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Hubert ist frustriert

 

 

Ich, Hubert Hundertmark, bin verärgert und frustriert. Wie Sie sich vielleicht erinnern, habe ich mich vor einiger Zeit dazu entschlossen Politiker zu werden. In Berlin habe ich seinerzeit mit Freunden und Verwandten die PDDS gegründet, die Partei der Deutschen Sprache. Hoffnungsvoll fing es an, als wir bei den Europawahlen im Mai 2019 einen Sitz erobern konnten und mein Freund Oskar Plümecke ins Europa-Parlament einzog. Doch dann kamen die Landtagswahlen in Sachsen und in Brandenburg. Das war desaströs! Auch in Thüringen lief es nicht besser.

 

Und dann die Kommunalwahl in Niedersachsen! Eine echte Katastrophe! Es gelang uns nicht, auch nur einen einzigen Bürgermeisterposten zu erobern, wir kamen nicht einmal in die Stichwahlen, auch nicht hier in Buxtehude. Dort wäre es mein gutes Recht gewesen, mich darauf zu bewerben, aber ich wollte ja Bundeskanzler werden. Immerhin schafften wir es, ein paar Sitze in den Stadträten und Kreistagen zu ergattern, aber das war auch insgesamt äußerst enttäuschend.

 

Die Bundestagswahl und die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus sowie die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern waren noch schlimmer für uns, wir erreichten nirgendwo mehr als ein Prozent der Wählerstimmen. Mir war es auch völlig egal, ob es im Bundestag eine Ampel- oder eine Jamaika-Koalition gibt. Ich hatte die Schnauze voll von der Politik. Bei TELE 12, wo mein Bruder Norbert Programmdirektor ist, gibt es in Kürze eine neue Casting-Show für Senioren-Gesangstalente. Besonders gut singen kann ich zwar nicht, aber das können andere ja auch nicht. Vielleicht versuche ich da mein Glück.

 

Aus Frust über das Wahlergebnis bin ich am Montag nach der Wahl einkaufen gegangen. Zum Glück ist der Supermarkt hier gleich um die Ecke und recht gut sortiert. Ich betrat den Markt mit der Liste, die ich mir gemacht hatte. Joghurt stand auch auf dem Zettel. Es musste aber der mit wenig Fett sein. Wilma war nämlich der Meinung, dass ich unbedingt abnehmen muss. Ich fand zwar, dass das nicht nötig sei, aber ich wollte meiner Frau nicht widersprechen.

 

Jedenfalls stand ich vor dem Regal mit den Milchprodukten und sah auch schon den richtigen Joghurt, der dazu auch noch preiswert war. „Schwarzkirsche“ stand darauf. Aber was war daneben abgebildet? Das waren zwar Kirschen, aber sie waren gar nicht schwarz, sondern dunkelrot! Das ging ja nun gar nicht. Empört verlangte ich ein Gespräch mit dem Marktleiter.

 

„Ist etwas nicht in Ordnung, mein Herr?“, fragte er. „Das kann man wohl sagen“, antwortete ich und zeigte auf dem Becher. Der Mann sah sich den Joghurt an und stellte fest: „Das Haltbarkeitsdatum ist nicht abgelaufen und der Becher läuft nicht aus. Den können Sie bedenkenlos kaufen!“ Ich wurde allmählich wütend und entgegnete: „Sehen Sie dass denn nicht? Da steht Schwarzkirsche drauf, aber das sind gar keine Schwarzkirschen. Das sind Rotkirschen. Es ist doch unglaublich, wie man immer wieder von skrupellosen Händler und Herstellern als unschuldiger Verbraucher betrogen wird.“

 

Der Marktleiter konnte ein Lachen nicht unterdrücken und sagte dann: „Aber das heißt doch nur so. Im Sandkuchen ist ja auch kein Sand drin!“ „Das hat der Bäcker auch schon zugegeben. Ich habe da meine Erfahrungen. Aber trotzdem kann man ja wohl erwarten, dass in einem Produkt drin ist, was drauf steht. Oder ist der schwarze Tee, den Sie hier verkaufen, auch nicht schwarz?“ „Bevor Sie ihn zubereiten, ist er schon schwarz. Wenn Sie ihn aufbrühen, ist er braun!“ „Und warum heißt er denn nicht Brauntee? Ist der grüne Tee etwa auch nicht grün, wenn ich ihn zubereitet habe?“ „Der ist tatsächlich grün. Aber, bevor sie nachfragen: Der weiße Tee ist dann auch nicht weiß.“ Der Grüntee kam in meinen Einkaufswagen, ebenso zwei Joghurts.

 

Ich setzte meinen Einkauf fort. Die Bananen, die ich kaufen wollte, warum zum teil braun und zum teil grün. Es gab keine, die nur gelb waren. Doch dann fand ich Orangenlimonade. Die war gar nicht orange, sondern gelb. Also kaufte ich sie.

 

Jetzt hatte ich also Schwarzkirschen-Joghurts, die nicht schwarze, sondern tiefrote Früchte hatten, Orangenlimo, die gelb war, und Grüntee, der tatsächlich grün war im Wagen. Es fehlte noch etwas hellrotes, etwas blaues und etwas schwarzes. Ich entdeckte die Schwarzwurzeln und war glücklich. Wo war etwas blaues und etwas hellrotes, das lecker war? In der Obst- und Gemüseabteilung jedenfalls nicht. Die Himbeeren waren leicht angegammelt und die Blaubeeren rochen unangenehm.

 

Also begab ich mich zu den Spirituosen. Der Blue Curacao lächelte mich an. Ich mochte den zwar nicht besonders gern, Wilma aber schon. Besonders auf Eis schätzte sie ihn. So wanderte die Flasche in meinen Einkaufswagen. Und etwas hellrotes? Da kam mir eine Idee: Tomatencremesuppe! Das passte wunderbar und war eine leckere Vorspeise. Als Hauptgericht wählte ich goldgelbe Fischstäbchen, denn Gold ist ja die Farbe unserer Partei. Für alle Parteien gab es nun ein Produkt, das Menü war komplett.

 

Zu Hause gab es dann noch eine Überraschung. Die Schwarzwurzeln waren gar nicht mehr schwarz, nachdem sie geschält wurden, sondern weiß. Wie ich immer sage: Es ist doch unglaublich, wie man von skrupellosen Händler und Herstellern als unschuldiger Verbraucher betrogen wird.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Bildmaterialien: www.wiwo.de
Tag der Veröffentlichung: 01.10.2021

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