es plätschert ein wenig
im Hirn heute morgen
do the right thing
oder mach zumindest
das andere richtig
im Schrank hängt
die weiße Weste
die zieh ich
mir an
und dann
fällt mir dort draußen
ein Netz aus den Fingern
am Boden fängt es
mir Wahnwitz ein
and yeah
it’s a great day
ach*
mein hirn
hab ich
vergessen
es ist mir
in den spalt
gefallen
in die ritze
zwischen vorgestern
und gestern
und vor lauter heute
hab ich vergessen
es rauszuholen
aber bis morgen
wird es
schon noch
ohne gehen
* (hier schlägt mir
meine flache hand
an die stirn)
die Schrauben aus dem Hirn schütteln
die Papiere an die Wand nicken
die Flecken aus den Kleidern betteln
die Lampe von der Decke schreien
die Scherben in fremdes Fleisch jagen
das Blut unter den Teppich fegen
und aus dem gefressenen Dreck
einen Baldachin spucken;
der begrüßt uns jetzt im Flur
noch vor dem Einsteigen
sagt die alte Frau
die finden Plätze
wir finden keine
währenddessen
im Bahnhofscafé
trinkt ein schöner trauriger Mann
ein gutes Glas Rotwein
am helllichten Tag
vor aller Augen
sieht draußen
Leute frieren
denkt: wärmt einander
ihr Idioten
aber einige Menschen
steigen ein
die übrigen
winkt man weiter
die Katze war früher
ein Hund deshalb folgt sie
wenn man komm schreit
so sagte die kleine rosa Frau
ihr dicker Mann erzählte
von der Steinflut
die Kissen aus Staub formte
ich dachte seismisch
ist ein schönes Wort
und all das während
ich Wolkenfetzen aß
FICKEN FÜR DEN FRIEDEN steht da
hat offenbar nix genutzt denk ich
aber wahrscheinlich besser als gar nichts
wenn dich später deine Kinder fragen
wie hast du damals protestiert
dann kannst du sagen: ich hab ernsthaft
und in bestem Glauben gefickt
in den Häusern hier
wohnt schon lange niemand mehr
die gesprühten Glaubensbekenntnisse
aus den 80ern hat man einfach
an den Wänden gelassen
also steht da noch:
NUR FLASCHEN KAUFEN DOSEN
und direkt darunter liegen
3 Bier- und 1 Cola-Dose
auch das hat also nix genutzt
gilt alles nicht mehr, da seh ich:
ICH LIEBE DICH
in grüngesprühter Schrift
dort auf dem Abfalleimer
Sie
sucht
ihren Duft
in seinem Haar
malt ihm die
Nachtbesucher
auf die Wangen
zählt die Schlafenszeit
ruht ein letztes Mal
im warmen Aufwind
dann lachen sie sich
in den Schlaf
unser Vorrat an Regenstunden
ist aufgebraucht
wir öffnen
kaum die Lippen
ich sage dir
was ich
über Melonen weiß
über das Fleisch
den Saft
und dann etwas über
meine weiche Haut und
meine zarten zarten Hände
komm
lass uns gehen
wir suchen eine Blumenwiese
vergessen den Heuschnupfen
suhlen uns im Bunt
chillen mit Willi und Maja
trinken Honigwein
bestäuben uns
und dann
zeigte er auf den Baum
legte seie Hand auf ihren Schulteransatz
auf die Stelle
die den Übergang
zwischen Arm und Rücken markiert
still
ganz still
nicht erschrecken
reden
plaudern
zeigen, dass nichts ist
fühlen
warme Hand
hoffen, nicht weggehen
kurz vor der Bedeutungszeit
zieht er die Hand zurück
warm bleibt die Schulter
wird bleiben Stunden Tage
such die
verzauberte Treppe
setz dich in
dein Zimmer
warte
pack die Geschenke
noch nicht aus
und schicke
keinen Blick
zurück
dann verbringe ich
meine Nächte
vor deiner Tür
schlafe
mit offenen Augen
auf deiner Schwelle
pinsele morgens
mit Tau
dein Namensschild neu
bewache deinen
Klingelknopf
dann
wirst du mir
öffnen können
In den Zweigen
der Eiche,
die auf deinem
Herzen wächst,
soll meine
Schaukel hängen.
Sie trägt mich
hoch hinauf.
Die Maschen
meines Netzes
fangen endlich
auch die kleinen
FlügelFische.
Für sie
bau ich
eine Voliere;
sie flirten
mit den
Papageien.
Sie fürchten
sich nicht
vor ihren
spitzen
Schnäbeln.
inmitten
eines Kreises aus
altgebliebenen Augen
der Weg führt nach oben
ein Fest
zu Ehren
unserer vergessenen Meister
niemand misst mehr
mit dem Zollstock
die Länge
unserer Gedanken
die Röcke haben ihren Saum verloren
das richtige Maß
für uns
kennen wir selbst
auf der untersten Stufe
der Treppe
mit süßen Fingern
reibt sie sich
den Schlaf aus den Augen
schlüpft in die Springsätze
läuft an
springt hinunter ins Tal
taucht wieder nach oben
klaubt einige Sonnen vom Himmel
und nimmt sie mit
zum Kegeln
hasch mich
wenn du kannst
ich bin dein Frühling
ich reib dir Kirschen
in die Augen
bis du Kerne spuckst
ich lass dir Blätter
sprießen
bis deine Zweige
hängen
aus deinem Haus
bau ich ein Nest
worin die Kuckuckseier
liegen
Sommerblick
reißt die Vorhänge auf
die Rinnen von den Dächern
schnallt die Wattebäusche
vors Schienbein
die harten Polster
an die Zehen
sucht die Zuckerwürfel
als Schmuck
für die Augenweide
und lädt die Splitterkinder
zum Mahl
schreit dem Hund zu:
SUCH
FASS
PLATZ
legt dann selbst
die Bombe
und verschüttet
die gestreuten Blumen
die steine
riefen laut
nach ihm
so sagte er
er zucke
nicht zurück
beim blick
nach unten
er habe keine
höhenangst
es sei die
tiefen-
sehnsucht
Ich habe zu dir gesagt:
hol mir die Blumen von der Weide,
auf der der Stier grast,
der mit dem Ring in der Nase.
Du küsstest meine Nasenspitze, sagtest,
dass du fest an die Henkersmahlzeit glaubst,
an frische Erdbeeren im Winter
und du lecktest an meinem Hals.
Du bist nicht über den Zaun geklettert,
die Blumen hast du nicht einmal angesehen,
bist einfach auf dem sandigen Weg zurückgegangen.
Ich stand und schaute mir den Abgang an.
ein Fingerzeig
reicht uns die Hand
ein schlafender Rotweinfleck
schmust mit der weißen Weste
die Spuren
nie dagewesen
oder schon verweht
in der Dämmerung
am Straßenrand hebt
silbernes Schweigen
den Rock und den Daumen
Es lebt sich recht lau
heutzutage
Verzweiflung
wie auch Euphorie
sind längst versunken
So besinnen wir uns
auf unsere
frühesten Vorfahren
ein bisschen
jagen und sammeln
aber ansonsten nur
Eatdrinkmanwoman
und ab und an ein
kleines Spiel
ich schürze meinen Kittel
meine Hände wasche ich
mit hartem Schnaps
den Duft saug ich ein
ich stelle die Fallen auf
fülle sie mit Käse und Speck
vor ihren Löchern lege ich
mich auf die Lauer
denn heute mach ich
einen großen Fang
ein Blutopfer brauch ich
für die Fledermaus-Mafia
die haust unter meinem Dach
an sie verschenk ich
die gefangenen Mäuse
wenn ich sie satt mach
dann lassen sie mich los
sobald mich der Schlaf
im Morgengrauen holt
um die Mittagszeit dann
besucht mich das Mottenheer
es versorgt seine Lager
mit meinem Brot
und auch den Würmern
muss ich noch
ein paar Krumen lassen
sonst nagen sie sich
durch meine Fußsohlen
wenn sie in der Abendfeuchte
nach oben drängen
seinen platz
hat er sich
selbst
ausgesucht
die schmerzgrenze
unter seinen
nägeln
hervorgekratzt
als minenfeld/
feuerkreis
liegt sie
um ihn
herum
er schlägt
sein nachtlager auf
an der decke
wo sich
sein blick
reinigt
bis zum
nächsten morgen
die risse
der flügel
sie heilen
im dunkel
unser Drachen
sieht aus wie ein Falke
die Adler waren uns zu teuer
jetzt sind wir froh
der Adler hätte uns
hinaus aufs Meer getragen
das Wasser nähert sich
nicht mehr lange werden wir
bleiben können am Strand im Wind
die salzige Luft
erstarrt in meinem Haar
macht mich zur Verbündeten
kein Weg zu weit
ich zähle 1000 Steine
dann fallen mir 3
Nüsse in den Schoß
dann schneide ich
den Bart des Zwergs
vom Baumstumpf los
dann kommt der Bär
und liebt mich
die Sonne geht unter
die schwarzen Steine
beginnen zu tanzen
im schäumenden Wasser
sie küssen die Muränen
fangen den Blick des Fischs
spielen auf ihrer Flöte
schwimmen zum Strand
sie versprechen dem Fisch
das Blau des Himmels
er glaubt es und folgt
auf einem silbernen Tablett
serviert man ihn uns
zu spät verspricht er 3 Wünsche
da ist mein Regal
dort stehen meine Bücher
darunter meine Ordner
stecke ich zwischen den Deckeln
verschwinde ich im Papier
ordnet mich das Register
trägt ein Buch einen
Namen wie meinen
sind die andern
mir Schwestern und Brüder
passe ich ins Regal?
in meine Stirn
ist eine Schublade
geschnitzt
dort verwahre ich
die Hefte
die Tagebücher
nur was geschrieben ist
ist wahr
ist geschehen
deshalb
werde ich mir eine
zweite Schublade bauen
tief in den
Hinterkopf hinein
sobald meine Stirn
gefüllt ist
sollten nicht gelesen werden
nicht bei klarem Verstand
ich habe einen Test gemacht
jetzt kenn ich meinen Modetyp
ich bin TYP A,C,D,F gleichermaßen
ein Mischtyp sozusagen
das heißt für mich:
kritiklos
wehrlos
wahllos
trag ich alles
was ohne Sonnenbrille
betrachtet und
ohne Zwergpudel
als Accessoire
getragen
werden kann
du kannst ruhig
vor meiner Türe
fegen
aber mein Haus
bau ich
auf meinem eigenen Mist
auch meine Flügel
stutze
ich mir selbst
sei froh
wenn ich
mein Schlachtross nicht sattle
ich komm nicht
in die Tüte
vielleicht sollten
wir uns in Zeilen
pressen lassen
wenn es uns
eng
und
bang
wird
denn inmitten der
anderen Wörter
ist alles
sicher und klar
und Buchstaben
stehen uns
zur Seite
- Auf der Jagd. In: Unterwelt. Hg. v. Andreas Sticklies. Gelsenkirchen: Lyrik 2000 S 2007. S. 78-79.
- Ausflug. In: Freie Zeit Art, November 2004 (Online-Edition)
- Bedeutungszeit. In: Veilchen - Zeitschrift für Literatur Nr. 9 / April 2005, S. 22.
- Bis morgen. In: Paraguas 12/2009, S. 39.
- Der Berg. In: Macondo Nr. 13 / Juni 2005, S. 32.
- Der Ring. In: Veilchen Nr. 14 / Juli 2006, S. 16.
- Die Schaukel. In: Veilchen - Zeitschrift für Literatur Nr. 9 / April 2005, S. 22.
- Do the right thing. In: Cognac & Biscotten, Nr. 29/2009, S. 20.
- 3 Wünsche. In: Macondo Nr. 13 / Juni 2005, S. 32.
- Es lebt sich recht lau ... In: do!PEN Nr. 14 / August 2006, S. 34.
- im schlaf. In: Freie Zeit Art, November 2004 (Online-Edition)
- Flugversuche. In: Decision. Zeitschrift für deutsche und französische Literatur Nr. 71 / März 2006, S. 13.
- Frauenzeitschriften. In: The Punchliner Nr. 3 / November 2006, S. 9.
- Frühlingslied. In: Freie Zeit Art, November 2004 (Online-Edition)
- höhenangst. In: Freiflug. Hrsg. vom Bundesverband junger Autorinnen und Autoren. Siegen-Eiserfeld: Winddruck Kollektiv 2006, S. 35.
- In meine Stirn. In: Federwelt 48 / Okt./Nov. 2004, S. 51.
- Inventar. In: Cognac & Biscotten Nr. 22 / Dezember 2005, nicht paginiert.
- komm. In: Federwelt 48 / Okt./Nov. 2004, S. 51.
- Morgenblick. In: Verstärker – Organ zur Rückkopplung von Kunst und Literatur Nr. 11/2005, S. 25.
- Morgengrauen. In: Paraguas 7/2007, S. 14.
- Nachtgeschichte. In: Lesestoff Nr. 15 / Dezember 2005, S. 25.
- noch was. In: Freie Zeit Art, November 2004 (Online-Edition)
- Oben und unten. In: außerdem Nr. 13 / Juni 2006, S. 26; sowie in: Spa_tien Nr. 1 / Januar 2006, S. 35
- Presse. In: Schreib Nr. 16/2009, S. 12.
- Saft. In: Paraguas 7/2007, S. 14.
- sauber. In: Freie Zeit Art, November 2004 (Online-Edition)
- Strategie. In: Freie Zeit Art, November 2004 (Online-Edition).
- Train Station. In: do!PEN Nr. 14 / August 2006, S. 35.
- Wir. In: Wort-Art 2/99, S. 8.
- Zum Abriss freigegeben. 1. Preis beim F&F-Literaturwettbewerb 2005.
Texte: Katja Leonhardt, Ingolstadt; Katja-Leonhardt@web.de
Bildmaterialien: Collage: Katja Leonhardt
Tag der Veröffentlichung: 04.04.2013
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