Da stand er noch immer: Edgar, das schwere, altmodische Bett aus Eichenholz. Schon vor Monaten war es in dem Möbelhaus aufgebaut worden, aber niemand wollte ihn haben. Die Betten um ihm herum kamen und gingen, nur für das Eichenholzbett interessierte sich niemand. Nicht einmal Probeliegen wollten die Kunden.
Ihm war langweilig, ein Gespräch mit den anderen Betten war unmöglich. Sie waren jung und man konnte mit ihnen einfach nicht vernünftig reden, schon gar nicht nachts, wenn das Möbelhaus geschlossen waren und keine Kunden mehr im Laden waren.
Doch dann hatten sie direkt neben ihm dieses rosa Himmelbett aufgebaut. Es hatte einen hohen Baldachin und es sah aus, als ob es in einen dieser altmodischen Hollywood-Filme mitgespielt hätte. Edgar verliebte sich sofort in das Himmelbett.
„Hallo“, flüsterte Edgar, als es dunkel war. „Wer spricht da?“, antwortete das Himmelbett verwundert. „Ich bin es, das Bett neben dir“, entgegnete Edgar. „Oh, ich heiße Lisa“, hauchte das Himmelbett. Sie hatte eine wundervolle, engelhafte Stimme. Edgar: „Es freut mich, dich kennen zu lernen. Es ist hier nämlich ziemlich öde. Endlich kann ich mal mit jemanden sprechen. Ich bin schon eine gefühlte Ewigkeit hier. Ich hoffe, dass ich irgendwann verkauft werde und in ein wunderschönes Haus einziehen kann. Aber die Leute mögen mich nicht.“ „Das kann ich nicht verstehen, du bist doch ein sehr schönes Bett, allerdings auch ein wenig altmodisch.“ „Genau daran liegt es. Die junge Leute wollen heutzutage nur noch diesen glatten, schnörkellosen Betten, die noch nicht einmal knarzen, wenn man sich auf sie liegt.“ „Das stimmt. Ich knarze aber, und darauf bin ich stolz!“ „Ich knarze auch. Wollen wir eine Runde zusammen knarzen?“ „Oh, ja!“
So knarzten die beiden Betten bis zum frühen Morgen, bis der Laden öffnete. Kurz vor Mittag kam eine ältere, vornehm gekleidete Damen in den Laden. Mit Begeisterung betrachtete sie das Himmelbett. „Das ist wunderschön. Genau so etwas habe ich gesucht“, sagte sie. Der Verkäufer bot an: „Eine hervorragende Wahl, gnädige Frau. Möchten Sie nicht Probeliegen?“ Edgar hörte das mit Entsetzen. Er wollte nicht, dass Lisa verkauft wurde. Daher flüsterte er ihr zu: „Knarze, knarze!“ Das tat Lisa, und so geschah es, dass die Dame den Laden verließ, ohne das Bett zu kaufen. Ähnliches wiederholte sich in den nächsten Tagen, so dass die beiden Betten in den Nächten ausreichend Gelegenheit hatten, miteinander zu plaudern. Sie hofften, dass sich ihre Wege niemals trennen würden.
Nach zwei Monaten standen Edgar und Lisa immer noch unverkauft im Laden. Der Preis für Edgar wurde schon herabgesetzt. Als das gerade auch für Lisa geplant war, kam ein Filmproduzent in das Geschäft. Er suchte für einen Film, der im 19. Jahrhundert spielte noch das Mobiliar. Kurz entschlossen kaufte er die beiden Betten.
So geschah es, dass Edgar und Lisa zusammenblieben und sogar noch Filmstars wurden. Und wenn sie nicht zersägt wurden, so knarzen sie noch heute.
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Tag der Veröffentlichung: 11.09.2023
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