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Kann es sein, dass der Mond in der Nacht ganz verschwindet, dass er sich einfach in die Sonne kuschelt oder sogar vor ihr weit weg flüchtet? Mir kommt es fast so vor, wenn ich an meine letzte Nacht voller Träume mich erinnere, soweit man das kann. Denn wer könnte sich schon an all seine Träume der Nacht ganz erinnern? Das gelänge keinem. Nein. Aber ich erinnere mich, es muss gewesen sein, kurz bevor ich aufwachte, dass mir der Mond verschwand oder besser, dass ich irgendwie die Fantasie gewinnen sollte, er würde gerade verschwinden, oder nein, besser noch, er wäre verschwunden. Ja, irgendwer fragte mich, wie wachrüttelnd, wo denn der Mond geblieben sei. Und diese obskure Frage rüttelte mich, bis ich tatsächlich wach wurde. Und ich blickte erstaunt aus dem Fenster. Nein, da war kein Mond, ich sah keinen. Kann ja vorkommen, klar. Aber gerade zur gleichen Zeit, wenn ich so was träumte, dann doch nicht. Wollte man mir beweisen, dass es keine Zufälle gäbe oder was? Ich musste aufstehen und genauer ans Himmelsfirmament kucken. Nein, nichts, kein Mond. Kann denn so was möglich sein?, fragte ich mich. Eine Finsternis, etwa sogar? Ich schaute in der Zeitung nach. Nein, nichts. Im Internet? Nichts. Ich kramte nach einem Mondkalender. Aber auch darin nichts. Ich fragte bei Freunden und Kollegen nach, doch die wussten auch nichts, taten, als sei es ihnen auch egal. Ich wollte fast aufgeben, verschob das Ganze auf den nächsten Abend oder die Nacht. Als es endlich dunkel wurde, war ich wie ruhelos, blickte an den Sternenhimmel. Aber nein, da war kein Mond zu sehen. Wie konnte so was sein? Wunderte ich mich. Unmöglich! Das frappierte mich derart, dass ich erst nach Mitternacht einschlafen konnte. Aber ich träumte dann nicht vom Mond, nein, ich träumte von Gerüchen, die ich nie hätte riechen können, und dann träumte ich von Musik, die doch aber keine Töne von sich gab. Ich wunderte mich noch mehr, als ich am Morgen aufwachte. Spinnen denn meine Sinne jetzt vollends? So ein Kram. Ich wollte jetzt gar nichts mehr von meinen Träumen wissen, nein. Frühstückte hastig und musste, wie fluchtartig die Wohnung verlassen, als wollte mich irgendetwas treiben. Es war tagheller Morgen als ich an der Bushaltestelle ankam. Ich wartete und blickte zum Himmel. Da war er, der Mond, in voller Pracht, milchig weiß und rundlich, sah aus, als ob er mich auslachte. Ich musste mich fast schütteln. Ja, Träume sind Schäume, tröstete ich mich und vergaß den Kram, denn das Geräusch der zischenden Bustür nahm mir den letzten Glauben an mondlose Nächte. Ich stieg hastig ein.

Impressum

Texte: kenjen.de
Tag der Veröffentlichung: 30.09.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Lera, Viona, Serge und BX

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