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Die Königin Safranita und das kluge Kind

 

Es war vor langer, langer Zeit, als die Berge noch wuchsen und die Menschen noch an Magie glaubten. Im kleinen Land Kurkumanien, das von der gütigen Königin Safranita regiert wurde, waren drei weitere Jahre vergangen. Rosetta, die Tochter von Safranita und Peter war herangewachsen und klug geworden. Sie war so schlau wie kein anderes Kind in dem kleinen Königreich. Jeden Tag, der verging, lernte sie etwas, und das mit großer Freude. Sie wollte alles über Pflanzen und Tiere wissen und auch über die Menschen, die das Königreich bewohnten.

 

„Wir können wirklich stolz auf unsere Tochter sein“, sprach Safranita, als sie aus dem Fenster sah und in den königlichen Garten blickte. Peter, ihr Gemahl, nickte und antwortete: „Das ist wohl war. Rosetta ist nicht nur schön wie eine Rose, sie ist auch sehr klug. Von wem sie das wohl hat?“ „Von uns beiden natürlich“, entgegnete Safranita und ergänzte: „Ich muss dir noch etwas sagen. Schon bald wird Rosetta ein Geschwisterchen haben!“. Peter strahlte. Das war eine wunderbare Überraschung.

 

Im königlichen Garten war Rosetta zu ihrem Schaf Cora gegangen und streichelte es liebevoll. „Du bist glücklich, das weiß ich“, sagte die Prinzessin. Cora mähte als Antwort. „Du bist so glücklich wie alle Tiere in unserem Land“, sprach Rosetta weiter. Das hörte der königliche Schulmeister, der sich ihr genähert hatte. Er lächelte. Dieses Kind war wirklich zauberhaft und berührte jedes Herz. „Wir müssen jetzt zum Unterricht, hochverehrte Prinzessin.“ Das ließ sich Rosetta nicht zweimal sagen. Sie eilte in den Palast. Der Schulmeister konnte kaum mit ihr Schritt halten, so flink war Rosetta.

 

Im Palast begaben sich die beiden in den königlichen Speisesaal, der auch als Schulraum für Rosetta diente. „Heute, hochverehrte Prinzessin, geht es um Tiere und Pflanzen, die ihr ja so liebt. Wir beginnen mit…“ Rosetta unterbrach ihn: „Wo kommen eigentlich die kleinen Tiere her? Wenn ich einen Kern in die Erde stecke, wächst daraus irgendwann ein Baum. Wie funktioniert das mit Tieren? Muss ich etwas Wolle von Cora in die Erde stecken, damit daraus ein Lamm wächst? Oder wie geht das?“ Der Schulmeister lächelte erneut und antwortete: „Nein, hochverehrte Rosetta, so ist das so nicht. Dafür braucht man ein weiteres Schaf, ein männliches. Die beiden Schafe müssen dann ganz lieb zueinander sein. Einige Zeit später bekommt das weibliche Schaf ein Lamm, oder auch zwei.“ Rosetta verstand das nicht so richtig, fragte aber nicht nach. Stattdessen nahm sie sicher vor, nachher Rogenda, die Witwe des hoch verehrten, verstorbenen Königs, zu bitten ihr so ein Schaf herbeizuzaubern. Das dürfte kein Problem für die gute Hexe werden.

 

Gleich nach dem Mittagessen sprach Rosetta mit Rogenda und trug ihre Bitte vor. Rogenda lachte kurz, als sie das hörte und sagte dann: „Das ist nicht schwierig, Rosetta. Ich kann mir denken, was du damit vorhast. Cora wird sich freuen.“ Gleich darauf hatte Rogenda zur großen Freude von Rosetta einen prächtigen Widder herbeigezaubert, der im königlichen Garten auftauchte. Er schaute verdutzt und sah sich um. Dann sah er Cora und lief sogleich auf sie zu. Cora war zunächst ängstlich, dann sehr erfreut. Sie rieb ihren Kopf an den Widder. „Jetzt musst du dem Widder noch einen Namen geben, Rosetta“, sagte Rogenda. Die Prinzessin überlegte kurz. „Ich nennen ihn Willi“, entschied sie dann. „Das ist ein schöner Name“, antwortete Rogenda.

 

Sie gingen ins Schloss zurück. Dort wurden sie schon von Safranita und Peter erwartet. „Wir haben dich im Garten beobachtet und gesehen, wie du dich über das neue Schaf gefreut hast. Nun, wir haben wir auch eine Überraschung für dich, Rosetta. Was würdest du sagen, wenn ein Geschwisterchen bekommen würdest?“, fragte Safranita. Rosetta war überrascht. Das hatte sie nicht erwartet. Aber sie war auch erfreut. Endlich wäre da jemand, mit dem sie spielen konnte. „Das ist wunderschön. Wann ist es soweit?“, wollte Rosetta wissen. „Nun, da musst du dich noch etwas gedulden. Ein paar Monate dauert das noch“, antwortete die Königin. Rosetta war enttäuscht und fragte nach: „Wird das bei Cora auch so lange dauern?“ „Nein, Rosetta bei einem Schaf geht das schneller“, erklärte Safranita.

 

Rosetta beschloss die gute Hexe Rogenda noch einmal um etwas zu bitten. Sie sollte das Kind schneller herbei hexen. „Tut mir leid, Rosetta, das kann ich nicht“, sagte Rogenda und fuhr fort: „Das verstößt gegen die Hexenregeln. Bestimmte Dinge dürfen wir nicht hexen, das würde nicht einmal Walpurnata machen!“ „Wer ist Walpurnata?“ „Das war eine böse Hexe, die einst in unserem Königreich lebte. Sie wurde von hier vertrieben, lange bevor du geboren wurdest.“ „Warum hat man Walpurnata vertrieben?“ „Das ist eine lange Geschichte, die dir am besten deine Mutter erzählt.“

 

Rosetta lief sogleich zu ihr. Die Königin zögerte zunächst etwas, dann erzählte sie: „Die Geschichte ereignete sich, als ich noch ein junges Mädchen war und mein Vater noch lebte und das Königreich regierte. Ich feierte meinen sechzehnten Geburtstag und es gab ein großes Fest deswegen. Die böse Hexe Walpurnata hatte sich verkleidet und gab vor, mir ein Geschenk zu überreichen. Sie ließ Hexenpulver auf mich herabrieseln, als ich schlief. Ich verwandelte mich in eine lilafarbene Blume mit gelben Blütenstempeln. Walpurnata ergriff die Pflanze und floh damit aus dem königlichen Palast. Zum Glück hat dein Vater, der damals noch ein einfacher Küchenjunge war alles beobachtet und es Rogenda erzählt, die ein Feld prachtvoller Blumen mit lilafarbenen Blüten und gelben Stempeln sah, als mein Vater sie fragte, was mit mir geschehen war.“

 

„Und was ist dann passiert, Mutti?“ „Es vergingen viele Tage, Wochen und Monate. Dein Vater ging in den düsteren Wald unseres Königreiches, um Pilze zu sammeln. Stattdessen entdeckte er das Feld mit den Blumen und ihm kam sogleich die Erkenntnis, dass ich in diesem Felde sein musste. Im Königspalast berichtete er davon. Rogenda erklärte, dass es nur es die Kraft der Liebe vermag, mich zu erlösen. Niemand liebte mich mehr wie mein Vater und so begab er sich dieser im Gefolge seiner Minister zu der Lichtung inmitten des riesigen Waldes. Als er die Blume berührte, verschwand diese augenblicklich und ich erschien an deren Stelle.“

 

„Das ist eine wunderbare Geschichte, Mutti. Was geschah dann?“ „Die Blütenstempel der lila Blumen ergaben ein kostbares Gewürz, dass wertvoller als Gold war. Zu Ehren von mir nannte man es Safran. Dein Vater wurde sehr reich und durfte mich zu Frau nehmen und Rogenda heiratete meinen Vater.“ Rosetta war glücklich und war froh, dass sie Walpurnata nicht aufgesucht hatte. Eine derart böse Hexe kann nichts Gutes bewirken.

 

Fünf Monate später gebar Cora zwei süße Lämmer und weitere vier Monate später kam der Bruder von Rosetta zur Welt. Er wurde Narziss genannt. Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben Safranita, Peter, Rogenda, Rosetta, Narziss und die Schafe noch heute.

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Bildmaterialien: www.suppenhandel.de
Tag der Veröffentlichung: 01.05.2023

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