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Einfach verliebt

 

 

Edwin saß mit seinem Freund Walter auf seinem Balkon. Jeder hatte ein Bier vor sich. „Du, Walter ich muss dich mal was fragen“, begann Edwin das Gespräch. Walter antwortete: „Na, schieß schon los, mein Freund. Was hast du auf dem Herzen?“ „Es geht um Sabira.“ „Aha, unsere Lieblingshexe! Was ist mit ihr?“.

 

Edwin druckste herum. Dann sagte er: „Ich habe mich in Sabira verliebt. Glaubst du, dass ich eine Chance bei ihr habe?“ Das schockierte Walter, denn auch er hatte sich in die Hexe verguckt, sich das aber bislang nicht anmerken lassen.

 

Walter räusperte sich und entgegnete: „Das kann gut sein. Frag sie doch einfach!“. Edwin bemerkte, dass Walter etwas mehr dazu sagen wollte. Er nahm einen Schluck Bier. Dann fuhr Edwin fort: „Dürfen Hexen sich überhaupt mit uns Menschen einlassen? Oder verlieren sie dadurch ihre Zauberkräfte?“ „Nein, natürlich nicht, sie können dann immer noch hexen.“ „Bist du sicher?“ „Ja, aber sicherheitshalber können wir sie ja fragen.“

 

Walter griff zu seinem Telefon. Ehe es Edwin verhindern konnte, hatte Walter Sabiras Nummer gewählt. Dabei hatte er das Gerät auf Lautsprecher gestellt, so dass Edwin mithören konnte. Es dauerte nicht lange, bis Sabira sich meldete. „Hallo, was kann ich für Euch tun? Habt Ihr Euch wieder verhext? Ich habe im Moment leider wenig Zeit und kann Euch nicht helfen. Ich feiere gerade Geburtstag mit meiner Schwester.“

 

Walter horchte auf, weil Sabira niemals zuvor erwähnt hatte, dass sie eine Schwester hatte. Daher fragte er nach: „Du hast eine Schwester, Sabira? Das hast du zuvor nie erwähnt.“ „Nun, Ihr habt ja auch nicht danach gefragt. Das ist ja auch nicht wichtig.“ „Und wer von Euch hat nun Geburtstag, du oder deine Schwester?“ „Wir haben beide Geburtstag!“ „Seid Ihr Zwillinge?“ „Nein, sind wir nicht. Wir sind Drillinge. Meine dritte Schwester kommt auch gleich.“

 

Walter war ziemlich überrascht. Er war wirklich neugierig auf Sabiras Schwestern. Wie hießen sie? Folglich fragte Walter nach: „Verrätst du uns den Namen deiner Schwestern?“ „Sie heißen Bisara und Rabisa.“ Walter konnte ein Lachen gerade noch unterdrücken. Ihre Eltern hatten offensichtlich nur wenige Silben bei der Namensfindung zur Verfügung gehabt.

 

„Warum besucht Ihr mich nicht am Samstag? Bisara und Rabisa kommen auch. Und bringt bitte noch einen dritten Freund mit!“ Natürlich sagte Walter sofort zu, auch Edwin widersprach da nicht.

 

Nach dem Telefonat besprachen sich Walter und Edwin. „Wen nehmen wir mit zu den drei Mädels? Hast du eine Idee?“, wollte Walter wissen. Edwin überlegte kurz. Dann antwortete er: „Mein Bruder Anton ist eigentlich ein ganz Netter, obwohl er manchmal etwas seltsam ist.“ Walter lachte und entgegnete: „Sind wir das nicht alle? Ich denke schon, oder?“ Edwin nickte und antwortete: „Da hast du Recht, Walter!“

 

Edwin rief umgehend seinen Bruder Anton an. Dieser war zunächst überrascht von seinem Bruder zu hören, denn besonders gut war ihr Kontakt nicht. Als er jedoch von Sabira und ihren Schwestern hörte war er hellauf begeistert und sagte zu.

 

„Was schenken wir dann und bekommt jede Schwester von jedem von uns ein Geschenk oder jede jeweils nur eins von einem von uns?“, wollte Walter wissen. Edwin überlegte. Dann antwortete er: „Mir gefällt die Idee, dass jeder von uns nur jeweils eine von den Hexen beschenkt sehr. So machen wir es. Lass uns gleich mal losen, wer wen ein Geschenk macht.“

 

So ergab es sich, dass Walter Sabira zugelost bekam. Edwin musste Bisara beschenken und Anton Rabisa. „Nichts für den Haushalt“, entschied Walter. Er kaufte ihr ein teures Parfüm mit dem Namen Hexenfeuer. Das fand Edwin ziemlich makaber. „Aber sie hat Humor. Da bin ich mir sicher“, widersprach Walter. Edwin hatte für Bisara teure Schokolade aus der Schweiz gekauft. „Die wird ihr schmecken“, meinte Edwin. Und Anton? Er hatte sich für ein goldenes Amulett mit einem kleinen Rubin entschieden.

 

Dann war es soweit. Die Feier stand an. Sie war aber nicht am Blocksberg, wie die Herren erwartet hatten, sondern mitten in Berlin, auf dem Teufelsberg. „Irgendwie passt das“, bemerkte Walter. Edwin stimmte zu, Anton ebenso.

 

Die drei Herren fuhren mit dem Zug in die Bundeshauptstadt. „Hätten wir uns nicht hinhexen können?“, wollte Anton wissen. Walter und Edwin schüttelten heftig den Kopf. „Das ist viel zu riskant“, bemerkte Walter. Edwin ergänzte: „Wer weiß, wo wir da gelandet wären, Walter, bei deinen Zauberkünsten.“

 

Gegen 13 Uhr kamen sie am Berliner Hauptbahnhof an und nahmen von dort ein Taxi zum Teufelsberg. Der Taxifahrer war wenig redselig und gar nicht neugierig. Bestimmt kein Einheimischer, dachte Walter. Er war schon öfters in Berlin gewesen und kannte die Berliner sehr gut.

 

Nach gut dreißig Minuten Fahrtzeit kamen sie an einem Parkplatz an. „So, meine Herren. Von hier geht es nur noch zu Fuß weiter“, erklärte der Fahrer. „Wie weit ist das noch?“, wollte Anton wissen. „Das kommt drauf an, wie schnell Sie sind. Ich persönlich war noch nie da oben. Das reizt mich nicht!“, kam die Antwort.

 

Sie zahlten und machten sich auf den Weg, der Fußmarsch war doch anstrengender, als es die Jungs erwartet hatten. Doch dann hatten sie ihr Ziel erreicht. „Das war mal die Abhörstation der US-Armee aus der Zeit des Kalten Krieges. Leider ist da alles mit Graffiti vollgeschmiert. Der Teufelsberg selbst wurde aus Trümmerschutt errichtet“, wusste Edwin zu berichten. Die anderen nickten freundlich, obwohl ihnen die Geschichte bekannt war.

 

Sie wurden freundlich von den drei Hexen begrüßt. Sie hatten ein riesiges Buffet aufgebaut mit allem, was das Herz begehrte. Mitten auf dem Tisch stand eine mächtige Marzipantorte mit einer „666“ darauf, die magische Zahl des Teufels, der Zauberer und der Hexen. Aber in diesem Fall hatte die Zahl eine andere Bedeutung. „Erratet jemand von Euch jemand, was es damit auf sich hat?“, wollte Sabira wissen. „Hm, ist das etwa Euer Alter?“, mutmaßte Walter. „Nicht ganz, aber fast“, klärte die Hexe auf. Sie ergänzte: „Es ist unser gemeinsames Alter, also zusammengerechnet.“ „Dann seid Ihr jeweils 222 Jahre alt?“, fragte Walter nach. „Ganz genau!“

 

Danach überreichten die Jungs ihre Geschenke. Walters Präsent überraschte Sabira. Das Parfüm gefiel ihr außergewöhnlich gut. „Hexenfeuer – das hat etwas!“, sagte sie und grinste. Sie trug sogleich etwas davon auf. „Es duftete himmlisch an dir, wenn man das gegenüber einer Hexe sagen darf“,widerfuhr es Walter. „Natürlich darfst du das sagen“, antwortete Sabira. Sie strahlte.

 

Dann war es an Edwin, sein Geschenk zu übergeben. Die teure Schokolade aus der Schweiz kam bei Bisara sehr gut an. „Ich bin doch so eine Naschkatze“, hauchte sie und sah Edwin tief in die Augen. Auch Antons Präsent kam bei Rabisa gut an. Der Rubin funkelte in der Sonne.

 

Nach dem ausgiebigen Essen rief Sabira: „Nun tanzen wir, meine Herren!“ Sie murmelte einen Zauberspruch. Wie aus dem Nichts erschien eine alte Musikbox, die aber mit modernen Songs bestückt war. Na, ja, relativ modern, wenn man das Alter der Gastgeberinnen berücksichtigt. Die Musikauswahl war nicht sehr breit gefächert. Es liefen lediglich Stücke in denen es um Hexen, Magie oder Teufel ging, z.B. The Witch von den Rattles, Black Magic Woman von Santana, Vodoo von Black Sabbath, Lucifer von Alan Parsons Project und Journey of the sorcerer von den Eagles.

 

Das kam bei den Jungs gut an, auch wenn dazu nicht immer getanzt werden konnte. Es wurde bis Mitternacht gefeiert. Dann verkündete Sabira: „Ihr habt nun jeder einen Wunsch frei, den wir Euch unverzüglich erfüllen. Aber überlegt gut, verschwendet ihn nicht. Hat es Euch dann hier gefallen?“ Edwin antwortete sofort: „Das war wirklich toll, meine Damen. Das einzige, was mich gestört hat, ist diese blöde Graffiti. Das sollte verschwinden!“ Kaum hatte Edwin das ausgesprochen, verschwand die gesamte Bemalung an den Wänden und an der Kuppel. Darüber ärgerte Edwin sich, er hatte seinen Wunsch vergeudet.

 

Sie machten sich auf dem Weg, nachdem sich jeder von den Herren von den drei Hexen verabschiedet hatten. Anton konnte sich nicht verkneifen sich zu äußern: „Dieser verdammte Fußmarsch. Ach, wären wir doch schon am Hauptbahnhof!“ Das führte dazu, dass sie auf der Stelle zum Bahnhof verbracht wurden, sogar am richtigen Bahnsteig. Auch Anton hatte also nicht viel von seinem Wunsch.

 

Im Hauptbahnhof begaben sich die Herren in die Bahnhofskneipe. Ihr Zug fuhr erst in ein paar Stunden. „Was darf ich Ihnen bringen?“, fragte die Bedienung. „Ich hätte gerne ein großes Bier und einen Korn“, sagte Walter. Schwups! Schon stand das Gewünschte vor ihm, sehr zur Verwunderung der Barfrau.

 

Jeder der Herren hatte seinen Wunsch erfüllt bekommen, sie waren aber doch enttäuscht. Aber immerhin fuhren sie glücklich nach Hause, dreifach verliebt.

 

 

 

 

 

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Bildmaterialien: www.berlijn-now.nl
Tag der Veröffentlichung: 04.12.2023

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