Da war er wieder, dieses mal trug er einen grauen Kaputzenpulli und eine dunkelblaue Trainingshose, sein Helm saß locker auf seinem Hinterkopf, unterm Arm klemmten seine Handschuhe und in der Hand hielt er Schläger und Tasche. Er saß wirklich gut aus, aber auf eine besondere Art, man musste zwei mal, oder auch drei mal hinsehen um es zu erkennen. Heute sahen seine Haare etwas feucht aus, als ob er geduscht und sie danach nur flüchtig abgetrocknet hatte. Er setzte sich zu seinen Freunden und zog sich seine roten Schlittschuhe an, dabei unterhielt er sich, lachte und sah aufs Eis.
Sie kannte ihn nicht, zumindest nicht richtig. Vom sehen, ja, aber sonst ... Er war bestimmt nett, auf jeden Fall sah er nett aus. Sie beobachtete ihn die ganze Zeit, ihr Blick ruhte auf ihm, wie der einer stolzen, aber zugleich auch besorgten Mutter. Doch als er zu sich um sah und sich ihre Blicke trafen sah sie schnell in eine andere Richtung. Auf dem Eis war nicht sonderlich viel los, ein paar kleine Jungen spielten sich den Puck zu und drei große schossen aufs Tor.
Zu gern wäre sie auch gelaufen, aber sie hatte Angst sich zu blamieren, denn so gut wie die da unten fuhr sie nicht. Vorsichtig blickte sie wieder zu den Jungs rüber, doch ER war weg. Suchend ließ sie ihren Blick durch die Halle schweifen. Da war er. Er betrat gerade die Eisfläche, warf seinen Puck weg und jagte ihm hinterher. Er lief so, als ob das Eis gar nicht existierte, es sah so einfach auf. Wie bei einem Jungen, der schon mit Schlittschuhen zur Welt gekommen war. Wie alt mochte er wohl sein? 15 oder 16, vielleicht war er auch jünger. Es war schwer einzuschätzen, er war groß und schlank. Er war einfach nur süß. Sie schloss die Augen, seine braunen Haare und die leuchtenden Augen tauchten vor ihr auf. Wenn sie sich jetzt etwas nach vorne beugen würde, könnte sie seine schönen Lippen küssen ... Doch er war ja nicht vor ihr, sondern aus dem Eis, so gut wie unerreichbar für sie.
Seine Freunde waren ihm gefolgt , sie waren fast alle kleiner als er, außer einer, das war bestimmt der blonde. Auf seinem Helm stand 64, die selbe Nummer klebte hinten auf seinem Helm, das musste der blonde sein. Sie blickten noch einmal zu IHM rüber, dann stand sie auf und ging.
Sie schlug die Augen auf, das Radio lief, ein Song den sie nicht kannte ... Ob er wohl gerade auch Radio hörte, vielleicht sogar diesen Sender? Sie richtete sich auf und sah aus dem Fenster, draußen schneite es leicht, es war schon dunkel, die kleinen weißen Flocken glitzerten im Licht der Straßenlaternen wie Diamanten.
Das nächste mal wenn sie ihn sah, würde sie den kleinen Zettel mit ihrer Handynummer, den sie in der Hand hielt, wie zufällig vor ihm fallen lassen. Vielleicht würde er ihn aufheben und ihr schreiben. Auch wenn sie das nicht wirklich glaubte, hoffte sie es doch.
Hatte sie sich etwa in diesen Typ verliebt? Nein, das konnte nicht sein ... Aber warum, warum durfte das nicht sein ... Weil sie nicht enttäuscht werden wollte? Liebe brachte doch immer Schmerz mit sich. Am Anfang war sie schön, aber dann ... Sie hatte noch nie einen Freund gehabt, vielleicht war sie nicht hübsch genug, oder trauten die Jungs sich einfach nicht sie anzusprechen? Sie wusste es nicht. Eigentlich war sie mit sich selbst ganz zufrieden, vielleicht konnten ihr Oberschenkel etwas dünner sein oder ihre Augenfarbe intensiver, aber sonst ...
***
Wer war dieses Mädchen? Sie kam nicht von hier, das wusste er. Sie saß immer dort ober auf der Tribüne und sah den Leuten beim spielen zu. Er hatte sie kein einziges mal laufen sehen. Doch, ein Mal, da hatte sie gerade das Eis verlassen als er kam. Seine Freunde meinten sie käme aus Deutschland und mache hier Urlaub. Aber sie kam ihm bekannt vor, im Sommer hatte er sie am See gesehen. Heute war sie wieder da, saß da oben, das Kinn in die Hände gestützt, ihre hell braunen Haare fielen ihr ins Gesicht. Er hatte kurz zu ihr hinüber gesehen, was seine Kolegen gleich mit einem Witz kommentierten, er selbst musste auch darüber lachen, manchmal waren sie echt verrückt. Er musste grinsen, zog sich seine neuen Schlittschuh an und sah aufs Eis. Viel war nicht los, ein paar kleine spielten auf der Anfängerseite. Er ließ seinen Blick durch die Halle schweifen, als er auf das Mädchen fiel und sich ihre Blicke trafen, sah sie schnell weg. Wer war sie? Er stand auf, ging runter zum Eis, schmiss seinen Puck drauf und lief wie der Blitz hinterher. Kam sie wirklich aus Deutschland? Wie eine Schwedin sah sie nicht aus, das war klar, aber auch nicht unbedingt Deutsch. Sie war hübsch, aber auf ihre Art, nicht wie die ganzen geschminkten Tussis, mit denen er meistens anzutreffen war. Wenn sie lächelte ... da war etwas. Es war wie ein Lichtstrahl der einen traf und einen strahlen lies. Man wurde mit genommen ... Ihr Lachen war bestimmt noch bezaubernder.
Seine Kumpels waren ihm gefolgt, sie spielten sich den Puck gegenseitig zu und schossen aufs Tor. Als er wieder zu Tribüne sah war sie weg.
Er lag auf seinem Sofa und starrte an die Decke. Im Zimmer neben an spielte sein kleiner Bruder mit einem Freund, von unten drang Geschirrgeklapper an sein Ohr, sein Mutter deckte den Tisch. Dieses Mädchen ging ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf ... Sie sah gar nicht so schlecht aus, auf jeden Fall freundlich. Sein Handy klingelte, doch er ging nicht ran. Er stand auf und stellte das Radio an, es lief sein momentanes Lieblingslied. Vorhin als er im Supermarkt war hat er sie wieder gesehen, sie stand beim Obst. Wie alt mochte sie sein, 15 oder 16? Auf jeden Fall älter als er. Ihn würde sie wahrscheinlich auf 15 schätzen. Er war groß für sein Alter, groß und dünn ...
Warum ging sie ihm nicht mehr aus dem Kopf, was war so besonders an ihr? Sie hatte etwas geheimnisvolles. Ob sie wohl einen freund hatte? Bestimmt! Er selbst hatte schon viele Freundinnen gehabt, sie waren alle älter als er gewesen und meistens blond. Seine Freund hatten sich immer über ihn lustig gemacht, klar, sie waren eifersüchtig, aber was war jetzt mit ihm los? War er verliebt? Nein, das fühlte sich anders an. Sie war besonders, er wollte sie kennenlernen. Beim nächstem mal würde er sie ansprechen, wenn es ein passender Zeitpunkt war.
***
Sie flüchtete in die Eingangshalle, den Tränen nah. Wieso? Wieso knutschte er vor ihren Augen mit so einer blonden Tussi rum? Sie wollte hier weg, nicht noch mehr verletzt werden. Sie drehte sich um und rannte gegen etwas Großes, ihre Beine knickten unter ihr weg und sie fiel zu Boden. Doch bevor sie auf den Fliesen aufkam, wurde sie aufgefangen. Ein großer breitschultriger Junge grinste sie breit an. Sie wollte sich entschuldigen, aber er kam ihr zuvor. ,, Tut mir leid, ich hab dich gar nicht gesehen. Hab ich dir weh getan?“ Sie schüttelte weinend den Kopf. ,, Sicher?“
,, Ja, alles in Ordnung.“ schniefte sie rannte aufs Klo.
Ihr wurde klar das sie sich in ihn verliebt hatte, in diesen tollen Jungen, der sie wahrscheinlich noch nicht ein mal bemerkt hatte. Jetzt stand er in der Halle, mit seiner blonden Tussi in der roten Jacke mit Fellkragen ... Wie er sie angesehen hatte, wieso hatte er sie nicht so angelächelt?
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Er lächelte das Mädchen vor sich an und gab ihr einen Kuss, als er plötzlich SIE sah. Hatte sie den Kuss gesehen? Ja. Er wollte ihr hinterher laufen, doch das Mädchen das er geküsst hatte hielt ihn fest. ,, Könntest du mich bitte los lasen?“ Erschrocken ließ sie ihn los und er folgte ihr in die Eingangshalle, wo er sie in den Armen von einem seiner Teamkolengen sah. Schade und der hatte gedacht sie mochte ihn. Schulterzuckend drehte er sich um und ging zurück. Wie man sich täuschen konnte.
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Als sie das Klo verließ wartete der blond Junge, der sie gefangen hatte auf sie. Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und wollte an ihm vorbei. ,, Kann ich dir wirklich nicht helfen?“ fragte er. Wieder überkam sie ein Heuelkrampf, der Junge nahm sie fest in den Arm. ,, Ist es wegen einem Jungen?“ flüsterte er. ,, Ja.“ schniefte sie. ,, Aber doch nicht wegen mir, oder?“ Sie musste lächeln, Sollte sie ihm hier jetzt etwas vor heulen? Sie kannte ihn doch überhaupt nicht. Nein, sie konnte ihm das alles nicht erzählen. ,, Warte, ich komme gleich wieder.“ erließ sie los und ging um die Ecke. Sie ging zum Kakaoautomaten um sich eine heiße Schokolade zu ziehen. Die ganze Zeit schwebte das Bild von IHM und diesem Blonden Mädchen vor ihrem inneren Auge. Wieso hatte sie sich ausgerechnet in ihn verliebt und nicht in irgendeinen anderen? In einer Woche würde sie wieder auf dem Weg nach Hause sein und ihn vergessen. Hoffentlich.
Sie drehte sich um und der Junge in den sie hinein gerannt war, stand vor ihr, hinter ihm ER. Sie sah die beiden entgeistert an. Was sollte das?
***
Da stand sie, den Kakaobecher in der rechten Hand. Als sie ihn gesehen hatte, funkelten ihr Augen für einen Augenblick. In ihren Wimpern glitzerten Wimpern. Sie hatte geweint, wegen ihm? Sein Teamkolege klopfte ihm auf die Schulter lächelte ihr aufmunternd zu und verschwand. Was sollte das denn jetzt werden?
Wie sie so dastand ... sie wirkte etwas verloren. Sollte er sie in den Arm nehmen oder würde er damit alles nur noch schlimmer machen? Er war sich nicht sicher. Sie lächelte ihn verlegen an und wollte an ihm vorbei gehen, aber tat ihr in den Weg. ,, Wie heißt du?“ fragte er sie.
***
,, Isabell.“ antwortete sie und wollte fragen ,, Und du?“, traute sich aber nicht. Er sah so gut aus. Sie sollte es ihm sagen, jetzt! ,, Ich bin Albin.“ sagte er lächelnd. ,, Ich ...“ krächzte sie, weiter kam sie nicht, denn er nahm sie in den Arm. Einfach so. Sie schmiegte ihr Gesicht an seine Brust. Er war warm und roch nach Schnee, Kaffee, ein bischen nach schlaf und ... nach Frauenparfüm. Sie sah ihn an, er lächeltet. Er sah ihr tief in die Augen und dann ... küsste er sie. Es war himmlisch, sie schloss die Augen und genoss den Augenblick. Sein Kuss schmeckte nach ... Liebe. Blut roter Liebe.
Texte: Alle Rechte liegen beim Autor!
Tag der Veröffentlichung: 02.10.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
An eine ganz besondere Perso ...