Kapitel 1
Der grüne Walddrache Genual hockte auf seinem Stein und brütete vor sich hin. Er war sicher, dass er Gefahr für jemanden spürte, der wichtig für die Drachen war.
Letzte Nacht waren die Drachen des Tyrannen bei ihnen eingefallen und hatten Drachen und Reiter getötet. Nur fünf Drachen - Genual, Saad, Silverado, Feeron und Soandra - hatten es geschafft, den Klauen des Tyrannen zu entkommen. Sie hatten sich auf die Suche nach neuen Drachenreitern gemacht. Bis jetzt vergebens.
Leandra führte ihre crèmefarbene Stute Succes durch das Dickicht des Waldes. Sie hatte gemeint, einen Drachen gesehen zu haben. Sie hatte vom Angriff der abtrünnigen Drachen gehört und machte sich Sorgen. Noch nie hatte sie einen Drachen gesehen, doch sie waren einst die besten und stärksten Kämpfer der Armee ihres Grossvaters gewesen. Doch ihr Vater wollte nichts von ihnen wissen, egal, wie viel sie ihnen zu verdanken hatten.
Sie trat auf eine Lichtung und liess sich auf einen Stein sinken. So lange war sie schon auf der Suche nach einem Drachen, doch sie hatte nicht einmal den geringsten Hinweis auf einen Drachen gefunden. Wann würde sie einen davon zu Gesicht bekommen?
„Danke, Ben!“, sagte Leandra und drückte dem Stallburschen die Zügel ihrer Stute in die Hand.
„Dein Vater will dich sehen“, antwortete er trocken. Leandra nickte und lief den langen Gang des Schlosses entlang. Wenn ihr Vater etwas von ihr wollte, dann hiess das nichts Gutes. Normalerweise redete er nicht mit ihr.
Kurz warf sie einen Blick in die grosse Schlossbiblioteke. Das grosse Regal mit den Drachenbüchern sah wieder so verlockend aus. Leandra schob sich in den grossen Raum hinein und zog den ersten Band aus dem Regal, den sie sah. Auf dem Einband stand Drachenlegenden und Mythen. Das Mädchen setzte sich in einen Sessel am Kamin und schlug es auf. Das erste Kapitel handelte von den verschiedenen Fähigkeiten der Drachen. Ganz in Gedanken versunken bemerkte sie nicht, wie ihr Vater neben sie trat und ihr plötzlich das Buch entriss.
„Hey!“, rief sie entrüstet, verstummte aber gleich nachdem sie in das erzürnte Gesicht ihres Vaters.
„Dad…“, begann Leandra, doch ihr Vater brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. „Was hast du hier verloren?“, schrie er sie an. Leandra schwieg. Sie hatte keine Lust sich mit ihrem Vater zu streiten.
Leandra erhob sich aus ihrem Sessel und lief zurück zum Bücherregal. Schnell zog sie eines heraus und liess es in den Tiefen ihres Gewandes verschwinden. Sie wandte sich zum Gehen, doch ihr Vater rief sie zurück. „Moment mal, kleines Fräulein. Keiner hat gesagt, dass du dich einfach so aus dem Staub machen kannst. Dann noch mit einem Drachenbuch!“ Das letzte Wort hatte er geschrieen und baute sich wütend vor der Tür auf.
„Verzieh dich, Alter“, sagte Leandra ruhig und blickte ihm in die Augen.
„Nein, ich werde mich nicht verziehen!“, schrie er wütend. Leandra wich keinen Schritt zurück, sondern trat noch näher an ihn heran. „Lässt du mich jetzt gehen!“, sagte sie wütend und funkelte ihn an.
„Morgen Abend findet ein Ball statt. Ich wünsche, dass du daran teil nimmst“, sagte er kühl, als hätte er ihre Frechheit überhört, und verschwand. Leandra stöhnte auf. Schon wieder ein Ball.
Sie begutachtete sich gerade im Spiegel als es an der Türe klopfte. „Herein“, sagte sie mürrisch.
„Euer Vater“, kündigte Marcey, Leandras “Kindermädchen“, an.
„Schön siehst du wieder aus!“, verkündete er.
„Versuch dich nicht einzuschmeicheln, das hilft eh nichts“, gab Leandra barsch zurück. König Leonard warf seiner Tochter einen vorwurfsvollen Blick zu und geleitete sie hinaus.
„Leandra“, sagte ihre Mutter, Königin Leonora. Leandra lächelte matt. Es war kein Geheimnis, dass es der Königin immer schlechter ging, und Leandra wollte sie nicht noch unnötig belasten. Also nahm sie an jedem Ball teil, der veranstaltet wurde, obwohl sie es zutiefst verabscheute.
Sie betrat die grosse Halle. Es war schon einiges los. Sie hatte keine Lust zum tanzen, deshalb verschwand sie in die hinterste Ecke und wartete das sie wieder in ihr Zimmer konnte. Draussen wurde es dunkel und das Kaminfeuer wurde angezündet. Es gab nur noch wenige Tänzer und viele Leute begannen Gespräche oder sassen vor dem Kamin und starrten ins Feuer. Leandra setzte sich ebenfalls ans Feuer und schloss für einen Moment die Augen. Wie schön war doch das Feuer. So war um behaglich. Die Gesellschaft würde übermütig und viele begannen wieder zu tanzen. Ein junger Herr trat zu Leandra und fragte: „Darf ich um diesen Tanz bitten?“ Leandra hatte keine Lust zum tanzen. Sie warf ihrer Mutter einen flüchtigen Blick zu. Diese nickte aufmunternd. Sie lächelte und Leandra brachte es nicht übers Herz ihr diese Bitte zu verweigern. Sie unterdrückte einen Seufzer und lies sich von dem jungen Herrn zu Tanzfläche führen. „Darf ich mich vorstellen? Ich bin Herzog Williams Sohn. Herzog Roger“, stellte er sich höflich vor. Leandra interessierte es nicht aber der Höflichkeit zu liebe nickte sie und lächelte matt.
Sie war froh als er sie entliess. Schnell lief sie zu ihrer Mutter. „Kann ich gehen?“, fragte sie bittend. Ihre Mutter nickte hielt sie jedoch zurück. „Wie gefällt die Herzog Roger?“, fragte sie und lächelte geheimnisvoll. „Er… er ist sehr höflich“, antwortete sie. Ihr Mutter dachte doch nicht im ernst das sie so einen heiraten würde.
Leandra atmete tief durch als sie vor dem Pferdestall stand. Sie wollte noch einmal mit Succes ausreiten. Wahrscheinlich hatte Ben sie schon gesattelt. Er kannte Leandras vorlieben und wusste dass sie am Abend noch mal ausreiten wollte. Tatsächlich stand Succes schon fertig gesattelt und gezäumt in ihrer Boxe und wieherte erwartungsvoll. „Dachte schon du kommst nicht mehr“, sagte Ben und blickte sie von dem Heustock aus an. Er hockte dort, kaute auf einem Strohhalm herum und hielt sich nur bei Adeligen auf weil er was verdienen will. „Ich musste noch tanzen gehen“, sagte Leandra. Er grinste sie frech an. „Hatte ich mir beinahe gedacht“, antwortete er. „Ich geh jetzt schlafen“ und mit diesen Worten verschwand er zwischen den Heuhaufen. Leandra kümmerte das nicht. Sie öffnete die Boxentür und strich ihrer Stute über die Nase. „Bereit für einen kleinen Nachtritt?“
Leandra strich ihr langes Haar, das ihr bis zur Hüfte reichte, aus dem Gesicht. Es war goldblond und seidenweich. Der Himmel war dunkel und die Lichtung auf der sie sich befand warf Schatten. Mehr als Leandra lieb war. Es war dunkel. Bedrohlich Dunkel, aber diese Dunkelheit half Leandra klarer zu Denken. Ihre Mutter wollte dass sie Herzog Roger heiratete. Nie im Leben hätte sie daran gedacht das ihre Mutter das von ihr verlangen würde. Aber sie wollte nur Leandras Zukunft sichern. „Sie meint es nur gut mit mir“, sagte Leandra zu Succes und hoffte die Stute könne sie verstehen. Plötzlich jedoch scheute die Stute. Ein hohes Kreischen erfüllte die Luft. Als Leandra ihr Gesicht dem Himmel zu wandte, sah sie einen schwarzen Drachen. Seine roten Augen waren bedrohlich auf sie gerichtet und seine krallenbesetzten Pranken waren bereit, sie zu packen. Sie spürte seine Krallen in ihrer Haut, doch im nächsten Moment liess er sie wieder los. Sie hatte fest die Augen geschlossen und als sie sie wieder öffnete, sah sie den schwarzen Drachen. Er biss auf seinen Gegner ein und versuchte sich loszureissen, doch der grüne Drache, der ihn gepackt hatte, liess nicht los. Er biss ihn in den langen Hals und Leandra wandte den Blick ab. Sie wollte diesen Kampf um Leben und Tod nicht sehen. Sie hörte noch einmal das Kreischen der schwarzen Bestien und als sie wieder nach oben blickte sah sie gerade noch den langen Schwanz des Drachen hinter den Baumkronen verschwinden.
(Komm kleine Freundin, wir sollten gehen), sagte der Drache. Seine Stimme klang warm und freundlich. Leandra fühlte sich wohl als er neben ihr landete. Er war riesig, Angst überkam sie und sicher so hoch wie fünf und so breit wie zehn Pferde. Succes wich erschrocken zurück und wieherte ängstlich als der Drache sie beschnupperte. „Wohin sollen wir gehen?“, fragte Leandra und wusste nicht, ob sie dem Drachen trauen konnte. Klar, er hatte ihr das Leben gerettet, aber vielleicht war das auch nur gewesen, um ihr Vertrauen zu gewinnen. (Nach Drachenstein. Meine Freunde warten sicher schon auf uns) antwortete das riesige Geschöpf. „Welche Freunde?“, Leandra wurde misstrauisch. (Na, die anderen Drachen) sagte er lächelnd. Er bot Leandra an auf seinen Rücken zu klettern, aber sie beachtete ihn nicht. Sie stieg auf Succes und sagt: „Dann bring mich zu ihnen!“
Der Ritt war lang und Succes wurde müde. Leandra dachte einige Male daran den Drachen zu bitten sie und ihr Pferd zu tragen, doch dann überkam sie ihren Stolz wieder. Sie hatte abgelehnt und musste nun mit den Folgen klar kommen. Es schien so, als ob der Drache nie müde wurde, und auch wenn zwischen Leandra und dem Drachen viele Kilometer Luft waren, verstanden sie sich prima. Es wurde langsam Dunkel. „Können wir nicht Rast machen?“, fragte sie. (Wir müssen noch in den Wald gelangen) und einen Augenblick lang sah Leandra den Wald. Aus der Sicht eines Vögel, oder Drachen. Bald sah sie vor sich den Wald und einige Vögel sangen ihr Lied und flog entsetzt davon als Genual dicht über dem Bäumen dahin flog. Leandra erreichte den Waldrand und versuchte ihn durch die Baumkronen zu erkennen. Sie waren müde und wollte schlafen. „Egal wo dieser Drache ist! Ich werde jetzt schlafen“ sagte Leandra zu Succes und stieg ab. Sie wankte ein wenig als sie endlich wieder auf dem Boden stand. Sie band Succes an einem dicken Ast an und legte sich unter einen Baum. Noch einmal blickte sie in die Kronen der Bäume und schlief dann ein.
Als sie aufwachte war ihr kalt. Der Wind peitschte um sie herum und ihre Beine schwebten im Nichts herum. Erschrocken riss sie die Augen auf. Der grüne Drache hatte sie fest mit seinen Vorderpranken umklammert und in seinem anderen Vorderfuss steckte Succes und wieherte immer noch ängstlich und schien mit der allgemeinen Sachlage nicht zufrieden zu sein. „Würdest du mich bitte runterlassen!“, fauchte sie den Drachen an. (Wirklich?) fragte er und öffnete seine Krallen ein wenig und Leandra rutschte unbeholfen nach unten. „Okay, ich habe es mir anders überlegt. Aber dürfte ich dann wenigstens auf deinem Rücken reiten?“, fragte sie schüchtern. (Sicher. Ist für mich auch angenehmer) sagte er und setzte zu einem Sturzflug an. Er liess Leandra sanft auf den Boden gleiten und sie kletterte behände auf seinen Rücken. Er schoss wieder in die Luft. Leandra kam es vor, als ob sie einfach durch die Luft flog ohne einen Halt. „Wie heisst du eigentlich?“, fragte Leandra neugierig. Lange schwieg der Drache bevor er antwortete: (Ich bin Genual).
Viele Tage später landete der Drache zum ersten Mal seit sie seinen Rücken bestiegen hatte und Leandra war sehr glücklich wieder festen Boden unter den Füssen zu spüren. (Es geht jetzt nur noch einige Schritte bis zu unserer Höhle) sagte der Drache. (Genual! Endlich, wir dachten schon der schwarze Drache habe dich geholt!) es war die erleichterte Stimme einer Frau oder eines weiblichen Drachen. Leandra sah sie jedenfalls nicht. (Keine Angst Soandra, der schwarze Drache ist stark, aber mich hat noch keiner geschlagen) antwortete Genual so selbstsicher das Leandra beinahe Angst vor ihm bekam. (Wer ist denn deine kleine Freundin?) fragte eine andere Stimme. Leandra hörte sie nur in ihrem Kopf und wusste nicht genau, woher sie kam. (Das ist Leandra de Adain) sagte Genual. Im nächsten Moment standen vier weitere Drachen und vier Menschen vor ihr. „Leandra?“, die Stimme war Leandra bekannt. Sie gehörte niemand anderem als: … (Teran, kennst du unseren neuen Gast?) fragte ein grosser, sandfarbener Drache, der älter war als alle anderen Drachen zusammen. „Ja. Leandra und ich waren auf der Grundschule für den Schwertkampf in der gleichen Gruppe“, sagte Teran. „Du hast dich beim Lehrer beschwert, weil du der einzige warst, der gegen ein Mädchen kämpfen musstest“, sagte Leandra und lächelte Gedanken verloren.
Schon am nächsten Morgen begann Leandra ihre kämpferischen Fähigkeiten wieder aufzufrischen. Teran setzte ihr gewaltig zu, doch Leandra blockte und schaffte es jedes Mal, ihn zu entwaffnen. Sie kämpften mit dünnen Ästen, da sie keine Schwerter hatten. An diesem Nachmittag hatte Teran beschlossen zu seinem Vater zu reiten und fünf Schwerter zu besorgen.
Teran trieb Succes noch mal schneller. Er wollte so schnell wie möglich zu seinem Vater und ihm mitteilen dass er nun Drachenreiter war. „Noch um diesen Hügel“, sagte Teran um Succes anzuspornen. Sie war eine zimperliche Stute und Teran hätte gewünscht seinen Hengst auch mitgenommen zu haben. Er lies sie in den Schritt gehen und klopfte ihr aufmunternd den Hals. Erwartungsvoll reckte er den Hals und wollte schon erfreut seine Stadt begrüssen als er wie vom Schlag getroffen stehen blieb. Die Stadt lag in Trümmer und einzelne Feuer züngelten noch an den Mauern empor. Einige Schatten huschten noch zwischen den niedergebrannten Häusern umher. Der Feind war immer noch hier und beseitigte wahrscheinlich den Rest der Überlebenden.
Succes wieherte entrüstet und wollte reklamieren dass sie den ganzen Weg umsonst gemacht hatte. „Keine Angst“, sagte Teran „Es gibt noch einen anderen Eingang“. Er ritt durch den Wald an der Mauer der Stadt entlang und bald kam er an einer kleinen Tür an. Succes hätte sicher problemlos hindurch gepasst aber Teran band sie an und schlich alleine hindurch. Er kam gleich in den Stall und lies die Pferde aus ihren Boxen. Sie trabten, erfreut über ihre Freiheit, hinaus durch das Tor. Succes wollte auch mitgehen doch hielt Terans Knoten sie zurück. Vier Pferde behielt er noch in ihren Ställen. Es war sein eigenes Pferd Dalion und drei andere Pferde die er führ Feeron, Rem und Celion mitbringen wollte. Er sattelte sie und schlich sich dann zur Tür am anderen Ende des Stallganges. Er befand sich nun in einem grossen Saal. Er bog nach links und zog eine kleine, eingestaubte Tür auf und befand sich im nächsten Moment in einem kleinen Raum der beinahe lehr war. Der Feind hatte schon alles ausgeräumt und nur schwer liessen sich noch fünf ganze Schwerter finden. Sie sahen nicht besonders scharf aus. Jedenfalls die vier Schwerter die keine Hülle hatten. Das fünfte Schwert war in eine Lederhülle geschmiegt und war leicht und ausbalanciert.
Ohne nachzudenken nahm er noch einen kleinen Schleifstein mit, legte ihn zu den Schwertern in ein ledernes Tuch und machte es an einem Sattel eines dunkelbraunen Pferdes fest. Dann führte er ein Pferd nach dem Anderen nach draussen und band sie neben Succes an. Als er schliesslich seinen Hengst nach draussen führte blieb er stehen. Wie wollte er alle Pferde alleine nach Drachenstein bringen? Er blickte sich nochmals um und sah ein langes, dickes Seil. Er griff danach und band es an seinem Sattel fest. Er zog es durch die Trensen der anderen Pferde. Succes fand das gar nicht toll so eng neben den anderen Pferden laufen zu müssen und dann noch in so einem dichten Wald. Einige Male schnappte sie nach ihren Artgenossen aber diese legten die Ohren an und beachteten sie nicht mehr.
Teran war schon eine gute Stunde auf dem Weg zurück nach Drachenstein. Er gab den fünf Pferden eine kleine Verschnaufpause. Nochmals begutachtete er die Schwerter. Sie waren alle lang und schwer. Bis auf eines. Es war ebenfalls lang, jedoch leicht wie eine Feder. Er strich prüfend über die scharfe Kannte und fing sich so einen tiefen Schnitt ein. Ein schwarzer Drache wand sich auf der Klinge und zierte sie ausgesprochen gut. Er würde sie für Leandra aufbewahren. Der Griff war weich und hatte die Form eines Drachen. Der Drachen Kopf und die Flügel waren gut zu erkennen aber der Körper war nicht mal annährend der eines Drachen.
Er kam schneller als Leandra erwartet hatte zurück. Er sah traurig aus. „Was ist passiert?“, fragte Leandra und lief ihm einige Schritte entgegen. „Der Tyrann hat seine Armee geschickt“, sagte er trocken und drückte Leandra die Zügel von Succes in die Hand. Er zog seinen hellgrauen Hengst mit. Am Sattel von Succes hing ein Schwert. Es hatte einen kleinen Drachen darauf. „Für dich“, sagte Teran. Ein Hauch von Zärtlichkeit war in seiner Stimme zu hören. „Danke“, wisperte Leandra und strich über die scharfe Klinge. (Leandra, Teran, kommt ihr?) fragte die sanfte Stimme von Soandra. Ihr Reiter stand neben ihr und blickte forschend über die Ebene. Seeron war jung und gut aussehend. Manchmal vergass Leandra bei seinem Anblick, dass sie sich geschworen hatte, nie wieder etwas mit einem Mann zu haben. Teran hatte ihr gereicht. Aber es war eine schöne Zeit. Die anderen beiden Reiter waren Celion und Rem. Sie waren beide um die dreissig und hatten schon Kriegserfahrung. Erst waren sie dagegen, dass Leandra zu einer Drachenreiterin wurde, doch schlussendlich hatten sie nichts zu sagen. Es war Genuals Entscheidung wen er als Reiter wollte, und so wurde Leandra doch aufgenommen.
(Langsam sollten wir entscheiden was weiter passieren soll. Ob wir angreifen, uns der Öffentlichkeit zeigen oder was?) fragte Saad. „Ich finde wir sollten uns erst Mal bei den Feinden umschauen. Wir können keinen Angriff starten, wenn wir nicht mal einen Fluchtweg haben“, sagte Leandra und spürte den hasserfüllten Blick von Celion auf sich. Rem hatte sich daran gewöhnt, dass Leandra ihre Vorschläge frei heraus sagte, aber Celion hatte immer noch etwas dagegen. „Ich finde wir sollten so schnell handeln wie es geht. Unser Feind wird überrascht sein und nicht einmal die Möglichkeit haben, sich gegen uns zur Wehr zu setzten. Wenn wir uns erst umschauen könnte es sein, dass wir gesehen werden und dass jemand verletzt, vielleicht sogar getötet werden könnte“, sagte Celion. Er warf Leandra einen abweisenden Blick zu. (Ich stimme Leandra zu, wir sollten uns erst umsehen) sagte Silverado ohne auf die Bemerkung seines Reiters zu achten. Die anderen Drachen nickten zustimmend. (Ich werde mit Celion einen kurzen Rundgang starten) sagte Silverado und blickte erst jetzt seinen Reiter wütend und vorwurfsvoll an. Celion blickte betreten zu Boden und lief hinter dem grauen Drachen her.
(Celion, du solltest nicht so abweisend zu Leandra sein. Sie ist wichtig für uns) belehrte Silverado seinen Reiter während sie über den Himmel flogen. (Als Straffe wirst du die erste Schlacht als Fusssoldat bestreiten und du wirst dich bei Leandra entschuldigen bevor du wieder die Gelegenheit bekommst auf mir zu reiten!) Silverados Stimme war eindeutig vorwurfsvoll und auch zornig. „Ich bin nicht darauf eingestellt, die Meinung einer Frau zu akzeptieren“, sagte Celion entschuldigend. (Ich werde es dennoch nicht dulden. Du solltest dich in Zukunft etwas besser benehmen) sagte Silverado und wendete ohne auf Celions Protest zu achten. Er war fest entschlossen, ihm Anstand beizubringen.
Schweigend trafen sie in der Höhle ein. Teran und Leandra waren dabei einen Schlachtplan zu studieren und zeichneten das Gebiet, das der Tyrann erobert hatte, ein. „Wir sollte noch mal Rem um Feeron auf Erkundungsflug schicken“, meinte Leandra. „Schon wieder?“, stöhnte Rem auf der hinter ihnen stand. (Wieso `schon wieder`? Macht dir das Fliegen den keinen Spass) fragte Feeron traurig. „Doch schon. Aber langsam tut mir den Hintern weh. Wir sind heute sicher schon mehr als zwölf Stunden in der Luft unterwegs gewesen und Leandra und Teran sitzen hier und machen Kaffeepause. Nichts gegen euch“ fügte Rem schnell hinzu. „Dann werde ich halt gehen“, sagte Leandra und seufzte tief. Sie hatte gehofft noch einige Tage der Schlacht fern zu bleiben. Aber Rem liess ihr keine andere Wahl. Genual war schon aufgestanden und trat an den Höhleneingang. (Dann lass uns mal fliegen) sagte Genual und machte sich klein damit Leandra ihn besteigen konnte. Sie suchte sich einen Platz zwischen seinen mörderischen Rückenstacheln und hielt sich an dem Zacken vor ihr fest. Genual schoss in die Höhe und Leandra wurde der Wind ins Gesicht gepustet. Fliegen machte doch eindeutig mehr spass als auf einem harten Steinboden zu sitzen und die Länder ein zu zeichnen die der Tyrann erobert hatte. Aber nun kam sie wieder auf ihre Aufgabe zurück und blickte forschend auf den Boden. (Da drüben) sagte Genual und lies Leandra einen Blick aus seiner Sicht machen. Was sie sah war eindeutig nicht erfreulich. Sie hörte schon von weitem die Angstschreie der Frauen und Kinder. Es war ein nicht besonders grosses Dorf aber Terrionien, das Dorf, hatte viele Bodenschätze und auch einige besonders gute Waffenschmiede. „Los! Sie brauchen unsere Hilfe!“, rief Leandra und Genual schoss in die Tiefe. Die Feinde waren nicht besonders Zahlreich und einige Flammenstösse reichten um den Dorfbewohnern genügend Zeit geben konnte um zu fliehen. „Lass uns verschwinden“, sagte Leandra und Genual schoss wieder in die Höhe.
Gegen Abend trat Celion dann zu Leandra. „Es tut mir leid. Ich habe mich nicht so zu verhalten“, sein Kopf war demütigend gesenkt, doch er sagte es nur halbherzig. „Ich habe mich entschlossen, den ersten Krieg als Fusssoldat durchzuführen“, fügte er noch hinzu und zog dann ab. Leandra sah, dass er zu Silverado ging und sie machte sich auf den Weg zu Genual. (Wir haben einige Truppen von deinem und Seerons Vater zur Verfügung bekommen, um die erste Schlacht zu beginnen), sagte er und in Leandras goldenen Augen blitzte etwas auf, das für alle undeutbar war. (An was denkst du?) fragte Soandra und schnupperte an Leandra. „Ich dachte immer, der Tyrann würde als nächstes seine Armee zu uns schicken. Aber wenn wir noch Soldaten zur Verstärkung bekommen, sollte doch alles in Ordnung sein“, sagte Leandra. „Wann ziehen wir in die Schlacht?“, fragte Seeron und strich Soandra über den Hals. (Sobald wir Geschirr für uns haben), sagte Genual und Saad, Silverado und Feeron traten zu ihnen hinzu. (Darum werde wir uns kümmern!) sagte Feeron und schob Rem hinaus, bevor dieser Protestieren konnte. Wieder willig stieg er draussen auf den Rücken des Drachen und sie flogen los. Leandra blickte dem blauen Drachen noch lange nach, bis sie nicht mehr zu sehen waren. Sie seufzte und dachte an ihren Vater. War wirklich alles in Ordnung? Würden sie die Schlacht gewinnen? Was würde sich dadurch ändern? Sie viele Fragen schwirrten in Leandras Kopf umher aber schliesslich verdrängte sie sie und kuschelte sich an Genuals warmen Körper. Es würde alles so kommen wie es sein sollte.
Feeron und Rem war schon am nächsten Morgen zurück und hatten passendes Geschirr dabei. Die Panzer war nicht besonders dick doch würden sie für den ersten Angriff reichen. Später konnte man ja immer noch etwas besseres besorgen. Leandra zog nochmals alle Riemen von Genuals Geschirr an und wollte gerade aufsteigen als Succes erschrocken wieherte. Als sie zum Himmel blickte war alles schwarz von den abtrünnigen Drachen. „Los! Weg hier!“, schrie Seeron und Soandra schoss aus der Höhle. Saad folgte ihr und Genual zog gleich hinterher. Die anderen beiden Drachen flogen steil nach oben um die Feinde zu verwirren. Etwas krallte sich in Leandras Haar und im nächsten Moment fiel sie zu Boden. Genual wendete und flog auf sie zu. Ein schwarzer Drache war schneller und stellte sich vor Leandra auf. Sie wich zurück und als er einer seiner Füsse nach ihr ausstreckte wurde er von Genual hart zur Seite geworfen. Dieser floh jedoch nicht, sondern packte Genual am Hals.
(Los! Lauf!) rief er und schlug mit seinem Schwanz nach dem Gegner. Leandra packte Succes, die aus der Höhle galoppierte und schwang sich auf ihren Rücken. Schnell hatte sie den Wald erreicht und blickte sich nach den anderen Drachen um. Keiner war zu sehen. Ihnen war die Flucht geglückt, aber Genual biss immer noch verzweifelt auf seinen Gegner ein. Dieser erblickte Leandra und riss sich los. Er schnellte auf sie zu und bevor das Mädchen reagieren konnte, hatte er sie gepackt. Schnell erhoben sie sich in die Luft und er drückte ihren Leib zusammen, als wäre er aus Gummi. (Halte durch!) rief Genual und packte den grössten Rückenzacken den er zu fassen bekam.
(Der grösste Zacken eines Drachen ist immer der Verwundbarste) hatte Genual einmal gesagt. Der Schwarze fauchte wütend und wandte sich um, um Genual seine Zähne in den Hals zu bohren. Genual liess sich davon nicht beirren und packte ihn in das Bein, das Leandra fest hielt. Er öffnete die Krallen und liess sie fallen. Genual liess von seinem Gegner ab und stürzte ihr hinterher. Bald hatte er ihren Fall eingeholt und fing sie auf. Er setzte sie auf dem Boden ab und schoss wieder dem schwarzen Drachen entgegen, der wütend die Verfolgung aufgenommen hatte. Leandra suchte nach ihrer Stute, doch sie war nirgends zu sehen. (Lauf, sei kein Dummkopf!) rief Genual und zuckte zusammen, als der schwarze Drache ihn in den Kopf biss. Dies war ebenfalls eine sehr empfindliche Stelle und er liess los.
Er flog los, doch war er nicht mehr so schnell. Blut rann an seinem Hals runter und die Wunde sah übel aus. Der Schwarze interessierte sich nicht mehr für Leandra und schoss Genual nach. Leandra sah seinen Kampfdurst in den Augen und spürte seinen Drag zu töten. „Nein!“, schrie sie und rannte über die Ebene. Aber es war zu spät. Der Schwarze hatte Genual eingeholt und packte ihn kurz hinter dem Kopf im Nacken. Der grün gefärbte Körper in seinem Maul erschlaffte. Der abtrünnige Drache liess ihn uninteressiert los und Leandra flüchtete in den Wald. Sie sah immer noch das Bild von Genuals erschlafftem Körper vor sich und fiel im Wald auf die Knie. Die Bäume standen dicht um sie und erst als sie wieder zur Ruhe kam, begann sie zu schluchzen.
Leises Flügelschlagen ertönte über ihr. Ein sandfarbener Drache landete sanft neben ihr. „Leandra! Leandra!“ Es war Terans Stimme. Sie wischte sich die Tränen aus den Augen. „Geht es dir gut? Was ist passiert?“ Teran überschüttete sie mit seinen Fragen, doch sie war noch nicht im Stande zu antworten. (Wir haben Succes gefunden und schon gedacht dass etwas passiert ist) sagte Saad und senkte den Kopf. Die kleine, zierliche Stute trabte auf Leandra zu und rieb ihren Kopf an Leandras Schulter. Das Mädchen strich Gedanken verloren über die weiche Nase von Succes. (Was ist passiert Leandra?) fragte Saad. „Genual ist tot“, sagte Leandra tonlos und versuchte einen Grund für seinen Tod zu finden. Er hatte es nicht verdient. (Wie ist das geschehen?) fragte der Drache weiter und sein Zorn und seine Trauer waren in seiner Stimme zu vernehmen. „Ich weiss es nicht. Ich weiss es nicht“, sagte Leandra und hielt sich die Hände auf die Ohren. Sie hatte ihren Drachen sterben lassen und nichts konnte sie davon überzeugen, dass es nicht ihre Schuld war.
„Wir gehen zurück zur Höhle“, bestimmte Teran und stieg auf Saad. Leandra stieg auf Succes’ Rücken. Bald kam die Höhle in Sicht und einige Meter davor lag Genual oder was von ihm noch übrig war. Anscheinend machte es den Drachen des Tyrannen Spass, ihre Beute nach dem Tod noch zu zerfleischen. Leandra wollte zu ihm, doch ihre Beine trugen sie nicht mehr. Sie sank auf die Knie und begann hemmungslos zu weinen. Teran legte ihr den Arm um die Schulter und zog sie auf. Saad hatte ein Trauerlied angestimmt und langsam fanden sich auch die anderen Drachen ein und sagen mit. Es war nicht ein normaler Gesang wie bei den Trauerfeiern der Menschen. Die Melodie klang zornig, traurig und hilflos zugleich. Es war wie ein Heulen eines Wolfes und das Brüllen eines Löwen.
Ein hohes Kreischen unterbrach ihr Gesang und der Schwarze, der Genual auf dem Gewissen hatte, schoss auf die vier Drachen zu. Teran sprang auf Saads Rücken und sie schossen der Kreatur entgegen. Es folgten noch weitere schwarze Drachen und Leandra zog ihr Schwert. Die schwarzen Drachen waren beritten und ihre Reiter waren in schwarze Umhänge gehüllt. Der erste Drachen stürzte sich auf sie, doch bevor er seine Krallen schliessen konnte, hieb sie auf seine langen, mit Krallen besetzten Pranken ein. Er zuckte zusammen und bevor er sich recht besinnen konnte folgte der zweite Schlag auf den Hals. Blut rann aus seiner Wunde und er stieg heulend zurück in den Himmel. „Leandra! Pass auf!“, rief Seeron der einen Augenblick Zeit hatte, um sich nach Leandra umzusehen. Die Warnung kam gleichzeitig wie der Drache, der sich erbarmungslos auf sie fallen liess. Sie wurde zu Boden gedrückt und das Schwert flog ihr aus der Hand. Sie versuchte die Bestie wegzustossen, aber diese wog sicher mehrere Tonnen. Teran hatte bemerkt, dass seine Freundin in Gefahr war und er und Saad stürzten sich nun auf den Reiter. Teran und der schwarze Reiter fochten eine halbe Minuten bevor das Schwert des Gegners davon flog. Saad kämpfte unterdessen mit dem schwarzen Drachen. Dies war schwierig, da er noch auf Teran acht geben musste. Schliesslich gelang es ihm den Kopfpanzer seines Feindes abzuschlagen. Er biss zu und seine starken Zähne bohrten sich in den Hals des Drachen. Dieser versuchte ihn abzuschütteln doch Saad packte nochmals zu und lies erst los als die Wunde den Drachen zu sehr schwächte um noch anzugreifen. Er stieg auf und Leandra sprang auf. Sie griff nach ihrem Schwert und setzte sich hinter Teran in den Sattel. „Rückzug! Rückzug!“, rief Celion. Es waren einfach zu viele Drachen und die Fünf hatten eine Chance. Schnell flogen sie dicht am Boden in den Wald hinein. Leandra blickte nochmals auf ihren toten Freund. Es war ihre Schuld und sie würde sich für seinen Tod rächen.
Der Himmel war dunkel und das Feuer zeichnete Rauchmuster in die Luft. Leandra lag da, die Hände hinter dem Kopf verschränkt und blickte in die Baumkronen des Waldes. Sie hatte kalt und schon mehrere Male daran gedacht Teran zu bitte sie zu sich zu nehmen doch ihr stolz war wieder stärker. Es war die erste Nacht seit einem Monat in dem sie nicht dicht an einen Drachen gekuschelt war. Leandra rückte nochmals Succes’ Sattel zurecht und machte die Augen zu. Es knackte hinter ihr und erschrocken fuhr sie herum, die Hand an dem Griff ihres Schwertes. Es war aber nur Soandra die ihren langen, Stachel besetzten Schwanz etwas enger um Seeron gewickelt hatte. Dieser Anblick schmerzte in Leandras Herz. Sie war keine Drachenreiterin mehr und würde es nie wieder sein. Es gab keine guten Drachen mehr. Jedenfalls nicht hier. Nochmals schloss sie die Augen und fiel in einen tiefen Schlaf.
Feuer, überall war Feuer und die Schreie der Sterbenden. Die Armee des Tyrannen schlug alles nieder was sich bewegte und zündeten die Häuser an. „Du wirst uns räche!“, flüsterte eine Stimme. Genual! Sein grosser Körper lag reglos zwischen den anderen Toten und da, im Hintergrund, der grosse, anmutige Palast Shezerade. Leandras Palast. Sie rannte, hörte ihren Vater: „Du wirst unser Volk rächen!“
Erschrocken schoss sie hoch. Teran stand neben ihr. Er hielt ihre Schulter fest. Wahrscheinlich hatte er sie wachgerüttelt. Sie griff mir ihrer zitternden Hand nach seiner. „Es ist ja alles gut“, flüsterte er und drückte sie an sich.
Am Nachmittag waren sie wieder unterwegs. Sie konnte nicht mehr nach Drachenstein und mussten einen neuen, gut geschützten Ort finden. Leandra kam die Stadt in den Sinn die Genual und sie “gerettet“ hatten. Sie gab ihren Vorschlag zur Kenntnis. (Das ist eine gute Idee) sagte Saad. (Denkst du nicht, dass der Feinde immer noch dort ist?) fragte Soandra. „Ich weiss es nicht“, antwortete Leandra. „Schauen wir uns doch einfach mal um“, sagte Seeron. Die Pferde liessen sie auf der Lichtung zurück. Teran platzierte Leandra sorgfältig hinter sich und sie flog los. Der Wind schlug ihnen entgegen und Leandra legte ihre Wange auf Terans Schulter. Sie schloss die Augen und genoss einfach nur den Moment.
Die Stadt war verlassen und die Steinmauern waren noch schwarz von Genuals Feuer. (Hier werden wir vorerst bleiben) sagte Saad und landete auf einem grossen, verlassenen Platz. Er war mit viereckigen Steinen ausgelegt und in der Mitte stand ein Brunnen. Ein alter, schäbiger Kessel hing daran und die Schnurr mit der er befestigt war, war auch nicht mehr zu gebrauchen. Sie war dünn und abgeschabt.
„Vielleicht sollten wir doch nicht hier blieben“, meinte Celion und schaute sich misstrauisch um. (Wo willst du denn hin?) fragte Silverado angespannt. „Wir könnten in meine Heimatstadt gehen. Wir hatten Krieg als du mich nach Drachenstein brachtest“, sagte Celion. „Wir sollten hier bleiben“, sagte auch Seeron. „Wer weiss, was passieren könnte, wenn wir schon wieder mit dem Krieg in Verwicklung geraten“. Also blieben sie hier. Lange Zeit suchten sie in den Häusern nach genug grossen Räumen, um die Drachen darin unterzubringen.
„Auf was warten wir eigentlich?“, rief Celion wütend und sprang auf. (Wieso bist du so zornig?) fragte Saad und blickte ihn verwundert an. „Wir können nicht darauf warten, dass der Tyrann uns findet. Wieso können wir nicht einfach in den Kampf ziehen, wenn er uns eh bevorsteht?“ Seine Stimme wurde lauter und auf seinem Gesicht zeichnete sich deutliche Wut ab. (Verstehst du denn nicht dass wir nicht in die Schlacht ziehen können?) sagte Silverado erbost. „Und wieso nicht?“, fragte Celion herausfordernd. (Weil wir zu wenige sind) rechtfertigte Silverado sich. Darauf hin schwieg Celion und entfernte sich. Leandra blickte ihm nach. So hatte sie ihn noch nie erlebt. Immer noch sah sie ihn vor sich, mit den blitzenden Augen, die nach Blut und Rache strebten. Sie blickte zu Silverado auf und in seinen Augen spiegelte sich die Angst, dass sein Reiter noch etwas sehr, sehr Dummes anstellen könnte.
Als Leandra am nächsten Morgen die Augen aufschlug wusste sie gleich, dass etwas nicht stimmte. Es roch nach Feuer und Staub, aber es brannte nicht und ausser dem Russ an den Steinmauern viel ihr nichts auf. Sie schlich sich zu Saad und weckte Teran. „Was ist los?“, grummelte er vor sich hin und rieb sich den Schlaf aus den Augen. „Ich hab so ein seltsames Gefühl im Bauch“, sagte Leandra. „Wahrscheinlich sind es die Schmetterlinge die dir sagen, dass du zu mir gehörst“, antwortete er und grinste frech. Leandra gab ihm einen kleinen Schupps und grinste dann auch. „Nein, ich bin mir sich, dass…“ Ein lauter Knall ertönte und ein grosses Geschoss traf den Brunnen der in der Mitte des Platzes stand. „Du hattest recht“, sagte Teran. Die Anderen wachten von alleine auf und blickte sich verstört um. (Ein Angriff) rief Soandra immer noch verstört. „Als ob wir das nicht bemerkt hätten“, sagte Teran bitter und drängte Leandra in das Gebäude zu Saad zurück. „Hey, lass das! Gegen ein Katapult können wir eh nichts ausrichten ausser das wir so schnell wie möglich die Flucht ergreifen. Ausserdem stehen unsere Pferde noch im Wald und finden es sicher nicht besonders toll dort angebunden zu sein und nichts zum fressen zu bekommen“, wehrte sich Leandra gegen diese Behandlung. Missmutig blickte Teran sie an und gab dann den Befehl abzuhauen. „Zurück zur Lichtung und zwar schnell!“
Die Lichtung war einsam und verlassen als sie dort ankamen. Succes, Dalion und die anderen Drei waren immer noch da und stürzten sich erfreut auf das Gras nachdem sie losgebunden worden waren. „Was wollen wir jetzt tun?“, fragte Leandra und setzte sich auf einen Stein. Es folgte das grosse Schweigen bis Feeron den Mund aufmachte. (Ewig verstecken können wir uns nicht. Also sollten wir…) Celion lies ihn nicht mal aussprechen. „…endlich in den Kampf ziehen und unser Land verteidigen!“
Alle starten ihn an. Er war auf einen Stein gesprungen der viel grösser war als der auf dem Leandra sass. Seine Augen blitzen auf und so wie er da stand hätte man meinen können er sei der König. (Du bist nicht König und angreifen können wir nicht wieso willst du das nicht verstehen?) Silverado hatte sich vor ihm aufgebaut und starte ihn wütend an. Der Mut schien aus Celion zu weichen doch er blieb stehen und starte wütend zurück. (Hört auf) sagte Saad mit ruhiger, doch befehlender Stimme. Ein Knurren, angst einflössender als jedes andere Geräusch auf dieser Erde. Es konnte nur von Silverado stammen der seinen Reiter immer noch mit seinem starren, hasserfüllten Blick fixierte. (Silverado) sagte Saad. Seine Stimme klang stark und sicher doch in seinen Augen spiegelte sich furcht. Nie hatte er seinen Freund so wütend gesehen wie jetzt. Soandra stupste ihn an und fuhr erschrocken zurück. Der graue Drache hatte seinen Kopf herumgerissen und fauchte sie wütend an. Seine Augen waren schwarz und sein Maul leicht geöffnet. Seine weissen Zähne blitzen auf und Leandra wich einen Schritt zurück. Die Pferde tänzelten nervös und eine ganze quälende Minuten lang regte sich niemand. Silverado sackte in sich zusammen. Seine Augen wurden matt und er sah alt und müde aus als er sich wieder zurück zog. Fragen blickte Teran Saad. Auch der älteste Drache unter den vier war erschrocken zurück gewichen und war verstört von dem verhalten seines sonst so ruhigen Freundes.
Noch eine weiter Minuten lang dauerte es bis Jemand wieder den Mund aufmachte. (Es tut mir leid) sagte er an alle gewandt. An alle, ausser an Celion. (Und du,) sprach er weiter und starte Celion wieder an. (kommst mit!)
Niemand wusste wo Silverado mit Celion hinwollte und niemand besass den Mut ihn zu fragen. „Hätte er zugebissen?“, fragte Leandra als Seeron einen Moment nicht anwesend war und sie diese Frage an Soandra stellen konnte. Sie wusste nicht ob sie wollte das Seeron es hörte. Vielleicht dachte er ja das Soandra ihn nicht mehr als Drachenreiter wollte weil sie Leandra lieber hatte. (Ich weiss es nicht. In diesem Moment war ich nicht sicher ob er einfach aufgebracht war oder seinen Körper wirklich für einen Moment verlassen hatte) antwortete Soandra.
Leandra hatte davon gehört das Drachen ihren Körper verlassen konnten und dieser dann nur noch mit Zorn und Hass reagierte und Freund nicht von Feind unterschied. Sie nickte und trat zurück zu ihren Stein. Sie setzte sich darauf und dachte nach. Wenn Silverado wirklich seinen Körper verlassen hatte musste es einen anderen Drachen geben der im gleichen Moment ebenso Böse und Wüten reagiert hatte wie Silverado. Und dieser musste lebendig sein. Genual schloss Leandra schon mal aus. Die schwarzen Drachen waren nicht nur mit Wut und Hass erfüllt sondern auch mit der Leidenschaft zu töten. Könnte es sein das es in ihrem Land noch einen guten Drachen gab der auf der Suche nach einem neuen Reiter noch kein Glück hatte?
„Leandra, komm schon! Wer gibt die die Garantie dass sich der Drache uns anschliessen will? Es gibt auch Drachen die auf der Durchreise sind und die wollen nichts mit unserem Krieg zu tun haben!“ Teran redete schon auf Leandra ein seit sie den Entschluss gefasst hatte, sie wolle diesen Drachen suchen. Vielleicht war das der Drache den sie im Wald gesehen hatte bevor Genual sie gerettet hatte. Der Gedanke an Genual schmerzte. Es fühlte sich an als ob sie ihn verraten würde indem sie einen anderen Drachen suchte. Sie wollte aber seinen Tot rächen und das schaffte sie nicht alleine. „Ich werde gehen und niemand kann mich davon abhalten! Zieht ihr in den Krieg! So könnt ihr mir am meisten helfen“, sagte sie nochmals und steig auf Succes.
Kapitel 2
Die Landschaft wechselte sich von grün zu grau und Leandra kam in die Berge. „Gutes Mädchen!“, sagte Leandra und klopfte Succes den Hals. Sie hatte nicht gedachte das sie schon noch drei Tagen in die den Bergen ankommen würde. Immer wieder hatte sie versucht den Drachen zu finden doch sie sah immer nur die Vier und noch eine gewaltige Menge von schwarzen Drachen. Auch ein schwarzer Schlüpfling hatte sie gesehen doch keinen guten Drachen ausser Saad, Feeron, Silverado und Soandra. Soandra hatte ihr beigebracht wie sie Drachen aufspüren konnte. Jedes Mal wenn sie den Zauber aussprach bekam sie Kopfschmerzen und musste sich erst hinlegen bevor sie weiter ritt. Die Drachin meinte das liege daran das sie sich erst an diesen Zauber gewönnen müsse.
Leandra war an einem Dorf vorbei gekommen und hatte sich ein Buch mit Zaubersprüchen besorgt. Sie wollte mehr über die Magie der Drachen und der Menschen lernen und in jeder Pause die sie einlegte klappte sie das Buch auf und las die verschiedenen Zauber die darin standen. Sie hatte aus versehen ein Gewitter herbeigezaubert obwohl sie ein Feuer machen wollte.
„Machen wir noch eine Pause“, sagte Leandra und stieg von ihrer Stute. Sie fühlte sich einsam und überlegte sich zurück auf die Lichtung zu reiten wo sie ihre Freunde zurück gelassen hatte.
Wochen lang ritt Leandra nun durch die Felslandschaft. Es kam ihr so vor als reite sie die ganze Zeit im Kreis herum. „Was sollen wir bloss machen?“, fragte das Mädchen ihre Stute. Diese wieherte jedoch nur und rieb ihren Kopf ein ihrem Bein. Leandra klopfte Succes den Hals und stieg ab. „Schauen wir nochmals nach unseren Freunden“, meinte sie. Leandra setzte sich auf den Boden und schloss die Augen. Sie dachte ganz fest an die Drachen und konsentrierte sich. Die Umgebung die sie sah war schwarz-weiss und die Drachen schimmerten in ihren eigenen Farben. Die abtrünnigen Drachen waren schwarz und hoben sich in ihrem eigenen Farbton von dem Hintergrund ab. Einer war ganz in ihrer nähe. Er war klein und sicher nicht grösser als ein Pferd.
Leandra öffnete die Augen. Ihr wurde schwarz vor den Augen und sie legten sich auf den Boden. Lange blieb sie liegen. Succes wieherte und Leandra setzte sich auf. Sie war müde geworden und wollte schlafen. Wieder wieherte die Stute und tänzelte nervös umher.
„Ruhig! Ruhig Mädchen!“, sagte Leandra und versuchte die Stute zu beruhigen. „Lass uns weiter gehen“, sagte sie dann und stieg auf ihr Pferd. Langsam ritten sie weiter doch Succes wurde nicht ruhiger. Im Gegenteil. Sie begann vor allem zu scheuen und stieg einmal. Beinahe währe Leandra runter gefallen.
„So, jetzt reicht es mir!“, sagte sie wütend.
„Mir auch“, sagte eine laute, ruhige Stimme bei der man sich gleich auf den Mond wünschte. Sie war eiskalt und ein Anflug von Verhöhnung lag darin. Leandras Hand schnellte zu ihrem Schwert doch ein eiserner Gegenstand schlug ihr auf die Hand das es nur so knackte.
„Nein, nein! Wir wollen doch nicht das sich Madam etwas tut!“, sagte er mit gehässiger Stimme. Die Tränen stiegen Leandra in die Augen doch sie biss die Zähne zusammen und versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Ihre Hand brannte doch kein Blut war zu sehen. Leandra wandte sich um.
Der Mann der hinter ihr war hatte lange, rote Haare und einen Bart der ihm bis in die Mitte seines dicken Bauches reichten. Seine kleinen Käferaugen waren hasserfüllt. Er hatte eine dicke, runde Nase und einen schmalen Mund. Eine Narbe führte über seine rechte Wange. Das Pferd das er ritt war klein, breit und stämmig. Es hatte eine lange, zottelige Mähne und einen ebenso zotteligen Schweif. Das Pferd war grau und Leandra dachte schon bald das es ein Pony war.
„Los komm mit“, knurrte der Mann und griff in Succes Zügel. Sie stieg und Leandra viel unerwartet auf den Boden. Succes riss sich los und verschwand zwischen den Hügel. Ohne nach zu denken griff sie nach ihrem Schwert. Der Mann stieg gemächlich von seinem dicken Pony und zog sein langes Schwert. Es war breit und dick. Leandra schluckte einmal doch blieb sie stehen.
Der Mann war grösser als Leandra angenommen hatte. Sicher zwei Meter hoch. Er schwang sein Schwert und lies es auf sie nieder sausen. Erschrocken sprang Leandra zurück und fluchte über ihre Dummheit. Sie hätte sich denken müssen dass dieser Gegner den Beginn des Duells nicht ankünden würde. Er schlug noch mal nach ihr und traf sie am Arm. Aus einer tiefen Wunde quoll dunkelrotes Blut und Leandra meinte ein Stück ihres Knochens sehen zu können. Sie wich zurück als der Riese wieder angriff. Sie stolperte und viel hin.
„Hab ich dich!“, sagte er lachend und zerrte sie hoch ohne auf ihren verwundeten Arm zu achten.
„Genu!“, schrie er dann. Ein kleiner, schwarzer Drache mit unterwürfiger Haltung flog auf sie zu. Seine Augen waren erfüllt von Furcht und Angst.
„So, nun weist du wie man das macht! Jetzt töte sie!“, befahl der Riese dem Drachen.
(Ich weiss nicht ob ich das wirklich will) sagte der Drache kleinlaut.
„Was du willst und was nicht ist mir völlig egal!“, fuhr der Riese den Drachen an. Die grossen, schwarzen Augen richteten sich auf Leandra. Er hatte Angst und das war nicht zu übersehen.
(Ich will aber nicht) sagte er trotzig und trat einen Schritt zurück.
„Dein Onkel wird gar nicht erfreut sein wenn er erfährt dass du dich weigerst zu kämpfen“, sagte der Riese mit kalter, boshafter Stimme.
(Esa geranu estrea!) sagte der kleine Drache. Er blickte ihr dabei tief in die Augen. Leandra wusste das diese Nachricht für sie war. Aber sie wusste nicht was das bedeuten sollte. „Drück dich etwas verständlicher aus!“, brüllte ihn der Riese an. Jetzt wusste Leandra wieder was es hiess. Es war Drachisch und hiess so viel wie: Flieg mit mir.
„Ja“, sagte sie leise.
(Wenn ich sie töten sollte dann musste du sie los lassen! Ich kämpfe nicht gegen wehr lose) sagte der Drache parteiisch. Wütend stiess der Riese Leandra von sich und sagte dann: „Mach einfach!“ Leandra begutachtete den Drachen. Er war nicht klein, weil er einfach klein war. Nein, es war noch ein halber Schlüpfling. Höchstens zwanzig Jahre alt. Leandra bückte sich nach ihrem Schwert. Der Riese beäugte sie misstrauisch. Bevor Leandra bereit war schoss der Drache auf sie zu.
Er bremste ab neben ihr und Leandra stieg so schnell sie konnte auf seinen Rücken. Selbst wenn er noch ein Schlüpfling war, war schon ziemlich gross.
„Hey! Was…“ Dem Riesen versagte die Stimme und dass Drachenjunge schoss mit Leandra auf dem Rücken in die Höhe.
„Also, Genu…“, begann Leandra.
(Kannst du mir nicht einen anderen Namen geben?) fragte es bittend.
„Wieso?“, fragte Leandra.
(Ich will nicht so heissen wie Gerold mich genannt hat) gestand es.
„Gerold? Läst du mich bitte runter?“, schrie sie erschrocken auf.
(Lass mich doch bitte erklären!) jammerte das Kleine.
„Solange du mich nicht umbringst!“, sagte Leandra und klammerte sich an einem Horn fest.
(Ich bin ein Weise. Niemand weiss wo ich herkomme. Sie haben mich als Ei gefunden und ausgebrütet. Ich wollte nicht so werden wie sie. Ich wollte kein Mörder werden aber sie liessen mich nicht gehen. Jenob sollte mir das Morden beibringen doch ich wollte nicht) erklärte ihr der Drache.
Tag der Veröffentlichung: 19.11.2009
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