Cover

Die Schulhefte

 

 

 

Das Schuljahr war zu Ende. Nachdem alle Schüler die Schule verlassen hatten, saßen die Lehrer zusammen, um zu feiern. Es war ein turbulentes Schuljahr gewesen. Herr Bauernfeind, der Erdkunde unterrichtete, hatte vor ein paar Wochen etwas vorgeschlagen, was zur Erheiterung beitragen sollte. Jeder Lehrer sollte Kopien von den Schulheften machen, in denen die Schüler kuriose Fehler gemacht hatten.

 

Frau Meyer, die Mathematiklehrerin, begann. „Das ist das Heft von Mia. Sie ist nicht gerade talentiert im Rechnen. Wie viel ist ½ mal ½ ? Mias Antwort war: Wenig. Ich habe das mit Etwas ungenau benotet.“ Alle lachten.

 

Nun meldete sich Herr Bauernfeind selbst zu Wort. „Sehr gut, Frau Kollegin. Im Erdkundeheft von Elias fand sich Folgendes: Es ging um die Hautstädte Europas. In seiner Liste stand bei Dänemark Helgoland und bei Spanien wurde Paella genannt. Außerdem wurde bei Italien Pizza und bei Griechenland Ouzo gelistet. Das war wirklich komisch, aber auch sehr fantasievoll, nicht wahr, liebe Kollegen?“

 

Nachdem alle ausgiebig gelacht hatten, stand Frau Hohmann, die Geschichtslehrerin auf. „Meine Schüler mussten wichtige geschichtliche Ereignisse der jeweiligen Jahreszahl zuordnen. Melinas Lösungen: Bau der Berliner Mauer? 1918. Ende des ersten Weltkriegs? 1879. Ermordung von John F. Kennedy? 1954. Erste Mondlandung? 1963. Gründung der Bundesrepublik Deutschland? 1939.“

 

Danach sagte Herr Sundermann, der Deutschlehrer: „Hier ist etwas von Sina. Das Thema war Mein Haustier. Sina schrieb: Ich habe eine kleine Katze, die heißt Minka. Aber sie wasserscheu, die Muschi ist darum selten feucht. Neulich hat sie eine Maus gefangen. Sie hat mit ihr gespielt. Die Maus hat verloren. Das hat zwar keine Fehler, ist aber sehr lustig, nicht wahr?“

 

Das ganze Kollegium nickte zustimmend. „Jetzt möchte ich auch etwas beitragen, liebe Kollegen“, sagte Herr Schmidt, der Physiklehrer. Er fuhr fort: „Meine Schüler sollten etwas über die größten Physiker der Welt schreiben, von der Antike bis heute. Sebastian schrieb dabei etwas über Arschimedes. Ich kommentierte: Ist das Boshaftigkeit oder rheinischer Humor?“

 

Alle lachten. Danach sprach Herr Wolters, welcher Chemie unterrichtete: „Ich habe auch etwas Lustiges. Meine Schüler sollten auf einer Liste ankreuzen, ob es das betreffende chemische Element gibt oder nicht. Zur Auswahl standen Polonium, Mannheimium, Scandium, Fritzium, Vanadium und Spanium sowie 24 weitere. Die Hälfte davon war real, die andere ausgedacht. Melanie hat dabei den Vogel abgeschossen. Sie hatte alle falsch!“

 

Verhaltenes Lachen im Kollegium. Offenbar waren nicht alle Lehrer in Chemie ein Ass. Sportlehrer Schubert bemerkte: „Ha, Ha, Polonium und Scandium, sehr gut ausgedacht, Herr Kollege!“ „Herr Kollege, die gibt es tatsächlich. Ich glaube sie sollten mal einen Blick auf unsere Periodentafel werfen“, antwortete Herr Wolters.

 

Das war Schubert sichtlich unangenehm. Er räusperte sich und sagte dann: „In meinem Fach gibt es naturgemäß keine Schulhefte, aber ich kann trotzdem eine kleine Geschichte erzählen. Wir machten Leichtathletik und fingen wir mit Hürdenlauf an. Am Ende des Laufs ging Thomas, der Klassenclown, mit seinen Klassenkameraden zu mir zurück. Keine Hürde war bei ihm umgefallen und die Zeit war zufriedenstellend. Er war stolz. Trotzdem war ich unzufrieden. Die Hürden müssen absolviert werden. Aber üblicherweise geht es über sie drüber und nicht drunter!“

 

Herzhaftes Lachen der Lehrer. Nun meldete sich Rektor Mayer zur Wort: „Ich hätte zum Abschluss auch noch etwas beizutragen. Es ist schon etwas älter.“ Er holte ein altes, vergilbtes Schulheft hervor und fuhr fort: „Damals war ich noch nicht Rektor, sondern Lehrer an dieser Schule. Ich unterrichte Deutsch und Geschichte. Eines Tages stand eine Klassenarbeit an. Ein Aufsatz sollte geschrieben werden. Es gab drei Themen zur Auswahl, unter anderem auch Thesaurus. Die meisten der Schüler entschieden sich für eines der anderen Themen. Der kleine Hubert jedoch entschied sich für den Thesaurus.“

 

Herr Schubert lief rot an. Er ahnte, was der Rektor ausplaudern würde. Dieser fuhr fort: „Nun, Hubert hat drei Seiten geschrieben. Sehr löblich. Doch leider dachte er, dass es sich dabei um einen Dinosaurier aus der Kreidezeit handeln würde. Sind Sie immer noch dieser Meinung, Herr Schubert?“

 

Alle lachten, außer Hubert Schubert. Schon damals wurde er von seinen Mitschülern wegen seines komischen Namens gehänselt, sondern dann auch wegen dieses Aufsatzes. Ab diesem Tage machte sich auch das gesamte Kollegium darüber lustig.

 

 

 

 

 

Impressum

Bildmaterialien: www.stock.adobe.com
Tag der Veröffentlichung: 13.05.2023

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /