Liebe Leseratte,
ich freue mich, dass du dir mein Buch anschaust.
Außerdem hoffe ich, dass dir die Geschichte gefällt.
Ich bin immer offen für neue Ideen und natürlich auch für Kritik.
Also: immer her mit deinen Kommentaren.
Viel Spaß nun beim "Durchblättern" und Lesen.
Katharina
„Alle neuen, großartigen Ideen üben dieselbe Wirkung aus,
es sind die Sonnenaufgänge der Geschichte.
Die Mittagssonne begeistert nicht, nur die Morgensonne.“
- Rudolf von Ihering -
Schreie einer Frau klingen durch die warme Luft Frankreichs. Es dämmert schon an jenem Abend, an dem alles begann. Wir befinden uns in dem kleinen Dorf namens Belroux weit weg von der Zivilisation und dem Gestank, der in den Großstädten um diese Zeit vorherrschte. Die Natur ist noch unberührt, keine Fabriken schwärzen Pflanzen und Luft. Blumen wachsen rund um das Dörfchen welches kaum zehn schon von Wind und Regen beeinträchtigte Häuser zählt. Die Grillen zirpen in den Getreidefeldern der Bauern von Belroux und übertönen damit beinahe das Geschrei, welches aus einem kleinen Lehmhäuschen mit hellgrünen Fensterläden, durch welche nur ein schwaches Licht scheint, ertönt. Das Haus liegt am Rande der Siedlung und ist von rot-blühenden Kletterpflanzen umrankt. Vor der ebenfalls hellgrün angestrichenen Holztür sitzt ein junger Mann auf einer Bank, welche aussieht als würde sie unter seinem Gewicht bald zusammenbrechen. Der Mann hat seinen Kopf mit den hellblonden kurzgeschorenen Haaren in seinen Händen begraben er murmelt unter Tränen Stoßgebete bei jedem lautem Schrei der aus dem Haus ertönt seinem Gott zu. Eine zweite Frau versucht die andere mit einer sanften Stimme eindringlich zu beruhigen, jedoch kann der junge Mann, welcher höchstwahrscheinlich erst um die zwanzig oder gar jünger ist, nicht verstehen welche Worte diese andere Stimme gebraucht. Er versteht nur Brocken aus für ihn unverständlichen Sätzen und so beruhigend diese auch nur erscheinen, er zuckt dennoch bei jedem Schrei zusammen, Schweiß läuft ihm über die Stirn und seine von Arbeit geschundenen Hände zittern. Langsam wird die sanfte Stimme der einen Frau lauter und noch eindringlicher als sie vorher schon gewesen war, sie schreit so laut, dass der junge Bursche sich die Ohren zuhält wobei man nun sein schmerzverzerrtes, verschmutztes und junges Gesicht zu erkennen ahnt.
Gepolter tönt nun aus dem Haus, das Geschrei der beiden Frauen verstummt eine erstickende Stille überrollt Belroux, welche den Mann vor der Tür erschauern lässt. Dann, der ersehnte wohlklingende Laut eines Neugeborenen zusammen mit dem glücklichen Lachen der nun aus dem Häuschen zu hören ist, durchdringt den jungen Mann wie einen Blitzschlag: er springt mit einem so glücklichem Gesicht von der Bank auf, dass diese ihren Geist aufgibt und in zwei Hälften zerbricht.
Die Tränen abwischend schreitet er stolz zur Tür, klopft an, und als er gerade die Türklinke packen will, wird die Tür von innen aufgerissen und eine etwas ältere, dicke Bäuerin mit einer blauen Schürze steht freudestrahlend vor ihm und verkündet ihm: „Es ist ein Mädchen!“. Mit großen Augen starrt er an der Alten vorbei, zu dem Bett, in dem seine geliebte Frau mit einem sanften Lächeln auf den Lippen mit dem Kind in den Armen liegt. Sie blickt ihn mit so viel Liebe an, dass er anfängt zu weinen und sich zu seiner Frau an das Bett kniet. „Wie heißt sie?“, fragt er seine Gattin so ehrfürchtig, dass diese zu kichern beginnt. „Habe ich etwas Falsches gesagt? Nun sag schon, was ist so lustig?“, entgegnete der junge Mann verdutzt. Seine Frau streichelt ihn beruhigend mit ihren weichen, warmen Händen über die verschwitze Stirn, lächelt nochmals und antwortet ihm: „Sie heißt Julie.“
„Ich danke dir Magdalena. Dein Beistand und deine Hilfe meiner kleinen Familie gegenüber sind tausend Dank wert!“. Die frisch gebackene Mutter richtet sich leicht in ihrem Bett auf, wobei das Bett ein gemütliches Knarren von sich gibt. Sie übergibt die kleine Julie ihrem Vater, der noch immer neben dem Bett kniet und so daher blickt, als würde er noch immer nicht glauben, welch ein Wunder ihn soeben ereilt hat. Er nimmt seine Tochter zärtlich in den Arm und küsst sie sanft auf das kleine Köpfchen, auf dem man schon das dunkelbraune Haar erkennen kann, welche das kleine Wesen von seiner Mutter geerbt hat.
Die Frau winkt die dicke Bäuerin Magdalena zu sich an ihr Bett und kommt mit ihrem Oberkörper Magdalena, die mit einem müden aber auch zufriedenen Gesichtsausdruck vor ihr steht entgegen und drückt sie so fest an sich, dass Magdalenas Gesicht rosig wird.
„Ach, das war doch selbstverständlich. Für dich, Aurelie, würde ich doch fast alles machen.“. Mit einem Freudestrahlen erwidert Magdalena Aurelies Umarmung. „Nun leg dich schlafen. Du musst dich ausruhen, damit du bald wieder erholt von der Geburt bist und so schnell wie möglich auf meinen Feldern arbeiten kannst.“. Die Bäuerin gluckst vergnügt vor sich hin und mit einem „Gute Nacht meine Lieben!“ schließt sie die schwere Tür hinter sich.
„Sie hat recht, Luis, lass uns die Kleine waschen und dann schlafen gehen.“ Wendet sich Aurelie zufrieden ihrem Gatten zu.
Das Licht im Haus der jungen Familie erlischt, die Sonne geht hinter dem Hügel, welcher sich im Westen hinter den Feldern befindet, unter. In der Stille der Nacht hört man nur noch das melodische Zirpen der Grillen in den hohen Gräsern nahe des Lehmhauses mit den hellgrünen Fensterläden.
"[...] weil ich endlich verstanden habe, was wahre Liebe ist. Liebe bedeutet, dass das Glück des anderen wichtiger ist als das eigene Glück, gleichgültig, wie schmerzlich die Entscheidungen sind, die man treffen muss."
- Nicholas Sparks - aus "Das Leuchten der Stille"
Rauch dringt in die Nase von Aurelie, sie hört das dumpfe Weinen ihres Kindes. Langsam öffnet sie ihre müden Augen. Als sie realisiert, dass ihr Haus in Flammen steht und aus dem Dorf Geschrei, Schüsse und fürchterliches Gelächter dringt, sitzt sie sofort kerzengerade in ihrem Bett, schüttelt ihren Mann aus dem ebenfalls unruhigen Schlaf, springt zur Kinderwiege, in der Julie weinend liegt, nimmt das Neugeborene in den Arm und schreit Luis an: „Schnell, wir müssen hier hinaus! Beeil dich!“. Luis, der schockiert immer noch auf dem Bett sitzt, bemerkt erst jetzt, dass seine Frau mit geröteten Augen vor ihm steht und ihn mit der freien Hand an den Schultern gepackt schüttelt.
Mit einem Satz springt Luis auf, reißt die Hand seiner Frau von der Schulter, zieht Julie das dünne, weiße Strickjäckchen über Mund und Nase und zerrt seine Frau samt Kind in Richtung Holztür. Nun sieht man den jungen Mann an der Tür ziehen und rütteln, doch die Tür will einfach nicht aufspringen. Hinter Luis steht Aurelie, das Kind fest an sich gedrückt, sie weint fürchterlich und schreit: „Wir verbrennen bei lebendigem Leib, so hilf uns doch jemand!“. Keine Antwort, keine Schritte die zur Rettung eilen sind zu hören, nur das Geschrei der anderen Dorfbewohner und Männergelächter dringt unwiderruflich in die Ohren der verzweifelten Mutter. Luis, der aufgegeben hatte aus der Tür zu entkommen, blickt nun im ganzen Haus, welches nur aus einem einzigen Raum besteht, herum. „Da! Das Fenster dort steht noch nicht in Flammen. Schnell!“. Wieder packt er seine Frau am Arm und zerrt sie zu einem Fenster im hinteren Teil der Wohnung. Mit seinem Ellenbogen zerstößt er die Glasscheibe und hebt Aurelie samt Kind über den Fenstersims ins Freie.
Mit einem Blick zurück zu den brennenden Überresten seines Hauses springt er den beiden hinterher.
Kühle, klare Nachtluft strömt nun durch die Lungen von Luis. Er sieht, wie seine Frau das kleine Kind in ihren Armen wiegt nicht mitbekommend, was um sie herum gerade geschieht:
Das ganze Dorf steht in Flammen, Dorfbewohner liegen leblos auf Wegen und vor brennenden Häusern. Nichts ist mehr von der Idylle, welche vor ein paar Stunden über Belroux schwebte, zu spüren, keine Grille die im hohen Gras oder in den Feldern der Ackerbauern zirpt, kein Gelächter der jungen Burschen und Mädchen, welche sonst am Tag durch Belroux toben nur dunkle, kräftig gebaute Gestalten, welche finster lachend ihr grausames Werk bewundern. Als Aurelie die Leiche der Bäuerin Magdalena erblickt, welche leblos, sitzend an die Lehmwand des Nachbarhauses gelehnt ist, schreit sie erschrocken auf.Dann erst bemerkt sie die finsteren Gestalten, welche sich nun verwundert zu der jungen Familie schauen, die ohne Sichtschutz den Blicken der Männer ausgeliefert ist.
Mit schnellen Schritten kommen die schwarz gekleideten Männer auf sie zu. Angewurzelt stehen Aurelie und Luis da, die Angst lähmt ihre Glieder, welche nur zum Weglaufen aufschreien. "Lauf, Aurelie, Lauf!", Luis sieht seine Frau und sein Kind eindringlich mit seinen grünen Augen an, Angst und Wut blitzen gleichzeitig aus ihnen hervor. "Ich gehe nicht ohne dich, Luis!", große Tränen rollen über das makellose Gesicht von Aurelie. Luis überkommt ein Schauer aus Gefühlen: wie er dieses Gesicht doch gerne nochmals glücklich in seine Hände nehmen und küssen würde. Mit einem Ruck und zornigem Ausdruck schubst er seine Frau in den Wald, welcher unmittelbar hinter ihrem Häuschen steht. Nun rennt Aurelie, stolpert über Wurzeln, will sich nicht umdrehen, hört nur noch die fremden Stimmen lachend zu ihrem Luis sprechen. Sie merkt, wie die finsteren Männer hinter ihr her kommen, sie stolpert wieder, ihr Kind jedoch schützend in ihren Armen. Es gibt keinen Laut von sich. "Was für ein braves, schönes Kind sie doch ist.", denkt Aurelie mit ihren grünen Augen guckt die kleine Julie ihre Mutter neugierig an, keine Angst ist in ihren Augen zu sehen. Nun merkt Aurelie, dass sie keine Chance hat zu entkommen. Erschöpft und atemringend kommt Sie auf eine Lichtung, auf der ein kleines Jagdhaus steht, welches dem Jäger von Concès, ein paar Kilometer nördlich gelegenes Dorf, gehört. Ein Gefühl der Erleichterung überkommt Aurelie. Sie klopft - niemand antwortet. Sie klopft stärker, eindringlicher, schreit die Tür an - doch niemand kommt ihr zur Hilfe. "Wahrscheinlich wurde Concès auch überfallen und alle sind tot.", denkt die junge Mutter. Die Schritte hinter ihr sind nicht mehr zu hören, doch Aurelie weiß, dass die Männer nicht weit entfernt sind, und schon hört sie das Rascheln der Blätter, welche trocken von der Hitze der letzten Tage unter den Füßen der Fremden zerbröseln.
Sie sieht die kleine Julie liebevoll an, küsst ihre kleinen Hände und legt sie unter Tränen an eine geschützte Stelle unter dem Vorbau der Hütte ab. Aurelie streichelt ihr Kind zum Abschied über die Stirn, wickelt es in eine Decke, welche auf dem Boden für den Hund des Jägers liegt, ein und dann rennt Aurelie, sie rennt den Männern entgegen. Ein Schuss fällt, das Lachen der Männer ertönt, eine Frau schreit weinend den Namen "Luis!".
Es wird still, der Morgen ist schon zu fühlen: die ersten Vögel zwitschern in den Bäumen über der kleinen Jagdhütte.
Texte: katharinak (Texte sind von mir)
Bildmaterialien: http://www.tu-cottbus.de/theoriederarchitektur/wolke/deu/Themen/001/Schriefers/1889_eifelturm_k.gif
Tag der Veröffentlichung: 13.08.2012
Alle Rechte vorbehalten