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Hermine in Las Vegas

 

Hubert Hundertmarks Cousine Hermine hatte sich tatsächlich getraut. Sie hatte ihren Freund und Kollegen Thomas Baumann geheiratet. Nun musste sie ihrer Kollegin Roswitha unbedingt von ihrer Hochzeitsreise berichten.

 

„Guten Morgen. Wow, du bist ja richtig braun geworden, Hermine. Nun, spann mich nicht länger auf die länger auf die Folter. Wie war es in Las Vegas? Was habt Ihr dort erlebt?“, wollte Roswitha wissen. Hermine grinste und plapperte gleich los: „Guten Morgen, Roswitha. So viel Spaß und Glück hatte ich noch nie in meinem Leben. Wie sagt mein Cousin Hubert immer: Aber immer der Reihe nach. Also: Gleich nach unserer Ankunft vor unserem Hotel erblickte ich den Eiffelturm. Stell dir das mal vor! Die haben den von Paris nach Las Vegas versetzt. Einfach so. Allerdings war er viel kleiner, als ich dachte.“

 

Roswitha seufzte. Das war wieder typisch für Hermine. Natürlich war der Pariser Eiffelturm nicht nach Las Vegas versetzt und verkleinert worden. Es war lediglich eine Kopie davon, wie es sie auf der ganzen Welt sehr häufig gab. Der Nachbau in Las Vegas war allerdings der höchste davon.

 

Hermine fuhr fort: „Im Hotel hat man uns dann nach dem Einchecken etwas zu Knabbern angeboten. So dachte ich. Diese Chips waren aber gar nicht zum Essen da. Man musste sie in solche komischen, blinkenden Kästen stecken. Rechts an den Kästen waren Hebel. Diese musste man drücken und einen Chip einwerfen. Dann rotierten die Walzen. Das machte mir Spaß. Nach etwa vier Minuten blinkte plötzlich alles und alle drei Walzen zeigten Bar. Ich dachte deswegen zuerst, dass ich einen Drink gewonnen hätte, weil kein Geld heraus kam, aber dann kamen mehrere Herren auf mich zu und sagten mir, dass einen Jackpot hätte. Ich dachte, das wäre nicht schlecht. Einen Kochtopf konnte ich schon gebrauchen. Aber stattdessen gab man mir einen Scheck. Ich hatte über 800.000 Dollar gewonnen. Das war der größte Tag meines Lebens!“

 

Roswitha konnte kaum glauben, was sie da hörte. Wie kann man nur soviel Glück haben, dachte sie ein wenig neidisch. Sie ließ sich das jedoch nicht anmerken. Stattdessen klopfte sie Hermine auf die Schulter und sagte: „Ich gratuliere dir. Du bist wirklich ein Glückspilz. Aber ich dachte bislang, dass deine Hochzeit der größte Tag deines Lebens war.“

 

Hermine nickte und fuhr fort: „Klar, meine Hochzeit war natürlich schon ein großartiges Erlebnis, aber soviel Geld habe ich noch nie zuvor gewonnen. Und ich muss noch nicht einmal Steuern darauf zahlen.“ „Hat man dir das gesagt? Das kann ich gar nicht glauben.“ „Nun, ich habe das mal gelesen.“ „Hermine, da muss ich dich enttäuschen.“ Roswitha schaute im Internet nach und las vor: Wer in Deutschland ein Casino besucht und gewinnt, der erhält seinen Gewinn in voller Höhe. Das heißt also auch: ohne den Abzug von Steuern. Generell ist dies in den USA etwas anders, denn hier werden die Gewinne aus dem Glücksspiel mit 30 Prozent Steuern belegt.

 

Hermine war einen Moment sprachlos. Dann sagte sie: „Das habe ich nicht gewusst. Meinst du, ich bekomme jetzt Ärger? Den Scheck habe ich noch nicht eingelöst. Das wollte ich in den nächsten Tagen machen.“ „Deine Bank wird dich sicherlich darauf hinweisen, dass Steuern anfallen und gegebenenfalls deinen Geldeingang dem Finanzamt mitteilen! Wie auch immer, Hermine. Es ist deine Sache. Aber etwas anderes: wie bist du so braun geworden? So braun habe ich dich ja nicht gesehen, seitdem du auf Rügen warst. Im Spielcasino war wohl kein Solarium, oder?“

 

„Nein, Roswitha. Aber wir haben einige Ausflüge gemacht, zum Beispiel zum Homer-Damm.

Der liegt etwa 45 Kilometer südöstlich von Las Vegas und ist wirklich impotent, ein gigantisches Bauwerk. Er wurde zwischen 1931 und 1935 gebaut und staut den Cornetto-River. Der Staudamm versorgt unter anderem auch Las Vegas mit elektrischer Energie.“ Roswitha rollte mit den Augen. Es war wirklich unglaublich, was Hermine immer alles durcheinanderbrachte. Wie hielt ihr Mann das nur den ganzen Tag mit ihr aus?

 

Hermine ließ sich von Roswithas Reaktion nicht beeindrucken und erzählte weiter: „Am nächsten Tag sind wir etwas weiter gefahren, zum Grand Canyon. Diese Schlucht wurde vom Cornetto-River in Milliarden von Jahren gegraben. Wir sind mit einem Helikopter darüber geflogen. Das war ganz schön teuer, aber jetzt können wir uns das ja leisten!“

 

Roswitha ersparte sich auch an dieser Stelle einen Kommentar und nahm lieber einen Schluck Kaffee. Hermine fuhr fort: „Wir waren jedenfalls begeistert davon. Am nächsten Tag haben wir einen Ausflug zum Death Valley gemacht, dem Tal des Todes. Es war nicht ganz so heiß, wie wir befürchtet hatten. Wir haben ja auch Dezember. Im Sommer wäre das nicht auszuhalten.“

 

„Habt Ihr in Las Vegas irgendwelche Prominenten gesehen?“, wollte Roswitha wissen. Hermine nickte und sagte: „Ja, drei sogar. Als wir eincheckten, stand neben uns der Heiner Lauterbach, unser neuer Gesundheitsminister. Er sah aber ganz anders aus als im Fernsehen. Das ist wirklich erstaunlich. Er war sehr nett und hat uns sogar ein Autogramm gegeben. Auf meine Frage, wie er denn die aktuellen Impotenzwerte bei der Pandemie beurteilen würde, hat er nur seltsam geguckt.“ Roswitha sah sich das Autogrammfoto an. Es zeigte tatsächlich Heiner Lauterbach, den Schauspieler und nicht den Minister. Sie konnte sich die Reaktion von ihm auf Hermine sehr gut vorstellen.

 

Hermine fuhr fort: „Vier Tage später, am Tag vor Heiligabend, haben wir in einem Restaurant den Volker Rosin kennen gelernt. Das ist doch der mit den Kinderliedern. Ich habe ihn gebeten, das Lied von der Weihnachtsbäckerei anzustimmen. Er hatte dazu aber keine Lust und war irgendwie verärgert.“ Roswitha war klar, dass der Mann den Text des Liedes seines Kollegen Rolf Zukowski nicht kannte oder den Song nicht singen wollte, obwohl Weihnachten war. Sie schwieg aber.

 

„Den dritten Prominenten haben wir bei der Silvesterfeier im Hotel getroffen. Das glaubst nicht, wer das war“, erzählte Hermine. „Nun spann mich nicht auf die Folter, Hermine. Wer war das?“ „Nun, es war Olivia Newton-John. Sie sah viel jünger aus, als ich dachte und war auch größer.“ Roswitha hatte einen Verdacht, sie kannte ihre Kollegin bestens. Dieser bestätigte sich, als Hermine ein gemeinsames Foto zeigte: Man sah Hermine, ihren Mann und Olivia Jones.

 

 

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Bildmaterialien: www.usareisetipps.com
Tag der Veröffentlichung: 11.01.2022

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