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Cameron

Als ich zum ersten mal einen Mord sah, war ich 9 Jahre alt. Dad war damals mit uns in der Bibliothek gewesen. Wir hatten uns sehr viele Bücher ausgeliehen. Schließlich waren wir ja auch acht Personen und ein Fötus, der jeden Moment auf die Welt kommen konnte. Mum war hochschwanger und war deshalb zu Hause geblieben, genauso wie Orson, ihr On-und-Off-Ex-Mann. Während der Schwangerschaft mit mir hatte sich Mum von unserem Dad getrennt und war mit Orson verheiratet. Auch als mein Bruder Jasper zur Welt kam, waren die beiden ein Paar. Doch als Mum dann Norah erwartete, stellte sich heraus, dass unsere Mutter Orson die ganze Zeit mit Dad betrogen hatte und dass unser Vater der Dad von Jasper und Norah war. Orson ließ sich scheiden und Mum heiratete wieder Dad, mit dem sie noch immer verheiratet ist. Ihr On-und-Off-Ex-Mann Orson wohnte jedoch bei uns. Wieso, wusste ich auch nicht genau und weiß es auch noch immer nicht. Es hatte jedenfalls irgendetwas mit dem Haus zu tun. Orson beantragte, dass er dort wohnen durfte, weil er am Kauf beteiligt war. Aber so genau wusste und weiß ich dass nicht. Er wohnte neben der Küche, wo früher unser drittes Bad war. Dad mochte ihn nicht besonders, genauso wie wir alle anderen eigentlich auch. Mum sagte, dass Orson ihr bester Freund war. Jetzt hatte sie es jedoch schon sehr lange nicht mehr gesagt, weil sie und er die ganze Zeit stritten, was ich so mitbekommen hatte wegen Dad, uns Kindern, dass Mum Orson betrogen hatte und natürlich wegen dem Haus und Orsons Pflichten im Haushalt.
Jedenfalls waren wir in der Bibliothek. Ich kann mich noch erinnern, ich hatte mir unter anderem auch Alice im Wunderland und die Fortsetzung davon, Alice im Spiegelland, Das große Märchenbuch und Peter Pan ausgeborgt. Damals mochte ich solche Bücher sehr gerne, und auch heute habe ich nichts gegen sie, auch wenn ich sie nicht lese. Meiner kleinen Schwester Norah jedoch lese ich sehr oft daraus vor. Dad hatte einen großen schwarzen Korb mitgenommen und alle Bücher hinein gegeben. Aus irgendeinem Grund, den ich heute nicht mehr weiß, wollte ich unbedingt den Korb tragen. Da er mir jedoch dann zu schwer wurde und ich ihn fallen ließ, half mir meine 2 Jahre ältere Schwester Jesse beim Halten. „Schschsch, seit mal leise!“, sagte Dad und lauschte an der Tür. „Was ist denn los?“, fragte ich ihn. „Bitte Cameron, sei einfach still!“, zischte er. Beleidigt starrte ich in den Garten hinaus. Bald hatte ich vergessen, dass ich schmollte und stellte mich neben meinem Vater an die Tür und hörte. Ich hörte rein gar nichts. Dad anscheinend auch, aber er wollte trotzdem auf Nummer sicher gehen und lauschte deshalb noch eine Weile. „Soll ich euch einen Witz erzählen?“, fragte Jasper. „Jasper!“, rief Phil, der bereits 16 Jahre alt war. „Merkst du nicht, dass Dad gerade versucht, herauszufinden ob alles da drinnen okay ist?“ Er warf ihm einen bösen Blick zu. Jasper war 7 Jahre alt. Jetzt begann Norah zu schreien. Dad hatte sie in einer Trage um den Bauch geschnallt. „Ist ja schon gut!“, versuchte er sie zu beruhigen. Es nützte nichts. „Können wir jetzt endlich ins Haus gehen?“, quengelte Jasper. Ich warf einen Blick auf meine Uhr. Seit ca. 5 Minuten schon standen wir vor der Tür und lauschten. „Na gut.“, sagte Dad. „Ich glaube, es stimmt alles“
Phil warf jedem von uns einen Blick zu und es kam mir so vor, alles wollte er herausfinden, wie wir darauf reagierten, was Dad sagte. Ich warf ihm einen komischen Blick zu. Schnell schaute er weg. Jesse machte drückte die Schnalle hinunter und die Türe schwang weit auf. Da fiel auf einmal ein Schuss. Entsetzt machte Dad einen Sprung nach vorne, anscheinend wollte er die Tür zuschlagen, bevor wir ins Haus liefen. Meine Schwester hatte sie aber zu weit aufgemacht, er erreichte sie nicht. Jasper und ich schlüpften an ihm vorbei ins Haus. Ich musste unbedingt wissen, was da drinnen los war. Schnell rannte ich durch den Flur in den Wintergarten. Mum stand dort, in ihrer Hand eine Pistole. Vor ihr, ihr Zielobjekt Orson. Sie hatte ihn nicht getroffen, stattdessen war in der Glasscheibe ein großes Loch. Orson sah mich, meine Mutter nicht. Schnell feuerte sie noch einmal ab und traf ihren Ex genau an der Kehle. Er ging zu Boden und japste nach Luft. Blut floss aus seinem Hals. Dad kam ins Zimmer gerannt und kam auf mich zu, um mir die Augen zuzuhalten. Jasper war bereits wieder nach draußen gelaufen. Phil aber war schneller. Er warf sich auf mich, warf mich zu Boden und hielt mir seine große Hand vor das Gesicht, so dass ich nichts sehen können sollte. Ich konnte aber durch den Spalt zwischen seinem Zeige- und Mittelfinger sehen, was geschah. Mum zitterte, als sie zum dritten und letzten Mal die Waffe auf ihn richtete und den Abzug betätigte. Das letzte, was er sagte war Marley, der Name meiner Mutter. Daraufhin versuchte Phil, mir auch die Ohren zuzuhalten, schaffte es aber nicht, da ich mich mit Händen und Füßen wehrte. Sie starrte ihn an während er starb. Ich fragte und frage mich auch noch heute, ob es das erste Mal war, dass sie einen Menschen sterben sah. Für mich war es das jedenfalls. Schließlich war ich erst 9 und würde bald 10 Jahre alt werden. Dad schnappte mich und trug mich aus dem Raum. Dabei fluchte er die ganze Zeit. „Phil, pass auf das niemand mehr ins Haus läuft“, wies er ihn an, als wir draußen angekommen waren und ging erneut ins Haus. Ich sah jedoch an Phils Blick, dass er ebenfalls wieder hinein gehen wollte und das auch tun würde. Er zog sein Handy aus der Tasche und rief unsere Tante Ashlee, die Schwester von Dad an. „Ash, kannst du bitte kommen? Es ist sehr dringend. Ja, es ist geschehen. Sie sind drinnen. Ich muss auch rein. Die Kleinen sind drinnen. Jemand muss auf sie aufpassen. Ja, Jesse, Cameron, Jasper und Norah. Nein, er ist noch nicht auf die Welt gekommen. Kann aber jeden Moment geschehen. Hoffentlich nicht jetzt. Das wäre sehr ungünstig. Bitte komm sofort. Danke, Ash. Beeil dich.“ Wir mussten nicht lange warten, da kam Ashlee tatsächlich hereingestürmt. Sie hatte ihre Kinder mitgenommen. Cynthia genauso wie ich 9 Jahre alt, Maxim war so alt wie Jasper und Jay war 3 Jahre alt.
Phil eilte ins Haus. Ashlee hatte Kekse mit Schokolade mitgenommen, die sie dann an uns verteilte. Als sie mal nicht hinschaute, versuchte Jasper ihr eines zu klauen, sie erwischte ihn jedoch und schimpfte mit ihm. Dann begann er zu heulen und bekam doch ein Keks mehr als wir. Er hörte sofort auf mit dem weinen und sagte, ob sie wirklich geglaubt hatte, dass er schluchzte. Unsere Tante war entsetzt von ihm. Immerhin war er erst 7 Jahre alt und tat schon so, als würde er heulen, damit er einen Vorteil gegenüber uns bekam. Irgendwie war es ganzschön langweilig hier draußen. Ich wäre viel lieber drinnen gewesen und hätte zugeschaut, was Phil, Mum und Dad jetzt mit der Leiche von Orson machten. Ash ging zu dem Korb hinüber, den Jesse und ich in der Eile, als der Schuss fiel, fallengelassen hatten und legte die Bücher wieder hinein. Dann nahm sie das Märchenbuch, dass ich mir ausgeborgt hatte wieder heraus und begann uns Schneewittchen vorzulesen. Danach folgte Dornröschen. Als Phil wieder aus dem Haus kam, war sie in der Mitte von Cinderella angelangt. „Wir sind fertig“, flüsterte er. Meine Tante nickte. Phil machte die Tür nicht ganz zu und ich konnte nicht wiederstehen, hinter ihm wieder in den Wintergarten zu gehen und das Geschehen zu beobachten. Also schlich ich hinter meinem Bruder durch die Tür und schlich durch das Haus. Mum wickelte Orson gerade in ein Leintuch ein und Dad half ihr dabei. Das Blut hatten die beiden schon weggewischt. Ich war sehr aufgeregt und duckte mich hinter einem Stuhl, um nicht gesehen zu werden. Auf keinen Fall wollte ich wieder hinausgetragen werden. Schließlich war ich 9 Jahre alt und keine fünf mehr. Meine Mutter bebte am ganzen Körper. Ihre Tränensäcke waren gefüllt. Wieso hatte sie das gemacht? Ehrlich, ich war ganz froh, dass es Nervensägen-Orson nicht mehr gab, aber trotzdem fragte ich mich, warum meine Mum ihn erledigt hatte. Dad ging zur Hintertür und sperrte sie auf. Ich huschte hinüber und versteckte mich hinter der Stechpalme neben der Tür. Wir sperrten sie nur sehr selten auf. An Weihnachten, wenn Dad den Tannenbaum ins Haus trug, den er vom Wald hatte, der hinter unserem Haus lag, an unseren Geburtstagen, wenn Mum und Dad durch die Tür unsere Geschenke ins Haus trugen und wenn Dad für uns den Weihnachtsmann spielte. Hinten im Garten stand unser dunkelgrüner Jeep. Mum, Dad und Phil gingen zum Wagen. Sie öffneten den Kofferraum und gingen wieder ins Haus um die Orson-Leiche zu holen. In der Zwischenzeit schlüpfte ich nach draußen und versteckte mich am Rücksitz des Autos. Kaum war ich drinnen, kamen sie auch schon wieder heraus. Sie ließen Mums Ex in den Kofferraum fallen und schlossen diesen gleich wieder. Es sah so aus, als hätten sie Angst, er könnte wieder hinaussteigen. Ich war mir aber sicher, dass sie es nicht deswegen taten, sondern weil sie besorgt waren, dass sie jemand beobachtete. Strenggenommen tat ich dass ja, aber ich meine natürlich jemanden, der noch nichts davon weiß, zum Beispiel die Nachbarn oder gar die Polizei.
Dad sagte etwas zu meiner Mutter und sie nickte. Dann stieg sie ein und ließ den Jeep an.
Schnell duckte ich mich und blieb am Boden zwischen Vorder- und Rücksitz hocken. Niemand bemerkte mich. Ich saß ganz zusammengekauert da. Ein bisschen zitterte ich, da ich ja schließlich nicht wusste, was Mum vorhatte. Es hätte ja sein können, dass sie zu einem See fuhr und während der Wagen auf ihn zurollte noch schnell hinaussprang und das Auto im Wasser landete und ich natürlich mit. Mum gab Gas. Wir fuhren den Weg, der in den Wald hinauf führte entlang und dann in den Wald. Hier drinnen gab es einen großen See und ich war mir sicher, dass wir dort hinwollten. Jesse und ich waren im Sommer hier oft baden, manchmal kamen auch die Jungs mit. Meine Eltern trugen Phil immer auf, er solle mit uns mitkommen und aufpassen, damit uns nichts passierte, aber machte heimlich immer etwas anderes und wir verpetzten ihn nicht, weil wir ihn gerne hatten und weil wir selbst auch alleine baden wollten, ohne dass jemand auf uns aufpasste. Es war ohnehin noch nie jemandem etwas passiert. Manchmal gingen wir auch in den Wald um Pilze zu sammeln. Hier gab es die schönsten Blumen. Mum fuhr tatsächlich Richtung See. Zweimal verriss sie das Steuer. Anscheinend war sie nicht ganz bei der Sache und noch immer ganz verwirrt. „Ich bin kein schlechter Mensch, ich bin kein schlechter Mensch.“, murmelte sie die ganze Zeit vor sich hin. Nach ca. 10 Minuten waren blieb sie dann vor dem Wasser stehen und stieg aus. Sie machte den Kofferraum auf, holte die Leiche heraus und zerrte sie Richtung See. Dann warf sie Orson mit einem Schubs hinein. Mum kam zum Auto zurück und setzte sich wieder ans Steuer. Sie holte tief Luft. Fast eine Minute saß sie einfach nur da und atmete. „Ich bin kein schlechter Mensch“, sagte sie erneut. „Du hast Recht Mum. Du bist kein schlechter Mensch!“, platzte mir heraus. Ich konnte einfach nicht anders. „Cameron! Wusste ich doch, dass irgendetwas anders ist als sonst! Was soll das? Wieso bist du nicht einfach bei Phil und Ashlee geblieben?“, fauchte sie mich an. Man merkte allerdings, dass sie nicht nur sauer sondern hauptsächlich überrascht, schockiert und erschrocken war, mich hier zu sehen. Ich war mir sicher, dass sie nur sagte, dass sie gedacht hatte, es wäre etwas nicht wie sonst. „Das hast du nie gesehen, das hast du nie gesehen“, murmelte sie. Dann stoppte sie den Jeep und stieg aus. Erschrocken überlegte ich, ob sie mich jetzt erschießen würde. Sicherheitshalber legte ich schon mal die Hand auf die Tür, damit ich jeden Moment aussteigen konnte. Mum ging zu meiner Seite und öffnete. Schnell flüchtete ich auf die andere Seite des Rücksitzes. „Was ist denn?“, fragte Mum mich. „Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich dir etwas tun will!“ Natürlich dachte ich das nicht. Deshalb rutschte ich wieder auf meinen Platz zurück. Was würde sie tun? Ich wusste es nicht. „Mum, was hast du vor?“ Ich sah sie fragend an. Da nahm sie eine Pistole aus der Tasche und zielte damit auf mich. Ängstlich begann ich zu kreischen. Also wollte sie mich doch erschießen. „Schsch“, machte Mum ärgerlich „Sei doch leise. Willst du etwa, das jemand kommt und denkt, ich will auf dich schießen?“ Verwirrt schüttelte ich den Kopf. „Aber du willst mich doch umbringen!“, flüsterte ich. Mum schüttelte den Kopf. „Natürlich nicht!“ Dann schoss sie. Ich kann mich nur noch erinnern dass ich fiel. Es war, als würde ich durch ein Loch fallen und durch die Luft gleiten. Durch einen Luft-Tunnel. Ich sah mich selbst, wie ich hinab getragen wurde, mein Gesicht war verzerrt. Eine Stimme sagte beruhigend „Still. Sei still. Nichts wird dir geschehen. Alles wird gut. Ich bin bei dir. Ich fange dich auf. Vertraue mir.“ Da gab ich nach und entspannte mich, ließ es zu, dass ich fiel.
Danach konnte ich mich an nichts mehr erinnern. War ich tot? Hatte meine Mutter mich umgebracht?
Als ich aufwachte, war alles um mich herum dunkel. Die Vorhänge waren zugezogen. Langsam richtete mich auf. „Wo bin ich?“, fragte ich leise und erschöpft. In mir war keine Kraft vorhanden, um laut zu sprechen. Die Tür am Ende des Zimmers wurde geöffnet. Ich ließ mich wieder hinfallen „Sch, sie schläft.“, flüsterte eine Stimme. Dann schlief ich wieder ein.


Es waren Sommerferien, wir fuhren alle gemeinsam zu meiner Großmutter Sienna und meinem Großvater Oscar. Ich war 15 Jahre alt. Sie waren die Eltern meines Vaters, meines Onkels Justin und meiner Tanten Ashlee, Scarlett, Heaven und später auch Drew. Drew sollte ich diesen Sommer bei meinen Großeltern kennen lernen. Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass sie überhaupt existierte, geschweige denn, dass sie die Tochter meiner Großeltern war.
Jedenfalls fuhren wir Richtung Pennsylvania, wo meine Großeltern zu Hause waren. Wir selbst wohnten in South Carolina. Früher hatten wir bei unseren Großeltern gelebt, dann waren wir nach West Virginia und schließlich nach South Carolina gezogen, wo wir noch immer lebten. Ich wünschte und wünsche mir noch heute, wir würden noch immer bei Grandma und Grandpa wohnen. Wieso genau wir weggezogen waren, wusste ich nicht. Als Phil, Jesse, Jasper und ich geboren wurden, lebten wir noch dort. Bei Norahs und Leos Geburt (er war in der Nacht nach Mums Mord an Orson zur Welt gekommen) wohnten wir bereits nicht mehr dort. Norah war in West Virginia geboren worden und Leo in South Carolina. Mum hatte Leo nach Leonardo DiCaprio, ihrem Lieblingsschauspieler benannt. Er war jetzt bereits ein Jahr alt.
Bei unseren Großeltern war es wunderschön. Überall Roggenfelder in goldgelb, blühende blaue Kornblumen, Wasserfälle mit klarem Wasser, Flüsse, die genauso klar waren, schöne weiße, amerikanische Häuser (auch Grandma und Grandpa wohnten in einem) der verwilderte Garten meiner Großeltern, die Apfelbäume, die, wogenden Gräser, die schon so lang waren und die fast nie gemäht wurden (als ich sieben Jahre alt war, konnte ich noch darin mit Jesse verstecken spielen; Auch sie konnte sich darin verkriechen; Sie war noch nie besonders groß gewesen), wilde Rosen, wilde Beeren, Hecken, Bäume, Sträucher, Wasser, alles schon ein bisschen vermodert und älter, aber so wunderschön.

Ich war nicht dort, wo ich lebte zu Hause, sondern bei meinen Großeltern.
Wenn ich müde im Gras lag und den Wind beobachtete, wie er über die Wiese fegte. Wenn ich im Fluss baden ging.
Wenn ich auf der Terrasse oder auf der Wiese saß und den Garten zeichnete.
Wenn ich mit Hecke, dem Hund meiner Großeltern spazieren ging (Mum war der Grund, dass er Hecke genannt wurde; Es war so geschehen: Wir waren in den Sommerferien als ich 8 Jahre alt war, wieder einmal bei meinen Großeltern; Sie hatten den Hund neu bekommen und wussten noch keinen Namen für ihn; Eines Tages war Mum draußen im Garten; Plötzlich rief sie: „Sienna! Der Hund buddelt unter der Hecke! Er macht deine schöne Hecke kaputt!“ Grandma hörte sie nicht; Jasper rief dafür „Was ist los, Mum???“ Mum wiederholte es noch mal; Jasper fragte noch mal; Das ging immer so hin und her, bis Mum dann schließlich nur mehr wie eine wahnsinnige „Hecke, Hecke, Hecke, Hecke, Hecke, Hecke, Hecke!!!“ brüllte und auf den Hund deutete; Dad kam heraus und rief „Was ist den hier los, Marley?“ Meine Mum brüllte nur weiterhin Hecke. „Heißt der Hund Hecke?“, fragte mein Vater und deutete dabei auf den Hund und schrie das Wort Hecke; Da nickte meine Mum, weil sie nur das Hecke verstand; Seit dem heißt Hecke Hecke; Durch ein Missverständnis; ).
Wenn ich in dem kleinen, verstaubten Supermarkt in dem Ort, neben dem meine Großeltern wohnten, war, wo man nur das allernötigste kaufen konnte (Grandma und Grandpa wohnten in keinem Ort; Sie lebten außerhalb des Ortes, abgelegen; Ein Weg führte zu ihrem Grundstück).
Wenn ich meiner Großmutter beim Kochen half.
Wenn ich mit ihr Mensch ärgere dich nicht, Skipo, Uno, 4 gewinnt oder ein anderes Spiel mit ihr spielte.
Wenn wir Stadt-Land-Fluss spielten (und ich gewann).
Wenn ich Radio hörte.
Wenn ich im Garten herum ging.
Wenn ich mich zwischen den Grashalmen versteckte (als ich 11 Jahre alt war, konnte ich es noch immer, wenn ich mich nur ein kleines bisschen bückte).
Wenn ich irgendwo saß (in der Wiese, am Sofa, auf meinem Feldbett, in der Bibliothek) und las.
Wenn ich mir von Grandma Familiengeschichten erzählen ließ (Sie hatte tausende auf Lager).
Wenn ich in der alten Mühle war und mich dort fürchtete.
Wenn ich in meinem Zimmer, dem Kabinett zurück zog und irgendwelche Hefte anschaute.
Wenn ich mich auf der Terrasse sonnte.
Wenn ich Rollerskaten war.
Wenn ich Dart spielte.
Wenn ich meine jüngeren Geschwister quer durch den Garten jagte.
Wenn ich Beeren pflückte.
Wenn ich selbst gejagt wurde.
Wenn ich verzweifelt versuchte, Hecke Kommandos beizubringen.
Wenn ich versuchte, denn alten Stall, der schon sehr lange nicht mehr benutzt wurde, von dem schmutzigen, alten Stroh zu säubern.
Wenn ich mir mit den anderen einen Film anguckte.
Wenn ich mit den anderen am Tisch saß.
Wenn ich unter der Dusche stand und eines der vielen Shampoos und Duschgele ausprobierte.
Wenn ich mir Fotoalben anschaute.
Wenn ich aus dem Fenster schaute.
Wenn ich dem Rauschen des Flusses lauschte.
Wenn ich den Vögeln beim zwitschern zu hörte.
Wenn ich Smaragdeidechsen fing und dann in die alte, rostige Badewanne setzte.
Wenn ich Judith Lennox oder Jodi Picoult las.
Wenn ich das Bad putzte.
Wenn ich früh aufstand und dem Sonnenaufgang zusah.
Wenn ich die anderen mit dem Schlauch pitsch patsch nass spritzte.
Wenn ich selbst pitsch patsch nass gespritzt wurde.
Wenn ich mit Hecke Wasserspiele machte.
Wenn ich bei Heather arbeitete, die einen Bio-Laden besaß.
Wenn ich mit Jesse nicht redete, sondern nur auf Papier mit ihr, hin- und her schrieb. Wenn Hecke kläffte und ich nach sah, was los war, und nichts los war.
Wenn ich Witze erzählte.
Wenn ich überall nach Storchen suchte und dann auch welche fand.
Wenn ich überall nach Storchen suchte und leider überhaupt nichts fand.
Wenn ich versuchte, 250 Grashüpfer einzufangen, weil unsere Familie dieses Jahr das 250. Jubiläum feierte.
Wenn ich Grandma von dieser Idee (Grashüpfer) erzählte und sie sagte, ich hätte mich geirrt, wir würden dieses Jahr überhaupt nicht Jubiläum feiern.
Wenn ich mich zu Tode ärgerte (siehe oben).
Wenn ich schwimmen war.
Wenn ich mit meiner Videokamera alles filmte (den Garten, das Haus, den armen Hecke, meine Grandma, die nichts davon ahnte und die ganze Zeit fragte ob ich sie filmte und ich es immer abstritt, Grandma beim Spielen, weil sie nie verlieren konnte, und meine Geschwister und Eltern, wie sie sich gegenseitig umbrachten...).
Wenn ich Hecke badete, der sich mit aller Kraft dagegen wehrte.
Wenn ich einen Buchbestellkatalog durchblätterte, und alle Inhaltsangaben der Bücher las (bis mir die Augen wehtaten).
Wenn ich die Rollos aufmachte (leider waren – und jetzt sind leider noch viel mehr - schon ziemlich viele kaputt; Sie machten dann so komische Geräusche, die immer lauter wurden und gingen einfach nicht auf – leider...).
Wenn ich die Rollos zumachte.
Wenn ich einen Babyfuchs sah, der durch den Garten schlich (das passierte und passiert nur im Morgengrauen im Sommer, also so um 4 Uhr).
Wenn ich am Nachmittag müde einschlief, weil ich die Nacht durchgemacht hatte (das passierte - und passiert immer noch - häufiger als ich zugebe).
Wenn ich so tat, als würde ich Bier trinken, obwohl es nur Apfelsaft war und Jasper es entsetzt glaubte.
Wenn ich meine Großeltern Sachen fragte (z.B. nach Verwandten; oder nach deutschen Wörtern; oder nach ihrer Jugend; Meine Grandma und mein Grandpa sind die gescheitesten Menschen die ich kenne;)
Wenn ich alles nach interessanten Büchern absuchte (ich habe schon ziemlich viele gefunden: da gab es zum Beispiel ein Buch in der Bibliothek, da ging es um eine Frau die einmal mit sie und einmal mit er bezeichnet wurde; ein Buch, in dem irgendeine Frau einen Wurm auseinander schnitt; ein Buch über Indianer, das mich nicht interessierte; einen Reiseführer von einem Land, das es nicht gibt; ein „Buch zum Film“, von dem es nie einen Film gab; ein Buch mit einer Autorin die genau wie ich heißt – Cameron Marley Virginia Bluestone – Virginia ist der Name meiner Großmutter mütterlicherseits, wir nennen sie Granny; ein Buch, dass meine Grandma geschrieben hat, was sie jedoch abstreitet, obwohl ihr Bild darin ist; ein Jahresbuch meines Vaters;).
Wenn ich am Dachboden herumstöberte.
Wenn ich unseren Stammbaum durchlas.
Wenn ich selbst einen Stammbaum zeichnete und aber nie fertig wurde.
Wenn ich auf der Suche nach Hecke war, weil er schon wieder verschwunden war.
Wenn ich nach Hecke rief, weil er schon wieder in den Nachbarsort abgehauen war.
Wenn Hecke mit einer blutigen Hühnerbrust im Maul zurückkam.
Wenn ich Hecke im Keller fand, wo ihn jemand schon wieder unabsichtlich eingesperrt hatte.
Wenn Hecke nach einem Spaziergang tot müde umfiel und 2 Stunden lang hechelte. Wenn Hecke sich vor einem Gewitter fürchtete.
Wenn ich Hecke in der Nacht heimlich in mein Bett kriechen ließ.
Wenn mein Vater Hecke anbrüllte, er solle endlich erwachsen werden und nicht immer in meinem Bett herumliegen.
Wenn Hecke mir die ganze Zeit nachrannte, weil ich „Mitglied seines Rudels“ war.
Wenn Hecke vor die Tür des Kabinetts machte, weil er mich „markieren“ wollte.
Wenn Hecke auf unseren Jeep sprang, wenn wir nur zu Heather fahren wollten, weil er dachte, wir würden schon wieder nach Hause fahren.
Wenn im Bett noch las, bis die Sonne aufging.
Wenn ich mir einen doofen Film ansah (das machte ich dauernd).
Wenn wir Gemsch spielen.
Wenn ich mich vor meiner Großmutter im Kabinett einsperrte, weil mir langweilig war (ich mache sehr viele seltsame Sachen, wenn mir langweilig ist; Sachen, die man nicht macht, wenn einem langweilig ist;).

Wir saßen im Auto und fuhren nach Pennsylvania. Ich hatte nicht den geringsten Schimmer, wo wir gerade waren. Also fragte ich Mum (zur Erinnerung: ich war 15 Jahre alt, Jesse war 17, Phil war 22, Jasper war 13, Norah war 7, Leo war 5, Mum war 39, Dad war 45 Jahre alt;): „Mum, wo sind wir gerade?“ „Sch, leise Jasper. Ich sehe gerade fern.“ Irgendwie schien Mum ein bisschen verwirrt zu sein. Weder war ich Jasper, noch sah sie gerade fern. Wir fuhren mit dem Auto auf der Autobahn und waren nicht gerade die reichsten, also hatten wir auch keinen Fernseher im Auto. Mum sah gerade in den Spiegel und kämmte sich ihre hellbraunen Haare. Und das nannte sie fernsehen? Ich warf Jesse einen fragenden Blick zu. Sie zuckte bloß mit den Schultern. Nur wusste ich nicht genau, worüber sie mit den Schultern zuckte. War es auf meine Frage „Wo sind wir gerade?“ oder machte sie es, weil sie auch nicht wusste was mit Mum los war? Oder meinte sie womöglich das ich seltsam war, und nicht Mum?
Wenn Jesse und ich nicht so gerne über etwas Sprechen wollen, weil es jemandem unangenehm sein könnte (z.B. wenn ich sie fragen will, ob sie auch findet das Mum seltsam ist), reden wir nicht, sondern schreiben es auf ein Blatt Papier und geben es der anderen. Das tat ich auch jetzt. In meiner khakifarbenen Tasche fand ich zum Glück eine alte Rechnung, die aktuell war, als ich drei war (die Frage ist nur: wie bin ich mit dem Alter an eine Rechnung gekommen? Oder hat sie mir irgendjemand in die Tasche geschmuggelt um die ganze Schuld auf mich zu lenken?). Darauf stand Bilderbuch Pyramiden 7 Dollar, Schwimmreifen 10 Dollar, Kinderjeans Mädchen 20 Dollar, Spielzeug Autos Sammelpackung 8 Dollar; Gesamtpreis: 55 Dollar. Natürlich fiel mir sofort auf, dass es eigentlich 45 Dollar heißen müsste und nicht 55. „Hey Mum! Ist euch das nicht aufgefallen, dass der Verkäufer euch angeschmiert hat?“, fragte ich zu laut. Ups, eigentlich wollte ich ja „Hey Dad!“ sagen. Leider hatte ich mich verplappert und hatte unbeabsichtigt meine Mutter angesprochen, die heute etwas sehr komisch drauf war. Zu meinem Pech hatte ich es auch noch so laut gesagt, dass es unmöglich war, dass Mum es nicht gehört hatte. „Cameron! Ich sage es noch mal: Mach dir keine Sorgen wegen deinem Zeugnis. So schlecht ist es ja nun auch wieder nicht. Bitte jammere mir nicht die ganze Zeit deswegen die Ohren voll. Ich versuche gerade, mich auf meinen 60. Geburtstag vorzubereiten! Nimm dir ein Beispiel an Phil. Er ist durch die Matura gerasselt und ist deswegen auch nicht anders als sonst. (Er war schon 22. Er hatte die Matura schon öfter al 1mal wiederholt) Nur weil du in der 9. Klasse drei E im Jahreszeugnis hast, musst du nicht quengeln. Also bitte Sienna!“, jammerte Mum. Sie war heute wirklich komisch drauf. Ich hatte mit keinem Wort mein Zeugnis erwähnt. Und 60. Geburtstag? Sie war gerade mal 39! Das waren noch 21 Jahre! Bis dahin war Phil 43 Jahre alt, älter als sie jetzt! Und dann nannte sie mich beim Namen ihrer Schwiegermutter. Niemand half mir. Nicht einmal Jesse und Phil (ich gebe es offen und ehrlich zu: Jesse ist meine Lieblingsschwester und Phil ist mein Lieblingsbruder)
Lieber erwähnte ich die Rechnung nicht mehr. Das hätte nur noch mehr unnötigen Ärger wegen etwas, dass gar nicht stattgefunden hatte, gemacht. Mittlerweile vergönnte ich es Mum sogar, dass sie nun um 10 Dollar ärmer war. Phil grinste triumphierend. Also hatte er den heftigen Wortwechsel zwischen Mum und mir doch gehört und auch das mit der Matura mitbekommen! Und er hatte mir nicht geholfen. Ich warf ihm einen bitterbösen Blick zu und hoffte, dass ich so aussah wie eine wild gewordene Furie.
Jetzt sollte ich endlich die Botschaft an Jesse schreiben. In meiner Tasche war zum Glück noch ein Stift. Leider hatte er genauso wie die Rechnung einen Fehler: Er war in der Mitte auseinander gebrochen und nun musste ich höllisch aufpassen, dass die violette Farbe nicht aus dem Kugelschreiber über meine Hand rann und schließlich über den weißen Sitz des Autos... (Andersrum: Sah doch auch ganz stylisch aus, oder etwa nicht?)
Wer war eigentlich immer an meinen Sachen? Erst fand ich eine mysteriöse Rechnung in meiner Tasche, auf der 10 Dollar mehr verrechnet wurden (Diagnose: entweder ein auf seltsame Weise defekter Rechner oder eine auf das technische Gebiet extrem spezialisierte Verkäuferin, die böses plant...) und dann ein entzwei gebrochener Stift. Dahinter kann doch nur Jasper stecken, oder? Leo war für so etwas zu klein (oder bilde ich mir das nur ein?) und Phil zu alt. Und Jesse würde es niemals tun. Und Norah war auch nicht. Ich musterte Jasper argwöhnisch. Er schlief. Oder zu mindestens: Er tat so, als ob er schlafen würde. Immerhin war er ein erstklassiger Schauspieler, das hatte sich schon am Tag an dem die Ermordung an Orson durch Marley Virginia Xenia Bluestone, geborene O´Dell, geschiedene und verwitwete (was sie selbst herbeigeführt hatte!) Beysey herausgestellt, als er so tat, als würde er weinen, nur um an ein Keks von Tante Ashlee zu kommen. (Vergiss es Bruder!)
Leider konnte ich nichts gegen seine Anschläge unternehmen. Er schlief ja.
Also blieb mir nichts anderes übrig, als Jesse endlich die Botschaft zu schreiben.
Was ist nur mit Mum los? Wieso unternimmst du nichts, hilfst mir nicht? Findest du auch, dass sie ziemlich seltsam drauf ist, heute? Und: Weißt du, wo wir gerade sind? Wie lang dauert es noch, bis wir da sind? C.
Ich begann zu pfeifen (heute kapiere ich erst, dass das das Gegenteil von unauffällig war) und rief „Guck mal, da draußen läuft ein Gemsch!“. Das war das Codewort. Während alle anderen aus dem Fenster glotzten, reichte ich Jesse den Brief. (Gemsch ist ein Spiel. Man arbeitet dabei zu zweit. Wenn man fertig ist, gibt der eine des Teams dem anderen ein Zeichen, dass vorher ausgemacht wurde und der andere schreit „Gemsch!“. Dann hat man gewonnen. Jesse und ich machten es immer so, dass eine von uns – meist war es ich – rief „Guck mal, da draußen läuft ein ...“ und dann gemeinsam „GEMSCH!“. Eigentlich war es geschummelt, weil man beim Zeichen geben eigentlich nicht reden durfte. Wir tun es aber heute noch. Unter „Gemsch“ stellen wir uns eine Art Reh vor.). Sogar Mum glotzte, sie wandte ihre Augen vom Fenster ab, wo sie angeblich die Vorbereitungen für ihren 60. Geburtstag traf.
Jesse las. Jesse schrieb. Jesse rief: „Ich glaub, mir steckt was im Aug!“ Das war Codewort 2. (auch das hatten wir eine Weile beim Gemsch spielen verwendet). Alle schauten auf Jesse. Auf ihre Augen. Während dessen schob Jesse mir die Nachricht über den Sitz zu. An Leo und Norah vorbei, die neben uns eingequetscht saßen (wir waren breit; wir waren schon mit 11 und 13 breit).
Wahrscheinlich hat Mum irgendwas an On-und-Off-Ex-Mann (tot, wie bedauerndstwert) „Orson“ (kotz, als Wasserleiche mag ich ihn viel lieber!) erinnert. Die Arme... Die Arme hat ihn doch nur umgebracht... Sie hat es doch nur gut gemeint...
Sorry, dass ich dir nicht geholfen habe. Dann wäre „Mum“ nur auch noch auf mich losgegangen. Und das wollen wir doch nicht, nicht wahr, Schätzchen? Wo wir sind? Keine Ahnung. Wahrscheinlich in Istanbul. Es dauert noch ca. 50 Stunden, bis wir am Ziel sind. Das Navigationssystem gibt Ihnen gerne weitere Auskünfte. Falls Sie diese haben wollen, drücken Sie bitte den roten Knopf. Ihr Navigationssystemservice. Info: roter Knopf löst Selbstzerstörung aus. Info: Sie haben den roten Knopf gedrückt. Selbstzerstörung erfolgt in 10, 9, 8, 7,... Info: Um Infos über das Abbrechen der Selbstzerstörung zu erhalten, drücken Sie den roten Knopf ein weiteres Mal. Ihr Navigationssystemservice. Info: Sie haben den roten Knopf ein weiteres Mal gedrückt, um die Selbstzerstörung abzubrechen. Das funktioniert LEIDER nicht. Leider. Ich bedauere sehr. Haha. Info: Den roten Knopf ein zweites Mal zu drücken, löst folgendes aus: Doppelte Selbstzerstörung. Hahahahaha. Info: Selbstzerstörung (doppelt, dass wollten Sie doch, oder) erfolgt in 3,2,1... Haha, reingefallen.
J.
Jesse hatte schon immer eine Schwäche für schwarzen Humor, Ironie und Sarkasmus. Und einen Hang, über Sachen zu reden (bzw. zu schreiben) die Tabu-Themen sind, z.B. Ermordung Orsons. Ich aber auch. Auch wenn lange nicht so stark ausgeprägt wie bei ihr.
Mir wurde langweilig. Deshalb begann ich, lauter Sachen über mich auf die Rechnung zu schreiben.
Name: Cameron Marley Virginia Bluestone
Rufname: Cameron
Spitzname: Cam
Abkürzung: C., C.M.V., C.M.V.B.
Mutter: Marley Virginia Xenia Bluestone, geborene O´Dell, geschiedene und verwitwete Beysey
Beruf: Ärztin im Krankenhaus
Sternzeichen: Löwe
Kinder: Phil, Jesse, Cameron, Jasper, Norah, Leo
Geschwister: Lee, Tyson
Eltern: Virginia Xenia Laura O´Dell, geborene Genell
Cedric Michael O´Dell
Vater: Adam Oscar Victor Bluestone
Beruf: Arzt im Krankenhaus
Sternzeichen: Skorpion
Kinder: die gleichen wie seine Frau (Mutter)
Geschwister: Ashlee, Scarlett, Heaven, Justin
Eltern: Sienna Helen Bluestone, geborene Mikel
Oscar Tim Bluestone
Dann gab ich es Jesse. Sie schrieb das gleiche von sich (hinter jeder Zeile schrieb sie in Klammer *kotz*) Wir schrieben eine Weile. Dann begann hatte ich eine Idee. Meine Telefonnummer, meine Adresse. Ich schrieb beides auf.
Zu spät. Jesse bekam den Zettel nicht. Jasper war plötzlich aus seinem „tiefen Schlaf“ aufgewacht und schnappte sich den Zettel. „Ich hab eine Nummer! Ich hab eine Nummer! Ich hab eine Nummer! Eine Telefonnummer! Eine Telefonnummer! Eine Telefonnummer!“, sang er. Dieser Dummkopf. „Ruhe dahinten! Ich bin gerade im Solarium!“ brüllte Mum. Jas bemerkte nicht einmal, dass es seine eigene Telefonnummer war. Obwohl er schon 13 war. Ich hatte mit 7 bereits unsere Nummer, Mums Handynummer, Dads Handynummer, Phils Handynummer und Grandmas Nummer auswendig gewusst. Ich knurrte ihn an. Er ließ sich nicht einschüchtern. Leider. Und er merkte noch etwas nicht: Das Fenster war offen. Auf einmal wurde ihm sein Spiel anscheinend zu langweilig, also ließ er den Zettel einfach fallen. Phils Fenster war auch offen. Von dem kam ein Luftzug und wehte den Zettel bei Jaspers Fenster hinaus (die beiden saßen eine Reihe vor uns. Sie waren noch breiter als wir. Die zwei brauchten zu zweit eine Bank. Wir zu viert. Gut, Norah und Leo waren ja auch fast noch Babys – wenn man 5 und 7 jährige als Fast-Babys bezeichnen kann - , aber gut). Scheiße. Der Zettel mit unserer Nummer und unserer Adresse.
„Ups.“, meinte er nur.
Wir steckten anscheinend im Stau. Der Zettel lag auf der Autobahn. Wäre nicht so knapp neben unserem grünen Jeep (der Leichenwagen – unser Leichenwagen) ein schwarzer Mercedes (er war allerdings urururalt, also beneidete ich die Besitzer NICHT – außerdem wollte ich sowieso mal einen silbernen Mercedes haben, und keinen schwarzen!) gestanden, ich wäre ausgestiegen und hätte den Zettel geholt. Mist. Auf der anderen Seite ging es auch nicht. Da war gleich am Wagen die Leitschiene. Also waren wir sozusagen beinahe eingezwickt. Ich hätte Jasper umbringen können(aber nicht so wie Mum. Nur ein Wortspiel!) . Wenn jetzt irgendein Stalker die Nummer aufhebt und anfängt, uns zu stalken, nur weil ihm langweilig ist?!
Aber nein, Jas dachte nicht daran sich wenigstens zu entschuldigen, nein, ihm fiel auf einmal etwas ein: „Hey! Cameron! Jesse! Das war ja unsere Nummer. Unsere Adresse. Cool!“
„Sehr schnell kapiert, Liebling!“, fauchte ich ihn an. Er merkte nicht, dass ich es ironisch meinte. Er war wirklich das Gegenteil von naiv (ironisch gemeint, für alle Jaspers, die das lesen) „Danke, Cam. Stell dir vor, jemand findet das Blatt?! Dann werden wir vielleicht Brieffreunde! Oder Telefonfreunde! Cool! Wisst ihr was? Ich mach noch so einen Zettel!“, träumte er vor sich hin. „NEIN, NEIN, NEIN! Nein, nicht Jasper!“, brüllte ich gegen den Wind (mir kam es zu mindest so vor, als würde ich gegen den Wind brüllen). „Wieso nicht?“, meinte er plötzlich ganz unschuldig. (von wegen guter Schauspieler! Ich werde ihm die Show stehlen...) „Mum? Hast du mal ein Stück Papier?“ Jasper lächelte. Dieser Schleimer! Er sagt es so, als würde er sagen „Mum? Ich finde deine Kette wunderschön!“ „Natürlich, mein Liebling! Wenn es weiter nichts ist! Und ihr anderen, nehmt euch ein Beispiel an ihm. So bescheiden, wie Jasper ist. Er ist ein Vorbild, auch für euch älteren! Obwohl er jünger ist!“ Meine Mum grinste stolz zu ihm hinüber. „Nein!“, kreischte ich. „Tu es nicht, Mum!“ „Wieso?“ Sie blickte verständnislos und irritiert zu mir hinüber. Dann gab sie ihm einfach das Blatt. „Ja! Ja! Ja! Ich hab es! Ich bin ein Hippie!“, schrie Jas. Keine Ahnung, was er mit „Ich bin ein Hippie!“ meinte. Vielleicht dachte er, es bedeutete soviel wie „Jippie!“, so was wie „Juhu! Ich rufe Jippie!“. Keine Ahnung. „Oh nein.“ Ich sank in mich zusammen. Das war mein Ende. Mein persönlicher Weltuntergang. Weltuntergang in den Tod. Weltuntergang ins Verderber. Weltuntergang ohne Wiederkehr. Der Tod der schönen Cameron.
Auf einmal bekam Jesse einen Lachanfall. Konnte sie Gedanken lesen? Nein, sie lachte nicht belustigt, sondern eher verzweifelt. Ich sah sie verständnislos an. „Lachst du wegen dem Weltuntergang?“, fragte ich vorsichtig. Sie zeigte mir den Vogel. „Spinnst du jetzt total?“, flüsterte sie, so dass sich Mum nicht noch mehr aufregen konnte. Wenn meine Mutter nur wüsste, was unser aller „Lieblingsbruder“ Jasper gerade machte... (genau: Lieblingsgeschwister sind, wie ich schon sagte Phil und Jesse; und Hassgeschwister: Jasper und Ich; Leo und Norah sind neutral. Hahaha) Er hatte gerade das Blatt von Mum fertig mit Adresse und Telefonnummer beschriftet (ich konnte nur hoffen, dass er weder das eine noch das andere richtig beherrschte – immerhin war er ziemlich naiv, weil er nicht einmal wusste was ein Hippie war, weil er nicht kapierte, wenn etwas ironisch gemeint war, weil er so dumm war unsere Telefonnummer und Adresse unabsichtlich auf die Straße zu werfen, weil er sich danach freute, und nicht über die Konsequenzen nachdachte, weil er es gleich noch einmal machte, weil er nicht einmal unsere Telefonnummer erkannte,...) und warf es auch schon aus dem Fenster. Dieser Dummkopf.
Jesse deutete Richtung Fenster. Durch die Scheibe des Mercedes neben uns konnte man sehen, dass die Hintertüre links (wir standen mit unserem Auto rechts von dem schwarzen Wagen) aufschwang. Ein Mädchen kam um das Auto herum. Sie war so alt wie ich. (15, zur Erinnerung, ich bin 15 und nicht mehr 9. Welche 9 jährige benimmt sich SO?)
Was machte das Mädchen? 1. Sie ging um den Wagen herum. 2. Sie quetschte sich zwischen ihren Mercedes (ich weiß nicht, ob er ihr gehörte, jedenfalls gehörte er ihrer Familie) und unseren Leichenwagen (Jeep). 3. Sie legte die Hand auf das zweite Fenster, dass Fenster, dass in der Reihe von Jasper und Phil war, schaute hinein und grinste sie an
4. Sie tat das gleiche beim dritten Fenster, dass Jesse, Leo, Norah und mir gehörte (Hat echt keine Manieren das Gör – zu wem könnte der Spruch gehören? Mum: Nein. Sie legte Wert auf die liebe, junge, nette, durchgeknallte und verständnisvolle Mutter, die modern war; Dad: Er redete nicht besonders viel – nur mit mir, ätsch, Jesse, Phil, Jasper, Norah und Leo, ätsch. Wenn er sprach, dann nicht so was; Grandma: Ach wo; Grandpa: Auf keinen Fall. Also keine Ahnung, ich glaube, ich kenne niemanden, der dass ernstes halber sagen würde und nicht nur im Spaß; Sie könnte in unsere Familie gehören, sie sieht so aus wie unseresgleichen – hellbraune Haare, goldene Augen, groß, ähnliche Gesichtszüge – ich habe keine hellbraunen Haare – von Natur aus schon hellbraun – ich habe sie mir dunkelblau gefärbt – haha, durchgeknallter Teenager – Ich!; Eigentlich ist sie sehr, sehr unfreundlich. Wieso macht sie das mit dem reinschauen nicht auch bei Mum und Dad? Das ist nicht nett – aber war ja eh klar!;).
5. Scheiße. Sie hob den Zettel auf. Scheiße, scheiße, scheiße.
6. Sie schaute noch mal in Jaspers Fenster und hielt das Blatt dran.
7. Das Mädchen ging zu meinem Fenster und zeigte auch mir Papier. (Sie lächelte nicht schadenfroh, sondern sogar nett – seltsam...)
8. Sie ging wieder zurück und stieg ein (den Zettel nahm sie mit! Scheiße.).
9. Der Mercedes fuhr ein Stück zur Seite, sodass wir mühelos aussteigen hätten können. (Hab ichs doch gewusst! Wir hätten aussteigen können, hätte sie nicht so eng geparkt.)
Der Stau löste sich auf. Wir fuhren weiter. Hinter uns kam bereits das nächste Auto. Und schon steckten wir schon wieder fest. Ich drehte mich um. Das Auto hinter uns stand genau dort, wo wir gestanden waren und wo Jasper auch den zweiten Zettel hinausgeworfen hatte. Ein männlicher Teenager stieg aus. (Sah von der Ferne so aus wie ca. 17) Scheiße! Schon wieder ein Stalker! Jasper, ich bring dich doppelt um.
Natürlich hob er den Zettel auf. Was sonst? Es sah sogar so aus, als würde er grinsen. Aber wir waren sehr weit weg von ihm und ich hätte es mir genauso gut nur einbilden können. Es sah aber wirklich so aus, als würde er lächeln. Stress verleiht eben viel Fantasie und macht panisch, so wie irgendwer immer sagte.
Fragen über Fragen.
1. Kann sie Gedanken lesen? Wieso parkte sie den Wagen so knapp, wusste sie, dass sie den Zettel finden würde? Wusste sie, wann sich der Stau auflösen wurde, und konnte so im richtigen Augenblick zur Seite fahren?
2. Wollte sie uns umbringen? Immerhin hätte einer oder ein von uns nach ihrem einsteigen und zur Seite fahren aussteigen können, um den Zettel zurück zu holen und wäre gnadenlos überfahren worden...
3. Wer war sie überhaupt? Irgendwie kam sie mir bekannt vor... Aber vielleicht war das nur, weil sie ja auch hellbraune Haare und goldene Augen hatte und groß war.
4. Kannte sie uns? Irgendwie wirkte sie beim hereinschauen so, als ob sie uns kennen würde.
5. Was würde sie mit der Nummer und der Adresse machen? Hoffentlich war sie keine Stalkerin.
6. Wieso hatte sie den Zettel überhaupt aufgehoben? Erstens war es gefährlich, auf einer Autobahn auszusteigen und zweitens, was interessierte sie unser Kram?
Diagnose: Wen ich jetzt plötzlich nicht mehr mochte/einfach nicht mochte:
1. Die Fremde. Warum musste sie auch unsere Adresse und Telefonnummer klauen und uns auch noch ähnlich sehen? Und dann so grinsen? Was soll der Quatsch? Mir schwant übles... Was hatte sie vor?
2. Der männliche Teenager. Er hätte den Zettel nun wirklich nicht gebraucht. Und lächeln hätte er auch nicht müssen (Nichts ist bewiesen!). Das ging ihn alles nichts an.
3. Jasper. Diese naive Nervensäge! Die zwei über ihm mochte ich nur wegen ihm nicht. Ansonsten, glaube ich, fände ich die beiden ganz sympathisch. Und wieso war er nur so dumm? Die wichtigste Frage: Wieso war er nur mein Bruder? Das hatte ich wirklich nicht verdient.
4. Phil. Wieso grinste er so dumm? Hätte er mich nicht Mum gegenüber verteidigen können, als sie mit den 60. Geburtstagsvorbereitungen und dem Zeugnis anfing?
5. Jesse. Was musste sie auch über den Weltuntergang lachen? Und mich dann fragen, ob ich spann? Mich einfach der Selbstzerstörung aussetzen?
6. Mum. Was war nur los mit ihr? Wieso redete sie von ihrem 60. und die Vorbereitungen dazu, von meinem Zeugnis und das ich nicht jammern sollte, Phil sei ja schon zum 3. Mal durchgeflogen (sie freute sich anscheinend darüber! Mein Gott, alles ok?) oder zum 4. Mal, so genau weiß ich das auch nicht, und von Solarium? Mum, alles wird gut, beruhige dich.

Mir war wieder langweilig. Schließlich konnte ich mir nicht die ganze Fahrt (bzw. den ganzen Stand, wenn man den Stau berücksichtigte) über Jasper und seine Naivität und seine Anschläge auf meine Handtasche, Mum und ihre Verwirrtheit, Phil und seine Grinser, Jesse und ihren fürchterlichen schwarzen Humor, das fremde Mädchen – die Zetteldiebin und den männlichen Teenager nachdenken. Oder? Ne, das ging nicht.
Vielleicht sollte ich mir Namen für die beiden ausdenken. Also er. Ich fand, er sollte entweder mit M anfangen – für männlich, oder mit T – für Teenager, oder mit S – für Sieben bzw. Seventeen. Ok, ich machte es kurzfristig. „Jesse, M, T oder S?“, fragte ich sie.
„Mein Gott, meinst du Marc, Taylor oder Sven? Keine Ahnung. Ehrlich, Cameron, ich mag die alle nicht besonders. Außerdem geht’s dich sowieso nix an.“ Soviel zu meiner Lieblingsschwester. Aber scheiße, sie dachte, ich machte ne Anspielung auf ihre
Ex-Freunde. Na gut, wenn sie unbedingt wollte, nannte ich ihn eben nach einem der beiden. Sven schied aus. Passte irgendwie nicht, wäre eher für einen fünfjährigen. Aber doch nicht für einen siebzehnjährigen, männlichen, Teenager! Ok, Marc schied auch aus. Gab einfach zu viele von diesen Marcs. Taylor war gut. Aber ne, ich sollte noch eine Kleinigkeit ändern. Nicht Taylor sonder Tyler. Das war besser. Sonst würde Jesse mit mir das gleiche machen, dass Mum auch vor vielen Jahren mit Orson gemacht hatte...
Also Tyler. Und sie? M für Mädchen oder G für gleich alt oder A für ähnlich oder K für Klauerin (nicht Diebin, Klauerin passte besser) oder F für Fenster.
Also, ich fragte jetzt lieber nicht Jesse sondern Phil (<3 Lieblingsbruder <3) sonst vielen ihr womöglich noch Ex-Freunde ein, von denen ich nichts wusste. Ok, Projekt „Klauerin“. „Phil???“ Hundeblick. Lieb sein. „Phil?“ Er hörte mich nicht. Er hörte lieber Jason Mraz (Oh gott ich hasse ihn. Nicht Phil, Jason Mraz. Der schlimmste aller Schnulzensänger). „*Knurr*!“ Er nahm seine Kopfhörer ab. Jippie (! Jasper ! Und nicht „Ich bin ein Hippie!“!!!) Er hat mich erhört. „*Knurr*!“, machte Phil noch mal. (Nicht schon wieder. Sonst folgt der zweite Weltuntergang oder noch eine Selbstzerstörung – danke übrigens, Jesse) „Was gibt’s?“ „Hörst du Jason Mraz?“ „Natürlich nicht! Was denkst du von mir? Ich bin 22 Jahre alt, ein erwachsener Mann. Mensch, ich hör doch keine Musik für Teens. Willst du was ich höre?“ Nicken. „Beyoncé, Razorlight. Und jetzt von Michael Jackson Ayo Technology“ Nicht aufregen. „Phil!!! Razorlight ist kein Single, sondern eine Band (du hirnloser Hirni). Und Ayo Technology ist von Milow und nicht von Jacko (genauso naiv wie Jasper, was?)! (Denk doch mal nach, dann kommst du selbst drauf! Bin doch nicht dein Kindermädchen) „Ach so. Das wusste ich nicht“ Oh nein. Schon wieder dieses Hundeblick – Hab dich lieb (ich dich aber nicht, du eingefleischter Jason Mraz Fan!). „Ich verzeihe dir großmütig, aber nur weil du es bist, *Knurr*!“ *Knurr*!
„Phil oder *Knurr* oder wie auch immer du heißen magst, kommen wir zur Sachen. M, G, A, K oder F?“ „Du meinst meine Ex´? Mona, Gwen, Aylin, Keala oder Faith?“ Nicht schon wieder. Selbstzerstörung Numero 4. Weltuntergang Numero 3. „Eigentlich nicht. Aber gut, du Mraziger Fan. Es ist nicht meine Schuld. Hahaha“. „Nein, warte!!!“ So, als wäre ich davon gelaufen. Guter Witz *Knurr*! Ok, welchen Namen?
Mona, Gwen und Keala schieden aus (Keala erinnert mich zu sehr an Koala, Mona ist eher für jüngere oder ältere, und Gwen passt einfach nicht zu ihr). Aylin oder Faith? Faith.
F für Fenster. Lustig. Machten wir es so wie bei Tyler. Nicht Faith sondern.... Hey Fay! Fay war gut. Tyler und Fay. Fay und Tyler. Die zwei Zettelklauer.
Ich habe eine neue Idee (ach übrigens, wir fahren wieder): Spitznamen für meine Familie. Einige sind leicht:
1. Phil. *Knurr*!
2. Jasper. Hippie.
3. Mum. Hecke. (oh gott, sie heißt gleich wie Hecke! Oder Orson-Killer)
4. Dad. Seistill (jaja, Dad. Armer Orson. Du sagtest „Sei still!“ während er seinem Tod entgegenwartete... Und es ist sehr passend. Er selbst sagt kaum was, und wenn die anderen was sagen, sagt er „Sei still!“ – auf der Autofahrt hat er überhaupt noch nix gesagt. Armer Dad)
5. Norah. Jag-Jag! (dass ruft sie immer. Entweder meint sie damit, dass ich sie jagen soll, oder, dass sie mich gerade jagt. So genau weiß man das nie. Ich brauche immer mindestens eine halbe Stunde, um zu erkennen, wer wen jagen soll)
6. Leo. Fastbaby (eigentlich ist Norah auch ein fast Baby. Auch wenn sie sieben ist. Aber es können ja auch nicht alle Fastbaby heißen, nur weil sie es sind, oder?)
7. Jesse. Selbstzerstörerin (das passt genau zu ihr!)
8. Ich. Weltuntergang (Haha!)

Vielleicht sollte ich wieder mit Jesse Briefchen schreiben. Aber nicht, dass das schon wieder so endete wie beim letzten Mal (Brief aus dem Fenster – „Ich bin ein Hippie!“).
Ich will nicht, dass beim nächsten Mal vielleicht meine Handtasche rausfliegt. Dann fliegt Jasper nach.

„Jippie, Jasper, flieg!“ „Ich bin ein Hippie!“ „Und ein Terrorist, der Anschläge auf Handtaschen macht. Und dafür wirst du bezahlen!“ Bumm-bumm-bumm „Hilfe Mommy! Cameron schlägt mich mit der Tasche!“ „Stört mich nicht im Solarium! Ich plane meine 60. Geburtstag!“ „Mommy!“ „Halt die Klappe, Sienna. Hecke ist auch bei der Matura durchgerasselt. Und Orson-tot auch!“ Bumm-bumm-bumm „Aua, Cameron, du tust mir weh!“ „Von wegen guter Schauspieler. Ich stehl dir die Show!“ „Ich bin doch erst dreizehn! Ich bin zu jung zum Sterben! Phil, hilf mir!“ „Geht nicht. Höre Jason Mraz von Mraz Jason!“ „Stirb! *Knurr*! Ich habe unseren Hippie-kleinen Bruder in meiner Gewalt!“ „Sei leise! Ich will Ayo Technology hören!“ „Wie ist unsere Telefonnummer?“ Bumm-bumm-bumm „Ich bin ein Hippie!“ „Du Trottl, das weiß ich doch. Und ich bin der Weltuntergang!“ „Du? Wenn du mich nicht mehr schlagen tust mit deiner Tasche, und ich auch kein Terrorist mehr sein zu dir, ich nicht mehr bluten aus mein Kopf und wir machen Teamwork, gut?“ „Ehlender Terrorist!“ „Hecke, Hecke, Hecke, Hecke, Hecke, Hecke!“ „Sei still Mum, ich muss Orson umbringen!“

Ich wachte auf. Anscheinend hatte ich einen Alptraum von Hippies und Terroristen gehabt, die Anschläge auf Solariums und 60. Geburtstage planen, die unter Hecken „Sei still!“ rufen, Jason Mraz umbringen und Orson aus dem Fenster werfen.
Puhh. Träume. Aber jetzt waren wir endlich da.
Das heißt, wir waren beinahe da. Vor unserem Jeep stand nämlich ein dickes, fettes männliches Schaf (Hammel, oder?) mit einem Pelz (oder nennt man das Fell?), mit dem ich es im Sommer nicht ausgehalten hätte. Er mähte und rührte sich nicht vom Fleck. „Wenn dir das Leben eine Zitrone schenkt, dann iss sie auch.“, murmelte unsere Mutter. „Mum!“, wies Phil sie zurecht. „Das heißt <Wenn dir das Leben eine Zitrone schenkt, dann hast du eben Pech gehabt.>.“
Ich verdrehte die Augen. „Wenn dir das Leben eine Zitrone schenkt, dann mach Limonade daraus“. So hieß es. Meine Familie war schon immer ziemlich durchgeknallt.
Dad hupte, keinerlei Reaktion. Dann kurbelte er das Fenster auf (das war das erste, dass er während der Fahrt sagte!) und schrie „Weg da! Aus dem weg! Wir müssen hier durch! Schleich dich, du Nutztier!“. So hatte ich meinen Vater auch noch nicht erlebt. Was war nur in ihn gefahren? Er brüllte noch immer weiter. „Dad...“, sagte ich, doch auch er reagierte nicht. Was jetzt? Mein weibliches Elternteil stieg aus und ging auf den Hammel zu. Was hatte sie vor? Ich wusste es nicht. Sie kam immer näher. Er bemerkte sie gar nicht. Und dann hob sie ihren Fuß zum Tritt an. Mum trug schwarze Highheels. Sie wollte doch nicht das Tier treten, oder? Doch. Sie tat es. Es kam mir so vor, als ob sie Anlauf nehmen würde und gegen das Schaf sprang. „Heia! Kann Karate!“, kreischte sie und flog mit beiden Schuhen gegen das Schaf. Unsere Mutter, die Superheldin. „Hey! Lassen Sie mein Schaf in Ruhe! Es ist ein wertvolles Nutztier! Sie elendigliche Tierquälerin!“ Der Bauer kam auf uns zu. In seiner Hand: Eine Heugabel. Drohend auf Agentin X gerichtet. „Ähm...“, meinte diese. „Ihr Pony hat unser Auto angegriffen! Es kam darauf zugerannt und wollte unsere Motorhaube zerschmettern! Die Kinder haben vor geschrieen! Mein Mann hatte fast einen Herzinfarkt! Wissen Sie, er ist nicht mehr der jüngste, nun ja... Und mein ältester Sohn hat Asthma! Durch Pferde werden seine Anfälle ausgelöst!“ Was Mum schon wieder erfand. 1. Der Hammel war weder Pferd noch Schaf. 2. Er hatte unser Auto nicht angegriffen, sondern war nur davor herumgestanden. 3. Die Motorhaube wollte er auch nicht zerschmettern. 4. Wir schrieen nicht. 5. Dad erlitt nicht beinahe einen Herzinfarkt. 6. Er war 45 Jahre alt und noch kein Opa. 7. Phil hatte kein Asthma. 8. Pferde lösten keine Anfälle aus, genauso wenig wie Schafe.
Der Mann glotzte sie mit großen Augen an. Dann schaute er sein Schaf an. „Was Sie nicht sagen...“, murmelte er ungläubig. Mum nickte bekräftigend. Das machte es aber auch nicht gerade glaubwürdiger. Sie war nicht gerade eine gute Schauspielerin. Außerdem hatte ich gar nicht gewusst, dass sie Kampfsport beherrschte. „Ich werde eine Anzeige beantragen. Der Tierschutzverband wird sicher eingreifen. Wenn Sie Tiere besitzen, werden diese Ihnen höchstwahrscheinlich weggenommen werden, weil man Angst haben wird, dass Sie sich nicht ausreichend um sie kümmern und dass sie ihre Karatetricks an ihnen ausführen!“, regte er sich auf. Agentin X zuckte mit den Schultern. Es war ihr anscheinend gleichgültig. Sie hörte nicht einmal zu. Auch wenn sie ins Gefängnis kommen würde, es wäre ihr egal. Es interessierte sie keinen Deut. „Man kann ja immer noch ein Schafssteak aus dem Viech machen, nicht war Dad?“, meinte Phil. Dieser zuckte nur mit den Schultern. Er war, wie schon erwähnt, nicht sonderlich gesprächig. Schafssteak, nicht sonderlich lecker, musste ich leider sagen. Mein Geschmack war es jedenfalls nicht. Der arme Hammel. Womit hatte er es sich verdient, von Agentin X getreten zu werden? Er war ja nur vor ihrem Auto herumgelungert. Das war alles. Er hatte den Wagen nicht angegriffen. Er hatte nicht versucht, die Motorhaube zu zerbeulen. Agentin X war eine Lügnerin. Und sie war die Mörderin von Orson. Noch dazu war sie meine Mutter. Soviel Pech konnte man im Leben haben. „Mir reicht es. Ich gehe zu Fuß“, maulte ich und stieg aus. Der Bauer sah mich an, schüttelte den Kopf über meine blauen Haare und haute ab. Er war ja auch nicht viel besser. Immerhin hatte er grüne Haare. Ich musste mich beeilen, immerhin wollte ich nicht, dass ich auch ein Opfer von Mörder-Agentin X wurde. Schnell ging ich an ihr vorbei. Zu spät. „Hey Cameron! Warte!“, rief sie. Nun musste ich rennen. Zitternd versteckte ich mich in den Büschen. Mum hastete vorbei. „Cameron! Klettere nicht auf Bäume! Komm runter da! Ich sehe dich!“ Jetzt drehte sie anscheinend vollkommen durch. Wieso sollte ich da rauf klettern?
Das hatte ich nun wirklich nicht nötig. So gefährlich war sie nun auch wieder nicht. Wenigstens war sie jetzt weg. Der grünhaarige Schafbesitzer rannte vorbei. In seiner Hand: Noch immer die Heugabel. Hoffentlich wollte er nicht die Mörderin aufspießen. Naja, ich würde es ihm auch nicht übel nehmen... Scherz. Auf einmal merkte ich, dass ich nicht alleine war. Neben mir kauerte noch jemand. Wer war das jetzt schon wieder? Sie glotzte mich an. Ich glotzte sie an. „Wer bist du?“, fragte ich. Noch mehr geglotze. Natürlich antwortete sie mir nicht. Stattdessen stand sie auf und lief weiter. Ich ihr nach. Wo wollte sie hin? Leider konnte sie viel schneller rennen als ich. Atemlos verlor ich sie aus den Augen. Schon wieder eine unbekannte. Jetzt muss ich einmal etwas klarstellen. Ich hasse unbekannte. Tyler, Fay und jetzt die Läuferin. Was wollen die von uns, was wollen die von mir? Eigentlich könnte ich bei diesen vielen Begegnungen der unbekannten Art schon die Polizei verständigen. Vielleicht könnten die mir die Fremden vom Hals halten. Oder würden dadurch nur noch mehr kommen? Man kann nie wissen, was geschehen wird. Man muss es einfach ausprobieren oder lassen. Man muss einfach abwarten. So ist das Leben nun mal. Man kann es nicht ändern. Jetzt musste ich überlegen, wen ich von den dreien am wenigsten mochte. Ich glaube Fay. Sie hatte so provozierend in das Fenster reingeschaut. Und ich hatte sie nicht daran hindern können, dass sie den Zettel aufhob. Ob ich sie wohl je wieder sehen wusste? Es war Schicksal. Vielleicht würde ich ihr nie wieder begegnen. Wer weiß...
Ich glaubte daran, dass alles vorbestimmt war. Wahrscheinlich war es auch so.
Atemlos blieb ich stehen. Leider hatte ich mich verlaufen. Schöne Scheiße. Aber ich habe ja nicht umsonst ein Handy. „Hallo Grandpa. Könntest du mich bitte holen? Ich habe mich verirrt. Ja, dort wo der Wald anfängt.“ Wenig später kam ein Auto angerollt. Es blieb stehen. Ein fremder Mann stieg aus. Nicht schon wieder! „Wer sind Sie?“ Ich war misstrauisch. Er lief zu mir und nahm mich in den Arm. Ich wehrte mich haarsträubend. Meine Beine waren meine Waffen. „Mensch Cameron. Wer denkst du denn, wer ich bin? Grandpa!“ Oh mein Gott. Es war also mein Großvater, den ich fast abgeschlachtet hätte. Den ich beinahe zu Tode getreten hätte. „Wie heißt euer Hund?“ Auf Nummer sicher gehen. „Was soll das, Cam?“ Er verstand nicht, dass ich ihm nicht glaubte, dass er er war. Schließlich sah er ganz anders aus als er. „Wieso siehst du nicht so aus wie früher?“, platzte mir heraus. Grandpa grinste teuflisch. Mir lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Hatte er mich getäuscht, war er gar nicht mein Großvater? „Warte mal kurz, Cameron. Ich bin gleich wieder da.“ Er ging zum Auto. Und dann kam er wieder zurück, noch schlimmer lächelnd als vorher. Auf einmal holte er ein Messer aus seiner Tasche. „Wieso ich nicht so aussehe wie früher? Weil ich nicht dein Grandpa bin!“ Jetzt war das Lachen höhnisch. Ich zuckte zusammen. Er würde mich umbringen. Schon sah ich es vor mir. In meiner Vorstellung lag ich bereits blutbedeckt am Boden und schrie panisch um Hilfe. Verzweifelt trat ich um mich. Dann rührte ich mich nicht mehr...
Scharf sog ich die Luft ein. Er starrte mich an und kam langsam näher...
„Oh mein Gott... Du siehst so aus wie...“ Mir fiel nichts ein, mit dem ich ihn abschrecken hätte können. „Pippi Langstrumpf.“ Grandpa alias Messer (so nannte ich ihn, ich brauchte für jeden, den ich nicht kannte einen Namen – Tyler, Fay, Läuferin und jetzt Messer) starrte mich entsetzt an. Yeah. Das war ein Punkt für mich. Leider nahm ich das zu diesem Zeitpunkt noch nicht wahr, sondern besserte mich aus! „Ähm, ich meinte, du siehst so aus wie...Elvis Presley!“ Das war das große Vorbild meines Großvaters. Aber der Mann vor mir war ja anscheinend nicht er... Was jetzt? Verzweifelt suchte ich mit meinen Händen hinter mir nach einem Gegenstand, mit dem ich ihn überwältigen konnte. Leider waren da nur Äste. Also brach ich kurzerhand einen ab und schlug ihn ihm um die Ohren. „Hey!“, brüllte er und biss verzweifelt um sich. Dennoch hörte ich nicht auf. Ich ließ mich nicht von einem Messer einschüchtern. Sein Elvis-Gesicht fing an zu bluten. Elendiglicher Lügner. Er drohte mir mit dem Messer. Auch das half ihm nicht. Ich schlug den Ast auf die Waffe – und er brach ab. Der falsche Grandpa lag blutend am Boden. Fast so, wie ich mir mich selbst vorgestellt hatte, nachdem er mich mit dem Messer attackiert haben würde. Schnell verpasste ich ihm noch ein paar Schläge. Dann holte ich mein Handy aus der Tasche, um die Polizei zu verständigen. „Cameron! Nicht! Habe doch nur einen Scherz gemacht! Ich bin es, dein Grandpa! Kennst du mich nicht mehr?“ Er war es tatsächlich. Beinahe hätte ich ihn umgebracht, beinahe hätte ich meinen Großvater umgebracht. Das hätte mir Grandma nie verziehen. „Es tut mir so leid... Wie kann ich das nur wieder gutmachen?“ „Ach Cameron. Tu mir nur einen Gefallen. Verraten niemandem von dem Scherz, ja? Wollte dich ja nur erschrecken... Bitte. Leider habe ich manchmal solche Ticks... Aber ich bin doch ein guter Schauspieler, nicht war?“ Er lächelte. Ich half ihm auf, stützte ihn und wir gingen zum Auto. „Ok, ich glaube dir ja. Aber sag mal, wieso siehst du jetzt so anders aus? Was hast du mit deiner Frisur gemacht? Warst du beim Frisör? Das würde ich jetzt wirklich gerne wissen.“ Er nickte. „Das heißt, nein. War nicht beim Frisör.“ „Was dann?“ „Hab mir die Haare gewaschen.“ „Oh. Das erklärt ALLES.“
Wir grinsten. Dann stiegen wir ins Auto. Auf halber Strecke blieb er plötzlich stehen. „Was ist denn jetzt schon wieder?“ Fragend sah ich ihn an. Keine Antwort. Grandpa stieg aus. „Hehehe.“ machte er. Ich verzog das Gesicht. „Geht’s dir gut?“ „Hehehehe!!!“ war seine Antwort. Toll. Am Wegrand stand ein Fremder, der auch auf Elvis Presley machte.
Mein Großvater zückte sein Messer. Draußen dämmerte es schon. Er schlich sich von hinten an den Möchtegern-Sänger heran. Dann hob er sein Messer... Elvis merkte natürlich GAR nichts. Würde er ihn abstechen? Schon legte ich meinen Ast griffbereit hin. Wenn er ihn nicht erstechen würde, würde ich ausstiegen und ihm mit meinem Ast zu Hilfe kommen. Schließlich konnte er doch nicht einfach auch auf Elvis machen, genauso wie mein Großvater, sein größter Fan, oder? So etwas vertrug Grandpa nun mal nicht. Anscheinend war er jetzt angriffsbereit. Seine Hand mit dem Messer hob sich (so wie Mums Fuß! Hehehe)... und... sauste hinab. Stille. Ich erstarrte, als Elvis zu Boden ging. Da bekam man ja Ohrenschmerzen, so laut wie der schrie! Schnell hielt ich mir meine Hörorgane zu. Jetzt war er tot. Glaubte ich zumindest. Und anscheinend war es auch so. Grandpa kam zurück zum Auto, die Leiche im Schlepptau. Er warf sie in den Kofferraum, das Messer hinten nach. Dann stieg er wieder ein. „Hehehe.“, sagte er.
Jetzt drehte er endgültig durch. Oh mein Gott. Wir hatten schon wieder eine Leiche im Kofferraum. Das sollte man Kofferraumleiche nennen. So wie Poolleiche.
Jetzt waren wir da.

Hecke begrüßte mich, in dem er mich in die große Zehe biss. *Autsch.* Vielleicht merkte er, dass ich eben bei einem Mord anwesend war. Eigentlich könnte ich mitbestraft werden, wegen tatenlosem zuschauen, oder?
Grandma war glücklich, mich zu sehen. „Cameron! Du lebst ja!“, rief sie voller Freude und warf Grandpa einen ärgerlichen Blick zu, als er sie nachäffte. Ja, ich lebte und ich lebe noch immer.

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Tag der Veröffentlichung: 20.12.2009

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