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Einfach beerig

 

 

Edwin saß mit seinem Freund Walter auf seinem Balkon und genoss den schönen Sommertag. Endlich war es warm geworden. Nach dem kalten, furchtbaren Wetter der letzten Wochen war das eine Wohltat. Die beiden Freunde aßen Erdbeeren mit Schlagsahne, mit großem Appetit.

 

„Es wäre schön, wenn jetzt Sabira da wäre“, sinnierte Walter. Edwin nickte und antwortete: „Da hast du Recht, Walter. Aber wir könnten sie doch anrufen! Vielleicht hat die Hexe ja Zeit und Appetit auf Erdbeeren. Es sind ja noch genug da.“ Edwin setzte das umgehend in die Tat um, nachdem Walter mit seinem Vorschlag einverstanden war. Keine zwanzig Minuten später traf die Hexe mitsamt ihrem Staubsauger mit Turbolader ein. Sie wurde von den beiden freundlich begrüßt.

 

„Na, was soll ich diesmal retten? Hast du Salz statt Zucker auf die Erdbeeren getan, Edwin?“, fragte Sabira und lachte. Edwin schüttelte den Kopf und entgegnete: „Nein, liebste Sabira, es ist alles in Ordnung, die Erdbeeren sind köstlich!“ Sabira kostete und nickte. Sie fragte: „Wie wäre es, wenn ich die Beeren riesengroß zaubern würde? Sie könnten groß wie Melonen werden. Am Geschmack würde sich nichts ändern!“ „Ich weiß nicht, mit dem Vergrößerungszauber habe ich unangenehme Erinnerungen, seitdem Walter mich damals vergrößert hat, statt nur meine Haarpracht“, antwortete Edwin.

 

Sabira sagte: „Keine Angst. Wenn man das richtig macht, ist die Hexerei völlig ungefährlich!“ Ohne weiter zu fragen, murmelte die Hexe einen Zauberspruch und die vor ihr liegende Erdbeere wuchs um das Zehnfache. Sie passte gerade noch so auf den Balkontisch. Edwin und Walter waren begeistert. Auch der Geschmack der Beere überzeugte, sie schmeckte sogar noch besser als die kleinen.

 

„Leider habe ich heute nicht so viel Zeit, Jungs“, bemerkte Sabira, nachdem sich die drei die Riesenbeere hatten schmecken lassen. Sie ergänzte: „Ich muss gleich zu einen Sonderkongress auf dem Brocken. Es geht um die geplante Neubesteuerung auf Zaubersprüche sowie Hexenutensilien. Das gefällt uns natürlich gar nicht. Es könnte länger dauern. Ruft mich bitte nur im äußersten Notfall an. Ach, übrigens: Der Hexen-Notdienst ist in dieser Zeit auch kaum besetzt!“

 

Eine halbe Stunde später verabschiedete sich Sabira von Edwin und Walter und flog mit ihrem Turbolader-Staubsauger hinfort. Sie winkten ihr etwas traurig hinterher. „Ich hätte auch Lust, mal wieder zu zaubern“, sagte Walter. „Hast du denn dein Zauberbuch dabei?“, wollte Edwin wissen. Walter schüttelte mit dem Kopf und entgegnete: „Nein, aber ich habe mir Sabiras Zauberspruch gemerkt. Lasst uns irgendetwas vergrößern!“ Edwin guckte skeptisch. Er hatte immer noch Bedenken wegen der damaligen Probleme. Dann ließ er sich aber doch überreden und sagte: „Die Erdbeeren haben wir alle verputzt. Ich hätte aber noch Himbeeren im Kühlschrank. Das müsste auch klappen!“

 

Edwin ging in die Küche und kam gleich darauf mit einem kleinen Schälchen köstlich duftender Himbeeren wieder. Er stellte es auf den Balkontisch und Walter starrte darauf. Voller Konzentration wiederholte er Sabiras Zauberspruch. Es klappte. Das Schälchen hatte jetzt einen Durchmesser von drei Metern, die Himbeeren waren nun so groß wie Pampelmusen.

 

„Jetzt müssen wir aber probieren“, sagte Walter. Edwin nahm ein Messer und schnitt eine Himbeere an. Gleich darauf schrie er auf wie am Spieß. „Schau nur, schau nur!“, rief er entsetzt. An der Himbeere krabbelte eine zwanzig Zentimeter große Milbe. Jetzt schrie auch Walter auf.

 

„Ich habe doch gleich gesagt: Lass das mit der Scheißzauberei. Da kommt nichts Gutes bei heraus“, fluchte Edwin. „Wo hast du die Himbeere denn gekauft? Das geht gar nicht, dass da Milben dran sind“, wollte Walter wissen. „Die habe ich nicht gekauft. Die habe ich gestern im Wald gepflückt“, antwortete Edwin. Er war immer noch leichenblass.

 

„Wir sollten jetzt doch Sabira anrufen. Das ist ein echter Notfall!“, sagte Walter und wählte die Nummer der Hexe. Es sprang nur die Mailbox an. „Dann den Hexen-Notdienst!“, fuhr er fort. Er hörte, nach dem er die Nummer 0166/ 666666 gewählt hatte: „Hier ist der Hexen-Notdienst. Alle Anschlüsse sind zur Zeit belegt. Sie werden mit der nächst frei werdenden Hexe verbunden. Bitte legen Sie nicht auf. Dieser Anruf kostet sie zwei Euro die Minute, bei Anrufen aus dem Mobilfunknetz können höhere Kosten entstehen. Da die meisten Hexen auf einem Kongress wegen der geplanten Neubesteuerung auf Zaubersprüche sowie Hexenutensilien sind, kann es zur Zeit zu längeren Wartezeiten kommen.“

 

Solange wollte Walter nicht warten, auch aus Kostengründen. Er verließ mit Edwin den Balkon und beobachte mit seinem Freund von der Stube aus, wie die Milbe immer weiter wuchs und sie sich über Edwins Balkonpflanzen hermachte. Binnen Kurzem hatte sie die Geranien komplett vertilgt.

 

Drei Stunden später. Die Milbe war jetzt so groß wie ein Schäferhund. Walters Handy klingelte. Es war Sabira. „Lass mich raten. Ihr habt wieder Mist gebaut und braucht meine Hilfe“, sprach Sabira, bevor Walter etwas erklärt hatte. Nachdem dieser die Situation berichtet hatte, verkündete Sabira: „Du musst den Zauberspruch noch einmal rückwärts sagen.“ Voller Angst ging Walter und tat das, was er verstanden hatte. Er setzte sich mit dem Rücken zur Milbe und wiederholte den Zauberspruch. Es wirkte umgehend, doch leider hatte sich die Milbe abermals vergrößert.

 

Walter flüchtete in die Stube. Sabira konnte ein Lachen nicht unterdrücken, als sie die Neuigkeiten erfuhr. „Das hast du falsch verstanden. Rückwärts bedeutet, dass der letzte Buchstabe vorne steht und der erste hinten“, erklärte sie. „Das kann ich nicht, das kann ich nicht“, schrie Walter. So blieb ihm nichts anderes übrig, als den Lautsprecher des Handys einzuschalten. Die Hexe sagte den Aufhebungszauber. Es wirkte. Die Milbe war unmittelbar danach wieder so winzig, wie sie sein sollte.

 

Walter bedankte sich bei Sabira und sprach zu Edwin: „Jetzt brauche ich aber einen Schnaps zur Beruhigung!“ Dieser ging an seine Bar und holte eine Flasche Himbeergeist hervor. Darüber war Walter gar nicht begeistert.

 

 

 

 

 

 

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Bildmaterialien: www.ndr.de
Tag der Veröffentlichung: 11.06.2021

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