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Die Königin Safranita und der verschwundene Baum

 

 

Es war vor langer, langer Zeit, als die Berge noch wuchsen und die Menschen noch an Magie glaubten. Im kleinen Land Kurkumanien, das von der gütigen Königin Safranita regiert wurde, war ein wundervoller Augustmorgen. Die Sonne strahlte am Himmel. „Ich könnte Brombeeren im königlichen Garten sammeln. Diese dürften reif sein“, sprach der königliche Koch. Er wollte Pfannkuchen backen. Mit den leckeren Beeren würde diese Safranita, ihrem Gatten Peter und dem Töchterlein Rosetta gewiss munden. Als Hauptgericht sollte es Sahnegeschnetzeltes aus den Früchten des Wunderbaumes geben.

 

Also begab sich der Koch in den Garten, um diese zu sammeln. Ganz hinten, bei dem wundersamen Baum mit den großen rosafarbenen Früchten, die wie Fleisch schmeckten, wuchsen auch die Brombeeren. Doch was war das? Entsetzt bemerkte der Koch, dass der Baum verschwunden war. „Was ist hier passiert?“, rief er entsetzt. Der Baum war nicht etwa abgesägt, es sah so aus, als ob ihn jemand ausgegraben hätte.

 

Der Koch lief in den Palast und wollte der Königin Safranita umgehend das unglaubliche Geschehen berichten. Doch er wurde nicht zu ihr vorgelassen, da sie noch schlief. Peter hingegen war schon wach und so begab es sich, dass er den Koch in den Garten begleitete, nachdem er von dem Verschwinden des Baumes erfahren hatte. „Das ist wirklich nicht zu glauben!“, rief Peter entgeistert, als er sich davon überzeugt hatte, dass der Koch die Wahrheit gesprochen hatte. Er ergänzte: „Wer auch immer das getan hat, wird schwer bestraft werden!“

 

Die Königin wurde geweckt. So etwas geschah höchst selten, Safranita schlief sonst immer aus. Sie reagierte sehr ungehalten auf die Störung. Als sie erfuhr, was geschehen war, war sie sehr wütend und verlangte, dass sofort herausgefunden werden sollte, wer diesen Frevel begangen hatte. Daher wurde Rogenda, die Witwe des hoch verehrten, verstorbenen Königs herbeigerufen. Sie sollte mit ihrer weißen Magie und ihrer Kristallkugel den Täter ermitteln.

 

Rogenda starrte intensiv in ihre Kugel. Zunächst sah sie nur Nebelschwaden. Doch dann rief sie überrascht: „Den Baum hat niemand ausgegraben. Er ist von alleine weggelaufen!“ Safranita wurde zornig und rief: „Rede keinen Unsinn! Bäume können nicht weglaufen! Das ist unmöglich!“ Rogenda antwortete: „Schaut selbst, verehrte Königin. Schaut selbst!“ Auch Safranita betrachtete die Kugel. Und tatsächlich. In den frühen Morgenstunden dieses Tages schüttelte sich der Baum mehrfach. Dann streckte er sich und erhob sich schließlich. Danach lief er aus dem königlichen Garten davon. „Unglaublich, unglaublich!“, rief Safranita und sagte weiter: „Wir müssen den Baum unbedingt zurückholen. Was sollen wir sonst essen, wenn wir diese köstlichen Früchte nicht mehr haben.“

 

„Ich kann versuchen, herauszubekommen, wohin der Baum hingelaufen ist“, schlug Rogenda vor und blickte erneut in ihre Kristallkugel. Es dauerte etwas. „Gute Nachrichten, verehrte Königin“, sagte sie danach. Rogenda fuhr fort: „Der Baum ist noch in Kurkumanien. Er ist stehengeblieben und ruht sich jetzt aus.“ Safranita freute sich. Sie war guter Hoffnung, dass der Baum bald wieder im königlichen Garten stehen würde.

 

Peter machte sich mit Rogenda auf dem Weg zu der Stelle, wo die gute Hexe den Baum in ihrer Kristallkugel gesehen hatte. Nach einem kurzen Fußmarsch sahen sie den Wunderbaum. Rogenda spürte dank ihrer magischen Kräfte, dass es ihm nicht gut ging. Sie legte ihre rechte Hand auf die Rinde des Baumes. Die Gedanken des Baumes übertrugen sich auf Rogenda.

 

„Der Baum ist einsam“, berichtete Rogenda danach. Sie ergänzte: „Er vermisst die Brüder und Schwestern aus seiner Heimat. Im königlichen Garten kann er sich mit keinem anderen Baum unterhalten. Deswegen ist er weggelaufen, um dahin zurückzukehren, wo ich ihn hergezaubert habe!“

 

„Aber in unserem Garten sind doch viele andere Bäume: Kirschbäume, Apfelbäume, Birnbäume…“, erwiderte Peter. Rogenda sagte: „Die sprechen aber eine andere Sprache, Peter. Sie verstehen sich nicht.“ „Und was können wir jetzt tun, Rogenda?“ „Ich könnte zwei weitere Wunderbäume in den königlichen Garten zaubern. Unser Baum wäre dann wieder glücklich.“

 

Und so geschah es, dass von nun an drei Wunderbäume im Garten der Königin Safranita standen. Sie gediehen prächtig. Safranita hatte immer gewollt, dass in ihrem Königreich alle Tiere glücklich sind. Das galt nunmehr auch für die Bäume. Nun waren wirklich alle glücklich und zufrieden. Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben Safranita, Peter und Rogenda noch heute. Und auch die Bäume stehen immer noch im königlichen Garten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Bildmaterialien: www.baumkunde.de
Tag der Veröffentlichung: 10.08.2021

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