Cover

Einfach lecker

 

 

Edwin werkelte am Maifeiertag in der Küche. Vor ihm lag das Kochbuch „Kochen, leicht gemacht“, das ihn Walter zu Weihnachten geschenkt hatte. Darüber war Edwin zunächst ziemlich sauer, weil sein Freund augenscheinlich seine Kochkünste anzweifelte. Doch dann hatte Edwin in dem Buch herumgeblättert und einige leckere Rezepte entdeckt. Einige hatte er schon ausprobiert. Heute sollte es Heilbutt in Dill-Senfsauce geben. Dazu hatte er Petersilienkartoffeln und Spinat als Beilage vorgesehen.

 

Um 12 Uhr sollte Walter kommen. Hexe Sabira war natürlich auch eingeladen. Da sie aber in der Nacht zuvor mit ihren Mithexen auf dem Blocksberg, also dem Brocken, ausgiebig gefeiert hatte, hatte Sabira gleich gesagt, dass sie wahrscheinlich später kommen würde. Edwin war sich sicher, dass er diesmal ihre Hilfe nicht benötigen würde.

 

Die Zubereitung des Fisches verlief zuerst unproblematisch, Edwin hielt sich genau an dem Rezept aus dem Kochbuch. Für die Sauce wurden demnach 40 g Butter, 30 g Mehl, 250 ml Gemüsebrühe, 5 El Weißwein, 200 g Schlagsahne, 1 El grober Senf, 1 Bund Dill, Salz, Pfeffer und Zucker benötigt. Es mussten also spanischer Wein und Senf sein. Das fand Edwin seltsam, ihn ärgerte auch, dass hier die genauen Mengengaben fehlten. Außerdem sollten es 500 g weißer Heilbutt, ein Lorbeerblatt, eine Zwiebel und eine unbehandelte Zitrone in Scheiben sein. Als Edwin im Supermarkt wissen wollte, ob die Zitronen vorher eine Therapie gemacht hatten, hatte man ihn nur ausgelacht. Daraufhin verzichtete er auf die Zitrone. So wichtig war das sicherlich nicht. Für die Kartoffeln brauchte Edwin keine Anleitung. Spätestens seit der Gulasch-Zubereitung kannte er sich damit bestens aus.

 

Nachdem Edwin die fünf Weinflaschen in die Sauce geschüttet hatte, war diese reichlich dünn. Das besserte sich etwas, als das volle Senfglas darin entleert hatte. Allmählich kamen ihm Zweifel, dass er alles richtig gemacht hätte. „Den Fisch in zwei Stücke schneiden, 0,5 l Wasser mit Salz, Lorbeer, einer halbierten Zwiebel mit Schale und zwei Zitronenscheiben aufkochen lassen“ hieß es in dem Rezept. Das tat Edwin, aber ohne die Zitrone. Danach sollte der Fisch in die Sauce hineingegeben werden und bei milder Hitze zehn Minuten gelassen werden. Milder Hitze! Was war das nun wieder? In der Küche waren es 23°, vorm Herd war es natürlich wärmer. Ob das noch mild war? Edwin entschied, dass das so sei. Unterdessen waren die Kartoffeln fertig und konnten von der Platte genommen werden.

 

Der Fisch schwamm munter in der riesigen Saucenmenge und wurde nicht gar. Das war schon eigenartig. Während sich Edwin sich noch darüber ärgerte, klingelte es an der Tür. Es war Walter. Als dieser das Malheur in der Küche sah, brach er erst einmal in schallendes Gelächter aus. Dann sagte er: „Das sieht etwas merkwürdig aus, mein Freund. Was hast du Töffel denn da wieder angestellt?“ Edwin antwortete recht pikiert: „Ich habe mich genau an das Rezept gehalten, Walter. Nur mit den Mengengaben war das etwas schwierig.“ Er reichte ihm das Kochbuch, wo die Seite immer noch aufgeschlagen war. Walter sah sich das an und erklärte dann: „Nun, ich glaube, ich weiß, woran es liegt. Was heißt denn deiner Meinung nach El?“

„Das hat mich auch etwas stutzig gemacht. Aber wir beide doch schon einmal in Spanien. Also dachte ich, dass spanischer Wein und Senf benötigt wird.“

 

Walter musste kurz überlegen, wie er es seinem Freund beibringen sollte. Dann sprach er: „Du Experte! El heißt Esslöffel. Du musstest also fünf Esslöffel Wein hinzufügen und nicht fünf Flaschen. Das gleiche gilt für den Senf. Ich glaube, dein Heilbutt ist jetzt ein Kaputtbutt. Da ist nichts zu mehr retten!“

„Kann man das nicht mit den Kartoffeln retten? Beim Gulasch hatte das doch auch geklappt.“ „Nein, das wird nichts mehr. Da kann nur noch Sabira helfen. Wann wollte die denn kommen?“

„Sie hat gesagt, dass es später werden würde. Sie hat gestern ausgiebig gefeiert.“

 

In diesem Moment war auf dem Balkon ein Poltern zu hören. Edwin und Walter sahen sofort nach. Es war tatsächlich die Hexe. Neben ihr lag der Staubsauger mit Turbolader, den sie von den beiden Freunden zu Weihnachten bekommen hatte. Leicht benommen rappelte sich Sabira hoch und sagte: „Tut mir leid, Jungs, aber ich bin noch nicht so ganz fit. Es war doch etwas viel gestern. Aber jetzt bin ich da. Der Staubsauger ist übrigens klasse, da kann mein alter Zauberbesen nicht mithalten!“

 

Edwin half Sabira hoch und erklärte dann: „Du kommst genau richtig, Sabira. Das Essen ist noch nicht fertig. Ich habe da mal wieder ein Problem!“ Alle gingen in die Küche und die Hexe sah sich das Unglück an. Nachdem Edwin ihr erklärt hatte, was passiert war, murmelte Sabira einen Zauberspruch. Unmittelbar danach war der Wein fast vollständig wieder in den Flaschen, die größtenteils sogar wieder verkorkt waren. Und auch das Senfglas war wieder aufgefüllt. Doch leider hatte die Zauberei auch Auswirkungen auf den Fisch. Dieser schwamm nämlich quicklebendig im Topf herum und schnappte nach Luft.

 

„Oh je, das ist wohl schiefgegangen. Ich bin doch etwas übermüdet. Das wollte ich nicht“, sagte Sabira. Gleich danach sprach sie einen weiteren Zauberspruch und alles war so, wie es sein sollte. Der Fisch hatte sich wieder in Filets verwandelt und die Sauce hatte die richtige Konsistenz. Es duftete wunderbar. Auch die Kartoffeln und der Spinat waren fertig. Es konnte gespeist werden.

 

„Das ist einfach lecker. Aber der Wein schmeckt nach Fisch“, stellte Walter fest. Edwin schaute grimmig, das war aber gespielt. Dann konterte er: „Walter. Wenn du noch länger meckerst, verwandelt dich Sabira in eine Ziege!“ Die Hexe wollte schon mit einem Zauber ansetzen, doch Edwin rief: „Halt, halt. Das war nur ein Spaß!“

 

So wurde es mal wieder ein wundervolles Essen und ein angenehmer Tag für die drei.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

Bildmaterialien: www.essen-und-trinken.de
Tag der Veröffentlichung: 18.06.2020

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /