Cover

Der vierte Planet

 

 

 

Gespannt schaute die Weltöffentlichkeit der offiziellen Bekanntmachung der NASA zu. Man hatte etwas entdeckt. Der Sprecher der NASA erklärte: „Der vierte Planet unseres Sonnensystems, den wir Mars nennen, war nicht immer tot. Vor Jahrmillionen, als es noch keine Menschen auf der Erde gab, lebten dort offenbar intelligente Wesen, die vermutlich kulturell und wissenschaftlich hoch entwickelt waren. Dieser Planet hatte zwar damals ein wüstenähnliches Klima, aber es gab dort seinerzeit auch einige Flüsse und Meere. Das wissen wir seit langem. Vermutet wurde die Existenz einfacher Organismen. Doch jetzt haben wir, als unsere Geräte gerade mit der Vorbereitung zur Besiedlung beginnen wollten, etwas gefunden, dass uns davon abhalten wird. Aber schauen Sie selbst.“

 

Ein Film wurde eingespielt. Man sah die Oberfläche des Mars und mehrere Bagger. Diese hatten ein tiefes Loch gegraben. In der Mitte ragte etwas Spitzes hervor, ähnlich einer Antenne, die auf unseren Hochhäusern angebracht ist. Es war eindeutig nicht natürlichen Ursprungs.

 

Der Sprecher fuhr fort: „Erste Untersuchungen ergaben, dass es sich um eine uns unbekannte Legierung handelt. Das Material ist sehr solide und extrem widerstandsfähig. Es ist schätzungsweise 50 Millionen Jahre alt. Wir werden die Ausgrabung fortführen und Sie weiter darüber informieren, sobald wir mehr wissen.“

 

Torsten Lembach, ein deutscher Archäologe, hatte die Sendung mit großem Interesse verfolgt. Sein Spezialgebiet war die Erforschung untergegangener Zivilisationen. Er hatte sich außerdem bereits einen Namen in der Entzifferung diverser vorher unbekannter altertümlichen Schriften gemacht, aber das hier sprengte alles, was er bisher getan hatte. Hier ging es um Wesen und um eine Kultur, die mit den Menschen auf der Erde niemals in Berührung gekommen waren.

 

Fünf Jahre später. Der schlanke, kegelförmige Turm war unterdessen vollständig ausgegraben. Er war gut fünfzig Meter hoch, hatte einen Umfang von vier Metern und hatte keinerlei Zugänge. Daher war davon auszugehen, dass er weder zu Wohnzwecken diente, noch ein Grabmal war. Man hatte versucht, Proben von dem Material, aus dem er gebaut war, zu nehmen. Das erwies sich jedoch als unmöglich mit den vorhandenen Werkzeugen der Roboter. Daher wurde beschlossen, ein Team von fünf Wissenschaftlern zum Mars zu schicken, um das Gebäude zu erforschen. Weitere Bauten fanden sich im weiten Umfeld der Fundstätte nicht.

 

Torsten war einer der fünf, die die Ehre hatten, diese Aufgabe zu erfüllen. Er und die anderen musste sich einem harten Training hinterziehen. Es war nicht leicht, aber sie schafften es. Die Mission stand unter der Führung der NASA. Die ESA, die Russen, die Inder und die Chinesen stellten auch jeweils einen Teilnehmer und gaben dafür erhebliche Geldmittel. Es war eine Aufgabe der gesamten Menschheit.

 

Seit vielen Jahrzehnten war keine so große Rakete gebaut worden, sie war fast so groß wie die von damals in den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Man hatte sie „Neptun“ genannt, analog zu den damaligen „Saturn“-Raketen der Apollo-Mission. Die Steuerung erfolgte von der Zentrale in Houston, die fünf Astronauten hatten bis zur Landung auf dem Mars nur Kontrollaufgaben.

 

Am 23. April 2028 erfolgte der Start. Außer Torsten waren Nancy Newman eine US-amerikanische Physikerin, Feng Long, ein chinesischer Astronom, Stanislaw Kutusoff, ein russischer Exobiologe und Shayan Singh, ein indischer Chemiker dabei. Jeder man ihnen war eine Koryphäe auf seinem Gebiet und hatte zahlreiche Auszeichnungen vorzuweisen, der Inder hatte einen Nobelpreis gewonnen und kannte sich mit Metalllegierungen sehr gut aus. Er hatte die Außenhaut der Rakete entwickelt, welche die gefährliche Strahlung des Weltalls sehr gut abschirmte.

 

Die Reise sollte knapp drei Monate dauern. Viel zu tun war nicht während des Fluges. So blieb genügend Zeit dafür, sich kennen zu lernen. Die Gefahr, dass man sich auf dem engen Raum auf die Nerven ging, war dennoch groß. Ganz vermeiden ließen sich Anspannungen daher nicht.

 

Dann, am 19. Juli 2028, erreichte die Kapsel die Umlaufbahn des Mars. Alle fünf sahen gebannt durch das Fenster auf den roten Planeten. Feng bemerkte: „Früher meinte man, dass die rote Farbe auf Eisenoxyd, also Rost, zurückzuführen ist. Seit geraumer Zeit bestehen aber Zweifel daran.“ Shayan bestätigte das: „Vieles was man früher vom Mars zu wissen glaubte, ist mittlerweile überholt. Wie auch immer: Es wird ein großes Abenteuer!“ Torsten warf ein: „Bestimmt. Es ist ja auch gar nicht sicher, dass dieses Gebäude tatsächlich von Marsianern stammt, oder nicht doch von einer Zivilisation jenseits unseres Sonnensystems, denn es steht ja einsam und alleine da.“

 

Die Landung verlief ohne Komplikationen und erfolgte gut fünfhundert Meter von der Fundstätte entfernt. Man baute neben der Kapsel eine Basisstation auf, in der auch Trinkwasser gewonnen wurde. Innerhalb dieser Station konnte man sich ohne Raumanzug bewegen und auch seinen Toilettengang erledigen. Nachdem der Aufbau erledigt war, begaben sich alle Astronauten außer Feng zu der Ausgrabungsstätte. Feng hatte die Aufgabe, im Notfall die Zentrale in Houston zu kontaktieren und schlimmstenfalls alleine zurückzufliegen.

 

Majestätisch erhob sich der Turm aus dem staubigen Untergrund. Die Oberfläche war spiegelglatt und wies nicht die kleinste Unebenheit aus. „Ein Meisterwerk der Technik“, stellte Nancy beeindruckt fest. Vorsichtig näherten sich die vier dem Bauwerk. Niemand wusste, was sie erwartete.

 

Jetzt standen sie vor dem außerirdischen Gebäude. Der Russe fand als Erster den Mut, den Turm zu berühren. Plötzlich ertönte ein schrilles Pfeifen, welches selbst durch die dünne Mars-Atmosphäre übertragen wurde. Der Turm änderte seine Farbe und wurde goldfarben. Wie aus dem Nichts heraus, ertönte eine Stimme, die ein jeder in seiner Heimatsprache hörte: „Wesen dieses Planeten. Eine lange Zeit ist vergangen, seitdem wir diesen Turm errichteten. Nun ist die Zeit gekommen, dass ihr ihn entdeckt habt. Wir spüren, dass Ihr nun intelligent genug seid, um unsere Botschaft zu vernehmen. Wir kommen von einem weit entferntem Sonnensystem innerhalb dieser Galaxis. Da wir nicht wussten, auf welchem der drei Planeten, die nahe genug aber auch nicht zu weit von Eurer Sonne entfernt sind, sich Wesen entwickeln, die mit uns kommunizieren könnten, haben wir drei dieser Türme erbaut, auf jedem Planeten einen. Erst, wenn Ihr alle drei gefunden habt, werden wir Euch offenbaren, woher genau wir kommen. Darum sucht nach den anderen Türmen, um dieses zu erfahren.“

 

Das Geheimnis des Turms war also gelüftet. Nun galt es, die anderen beiden Türme zu finden. Auf der Erde dürfte dieses sicherlich irgendwann gelingen, auch wenn es wahrscheinlich noch lange dauern würde. Auf der Venus hingegen, dem zweitem Planeten, war dieses so gut wie unmöglich, dann auf ihr herrschten heutzutage bekanntlich Höllentemperaturen von über 400 Grad Celsius. Davon konnten die Wesen, die die Türme vor Jahrmillionen Jahren errichteten, nichts erahnen. So wird die Menschheit wohl nie erfahren, woher sie kamen und was sie uns mitteilen wollten.

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

Bildmaterialien: www.dlr.de
Tag der Veröffentlichung: 10.07.2019

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /