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Wirklich seiner Zeit voraus

 

 

Neben Douglas Noel Adams und Philip K. Dick gibt es noch einen dritten SF-Autor, den ich sehr verehre: H.G. Wells, Herbert George Wells, um genau zu sein. Der Engländer lebte von 1866 bis 1946 und gilt als Pionier dieser Literaturgattung. Er war ein Visionär und seiner Zeit weit voraus. Über seine drei besten Bücher will ich hier berichten. Zwei davon sind weltberühmt, das dritte nicht so sehr, leider. Das tut der Qualität aber keinen Abbruch.

 

Fangen wir an mit Krieg der Welten, im Original War of the Worlds. Es entstand im Jahre 1898, also vor über 120 Jahren. Beschrieben wird die Invasion der Marsianer unseres Planeten. Sie gehen dabei äußerst brutal vor und pulverisieren alle Menschen. Aus heutiger Sicht ist ein Angriff von Marsbewohner äußerst unwahrscheinlich, weil wir wissen, dass unser roter Nachbarplanet wohl unbewohnt ist, aber im 19. Jahrhundert wusste man das noch nicht. Die angeblichen Kanäle auf dem Mars waren da gerade entdeckt worden und war der Überzeugung, dass diese von intelligenten Wesen geschaffen wurden. Das thematisiert auch das Buch von H. G. Wells, denn es herrscht Wassermangel auf dem Mars und die Erde gibt es genug davon. Ferner haben die Marsianer die Ressourcen ihres Planeten geplündert und begehren daher die unseres Planeten. Das hat durchaus einen Bezug auf unsere Gegenwart. Am Schluss der Geschichte gehen die Angreifer an einem irdischen Virus zu Grunde, gegen das sie nicht immun sind.

 

Das Buch wurde dreimal verfilmt und es gab eine berühmte Hörspielversion aus dem Jahre 1938 von seinem Fastnamensvetter Orson Welles. Begegnet sind sich die beiden erst zwei Jahre später, also 1940. Das Hörspiel wurde live produziert und gesendet und geriet so realistisch, dass viele Amerikaner in Panik gerieten, weil sie das für bare Münze nahmen. Die Verfilmungen stammen aus den Jahren 1953 und 2005, wobei den meisten Leuten (mich eingeschlossen) die alte Fassung viel besser gefällt. Ich habe diese als 12-jähriger im Fernsehen geschaut und fand den Film sehr aufregend. Der neue hingegen war eine große Enttäuschung für mich. Die Mini-Serie aus 2019 kenne ich noch nicht Deswegen kann ich darüber kein Urteil abgeben.

 

Das zweite berühmte Buch von H.G. Wells ist Die Zeitmaschine, im Original The Time Machine und wurde 1895 veröffentlicht. Hier sind die Zukunftsvisionen des Autors noch beeindruckender, denn er sagt eine wenig erfreuliche Zukunft vorher. Der Protagonist der Geschichte reist mit der ihm gebauten Zeitmaschine aus dem Ende des 19. Jahrhunderts weit in die Zukunft, in das Jahr 802.701. Die Menschheit hat sich da in zwei Lager gespalten. Die eine Gruppe heißt Eloi. Sie leben über der Erde und sind friedlich, aber naiv und ernähren sich nur von Früchten. Die andere Gruppe heißt Morlocks. Sie sind lichtscheu, leben in dunklen Höhlen und halten sich die Eloi als Nutzvieh, um sie zu verspeisen. Der Protagonist reist weitere 30 Millionen Jahre in die Zukunft. Dort gibt es keine Menschen mehr, sondern nur noch krabbenartige bzw. ballförmige Lebewesen.

 

Das Buch wurde mehrfach verfilmt, unter anderem 1960 und 2002 (vom Urenkel des Autors). Besonders werkgetreu ist keine der Verfilmungen. Die Anklage von Wells gegen die gesellschaftlichen Unterschiede wurde jeweils außer Acht gelassen. Er war überzeugter Sozialist und hätte in den USA. sicherlich in den späten 1940er Jahren große Probleme bekommen, wenn er Amerikaner und nicht Brite wäre und dann noch gelebt hätte.

 

Sein drittes Buch, das hier erwähnt werden soll, ist The Shape of Things to Come, auf Deutsch Was kommen wird. Es erschien im Jahre 1933. Darin sagt Wells präzise den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs voraus, wobei dieser in seinem Buch allerdings erst in den 60er Jahren endet. Wells erwähnte auch den korrekten Grund für die Ursache des Krieges, nämlich den polnischen Korridor und die Danziger Bucht. Außerdem prophezeite Wells das Abfeuern von Raketen von U-Booten.

 

Das Buch ist in Form einer fiktionalen Rückblende aus dem Jahr 2106 geschrieben. Detailliert wird die Zukunft mit den Bauten und den technischen Errungenschaften dargestellt und es verblüfft, was Wells alles vorhergesagt hat, z. B. große Flachbildfernseher. Das Buch wurde bereits 1936 verfilmt, also nur drei Jahre nach Veröffentlichung des Buches. Der Film hält sich sehr an die Buchvorlage, ganz im Gegensatz zur zweiten Verfilmung von 1979.

 

Natürlich hat Wells nicht nur diese drei Bücher geschrieben, die ich hier aufgeführt habe. Er hat mehrere Dutzend Romane und Sachbücher herausgegeben, insgesamt sind es circa 70 Werke. Man kann ihn also mit Fug und Recht als sehr produktiven Autor beschreiben. Lediglich in der kurzen Zeit, als er krank war, konnte er zu seinem Bedauern nicht schreiben. Das war 1893. Von der schweren Lungenkrankheit erholte er sich gut, konnte aber fortan nur noch eine sitzende Tätigkeit ausüben, für einen Autor ist das kein Problem.

 

Wells war, wie bereits erwähnt, überzeugter Sozialist. Er besuchte 1920 die Sowjetunion. Weitere Reisen unternahm Wells in den 20er Jahren, auch aus gesundheitlichen Gründen. Später distanzierte er sich aber von der Sowjetpolitik, insbesondere nachdem Stalin an die Macht gekommen war. Über die weitere Entwicklung dort und in den anderen Ostblockstaaten in den 50er Jahren wäre er noch weniger erbaut gewesen, wenn er das erlebt hätte, vor allem, was die Aufstände in Polen, der Tschechoslowakei und der DDR angeht.

 

Bei aller Verehrung für diesen großartigen Autor darf nicht unerwähnt bleiben, dass er auch rassistische Äußerungen hinterließ. So schrieb er: „Jene Schwärme von schwarzen, braunen sowie von gelben Völkern müssten weichen, weil sie den Erfordernissen der Effizienz nicht entsprechen, denn schließlich ist die Welt keine karitative Institution. Wenn die Minderwertigkeit einer Rasse demonstriert werden kann, dann gibt es nur eines zu tun – und dies ist, sie auszurotten.“ Das ist zwar seiner Zeit geschuldet, weil damals viele so dachten, nicht nur in Nazideutschland. Es wird somit aber auch klar, warum in Die Zeitmaschine die Eloi blond und nordisch und die Morlocks dunkelhäutig beschrieben werden. Wells hat sich meines Wissens zeitlebens nie von diesen Äußerungen distanziert.

 

Zum Schluss noch ein weiteres Zitat von ihm: „Moralische Entrüstung ist Eifersucht mit einem Heiligenschein.“ Quelle: The Wife of Sir Isaac Harman (1914), in: The works of H.G. Wells, Band 16.

 

Dem ist nichts hinzufügen.




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Tag der Veröffentlichung: 31.12.2020

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