Hubert Hundertmarks Cousine Hermine saß schweigend mit ihrer Kollegin Roswitha am Frühstückstisch. Nach fünf Minuten brach Roswitha das Schweigen: „Entschuldige, Hermine, dass ich das sage. Aber du hast eine furchtbare Knoblauch-Fahne. Das ist kaum zum Aushalten!“
„Tut mir leid, Roswitha. Ich war doch gestern mit Herrn Baumann beim Griechen. Ich hätte wohl doch nicht soviel Suzuki essen sollen.“
„Hermine, ich bezweifle, dass du da ein japanisches Auto gegessen hast. Du meinst Zaziki!“
„Wie du meinst, Roswitha. Es war auf jeden Fall sehr lecker.“
Roswitha war neugierig geworden und hakte nach: „Hermine, wie hieß denn das Lokal?“
„Das hat ganz neu aufgemacht. Herr Baumann hat das empfohlen. Irgendetwas mit Aristo. Ach, ja: Aristocats!“
„Könnte es sein, dass es Aristoteles hieß, Hermine? Das würde besser passen.“
„Kann auch sein, Roswitha. Du hat ja meistens Recht! Das sagt Thomas auch immer!“
„Wer ist dann jetzt Thomas?“
„Ich meinte Herrn Baumann. Na, gut, jetzt kann ich es sagen: Wir duzen uns seit gestern.“
Roswitha konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen und sagte: „Das freut mich, ganz ehrlich Hermine.“
„Danke sehr, Roswitha. Thomas ist aber auch ein ganz netter. Sein Bruder Karl-Heinz aber auch. Komisch fand ich nur, dass sich der Kellner nach dem Kalli erkundigt hat, als wir gehen wollten.“
„Wie kommst du darauf, Hermine?“
„Nun, der Kellner wollte wissen, warum Kalli nicht mitgekommen ist. Seltsam, dass der den kannte.“
„Was hat er denn gesagt, Hermine?“
„Er hat gefragt: Kalli, nicht da?“
Roswitha lachte herzhaft. Dann erklärte sie: „Hermine, das was der Kellner da gesagt hat, war griechisch und heißt ganz einfach: Gute Nacht!“
„Na, gut, Roswitha. Dann ist das halt so. Ich hatte mich schon gewundert.“
„Wie auch immer, Hermine. Das wird ja richtig intensiv mit dir und Herrn Baumann. Was unternehmt Ihr als nächstes?“
„Das ist im Moment schwierig wegen diesem Verona-Virus. Ich habe erst gestern in der Zeitung eine Stellungnahme des Roland-Koch-Institutes gelesen. Da stand genau, was man im Moment alles vermeiden sollte!“
„Hermine, zum einen ist es das Corona-Virus. Verona hat damit nichts zu tun. Und das Institut ist nach Robert Koch benannt, nicht Roland Koch. Den gibt es auch, aber das ist ein Politiker aus Hessen. Der hat damit nichts zu tun. Aber zu meiner Frage: was unternehmt Ihr? Ihr könnt doch ins Kino gehen. Die haben im Moment ja noch auf.“
„Das haben wir uns auch schon überlegt. Da kann man sich wohl nicht anstecken, selbst wenn einer von den Schauspielern das hat, wie jetzt dieser Tom Cruise.“
„Hermine. Du machst mich noch wahnsinnig. Nicht Tom Cruise hat das Virus, sondern Tom Hanks. Das ist der, der Rainman gespielt hat. Tom Cruise ist der, von dem du damals vermutet hast, dass der pleite ist. Und selbstverständlich kann man sich nicht von Filmschauspielern anstecken. Das ist doch wohl logisch.“
Hermine seufzte und warf einen Blick in die Zeitung, um das Kinoprogramm zu studieren. Dann sagte sie zu Roswitha: „Seltsam. Da steht gar nichts. Dabei ist doch heute Donnerstag, da müsste doch das neue Programm abgedruckt sein. Ich schaue mal im Internet!“ Sie ging zu ihrem Computer und tippte etwas ein. „Eigenartig, eigenartig. Da läuft in jedem Kino der gleiche Film mit einem ganz merkwürdigen Titel“, stellte Hermine fest.
„Wie heißt dann der Film, Hermine?“
„Der heißt: Für diesen Tag liegen uns keine Spielzeiten vor. Wer kommt auf so einen doofen Titel?“
„Hermine, das ist kein Filmtitel. Das ist ein Hinweis, dass das Kino geschlossen ist. Du hast doch vorhin selbst gesagt, dass das zur Zeit alles schwierig ist, wegen dem Virus!“
„Ich glaube, du hast mal wieder Recht, Roswitha. Die Lokale und Bars dürften dann auch zu haben. Dann treffen wir uns eben bei mir. Da kann ja wohl nichts schief gehen. Ich werde kochen. Was könnte ich wohl machen? Thomas isst gerne Chili con cane, hat er mal erzählt.“
„Hermine, du meinst Chili con carne. Das, was du gerade gesagt hast, ist italienisch und heißt Hund. Das wirst du wohl kaum servieren wollen!“
„Nein, natürlich nicht, wo Thomas doch so ein Hundefan ist. Er mag ganz besonders diese große, zotteligen. Die gibt es in verschiedenen Farben. Wie heißen die noch gleich? Ach, ja, richtig: Neunpfundländer!“
Cover: www.grieche-hannover.de
Tag der Veröffentlichung: 22.03.2020
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