden.“

Sie hob mein Messer hoch und sah mir in die Augen.

„Das war es dann wohl mit der Kleinen Kämpferin“, sagte sie leise lachend und ließ das Messer auf mich nieder sausen.

 

Schreiend wachte ich wieder auf.

Ich fühlte mich wie eine Ertrinkende, die endlich zurück an die Oberfläche gefunden hatte.

Luft schnappend lag ich auf den Boden.

Tränen strömten über mein Gesicht.

„Na na“, meinte eine Stimme und tätschelte meinen Kopf.

Ich hob ihn an. Noita stand vor mir, Lächelnd.

„Wo ist Ray?!“, fauchte ich.

Sie lachte und zeigte hinter sich.

An einem Baum gefesselt stand Ray. Offensichtlich Ohnmächtig.

„Was haben Sie mit ihm gemacht?!“, brüllte ich.

„Ich? Nicht viel. Ihm nur das Gefühl gegeben, wie es ist, dich zu verlieren.“

Ich erstarrte.

„Sie sind grausam.“

„Danke.“

„Was wollen Sie von mir?“

Der Mond ließ ihr Gesicht besonders schauerlich wirken.

„Nur, dass du ihn umbringst.“

„WAS?!“

Mein Schrei hallte über das Feld.

„Bring ihn um!“

Der Befehl zog an mir.

„Nein!“

„Tu es!“

Er zerriss mich, wollte mich aus meinem Körper werfen.

„NEIN!“

„Nimoe White! Ich verlange von dir Ray Black umzubringen!“

Stück für Stück, verlor ich meinen Willen.

NEIN! Denk an das erste Mal, indem du bemerkt hast was du für ihn empfindest!

Seine wunderschönen Grünen Augen!

Zitternd ging ich zu Boden.

„Nein“, flüsterte ich unter Krämpfen geschüttelt.

„SOFORT!“

Der Befehl durchbrach meine Mauern, drang in mein Bewusstsein ein.

Weit entfernt schrie jemand: „Nimoe!“

Doch ich nahm es nicht war.

Ray Black umbringen.

Das war das einzige was ich noch dachte, denken konnte.

Ich schritt auf ihn zu.

Er war hübsch. Vermutlich war er ein Mädchenschwarm.

Tja, dass würde sich jetzt wohl ändern.

Wer hatte dieser Ray wohl gelebt?

Der Befehl wiederholte sich in meinem Kopf.

Ich stand nun direkt vor ihm. Etwas in mir reagierte auf ihn. Doch warum?

Ich kannte ihn doch gar nicht?

Leicht strich ich ihn über das Gesicht, verwirrt über das Gefühl in meinem Bauch.

Seine weichen Haare hatten einen schönen blauen Schimmer.

Sacht nahm ich eine in die Hand. Warum fühlte ich mich so sehr verbunden mit dieser Person.

Hinter mir ertönte Lärm, doch ich kümmerte mich nicht drum.

„JETZT!“, schrie Noita und der Befehl explodierte in meinem Kopf.

Langsam glitten meine Hände zu seinem schönen Hals.

Ich sah ihn noch einmal an. Schade eigentlich, dass er die Augen geschlossen hatte.

Ich hätte gerne gesehen, welche Augenfarbe er besaß.

Sanft drückte ich zu, während ich fasziniert seinen Lippenpiercing betrachtete.

Meine Hände drückten weiter zu, schienen gar nicht zu bemerken, dass sie dabei waren einem das Leben zu nehmen.

Urplötzlich erstrahlten Giftgrüne Augen.

Erschrocken fiel ich rückwärts ins Gras.

Töte Ray Black!

Langsam stand ich wieder auf. Diese Augen…

Meine Hände suchten sich wieder ihren Weg über seinen Körper zum Hals.

„Hey Nimoe“, meinte der wunderschöne Junge und ich hielt kurz inne, verweilte mit meinen Händen an seiner Brust.

„Wer bist du? Und wer ist Nimoe?“, antwortete ich.

Er sah mich gequält an.

„Warum willst du mich umbringen?“

Entsetzt wich ich wieder zurück.

„Ich will dich doch nicht umbringen!“

Er lächelte leicht und automatisch musste ich auch lächeln.

„Doch, denn sobald du deine Hände um meinen Hals legst bringst du mich um.“

Ra Black umringen!

Der Befehl nistete sich wieder tief in mir ein.

Ich schritt entschlossen auf den Jungen zu, darauf bedacht, nicht in seine Augen zu gucken.

Meine Hände fanden Selbstständig den Weg zu seinem Hals und schlossen sich drum, drückten zu.

Er röchelte.

„Nimoe White. Ich liebe dich.“

Mein Herz begann zu rasen und ich blickte überrascht hoch.

Der Körper erschlaffte und ich sah wie die wunderschönen Augen zu fielen.

Für immer.

Ich durchbrach den Befehl. Wurde zurück in meinen Körper gezogen.

„Nein“, hauchte ich, Tränen nahmen mir die Sicht.

Ich fiel zu Boden, zu Füßen des Leichnams meiner einzigen großen Liebe.

Lärm drang zu mir herüber und langsam drehte ich mich um.

Entsetzt schlug ich mir die Hand vor dem Mund.

Grace kämpfte gegen jemanden, den ich noch nie zuvor gesehen hatte.

Es war ein Wasserstoff Blonder Junge, Groß und Bleich.

Er war viel schneller und Stärker als Grace, erwischte sie an vielen verschiedenen Stellen mit der Faust.

Jordan und den Mann dem ich in dem Rathaus begegnet war, versuchten Noita zu bezwingen, die darüber nur lachte.

Sie tauchte mal hier, mal da auf.

Entschlossen stand ich auf. Das hier, muss ein Ende haben!

Ich griff in meine Tasche und holte die kleine Perle hieraus.

Sie leuchtete im Mondlicht.

Ich warf einen Blick über die Schulter zu Ray und nahm die Perle in den Mund.

Mein Körper schien sich gegen den Wiederstand wehren zu wollen, doch tapfer schluckte ich sie herunter.

Meine Totenperle leuchtete im gleißenden Licht auf.

Ich fasste in meine Hintere Hosentasche und holte das Messer heraus, das Sam gehabt hatte.

Klappte es auf. Grace zitterte vor Anstrengung, Schweiß bedeckte ihren Körper und sie blutete aus verschiedensten Stellen ihres Körpers.

Selbstsicher ging ich zu meinen Freunden und Feinden herüber.

Niemand behandelt so meine Freunde!

Jordan wurde gerade von einem kleinen Dolch von Noita gestochen.

Ich kochte vor Wut.

Nur noch wenige Schritte trennten mich vor dem Ende.

Ich war ganz ruhig.

Das Messer leuchtete im Mondlicht auf.

Es ist nicht so wie damals, als ich nicht den Mut aufbrachte, meinen Vater umzubringen, als alle mich brauchten.

Es war jetzt anders. Ich war anders. Verändert durch die vergangenen Wochen, wusste ich was ich wirklich im Leben tun musste.

Ich holte aus. Und stach Noita direkt von hinten ins Herz.

„Für Ray!“, zischte ich.

Ihre Perle flammte in mir auf, drohte mich von innen zu Verbrennen.

Ich leuchtete.

„NEIN!“, schrie der mir unbekannte Junge.

Mir knickten die Knie weg. Es schien als wurde mir mit einem Schlag meine ganze Kraft geraubt.

Das letzte, dass ich noch wahr nahm war, wie Noitas Dolch durch die Luft zischte direkt auf Grace zu und sich der Mann namens Alessio, dazwischen warf.

Noita wollte mit aller letzten Kraft einer meiner Freunde umbringen und hatte stattdessen ihren Vater getroffen.

Ich fiel zu Boden und schloss die Augen. Ray war tot.

„Stirb du Drecksratte Thyson. Du wirst niemals der nächste Königsperlenträger werden!“

 

The Last Chapter

 

Die Rosenblätter wehten im Wind und das saftige Grün der Wiese strahlte mit der Sonne um die Wette, die so hell am blauen Himmel leuchtete.

Das Wetter war wunderschön, doch dafür hatte die Braut kein Auge.

Seufzend drehte ich mich vom Fenster weg, um meiner geliebten Freundin beizustehen.

Nervös stand sie vor dem bodenlangen Spiegel und betrachtete sich zweifelnd.

Ihr weißes Brautkleid stand ihr unglaublich gut. Sie sah umwerfend aus, doch ihr dies jetzt zum hundertsten Mal zu sagen, würde an ihren Selbstzweifeln auch nichts ändern.

"Ich sehe fett aus! Er wird mich hässlich finden!", brach sie schon wieder in Selbstmitleid aus.

"Du siehst unverbesserlich aus, meine Hübsche, und das weißt du auch."

"Ja. Unverbesserlich fett!"

Erneut seufzend schritt ich zu ihr hinüber und versuchte, nicht auf meinen hohen Schuhen hinzufallen.

"Süße", sagte ich und nahm ihre Hände in meine, "er fand dich auch wunderschön, als du blutend, verdreckt, verschwitzt und völlig am Ende warst. Jordan liebt dich vom ganzen Herzen und heute ist euer Tag. Er soll unvergesslich werden, denn es ist euer gemeinsamer Schritt. Und du bist nicht fett, nur hochschwanger. Du liebst Jordan, Jordan liebt dich. Also, wo liegt das Problem, Grace?"

Ich sah, wie die Verzweiflung aus Graces Augen wich und einer Entschlossenheit Platz machte, die ich nur von ihr kannte.

"Du hast Recht", sagte sie und reckte ihr Kinn, "ich werde die schönste Braut sein, die es je gegeben hat. Danke, dass du immer für mich da bist, Nimoe. Was würde ich wohl ohne dich machen?"

Ich lachte und sie grinste.

"Und ich dachte, ich sei diejenige, die dich immer bräuchte", meinte ich und schüttelte belustigt den Kopf.

"Pah! Brauchst du ja auch! Aber lass mich doch wenigstens an meinem Hochzeitstag von dir abhängig sein ... na ja, das war ich eh schon immer ... Mist."

"Tja, verraten", neckte ich sie und sie lächelte.

Ihr Brautkleid raschelte, als sie sich zur Tür umdrehte.

Es hatte geklopft.

"Oh Gott, wenn du es bist Jordan, dann -"

"Nein. Ich bin's, Ray. Jordan hält sich schön an die Regeln und läuft nervös draußen auf und ab."

Als ich seine Stimme hörte, hüpfte mein Herz und ich lächelte automatisch.

"Ray! Du darfst auch nicht reinkommen!", meinte Grace und schaute böse die Tür an, die sich gerade noch öffnen wollte.

"Darf man denn hier nicht mal seine Verlobte sehen?"

"Nein! Nimoe ist jetzt für mich reserviert! Nach der Hochzeit kannst du sie wieder ganz in Beschlag nehmen!"

Glücklich blickte ich auf meinen wunderschönen Verlobungsring, der meine linke Hand zierte.

Ich konnte es immer noch nicht glauben, dass Ray mir ihn an den Finger geschoben hatte, während er auf die Knie gegangen war.

Nie hätte ich mir träumen lassen, dass er an so einem traditionellen Kitsch so viel Anklang finden würde.

Doch meine Gestotterte, als ich seinen Heiratsantrag annahm, war auch dieses typische Lovestorygefasel gewesen.

Und ich dachte, wir seien kreativer.

Ich lachte.

"Och komm schon, Grace! Das kannst du mir nicht antun!"

"Und wie ich das kann!"

"Aber Grace -"

"Wenn du so weiter machst, lade ich dich nicht zu meinem 26. Geburtstag ein!"

"Na und? Das hast du eh schon getan."

"Dann lade ich dich eben aus und die arme Nimoe muss ohne Begleitung hin!"

Murrend erklang die Stimme meines Verlobten durch die Tür.

"Das ist echt ungerecht!"

"Tja ... und nun verschwinde."

Die Schritte entfernten sich und ich schaute Grace an.

"Du weißt schon, dass er jetzt erst Mal beleidigt ist, oder?"

Sie winkte ab.

"Ach, soll er doch."

Ich verdrehte die Augen und blickte mich selbst im Spiegel an.

Meine Augen strahlten glücklich, mein braunes Haar floss mir in leichten Wellen den Rücken hinunter.

Mein dezent geschminktes Gesicht zeigte fröhliche Züge und ich musste zugeben, dass mir das rote Brautjungfernkleid, in welches Grace mich genötigt hatte, außerordentlich gut stand.

Selbst die Narben an meinem Unterarm fielen nicht auf, wenn man nicht genau hinsah.

Das war die Vergangenheit. Meine Vergangenheit.

"Du bist auch froh, dass sich alles zum Guten gewendet hat, oder?", flüsterte Grace, während sie hinter mir stand und mich ebenfalls betrachtete.

Ich zuckte mit den Schultern.

"Warum sollte ich nicht? Wir haben viel durchgemacht und es heil überstanden. Dass unser Leben so perfekt laufen würde, hätte ich nie gedacht, aber es ist gut so. Ich bin glücklich wie noch nie, genauso wie du."

Sie legte die Arme von hinten um mich und stützte ihren Kopf auf meine Schulter.

"Ich hab dich echt verdammt lieb, Nimoe."

"Das weiß ich doch Grace. Ich dich auch."

Einen Moment blieb es still.

Nur wir, die gemeinsam in einer durchlebten Vergangenheit weilten und der Spiegel, der unser jetziges Leben wiederspiegelte.

"Ich hab nur mal gehört, dass man einem Menschen so oft wie möglich sagen sollte, dass du ihn liebst, denn du weißt nie, wann die letzte Gelegenheit dazu ist."

"Das hört sich so entmutigend an."

"Nein, hört es nicht. Es ist nur der Beweis dafür, dass man einander wichtig ist."

Wir ließen uns erst los, als es soweit war.

Soweit war, dass Grace das Podest betreten konnte, um ihre wahre Liebe zu heiraten.

 

Die Sonne ging langsam unter und die letzten noch verbliebenen Sonnenstrahlen wärmten unsere Haut.

Die Musik klang leise bis zu uns und ich kuschelte mich noch enger an Ray, als der kalte Wind uns umfasste.

Grace und Jordan saßen uns gegenüber, versunken ineinander und froh, dass sie eine Gelegenheit hatten, die Tanzfläche endlich verlassen zu dürfen.

Die anderen Gäste feierten ausgelassen, während wir weiter hinten auf zwei Bänken in dem großen Rosengarten saßen und dem Zirpen der Grillen lauschten.

Grace hatte sich umgezogen und lag nun müde in Jordans Armen, der ihr sanft über den Kopf strich.

"Habt ihr eigentlich schon Namen für die Zwillinge?", unterbrach ich die Stille und Jordan lächelte mich leicht an.

"Oh ja. Und es war gar nicht mal so ein Kampf, wie ich ihn mir vorgestellt hatte", er lachte und legte seine Hand auf Graces kugelrunden Bauch.

"Alessio, nach Graces Vater, und Joella."

Ich schaute ihn überrascht an.

"Joella?"

Er lachte ebenfalls und versuchte dabei, die schlafende Grace nicht zu wecken.

"Ja. Wir bekommen ein Mädchen und einen Jungen. Und wir wollten auch einen nach Joel benennen. Tja, so haben wir einfach einen Mädchennamen draus gemacht. Na ja ... eher Grace."

Ich lächelte leicht und Ray nahm mich fester in den Arm.

"Ich liebe dich, Nimoe."

"Ich liebe dich auch, Ray", flüsterte ich zurück und gab ihm einen liebevollen Kuss, den er sofort erwiderte.

Meine Welt war nun so, wie sie sich jeder wünschte.

Dankend blickte ich ins Himmelszelt, das nun von vielen leuchtenden Sternen erfüllt war.

Es war ein langer und harter Weg, voller Schicksalsschlägen, den ich beschritten hatte.

Aber ich hatte ihn beschritte und erfolgreich gemeistert.

Denn ich hatte Freunde, denen ich mein Leben anvertrauen würde, einen Mann, den ich über alles liebte und ein Leben, für das es sich zu leben lohnte.

Grace und ich hatten viel durchgemacht, doch eins war uns immer erhalten geblieben:

Unsere Freundschaft, die wertvoller war, als alle Schätze dieser Welt.

Sie hatte immer zu mir gehalten, immer zu mir gestanden und alles für mich getan, um mir zu helfen.

Jede Freundschaft ist einzigartig in ihrem Kern, da jeder Mensch anders ist.

Doch ich darf sagen, dass das zwischen mir und Grace etwas Besonderes ist.

Es ist eine tiefe Verbundenheit, die ewig halten wird.

Genau, wie meine Liebe zu Ray, die andauern wird, bis das der Tod uns trennt.

Und selbst dort, so weiß ich von Joel, werde ich ihn weiter lieben.

Ich hatte alles was man sich je wünschen konnte, doch das Wichtigste war, ich hatte mir selbst verziehen. Joel war mit Madelaine glücklich und war froh, dass alles schließlich so gekommen war. Selbst wenn er gestorben war.

Ich war einer der glücklichsten Menschen auf dieser Erde und würde es auch immer bleiben, selbst wenn ich Tod wäre.

 

Denn niemand konnte dieses Glück zerstören.

Impressum

Texte: alle Rechte liegen bei mir
Bildmaterialien: Das Cover ist von blueberrybumbi :D
Tag der Veröffentlichung: 10.04.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme das Buch meiner Freundin Lisa, weil sie mir immer wieder bewusst macht, wie verrückt ich bin und in jeder Situation zu mir steht! Außerdem hab ich sie verdammt lieb :)

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