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Leseprobe

 

 

SPIEL

DER VERDAMMTEN

 

Der Orakel Prinz

 

von

Renate Blieberger

 

 

Inhaltsverzeichnis

Prolog 

1. Kapitel 

2. Kapitel 

3. Kapitel 

4. Kapitel 

5. Kapitel 

6. Kapitel 

Leseprobe 

Prolog

 

Ich verfluche eure zukünftigen Söhne König Vallon.

Jeder von ihnen wird mit einem schweren Makel geschlagen sein und bis in alle Ewigkeit daran leiden.

Nur die aufrichtige Liebe zu einer Frau, die diese Liebe erwidert und bereit ist, trotz seines Makels zu ihm zu stehen, wird sie erlösen können.

 

Fluch der Amynta, 2000 vor Christus

1. Kapitel

 

4000 Jahre später

 

Altea griff nach der inzwischen getrockneten roten Rose und rief: „Lysandros.“ Einen Augenblick später flammte ein Feuerball in ihrer Höhle auf und der Verdammte trat aus den Flammen, die hinter ihm sofort wieder erloschen.

Er verneigte sich und fragte spöttisch: „Bereit für die nächste Runde, oder hast du mich nur vermisst Schönheit?“ Mit dem Unterkörper eines Satyrs, Klauen anstatt Fingernägeln, dem durch Narben entstellten Gesicht und den rot glühenden Augen war Lysandros im wahrsten Sinne des Wortes eine Abscheulichkeit, aber er war auch die einzige Fluchtmöglichkeit aus ihrem magischen Kerker, allerdings nur, falls sie das Spiel gewinnen konnte. Während der ersten Runde des Spiels hatte der Verdammte aus der Unterwelt sie mit Mitgefühl überrascht. Aber Altea machte sich nichts vor. Falls sie verlieren sollte, würde er seinen Preis einfordern. Die Spielregeln waren klar. Jedes Mal wenn sie verlor, musste sie mit einer intimeren Geste bezahlen, bis sie schließlich sein Bett geteilt hatte, ein Preis, den sie auf keinen Fall bezahlen wollte.

Sie schnaubte: „Mach dich nicht lächerlich. Ich habe die nächste Frau gefunden.“

Er lachte: „Nicht so kratzbürstig meine liebe Altea. Ich für meinen Teil freue mich über deine Gesellschaft, und wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, hast du meine Gesellschaft auch schon genossen.“ Wie recht er doch hatte, aber sie durfte sich nicht von ihm einwickeln lassen.

Also erwiderte sie zynisch: „Da du seit vier Jahrtausenden meine erste Gesellschaft bist, solltest du dir nicht zu viel darauf einbilden.“

„Du verletzt mich“, spöttelte er. „Aber gut. Zur Erinnerung noch mal die Regeln. Ich bringe die von dir ausgewählte Frau zu dem von dir ausgesuchten Halbbruder. Innerhalb von sieben Tagen muss sie ihn genug lieben, um bei ihm bleiben zu wollen. Jeder von uns darf mit zwei Zaubern eingreifen. Zauber die Gefühle beeinflussen sind verboten und wir dürfen uns nicht persönlich zeigen. Falls du gewinnst, kostet meine Hilfe nichts, im gegenteiligen Fall, schuldest du mir einen leidenschaftlichen Kuss.“

Sie erwiderte bissig: „Ich habe es nicht vergessen und jetzt hör auf, meine Zeit zu verschwenden.“

Er tadelte sie amüsiert: „Eine Unsterbliche sollte mehr Geduld aufbringen, aber wie du wünschst.“ Er verbeugte sich abermals und verschwand wieder in einem Feuerball. Geduld? Altea biss wütend die Zähne aufeinander. Nachdem der Fluch ihrer Mutter, der eigentlich  ihre sieben Halbbrüder und damit König Vallon hatte treffen sollen, sie ebenfalls unsterblich gemacht und in einen magischen Kerker verbannt hatte, saß sie bereits seit vier Jahrtausenden hier fest. Ihr Leben bestand seither nur noch aus ihrer Höhle, in deren Zentrum sich der magische Spiegel in Form einer Wasserpfütze befand, mithilfe derer sie die Außenwelt wenigstens beobachten konnte und ihrem Garten, den sie mit ihrer eigenen Magie geformt hatte. Ironischerweise führte der einzige Weg in ihre Freiheit über die Erlösung ihrer verhassten Halbbrüder, die ihr Leben erst ruiniert hatten. Um sich abzulenken, trat sie an die mit Wasser gefüllte Kuhle, berührte die Oberfläche mit den Fingerspitzen ihrer rechten Hand und dachte an die Welt ihres neuen Opfers, bis das Wasser ein Fenster dorthin bildete.

 

 

Hätte Clea die alten Bücher nicht so sehr geliebt, sie hätte sich längst einen anderen Job gesucht. Ihre Gabe, die auf Erden umherwandelnden Geister zu sehen und vor allem zu hören, hatte sich in den alt ehrwürdigen Räumen als Fluch erwiesen, wie auch im Rest ihres Lebens, weil sie bisher früher oder später jede ihrer Beziehungen ruiniert hatte und jede Freundschaft verkomplizierte. Sagte sie die Wahrheit, suchten die meisten halbwegs normalen Menschen das Weite, verschwieg sie ihre Gabe jedoch, sorgte ihr scheinbar verschrobenes Verhalten früher oder später für denselben Effekt. Diese verdammten Geister tauchten an den unmöglichsten Orten auf und schienen von dem Zwang, jemand ihr Leid anzuvertrauen, förmlich besessen zu sein, aber in der Bibliothek war es besonders schlimm. Während ihres heutigen Dienstes hatte ihr der Geist eines Offiziers die halbe Zeit über einen Vortrag über die Ungerechtigkeit des Zweiten Weltkrieges gehalten. Zum Glück war er wie alle Geister an den Ort seines Verweilens gebunden und hatte ihr bei Dienstende nicht folgen können.

Clea überlegte gerade, sich am nächsten Tag krankzumelden, als ein Flammenball vor ihr aufloderte. Sie stöhnte auf. Hatten die Geister jetzt etwa auch noch eine Möglichkeit gefunden, ihr das Leid ihres Lebens zu zeigen, statt es ihr nur zu erzählen? Sie spähte über ihre Schulter und suchte nach anderen Passanten, fand aber keine. Sie sah wieder zum Feuerball, stütze ihre Hände in die Hüften und fauchte: „In Ordnung, jetzt reicht es endgültig. Ich habe die Nase voll. Ich will dein Schicksal nicht hören und sehen will ich es erst recht nicht, also hau ab und such dir ein anderes Medium, ich habe heute Feierabend.“ Im nächsten Moment gab ihr jemand von hinten einen Stoß, der sie direkt in die Flammen beförderte. Clea schrie auf und landete einen Herzschlag später auf allen Vieren am Boden, aber anstatt Asphalt sah sie kalten Marmor unter sich. Sie sah sich hektisch um und erkannte einen Arkadengang, der von weißen Säulen eingerahmt wurde, der an einem antik wirkenden Gebäude endete. Sie fluchte: „Verdammt noch mal, warum eigentlich immer ich?“

 

 

„Wünscht Ihr meine Gesellschaft bei eurem Bad?“, fragte die Frau mit zu Boden gerichtetem Blick. Obwohl sie sich demütig gab, verrieten ihm die steife Haltung ihres Rückens und das leichte Beben in ihrer Stimme ihren Abscheu.

Alexandros schnauzte sie an: „Bring mir Wein und dann scherr dich raus.“ Sie erhob sich und huschte aus dem Raum. Nachdem die Tür hinter ihr zugefallen war, lachte er bitter auf. Er hatte seine verfluchte Existenz so satt, aber es gab kein Entkommen für ihn, ebenso wenig wie für das Dorf, aus dem die Dienerin stammte. Hagne war eine der drei Frauen, die ihm zu dienen hatten. Der Priester Joses wählte sie aus und sie gehörten in jeder Beziehung ihm, bis sie ihr siebenundzwanzigstes Lebensjahr vollendet hatten, dann waren sie frei und eine andere Frau musste ihren Platz einnehmen. So verlief sein Leben nun schon seit vier Jahrtausenden und er war es leid. Aber der Fluch dieser verdammten Hexe verwehrte ihm selbst den Tod. Der Priester wählte die Frauen vor allem in der Hoffnung aus, dass Alexandros sich in eine von ihnen verlieben und so erlöst werden würde und das Dorf mit ihm. Doch wie hätte er eine von ihnen lieben sollen, da jede von ihnen vor ihm zurückschreckte? Aber selbst, falls das Unwahrscheinliche passieren sollte, für sie war er nur ein Monster, vor dem sie sich fürchteten. Anfangs hatte er es dennoch versucht, später hatte er nur körperliche Befriedigung bei ihnen gesucht, doch nun fasste er sie nicht mal mehr an, weil die Angst in ihren Augen ihn zu sehr anwiderte. Plötzlich wurden seine Gedanken unterbrochen, als Joses sichtlich atemlos zur Tür hereinstürzte. Der Priester war inzwischen Mitte sechzig und für solch ein Gerenne offensichtlich nicht mehr fit genug. Alexandros spottete: „Was ist denn los? Hat Hagne den Wein fallen lassen?“

Der alte Kahlköpfige schüttelte vehement den Kopf und keuchte: „Nein Herr, eine Frau aus der Außenwelt ist aus heiterem Himmel im Arkadengang erschienen.“

Alexandros fuhr ihn an: „Rede nicht so einen Unsinn. Was heißt hier erschienen?“

„Was ich sage Herr. Ein Feuerball stand für einige Augenblicke in der Luft, bis sie sich aus ihm gelöst hatte, dann ist er verschwunden und hat sie zurückgelassen und sie ist nicht aus unserem Dorf.“

„Du hast wohl zu viel von meinem Wein getrunken“, höhnte Alexandros.

„Herr ich schwöre ...“, setzte der Priester an.

Alexandros schnitt ihm das Wort ab: „Zeig sie mir.“ Der Mann führte ihn sichtlich aus der Fassung gebracht in den Innenhof des Palasts. Dort angekommen hatte Alexandros Mühe, sein Kinn oben zu behalten. Tatsächlich, mitten im Arkadengang stand eine Frau, die er noch nie zuvor gesehen hatte und die mit Sicherheit nicht aus dem Dorf stammte. Statt dem hier üblichen Bronzeton, den auch seine eigene Haut aufwies, war ihre wesentlich heller. Ihr Haar war von einem dunklen Rot und ihre Augen von einem tiefen Blattgrün. Sie war zierlich, wenn auch unbestreitbar weiblich und ihre Züge waren von einer Feinheit, die einen Bildhauer entzückt hätte. Allein die unzähligen Sommersprossen um ihre Nase störten das Bild des ätherischen Wesens, die und ihr verärgerter Gesichtsausdruck, als sie ihn und Joses bemerkte.

Sie marschierte auf ihn und den Priester zu und forderte: „Schickt mich sofort wieder zurück.“

 

 

Clea funkelte die Geister vor sich wütend an. Einer von ihnen war ein alter, kahlköpfiger Mann, der Andere dagegen eine echte Sahneschnitte, wie sie zugeben musste. Er war vor seinem Tod wohl in ihrem Alter gewesen, einen guten Kopf größer als sie, hatte offenbar kein Gramm Fett am Körper dafür aber umso mehr Muskeln und Gesichtszüge, die von einer Statue hätten stammen können. Das ganze Bild wurde von einer bis weit über den Rücken reichenden, tiefschwarzen Haarmähne abgerundet. Der Kerl hatte zu Lebzeiten mit Sicherheit einige Herzen gebrochen, was aber nichts daran änderte, dass sie schleunigst hier weg wollte.

Sie forderte: „Schickt mich sofort wieder zurück.“

Während die Sahneschnitte sie fasziniert anstarrte räusperte sich der Ältere und antwortete verlegen: „Ich fürchte, das dürfte unmöglich sein.“

Clea fauchte: „Keine Ahnung, mit welchem Geistertrick ihr mir das hier vorgaukelt, aber ich habe euch satt. Geht endlich ins Licht und lasst mich in Frieden.“

Plötzlich verzogen sich die vollen Lippen des Jüngeren zu einem ironischen Lächeln. „Ich fürchte teure Besucherin, du befindest dich im Irrtum. Wir sind keine Geister.“

Sie schnaubte: „Sicher und wir sind auch nicht im einundzwanzigsten Jahrhundert, sondern im alten Griechenland.“ Er seufzte auf, trat einen Schritt auf sie zu und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

Als sie seine Berührung spürte fluchte Clea: „Verdammter Mist.“

 

 

Lysandros war irgendwann wieder in ihrer Höhle aufgetaucht und hatte sich neben Altea an den magischen Spiegel gestellt. Jetzt verzogen seinen vernarbten Lippen sich zu einem Grinsen. „Ihre Umgangsformen werden ihn mit Sicherheit nicht bezaubern.“

Altea erwiderte zynisch: „Wenn es etwas gibt, wonach dieses Monster sich nicht sehnt, dann ist es Höflichkeit.“

Mit einem Blick auf den Priester stimmte der Verdammte zu: „Da hast du wohl recht. Was tun diese Leute überhaupt bei ihm? Ich dachte deine Halbbrüder leiden alle allein vor sich hin?“

„Dieser nicht, weil die Bewohner des Dorfs vor den Mauern seines Gefängnisses durch einen Fluch dazu verdammt sind, ihm zu dienen, bis er erlöst wird.“

„Das scheint mir nicht im Sinne deiner Mutter zu sein“, stellt er stirnrunzelnd fest.

Sie wandte sich ihm zu und erwiderte sarkastisch: „Dieser Fluch stammt auch nicht von meiner Mutter. Vielmehr hat Alexandros Mutter eine andere Hexe dafür bezahlt und sie ihre Lebensenergie für den Fluch benutzen lassen.“

„Dann hatte er wohl eine fürsorglichere Mutter als du“, warf er ein.

„Jeder Idiot hat eine fürsorglichere Mutter als ich“, schnappte Altea, als ihr seine Worte wieder mal die Gleichgültigkeit ihrer Mutter in Erinnerung brachten.

Sie hatte ihren Schmerz wohl nicht gut genug verborgen, denn seinen hässlichen Züge verzogen sich mitfühlend und er verneigte sich tief vor ihr. „Ich entschuldige mich. Ich hatte nicht vor, alten Schmerz wieder wachzurufen. Aber sag mir, welchen Makel hat dieser Halbbruder? Ich kann keinen erkennen.“ Wie auch ihr Vater es in den ersten Jahren von Alexandros Leben nicht erkannt hatte, warum er ihr Leben von all ihren Brüdern am längsten zur Hölle gemacht hatte.

Sie erklärte gehässig: „Sein Makel ist ein

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Renate Blieberger
Bildmaterialien: Feuerring: Jag_cz/ Shutterstock.com, Stein: Kseniya Ivashkevich/ Shutterstock.com, Mann: Mann: FXQuadro/ Shutterstock.com, Abstrakter Hintergrund: betibup33/ Shutterstock.com
Cover: Renate Blieberger
Tag der Veröffentlichung: 27.06.2022
ISBN: 978-3-7554-1632-6

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