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Herr Plümecke zieht Bilanz

 

Oskar Plümecke war zu der Talkshow bereit. Vor knapp einem Jahr, am 26.05.2019 war er als Mitglied der PDDS ins Europa-Parlament gewählt worden. Seitdem war viel geschehen. Oskar erlebte den Auszug der Briten, nachdem diese Sache mit den Brekkies endlich geklärt war. Seine britischen Freunde Bryan, Charles und Steward vermisste Oskar sehr. Er hatte zwar die Möglichkeit mit den ehemaligen Parlamentskollegen über seinen Laptop zu sprechen und sie sogar zu sehen, aber das funktionierte nicht. Da sollte ein Skippy installiert sein, doch Oskar hatte auf dem PC kein Buschkänguru entdecken können. Daher war Oskar traurig.

 

Für die Vorbereitung zu der Talkshow hatte Oskar mit seinem guten Freund Hubert Hundertmark telefoniert. Dieser hatte Erfahrung, da er nach den Wahlen in Sachsen und in Brandenburg interviewt worden war. Allerdings hatte Hubert erzählt, dass er dabei relativ wenig zu Wort kam. Hubert erinnerte Oskar noch daran, dass er unbedingt bei dem Interview dieses grundlose Bedieneinkommen erwähnen sollte. Die PDDS hatte eine klare Meinung dazu, welche auf jeden Fall dargelegt werden sollte.

 

Außerdem telefoniert Oskar mit seinem Nachbarn Fridolin Fröhlich, der vor Kurzem die Bürgerbewegung „Friesen, Friesinnen, Ammerländer und Ammerländerinnen gegen die Oldenburgisierung des Ammerlands und Frieslands“ (FRIGODA) gegründet hatte. Fridolin gab Oskar einige Tipps, wie man mit der Presse umgehen musste, denn diese hatte sich über Fridolins Bürgerbewegung lustig gemacht. Doch Fridolin hatte gut gekontert, dafür bewunderte ihn Oskar.

 

Oskar befürchtete, dass er wieder auf seinen Fehler bei der Wahl zur Präsidentin der Europäischen Kommission, angesprochen werden würde, wo Oskar den Wahlzettel ordnungsgemäß unterschrieben hatte, wie er meinte. Jede Menge Spott hatte ihm das eingebracht. Das wollte Oskar diesmal auf jeden Fall vermeiden.

 

Mit einem leicht unbehaglichen Gefühl betrat er das Fernsehstudio. Die Sendung stand unter dem Motto „Die Kleinen ziehen Bilanz“. Das bezog sich nicht auf die Körpergröße der Teilnehmer, sondern darauf, dass nur Vertreter von Parteien eingeladen waren, die bei der Europawahl unter zehn Prozent Stimmen bekommen hatten.

 

Die beiden Moderatoren eröffneten die Sendung. Der eine war noch recht jung und blond, der andere etwas älter und brünett. Zunächst wurden alle Gäste vorgestellt, Oskar kam als letzter dran. Danach begann die Diskussion. Zunächst ging es darum, inwieweit sich die kleinen Parteien einbringen konnten, sofern sie keiner Fraktion angehörten. Oskar hielt sich zurück. Als die Frage aufkam, was den Anwesenden wichtig sei und was die Ziele seien, war Oskar mehr oder weniger gezwungen, etwas zu sagen. Er brachte das grundlose Bedieneinkommen zur Sprache, was zunächst für fragende Blicke und dann für Heiterkeit sorgte.

 

Der blonde Moderator hakte nach: „Herr Plümecke, kann es sein, dass Sie da eine Kleinigkeit verwechseln? Was sagt dann Ihre Partei dazu?“ Oskar war irritiert und antwortete dann: „Meine Partei ist absolut gegen diese Regelung. Und was soll ich verwechselt haben? Das verstehe ich nicht.“ Die anderen Gäste amüsierten sich und warfen sich vielsagende Blicke zu.

 

Hubert Hundertmark, der die Sendung bei sich zu Hause im Fernsehen verfolgte, war entsetzt. Er schlug die Hände über den Kopf zusammen. Oskar hatte alles vermasselt, das war desaströs und half der PDDS bestimmt nicht weiter. Er fürchtete, dass das noch schlimmer werden würde. So kam es auch.

 

Das nächste Thema in der Talkshow war das Verhältnis zu anderen Abgeordneten, speziell aus anderen Ländern. Oskar ergriff sogleich das Wort: „Ich bedaure es sehr, dass meine britischen Freunde nicht mehr dabei sind, wegen diesen Brekkies.“ Das brachte ihm erneut einen Lacherfolg ein, von allen Teilnehmern.

 

Der brünette Moderator wollte anschließend wissen, wie sich Oskar mit den Briten unterhalten hätte, denn es sei bekannt, dass Oskars Englischkenntnisse nicht die besten seien. Oskar widersprach vehement: „Es ist zwar so, dass ich früher kein Englisch verstand. Als ich in New York war hatte ich noch große Probleme damit. Aber mein Nachbar Fridolin hat mir dabei geholfen, dass sich das erheblich verbessert hat.“

 

Der Blick des Moderators ließ keinen Zweifel, dass dieser ihm nicht glaubte. Er hakte nach: „Dann geben Sie uns doch mal eine Kostprobe Ihres Könnens, Herr Plümecke. Wir sind gespannt.“ Oskar nickte. Er war froh, dass er die Rede eingesteckt hatte, die er seinerzeit geschrieben hatte, um beim Staatsempfang des amerikanischen Präsidenten, wenn er einst Bundesaußenminister sein würde. Allein schon diese Äußerung seiner Absicht brachte ihm wieder Lacher ein.

 

Dann begann Oskar: „My dear friend, i know, you are heavy on wire. I think, my pig pipes, when you have not a good appetite today. I am safety, you have no tomatoes on your eyes and you feel you here like in Abrahams lap.“ Weiter kam Oskar nicht. Alle anderen brachen in schallendes Gelächter aus. Oskar war tief beleidigt und verließ wütend das Studio. Eigentlich wollte er noch seinen spanischen Kollegen Pedro grüßen, der ihn immer Fotos verkaufen wollte. Jedes Mal hatte dieser „Buenos Dias“ gesagt, wenn sie sich im Europa-Parlament trafen. Das anschließende Telefonat mit Hubert verlief auch nicht erfreulich, denn dieser war über Oskars Auftritt alles andere als begeistert.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Bildmaterialien: www.muenchenarchitektur.com
Tag der Veröffentlichung: 20.05.2020

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