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Das verpatzte Rendezvous

 

 

Ich war glücklich. Sonja, meine wunderhübsche Kollegin, hatte sich zu einem Rendezvous überreden lassen. Im Kopf malte ich mir aus, wie dieses ablaufen würde.

 

Wir trafen uns an der Kröpcke-Uhr im Zentrum von Hannover. Ich hatte eine Strauß Rosen mitgebracht. Diese waren rosa, nicht rot. Ich wollte ja nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. Da ich wusste, dass Sonja nicht so gerne Kaffee, sondern lieber Kakao trank, schlug ich vor, dass wir die Holländischen Kakaostuben besuchen sollten. Diese waren nur ein paar Schritte von unserem Treffpunkt entfernt.

 

Dort genossen wir Kakao und Baumkuchen. Den habe ich schon immer geliebt, er war köstlich wie immer. „Und was kommt als Hauptgericht?“, fragte Sonja und leckte sich über ihre kirschroten Lippen. Daraus schloss ich, dass sie noch hungrig sei, und antwortete: „Nebenan ist ein sehr gutes Steakhaus. Das kann ich empfehlen.“

 

Ich bestellte mir dort ein T-Bone-Steak mit einer Ofenkartoffel, Sonja nur einen gemischten Salat. Sollte ich sie falsch verstanden haben? Vielleicht hatte ihr auch irgendetwas den Appetit verdorben. Nachdem ich mein Steak, das perfekt gebraten war, verspeist hatte, wollte meine Angebetete wissen: „Ist es weit zu deiner Wohnung? Da können wir es uns doch bestimmt gemütlich machen.“ Jetzt war klar, woher der Wind wehte. Ich entgegnete: „Nein, es ist nicht weit, Sonja. Ich wohne dahinten in der Calenberger Neustadt, keine zehn Minuten von hier!“

 

Arm in Arm gingen wir zu mir. Jetzt würde es doch ein perfekter Tag werden. Als wir bei mir zu Hause angekommen waren, öffnete ich meine Wohnungstür. „Du hast es aber gemütlich hier“, stellte Sonja fest und setzte sich aufs Sofa. „Möchtest du etwas trinken? Wasser? Bier? Cola?“, fragte ich. Sie antwortete: „Ein Glas Sekt wäre nicht schlecht!“ Erneut leckte sie sich über ihre Lippen.

 

Nach längerer Suche fand ich im Kühlschrank einen Piccolo. Den hatte ich vor etwa fünf Jahren mal bei einer Tombola gewonnen. Seitdem lag die Flasche unbeachtet herum. Ich entfernte rasch die Staubschicht, begab mich zurück ins Wohnzimmer und goss meinem Schwarm ein.

 

„Soll ich etwas Musik machen, Sonja?“, fragte ich. Sie nickte. Ich ging zur Stereoanlage und legte eine CD von AC/DC ein. Die ersten Takte von Highway to Hell ertönten. Irgendwie hatte ich das Gefühl, die falsche Wahl getroffen zu haben. Das bestätigte sich, als Sonja fragte: „Können wir nicht lieber einen schönen Film gucken? Du hast doch bestimmt eine große Auswahl!“ Das war tatsächlich der Fall.

 

Ich schaltete den CD-Player aus, nahm eine meiner DVDs aus dem Regal und startete den Film. „Das ist Rosemary’s Baby. Einer meiner Lieblingsfilme!“, erklärte ich. Sonja stand auf, zog ihren Mantel an und ging.

 

Ich muss etwas falsch gemacht haben. Nur was? Auf jeden Fall hatte ich das Rendezvous verpatzt und eine Gelegenheit verpasst. Schade eigentlich.

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Bildmaterialien: www.stadtreporter.de
Tag der Veröffentlichung: 13.09.2021

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