Edwin werkelte mal wieder in der Küche. Mit Walter und der Hexe Sabira war vereinbart worden, dass ein komplettes Menü zubereitet werden sollte. Walter sollte die Vorspeise machen, Sabira das Hauptgericht und Edwin die Nachspeise. Lange hat Edwin überlegt, was er machen wollte. Das Kochbuch „Kochen, leicht gemacht“, das ihn Walter seinerzeit zu Weihnachten geschenkt hatte, hatte ein Füllhorn von leckeren Rezepten zu bieten, einige waren einfach, andere schwierig. Schließlich hatte Edwin sich für Bratäpfel entschieden. Das hatte er schon einmal gemacht, und es hatte geklappt. Außerdem hatte er alle Zutaten vorrätig: Äpfel, Rosinen, Mandeln, Zitronensaft, Butter, Zimt und Puderzucker. Das konnte doch nicht schief gehen! Edwin wusste nicht, ob Sabira das kannte, aber schmecken würde es ihr. Da war er sich sicher.
Voller Eifer machte sich Edwin an die Arbeit und legte alle Zutaten auf dem Küchentisch. Jetzt erst bemerkte er, dass er keine Mandeln mehr hatte. Siedend heiß fiel ihm ein, dass er diese vorgestern bei dem spannenden Fußballspiel weggeknabbert hatte. Was sollte er jetzt tun? Mandeln waren für das Rezept unbedingt nötig, darauf verzichten konnte er nicht. Er konnte aber auch keine herbei hexen. Das konnte nur die Hexe Sabira. Tja, Walter konnte das auch, der hatte ja ein Hexenzauberbuch. Allerdings war Walter nicht besonders firm bei der Zauberei, wie Edwin sich ungern erinnerte. Mal hatte ihn Walter riesengroß gezaubert, und mal winzig klein. Und an das Desaster auf dem Brocken-Plateau, wo sein Freund ihn zwar herauf aber nicht wieder herunter zaubern konnte, wollte Edwin auch nicht denken. Deswegen vermied er es, Walter anzurufen, um den Zauberspruch zu erfragen. Der Hexen-Notdienst wäre eine Möglichkeit gewesen, war aber viel zu teuer.
Deswegen blieb Edwin nichts anderes über, als schnell zum Supermarkt zu laufen, der zum Glück nebenan war. Unglücklicherweise war es dort proppenvoll. Edwin drängelte sich durch, zum Regal mit den Nüssen. Alle möglichen Nüsse gab es dort, nur keine Süßmandeln. Es gab zwar salzige, aber die wollte Edwin nicht nehmen. Dann entdeckte er ein Tütchen mit Bittermandeln. Die müssen es auch tun. Den bitteren Geschmack werde ich durch viel Zucker übertünchen, dachte Edwin. Er nahm die Bittermandeln, zahlte und eilte nach Hause zurück.
Dort machte er sich gleich ans Werk. Zunächst heizte er den Backofen auf 220 Grad auf, danach entfernte er das Kerngehäuse der Äpfel, um anschließend diese mit dem Zitronensaft zu beträufeln, damit diese nicht braun werden. Anschließend verrührte er die warme Butter mit den Rosinen und den gehackten Mandeln, wobei er zusätzlich Zucker untermischte, wegen des intensiven Geschmacks der Bittermandeln. Er schmeckte die Masse in der Folge mit Zimt, Puderzucker und Zitronensaft ab und füllte diese in die Äpfel, die in eine Auflaufform gesetzt wurden. Die kamen dann für 40 Minuten in den Ofen.
Das war genau die richtige Zeit, bis die Gäste kamen. Pünktlich um 19 Uhr klingelte es. Walter hatte eine große Schüssel mit einem griechischen Bauernsalat dabei und stellte diese auf den Esstisch im Wohnzimmer ab, der festlich gedeckt war ab. Kurz darauf traf Sabira ein, sie landete mitsamt ihrem Staubsauger mit Turbolader auf dem Balkon. „Das war ganz schön schwierig die Tüte mit dem Essen während des Fluges gerade zu halten. Aber es hat geklappt, Jungs“, erklärte die Hexe, nachdem sich alle begrüßt hatten. „Was gibt es denn, Sabira?“, wollte Walter wissen. „Es gibt Saltimbocca alla romana mit Rosmarinkartoffeln. Alles selbst gekocht, nichts herbei gehext“, antwortete sie. „Und zum Nachtisch gibt es Bratäpfel. Diese schmoren schon im Ofen“, sagte Edwin nicht ohne Stolz.
Sie ließen sich den Salat und die Schnitzel schmecken. Danach eilte Edwin in die Küche, nahm die Äpfel aus dem Backofen und begoss sie mit zerlassener Butter.
Schon nach zwei Bissen verdrehten Edwin und Walter die Augen. Ihnen war übel. Sabira hingegen spürte nichts. „Was ist los, Jungs?“, wollte sie wissen. „Mandeln…“, röchelte Edwin. Er ahnte, das etwas nicht stimmte. Die Hexe eilte in die Küche und sah das angebrochene Päckchen mit den Bittermandeln. Sie ging eiligst ins Wohnzimmer und murmelte einen Zauberspruch. Gleich darauf flogen die Bissen wieder aus den Mündern von Edwin und Walter und landeten auf den Tellern. „Bittermandeln sind giftig für Menschen, Hexen sind dagegen immun. Das gilt für fast alle Gifte“, erklärte Sabira und ergänzte: „Da habt Ihr aber noch einmal Glück gehabt, dass ich da war.“
Sie verzichteten auf dem weiteren Verzehr der Bratäpfel und verspeisten stattdessen das Vanilleeis, das es auch noch gab.
Mit einem guten Wein machten es sich die drei danach auf dem Sofa gemütlich und lachten über das, was geschehen war.
Bildmaterialien: www.chefkoch.de
Tag der Veröffentlichung: 10.11.2022
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