Es war vor langer, langer Zeit, als die Berge noch wuchsen und die Menschen noch an Magie glaubten. Im kleinen Land Kurkumanien, das von der gütigen Königin Safranita regiert wurde, war der Winter eingezogen. Ihr Töchterlein Rosetta blickte begeistert aus dem Fenster des königlichen Palastes. Es hatte tüchtig geschneit und alles war weiß. Rosetta war begeistert. Es war ihr erster richtiger Winter. Letztes und vorletztes Jahr gab es sehr wenig Schnee, und im Jahr davor war sie noch ein Baby und sie hatte daher keine Erinnerung daran.
„Rosetta, wir können nachher rodeln, wenn du möchtest“, sagte Safranita. „Mutti, was ist das, rodeln?“, wollte Rosetta wissen. „Nun, mein Kind, das ist ein herrlicher Spaß. Man setzt sich auf einen dicken Baumstamm und rutscht damit einen Abhang herunter. Natürlich muss man sich gut festhalten, damit man nicht herunterfällt. Du bist jetzt alt genug dafür“, antwortete die Königin und lächelte. Rosetta zog sich eine dicke Jacke an und setzte sich eine Mütze auf. Dann folgte sie ihrer Mutter nach draußen. Jenseits des königlichen Gartens gab es eine große Wiese, die abschüssig zu einem Fluss führte.
Dort, an der Wiese, lag schon der Baumstamm. Bedienstete banden viele Kissen an den Stamm, damit es die Prinzessin bequem haben sollte. Dennoch jammerte Rosetta, nachdem sie sich drauf gesetzt hatte. „Mutti, das drückt. Das drückt“, rief sie. Safranita und ihr Gemahl Peter konnten Rosetta nicht überreden. Sie weigerte sich, auf diesen grässlichen, harten Baumstamm nach unten zu rutschen. „Da müssen wir uns etwas überlegen. Hast du eine Idee, mein Liebster?“, fragte die Königin. Ihr Gemahl Peter überlegte. Dann sagte er: „Wir könnten Rogenda, die Witwe des hoch verehrten, verstorbenen Königs herbeirufen. Diese wird mit ihrer weißen Magie und ihrer Kristallkugel herausfinden, wie wir unserem Töchterlein helfen können.“
Rogenda starrte intensiv in ihre Kugel. Dann rief sie: „Ich sehe etwas, dass wie eine Bank ohne Lehne aussieht. Unter dieser Bank sind Kufen, wie an der königlichen Kutsche im Winter. Man setzt sich auf diese Bank und rodelt!“ So etwas hatte im gesamten Königreich noch niemand gesehen. Der königliche Tischler erhielt den Auftrag, alles andere stehen zu lassen und dieses seltsame Gefährt umgehend anzufertigen.
Innerhalb einer Woche war er soweit und präsentierte stolz das von ihm Geschaffene. Safranita war zunächst skeptisch und wollte keinesfalls die Erste sein, die es fahren würde. Auch Rosetta hatte davor Angst. Nur Peter, ihr Vater und Gemahl der Königin zeigte Mut. Er setzte sich drauf und fuhr die Wiese herunter. Es war schwieriger, als er dachte, er schlitterte und konnte das Gefährt nicht gerade halten. Auf halber Strecke kippte er um.
„Da müssen wir uns etwas überlegen, so geht das nicht“, sagte er, nachdem er oben angekommen war. Mit großer Mühe hatte er das Gefährt wieder nach oben geschoben. „Wir könnten einen Strick daran binden. Damit könnten wir es steuern und leichter nach oben ziehen“, schlug Rogenda vor, nachdem sie nochmals in ihre Kristallkugel geblickt hatte.
Das war schnell erledigt. Nun ging es leicht von der Hand. Peter hatte einen Riesenspaß mit dem Gefährt. Nun wollte auch Rosetta rodeln. Sie setzte sich hinter ihrem Vater auf die Bank. Das Mädchen war begeistert davon. Und auch Safranita wollte nicht zurückstehen und machte mit.
„Wir müssen noch einen einprägsamen Namen dafür finden“, forderte die Königin. „Wir sollten es Schlitten nennen, weil man damit so schön schlittern kann!“, schlug die Prinzessin vor. Alle waren davon angetan. So geschah es, dass der Rodelschlitten im ganzen Königreich Kurkumanien bekannt wurde und schließlich überall auf der ganzen Welt nachgebaut wurde. Alle waren glücklich und zufrieden. Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben Safranita, Peter, Rosetta, der Tischler und Rogenda noch heute.
Bildmaterialien: www.willhaben.at
Tag der Veröffentlichung: 12.01.2022
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