Ich habe schon als Kind Tiere geliebt, insbesondere solche, die man streicheln konnte. Wie wunderbar weich fühlt sich doch das Fell einer Katze an! Wie bereits in anderen Erzählungen von mir erwähnt, durfte ich jedoch keine haben, da meine Mutter das nicht wollte. Immerhin gab es mehrere Goldhamster für mich.
Im Jahre 1974 gab es dann eine großartige Nachricht für mich und auch für viele andere Kinder: Der Zoo Hannover eröffnete seine Streichelwiese. Dort gab es Ziegen, Schafe, Ponys, Esel und kleine Hängebauchschweinchen, die man anfassen und füttern durfte. Das Futter war allerdings vorgeschrieben, mitgebrachte Brötchen oder gar Kekse durften nicht verfüttert werden.
Es gab dafür Automaten, die aussahen wie die für die Kaugummikugeln. Das Futter selbst ähnelte Erdnussflips, von der Form und von der Farbe her, und bestand wohl hauptsächlich aus Getreide. Die Tiere, hauptsächlich die Ziegen, waren ganz verrückt danach. Leider waren diese auch extrem gierig und verfressen, was dazu führte, dass die Ziegen gar nicht abwarteten, bis ihnen ein Kind das Futter reichte, sondern an den Automaten drängten und die Kinder wegschubsten, sobald das leckere Zeug in dem Ausgabeschacht gefallen war. Das führte zu vielen Kindertränen.
Dessen ungeachtet war das Streicheln der Ziegen sehr angenehm und sie hatten auch nichts dagegen. Bei den Schafen war das Fell dagegen nicht ganz so flauschig und die Hängebauchschweinchen fühlten sich auch nicht so angenehm an. Daher waren die Ziegen eindeutig am beliebtesten bei den Kindern trotz ihrer Verfressenheit. Kleine Tiger und Löwen gab es leider nicht auf der Streichelwiese. Das wäre wohl doch etwas zu gefährlich gewesen, obwohl es mir als Katzenfan gefallen hätte.
Ich war zu diesem Zeitpunkt zwölf Jahre alt, machte mir aber schon Gedanken um meine berufliche Zukunft. Auf Schule hatte ich zu dieser Zeit wenig Bock. Ich erkundigte mich bei dem Personal danach, was ein Tierpfleger so verdiente. Das war damals (und wohl auch heutzutage) recht wenig und außerdem mit harter Arbeit verbunden. Daher verwarf ich diesen Gedanken.
In späteren Jahren entschied die Leitung des Zoos, dass „Streichelwiese“ eine viel zu ungenaue und profane Bezeichnung sei und benannte diese mitsamt den Spielplätzen in „Mullewapp“ um, wobei das Angebot um Alpakas und Lamas erweitert wurde. Da wusste ja auch gleich jeder, was damit gemeint war! Seit 2016 heißt eine weitere Streichelwiese „Sambesi Kraal“ und zeigt die afrikanische Tierwelt. In jeweils eigenen Gehege finden sich Pinselohrschweine, Dahomey-Rinder und Zwergrüssel-Dikdiks.
Wie auch immer: Auch heutzutage begeistern sich die Kinder für diese Tiere und zugleich wird ihnen die Angst davor genommen. Das Problem mit dem Futter hat man übrigens gelöst, indem es nunmehr in Tüten an den Kiosken verkauft wird, außer der Reichweite der Ziegen. Die Idee mit der Streichelwiese wurde unterdessen von vielen anderen Zoos übernommen.
Der Zoo Hannover bietet mittlerweile noch viele andere Attraktionen und hat sich zu einem richtigen Erlebnispark entwickelt, wobei der Eintrittspreis allerdings enorm gestiegen ist. Wegen der Corona-Krise ist er – wie die meisten Zoos und Tierparks – zur Zeit geschlossen, bald schon wird er wieder öffnen. Ein Besuch lohnt sich wirklich, für Kinder und für Erwachsene.
Tag der Veröffentlichung: 01.05.2020
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