Meine Mutter hatte in meiner Kindheit sehr oft einen Spruch für mich parat: „Alt und grau darfst du werden, aber nicht frech!“. Nun alt bin ich mittlerweile geworden, und auch grau. Tja, und frech bin ich manchmal auch. Aber nur dann, wenn es sein muss.
Mein erstes graues Haar bekam ich mit Anfang fünfzig. Nicht besonders früh, nicht besonders spät. Mein Vater hatte bis kurz vor seinem Tod mit 71 noch kein einziges graues, soweit ich mich erinnere. Auch war die Glatzenbildung bei ihm bei Weitem nicht so ausgeprägt wie bei mir. Mein Hubschrauberlandeplatz breitete sich schon aus, als ich vierzig war.
Aber zurück zu den grauen Haaren. Überraschenderweise fing das mit dem Bart an. Beim Rasieren bemerkte ich, dass die Stoppeln grau waren. Das machte mir zunächst keine Sorgen. Dann setzte sich das am Haupthaar fort. Dennoch färbte ich meine Haare nicht. Auch Tunen, wie es die Werbung anbot, kam nicht in Frage. Da blieb ich eisern. Wozu auch? Man soll zu seinem Alter stehen. Das sahen meine gleichaltrigen Freunde zum Teil anders.
Es ist selbstverständlich, dass das Alter körperliche Einschränkungen mit sich bringt. Ich war nie sonderlich sportlich, aber jetzt bekomme ich schon beim Treppensteigen Probleme und nehme vorzugsweise die Rolltreppe oder den Fahrstuhl. Auch langes Stehen bei Konzerten oder Fußballspielen fällt mir schwer. Da nehme ich heutzutage einen Sitzplatz. Ach ja, und auf mein Herrenfahrrad mit Querstange kam ich auch nicht mehr herauf. Ich habe es gegen ein Damenfahrrad ausgetauscht. Halb so schlimm.
Immerhin bin ich geistig noch topfit, soweit ich das selbst beurteilen kann. Die kleinen grauen Gehirnzellen arbeiten einwandfrei. Ob ich das wohl merke, wenn das nicht mehr der Fall sein wird? Warten wir es ab.
Ein Video dazu:
https://www.youtube.com/watch?v=htFdQH5IDqA
Bildmaterialien: www.deutschlandfunk.de
Tag der Veröffentlichung: 10.11.2021
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Widmung:
Gewidmet meinem Vater, der heute seinen 103. Geburtstag gefeiert hätte.