EINE LIEBE, DIE NIE VERGEHT TEIL 2
***
Zuhause lege ich mich gleich ins Bett und starre an die Decke. Die Zeit ist so verdammt schnell vorbeigegangen. Kaum komme ich in die fünfte Klasse, gibt es Ärger, kaum gibt es Ärger, ist er auch schon wieder vorbei. Kaum wurde das Casting verkündet, ist es auch schon wieder vorbei- und Nik und ich sind zusammen. Und kaum beginnen wir unsere Zeit zu geniessen, kommt eine schockierende Nachricht. Kaum ist sie da und wir versuchen daraus das Beste zu machen, ist es der letzte Tag und auch kaum ist der da, ist Nik schon weg. Ich vermisse Nik schrecklich. Auch, wenn er nicht Tag und Nacht bei mir war, ist es jetzt ganz anders ohne ihn in meinem Zimmer auf dem Bett zu liegen und an die Decke zu starren. Ich habe so grosse Angst vor der Zukunft. Vor der Oberstufenschule, vor den neuen Lehrer und Mitschülern. Ob Nik auch Angst hat? Nein, der hat nie Angst. Ausser damals in seiner furchtbaren Zeit. Ein piepsen von meinem Handy lässt mich zusammenzucken. Ich schaue auf den Display. Nik.
Liebe Lena
Wir sind jetzt in unserem neuen
Zuhause angekommen. Ist nicht
schlecht hier, aber du fehlst mir
schrecklich. Ich wünschte, du wärst
jetzt bei mir <3
Ich liebe dich, Nik
Ich antworte schnell:
Lieber Nik
Ist ja toll, wenn es dir dort ein
wenig gefällt. Immerhin schon
ein Anfang. Ich vermisse dich
auch sehr! Wann sehen wir uns??
In Liebe, deine Lena
Diesmal dauerts etwas länger, bis Nik antwortet. Gerade, als ich mich dazu entschliesse etwas zu Trinken zu holen, piepst mein Handy wieder.
Ich weiss noch nicht genau
wann, aber ich rufe dich an,
ok? Grüsse Luisa von mir
und tausend Küsse von mir
für Dich :)
Dein Nik
Die Grüsse werde ich ihr ausrichten, allerdings freue ich mich schon wieder auf die echten Küsse von Nik und nicht nur die durch's Handy.
Am Abend beim Abendessen meint Luisa: ,, Kindchen, auch wenn du jetzt etwas Liebeskummer hast, solltest du etwas essen.'' ,, Ich habe keinen Hunger.'' Luisa seufzt. ,, Wenn du jetzt gezwungen kämst, etwas zu essen, weil sonst irgendwas schreckliches passiert, was würdest du nehmen?'' ,, Äh...vielleicht....hm....ach Luisa, ich habe wirklich auf gar nichts Lust.'' ,, Na gut, wenn du später was möchtest, nimmst du einfach, ja?'' ,, Ja, ist gut.'' ,, Hat Nik sich denn schon gemeldet?''
,, Stimmt, ich soll dich noch von ihm grüssen, hat er mir geschrieben und dass es in seinem neuen Zuhause gar nicht so schlecht sei.'' ,, Eben, das ist doch schon mal was. Grüss ihn zurück und seine Schwester auch.'' ,, Ja, mach ich.''
Am Abend dann im Bett kann ich lange nicht einschlafen. Ich muss die ganze Zeit an Nik denken. Ob er jetzt wohl auch im Bett liegt und an mich denkt? Oder ob er am Kartons auspacken und Schränke einräumen ist? Nein, um 22.00 Uhr wohl nicht mehr. Oder ob er gemütlich auf der Terrasse sitzt und die Aussicht geniesst? Falls sie überhaupt eine Terrasse haben. Wennschon eher einen Balkon. Und wie wäre die Aussicht? Jedenfalls nicht auf's Meer. Eher auf die Strasse, in den nächsten Garten, zu den nächsten Häuser oder was weiss ich. Ob er heute schon Freunde gefunden hat? Einen oder zwei? Ach Nik, wenn du doch jetzt bloss bei mir wärst. In meine Gedanken hinein piepst wieder mein Handy. Es ist Nik, der mir schreibt:
Schlaf gut mein Engel und
Träum von mir. Ich denk an
dich, dein Nik <3<3<3
Ach, wie süss! Nun kann ich ganz bestimmt gut einschlafen. Schnell antworte ich:
Träum auch von mir!
Ich denke nur an dich,
1000 Küsse, deine Lena:-*
Ps. Soll dich und Nina
von Luisa zurück grüssen.
Tatsächlich schlafe ich bald mit einem Lächeln auf den Lippen ein, träume jedoch nichts. Besser, als wenn ich was Schlimmes träumen würde.
***
Die nächsten Tage waren langweilig. Ausser der 22. August..
Es ist Freitagmorgen und mein Handy läutet: ,, Ja, hallo?'', melde ich mich. ,, Hei, ich bin's, Nik.'' ,, Nik! Endlich! Wie geht es dir?'' ,, Heute super.'' ,, Nur heute?'' ,, Naja, sagen wir so: Heute am besten von all den Tagen, die ich bis jetzt schon hier war.'' ,, Wieso?'' ,, Nina und ich kommen für dieses Wochenende nach Hause.'' ,, Echt? Ist ja der Wahnsinn! Dann können wir uns endlich sehen.''
,, Jap, ich komme sobald ich bei meinem Vater bin zu dir, okay?'' ,, Ist gut, wann ist denn das so ungefähr?'' ,, Um etwa 14.00 Uhr.'' ,, Super, ich freu mich schon.'' ,, Und ich mich erst. Ich liebe dich, Lena.'' ,, Ich dich auch, tschüss.'' Ich könnte Purzelbäume schlagen und durch das ganze Zimmer tanzen. Endlich sehe ich Nik wieder, endlich! Am Mittag beim Essen verkünde ich Luisa die frohe Botschaft. ,, Siehst du? Der Abschied war traurig, dafür ist das Wiedersehen umso schöner.'' ,, Ich freue mich ja so. Ob es das letzte Mal sein wird in diesen Ferien, dass ich Nik sehe?'' ,, Denk jetzt noch nicht so weit. Freue dich auf heute Nachmittag und geniesse es mit ihm.'' ,, Ja, du hast recht.'' Luisa sieht mich an und sagt dann zärtlich: ,, Es ist das erste Mal nach fünf Tagen, wo du wieder richtig lächelst und strahlst.'' Da hat sie recht. In den letzten Tagen hatte ich keine Lust für Sachen, die Spass gemacht haben. Ich bin durch das Haus getigert, habe alle fünf Sekunden auf das Handy geschaut, in meinem Zimmer die Poster gezählt und stundenlang angestarrt und dabei die ganze Zeit den Pullover von Nik an mich gedrückt und daran gerochen. Erst dann war er nah bei mir. Doch dieses Starren nimmt heute Nachmittag ab 14.00 Uhr ein Ende. Naja, eigentlich schon seit heute Morgen, als der Anruf eingetrudelt ist. Ich kann's kaum abwarten bis heute Nachmittag!
Und dann ist es endlich soweit. Ich habe eine Haarspange ins Haar gesteckt (blau), mittelgrosse Ohrringe an (silbern), ein Trägertop (dunkelrot), lange Röhrenjeans (weiss, bei den Hosentaschen ein paar Glittersteine) und Flip Flops an (schwarz). Heute ist draussen mindestens 24 Grad warm. Ein herrlicher Tag. Genau der richtige Tag für ein Wiedersehen. Endlich klingelts an der Tür. Ich gehe hin und öffne um danach gleich Nik um den Hals zu fallen, der mich ein Mal herumwirbelt. ,, Nik, endlich!'', rufe ich strahlend. Als er mich wieder abgesetzt hat, meint er: ,, Ja, endlich. Ich habe dich unheimlich vermisst. Du siehst superschön aus.'' ,, Danke, aber das würde doch jeder Junge zu seiner Freundin sagen.'' ,, Nur, dass ich es ernst meine.'' Ich lächle ihn an und dann gibt er mir endlich einen Begrüssungskuss. ,, Willst du reinkommen, oder wollen wir nach draussen gehen?''
,, Komm , gehen wir ein wenig spatzieren in dem Wetter.'' ,, Okay.'' Ich schliesse die Tür hinter mir und dann gehen wir nach draussen. Es ist ein herrliches Gefühl mit dem Freund draussen Hand in Hand spatzieren zu gehen. Die Leute, die einem begegnen sehen, dass man einen Partner hat. Es ist einfach wunderbar. ,, Los, erzähl mir, was du die letzten Tage ohne mich gemacht hast.'', fordert Nik mich dann auf. ,, Ach, nichts Spannendes. Erzähl lieber du.'' ,, Mm, bei mir gibt es nichts Interessantes. Kartons ausgepackt und Möbel eingeräumt hab ich.'' ,, Hast du schon neue Freunde gefunden?'' ,, Ne, noch nicht. Ich bin vom Auto zur Haustür und zurückgelaufen. Auf dieser kurzen Strecke findet man keine Freunde.'' Ich muss lachen. ,, Also, wenn du fertig gelacht hast, kannst du mir ja das Interessanteste erzählen, was du erlebt hast. Auch, wenn du nur vom Zimmer in die Küche gelaufen bist und zurück.'' ,, Hm, das habe ich tatsächlich gemacht. Ausser am Dienstag, als das Telefon geklingelt hat.'' ,, Wer war dran?'' ,, Mia.'' ,, Mia? Ist jetzt nicht dein Ernst oder?'' ,, Doch, mein voller Ernst. Also, es war so...''
Ich will gerade zum wiederholtesten Mal von der Küche zurück in mein Zimmer, als das Telefon klingelt. Da Luisa nicht da ist, gehe ich eben dran. Auf dem Display erkenne ich Mias Nummer. ,, Hier ist Lena, hallo?'' ,, Hallo, da ist Mia. Wie geht's?''
,, Äh...geht gut, danke. Und dir?'', antworte ich, ein wenig überrascht über ihren Anruf. ,, Mir geht's super!'' ,, Schön.'' ,, Was machst du so?'' ,, Nicht viel.'' ,, Ohje, Liebeskummer wegen Nik?'' Was bitteschön geht sie das an? ,, Ich wüsste nicht, was dich das angeht.'' ,, Tut mir leid, wollte dich ja nur trösten. Ich kann mir gut vorstellen, wie du dich fühlst.'' ,, Aha.'' ,, Naja, vielleicht sieht man sich ja in den Ferien einmal.'' ,, Mhm, vielleicht.'', murmle ich. Wohl eher nicht, denke ich für mich.
,, Dann noch eine schöne Woche.'' ,, Mhm, danke, dir auch.'' ,, Tschüss.'' Immer noch etwas verblüfft und skeptisch lege ich auf.
,, Puh!'', ist Nik's erste Reaktion, als ich fertig erzählt habe. ,, Ich hab's doch gesagt. Kaum bin ich weg, kommt sie wieder herangekrochen.'' ,, Tja, bei mir ist sie da an der falschen Adresse.'' ,, Lena, gib Mia doch noch eine Chance. Sie hat Fehler gemacht, aber die tun wir alle.'' ,, Nik, es geht nicht nur darum, ob sie Fehler gemacht hat oder nicht und wieviele, ich will einfach nicht mehr mit ihr befreundet sein. Keine Lust, kein Vertrauen und ausserdem mag ich sie einfach nicht mehr so wie vorher.'' ,, Aber das kann man doch aufbauen.'' ,, Ja, man könnte vielleicht noch, wenn man möchte. Ich will aber nicht.'' ,, Du siehst das viel zu schwarz. Du...du brauchst doch wieder eine Freundin. Eine, wo du alle deine Geheimnisse anvertrauen kannst. Mit der du lachen kannst, über mich quatschen kannst,'', meint er schmunzelnd, ,, und noch mehr tun kannst. Shoppen geh'n, ins Kino, Eis essen und und und.'' ,, Das meiste kann ich ja mir dir tun. Und ausserdem kann ich meine Geheimnisse immer noch meinem Tagebuch anvertrauen.'' ,, Deinem Tagebuch...klar...aber...ich an deiner Stelle könnte das nicht so ohne Freunde.'' ,, Ich habe dich, Nina und Sabrina.'' ,, Wieviel hast du mit Sabrina im ganzen schon unternommen?'' ,, Nichts.'' ,, Eben.'' Nik seufzt und fügt dann noch hinzu: ,, Ich will doch bloss, dass du glücklich bist, auch wenn ich nicht da bin. Dass du deine beste Freundin anrufen kannst, wenn ich bei dir mal Mist gebaut habe oder du sonst irgendwelche Sorgen hast, über die du am besten mit deiner Freundin reden kannst.'' Ich schaue auf den Boden. Ja, kann sein, dass ich eben keine beste Freundin mehr habe, mit der ich über alles sprechen kann. Vielleicht finde ich ja eine beste Freundin, wenn ich in die neue Klasse komme. ,, Ich finde bestimmt in meiner neuen Klasse eine beste Freundin.''
,, Ja, bestimmt. Komm, gehen wir zu dir.'' Schweigend laufen wir zurück zu mir und gehen in mein Zimmer. Dort setzen wir uns auf's Bett. Irgndwie ist mein Tag verdorben. Wieso muss Nik auch wieder mit der 'Beste-Freundin-finden'- Sache anfangen? Naja, ich habe von dem Telefonat erzählt und das hat dann den Ausschlag gegeben. ,, Können wir dieses Thema nicht wenigstens für heute sein lassen? Ich weiss ja selber, wieviele Freunde ich habe.'', bitte ich deshalb Nik. ,, Klar, tut mir leid.'' Wir küssen uns wieder, dann wird es für Nik bald Zeit wieder zu gehen. ,, Sehen wir uns noch einmal?'' ,, Bestimmt noch hundert Mal in unserem Leben aber in diesen Ferien wohl nicht mehr.'' ,, Was? Schade...'', sage ich entäuscht.
,, He, heute in zwei Wochen bin ich wieder da.'' ,, Zwei Wochen...das dauert eeewig.'' ,, Weisst du noch als ich in den Sommerferien für zwei Wochen in die Ferien fuhr? Die zwei Wochen hast du auch überlebt.'' ,, Ja, aber...'' Ich breche ab. ,, Aber was?'', fragt mich Nik sanft und streicht mir durch's Haar. ,, Aber damals war ich einfach nur zu Hause. Jetzt kommt noch die Angst vor der neuen Schule dazu.'', sage ich leise. Meine Augen fangen an zu brennen wegen den hinaufsteigenden Tränen. ,, Nicht weinen, Lena. Das wird schon, ganz bestimmt. Steigere dich nur nicht zusehr in diese Angst rein, sonst wird's nur noch schlimmer.'' ,, Du hast's gut. Du gehst überall selbstbewusst hin und findest dadurch schnell Freunde. Ich habe keinen Mut um andere einfach anzusprechen.'' Nik seufzt leise und küsst mich an die Stirn, während er mich im Arm hält. ,Wie soll ich ihr bloss helfen?', fragt er sich. ,Sie tut mir ja so leid.' ,Ich sollte Nik jetzt nicht noch mehr Kummer bereiten. Ich werde es schon schaffen, so, wie er sagt.', denke ich bei mir und zaubere mir wieder diese fröhliche Maske auf's Gesicht, bevor ich ihn anschaue. ,, Du hast ja recht, wie immer. Ich werde es schon schaffen. Mach dir keine Sorgen.'' ,, Wieso bist du jetzt plötzlich so überzeugt?'' ,, Ich rede mir Mut zu.'' ,, Lena, hör mal; so wie du gesagt hast, wegen dem Selbstbewusstsein und so, klar, ich habe mehr davon als du, aber glaube mir, ich habe auch Angst vor der neuen Schule und der neuen Klasse. Du wohnst dann wenigstens noch in deinem Zuhause und in deiner vertrauten Umgebung. Für mich ist alles neu. Alle, die ich am ersten Tag sehen werde. Du bist dann vielleicht mit Mia in einer Klasse. Auch, wenn du sie nicht mehr so magst, du kennst sie und wirst dich dadurch schon viel sicherer fühlen.'' ,, Ja, das stimmt.'' ,, Am letzten Ferienabend ruf ich dich an und spreche dir nochmals Mut zu, okay?'' ,, Ja, ist gut. Aber jetzt küss mich nochmal.'' ,, Kein Problem.''
Kaum ist er da, ist er auch schon wieder weg, denke ich, als ich auf meinem Bett liege und wieder einmal an meine Decke starre. Ich werde wohl demnächst ein Poster dort oben aufhängen, damit es sich lohnt zu starren.
***
Zum Glück laufe ich Mia in den Ferien nicht mehr über den Weg. Dann am letzten Ferienabend ruft Nik mich an: ,, Na, wie fühlst du dich?'' ,, Naja, schon ein wenig aufgeregt, aber ich vermisse dich einfach total.'' ,, Ich dich auch. Am Liebsten würd ich jetzt einfach zu dir kommen.'', seufzt Nik am anderen Ende der Leitung sehnsüchtig. ,, Nur noch eine Woche, oder?'' ,, Ja, noch eine Woche und ich bin wieder bei dir.'' ,, Ich freue mich schon darauf.'' ,, Ich freu' mich auch schon total. Aber vorher werden wir noch viel zusammen telefonieren.'' ,, Mhm, das machen wir. Wie geht's Nina eigentlich? Ist sie auch schon so aufgeregt?'' ,, Naja, geht so. Sie nimmt's, glaube ich, ziemlich locker. Sie wird's bestimmt nicht schwer haben, neue Freunde zu finden.'' ,, Das glaub ich auch.'' Ich gähne herzhaft und Nik meint: ,, Wird wohl Zeit für's Bett, wie ich so höre, hm?'' Ich muss lächeln. ,, Ja, wahrscheinlich.'' ,, Du schaffst das Morgen. Du bist einfach du selbst und versuchst so offen wir möglich zu sein, klar?'' ,, Jap, ist gebongt. Und dir Morgen auch viel Glück.'' ,, Danke, kann ich brauchen. Also dann, schlaf gut und träum was schönes. Ich liebe dich, Lena.'' ,, Du auch und ich dich auch. Tschüss.'' Nun fällt mir das Einschlafen nach diesem Telefongespräch viel leichter und ich bin auch nicht mehr so aufgeregt. Trotzdem bin ich ziemlich traurig, dass Nik nicht bei mir sein wird Morgen...
***
Am nächsten Morgen bin ich früher wach, als Luisa mich wecken kommen will. Um viertel vor sieben bin ich schon fix und fertig und- doch ziemlich aufgeregt. Auch, wenn ich es mir nicht eingestehen will, ich hoffe insgeheim, dass ich mit Mia in einer Klasse sein werde. Und wenn nicht...auch gut.
Mit dem Bus fahre ich und ein paar andere, darunter auch Mia, Sabrina und einfach alle aus meiner Klasse, zur Schule. Dort werden wir von allen Lehrern erwartet und jeder Klassenlehrer sagt die Namen der Schüler auf, die bei ihm oder ihr sind. Wir sind im Gesamten 12 in der Klasse. Geht noch. Sieben Jungen und fünf Mädchen. Eines der Mädchen, sie heisst Florentine, knüpft gleich am Anfang Kontakt zu mir auf und wir unterhalten uns in der Pause miteinander. Mit ihr kann man sehr viel Lachen. Bei mir denke ich: ,Ob sie wohl meine neue beste Freundin wird?' Auch Mia ist bei mir in der Klasse. Da ich jetzt aber Florentine, genannt Flora, habe, ist mir Mia nicht wirklich mehr wichtig, was ihr überhaupt nicht gefällt. Mir egal. Wir durften unsere Plätze selbst aussuchen. Nun sitze ich in der mittleren Reihe am Rand neben Flora. Das ist natürlich super. Unsere Lehrerin ist auch sehr nett und nicht so streng, wie ich es mir immer ausgemalt habe.
Der erste Tag also, überstehe ich gut. Und wie gut hat es Nik wohl überstanden? Gleich am Abend nach dem Abendessen rufe ich Nik an. Beim etwa 10. Klingeln nimmt er ab.
,, Hei Lena!'' ,, Hei, wie geht's? Hast du den Tag gut überstanden?'' ,, Mir geht's super. Ja, es war echt toll und meine Klasse ist einfach der Wahnsinn. Ich bin mir gar nicht so neu vorgekommen, weil ja noch andere Kids neu waren.'' ,, Ist ja super. Dann hast du schon neue Freunde gefunden?'' ,, Ja, einer heisst Rico. Er ist zwar ein Dunkelhäutiger, aber total nett.''
,, Habt ihr viele Dunkelhäutige in der Klasse?''
,, Nein, nur Rico. Und du? Wie ist es bei dir gelaufen?'' Ich erzähle ihm kurz von Florentine und dass Mia bei mir in der Klasse ist. ,, Du musst dich ja nicht mit ihr abgeben.'' ,, Ja, das stimmt schon. Ich bin froh, dass noch Flora bei mir in der Klasse ist.'' ,, Siehst du? Alles ist gut gegangen. Hast du Flora von mir erzählt oder war das noch kein Thema bei euch?'' ,, Nein, wir haben sonst ein wenig über die anderen noch geredet und uns von unserer Familie erzählt. Aber von dir habe ich noch nichts gesagt. Und du von mir?'' ,, Nein...auch nicht. Du, ich muss jetzt aufhören. Ich treff mich noch mit Rico und ein paar anderen. In der Nähe vom Schulhaus gibt es ein Fussballfeld. Rico meinte, ich solle umbedingt mal mitkommen.'' ,, Klar, geh du ruhig.'' ,, Und was machst du?'' ,, Ich? Ehm....weiss ich noch nicht. Vielleicht gehe ich noch ein wenig singen oder so.''
,, Wo?'' ,, Na, bei uns unten im Keller habe ich ein bisschen was umgestellt und so. Dort singe ich.''
,, Mit Mikrofon und allem?'' ,, Nein, noch nicht. Aber vielleicht bald.'' ,, Achso. Dann bis bald einmal.'' ,, Ja, viel Spass mit Rico.'' ,, Danke. Ich liebe dich.'' ,, Ich dich auch, tschüss.''
Die nächsten Tage, Wochen in der Schule werden gar nicht so schlimm, wie ich immer befürchtet habe. Die Lehrer sind nett und die Mitschüler...naja, der eine oder andere blöde Spruch von den Jungs müssen wir Mädchen uns schon anhören, aber was soll's?
Einmal, als ich zu Flora nach Hause gehe, machen wir's uns in ihrem Zimmer gemütlich. Sie hat ein etwas kleineres Zimmer als ich, aber ein sehr gemütliches. Sie hat auch viel mehr Kissen als ich und viele Poster von Katy Perry und Rihanna aufgehängt. Viele kleine und etwas grösserer Kerzen stehen bei ihr ihm Zimmer herum, also auf Pult, Nachtischchen und Fenstersims. Wir quatschen ein wenig über die Leute in unserer Klasse. ,, Ben sieht ja so gut aus. Aber der ist schon vergeben, wenn ich das richtig verstanden habe.'', meint Flora. Sie liegt auf dem Bauch auf ihrem Bett und hat den Kopf auf ihre Hände gestützt. Ich sitze auf dem Bett an die Wand gelehnt und halte ein Kissen in den Armen an mich gedrückt. ,, Mhm.'', mache ich nur und denke an Nik. Keiner aus unserer Klasse sieht auch nur halb so toll aus wie du, denke ich bei mir. ,, Oder Tobias. Der hat so schöne Augen und ein ansteckendes Lachen.'' ,, Mhm.'' ,, Ist dir das auch schon aufgefallen?'', fragt sie mich, als ich nicht mehr dazu sage als immer nur ,Mhm'. ,, Was? Klar. Tolles Lachen.'' ,, Welchen Typen aus unserer Klasse findest du denn süss?'' ,, Ich? Keinen.'' ,, Komm schon, es muss doch einen geben. Oder ist keiner dein Geschmack?'' Ich lächle und schaue Flora an.
,, Flora, ich finde nur einen Typen süss, den ich liebe.'' ,, Wie jetzt? Hast du etwa...?'' Ich nicke. ,, Ja, ich habe einen Freund. Schon seit der fünften Klasse.'' ,, Echt jetzt?'' Flora hat sich hingesetzt und sieht mich nun mit blitzenden Augen an. ,, Erzähl. Und wie sieht er aus? Wo wohnt er? Wie lange...'' ,, Flora, mach mal 'nen Punkt. Ich erzähle ja schon.'', lache ich und beginne zu erzählen. Nur grob, wie wir zusammengekommen sind, wo er wohnt, (da muss ich leider auch die Scheidung seiner Eltern betonen), wie er heisst und dann zeige ich ihr ein kleines Passfoto, das ich von ihm immer in meiner Hosentasche habe. ,, Och, der sieht wirklich gut aus. Und er heisst also Niklas.'' ,, Ja, aber alle, ausser den Lehrern, sagen ihm Nik. Im Winter sind wir zwei Jahre zusammen.'' ,, Ist ja der Wahnsinn. So jung und schon so verliebt. Ich hätte nie gedacht, dass es einen Jungen auf der Welt gibt, der noch so jung mit einem Mädchen so lange zusammen sein würde.'' Tja, wenn sie wüsste, was unsere Liebe bekräftigt und was wir alles durchgemacht haben, dann würde sie es bestimmt verstehen. ,, Mensch, Lena, das ist ja sowas von romantisch. Grüss ihn mal von mir, ja?'' ,, Klar, mach ich.'' ,, Wann seht ihr euch denn das nächste Mal?'' ,, Am Wochenende, wenn er und seine Schwester wieder zu ihrem Vater gehen.'' ,, Der Abschied war bestimmt nicht leicht.'' ,, Nein, der war sehr schwer, aber wir haben uns noch einmal gesehen und jetzt muss ich eben noch bis am Wochenende warten.''
,, Aber ihr telefoniert doch zusammen, oder?''
,, Klar, fast jeden Tag.''
Naja, am Anfang wir wirklich fast jeden Tag telefoniert. Dann hat es manchmal einen Tag länger gedauert. Dafür schreiben wir uns dann mehr SMS.
Die Wochen vergehen schnell und die nächsten Ferien stehen an. Fünf Tage können Nik und Nina zu ihrem Vater, dann will ihre Mutter für den Rest der Ferien mit ihnen und mit ihrem Freund in die Ferien, wieder nach Spanien. ,, Fünf ganze Tage für uns. Naja, vielleicht nur vier oder drei, weil mein Vater bestimmt auch was mit uns unternimmt.'', sagt mir Nik am Abend vor Ferienbeginn am Telefon. ,, Zum Glück sehen wir uns morgen wieder.'', seufze ich. ,, Ausser, dass du mich bestimmt vermisst, gibt's noch einen anderen Grund?'', fragt Nik nach. ,, Ja, dein Pullover verliert schon den Duft. Er riecht mehr nach mir als nach dir.'' ,, Dein Top auch. Dann tauschen wir wieder.'' ,, Mhm, machen wir das.'' ,, Kommst du zu mir, dann machen wir uns einen gemütlichen Abend in meinem Zimmer?'' ,, Klar, machen wir das. Ich frage Luisa, ob sie mich zu dir bringen kann.''
,, Sonst hol ich dich ab.'' ,, Ach, und wie? Hast du etwa den Führerschein im Lotto gewonnen?'', lache ich. ,, Haha, sehr witzig,'', lacht auch Nik und meint, ,, nein, mein Vater würde dich bestimmt holen.'' ,, Ich schreibe dir morgen, wie's ist.''
,, Alles klar. Schlaf schön Lena und träum von mir.''
,, Mach ich immer. Tschüss.''
***
Endlich ist Freitagabend, Luisa bringt mich zu Nik, sie hat sowieso noch eine Sitzung. ,, Lena mein Mädel, du weisst ja, wie weit du gehen willst, oder?'' ,, Luisa, natürlich weiss ich das.'' ,, Gut. Dann wünsch ich dir viel Spass.'' ,, Danke, ciao.'' Ich steige aus und laufe auf Nik zu, der schon vor der Tür auf mich wartet. Ich falle ihm um den Hals und er wirbelt mich wieder herum. ,, Lena! Endlich!'' Er setzt mich wieder ab und küsst mich. ,, Ich hab dich so vermisst. Es ist einfach nicht dasselbe dich live zu sehen oder nur am Telefon zu hören.''
,, Ich hab dich auch vermisst.'' ,, Komm, gehen wir in mein Zimmer. Ich habe schon alles vorbereitet.'' Er hält mir die Augen zu, als wir vor seiner Zimmertür stehen. Dann öffnet er die Tür und führt mich hinein. ,, Augen noch geschlossen haben, bitte.'' ,, Mhm.'' Er verschliesst die Tür hinter mir, dann legt er die Arme von hinten um mich und flüstert: ,, Augen auf.'' Ich öffne die Augen und -oh WOW!- die Vorhänge sind zu, Kerzen brennen und es riecht nach Rosen- eine davon zaubert er hinter seinem Rücken hervor und hält sie mir hin. ,, Für das schönste Mädchen, das ich je kennenlernen durfte.'' Ich drehe mich um, nachdem ich die Rose genommen habe, und sage: ,, Danke Nik.'' Dann küsse ich ihn. ,, Wollen wir tanzen?'', flüstert er in mein Ohr. ,, Tanzen? Ich kann nicht tanzen.'' ,, Ist nicht so schwer. Wart's ab.'' Er drückt auf die Playtaste seiner Musikanlage und schöne ruhige Musik belebt den Raum. Ich habe die Rose auf das Bett gelegt. Nun legt Nik die linke Hand an meinen Rücken, ich meine linke Hand auf seine rechte Schulter und dann verhacken wir unsere anderen Hände ineinander und tanzen. Einmal dreht er mich im Kreis, dann umarmt er mich wieder und küsst mich. Dann lehne ich mich mit dem Rücken an ihn, er legt seine Arme um mich und wir schwingen sanft unsere Hüften im Takt der Musik. Komischer-, und auch glücklicherweise bin ich ihm nicht einmal auf die Füsse gelatscht. ,, Na, gefällts dir?'' ,, Mhm.'', murmle ich mit geschlossenen Augen. ,, Es ist wunderschön.'' ,, Und gar nicht so schwer, hm?'' Ich lächle leise. ,, Nein, ist wirklich nicht so schwer.'' ,, Es ist so öde ohne dich in der Klasse. So anders.''
,, Ich dachte, die Klasse sei so toll?'' ,, Ja...schon...aber trotzdem. Es ist einfach nicht mehr dasselbe. Und die Mädchen...Puh!'' ,, Ach, und was heisst ,Puh!'?'' ,, Die Hälfte der Mädchen sind Tussen und die, die einigermassen normal sind, sind total langweilig.'' ,, Die, die normal sind, also. Ich gehöre ja eigentlich auch zu der normalen Sorte, oder?'' ,, Ja...nein, ach, du bist nicht so wie die. Für mich bist du was Besonderes.'' ,, Danke. Schön zu wissen.'' ,, Und wie ist deine Klasse so?'' ,, Ach die...ausser Flora sind alle ziemlich...doof. Naja, die Jungs jedenfalls mit ihren dauernden blöden Sprüchen. Aber sonst sind sie ganz okay.'' ,, Sehen sie gut aus?'' ,, Lange nicht so gut wie du.'' ,, Da bin ich ja beruhigt.''
Später schieben wir noch eine Tiefkühlpizza in den Ofen und machen es uns dann vor dem Fernseher gemütlich. Wir schauen den Film , Das Böse in mir'. Um 22.00 Uhr irgendwas gehen wir dann in sein Zimmer. Nina ist bei Sabrina und Niks Vater hat sich sonst irgendwie unsichtbar gemacht. ,, Wie geht es eigentlich mit Mia in der Klasse?'', fragt Nik mich, als wir in seinem Zmmer auf dem Bett sitzen und Musik hören. ,, Sie sieht mich nur böse an, weil ich jetzt mit Flora befreundet bin. Aber das ist mir egal.''
,, Das ist auch gut so.'' ,, Vor ein paar Wochen warst du noch der Meinung, dass ich mich mit Mia wieder versöhnen sollte.'' ,, Aber damals hattest du Flora noch nicht. Jetzt ist es eben anders.'' ,, Ist das Leben in deinem neuen Zuhause eigentlich ganz anders als hier?'' ,, Naja...irgendwie schon. Es ist immer was los und man hat kaum noch Zeit für die Familie zu Hause.'' ,, Dann kann ich ja froh sein, dass du noch Zeit für mich hast.'' ,, Für dich hab ich immer Zeit. Immer, wenn ich hierher komme. Du könntest mal zu mir kommen, wenn ich bei meiner Mutter bin. Dann kann ich dich meinen Freunden vorstellen und die Gegend zeigen.'' ,, Mhm, kann ich bestimmt. Übrigens soll ich dich noch von Flora grüssen. Sie konnte es fast nicht glauben, dass ich einen Freund habe in meinem Alter und das schon so lange.'' ,, Hast du ihr unsere Geschichte erzählt?'' ,, Nein, ich habe nur die Trennung deinen Eltern erwähnen müssen, damit sie verstand, warum du wegziehen musstest.'' ,, Mhm, geht noch. Aber das andere behälst du für dich, oder?'' ,, Klar. Ich würde niemandem davon erzählen.''
,, Gut.'' ,, Wissen deine neuen Freunde, oder dieser Rico, auch von mir?'' ,, Rico habe ich ein wenig von dir erzählt. Er ist mein engster Freund in der Klasse. Mit den anderen spreche ich über anderes.'' ,, Achso.'' Nik meint schmunzelnd: ,, Rico ist echt ein klasse Typ. Mit dem wird's nie langweilig. Und die Worte ,schlechte Laune' kennt der nicht. Der hat immer was zu lachen und heitert dich immer auf.''
,, Das ist ja toll. Musste er dich denn schon mal aufheitern?'' ,, Nein, ich hatte noch keine Gelegenheit bei ihm schlechte Laune zu haben.'' Nachdem wir uns ausgequatscht haben, machen wir uns bereit für's Bett und schlafen dann auch bald ein.
Am nächsten Morgen gibt es für uns kein Frühstück, da wir bis zum Mittag schlafen. Nik's Vater kocht für uns drei und am Nachmittag gehen Nik und ich noch spatzieren. ,, Weisst du, hier kann man nicht so leicht in fünf Minuten an einem Ort sein. Hier braucht man eine halbe Stunde für in die Stadt, Dreiviertelstunde für ins nächste Schwimmbad oder Kino. Und richtige Freunde habe ich hier eigentlich auch nicht. Jedenfalls nicht solche, wie jetzt bei meiner Mutter.'' ,, Was meinst du damit?'' ,, Naja...bei meiner Mutter...die Stadt, das Kino und die Freunde sind alle in der Nähe. Man kann vieles zu Fuss erreichen.'' ,, Also...gefällt es dir dort besser als hier?'' ,, Nein...ja...ach, was weiss ich. Wenn wir jetzt bei meiner Mutter wären, könnten wir viel mehr zusammen machen.'' ,, Deshalb werde ich mal mit zu deiner Mutter kommen, damit du mir alles zeigen kannst und wir es mal so richtig krachen lassen können.'' ,, Würdest du mit mir in eine Disco gehen?'' ,, Klar, wieso nicht?'' ,, Naja, du bist doch eher der ruhige Typ, der gerne für sich ist.'' ,, Glaub mir, wenn man mit solch einem Mädchen wie Flora befreundet ist, dann kennt man die Worte ,Ruhe' und ,Einsamkeit' nicht mehr. Dann gibt es nur noch Action und Spass.'' ,, Dann freu' ich mich ja schon auf den nächsten Discobesuch mit dir.'' Ich lächle Nik an und er zurück. Ich freue mich schon auf das nächste Wochenende oder die nächsten Ferien, damit ich mit Nik zu seiner Mutter gehen kann.
***
Die Tage, Wochen und das Jahr vergehen wie im Fluge. Endlich kommt der Herbst und somit auch mein Geburtstag wo ich endlich, endlich 15 werde. In der 8. Klasse gibt es einen Frühlingsball. Aber zuerst kommt noch der Winter. Nik und ich geniessen die gemütlichen und warmen Winterabenden vor dem Kamin bei seinem Vater. Weihnachten kommt, Weihnachten geht. Bisher war ich noch nicht bei Nik im neuen Zuhause. Aber das kommt auch noch.
Der Frühling kommt. Die Jungs in den Klassen müssen die Mädchen auffordern, da der Ball auch schon bald vor der Tür steht. Flora, die Lukas süss findet, hofft natürlich, dass er sie fragt. Tut er dann auch, als ich ihn habe abblitzen lassen...
,, He, Lena!'' ,, Ja?'' Ich drehe mich um und blicke Lukas geradewegs in seine blauen Augen. ,, Würdest du mit mir zum Frühlingsball gehen?'' Flora hat mir erst vor ein paar Tagen gesagt, dass sie hofft, Lukas würde sie auffordern. Deshalb: ,, Tut mir leid Lukas, nein.'' Ich lasse den verblüfften Lukas stehen und mache mich auf den Weg nach draussen zum Bus. Am Nachmittag kommt Flora strahlend auf mich zu. ,, Was ist denn mit dir los?'', frage ich sie überrascht.
,, Lukas hat mich gefragt, ob ich seine Begleitperson beim Frühlingsball sein möchte.'' ,, Und du hast ja gesagt. Herzlichen Glückwunsch!'', rufe ich begeistert und umarme sie.
Am nächsten Tag finde ich einen Zettel auf meinem Platz:
Um 11.15 beim Brunnen.
B.
Hm, ob B für Ben steht? In unserer Klasse gibt es nur einen mit B. Ben eben. Um 11.15 Uhr also, gehe ich zum Brunnen, wo Ben steht. ,, Hei. War der Zettel also von dir?'', frage ich ihn direkt. Das habe ich auch ein wenig von Flora übernommen. ,, Ja, der war von mir. Äh...würdest du mich zum Ball begleiten?'' ,, Gerne.'' ,, Echt? Cool, super. Na dann...bis heute Nachmittag.'' ,, Jap, tschüss.'' Wow, das ging ja schnell. Ben wirkte sichtlich nervös. Er, der doch sonst kein Problem hat, Mädchen zu fragen. Na gut, normalerweise fragt er die Mädchen ja auch was anderes. Aber trotzdem....
Am Abend beim Telefonieren mit Nik, erzähle ich ihm, was so los war heute. ,, Also gehst du jetzt mit diesem Ben hin?'' ,, So, wie es aussieht, ja.''
,, Ist das nicht der Mädchenschwarm bei euch in der Klasse.'' ,, Ja, aber das ist mir egal. Ich bin froh, habe ich einen Partner.'' ,, Mhm.'' ,, Nik?''
,, Hm?'' ,, Es macht dir doch nichts aus....wegen Ben?'' ,, Ne, wieso sollte es?''
,, Ich würde niemals mit so einem wie Ben zusammen sein wollen.'' ,, Und wieso nicht?'' ,, Weil ich 1. nur Dich liebe und 2. er nicht mein Typ ist. Nik, glaub mir doch.'' ,, Ich glaube dir ja. Aber...ich weiss selber ein wenig wie es ist als Mädchenschwarm. Der will bestimmt was von dir.'' ,, Na und? Ich von ihm aber nicht.'' ,, Tja...ich hoffe mal, dass er die Finger von dir lässt.'' ,, Höre ich da etwa Eifersucht in deiner Stimme?'' ,, Nein, nur Besorgnis darum, dass meiner Lena hoffentlich nichts passieren wird.'' ,, Nik, ich bin 15. Ich kann gut auf mich selbst aufpassen.'' ,, Klar, das weiss ich. Trotzdem, dieser Ben gefällt mir nicht.'' ,, Muss er ja auch nicht. Mir gefällt er ja auch nicht.'' ,, Lena! Man! Ich meine, der steht auf dich und wird bestimmt keine Gelegenheit auslassen, sich an dich ranzumachen.''
,, Hör zu, Nik: Dieser Ball findet am Freitagabend statt. Von 18.- bis 22.00 Uhr. Willst du mich abholen kommen, damit er sieht, dass ich in festen Händen bin?'' ,, Nein, nein. Luisa kommt dich ja abholen, oder?'' ,, Ja.'' ,, Okay.'', brummelt Nik noch.
,, Wenn er mir zu nahe kommen sollte, werde ich ihm sagen, dass ich einen Freund habe, einverstanden?'' ,, Ja, ist schon gut. Ich habe bloss Angst um dich.'' ,, Brauchst du nicht.'' Nik seufzt und meint dann: ,, Du, ich muss jetzt Schluss machen, bin total müde und morgen schreiben wir noch einen Test.'' ,, Alles klar. Schlaf schön.'' ,, Du auch. Tschüss.'' Als ich aufgelegt habe, ist mein Laun im Keller. Nik macht sich Sorgen, okay, aber deshalb vergisst man doch nicht, wie wir es nach jedem Telefonat gemacht haben, ein ,Ich liebe dich' zu sagen. In meinem Frust wähle ich die Nummer von Flora. Sie geht zum Glück schnell ran. ,, Hei Lena, was gibt's?'' Ich berichte ihr von dem Telefonat mit Nik und denke dabei gleichzeitig an ein Gespräch, als er in den Sommerferien noch bei mir war. Damals sagte er: ,, Dass du deine beste Freundin anrufen kannst, wenn ich bei dir mal Mist gebaut habe oder du sonst irgendwelche Sorgen hast, über die du am besten mit deiner Freundin reden kannst.'' Das war jetzt der Fall. Nicht, dass er Mist gebaut hätte, aber trotzdem...,, Hm...,'', meint Flora nachdenklich,
,, er macht sich Sorgen. Er hat Angst, dass du dich in Ben verlieben könntest. Dass Ben dich um den Finger wickeln könnte.'' ,, Aber so blöd bin ich doch nicht.'' ,, Nein, nein, das sagt ja auch niemand. Ich weiss auch nicht so genau. Stell dir doch vor, Nik hätte diesen Ball. Er geht mit einem Mädchen hin, das beliebt bei den Jungs ist. Hättest du da nicht auch Angst, dass er mit dem Mädchen...dass er sich um den Finger wickeln lässt?'' ,, Ich kann mir vorstellen, dass er ein wenig mit ihr flirten würde, so als Spass, aber er würde mich niemals hintergehen oder betrügen.'' ,, Dann...entweder hat er nicht genügend Vertrauen zu dir, oder...'' Flora bricht ab. ,, Oder was?'', frage ich also nach. ,, Naja....ich denke nicht, dass es so ist, aber vielleicht....'' ,, Flora, sag endlich!'' ,, Dass er vielleicht was zu verbergen hat.'', sagt sie schnell und etwas leiser. ,, Wie meinst du das?'', frage ich langsam nach. ,, Naja, ich will jetzt nicht damit sagen, dass er dich...betrügt. Eher, dass er einfach was zu verbergen hat. Keine Ahnung was, aber vielleicht hat er ja ein schlechtes Gewissen wegen etwas.''
,, Meinst du?'' ,, Ich weiss es nicht Lena. Frag ihn mal.''
,, Direkt?'' ,, Vorsichtig würde ich sagen.'' ,, Na gut. Ich sehe ja mal, wie es so läuft.'' ,, Ja. Dann also bis morgen?'' ,, Ja, bis morgen. Und danke.''
,, Kein Problem. Tschüss.'' Nach diesem Gespräch geht es mir schon ein wenig besser. Eines weiss ich jetzt ganz bestimmt: Ich muss sobald wie möglich mit Nik sprechen.
***
Am Freitag ist es dann so weit. Um 18.00 Uhr müssen alle da sein. Ben wartet bereits auf mich am Brunnen. Ich habe ein schwarzes Abendkleid an, das mir bis über die Knie reicht und die Figur betont. ,, Hei Lena. Du siehst super.'' ,, Danke.'' Ich hake mich bei ihm unter und dann laufen wir zur Turnhalle, die für den Ball geschmückt wurde. Die letzten zwei Wochen haben wir das Tanzen gelernt, die verschiedenen Arten. In der Halle werden wir zuerst von den Lehrern begrüsst, (der Ball ist nur für die 8. Klasse gedacht, in der 7. Klasse gibt es einen Spielabend, der aber nicht sonderlich beliebt ist), dann gibt es den ersten Tanz. Nach einer Weile meint Ben: ,, Es wundert mich, dass solch ein schönes Mädchen wie du keinen Freund hat.'' ,, Woher willst du wissen, ob ich einen habe oder nicht?'' ,, Ich hab dich nie mit jemandem zusammen gesehen.'' ,, Muss ja nicht umbedingt einer von hier sein, oder?'' Ben blickt zu Boden und wieder in meine Augen. Wir tanzen den Rest schweigend und nach ein paar Minuten ist endlich Pause. Wir können was essen und trinken und uns unterhalten.
,, Weiss Ben von Nik?'', fragt Flora mich, als wir ein wenig miteinander reden, leise. ,, Nein, noch nicht.'' ,, Ich würde es ihm sagen, er steht nämlich ziemlich auf dich.'' ,, Das hat Nik auch gesagt.''
,, Also, Lena, sag's ihm nachher.'' ,, Mhm, mach ich.''
Die Gelegenheit ist dann auch bald da, als Ben wieder mit seinen Flirtkünsten anfangen will. ,, Wir könnten nachher noch zusammen spatzieren gehen. Es ist eine schöne Nacht.''
,, Ben, tut mir leid, nein.'' Doch Ben ignoriert mich und redet weiter: ,, Die Sterne und der Mond...echt romantisch. Du bist doch der romantische Typ, oder?'' ,, Ja, schon, aber...'' ,, Eben, dann...'' Nun unterbreche ich ihn: ,, Ben, nein! Ich habe einen Freund und ich denke nicht, dass er damit einverstanden wäre, wenn ich mit dir in dieser klaren Nacht einen romantischen Spatziergang machen würde.'' Ben sieht mich perplex an. ,, Du...du hast ei...einen Freund?'', bringt er schliesslich raus. ,, Ja, seit der fünten Klasse.'' Nun schaut Ben etwas unglücklich an mir vorbei und sagt nichts mehr. ,, Tut mir leid, Ben.'' ,, Schon okay. Dein Freund kann sich glücklich schätzen mit solch einem Mädchen wie dir. Das kannst du ihm sagen.'' ,, Mach ich.''
Etwas nach 21.00 Uhr gibt es dann noch ein wenig Discomusik wo ich mit Flora tanze. ,, Und? Hast du es ihm nun gesagt?'' ,, Ja, hab ich. Er wirkte etwas traurig, aber ich glaube, er kann gut damit umgehen.'' ,, Lene, Lena. Kaum bist du hier, verdrehst du den Jungs schon den Kopf.'' ,, Ach was! Ich liebe Nik! Ich würde niemals gleichzeitig einem anderen Jungen hinterherschauen.'' ,, Das weiss ich doch. Aber du machst eben alle Jungs in unserer Klasse verrückt.'' ,, Und du Lukas, hm?'' ,, Ich weiss ja nicht...es war schön mit ihm zu tanzen.''
,, Eben. Nur nicht die Hoffnung verlieren.'' ,, Jaja, ich weiss.''
Um punkt 22.00 Uhr holt mich Luisa ab. ,, Na, wie war's?'' ,, Schön, hat Spass gemacht.'' ,, Ich glaube, du solltest morgen dringend mit Nik sprechen.'' ,, Ja...wieso meinst du?'' ,, Er hat versucht, dich anzurufen. Ungefähr um halb sieben.'' ,, Aber er weiss doch, dass ich heute beim Ball war.'' ,, Ja, er meinte, er hätte es vergessen.'' ,, Wie kann man sowas vergessen? Er machte sich doch so grosse Sorgen, dass Ben mich um den Finger wickeln würde. Dabei habe ich ihm heute gesagt, ich hätte schon einen Freund.'' ,, Tja, ich denke, Nik ist ein wenig eifersüchtig und hat auch ein wenig Angst. Weisst du noch, wie du Angst hattest, dass Nik sich in ein anderes Mädchen verlieben würde, ein Mädchen, das etwas hat, was du nicht hast?'' ,, Ja...'' ,, Eben, jetzt hat er Angst, er würde dich wegen Ben verlieren. Ben ist doch bei euch in der Klasse der Mädchenschwarm, oder?'' ,, Ja, schon. Also, du meinst, Nik und ich haben die Rollen getauscht und nun hat er Angst?'' ,, Ja, so kann man es sagen. Nik liebt dich sehr und hat eben Angst um dich und eure Liebe.'' ,, Aber das braucht er doch nicht.''
,, Lena, dies sollte dir eigentlich ins Herz hinein gehen.'' ,, Wieso?'' ,, Na, das er Angst hat dich zu verlieren, bedeutet nur, dass er dich sehr liebt und du ihm sehr sehr wichtig bist.''
,, Hmm...ja, das stimmt. So hab ich das noch gar nicht gesehen.'' ,, Eben. Aber du solltest persönlich mit ihm sprechen.'' ,, Und wie? Er kommt erst nächstes Wochenende wieder hierher und solange mag ich nicht warten.'' ,, Frag ihn doch mal, ob du bei ihm übernachten könntest. Morgen am Morgen oder so. Ich bringe dich gerne.'' ,, Ehrlich?'', frage ich Luisa strahlend.'' ,, Aber sicher.'' ,, Ich schreibe ihm nachher gleich.''
Gleich, als wir zu Hause angekommen sind, gehe ich in mein Zimmer und schreibe Nik eine SMS:
Hei Nik
Wie wär's, wenn ich morgen
zu dir übernachten kommen
würde? Wäre das möglich?
Luisa würde mich bringen.
Hdl, Lena
Kurze Zeit später trudelt die Antwort (klar und deutlich) ein:
HURRA! Freue mich schon :)
Love You, Nik
Ich schreibe noch:
Wann, wo?
Er antwortet:
Ich warte bei der
Bushaltestelle an der
Kreuzung. Ok? 10.00 Uhr?
Nik
Dann ich:
Jap, in Ordnung. Bis
Morgen, deine Lena
***
,, An der Bushaltestelle bei der Kreuzung hat er also gesagt?'', fragt Luisa mich. ,, Jap, aber frag mich nicht, wo das sein soll.'' ,, Ich weiss schon wo. Wollte nur noch mal sicher gehen.''
,, Achso.'' Wir sind bereits 20 Minuten unterwegs.
,, So, noch fünf Minuten und du bist wieder bei deinem Traumprinzen.'' ,, Hoffentlich!'', seufze ich. ,, Und dann sprichst du mit ihm.''
,, Ja, Luisa, versprochen. Ich werde mit ihm sprechen.'', sage ich langsam und deutlich.'' ,, Gut. Und pass gut auf dich auf und stell keinen Mist an.'' ,, Als ob ich immer Mist anstellen würde...'' ,, Was nicht ist, kann noch werden.'' Typische 'Muttersorgen'.
Dann endlich sind wir am Ziel. Ich steige aus, Luisa fährt weiter und ich umarme endlich wieder einmal Nik. ,, Ach Nik! Es ist so schön dich wieder zu sehen.'' ,, Und das Beste ist, jetzt kann ich dir endlich mein neues Zuhause zeigen und dir Rico vorstellen.'' ,, Ich bin schon total gespannt.''
,, Auf was?'' ,, Auf alles. Gehen wir?'' ,, Klar, komm.'' Gemeinsam laufen wir zu ihm nach Hause, wo Nina mich erfreut umarmt. ,, Mensch Lena! Ist das schön, dich wieder einmal zu sehen.'' ,, Mhm, ist schon ewig her.'' ,, Lena komm, ich habe mich mit Rico beim Fussballplatz verabredet.'' ,, Okay, komme schon.''
Auf dem Weg zum Fussballplatz quatscht mich Nik nur so zu. ,, ...und dann habe ich eben ein wenig probiert. War gar nicht so schlecht. Aber es wird nicht mein Lieblingsgetränk werden. Schliesslich will ich nüchtern bleiben, wenn wir uns wieder treffen. Wie war eigentlich der Ball?'' ,, Ach, ganz okay.'' ,, Und...mit Ben?'' ,, Ich habe ihm gesagt, dass ich einen Freund habe.'' ,, Also wollte er mehr von dir, hab ich recht?'' ,, Naja, er wollte mit mir einen romantischen Nachtspatziergang machen, dann hab ich es ihm gesagt.'' ,, Ich wusste es. Der Typ steht total auf dich.'' ,, Ja, das weiss ich ja jetzt auch, aber ich habe ihm gesagt, dass ich mit dir zusammen bin, in Ordnung?'' ,, Tut mir leid, Lena. Es ist nur....ich habe einfach Angst, dass ich dich verliere. So, wie du Angst hattest, dass ich ein anderes Mädchen kennenlernen würde, habe ich jetzt Angst, dass dieser Ben...dass er...ach, dass du dich eben in ihn verliebst, weil er etwas an sich hat, was ich nicht habe.'' ,, Nik, ich liebe nur dich. Ich stehe nicht auf solche Typen wie Ben. Das würdest du merken, wenn du ihn richtig kennen würdest. Der wechselt die Freundinnen noch öfters als du. Er flirtet in der Öffentlichkeit mit jedem Mädchen, baggert sie an mit billigen Sprüchen, ob er jetzt eine Freundin hat oder nicht. Und du kennst mich bestimmt so gut, dass ich mich nicht mit solchen Typen einlassen würde.'' ,, Ja, das stimmt. Okay, alles wieder gut?'' ,, War es schon immer.'' Wir umarmen und küssen uns und gehen dann die letzten fünf Minuten zum Fussballplatz weiter. ,, Übrigens, in der Nähe vom Fussballplatz gibt es einen Nachtclub, der ab acht Uhr abends offen ist. Wir könnten heute Abend da hingehen. Es ist wie eine Disco.'' ,, Nicht erst ab 16?'' ,, Naja...nein, also doch, ich meine...Rico war da auch schon drin. Ist echt kein Problem. Nur einmal Lena, bitte.''
,, Und wenn sie uns erwischen?'' ,, Werden sie bestimmt nicht. Rico wurde noch nie erwischt.''
,, Ich weiss ja nicht...'' ,, Rico wird dir bestätigen, dass es kein Ding ist dort reinzugehen und wieder raus, ohne, dass sie dich erwischen.'' Gut kommen wir endlich beim Fussballplatz an, wo Rico auf uns wartet. Doch, wenn ich dachte, dass damit unser Gespräch wegen diesem Nachtclub beendet sei, habe ich mich getäuscht. Denn Rico meint, nachdem Nik uns einander vorgestellt hat: ,, Und Nik? Hast du ihr schon vom Nachtclub erzählt?'' ,, Ja, hab ich.''
,, Und?'', fragt er an mich gewandt. ,, Du kommst bestimmt auch, oder?'' ,, Ich weiss nicht so recht.'', meine ich zögernd. ,, Ach, komm schon. Ist nicht's schlimmes. Um neun bist du bestimmt wieder im Bett. Oder spätestens um halb zehn.'', grinst Rico. Macht der sich etwa über mich lustig?! Langsam steigt die Wut in mir auf. ,, Mir ist es egal, um wieviel Uhr ich im Bett bin.'', sage ich deshalb und schaue Rico etwas wütend an. ,, Ohoh, ist da jemand etwas angesäuert?'' Ich schaue zu Nik. Kann der nicht auch mal was sagen? Nein, der grinst nur ein wenig. Doch, als er meinen Blick sieht, räuspert er sich schnell und meint: ,, Rico, ich schaue noch mit ihr. Ich wollte ihr eh noch alles zeigen und so. Ich schreibe dir 'ne SMS, okay?''
,, Alles klar. Bis dann.'', meint er und winkt uns zu. Ich schaue Nik immer noch wütend an. ,, Lena...komm schon. Wird bestimmt Spass machen.'' Er hat meine Hände genommen und sieht mich nun schief an. ,, Wozu? Damit ihr euch noch mehr über mich lustig machen könnt?'' Ich entziehe ihm meine Hände und laufe zurück in die Richtun, in der wir hergekommen sind. ,, Lena, warte.'' Er fasst mich an der Schulter und dreht mich zu ihm. ,, Tut mir leid, das wird er bestimmt nicht mehr tun.'' ,, Aber du, ja?'' ,, Nein, ich doch nicht.'' ,, Du doch nicht, klar.'', meine ich hönisch. ,, Du hast vorhin auch gegrinst. Ich bereue es fast, diesen Rico kennengelernt zu haben.'' ,, Lena, hör zu: Ich werde heute Abend sofort eingreifen, falls er sich wieder über dich lustig machen sollte, okay?'' ,, Ja klar.'', antworte ich noch nicht ganz so überzeugt. ,, Lena, bitte. Ich verspreche es dir. Gib Rico noch eine Chance.'' Ich seufze noch einmal, bevor ich antworte: ,, Na gut. Wenn's dich glücklich macht.'' ,, Und wie!'' Er küsst mich lächelnd und dann zeigt er mir ein wenig von seiner neuen Heimat.
***
Ich bereue es schon fast, dass ich mich hab überreden lassen. Aber sonst hätte Rico mich wohl noch bis zu meinem Lebensende ausgelacht. Tzz!
Es war gar nicht so schwer in diesen Nachtclub zu gelangen. Nun sitzen ich, Nik, Rico und Vanessa an einem Tisch und vor uns unsere Getränke. Vanessa ist eine gute Kollegin von Rico. Nik kannte sie bisher auch noch nicht. Ziemlich aufgebretzelt und mir selber nicht gerade sympathisch. Nik wahrscheinlich schon, denn der amüsiert sich prächtig, während ich mich fehl am Platz fühle. ,, He, ich hole uns noch ein Bier, okay?'', meint Rico plötzlich. Spinnt der jetzt total? Ich will doch kein Bier. Und wenn ich keines nehme, dann lacht er mich aus. Andererseits hat Nik mir versprochen, dass er mich diesmal verteidigen würde. Naja, ich hoffe es mal... ,, Also, alle einverstanden? Du nimmst doch auch, oder Lena?'', wendet er sich an mich. Rico ist übrigens schon 16. Also ist es für ihn leider kein Problem, ein Bier zu kriegen. ,, Ich? Ne, habe keinen Durst mehr.'' ,, Ein bier kriegt jeder runter. Komm schon, stell dich nicht so an.'' Ich schaue zu Nik, doch der schaut nur in sein Glas, wo ein Rest von Cola übrig ist und tut so, als ginge ihm das ganze nichts an.
,, Nein, ich will kein's, hab ich jetzt gesagt. Ihr könnt ja nehmen, wenn ihr wollt.'' ,, Und ob wir wollen. Oder Vanessa und Nik?'' ,, Klar.'', antwortet Nik sogleich und Vanessa sagt mit zuckersüsser Stimme: ,, Immer gerne.'' Rico geht also und holt ein Bier für alle- ausser mich. Plötzlich meint Vanessa zu Nik: ,, Du warst heute beim Fussballspiel suuper. Der Beste von allen. Wie lange spielst du schon?'' Nik fühlt sich geschmeichelt und antwortet: ,, Danke, ich spiele schon seit etwa...acht Jahren Fussball.'' ,, Wow, richtig Talentiert bist du.'' Ich fass es nicht wie die sich an ihn ran macht. Sie fragt ihn weiter über Fussball aus und zeigt richtige Interesse daran, selbst als Rico wieder da ist, redet sie weiter und hat nur noch Augen für Nik- und er für sie. Mich beachtet er jedenfalls nicht mehr. Die drei trinken das Bier, Rico holt noch ein weiteres. Vanessa nimmt aber noch eine Cola, doch Nik nimmt noch mehr. ,, Ich bin gleich wieder da.'', murmle ich und mache mich auf den Weg zur Mädchentoilette. Ich fühle mich grausam. Nik würde wahrscheinlich nicht einmal mehr merken, wenn ich jetzt einfach nach Hause gehen würde. Er hat ja noch Vanessa. Rico amüsiert es nur, den beiden zuzusehen, wie sie sich gegenseitig anbaggern. Es geht einfach gar nichts auf. Rico und Nik mögen Vanessa. Ich nicht. Vanessa mag mich wohl auch nicht, da sie Nik anbaggert, obwohl sie weiss, dass ich mit ihm zusammen bin. Rico geht ja noch. Der macht sich zwar gerne lustig über mich und Nik sagt nicht mal was, obwohl er es versprochen hat, aber egal. Wie wird dieser Abend wohl noch enden? Wenn Rico nachher noch einmal ein Bier holen gehen sollte, dann geh ich nach Hause. Das heisst, zu Nik. Schliesslich übernachte ich dieses Wochenende bei ihm. Ich sollte jetzt wohl besser wieder zurückgehen, sonst fällt es doch noch auf, dass ich weg bin.
Als ich zurückkomme, ich kann meinen Augen kaum trauen, da steht die dritte Flasche Bier auf dem Tisch. Rico hat auch ein klein wenig glasige Augen. Und Nik? Der und Vanessa flirten wie gedruckt miteinander. Das Schlimmste ist, Nik selber ist auch nicht mehr am nüchternsten. Leicht benebelt. Vanessa ist noch heiter und nutzt die Gelegenheit richtig aus. So ein Miststück! ,, Hei Leuts, ich geh mal an die frische Luft eins Rauchen, kommt ihr mit?'', fragt Rico uns. Vanessa ist sofort dabei und Nik meint: ,, Ich komme mit, aber ich rauche nicht.'' Wow, hätte nicht gedacht, dass er auf dies verzichtet. Er wollte zwar sowieso nie rauchen, aber wer weiss, was betrunkene Jungs doch noch alles machen? Ich stehe auch auf und gehe mit. Draussen ist es angenehm kühl. Rico nimmt seine Zigarette raus, gibt Vanessa eine und dann quatscht sie weiter auf Nik ein. Der lehnt am Eingang an, weil er nicht mehr selber stehen mag. Ich stehe neben ihm und schaue ihn an. Ich müpfe ihn ein wenig, weil er fast eingeschlafen wäre. ,, Nik, wollen wir gehen?''
,, Hm? Was? Ne, jetzt doch nicht. Gibt's noch 'n Bier?'' ,, Nik, du bist schon genug besoffen. Komm, gehen wir nach Hause.'' Da mischt sich Vanessa ein und sagt: ,, Ach Lena. Sei keine Spielverderberin und lass Nik noch eine Weile hier. Kannst ja selber nach Hause gehen.'' Jetzt weiss ich, dass Nik bestimmt nicht eingreifen würde um mich zu verteidigen. ,, Nik kriegt ja gar nichts mehr mit. Wäre besser, wenn er nach Hause gehen würde.'', sage ich und nehme Niks Hand. Er sieht mich an und meint: ,, Ich will noch'n Bier, Le...L...Lena.'', bringt Nik mühsam hervor und ich muss ihn stützen, damit er nicht stolpert, da er ziemlich unsicher herumschwankt. ,, Los Lena, hol deinem Lover ein Bier, ich passe auf ihn auf.'' Die ist gerade die Richtige!, denke ich für mich. ,, Ja Lena, b...bitte. Ich hab solchen Durst.'', sagt er und drückt mir einen Kuss auf die Wange. Igitt! Er riecht total nach Bier. Bäh! Ich rümpfe die Nase und gehe rein. Drinnen an der Bar steht ein Junge, auch ziemlich zu, und starrt mich an, während ich auf das Bier warte. ,, Kenn ich dich woher?'' ,, Wer? Mich? Ne, Du verwechselst mich nur.'', antworte ich, als er mich einfach so anspricht. ,, Darf ich dir 'nen Drink ausgeben?'' ,, Sorry, keine Zeit. Mein Freund wartet draussen auf sein Bier.'' ,, Der, der gerade mit dieser Tussi rumknutscht?'', fragt er und nickt Richtung ausgang. Die Tür ist offen und ich sehe, wie sich Vanessa und er küssen. Naja, sie knutschen schon richtig. Vanessa hält ihm am Kragen und er macht einfach mit. Mir bleibt der Mund offen stehen. Das darf doch nicht wahr sein! Nik! ,, Dann wird's bestimmt erlaubt sein, dass du und ich uns auch einen kleinen Spass gönnen.'', meint der Typ, packt mich und zieht mich an sich. ,, Nein! Lass mich! Lass mich sofort los!'' Ich schreie wie verrückt und versuche mich aus dem Griff zu bekommen. Keine Chance. Plötzlich packt mich jemand an der Schulter, zieht mich weg und -peng- schlägt dem Typen mitten ins Gesicht. Nik. ,, Lass meine Freundin in Ruhe!'', schreit er. ,, Ach, und mit wem hast du denn geknutscht?'', wehrt sich der Typ. Da muss ich ihm recht geben. Was sollte das? ,, Das geht dich nichts an.'', brüllt Nik und will nochmals ausholen, doch der Typ stösst ihn zurück. Nik fällt auf den Boden, weil er kein Gleichgeweicht mehr hat. Der Typ kniet sich über ihn und schlägt zu. ,, Spinnst du?! Lass Nik in Ruhe!'' Ich zerre an dem Typen, als zum Glück Rico kommt und mir hilft, den Typen weg zu kriegen. Dann schlägt er dem Typen auch nochmals die Faust in seine Fresse und lässt ihn los. Ich habe mich zu Nik gekniet, der vor Schmerzen stöhnt. Seine Nase blutet und an der linken Augenbraue hat er eine kleine Wunde. Ich helfe ihm auf, stütze ihn auf einen Stuhl und gebe ihm ein Taschentuch für die Nase. Die Leute drumherum reden so miteinander, als wäre nichts geschehen. Eine kleine Prügelei ist wohl nichts Seltenes bei denen. ,, Man Alter! Das war vielleicht eine Nummer zu gross für dich, wenn du nicht mehr klar denken kannst.'', meint Rico und klopft Nik auf die Schulter. Rico hat seine Bier ziemlich gut verdaut und ist noch etwas nüchterner als Nik. Rico drinkt wohl auch öfters zu viel. ,, Mhm. Aber der M...Mistkerl hat Lena angegriffen.'' ,, Ich hätte mich auch selber wehren können.'', sage ich ein wenig schnippisch weil ich sauer auf Nik bin. Der sieht mich an, als wäre ICH nicht mehr ganz richtig und wüsste nicht, was ich da sage. ,, Kommt, gehen wir besser raus. Hier drinn wird's einem nur schlecht.'', wirft Rico dazwischen und so gehen wir raus. Vanessa wartete bereits auf uns oder wohl eher auf Nik.
,, Niki!'', ruft sie zuckersüss und läuft auf ihn zu. Sie ignoriert völlig, dass Nik meine Hand hält. Ich ziehe meine Hand vorsichtig aus seiner. ,, Lass d...eine dreckigen Gr...iffel von mir, du...Schlampe.'', sagt er mit rauher Stimme und schupst Vanessa von sich. ,, Es ist besser, wenn wir alle nach Hause gehen. Komm Vanessalein, ich bringe dich nach Hause.'', sagt da Rico. ,, Iiih! Lass mich. Ich finde selber nach Hause.'' Sie dreht sich beleidigt um und geht. Rico verabschiedet sich von mir und Nik und sagt noch zu mir: ,, Pass gut auf Nik auf. Der ist nicht mehr ganz klar im Kopf.'' ,, Ich weiss. Ciao.'', sage ich sauer und Rico geht. Ich nehme Nik rasch an der Hand und ziehe ihn hinter mir her. ,, Nich so schnell. Lena!'', jammert Nik hinter mir. Ich bleibe ruckartig stehen und Nik stolpert in mich hinein. ,, Uuf.'', sagt er, als er in mich stolpert. ,, Jammer gefälligst nicht rum, sondern lauf einfach, kapiert?'', blaffe ich ihn an. ,, Was is'n mit dir los?'', fragt Nik. ,, Das fragst du noch? Du knuschst mit Vanessa rum, vermöbelst einen Typen, der mich gerade mal an den Schultern gefasst hat und besäufst dich in den Boden. Dann fragst mir, was los ist?'', schreie ich ihn an. ,, Sch...schrei doch nich so.'', murmelt er und sieht mich traurig an. ,, Lena, es t...ut mir l...eid. Ich habe einfach zu spät gemerkt, was Va...nessa macht.'' ,, Jaja, sicher. In deinem Zustand weiss man eben nicht mehr was man tut. Ich bringe dich jetzt nach Hause, dann geh' ich.'' Ich drehe ich um, damit er die aufsteigenden Tränen nicht sieht. ,, Warte! Wohin willst du?'' ,, Nach Hause!''
,, Lena, ich...'' ,, Lass es einfach, ja? Schaffst du es alleine nach Hause?'' ,, Ich...denke....schon. Wieso?'', sagt er zögernd. ,, Weil ich jetzt nach Hause gehe. Ich hab alles bei mir. Tschüss.'' ,, Du kannst doch jetzt nicht einfach nach Hause gehen!'' ,, Und ob ich das kann!'', rufe ich unter Tränen. ,, L...Lena, wein doch nich. B...bitte.'', bittet mich Nik und will mich umarmen.
,, Lass mich! Ich gehe jetzt. Tschüss.'' Somit drehe ich mich um und mache mich auf den Weg zur Bushaltestelle. Unterwegs rufe ich noch Luisa an. ,, Was ist denn mit dir los, mein Mädel?'' ,, Kannst du mich bei der Bushaltestelle abholen?'', schniefe ich ins Handy. ,, Ja, aber was ist denn mit Nik? Wolltest du nicht bei Nik...'' ,, Nein, hol' mich bitte ab.'' ,, Na gut. Ich bin gleich bei dir.'' Ich setze mich auf die Bank unter dem Dächlein und warte. Da klingelt mein Handy. Nik. Ich drücke ihn weg und denke nach. Darüber, was ich heute alles erlebt habe. Nik hat mit Vanessa geknutscht. Er wurde sauer, was man einerseits verstehen kann, hat eingegriffen und mich beschützt. Andererseits hatte er selbst gerade geknutscht. Und das erst noch mit Vanessa. Ich muss wieder weinen und bin erleichtert, als ein Auto vor mir anhält. Ich springe auf und schnell in den Wagen. ,, Meine Güte, Lena! Was ist denn passiert?'', fragt Luisa mich erschrocken und wendet den Wagen.
,, Es ist so viel passiert. Es war schrecklich.''
,, Erzähl mir alles auf dem Rückweg. Zeit haben wir genug.'' Ich beginne also zu erzählen. Alles.
***
Endlich kommen wir zu Hause an. ,, Weiss Nik, dass du wieder nach Hause wolltest?'' ,, Ja, ich habe ihm gesagt, dass ich nach Hause gehe.'' ,, Das ist schon mal gut. Gehen wir erstmal rein und machen es uns auf dem Sofa bequem.'' Gesagt, getan.
Zehn Minuten später sitzen wir auf dem Sofa und reden. ,, Also, es hat eher danach ausgesehen, dass Vanessa Nik geküsst hat?'' ,, Ja, aber er hat mitgemacht. Ich meine, nicht nur hinziehen, küssen und fertig. So richtig eben geknutscht.'' ,, Er war ein wenig betrunken?'' ,, Ja, er schwankte ziemlich, war aber dann doch noch in der Lage mich aus den Griffen von diesem Typen zu befreien.'' ,, Das zeigt doch nur, dass er Angst um dich hatte.'' ,, Oder, dass er eifersüchtig wurde und mir deswegen geholfen hat. Ich meine, er hielt mich nur an den Armen, Nik hingegen knutschte mit dieser Tussi rum.'' ,, Lena, ich kann dich verstehen dass du wütend und verletzt bist, aber heute Abend ist einfach alles ein wenig dumm gelaufen.''
,, Ein wenig?'' ,, Naja, für dich war es schrecklich, weil du dich nicht wohlgefühlt hast.'' ,, Ich war im falschen Film.'' ,, Genau, so kann man es auch sagen.'' ,, Was soll ich jetzt machen?''
,, Du liebst Nik noch?'' ,, Ja, sehr.'' ,, Was möchtest du denn tun?'' ,, Frei sein. Nicht mehr müssen leiden. Freie Bahn auf die grosse weite Welt haben, ohne, dass jemand eingreift wegen Eifersucht oder so.'' ,, Du willst Schluss machen?'' ,, Ich weiss nicht, Luisa. Ich schlafe erstmals eine Nacht drüber. Wenn er sich in den nächsten Tagen meldet, dann überlege ich es mir, sonst ist es klar, was ich machen werde.''
Und wie er sich meldete. Zuerst kam am nächsten Morgen eine SMS:
Liebe Lena
Fühle mich total shite,
habe Kopfschmerzen
und mir ist übel. Aber
vorallem habe ich ein
schlechtes Gewissen und
Liebeskummer, weil ich
dich total vermisse. Es tut
mir so leid, was ich getan
habe. VERZEIH MIR!
Ich liebe dich, Nik
Tja, geschieht ihm wirklich recht. Aber er hat auch ein schlechtes Gewissen und Liebeskummer. Wieso Liebeskummer?
Hei, soll ich jetzt etwa
Erbarmen mit dir haben?
Wieso Liebeskummer?
Schlechtes Gewissen
reicht.
Es dauert nicht lange und die nächste Antwort kommt:
Nein, Erbarmen musst
du nicht haben. Ich habe
dich schliesslich verletzt,
nicht umgekehrt. Wieso
Liebeskummer? Ist doch
logisch: Ich wüsste ja nicht
wie ich an deiner Stelle
reagieren würde, aber ich
selber habe verdammt grosse
Angst, dass ich dich verliere!
In Angst und Bange, dein Nik
Trotzdem Stein im Magen und dem Herzschmerz muss ich ein wenig lächeln. Ich habe noch gar nicht geantwortet, als die nächste SMS eintrudelt.
Willst du Schluss machen?
Ob ich Schluss machen will? Ne, ich liebe ihn schliesslich. Ich würde mir damit nur selber schaden. Das schreibe ich Nik zurück und als Antwort kommt:
GOTTSEIDANK!
ICH LIEBE DICH<3<3<3
Achherrjemine! Diese drei letzten Worte gehen mir total ins Herz und es wird ganz warm in mir drin. Ich kann nicht anders und antworte:
Ich dich auch<3<3<3
***
Am Montag in der Schule fragt Flora mich: ,, Na, wie war's bei deinem Nik?'' Ich habe ihr erzählt, dass ich das Wochenende bei Nik verbringen wollte. Ich erzähle ihr flüchtig, was los war. Ich möchte eigentlich nur mit Luisa richtig drüber sprechen. Aber darf ich Flora fast nicht sagen. Es würde sie wahrscheinlich verletzen. ,, Was? Er hat eine andere geküsst? Wow. Ich glaube, ich würde sofort mit ihm Schluss machen.'' ,, Aber er war ja ein wenig betrunken und wusste nicht recht, wie ihm geschah.'' ,, Du nimmst ihn in Schutz.'', stellt Flora lächelnd fest. ,, Wieso lächelst du jetzt?''
,, Weil ich eure Liebe einfach nur romantisch und süss finde. Habt ihr euch wieder vertragen?'' ,, Nein, es tut schon noch weh, aber ich werde ihm vielleicht schon bald wieder verzeihen.'' ,, Das glaube ich auch.''
Am nächsten Tag am Mittag, als ich nach Hause komme, meint Luisa: ,, Sieh mal in dein Zimmer auf deinem Bett, dort ist was für dich.'', und zwinkert mir zu. Na, was wird das wohl sein?, frage ich mich und gehe in mein Zimmer. Auf meinem Bett liegt eine rote Rose mit einem Zettel dran.
Liebe Lena
Es tut mir soooo wahnsinnig leid, was ich dir angetan
habe. Ich war zwar besoffen, aber das ist keine
Entschuldigung. Ich habe dich wie Dreck behandelt
und dich links liegen lassen. Dabei habe ich dir
genau das Gegenteil versprochen. Ich kann verstehen,
wenn du wütend und verletzt bist, hoffe aber, dass du
mir bald wieder verzeihst. Ich kann mir vorstellen, dass
du im Moment nicht mit mir reden willst und rufe daher
nicht an. Aber diese Rose musste ich dir als Zeichen
dafür schicken, dass ICH DICH LIEBE und NICHT
VERLIEREN WILL!
Love you 4-ever, dein Nik
WIE SÜÜÜSSSS!!! Aber reden will ich wirklich noch nicht mit ihm. Doch, damit er beruhigt sein kann, schreibe ich ihm 'ne kurze SMS:
Danke für die Rose.
Liebe dich auch!
Lena
Komisch, denke ich, in der Primar hätte ich nie gedacht, dass wir mal in solch eine Situation kommen würden. In der fünften Klasse hätte ich schon gar nicht gedacht, dass ich überhaupt mal mit ihm zusammen sein würde. So lange. Ich muss lächeln. Auch wenn er mich verletzt hat, ich liebe ihn und kann ihm nicht wirklich fest böse sein. Nik hat es nicht mit Absicht getan und liebt mich. Das weiss ich auch ohne Rose und SMS. Na gut, SMS muss schon sein, aber ich weiss es jetzt jedenfalls noch einmal mehr!
***
Die Woche vergeht langsam, doch irgendwie schnell, und es ist wieder Freitag. Der Tag geht schnell rum und die Schule ist aus. Flora hat mit Lukas eine Verabredung und ich laufe ins Dorf um mir eine Zeitschrift zu kaufen. Gemütlich laufe ich wieder zurück nach Hause und traue meinen Augen kaum. Vor der Tür auf der Treppe sitzt Nik und schaut mir entgegen.
,, Nik? Was tust du denn hier?'' Ich fühle etwas schweres in meinem Magen. Es tut mehr weh, als ich dachte, wenn ich ihn sehe. Er kommt auf mich zu und bleibt vor mir stehen. Vorsichtig streicht er mir über die Wange. Wie ich diese Geste vermisst habe! Ich schliesse die Augen und merke, wie ich am Liebsten heulen würde. Als ich die Augen öffne, kullert mir eine Träne langsam über die Wange.
,, Lena, es....es tut mir so leid. Ich habe mich scheusslich benommen.'', sagt Nik leise. Ich schlinge die Arme um ihn und er drückt mich fest an sich. Nun merke ich, dass die Tränen mehr davon sind, dass ich ihn schrecklich vermisst habe und nicht davon, dass ich noch verletzt wäre. Es tut ja schon noch weh, aber nicht mehr so heftig wie am Anfang. ,, Ich habe dich so vermisst, Nik.'' ,, Echt?'' ,, Ja, wieso nicht?'', frage ich verdutzt und schaue ihn an.
,, Naja, ich wüsste ja nicht, wie ich mich an deiner Stelle benommen hätte. Ich hätte mich wohl zum Mond schiessen können.'' ,, Ach, nein, das nicht.''
,, Aber?'' ,, Ich war einfach nur verletzt, wütend und sauer auf dich und diese blöde Vanessa.'' ,, Sie hat meine Besoffenheit ziemlich ausgenutzt.'' ,, Und du hast mitgemacht. Ich hätte mich vor dir in Luft auflösen können, du hättest es nicht bemerkt.''
,, Nein Lena. Ich...ich war einfach nur zu. Ich habe jedenfalls noch gemerkt, als Vanessa mich küsste und dieser Typ sich an dich ranmachte.'' ,, Er hat mich nur an den Schultern gefasst.'' ,, Er hätte dich bestimmt noch geküsst und wäre dir an die Wäsche gegangen.'' ,, Will ich mir lieber nicht vorstellen. Aber wäre vielleicht gar nicht so schlecht gewesen, wenn du gesehen hättest, dass nicht nur du fremdknutschen kannst.'' ,, Lena, es tut mir wirklich leid. Ich habe an diesem Abend noch gespürt, was ich angestellt habe und wie verletzt du warst. Ich konnte es leider nicht mehr rückgängig machen und kann es auch heute nicht. Ich kann dir nur sagen, wie leid es mir tut und wie sehr ich dich liebe.'' Wie schön! Ich kann einfach nicht mehr sauer sein. ,, Das Thema ist gegessen.'', sage ich deshalb als Friedensangebot.
,, Wirklich?'' Ich nicke nochmals und dann küsst er mich endlich wieder.
So haben Nik und ich dieses Thema abgeschlossen und schauen wieder nach vorne. Nik hat mir gesagt, dass er nie wieder mit Vanessa sprechen würde und mich wirklich, wirklich immer verteidigen würde, wenn jemand einen Spruch loslassen würde gegen mich.
Die nächste Zeit verläuft dann auch viel besser. Nik und ich sind wieder so verliebt, wie am Anfang unserer Beziehung. Mia und ich....
,, Kommst du nachher nach, Lena?'', fragt Flora mich, die auf dem Weg zum Pausenkiosk ist. ,, Klar, komme gleich.'' Muss nur noch schnell was einpacken, weil ich es sonst eh wieder vergesse. ,, Lena?'', fragt jemand hinter mir, der oder besser, die wie Mia klingt. ,, Hm?'' ,, Kann ich dich kurz sprechen?''
,, Ja, was ist?'' ,, Du...bist ja noch mit Nik zusammen, oder?'' ,, Ja, bin ich.'', seufze ich genervt. Geht das schon wieder los? ,, Ich will dich ja nicht nerven, aber...'' ,, Tust du aber.'', unterbreche ich sie barsch. ,, Wir könnten wieder einmal was zusammen unternehmen, oder was meinst du?'', fragt sie mich, als wäre es das normalste der Welt, mit der Ex-Kollegin was zu unternehmen. ,, Mia,'', sage ich und schaue sie an, ,, du hast dich von mir entfernt und wolltest nichts mehr mit mir zu tun haben und hast dich total daneben benommen. Ich habe Flora gefunden, meine neue beste Freundin. Wieso sollte ich jetzt plötzlich was mit dir unternehmen? Um mir weitere ,Halt-dich-von-Nik-fern'- Vorträge anzuhören? Nein danke. Kein Bedarf.'' ,, Aber nein, ich....es ist mir doch total schnuppe, mit wem du zusammen bist.'' ,, Und wieso hast du vorhin gefragt, ob ich noch mit ihm zusammen sei?'' ,, Darf ich mich etwa nicht mal nach deinem Wohlergehen erkundigen?'' Tzz, als ob es ihr nur darum gehen würde. Ich seufze nur. ,, Also, unternehmen wir was?'' ,, An was hättest du denn da gedacht?'' ,, Na, Kino, Shoppen oder schwimmen gehen.'' ,, Aha. Und wann?''
,, Heute?'' ,, Heute geht nicht. Bin mit Nik verabredet.'' ,, Mitten in der Woche?'' ,, Ja, was dagegen?'' ,, Ne, aber er wohnt doch nicht ganz in der Nähe, oder?'' ,, Wir finden immer einen Weg, uns zu sehen.'' ,, Hmm, und was ist mit morgen?'' ,, Ich gebe dir heute Abend Bescheid. Ich schreibe dir 'ne SMS, okay?'' ,, Ja, in Ordnung. Tschüss.''
Am späteren Nachmittag treffe ich also noch Nik und erzähle ihm von dem Gespräch mit Mia. ,, Ich würde mit ihr was unternehmen, wenn ich dich wäre.''
,, Aber dann quatscht sie mich wieder mit ihren Vorträgen zu, ausserdem mag ich mich gar nicht mit ihr treffen. Und eine Versöhnung Richtung Freundschaft kommt nicht in Frage.'' ,, Wieso so negativ, Lena? Du hast ja Flora als deine beste Freundin, aber wäre es nicht trotzdem noch gut, wenn du noch eine weitere Freundin hättest? Ich meine, nur eine lockere Freundschaft, was unternehmen und so. Nicht eine alle- Geheimnisse-anvertrauen-und-alles-miteinander-Teilen-Freundschaft.'' ,, Ach, ich weiss nicht so recht.'' ,, Aber ich weiss es. Du unternimmst morgen was mit ihr und dann könnt ihr euch nämlich nochmals so richtig aussprechen.''
,, Hm...wenn du meinst.'', sage ich langsam und rümpfe die Nase.'' ,, Und wie ich das meine. Du wirst sehen. Ihr werdet euch bald wieder besser miteinander verstehen.'' ,, Na gut. Und was sollten wir deiner Meinung nach tun?'' ,, Ein Eis essen gehen. Da kann man am besten miteinander sprechen.''
,, Meinetwegen...'' ,, So gefällst du mir.'', grinst Nik und küsst mich. Dann bin ich ja mal gespannt, wie das mit Mia so laufen wird.
***
Am nächsten Nachmittag um 15.00 Uhr bin ich dann also mit Mia im Eiscafé McSoleil verabredet. Pünktlich treffe ich dort ein und ein paar Minuten später taucht auch schon Mia auf.
,, Hei Lena. Super, das du Zeit hattest.'' ,, Kein Problem.'' Wir bestellen uns ein Eis und dann....,, Flora ist jetzt wahrscheinlich deine neue beste Freundin, was?'' ,, Ja, ist sie. Ist das schlimm für dich? Ich meine, zu sehen, wie ich jetzt einer anderen Freundin alles anvertraue und nicht mehr zu dir komme?'' ,, Ach, äh...ne, eigentlich nicht. Ich kann dich ja verstehen.''
,, Ehrlich?'' ,, Ja, ich würde wohl an deiner Stelle auch nichts mehr mit mir zu tun haben wollen.''
,, Wenn ich nichts mehr mit dir zu tun haben wollte, würde ich mich wohl kaum hier mit dir treffen.''
,, Bist du freiwillig gekommen?'' ,, Wie meinst du das?'' ,, Naja, du hast gezögert, als ich dich für ein Unternehmen fragte.'' ,, Ich gebe zu, ich musste zuerst darüber nachdenken und habe auch Nik um Rat gefragt. Ich meine, seit....seit der fünften Klasse, als Nik in unsere Klasse gekommen ist, ist unsere Freundschaft langsam dahingeschmolzen und nun ist bisher nichts mehr übrig geblieben. Du hattest schon immer was gegen Nik, konntest es nicht akzeptieren, dass ich ihn mochte und hast ihn mit anderen zusammen gedisst. Und mich auch. Macht sowas eine beste Freundin?'' ,, Nein, natürlich nicht. Ich spürte doch, dass dich was mit ihm verbindet, dass du ihn von Anfang an sehr mochtest. Ich hatte einfach immer Angst, dass ich dich verlieren würde an ihn. An einen Jungen. Ich wurde auch eifersüchtig und wollte dich für mich alleine. Doch ich hatte leider keine Chance mehr bei dir.''
,, Aber Mia, wenn du dich nicht so daneben benommen hättest, wären wir heute noch Freundinnen.'' ,, Beste Freundinnen?'' ,, Wer weiss. Vielleicht hätte ich ja jetzt zwei beste Freundinnen und wir würden alles zu dritt machen. Aber unsere Wege haben sich getrennt und wir sind fast sowas wie Feinde geworden.''
,, Nein, Feinde nicht.'', wiederspricht mir Mia heftig. ,, Dann ist eben unsere Freundschaft einfach kaputt gegangen. Aber Feinde kann man es eigentlich auch nennen, da du mich auch ein wenig gedisst hast. Waren die Zettel von dir?'' ,, Naja, nicht wirklich. Daniel hat sie geschrieben. Ich...er wollte nicht dran kommen, hat sich auch ein wenig in dich verliebt und es ist einfach alles aufgegangen.'' ,, Also, ich fasse zusammen: Daniel hatte sich ein wenig in mich verliebt, aber gewusst, dass meine Interesse bereits Nik galten, du hattest die Idee mit den Zetteln, doch die Inhalte waren von ihm. Wieso hat er dann mir angegeben, er wolle mit dem allem nichts zu tun haben?'' ,, Mensch Lena, du bist doch sonst nicht auf den Kopf gefallen. Meinst du, ein ertappter Mörder vor seinen Plänen würde dir sagen: , Ja Lena, ich will Nik umbringen. Kannst mich anzeigen gehen.' ?'' ,, Nein, das wohl nicht.'' ,, Eben.''
,, Aber, dass er mich erpresst hat, das hätte ich ihm nie zugetraut.'' ,, Das hat aber schon nichts mehr mit mir zu tun. Ich glaube, er war einfach verrückt. Verliebt in dich, Hass gegen Nik und in der Schule auch nur Durchschnittsschüler.''
,, Was heisst hier ,nur'? Ich bin auch nicht Klassenbeste gewesen.'' ,, War ja auch nicht so gemeint.'' ,, Schon klar.'' Nach einer kurzen Schweigeminute, meint Mia: ,, Du Lena?'' ,, Hm?''
,, Ich weiss ja, ich habe sehr vieles falsch gemacht. Bei dir, bei Nik, in unserer Freundschaft und so. Ich bereue es sehr. Ich mag Nik zwar immer noch nicht ganz.'' ,, Das ist mir eigentlich egal, aber es würde mich schon interessieren, wieso nicht. Ich meine, er hat sich total verändert.'' ,, Ja, ich weiss. Nein, also, ich weiss ja nicht, wie er jetzt ist und wie er in einer Beziehung, also in eurer Beziehung ist, aber ich mag ihn einfach nicht. Ich kann es auch nicht erklären.'' ,, Könnte es sein, dass du...unter Umständen...nur vielleicht...naja...ein wenig....in Nik...verliebt warst?'' Eigentlich hätte ich jetzt ein ,Geht's noch, Lena?', erwartet, statt dessen:
,, Ja, könnte vielleicht sein. Ich hab's wahrscheinlich nur verdrängt, weil....es waren nur sehr wenig Gefühle. Schon fast unmerklich. Aber ich wollte mich nicht in einen Weiberheld verlieben. Ich wollte mich noch gar nicht verlieben und ausserdem wusste ich erstens, dass ich keine Chance bei ihm haben würde und zweitens, dass du dich in ihn verliebt hattest.'' ,, Du wusstest das? Seit wann?''
,, Seit dem ersten Mal, als du ihn verteidigt hast. Als du ,Mia' gesagt hast wusste ich, dass du ihn mochtest. Ich habe dich nie darauf angesprochen, weil wir auch so schon viel Streit hatten, vorallem wegen mir, aber es kam auch nie der richtige Zeitpunkt und...damals hättest du mit mir gar nicht über sowas sprechen können. Ich hätte dir 'nen Vogel gezeigt und nicht verstanden, was du an dem findest.'' ,, Und heute verstehst du mich?'' ,, Tja, ihr seid jetzt seit zwei Jahren zusammen. Ich glaube, ich kann es jetzt verstehen. Mit 11 schon so verliebt zu sein und sogar eine Beziehung anzufangen ist nicht das Häufigste in dem Alter.'' ,, Das hat Luisa mir auch gesagt.'' ,, Eben. Und jetzt die Fernbeziehung. Ich würde sowas nie aushalten und du....ich dachte immer, es würde nicht mehr halten.'' ,, Ich muss zugeben, es ist nicht einfach manchmal. Aber wir lieben uns eben. Und ob jetzt Nah- oder Fernbeziehung, immer gibt es mal Streit und solche Sachen. Das gehört dazu. Da schlägt man sich eben durch und fertig.'' ,, Ja, du sagst es.'' ,, Ehm...wolltest du vorhin eigentlich nichts was sagen? Du hast mit deinen Fehlern angefangen. Oder täusch ich mich?'' ,, Nein, ich wollte wirklich noch was sagen. Oder besser; fragen.'' ,, Schiess los.'' ,, Da wir uns nun ein wenig ausgesprochen haben und einiges geklärt ist,- ist es ja, oder?'' ,, Ja, ist es.'' ,, Also, da wollte ich dich frage, ob wir vielleicht wieder Freundinnen werden könnten. Nicht beste Freundinnen, aber einfach nur Freundinnen, die was unternehmen und Spass miteinander haben. Hm?'' ,, Hm....ja, ich wäre der Meinung, dass wir nochmals von vorne Anfangen könnten. Aber nur, wenn du mir keine Vortärge mehr hälst.'' ,, Versprochen!'', lacht Mia und wir stossen mit unseren Eisgläsern auf einen Neuanfang an. Ist doch alles gut gelaufen, oder? :)
***
Am Abend rufe ich Nik an, weil ich ihm versprochen habe, ihm zu erzählen, wie es gelaufen ist. Als ich mit meiner Erzählung fertig bin, meint er: ,, Ich wusste es! Ich wusste es einfach! Nun wird doch noch alles gut.'' ,, Jap, hoffen wir's.'' ,, Und sie weiss nicht, weshalb sie mich nicht mag?'' ,, Naja, sie war eben eifersüchtig auf uns, auf mich, auf unsere Beziehung und so. Aber das ist eigentlich auch egal. Sie wird mir in Zukunft jedenfalls keine Vorträge mehr über dich halten.'' ,, Schon mal gut zu wissen. Lena, ich bin wirklich sehr froh, dass du dich mit Mia wieder versöhnt hast und ihr einen Neuanfang startet. Ich weiss, es ist vielleicht nicht ganz einfach für dich, aber glaub mir, Mia schätzt es bestimmt sehr und du wirst es auch nicht bereuen.'' ,, Hm, ja, hast bestimmt wieder einmal recht.'' ,, Wie immer.'' Ich lache und dann wünschen wir einander eine gute Nacht. Dann rufe ich noch schnell Flora an. Ihr habe ich auch noch alles zu erzählen. Sie ist ebenfalls begeistert. ,, Du, dann können wir in Zukunft ja auch mal was zu dritt unternehmen, oder was meinst du?'' ,, Mhm, bestimmt. Aber wir lassen es langsam angehen. Ich will nichts überstürzen.'' ,, Du hörst dich an, als würdest du von einer Beziehung sprechen.'' ,, Mmm, Freundschaftsbeziehung. Gibt es doch bestimmt auch, oder?'' ,, Ja, bestimmt.'', lacht Flora, dann beenden auch wir das Gespräch. Nun muss ich nur noch Luisa alles erzählen. Sie sitzt im Wohnzimmer auf dem Sofa und liest in einer Zeitschrift. ,, Luisa?'' ,, Ja? Solltest du nicht schon im Bett sein?'' ,, Ich weiss. Nur ganz kurz.'' ,, Na gut. Komm, setz dich zu mir.'' Ich nehme neben Luisa auf dem Sofa platz und fange an zu erzählen. Luisa hört gebannt zu und als ich fertig bin, meint sie: ,, Nik hatte schon recht. Es ist immer gut, mehr als eine Freundin zu haben. Es müssen ja nicht gleich hundert beste Freundinnen sein, aber so zwei, drei wären nicht schlecht. Es ist gut von dir, euch noch eine zweite Chance zu geben und von Vorne anzufangen.'' ,, Ja, das weiss ich ja jetzt. Hat Nik mir genug unter die Nase gerieben.'' ,, Das ist auch gut so. Ich hoffe jedenfalls, dass du es nicht bereuen wirst. Ach was, ich weiss, dass du es nicht bereuen wirst.'' ,, Jaja, merk ich ja dann.'' Nun mache ich mich, nachdem ich Luisa gute Nacht gesagt habe, aber wirklich auf den Weg ins Bett. Schliesslich ist am nächsten Tag Schule und ich bin ja nicht gerade Frühaufsteherin... ;)
***
3 MONATE SPÄTER
Wie die Zeit alles so verändern kann. Ist schon fast unheimlich. Heute ist alles in Butter, morgen ist alles im Keller. Super, echt. Naja, am Besten erzähle ich der Reihe nach.
Mia, ich und Flora sind ein tolles Dreiergespann und kommen alle gut zu Recht miteinander. Ich und Flora sowieso. Flora und Mia auch, ich und Mia auch. Da fehlt es an nichts. Aber, wenn es in der Freundschaft mal rund läuft, muss natürlich Privat alles schief laufen. Das heisst, nicht nur schief laufen...
***
Huch! Ich bin gerade von irgendeinem Lärm aus dem Schlaf gerissen worden. Total erschreckt hab ich mich. Was wohl passiert ist? Es kam von der Küche. Leise stehe ich auf und tappe die Treppe runter. In der Küche mache ich Licht und- schreie. ,, Ah! Luisa! Luisa!'' Vor mir auf dem Boden liegt eine bewustlose Luisa. Ich knie mich neben sie hin und befühle ihren Puls. Der ist in Ordnung. Atmen tut sie auch noch. Da ich nicht weiss, was los ist und was ich sonst tun könnte, rufe ich einen Krankenwagen. 20 Minuten später wird Luisa auf einer Trage in den Krankenwagen getragen. ,, Kommst du alleine klar?'', fragt mich einer der Krankenmänner. ,, Klar, kein Problem für mich.'' ,, Wir Informieren die Nachbaren, damit du nicht alleine bist.'' Das ist nicht mehr nötig. Die Nachbaren sind bereits aufmerksam geworden und Frau Blümling steht vor der Tür. ,, Um Gottes Willen, was ist denn passiert?'', fragt sie entsetzt. ,, Das weiss ich nicht so genau. Luisa lag ohnmächtig in der Küche auf dem Boden. Ich habe den Krankenwagen gerufen.'' ,, Sehr klug von dir, Kindchen. Willst du zu mir rüber kommen, damit du nicht alleine bist?'' ,, Nein, nein, es geht schon. Ich gehe jetzt wieder schlafen.'', beruhige ich Frau Blümling.
Doch als ich im Bett bin, kann von schlafen keine Rede sein. Unruhig wälze ich mich hin und her und schlussendlich rufe ich Nik an. Es ist zwar erst zwei Uhr Morgens, aber er hat mir gesagt, ich dürfe ihm um jede Zeit anrufen. Nach dem 12. Klingeln nimmt er dann auch endlich ab. ,, Ja?'', meldet er sich schlaftrunken. ,, Nik, ich bin's, Lena. Tut mir leid, dass ich dich wecke, aber ich musste dich einfach anrufen.'' Als Nik wieder was sagt, klingt er schon viel munterer. ,, Ist was passiert?'' ,, Ja, kann man so sagen. Luisa ist zusammengebrochen. Ich hab sie ohnmächtig in der Küche gefunden. Zuerst habe ich den Puls befühlt und so, aber da war alles normal, dann habe ich einen Krankenwagen gerufen. Jetzt ist sie im Krankenhaus und ich sitze im Bett und kann nicht schlafen.'' ,, Oh Gott, du Arme. Und du hast keine Ahnung, was sie haben könnte?'' ,, Nein, ich bin von einem Lärm aus dem Schlaf gerissen worden und in die Küche gegangen. Das Licht war aus und Luisa auf dem Boden.'' ,, Oh man. Klingt nicht gerade gut. Hast du Angst?'' ,, Ich weiss nicht so genau. Ich wünschte nur, dass du jetzt hier wärst. Mein Herz klopft wie verrückt. Ist das normal?'' ,, Klar, du hast wahrscheinlich schon ein bisschen Angst. Und bestimmt noch ein wenig ein Schock in den Knien, was?''
,, Könnte sein, ja.'' Schweigen. Dann meint Nik: ,, Ich komme morgen...äh, heute nach der Schule sofort zu dir, okay? Damit du nicht so alleine bist.''
,, Danke. Frau Blümling, unsere Nachbarin, hat angeboten, dass ich zu ihr gehe, aber ich wollte nicht.'' ,, Klar, du wolltest bestimmt alleine sein.'' ,, Irgendwie schon, ja. Aber jetzt, jetzt möchte ich bei dir sein.'' ,, In ungefähr 14 Stunden bin ich bei dir.'' ,, Hurra. 14 Minuten wären mir lieber.'' ,, Tut mir leid, Lena. Meinst du, du kannst jetzt wieder schlafen?'' ,, Ich versuch es. Aber wohl eher nicht.'' ,, Hör ein wenig Musik, das lenkt dich ab. Und denk an mich, das lenkt dich noch mehr ab.'' Ich muss lächeln. ,, Ja, mach ich. 'tschuldigung nochmals wegen der Störung. Kannst jetzt wieder schlafen.''
,, Kein Problem. Ich liebe dich, Lena.'' ,, Ich dich auch. Tschüss.'' Nachdem ich aufgelegt habe, ist es wieder ganz still im Haus. Zu still. Ich stehe auf und lege eine CD auf, wie es Nik mir empfohlen hat. Dann denk ich an ihn, was ich eigentlich auch sonst mache und versuche zu schlafen. Nach dem achten Lied gelingt es mir dann auch.
Mist! Voll verpennt! Wieso hat Luisa....mit einem Schlag kommt mir alles wieder in den Sinn. Luisa in der Küche bewusstlos auf dem Boden...der Krankenwagen...das nächtliche Telefonat mit Nik...mir ist plötzlich alles egal. Bin eben heute mal 'krank'. Wenn juckts? Ich habe keinen Bock auf die Schule und sowieso schon den halben Morgen verpasst. Auf den Rest kommt es auch nicht mehr draufan. Ich merke, wie ich hunger habe und stehe auf. Ich gehe in die Küche und kaum bin ich da, vergeht mir der Appetit. Genau da lag gestern Luisa auf dem Boden. Nein, hunger habe ich jetzt keinen mehr. Ich gehe ins Wohnzimmer, wo Luisa ihre Zeitschrift hat liegenlassen und lese darin herum. Nichts interessantes. Ich bleibe auf dem Sofa sitzen und denke über alles nach. Über das, was ich erlebt habe, was passiert ist, was noch passieren könnte und und und.
Die Zeit vergeht total schnell und dann bekomme ich doch hunger. Ich mache mir eine Suppe und setze mich dann wieder in das Wohnzimmer. Alleine in der Küche halte ich es im Moment nicht lange aus. Als ich später wieder in mein Zimmer gehe, um mein Handy zu holen, sehe ich, dass eine SMS eingetrudelt ist von Flora.
Hei Lena
Wo bist du?
Alles okay bei dir?
Lg Flora
Ich antworte schnell:
Hei Flora
Fühle mich nicht so gut
und bleibe heute zu
Hause. Mach dir keine
Sorgen.
Lg Lena
Das ist wenigstens nicht gelogen. Ich fühle mich wirklich nicht gut. Angst um Luisa, der nächtliche Schock, der Krankenwagen. Das war etwas zu viel für mich. Gut, dass Nik heute kommt. Um etwa 13.00 Uhr klingelt das Telefon. Es ist das Krankenhaus.
,, Deiner Mutter geht es schon wieder besser.'' Mutter? Ach, die wissen gar nicht, dass Luisa nur meine Adoptivmutter ist. Aber was heisst hier ,nur'?
,, Kann ich sie also besuchen kommen? Heute?'' ,, Ja, kannst du. Bis 17 Uhr ist Besuchszeit.'' ,, Super, danke.'' Das ist ja schon mal eine gute Nachricht.
Um etwa 15.30 Uhr rufe ich Nik an. Er sollte bereits unterwegs sein, doch ich wollte ihm sagen, dass ich heute noch Luisa besuchen gehen kann. ,, Hallo?'', meldet er sich etwas mürrisch. Olla, hat da jemand schlechte Laune? ,, Hei Nik, ich bin's. Bist du schon unterwegs?'' ,, Unterwegs? Ne, ich komme nicht. Hab zu viel Stress.'' ,, Was? Und das sagst du mir erst jetzt?'' ,, Ich habe eben nicht daran gedacht.''
,, Okay. Wann sehen wir uns denn?'' ,, Man, woher soll ich das denn wissen? Kann ich hellsehen?''
,, Äh...habe nur so gefragt.'' ,, Muss jetzt Schluss machen, tschüss.'' Wow, das war ja ein telefonat. War das mein Nik, der gerade so mürrisch war? Und heute morgen früh noch so einfühlsam. Und jetzt....ich konnte ihm nicht einmal die gute Nachricht überbringen. Jetzt bin zwar ziemlich enttäuscht, dass ich ihn heute nicht mehr sehen kann, aber der Gedanke an Luisa heitert mich wieder etwas auf.
Nach ein paar Minuten mache ich mich bereit für den Krankenbesuch. Ich habe noch Frau Blümling gefragt, ob sie mich hinfahren könnte und sie hat sofort ja gesagt. ,, Immer Lena, immer.'', hat sie erfreut gesagt.
***
Nun sitze ich neben ihr im Auto und hoffe, dass wir bald da sind. Die meiste Zeit der Fahrt über quatscht sie mich zu. Ich höre zu, nicke ab und zu, schüttle mal den Kopf, sage mal ja, mal mhm, mal nein. Bei Frau Blümling muss man nicht umbedingt gesprächig sein, das ist sie schon und das reicht. Sie würde wohl noch mit mir reden, wenn ich tief und fest schlafen würde. Das würde sie wohl gar nicht merken.
Als wir endlich da sind, meint sie: ,, Ich gehe ein Kaffee trinken, während du deine Mutter besuchst, ja? Ich will nicht stören.'' ,, Oh, aber Sie stören doch gar nicht.'' ,, Trotzdem, ich bin sowieso nicht gerne in Krankenhäuser- oder Zimmern.'' ,, Na gut. Danke. Bis nachher.'' Eigentlich bin ich ja ganz froh, alleine zu Luisa gehen zu können. Eine plappernde Frau Blümling dabei zu haben, in einem Krankenhaus, an einem Krankenbett, das wäre wohl nicht sehr praktisch gewesen. Am Empfangstresen sage ich, zu wem ich will und mir wird die Zimmernummer gesagt. Erster Stock, Zimmer Nummer 240. Mit dem Lift in den ersten Stock und dann noch etwas den Flur entlang....und da ist es auch schon. Ich klopfe leise an die Tür und trete ein. Rechts neben der Tür ist ein Vorhang, hinter dem bestimmt auch ein Bett steht. Der Vorhang ist nicht sehr lang. Auf der linken Seite der Tür ist nochmals eine Tür. Bestimmt das Badezimmer. Dann auf der linken Seite zwei Betten und auf der rechten Seite ein Bett, in dem Luisa liegt. Sie ist zum Glück wach. ,, Lena, mein Mädel, wie schön, dass du da bist. Ich habe mir schon Sorgen um dich gemacht.''
,, Sorgen um mich? Ich eher um dich. Du bist ohnmächtig am Boden gelegen, nicht ich.'' ,, Aber du warst alleine.'' ,, Nein, nein, Frau Blümling hat mir angeboten bei ihr zu übernachten.'' ,, Und? Hast du?'' ,, Nein, aber es reicht ja, wenn sie schon neben dran wohnt.'' ,, Ja, das reicht. Jedenfalls bei einer solchen Nachbarin wie Frau Blümling.'', meint Luisa lächelnd. Ich setze mich auf's Bett und frage: ,, Und wie geht es dir jetzt? Was hast du überhaupt?'' ,, Mir geht es schon wieder viel besser. Aber ich weiss noch nicht, was ich habe. Die Ärzte geben heute noch Bescheid.'' ,, Hoffentlich nichts Schlimmes.'' ,, Bestimmt nicht. Und wie war's heute in der Schule?'' ,, Naja, ich weiss nicht. Ich habe zuerst verschlafen und bin dann gar nicht erst hingegangen, weil ich eh schon die meiste Zeit verpennt habe. Ist ja kein Weltuntergang.'' ,, Lena, Lena. Falls ich heute noch nicht nach Hause kommen darf, wirst du zu Frau Blümling gehen, ja?'' ,, Aber Luisa!'', wiederspreche ich unzufrieden. Niemals!
,, Kein Aber! Sonst verschläfst du nochmals und gehst wieder nicht in die Schule.'' ,, Doch, ich kann ja den Wecker stellen.'' ,, Lena, bitte mach mir den Gefallen, ja? Nur solange ich nicht da bin, okay?'' Ich seufze. ,, Na gut.'' Die Tür geht auf und eine Krankenschwester kommt mit einem Jungen in meinem Alter zur Tür hinein. Der Junge hat einen Verband um den Kopf, wie ein Stirnband und sieht zu Boden.
,, Und jetzt langsam hinsetzen. Gut so. Abliegen und jetzt ruh' dich ein wenig aus.'', meint die Schwester zu dem Jungen. Dann kommt sie zu Luisa und mir. ,, Du bist dann wohl Lena, hab ich recht?'', begrüsst die junge Krankenschwester mich freundlich. ,, Ja, bin ich. Guten Tag.'' ,, Ich muss deine Mutter jetzt zu einer Untersuchung mitnehmen. Dauert nicht lange. Kannst dich solange dort hinsetzen und eine Zeitschrift lesen, ist gut?'' ,, Mhm, mach ich.'' Neben dem Bett, also bei der Balkontür neben dran ist ein kleiner runder Tisch und zwei Stühle. Auf dem Tisch hat es ein paar Zeitschriften. ANABELLE, TINA, DAS NEUE und noch ein paar weitere Zeitschriften. Ich setze mich hin und die Schwester schiebt das Bett mit Luisa raus. Ich seufze wieder und nehme die erste Zeitschrigt. Nicht wirklich interessant. Also die zweite Zeitschrift und die Dritte. ,, Na, langweilig?'', fragt der Junge plötzlich.
,, Beobachtest du mich, oder wie?'', frage ich ihn. ,, Ja, kann man so sagen. Hat bis heute nichts schönes zu Entdecken gegeben hier drin.'' ,, Ach, und jetzt schon?'' ,, Ja, brauchst nur in einen Spiegel zu schauen, dann weist du's.'' Wow, der ist ja richtig gut in Komplimenten machen. Nicht mal so Billige. ,, Danke.'' ,, Kommst du ein wenig zu mir? Dann kann ich dich besser anschauen.'' ,, So interessant seh' ich nun auch wieder nicht aus.''
,, Hast du eine Ahnung. Kommst du nun oder nicht?''
,, Komme ja schon.'' Ich stehe auf und gehe hinüber zu dem Jungen und setze mich auf das Bett. In der Hand habe ich immer noch die Zeitschrift TINA. ,, Lena, also. Der Name passt zu dir. Wie alt bist du?'' ,, 15 geworden. Und du findest also, dass der Name zu mir passt?'' ,, Mhm.'' Der Junge drückt auf einen Knopf an dem Apparat neben dem Bett und das Kopfende kommt nach oben. Nun sitzt er im Bett und sieht mich an.
,, Willst du ein Foto, oder wie?'', frage ich ihn, da er mich immer noch ansieht. ,, Ohja, gerne!'', ruft er begeistert. Ich schüttle lächelnd den Kopf und frage dann: ,, Wie heisst du eigentlich? Und wie alt bist du?'' ,, Timo und auch 15.'' ,, Aha. Und was hast du am Kopf gemacht?'' ,, Gehirnerschütterung. Bin in eine Tür gerannt.'' ,, Bitte?'', frage ich unglaubwürdig.
,, Na, die Tür war aus Glas. So blitze blank geputzt, dass ich die gar nicht gesehen habe. Ich bin gerannt, habe nach hinten geschaut und als ich wieder nach vorne sah, machte es Peng!, und ich war auf dem Boden.'' ,, Autsch.'' ,, Jap, hat autsch gemacht. Aber es ist nur eine leichte Gehirnerschütterung. Und deine...was ist es, die Mutter?'' ,, Eigentlich Adoptivmutter. Aber das ist wohl fast dasselbe.''
,, Nein, ist es nicht. Was ist mit deiner richtigen Mutter?''
,, Meine Eltern hatten vor ein paar Jahren einen Autounfall und sind beide tot.'' ,, Oh, das tut mir leid.'' ,, Mir auch, aber das ist nun so und fertig.'' ,, Bist du nicht traurig?'' ,, Es ist schon eine Weile her. Klar ist es noch traurig, aber Luisa ist einfach eine super Adoptivmutter.'' ,, Das freut mich für dich.'' Um das Thema zu wechseln, fange ich den Faden von vorhin wieder auf und sage: ,, Du hast vorhin gesagt, dass der Name Lena zu mir passt. Wieso eigentlich? Ich könnte ja auch....Andrea oder....Laura heissen.'' ,, Ne, Lena ist besser. Klingt so....äh....zart und schön und so.''
,, Aha.'' ,, Hast du einen Freund?'' ,, Ja, hab ich.'', sage ich und denke wieder an unser letztes Telefonat. Wieso war er so mürrisch? Hatte ich was Falsches gesagt?
,, So, wie du jetzt dreinschaust scheinst du ja nicht gerade glücklich mit ihm zu sein.'' ,, Wie kommst du darauf?'', frage ich ihn empört. Geht es dem noch, sowas zu sagen? Obwohl....recht hat er ja irgendwie schon....ach was, jeder hat mal schlechte Laune. ,, Tut mir leid, Lena. Ich wollte dir nicht zu nahe treten,'', sagt Timo nun ganz sanft, ,, aber du siehst gerade so bedrückt aus.'' ,, Ach was, alles in Ordnung. Hast du eine Freundin?'' ,, Nein, nicht mehr. Sie hat vor ein paar Tagen, also, ein Tag vor meinem Unfall Schluss gemacht, weil sie sich in einen anderen verliebt hat.'' ,, Oh, das tut mir leid.'' ,, Nicht so schlimm. Wenn ich es mir recht überlege, bin eh nicht mehr so in sie verliebt gewesen.'' ,, Achso.'' Unser Gespräch wird unterbrochen, da die Schwester mit Luisa wieder zurück kommt. ,, So, in ein paar Minuten wird der Chefarzt euch Bescheid geben, was nun mit deiner Mutter ist.'' ,, Gut, dann kann ich noch hier bleiben?'' ,, Aber sicher. Die Besuchszeit dauert noch 20 Minuten.'' Timo legt sich wieder hin und schliesst die Augen, doch ich bin mir sicher, dass er nicht schläft. Ich setze mich wieder zu Luisa und rede noch eine Weile mit ihr, bis der Chefarzt kommt. ,, So, die Ergebnisse sind da. Frau Breitbach, es tut mir leid Ihnen mitteilen zu müssen, dass sie einen Hirntumor haben. Wir werden Sie noch zwei Nächte hierbehalten zur Beobachtung. Der Tumor ist schon ziemlich gross. Wir werden sehen, ob es sich noch zu einer Operation lohnt. Eine Chemotherapie wäre unnützlich, da der Tumor bereits zu gross ist.'' ,, Was?'', frage ich den Tränen nahe. ,, Einen Hirntumor? Luisa? Nein.''
,, Es tut mir sehr leid. Ich muss jetzt noch schnell ein paar Zimmer weiter. Ich werde in ein paar Minuten nochmals kommen.'' Und weg ist er. Ich schaue Luisa mit Tränen verschleierten Augen an. ,, Wieso gerade du?'', frage ich und ziehe die Nase hoch. ,, Lena mein Mädel, wein doch nicht.'' Doch es geht nicht anders. Mir kommen die Tränen. Plötzlich merke ich, wie sich jemand neben mich setzt. Timo. Er legt die Arme um mich und streicht mir über den Kopf. ,Wenn das Nik sehen würde.', denke ich, verwerfe den Gedanke aber wieder. Er war mürrisch und schlecht gelaunt. Er wollte kommen und kam nicht. Selber schuld. Nun tröstet mich eben Timo und nicht Nik. Als ich mich wieder etwas beruhigt habe, meint Luisa:
,, Es wir schon alles wieder gut. Du hast ja noch Nik, der für dich da sein wird.'' ,, Nik? So wie der heute Nachmittag am Telefon geklungen hat, hat er wohl im Moment selber genug Probleme.'' ,, Ruf ihn nochmals an und kläre es mit ihm.'' ,, Ja, mach ich.'' ,, Dein Freund?'', fragt Timo mich leise. Ich nicke nur.
,, Ah.'', sagt er ebenso leise und irgendwie tonlos und geht zurück in sein Bett. Was hat der denn plötzlich? ,, Es ist 17 Uhr, Lena. Du solltest gehen. Du bist mit Frau Blümling gekommen, oder?'' ,, Ja, sie ist einen Kaffee trinken gegangen.'' ,, Ich denke mal, mehr als nur einer. Geh jetzt wieder. Und erkläre Frau Blümling alles, ja?'' ,, Ja, mach ich. Tschüss Luisa.'' Ich gebe ihr einen Abschiedskuss.
,, Tschüss Timo.'' ,, Tschüss.'', kommt es dumpf unter der Decke hervor.
Frau Blümling wartet in der Cafétheria und als ich komme, bezahlt sie und wir gehen. Unterwegs fragt sie mich: ,, Und wie geht es deiner Mutter nun?'' ,, Sie hat einen Hirntumor.''
,, Was? Ach, das tut mir ja so leid, Lena. Kann ich dir irgendwie helfen?'' ,, Ja, könnten Sie. Dürfte ich für zwei Tage, bis Luisa wieder nach Hause darf, bei Ihnen übernachten?'' ,, Aber sicher, das ist doch keine Frage. Du darfst solang bleiben wie es nötig ist. Das ist kein Problem.'' ,, Danke.'' Auch wenn Frau Blümling manchmal einen zu grossen Mund hat, wenn man sie braucht, ist sie immer für einen da.
***
An diesem Tag höre ich nichts mehr von Nik. Ich mag auch nicht mehr anrufen oder schreiben, schliesslich war er mürrisch drauf, nicht ich. Ich hole meine Sachen, Schulsachen und Kleider und gehe zu Frau Blümling, die bereits ihr Gästezimmer für mich herrichtet. ,, Hoffentlich ist es dir hier heimelig genug. Einen CD-Rekorder hab ich hier. Falls du gerne liest habe ich ein paar Bücher von meinem Patenkind. Ich weiss allerdings nicht, ob sie deinem Geschmack entsprechen.'' ,, Danke Frau Blümling, sehr nett von Ihnen.'' ,, Kein Problem. Abendessen gibt es um 18.00 Uhr, in Ordnung?'' ,, Ja, das ist gut. Danke. Ich werde mich jetzt ein wenig einrichten. Äh, darf ich den Schreibtisch dort für die Hausaufgaben nutzen?''
,, Aber natürlich, was für eine Frage. Ich gehe jetzt in die Küche.'' ,, In Ordnung.'' Kaum ist sie weg, klingelt mein Handy. Nik. ,, Ja?'', frage ich nicht begeistert. Schliesslich war er auch mürrisch drauf. ,, Hör mal, ich muss mit dir reden.'' ,, Jetzt?'', frage ich. ,, Ja, jetzt. Ich hatte heute sehr viel Stress und ausserdem....'' Er bricht ab. Hm, muss was sehr Schlimmes sein.
,, Los, sag schon.'' ,, Nein, du...ich komme morgen bei dir vorbei. Wir haben eh Schulfrei. Lehrerkonferenz. Um 14.30 Uhr bin ich bei dir, ja?'' ,, Ja, ist okay.'', seufze ich. ,, Ist was?'', fragt er. ,, Ja, es ist viel.'' ,, Und was?'', fragt er mich. ,, Erzähl ich dir morgen, wenn du kommst. Tschüss.'' Ich lege auf und denke: Weder ein ,Ich liebe dich' noch sonst irgendwas schönes. Weder von mir noch von ihm. Er klang auch sonst sehr komisch. Bin ja mal gespannt, was los ist.
Am nächsten Morgen gehe ich wieder zur Schule, wo ich von Flora und Mia in Empfang genommen werde. ,, Na, geht's wieder besser?'', fragen mich beide. ,, Ja...also, eigentlich, nein. Es ist....ach mensch!'', seufze ich das x-te Mal diese Woche und die Tränen stürzen nur so raus. ,, Himmel! Was ist denn los, Lena?'' Beide nehmen mich in die Arme und trösten mich. Zwischen ein paar Schluchzern bringe ich ein ,Luisa hat 'nen Hirntumor' hervor. Flora und Mia sind zuerst ganz erstarrt und Flora sagt leise: ,, Oh-mein-Gott. Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?'' ,, Doch.'', schluchze ich wieder los. In der Pause dann erkläre ich ihnen das ganze. Noch später erzähle ich Flora noch die Minuten mit Timo und den Telefonaten mit Nik, als er so mürrisch war und nun heute vorbeikommen würde. ,, Hm, Lena, willst du meine Meinung wissen?'' ,, Ist sie negativ?'' ,, Eher ja.'' ,, Ach Gott, sag nur. Was habe ich zu befürchten? Betrügt er mich?'' ,, Ich weiss nicht, was schöner wäre, aber ich befürchte....es könnte sein, dass er.....Schluss machen wird.'' ,, Was? Wieso? Wie kommst du darauf?'' Naja...so, wie du die Telefonate mit ihm beschrieben hast, klang es nicht sehr gut.'' ,, Achje. Meinst du wirklich?'' ,, Ich will nichts behaupten, aber ich würde es nicht ausschliessen.'' ,, Okay, danke für die Warnung.''
,, Viel Glück.'' ,, Danke, tschüss und bis morgen.''
Zum Mittagessen hat Frau Blümling Spaghetti Bolognese gekocht. ,, Äh, Frau Blümling?'' ,, Ja?'' ,, Ich hätte Sie wohl zuerst fragen sollen, aber mein Freund Nik kommt heute bei mir vorbei, falls das Okay ist. Er müsse mit mir reden. Aber ich kann ihm auch absagen, das wäre natürlich kein Problem.'', sage ich schnell, nicht dass sie denkt, ich würde einfach frei entscheiden wer wann kommen soll. ,, Ach, das ist kein Problem. Ich bin ab 14.00 Uhr eh nicht mehr da bis etwa um 16.00 Uhr. Danach können wir noch ins Krankenhaus fahren, einverstanden?'' ,, Klar, kein Problem.''
Endlich ist es dann soweit. Ich bin ein paar Minuten später bei mir zu Hause als Nik. Er sitzt bereits auf der Treppe und steht auf, als ich komme. Ich will ihm einen Begrüssungskuss geben, doch er dreht den Kopf weg. ,, Wir müssen reden.'', sagt er nur. Flora hatte also recht, geht es mir durch den Kopf. Ich schliesse die Tür auf und dann gehen wir in mein Zimmer.
,, Du wolltest mir doch noch was sagen.'', meint Nik. ,, Zuerst du.'' Er seufzt und fährt sich nervös durch die Haare. ,, Lena.....ich, im Moment ist bei mir alles total stressig, es läuft alles drunter und drüber und ich habe kaum noch einen Nerv für die schönen Dingen im Leben wie dich.'' ,, Was willst du damit sagen?'', frage ich ihn zögernd. ,, Ich mache Schluss. Es ist das Beste, glaub mir.'' ,, Was? Wieso? Liebst du mich denn nicht mehr?'' ,, Doch, schon...irgendwie, aber...ach, es geht einfach nicht mehr, tut mir leid, Lena, tut mir wirklich leid.''
,, Sag mal, wieso jetzt? Es gibt doch eine andere in deinem Leben, oder?'' ,, Nein, gibt es nicht. Ich kann's dir jetzt nicht erklären. Ich habe einfach viel Stress und es läuft gar nichts mehr. Was wolltest du mir eigentlich sagen?'', fragt er mich. Themen wechsel oder wirkliche Interesse? Ist eigentlich jetzt auch egal. ,, Das ist doch jetzt egal! Brauch ich dir nicht mehr zu erzählen! Alle lassen mich im Stich. Ich dachte, ich hätte jetzt wenigstens dich noch, aber nein, du kommst und machst Schluss. Du kannst mich mal!'', schreie ich. ,, Was ist denn los, Lena?'', fragt er mich. ,, Was spielt das jetzt noch für eine Rolle? Du machst Schluss, Luisa ist krank und ich habe niemanden mehr! Du bist einfach nur ein Mistkerl! Lass mich in Ruhe!''
,, Luisa ist krank?'', fragt er hellhörig geworden, als hätte er nicht vor ein paar Minuten noch mit mir Schluss gemacht. Ich hole Luft und schreie: ,, LASS MICH IN RUHE, VERDAMMT NOCHMAL!'' Ich stosse ihn und er sieht mich erschrocken an. Dann dreht er sich um und geht mit gesenktem Kopf raus. Raus aus meinem Zimmer, aus dem Haus und ist- weg. Na toll. Wenigstens hat Flora mich vorgewarnt. Nun lege ich mich auf's Bett und weine erstmals eine Runde.
Ich muss eingeschlafen sein, denn plötzlich sitzt Frau Blümling an meinem Bett und streicht mir sanft durch's Haar. ,, Lena, geht es dir nicht gut?''
,, Was? Äh, doch, wieso?'' ,, Weil du mitten am Nachmittag schläfst und geweint hast.'' ,, Ach, nicht so tragisch. Geht schon wieder.'' ,, Na gut. Du willst wohl lieber mit deiner Mutter sprechen.''
,, Äh, naja, ich...äh...'', stottere ich, doch Frau Blümling unterbricht mich sanft: ,, Ist schon in Ordnung, du musst mir nichts erklären. Wir fahren jetzt ins Krankenhaus. Komm.'' ,, Okay, gut.'' Ich schreibe Flora schnell 'ne kurze SMS, bevor ich gehe:
Nik hat Schluss gemacht.
Wegen Stress und so, hat
er gesagt. Sag Mia nichts
davon, die freut sich
bestimmt nur.
Lg Lena
Als ich im Auto neben Frau Blümling sitze, kommt eine neue SMS von Flora:
Das tut mir total leid!
Liebt er dich denn noch?
Erzähl mir morgen alles,
ok? Ich schweige, wie ein
Grab ;), bin immer für dich
da, Lg Flora
Wie nett von ihr. Ich bin wirklich froh, dass ich sie habe.
Endlich sind wir da. Frau Blümling will wieder in der Cafétheria warten. ,, Gib deiner Mutter einen lieben Gruss von mir.'' ,, Mach ich. Bis nachher.'' Ich laufe in den 1. Stock, Zimmer 240, klopfe kurz und trete ein. Luisa liegt wieder im Bett, ist wach und unauffällig schaue ich, ob Timo auch da ist. Nein, er ist noch nicht da. Oder nicht mehr? Das muss ich Luisa nachher umbedingt fragen, denn irgendwie war es shön, wie Timo mich gestern so getröstet hat. Und ein Tröster konnte ich heute auch wieder sehr gut gebrauchen. ,, Lena mein Mädel. Wie schön, dass du da bist.'' ,, Luisa, wie geht es dir?'', frage ich sie und setze mich wieder auf's Bett. ,, Ach, es geht etwa. Manchmal ein wenig Kopfschmerzen, aber das ist normal bei einem Hirntumor.'' Mir wird wieder ganz komisch. Ich hatte total verdrängt, dass Luisa wegen einem Hirntumor im Krankenhaus liegt. ,, Nanana, nicht wieder weinen. Wie geht es dir denn so? Mit Frau Blümling?'' ,, Ich soll dir einen lieben Gruss von ihr geben.'' ,, Danke, einen Gruss zurück. Ist Nik heute gekommen?'' ,, Ja.'' ,, Und? Hast du's ihm erzählt?'' ,, Bin nicht dazu gekommen.'', sage ich mit Tränen erstickter Stimme. Dann erzähle ich Luisa bröckelhaft alles was passiert ist. Als ich fertig bin, meint Luisa: ,, Das glaub ich jetzt nicht. Er hat wirklich Schluss gemacht?'' ,, Ja, hat er.''
,, Aber, liebt er dich denn nicht mehr?'' ,, Er hat gesagt: ,Doch...irgendwie schon...aber' und so weiter.'' ,, Also, er hat Probleme und will dich damit nicht belasten und hat auch einfach Angst, dass du nicht mehr mit ihm zusammen sein willst, wenn du seine Probleme kennst.'' ,, Aber, wir kennen uns doch schon so lange, er sollte mich besser kennen.'' ,, Lena, jenachdem was ein Mensch für Probleme hat, kann er sich total verändern. Auch, wenn ihr euch schon seit 50 Jahren kennen würdet, hätte er vielleicht Schluss gemacht.'' ,, Ich versteh es trotzdem nicht so ganz. Ich liebe ihn doch noch.'' ,, Ach Lena. Die Zeit heilt alle Wunden. In nächster Zeit musst du viel Schokolade essen, schöne oder auch traurige Musik hören, dir alles von der Seele schreiben und mit deinen Freundinnen über alles sprechen und viel unternehmen, abgemacht?'' ,, Ja, mach ich. Aber ich werde nur mit Flora drüber sprechen.'' ,, Natürlich. Das ist dir überlassen.'' ,, Luisa?'' ,, Ja?'' ,, Äh, in dem Bett dort lag doch Timo, oder?'' ,, Ja, ach, der ist nur bei einer Untersuchung. Sollte in ein paar Minuten wieder da sein. Magst du ihn?'' ,, Irgendwie schon. Er hat mir gestern Komplimente gemacht, total süss und mich dann auch so schön getröstet.'' ,, Das stimmt. Er ist aufgestanden und zu dir gekommen. Das fand ich auch sehr lieb von ihm. Er sollte jetzt jeden Tag ein wenig an die frische Luft. Du könntest nachher ein wenig mit ihm gehen, oder was meinst du?'' ,, Wenn er mag, ja.'' Als er zurück kommt, ist er zuerst total erfreut mich zu sehen, dann ist er plötzlich wieder etwas komisch. Trotzdem sagt er nicht nein, als ich ihn frage, ob er ein wenig mit an die frische Luft kommen möchte. Draussen frage ich ihn, wie es ihm nun so geht. ,, Nicht schlecht. Ich darf morgen nach Hause.'' ,, Luisa auch, hat der Arzt gesagt.'' ,, Dann kommst du morgen also wieder?''
,, Klar. Wann gehst du denn?'' ,, Weiss noch nicht genau. Am Nachmittag einmal, denke ich.''
,, Hoffentlich nicht zu früh.'', denke ich etwas zu laut. ,, Wieso nicht?'', fragt er mich und sieht mich mit seinen schönen dunkelgrünen Augen an. ,, Naja, wäre schön, wenn ich dich nochmals sehen könnte.''
,, Ich weiss ja nicht.'' ,, Was? Wieso nicht?'' ,, Ich glaube nicht, dass dein Freund glücklich darüber wäre, wenn wir uns nochmals sehen.'' ,, Ex-Freund, wenn ich bitten darf.'', sage ich leise und spüre wieder die Tränen in mir aufsteigen. ,, Was....ach, hat er...nein, etwa nicht, oder?'' ,, Doch, vorhin gerade. Er liebt mich anscheinend noch irgendwie, aber er hat viel Stress und Probleme und hat Schluss gemacht. Luisa meint, dass er mich nicht belasten wollte und Angst hatte, ich würde Schluss machen, wenn ich wüsste, was er für Probleme hat.'' ,, Kann ich mir auch vorstellen. Ach, komm her Lena.'' Er nimmt mich in die Arme und drückt mich fest. Es ist total schön und ich frage mich, ob es falsch wäre, wenn ich mich plötzlich so schnell in Timo verlieben würde. Aber wieso? In der Liebe ist alles erlaubt, sagt man. Naja, alles? Betrügen, anlügen und hintergehen ja eigentlich nicht, aber sowas würde ich ja nie machen. Ausserdem hat Nik Schluss gemacht. Nicht ich.
,, Du hast was?'' Nina sieht ihren Bruder fassungslos an. ,, Mach mir jetzt bloss keine Vorwürfe. Ich weiss, dass es vielleicht nicht richtig war...''
,, Vielleicht?'', unterbricht Nina ihn.
,, Nina, bitte.'' Nina seufzt und setzt sich zu Nik auf's Bett und fragt: ,, Wieso, Nik?'' ,, Weil...ich kann es ihr nicht sagen. Ich habe Angst und wollte sie nicht unnötig belasten. Sie hat heute was von ,Luisa ist krank' gesagt. Ich weiss nicht, was sie damit meinte, sie hat mich ja rausgeworfen was verständlich ist. Aber ich habe das Gefühl, dass es ihr auch ohne unsere Trennung nicht gut geht.''
,, Nik, Lena hatte immer ein offenes Herz für dich, war in der fünften Klasse für dich da, hat dein Fremdknutscher verzeiht und trotzdem erzählst du ihr nicht, was los ist? Du denkst, sie würde dich verlassen?'' ,, Ich will sie auch nicht belasten.'' ,, Ein Partner ist nicht da, damit man ihn von allem fernhält und verschohnt, sondern um füreinander da zu sein. Ich glaube nicht, dass sie Schluss gemacht hätte, sie wäre für dich da und würde mit dir gemeinsam alles durchstehen. Ich spreche mal mit ihr, wenn...'' ,, Nein!'', unterbricht diesmal Nik seine Schwester. ,, Du tust gar nichts. Das ist meine Sache.'' ,, Na toll. Jetzt soll deine Schwester zusehen, wie du deine erste grosse Liebe einfach so aus den Augen verlierst.'' ,, Es ist ja meine Schuld und wahrscheinlich hat sie mich längst wieder vergessen.'' ,, Das glaubst du doch selber nicht. Nik, ich hoffe, du wirst noch rechtzeitig diesen Fehler wieder gut machen und dass ihr euch wieder findet. Ich mag Lena nämlich auch, das weisst du.'' ,, Ja. Lass mich jetzt bitte in Ruhe.'' Nina steht auf und geht in ihr Zimmer. Was soll man bloss tun, wenn der eigene Bruder sein Glück von sich stösst und sich nicht helfen lassen will?
***
Als ich am Abend im Bett liege, immer noch bei Frau Blümling, da Luisa noch eine Weile bleiben muss, denke ich an Timo. Er war heute total nett zu mir. Vorher war er ganz anders. So, als würde ich ihn nicht mehr interessieren und kaum habe ich die Nachricht überbracht, war er wieder ganz anders. Oder bilde ich mir das nur ein? Aber wieso sollte er anders gewesen sein? Bestimmt hatte er sonst einen etwas schlechteren Tag und ich habe ihn einfach nur abgelenkt. Ich freue ich mich schon auf morgen, wenn ich Luisa wieder besuchen werde und Timo wieder sehen kann. Diese Ablenkung tut mir jetzt gerade erst recht gut.
Am nächsten Tag in der Schule passt Flora einen Moment ab, in dem Mia nicht dabei ist und fragt mich wegen Nik. ,, Er hat einfach so Schluss gemacht?''
,, Ja. Er hat Probleme und Stress, sagt er.'' ,, Und deshalb macht er schluss? Wenn das jeder auf der Welt machen würde, wegen Stress, dann gäbe es wohl keine fünf Minuten ein glückliches Päärchen. Ich weiss ja nicht.'' ,, Timo meint, dass Nik wirklich nur Angst hatte, dass ich schluss machen würde, wenn ich herausfinden würde, was er für Probleme hat und wollte ich auch nicht belasten. Deshalb hätte er Schluss gemacht.'' ,, Timo?'' ,, Ja, er ist auch im Krankenhaus wegen einer Gehirnerschütterung.'' ,, Wie alt?'' ,, 15.'' ,, Sieht er gut aus?'' ,, Ja, schon. Wieso? Willst du ihn kennenlernen?'' ,, Ich? Nein, ich will nur Lukas.'' ,, Immer noch?'' ,, Erzähl ich dir später. Du jedenfalls, wirst zusehen, dass du und Timo euch näher kommt.'' ,, Wieso?'' ,, Mensch Lena! Frag nicht so blöd. Du musst dich jetzt ein wenig amüsieren und aufpassen, dass du dir wegen Nik keine Tränen verweinst. Das ist er nicht wert. Kein Mann dieser Welt ist das wert.''
,, Naja...wenn Nik wirklich ernsthafte Probleme hat, ist er's schon wert.'' ,, Lena, entweder findest du raus, was los ist und kämpfst um ihn, oder du vergisst ihn ganz schnell und denkst dafür umso mehr an Timo.'' ,, Tu ich ja schon.'' ,, Was?'' ,, An Timo denken. Er ist so nett, so einfühlsahm und....er sieht einfach gut aus.'' ,, Lena, Lena. Deine Augen leuchten ja so richtig. Nik ist also schon alter Schnee von gestern?'' ,, Nein, das nicht. Aber ich will mich jetzt erstmal ein wenig ablenken und später an Nik denken. Es tut schon noch weh, wie er mit mir einfach so Schluss gemacht hat.'' ,, Mhm, kann ich verstehen. Also, ab jetzt Aktion Timo?'' ,, Jap, genau. Aber das ist kein Ausnutzen oder so. Ich will ihn nicht als Lückenbüsser benutzen.'' ,, Aber Lena, er gefällt dir schliesslich. Das ist was anderes.'' ,, Gut. Und zu Mia kein Wort, klar?''
,, Klar, versprochen.''
An diesem Nachmittag fährt Frau Blümling mich gleich nach der Schule ins Krankenhaus. ,, Ich gehe einfkaufen und danach noch eine Freundin besuchen. Um etwa 17.00 Uhr bin ich wieder beim Krankenhaus, ist das okay?'' ,, Klar, vielen Dank.'' ,, Gut, dann bis später.'' ,, Tschüss.'' Ich laufe eilig ins Krankenhaus, in den zweiten Stock zum Zimmer und trete ein ohne anzuklopfen. ,, Luisa?'' ,, Sie ist noch bei einer Untersuchung. Aber ich bin dafür da.'' ,, Hei Timo.'' ,, Schön, dass du wieder gekommen bist.'', sagt er und umarmt mich. ,, Ist doch logisch.'' ,, Klar, weil Luisa hier liegt, oder würdest du auch mich besuchen kommen?'' ,, Tu ich ja gerade.'' ,, Ich meine, ohne, dass Luisa da wäre.'' ,, Ja, würde ich.'' Er sieht mich an, mich immer noch festhaltend und meint dann lächelnd: ,, Du strahlst heute so. Ist was schönes passiert?''
,, Nein, ich habe mich einfach darauf gefreut, dich heute wieder zu sehen.'' ,, Echt? Wegen mir strahlst du so?'' ,, Ja, wegen dir.'' Timo will mir über die Wange streichen, doch ich weiche aus. ,, Musstest du dich heute schon untersuchen lassen?'', wechsle ich schnell das Thema, damit er nichts bemerkt. ,, Ja, es sieht schon sehr gut aus. Morgen kann ich nach Hause.'' ,, Dann seh' ich dich heute hier das letzte Mal?'' ,, Hier ja. Aber wer sagt, dass man sich nicht auch sonst wo sehen kann?'' ,, Das heisst, wir bleiben in Kontakt?'' ,, Klar! So ein wunderbares Mädchen wie dich, will ich nicht mehr aus den Augen verlieren.'' ,, Man, übertreib nicht. So wunderbar bin ich nicht.'' ,, Für mich schon. Ich gebe dir schon mal meine Handynummer und du mir deine, ja?'' ,, Mhm, ich schreib sie dir auf.'' Nachdem wir die Nummern getauscht haben, quatschen wir sonst noch ein bisschen zusammen. Er legt sich wieder ein wenig hin wegen den Kopfschmerzen und erzählt von seiner Familie, seiner 18- jährigen Schwester, die gerade in Amerika Medizin studiert, von seinen Haustieren (Goldfische) und seinen Hobbies. ,, Jetzt weisst du alles über mich. Jetzt muss ich nur noch dich selbst richtig kennen lernen.'' ,, Das wirst du bald.''
,, Hoffentlich. Sobald ich da raus und zu Hause bin, meld ich mich bei dir, versprochen.'' ,, Okay, das ist gut.'' Unser Gespräch wird dadurch unterbrochen, dass die Krankenschwester Luisa wieder bringt.
,, Lena mein Mädel. Schön dich wieder zu sehen.''
,, Luisa!'' Ich stehe von Timos Bett auf und laufe zu Luisa. ,, Wie geht es dir?'' ,, Alles Bestens.'', meint Luisa und die Schwester fügt hinzu. ,, Wahrscheinlich können wir deine Mutter operieren. Allerdings bleiben die Risiken dabei gleich. Doch die Chance auf ein weiteres gesundes Leben sind etwas gestiegen.'' ,, Klingt gut. Wann wird denn operiert?'' ,, Das wissen wir noch nicht. Der Arzt wird heute Abend bekannt geben, wie alles verlaufen würde und dann entscheiden, was besser wäre.''
,, Wie, was besser wäre?'' ,, Nun ja, vielleicht würden wir dann eher eine Chemo durchführen. Aber wir wissen ja noch nicht genau, was besser wäre.'' ,, Aha. Rufen Sie mich heute Abend an, wenn Sie es wissen?''
,, Heute Abend wird es spät.'' ,, Ich habe morgen Schulfrei. Also, es ist ja morgen Samstag.'' ,, Du wirst es morgen bei deinem Besuch erfahren, einverstanden?'' ,, Na gut.'', seufze ich. Dann muss ich wohl noch ein wenig Geduld haben. Ich rede noch ein wenig mit Luisa und gehe dann in die Cafétheria etwas trinken und essen. Timo muss sich noch ein wenig schonen, da er noch Kopfschmerzen hat. Um zehn vor fünf gehe ich nach draussen und warte, bis Frau Blümling kommt.
An diesem Abend schlafe ich mit dem Gedanken, was Nik wohl hat ein und träume von Timo, wie er mich heute angesehen hat und wie er mir über die Wange streichen wollte. Allerdings sehe ich dann Nik vor mir und schliesse im Traum die Augen, um seine zarte Berührung zu geniessen. Leider erwache ich dann und kann es nicht verhindern, dass mir ein paar Tränen über die Wangen kullern. Verdammt Nik! Ich liebe dich doch, wieso hast du Schluss gemacht? Was ist passiert? Was hast du für ein Problem? Ich würde es doch verstehen, schliesslich lieb ich dich und bin immer für dich da. Naja, wollte immer für dich da sein. Aber jetzt....ich weiss ja nicht, was du willst. Ob du überhaupt noch was von mir hören willst.
***
Am nächsten Nachmittag, als ich wieder bei Luisa bin, erfahre ich endlich, was jetzt genau mit Luisa passieren wird. ,, Also,'', erklärt der Chefarzt,
,, deine Mutter wird operiert. Es besteht eine grössere Chance bei der OP, da der Tumor doch nicht so gross ist. Aber die Risiken sind trotzdem da. Du weisst ja, was passieren könnte. Also, deine Mutter kann ganz normal aufwachen und weiterleben, wie vorher, sie kann in ein Koma fallen, aufwachen und leben wie vorher, aufwachen und behindert sein, gar nicht mehr aufwachen oder direkt bei der OP....naja, das wird wohl nicht der Fall sein, da nur die besten Ärzte deine Mutter operieren werden.'' ,, Und...wann wird die OP stattfinden?'' ,, Heute in einer Woche um 14.00 Uhr. Sie kann bis zu mehreren Stunden dauern. Es hätte keinen Sinn, wenn du hier auf deine Mutter warten würdest. Wir werden dich dann anrufen, wenn die OP beendet ist.'' ,, Okay, ist gut. Danke.'' Als der Arzt wieder weg ist, meint Luisa: ,, Lena, du brauchst keine Angst zu haben. Ich werde die OP schaffen.'' ,, Ich hoffe es. Ich habe keine Lust, noch eine Mutter zu verlieren.'' ,, Ach Lena.'' Ich vergrabe mein Gesicht in der Decke und weine. Diesmal ist kein Timo da, der mich trösten kann, da er schon am Morgen entlassen wurde. Irgendwie bin ich auch froh darüber, da ich jetzt sowieso mit Luisa alleine sein möchte.
***
Timo und ich treffen uns drei Tage nach seiner Heimkehr bei einem Eis und lachen sehr viel zusammen. Als er mich anschliessend nach Hause bringt, meint er: ,, So viel gelacht habe ich schon lange nicht mehr. Ich sollte dich jeden Tag sehen können, dann würde es mir nie wieder schlecht gehen.'' ,, Timo, du übertreibst immer so schrecklich.'' ,, Ne, überhaupt nicht. Einem Mädchen wie dir, muss man doch einfach Komplimente machen.'' ,, Müssen nicht, dürfen schon.'' ,, Gut, dann mach ich dir gleich noch ein Kompliment. Du bist das schönste und tollste Mädchen, das mir je über den Weg gelaufen ist. Und witzig bist du auch und so natürlich, locker und einfach...du selbst. Du verstellst dich nicht, das gefällt mir.''
,, Danke. Aber das schönste Mädchen bin ich bestimmt nicht.'' ,, Für mich schon.'' ,, Ich bin echt froh, dass ich dich kenne. Deine Worte gehen richtig in mein Herz hinein.'' ,, Mitten ins Herz. Das ist gut.'' Ich muss lächeln. ,, Nein, ehrlich Timo. Ohne dich würde ich wohl in meinem Zimmer auf dem Bett sitzen und nur an Nik denken.'' ,, Ach Lena. Es tut mir ja so leid für dich.'' ,, Muss es nicht. Ich will jetzt nicht an das denken.'' ,, Okay, ich lenke dich ja schon ab. Darf ich dich morgen Abend ins Kino einladen?'' ,, Ja, darfst du.'' ,, Super, ich hole dich um halb acht ab, okay?'' ,, Mhm, halb acht ist gut.''
Nun habe ich von da an, als Timo sich bei mir verabschiedet hat bis zum nächsten Abend nichts anders mehr im Kopf als: Timo hat mich ins Kino eingeladen. Ich überlege die ganze Zeit, was ich anziehen soll. Ich entscheide mich schliesslich für dunkelblaue Röhrenjeans, schwarzes Trägertop und eine weisse Jeansjacke. Timo macht mir auch gleich das erste Kompliment, als ich ihm die Tür öffne. ,, Du siehst echt toll aus.'' ,, Danke. Können wir?'', frage ich lachend. ,, Klar. Let's Go!''
Der Film ist echt Spannend und lustig. Nach zwei Stunden sind wir wieder draussen und gehen noch etwas spatzieren. ,, Wie geht's deiner Mu...äh....Luisa eigentlich?'' ,, Nicht schlecht. Sie wird übermorgen operiert.'' ,, Hast du Angst davor?'' ,, Ja, ich habe Angst, dass sie nicht mehr erwacht und mich alleine lässt.'' ,, Das kann ich sehr gut verstehen. Sie wird es schon schaffen. Ganz bestimmt.'' ,, Ich hoffe es.'' ,, Wirst du morgen bei ihr im Krankenhaus sein.'' ,, Der Chefarzt meinte, es hätte keinen Sinn Stunden im Krankenhaus zu verbringen. Er würde mich anrufen, sobald die OP beendet sei. Ich werde morgen noch ein Arztzeugnis verlangen, damit die in der Schule mir auch glauben.'' ,, Tun sie bestimmt. Sowas erfindet man nicht.'' ,, Ja, ich weiss. Aber trotzdem...sonst kann ich in der Schule nicht freinehmen.'' ,, Das ist klar.'' ,, Wie lange hast du übermorgen Schule?'' ,, Bis um drei, wieso?''
,, Naja, ich habe eigentlich keine Lust alleine zu Luisa zu gehen, falls sie ins Koma gefallen ist. Könntest du dann vielleicht unter Umständen ganz kurz, falls es geht und nichts dazwischen kommt und deine Mutter es dir erlaubt und...'' ,, Lena, komm zum Punkt.'', lacht Timo. ,, Okay, würdest du dann ins Krankenhaus kommen? Ich würde dir schreiben, wie es verlaufen ist und ob du kommen sollst, oder nicht.'' ,, Klar komme ich. Das ist doch keine Frage. Schreib mir einfach, wie es ist.'' ,, Gut, danke.'' ,, Warum bittest du nicht deine Freundinnen drum?'', fragt er nach einer Weile Schweigen. ,, Weil die nicht so starke Nerven haben und bestimmt weinen, falls die OP nicht gut verlaufen ist. Und du würdest mich dann einfach nur trösten.'' ,, Mhm, würde ich.'' ,, Eben.'' Als wir vor Frau Blümlings Haustür angekommen sind, bleiben wir nah voreinander stehen. ,, Danke für den schönen Abend.'', sage ich zu Timo. ,, Ich habe dir zu danken, dass ich mit solch einem schönen Mädchen ausgehen durfte.'' ,, Du und deine ewigen Komplimente.'' ,, Nervt es dich?'' ,, Nein, es tut gut so schöne Sachen zu hören, wenn man selbst damit gemeint ist.'' Timo sieht mich an und fragt dann: ,, Wieso bist du mir im Krankenhaus einmal ausgewichen als ich das hier tun wollte.'', und will mir mit der Hand wieder über die Wange streichen. Ich weiche wieder aus. ,, Weil Nik das immer gemacht hat.'' ,, Oh, deshalb. Du hängst wohl noch an ihm.'' ,, Ne, also ich versuche ihn zu vergessen.'' ,, Du versuchst es und klappt es auch?'' ,, Ziemlich gut. Heute Abend habe ich nicht an ihn gedacht- und möchte eigentlich auch weiterhin nicht an ihn denken.'' ,, Bist du denn offen für eine neue Beziehung?'' Ich nicke automatisch. Als er mich küsst, denke ich: Niks und mein erster Kuss hat auch vor einer Haustür stattgefunden. Auch am Abend. Und vorher hat er noch ,Ich liebe dich' zu mir gesagt. Es ist ein halbes Déja-vu, da wir diesmal vor Frau Blümlings Haustür sind, wir vom Kino kommen und er nicht gesagt hat, dass er mich liebt. Aber das braucht er nicht. Ich habe mich zwar ein wenig in ihn verliebt, aber nicht so, wie ich Nik liebte und es immer noch tue. Timo kann Nik nicht ersetzen, er kann mich ein wenig ablenken und auf andere Gedanken bringen. Mehr nicht.
Als ich dann im Bett liege kann ich, ob ich will oder nicht, nur noch an Nik denken. Mir kommen alte Erinnerungen hoch und ich denke daran, dass ich schon seit einer Woche nichts mehr von ihm gehört habe. Und es wird wohl auch so bleiben. Es sei denn, ich melde mich bei ihm.
,, Was willst du eigentlich genau?'' Nina hat sich vor Nik aufgestellt und sieht ihn wütend an. ,, Willst du wieder so werden wie früher oder einfach nur Lena vergessen?'' ,, Weder noch. Lass mich in Ruhe.'' Nik will ihr ausweichen, doch sie versperrt ihm den Weg. ,, Nik, du liebst Lena noch, willst ihr nicht erzählen, was los ist und gehst nun fast täglich in diesen Nachtclub. Kommst besoffen nach Hause und jedes Mal hast du eine andere mit im Schlepptau.'' ,, Man darf ja wohl noch Spass haben, oder?'' ,, Aber nicht solchen. Wenn das so weitergeht, dann...'' ,, Dann was?'' ,, Lass dich überraschen.'' Nik blickt seiner Schwester misstrauisch hinterher. Dann seufzt er. Ach Lena, ich weiss, ich habe einen Fehler gemacht und mache immer mehr Fehler, aber ich kann's dir nicht sagen.
***
Der Tag der OP ist gekommen. Ich habe Dienstag und Mittwoch freigenommen in der Schule um bei Luisa zu sein. Frau Blümling ist auch an meiner Seite und fährt mich ins Krankenhaus. Diesmal gehen wir beide zu Luisa. ,, Hallo mein Mädel. Guten Tag Frau Blümling. Vielen Dank, dass Sie sich so um Lena kümmern.'' ,, Das ist doch selbstverständlich. Wie geht es Ihnen?'' ,, Ich bin total müde. Habe vorhin ein schäussliches Getränk bekommen, damit ich auch einschlafe. Und ich glaube, das dauert nur noch wenige Minuten.'' ,, Wir wollen dich nicht stören. Nur noch einmal viel Glück wünschen.'', sage ich und umarme Luisa noch einmal. Es dauert dann wirklich nur noch etwa drei Minuten und sie ist eingeschlafen. Frau Blümling und ich fahren wieder nach Hause, nachdem der Arzt uns bestätigt hat, er rufe sofort nach der OP an. Im Zimmer sitze ich auf dem Bett und starre Löcher in die Luft. Hoffentlich übersteht es Luisa, hoffentlich schafft sie es. Es ist das Einzige, was ich denken kann. Schliesslich ruft mich Frau Blümling nach unten in die Küche. ,, Hier ein Beruhigungstee und ein paar Knabbereien. Das sollte dich auf andere Gedanken bringen.'' ,, Danke Frau Blümling.'' ,, Weisst du was, Lena?'' ,, Nein, was?'' ,, Nenn mich doch ab jetzt Katja.'' ,, In Ordnung. Also, danke Katja.'' ,, Mach ich doch gerne. Es tut mir sehr leid, aber ich muss nachher noch für zwei Stunden weg. Ist das ein Problem für dich?''
,, Aber nein. Ich komme schon klar.'' ,, Wenn was ist, dann...ach, ich habe einfach noch kein Handy.''
,, Nehmen Sie...äh....nimm doch das von Luisa. Ganz einfach zu bedienen, falls das dein Problem ist.''
,, Meinst du, ich darf das?'' ,, Klar, ich hol es schnell.'' Ich springe auf und hinüber in mein Zuhause. Als ich wieder zurück bin, erkläre ich Katja, wie sie das Handy bedienen muss. Anschalten, ausschalten, Anrufe entgegennehmen, selber eine Nummer wählen und solches Zeug. Sie kapiert schnell und verabschiedet sich dann auch bald. ,, Sobald ich mich an dieses Handy gewöhnt habe, werde ich mir auch eines kaufen.'' ,, Das ist gut. Heut zu Tage kann man ein Handy sehr gut gebrauchen.'' Als sie weg ist, sitze ich erstmals nur so rum. Bis mein Handy klingelt. Ich denke, dass es Katja ist. Doch es ist nicht Katja. Ganz und gar nicht. ,, Nina? W...was willst denn du? Wie geht es dir?'', frage ich etwas überrascht über den plötzlichen Anruf von Nina.
,, Hei Lena. Ich muss dringend mit dir sprechen. Können wir uns sehen?'' ,, Sehr schlecht. Ich warte auf einen Anruf vom Krankenhaus.'' ,, Was? Wieso?'' ,, Weil Luisa operiert wird. Sie hat 'nen Hirntumor.'' ,, Was? Oh nein! Das tut mir ja so leid für dich Lena. Kann ich irgendwas für dich tun?''
,, Du kannst Luisa die Daumen drücken und wenn du so dringend mit mir sprechen musst, kannst du ja vorbeikommen, falls das geht.'' ,, Klar geht das. Meine Mutter muss eh noch was mit meinem Vater besprechen. In etwa 20 Minuten bin ich bei dir.''
,, Okay, bis gleich.''
20 Minuten später...
,, Hei Nina! Wie schön dich wieder zu sehen.'' Wir umarmen uns fest und gehen dann in die Küche.
,, Möchtest du was zu trinken?'' ,, Nein danke. Seit wann wird Luisa denn operiert?''
,, Seit...jetzt einer Stunde.'' ,, Dauert das lange?'' ,, Das kann man nicht sagen. Der Arzt ruft mich an, wenn die OP beendet ist. Aber es kann mehrere Stunden dauern.'' ,, Ohje. Luisa wird es überstehen, ganz bestimmt.'' ,, Das hoff' ich. Habe keine Lust mir nochmals eine Adoptivmutter zu suchen. Worüber wollest du eigentlich mit mir sprechen?'' ,, Über Nik.'' ,, Nina, ich weiss, dass er ein Problem hat und er nicht mit mir drüber sprechen will oder so. Aber, wieso hat er Schluss gemacht? Und was ist das Problem überhaupt?'' ,, Hör zu. Nik liebt dich und braucht dich. Er will es nur nicht zugeben. Seit er mit mir Schluss gemacht hat, ist er ganz anders. Er ist traurig und versucht seinen Kummer zu betränken.'' ,, Nein!'' ,, Doch. Er ist nun fast jeden Abend in diesem Nachtclub und knutscht mit einer Tussi rum. Ich habe ihn gefragt, ob er eigentlich wieder so werden wolle wie früher oder nur dich vergessen und er hat geantwortet: ,Weder noch'. Lena, du musst an diesem Wochenende zu mir kommen und zu Nik und für ihn da sein. Sprich mit ihm.'' ,, Wieso erzählst du mir nicht, was er für ein Problem hat?'' ,, Nik wird erpresst. Wenn er nicht für die Typen klaut und Geld gibt, passiert was. Er weiss nicht was und mit wem und will es schon gar nicht riskieren. Wenn sie herausbekommen hätten, dass du mit ihm zusammen bist, dann hättest du wohl daran glauben müssen und das wollte er nicht, also hat er Schluss gemacht.'' ,, Zur Polizei gehen?'' ,, Darf er nicht. Das haben sie ihm bereits verboten. Ist ja logisch, aber er braucht Hilfe. Deine Hilfe.'' ,, Du könntest zur Polizei gehen.'' ,, Wenn ich das tue, dann wollen sie Nik was antun. Und mehr kann der echt nicht gebrauchen. Verstehst du? Wenn du noch mit ihm zusammen wärst, dann würdest du da mitreingerissen werden und wir wären alle am A.'' ,, Mhm...Das klingt, als würden sie dich auch erpressen, wenn du auch nicht zur Polizei gehen kannst.'' ,, Naja, nicht direkt. Aber ich kann mir denken, dass er Ärger kriegt, wenn die rausbekommen, dass ich zur Polizei gehen will. Oder gegangen bin.'' ,, Bei mir macht es nichts aus?'' ,, Ich bin seine Schwester. Das ist ein Unterschied.'' ,, Ja, stimmt. Was ist eigentlich mit diesem Rico? Ist das nicht sein Kumpel? Der könnte ihm doch helfen.'' ,, Ja, aber Nik lässt sich nicht helfen. Rico macht sich schon Sorgen. Aber wie Jungs so sind, lassen sie sich eben nicht helfen.'' ,, Ja, das ist wahr. Tut mir leid Nina, ich komme nicht. Weiss Nik, dass du da bist?'' ,, Nein, weiss er nicht. Bitte Lena. Er braucht dich jetzt.'' ,, Er hat Schluss gemacht. Und wenn er Probleme hat, kann ich nichts dafür. Er ist alt genug um sich Hilfe zu holen. Ich komme nicht Nina, Ende.'' ,, Na gut.'', seufzt Nina. ,, Ich habe riesige Angst um Nik, aber du hast irgendwie schon recht. Dann schaue ich, was ich noch weiteres für ihn tun kann.'' ,, Wann wird er denn genau erpresst?'' ,, Er muss heute Abend 50 Franken zur Bushaltestelle bringen. Dort warten die Typen auf ihn. Ich weiss nicht, was sie alles mit ihm machen.'' Nina beginnt zu weinen. Ist ja verständlich, schliesslich ist es ja ihr Bruder- und mein Ex-Freund. ,, Nina, hör zu. Du erzählst mir jetzt genau, wie das manchmal abläuft, einfach das, was du weisst. Dann überleg ich mir, wie du ihm helfen kannst. Ich will ihn im Moment nicht mehr sehen und kann wennschon dir helfen. Einverstanden?'' ,, Ja klar. Danke Lena. Also, es ist ungefähr so...'' Nina erzählt und erzählt. Ich überlge mir während ihrer Erzählung, was man tun könnte. Als sie fertig ist, bin ich an der Reihe. ,, Also, hör zu: Wenn er heute Abend zur Bushaltestelle geht, stellt er sein Handy auf 'Aufnahme' ein und nimmt alles auf, was die Typen sagen. Vielleicht schafft er es ja, bevor sie ihn sehen ein Foto von ihnen zu machen. Jedes kleine Ding ist ein Beweis. Mit der Aufnahme geht ihr noch heute Abend zur Polizei und zeigt die Jungs an. Ihm kann nichts mehr passieren, wenn die Polizei informiert ist. Schliesslich macht es einen Unterschied, wenn ein Polizist ein paar Jungs sieht, die auf einen andern Jungen einreden und er nicht weiss worum es geht, als wenn er informiert ist. Klar so weit?'' ,, Ja, ich werde es ihm heute sagen. Und was mache ich, wenn er weiterhin in diesen blöden Nachtclub geht? Er liebt dich und knutscht mit anderen rum. Das geht doch nicht. Ich habe Angst, dass er mit Drogen anfängt und sich noch ins Koma säuft.'' ,, Wir behandeln jetzt zuerst dieses Problem, dann sehen wir weiter. Das andere hat er sich selber zuzuschreiben.'' Kaum habe ich den Satz beendet, klingelt das Telefon. Gleichzeitig kommt Katja nach Hause und kann gleich wieder gehen, da die Operation beendet ist. ,, Tut mir leid Nina, wir müssen. Schreib mir bald, wie es heute Abend gelaufen ist.'' ,, Kein Problem, werd' ich machen. Danke für deine Hilfe.''
,, Gerngeschehen. Tschüss.''
Als wir im Krankenhaus ankommen, kommt gleich der Chefarzt auf uns zu. ,, Wie geht es Luisa?'', frage ich ausser Atem. ,, Sie schläft noch. Der Tumor ist zwar weg, aber sie befindet sich....im Koma.'' ,, WAS? Nein!'' Der Arzt bringt uns zu Luisa, die eben schläft. An einer Sauerstoffmaske liegt sie. Geschockt schaue ich sie an. ,, Natürlich ist es nicht sehr schön, dass deine Mutter im Koma liegt, aber es besteht ja noch Hoffnung.'' ,, Viel Hoffnung?'' ,, Einfach Hoffnung. Mehr kann ich auch nicht sagen.'' Na super. Hoffnung. Besser als nichts. Und Hoffnung ist ja das Letzte, was man hat und nicht aufgeben sollte. ,, Katja, können wir gehen?'' ,, Sicher können wir das.''
Als wir draussen an der frischen Luft sind und zum Auto laufen, kommt mir in den Sinn, dass ich Timo nicht geschrieben habe. Im Auto schreibe ich ihm eine kurze SMS, ob wir uns treffen können. Am besten Dort, wo wir das erste Mal zusammen Eis gegessen haben. Seine Antwort trudelt sehr schnell ein. Natürlich ist er einverstanden mit dem Treffpunkt. ,, Es hat dich ziemlich schockiert, Luisa so zu sehen, hm?'', fragt Katja mich unterwegs. ,, Naja, ich weiss auch nicht so genau. Ich habe einfach schreckliche Angst, dass sie es nicht schafft. Natürlich sollte ich jetzt einfach nur Hoffen und einen kühlen Kopf bewahren, aber das geht irgendwie nicht. Also das, mit dem kühlen Kopf bewahren meine ich.'' ,, Das kann ich nur zu gut verstehen. Ich bin mir 100%ig sicher, dass sie es schaffen wird. Schliesslich brauchst du sie.'' ,, Ach Katja, ich bin dir so dankbar für alles.'' ,, Das ist doch selbstverständlich.''
,, Nein, ist es nicht. Du hast mir an dem Abend, als Luisa ins Krankenhaus gefahren wurde, gleich angeboten, dass ich zu dir kommen dürfe. Und nun kümmerst du dich um mich, als wäre ich deine eigene Tochter. Bestimmt nehme ich dir auch viel Frezeit weg und deine Nachmittagsabläufe hast du bestimmt vorher auch anders geplant. Nun komme ich und alles gerät durcheinander.'' ,, Aber nein, Lena, das ist nicht wahr. Hör zu, ich will dir mal etwas erzählen. Ich hatte vor 12 Jahren einen Mann, der aber leider gestorben ist. Wir wollten Kinder und haben es immer weiter hinausgeschoben, weil mein Mann zuerst noch seine Arbeit etwas vertiefen wollte, damit er dann seinen Beruf ein wenig zurückschieben konnte, wenn wir Kinder bekommen hätten. Leider ist er dann bald gestorben und so haben wir keine Kinder mehr gekriegt. Ich will nicht, dass es jetzt böse oder so klingt, aber da Luisa im Krankenhaus ist, hat das Schicksal mir ein Mädchen gegeben, um das ich mich ein wenig kümmern kann und meine mütterliche Seite doch noch zeigen und anwenden kann. Ich bin froh, dass ich auf dich aufpassen kann und für dich da sein kann. Du erfüllst mir so den innigen Wunsch, das ich auch gerne ein Kind gehabt hätte.'' ,, Das wusste ich gar nicht. Dann bin ich froh, wenn ich dir diesen Wunsch erfüllen kann.'' ,, Wenn Luisa, also wenn sie es nicht schaffen würde, was ich natürlich nicht glaube, dann würde ich dich natürlich sofort bei mir aufnehmen. Aber ich sehe wie sehr du an Luisa hängst und da sie bereits deine 'zweite Mutter' ist, möchte ich natürlich nicht, dass du dieses Schicksal noch einmal erleben musst.'' ,, Danke Katja. Für mich bist du bereits zu einem weiteren wichtigen Menschen in meinem Leben geworden und auch wenn Luisa wieder zu Hause ist, für mich bleibst du ein wichtiger Mensch und gehörst für mich einfach zur Familie. Luisa wird es genauso sehen, wenn ich ihr erstmals alles erzählt habe.'' ,, Danke Lena.''
***
Später, als ich dann im Eiscafé sitze und auf Timo warte, denke ich an Nik. Wie es ihm wohl geht? Was er wohl gerade macht? Achje, am Freitag, also in drei Tagen, gehe ich zu Nina und werde Nik sehen. Wie er wohl reagieren wird, wenn er mich sieht? Verdammt nochmal Nik! Was ist los mit dir? Ich zucke ein wenig zusammen, als mich jemand von hinten umarmt. ,, Ach, du bist es. Hast du mich erschreckt.'' ,, Na, weit weg in Gedanken? Hoffentlich bei mir.'', begrüsst Timo mich und gibt mir einen Kuss. Sollte ich jetzt ein schlechtes Gewissen haben, da ich in Gedanken nicht bei ihm war? Nein, man darf ja noch über andere nachdenken, auch, wenn es der Ex-Freund ist...,, Na, was gibt's so Dringendes?'' ,, Ich war heute bei Luisa. Sie liegt im Koma.'' ,, Was? Du hast mir nichts geschrieben, oder?'' ,, Nein, ich wollte gleich wieder gehen.'' ,, Meine arme Maus.'' Maus? Geht's noch? ,, Sie hat gute Chancen. Aber natürlich habe ich trotzdem Angst.'' ,, Das kann ich verstehen. Wenn ich irgendwas für dich tun kann, dann sag es einfach.'' ,, Du hast mir schon genug geholfen.'' ,, Okay. Wie wär's, wenn wir am Freitagabend ins Kino gehen würden.'' ,, Ich habe eigentlich keine Lust dazu.'' Timo seufzt und meint: ,, Hör zu Lena: Ich habe ja Verständnis dafür, wenn es dir nicht so gut geht und du lieber Zeit für dich haben willst, aber dann ist eine Beziehung für dich in deiner jetzigen Situation überflüssig.'' Ich schaue Timo etwas erschrocken an. ,, Kann es sein, dass deine Keine-Lust-haben-Zeit etwas mit deinem Ex zu tun hat?'' ,, Was? W...wie kommst du darauf?'' ,, Ich glaube einfach, dass du ihn noch liebst.'' ,, Meinst du wirklich, ich kann Nik von heut auf morgen vergessen?'' ,, Nein, aber dann sind deine Gefühle für mich nicht echt.'' ,, Ich habe mich aber ein bisschen in dich verliebt. Das habe ich im Krankenhaus gemerkt.''
,, Mhm.'' ,, Es ist wahr. Ich habe Nik nur geholfen, weil er Probleme hat. Das heisst, Nina, seiner Schwester, hab ich geholfen.'' ,, Was hast du?'', fragt Timo ungläubig und sieht mich entgeistert an. ,, Ach, das weisst du ja noch gar nicht. Nina macht sich Sorgen um ihren Bruder und hat mich um Hilfe gebeten. Viel mehr kann ich dir da auch nicht sagen.'' ,, Da haben wir's ja. Du erzählst mir nicht, was bei dir abgeht und springst bei jedem Problem, wo dein Ex hat, gleich zu ihm. Super, echt!'', ruft Timo und fuchtelt mit den Händen herum. ,, Ne, Lena, ich glaube, das mit uns ist nichts. Dann hatten wir eben eine kleine Affäre zwischendurch, aber du liebst deinen Ex mehr, als du denkst, und mehr als mich.'' ,, Aber...'' ,, Es ist nun mal so. Lassen wir's einfach. Wir können ja Freunde bleiben, in naher oder späterer Zukunft, aber jetzt brauch ich erstmal eine Pause.'' ,, Timo, ich hatte nie die Absicht, dich zu benutzen. Ausserdem...im Krankenhaus hast du mir besser gefallen. Jetzt bist du so anders.'' ,, Ach, bin ich das?'' ,, Ja, bist du. Du hast jetzt eine Art an dir, die mir nicht mehr gefällt.'' ,, Dann geh zu deinem Nik. Mit uns ist es wohl nichts.'' ,, Ja, hast wohl recht.'' ,, Dann mach's mal gut.'' ,, Du auch, tschüss.'' In verschiedene Richtungen gehen wir davon. Ich weiss nicht, was ich in dem Moment empfinde, aber ich bin irgendwie froh, dass ich nicht mehr mit Timo zusammen bin. Es hat nie richtig gefunkt und hätte auch nie geklappt. Ich liebe eben immer noch Nik.
Als ich Zuhause ankomme, läuft mir gleich Katja über den Weg. ,, Lena, was ist denn mit dir los?'' ,, Nichts, wieso?'' ,, Du weinst ja.'' ,, Was? Ich...'' Ich befühle meine Wangen und tatsächlich sind sie etwas feucht von den Tränen. ,, Komm ins Wohnzimmer, da kannst du alles sagen, was dich bedrückt.'' Katja macht es so, wie Luisa. Wir machen es uns auf dem Sofa gemütlich und ich erzähle ihr, wie Nik mit mir Schluss gemacht hat, wie ich Timo kennengelernt habe und dachte, ich wäre in ihn verliebt und wie Timo anfangs noch ganz süss zu mir war und wie ich mich jetzt doch darin getäuscht habe, mit ihm eine Beziehung einzugehen. ,, Ich habe Schluss gemacht und jetzt sind wir einfach nur Freunde.'' ,, Das klingt doch nicht schlecht. Ich schlage vor, dass du dich jetzt von deinen Freundinnen ablenken lässt und Nik für eine Weile vergisst.'' ,, Ich habe Nina heute Tipps gegeben, wie sie Nik helfen könnte, da ich ihm nicht persönlich helfen will. Es schmerzt noch zu sehr in mir drin.'' ,, Das kann ich verstehen und es ist ja schon gut, dass du dieser Nina helfen konntest. Konzentrier dich jetzt einfach mal auf dich und dein Wohlergehen. Ich habe eine Pizza im Tiefkühlregal die ich nachher in den Ofen schiebe. Einverstanden?'' ,, Ja, vielen Dank, Katja.'' ,, Du weisst, dass ich das sehr gerne mache.'' Gut, dann weiss ich ja jetzt was ich in der nächsten Zeit zu tun habe. Ich kümmere mich zur Abwechslung mal auf mich und versuche Nik ein wenig in eine hintere Ecke zu schieben. Ich renne ihm jedenfalls nicht hinterher. Aber ich hoffe trotzdem, dass zwischen uns in spätere Zukunft wieder alles gut wird.
***
Flora und ich unternehmen in der nächsten Zeit sehr viel zusammen. Es lenkt mich tatsächlich ab und schlussendlich entschliesse ich mich Mia doch noch alles zu erzählen. Sie ist schliesslich wieder meine Freundin geworden und hat ein Recht darauf. Auch, wenn es sie bestimmt freuen wird. ,, Lena, ich glaube so kaltherzig ist Mia gar nicht.'' ,, Nicht kaltherzig. Aber sie mochte Nik noch nie und wenn ich einmal mit Nik Schwierigkeiten hatte, hat sie sich oft darüber gefreut und mir einen Vortrag darüber gehalten, dass sie mich ja gewarnt hätte und so weiter.'' ,, Aber seither ist viel Zeit vergangen und schliesslich wollte Mia wieder mit dir befreundet sein. Also gib ihr die Chance und erzähle ihr, was passiert ist. Du musst ja nicht bis ins kleinste Detail. Es reicht, wenn du ihr von der Trennung erzählst und sagst, du würdest ihn jetzt einfach für eine Weile vergessen.'' ,, Na gut. Ich werd's versuchen.''
Als Mia und ich dann am Nachmittag zusammen ein Eis essen gehen, Flora muss zum Zahnarzt, deshalb ist sie nicht dabei, nehme ich mir fest vor, ihr ein wenig zu erzählen. Als wir unser Eis bestellt haben, fange ich also an. ,, Mia, ich muss dir was erzählen. Es geht um Nik.'' ,, Ja? Was gibt's denn?'' ,, Hör zu....du mochtest ihn noch nie und hattest oft sowas wie Schadenfreude, wenn ich Streit mit ihm hatte.'' ,, Nur, dass ihr fast nie Streit hattet.'' ,, Aber du hast mir immer wieder Vorträge gehalten über Nik.'' ,, Ja, und als ich dich fragte, ob wir uns treffen könnten, habe ich dir versprochen, keine Vorträge mehr zu halten. Also, was ist?'' ,, Er hat Schluss gemacht.'' ,, Was? Wieso?'' Ich schaue Mia. Prüfend. Keine Schadenfreude in ihren Augen. Ihre Lippen versuchen auch nicht ein Grinsen zu unterdrücken. ,, Lena, ich weiss, ich mochte ihn nie richtig. Aber wenn ich sah, wie glücklich du mit ihm warst, dann war's eben so. Ich habe es akzeptiert. Aber wieso hat er Schluss gemacht?'' ,, Er hat Stress und Probleme und damit will er mich nicht belasten. Jetzt ist er oft im Nachtclub wo er sich ziemlich besäuft und mit Tussen rumknutscht. Aber nur, weil er unter der Trennung leidet. Aber ich versuche ihn jetzt ein wenig zu vergessen. Er ist selber schuld. Ich wollte dir das nur erzählen, weil du als meine Freundin ein Recht darauf hast.'' ,, Das schätze ich sehr von dir und ich werde dir keine Vorträge halten. Es tut mir sehr leid, dass er Schluss gemacht hat. Ich sage jetzt lieber nicht zu viel. Mir kommt nichts passendes in den Sinn, da du erzählt hast, er knutsche mit anderen Tussen rum und besäufe sich andauernd. Da kommt mir leider wirklich nichts passendes in den Sinn.'' ,, Ist schon okay. Ich versuche ihn jetzt eben eine Weile zu vergessen.'' ,, Gut, ich und Flora werden dich genügend ablenken.'' ,, Ja, bisher ist euch das wirklich gut gelungen.'' ,, Wie geht's eigentlich Luisa?'' ,, Sie liegt noch im Koma. Aber es sieht nicht schlecht aus. Sie schwebt wenigstens nicht in Lebensgefahr.'' ,, Da bin ich ja froh.'' Nach einer Weile bezahlen wir unser Eis und machen uns auf den Weg nach Hause. ,, Ich muss für meine Mutter noch ein paar Besorgungen machen gehen.'', meint Mia. Zum Abscheid umarmen wir uns kurz. ,, Ich bin ja so froh, dass wir wieder Freundinnen sind.'', sagt Mia. ,, Ich auch. Nik meinte immer, einmal würde ich mich wieder mit dir versöhnen, er sei sich sicher. Ich wünschte, ich könnte ihm diese Nachricht nun überbringen.'' ,, Das wirst du bestimmt einmal können. Auch, wenn es vielleicht noch eine Weile dauert.'' ,, Ja. Also, bis morgen in der Schule.'' ,, Mhm, tschüss.''
Als ich bei Katja zu Hause in meinem Zimmer auf dem Bett liege und an die Decke starre, denke ich ein wenig nach. Das Leben ist ja schon ungerecht. Ich finde einen Jungen, den ich mag und er mag mich auch. Wir finden zusammen und sind glücklich. Wir malen uns aus, wie es ist, wenn wir zusammen an der Oberstufenschule sind, als die Nachricht kommt, dass mein Freund wegziehen muss. Die Fernbeziehung klappt schon ganz gut, als dieser kleine Zwischenfall mit Rico und Vanessa kommt. Doch bald ist alles wieder in Butter. Mia und ich vertragen uns wieder. Luisa muss plötzlich ins Krankenhaus und wenig später kommt Nik und macht mir Schluss. Ich lerne Timo kennen, merke aber schnell, dass mit uns nichts wird. Nik allerdings knutscht in der Zeit mit zig Tussen rum und besäuft sich. Luisa übersteht die Operation, fällt jedoch ins Koma. Ich helfe Nina, indem ich ihr eine Lösung schildere, die Nik helfen könnte. Mia und ich verstehen uns immer besser, doch mit mir und Nik ist es wohl aus. Ich seufze tief. Jetzt habe ich noch Katja, Flora und Mia. Naja, Nina zählt auch noch ein wenig dazu. Vorher hatte ich Nina, Nik, Luisa und Sabrina, die ja gut mit Nina befreundet ist. Ich wünschte, ich hätte einfach alle von denen. Ob ich und Nik jemals wieder zusammen kommen? Ich bezweifle es.
Am nächsten Morgen entdecke ich eine SMS, die von Nina gekommen ist.
Hei Lena
Hat gut geklappt, Nik ist
die Typen los. Sie sitzen
in Untersuchungshaft. Ich
habe ihm gesagt, den Tipp
hätte ich von dir. Er hat nur
'Aha' gesagt. Doch in seinen
Augen lag Sehnsucht und
Schmerz. Ich weiss, dass er
dich noch liebt und du
weisst das auch. Aber ich
weiss auch, dass du erstmal
Zeit für dich brauchst. Bin
immer für dich da. Lg Nina :)
***
2 MONATE SPÄTER
***
Nur noch ein paar Wochen und das erste Jahr habe ich überstanden. Es hat irgendwie laaange gedauert. Es ist ja so viel passiert. Nik und ich sind nicht mehr zusammen. Mia und ich haben uns wieder vertragen. Luisa liegt immer noch im Koma. Katja ersetzt die Adoptivmutter für Luisa, was sie sehr gut kann. Katja und ich sind wieder auf dem Weg ins Krankenhaus. Mittlerweile kann ich den Anblick von Luisa ertragen und habe auch wieder etwas mehr Hoffnung.
Katja kommt nur kurz mit rein ins Zimmer und lässt mich dann allein. Ich setze mich auf die Bettkannte und nehme Luisas Hand in meine Hand. ,, Ach Luisa. Erwach doch bitte wieder. Ich vermisse dich so. Vielleicht kannst du mich ja hören. Nik und ich sind getrennt, Mia und ich haben uns wieder vertragen, Katja spielt die Ersatzmutter, was sie sehr gut kann und sonst...das erste Schuljahr habe ich bald überstanden. Noch drei Wochen. Und mit Timo bin ich einfach nur befreundet. Doch von ihm habe ich schon lange nichts mehr gehört, was mir im Moment auch lieber ist. Luisa, ich brauche dich doch. Bitte öffne die Augen und sieh mich an.'' Ich schaue sie an, als würde sie auf mich hören. Als ich aufstehen will, hält sie mich zurück. Ja, sie HÄLT mich zurück. Sie lässt mich nicht los und als ich sie erschrocken anschaue, öffnet sie tatsächlich die Augen. Aber nur mühsam und langsam. ,, Luisa? Siehst du mich? Kannst du mich hören?'' Ich habe mich wieder gesetzt und schaue sie gebannt an. ,, Lena, mein Mädel.'', sagt sie ganz leise und schwach. ,, Luisa, ich hole schnell einen Arzt. Bleib wach, ja?'' ,, Ganz bestimmt.'', lächelt sie schwach. Ich hole einen Arzt und dann wird Luisa untersucht. ,, Katja!'', rufe ich, als ich ins Wartezimmer komme, wo sie sitzt und in eine Zeitschrift vertieft ist. ,, Katja! Komm! Luisa ist erwachen.'' ,, Was? Im Ernst?'', fragt Katja erfreut und kommt mit. Luisa ist tatsächlich wieder aufgewacht und es geht ihr sehr gut. Sie muss noch ein bis zwei Tage dableiben zur Beobachtung hat uns der Arzt gesagt. Aber das ist mir egal. Hauptsache Luisa ist wieder wach und es geht ihr gut.
Auf dem Nachhauseweg meint Katja: ,, Wahrscheinlich ziehst du dann wieder aus, sobald Luisa wieder zu Hause ist, hm?'' ,, Naja, ich glaube nicht, dass ich sie alleine werde pflegen können.'' ,, Es wäre natürlich kein Problem, wenn ihr beide für eine Weile bei mir wohnen würdet. Ihr wohnt zwar gleich nebenan, aber es wäre trotzdem praktischer.'' ,, Und ich wäre dir sehr dankbar.'' ,, Kein Problem.''
Tja, so ist das meiste wieder gut geworden. Ist nur noch zu hoffen, dass Nik und ich eines Tages wieder zueinander finden werden. Auch, wenn ich ihn jetzt schon lange nicht mehr gesehen habe und ihn wohl auch noch einmal länger nicht sehen werde, meine Gefühle sind immer noch in mir drin in meinem Herzen hinter einer Tür eingesperrt und warten nur darauf, wieder freigelassen zu werden und frei zu bleiben.
ENDE
Freut euch auf den 3. und letzten Teil :)
Tag der Veröffentlichung: 27.03.2011
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