Die Beziehung zu Sabine war eine ganz besondere. Ich war anfangs Feuer und Flamme für sie und sie für mich. Wie das immer so ist: Am Anfang einer Liebe sieht man über jeden Fehler des anderen hinweg und toleriert jede Macke. Dabei hatten mich meine Freunde vor ihr gewarnt: „Die sieht zwar gut aus, aber ist geistig nicht voll auf der Höhe!“ Auch das war mir zunächst egal.
Dann kam der Tag, als wir gemeinsam eine Party gaben. Jeder kaufte von uns etwas ein, am Ende wollten wir dann die Einkäufe verrechnen, damit jeder auf seine Kosten kam. Die Party war ein großer Erfolg. Ich war glücklich.
Am Tag danach rechnete Sabine vor: „Ich habe für neunundachtzig Euro eingekauft, du für fünfzig. Dann bekomme ich neununddreißig Euro von dir!“ Ich musste lachen, dann ihre Rechnung war natürlich Blödsinn. Vergeblich versuchte ich, ihr klar zu machen, dass sie sich irrte: „Wenn du fünf Äpfel hast und ich sieben, ist die Differenz zwar zwei, aber ich muss dir nur einen Apfel geben, um das auszugleichen!“ Sie kapierte es einfach nicht. Das sagte ich ihr auch. „Du hältst mich für blöd!“, rief sie verärgert. Ich verkniff mir, das zu bejahen.
Als wir gemeinsam im Urlaub fuhren, hatte sie ihre Kleidung im Schrank des Hotels sorgsam aufeinandergestapelt und ausgerichtet. Darüber machte ich mich darüber lustig und bemerkte: „Wir sind hier nicht bei der Bundeswehr!“ Sie konterte: „Besser so, als wie bei deinem Chaos!“ Bei diesem grammatischen Fehltritt rollten sich mir die Fußnägel auf.
Ihre Eltern waren noch schlimmer, vor allem ihre Mutter. Sabine ließ nichts auf sie kommen. „Meine Eltern haben mich gut erzogen. Ich weiß, wie man sich zu benehmen hat“, behauptete sie.
Das ging drei Jahre gut. Ich nahm das alles hin, aber irgendwann reichte es mir. Nun hatte ich die Schnauze voll. Ich war genervt, genervt von Sabine. Jetzt störte mich nahezu alles an ihr: ihre übertriebene Ordnungsliebe, ihre Borniertheit, ihre hemmungslose Unterwürfigkeit gegenüber ihren Eltern und vor allem ihre Dummheit. Ich wollte die Beziehung beenden.
Die Gelegenheit ergab sich am Valentinstag. Wir saßen an dem Abend zusammen auf ihrem Sofa. Wieder einmal hatte sie mich zurechtgewiesen, weil ich Ihre Lieblingsvase ein paar Zentimeter verschoben hatte.
Ich fragte sie: „Siehst du noch ein Chance in unserer Beziehung?“ Sie antwortete: „Nur wenn wir uns beide um dreihundertsechzig Grad wenden.“ Ich konnte nicht anders, ich musste lachen. Von Mathematik hatte Sabine wirklich nicht die geringste Ahnung.
Das war das Ende der Beziehung.
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Tag der Veröffentlichung: 13.05.2021
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