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Geburtstag und ein grünes Fahrrad

 

 

 

Nele war glücklich. Sie hatte zu ihrem sechsten Geburtstag ein grünes Fahrrad von ihrem Opa bekommen. Das hatte sie sich sehnlichst gewünscht. Nele konnte zwar noch nicht radfahren, aber das würde ihr der Opa sicherlich schon bald beibringen. Andere Kinder konnte das doch auch. Bei Mia, Neles bester Freundin, ging das ganz prima. Mia konnte sogar freihändig fahren, das hatte Mia Nele erst neulich gezeigt. Fast wäre Mia hingefallen, aber es ging gerade noch einmal gut.

 

Das Fahrrad von Mia war genauso grün, daher wollte Nele unbedingt auch so eines haben, und nicht in rosa, obwohl sie rosa doch sonst so liebte. Aber das grüne Fahrrad von Mia war so wunderschön! Es hatte einen orangenen Lenker mit blauen Griffen und einen gelben Sattel. Ganz unten, wo man treten musste, war es rot. Es war so herrlich kunterbunt!

 

„Da müssen aber noch ein Stützräder dran. Sonst fällst du um“, hatte die Mutti gesagt. Der Opa hatte genickt und versprochen, diese schon am nächsten Tag anzubringen. Denn würde Nele auch im Wald üben können. Nele wollte eigentlich in Opas Garten herumfahren, aber der Opa, der immer alles wusste, hatte ihr erklärt, dass das nicht so gut geht: „Da sind viele Äste und Zweige im Weg und auch ein paar alte Äpfel, die ich vom letzten Jahr nicht aufgesammelt habe.“ Das hatte Nele verstanden.

 

Nele hatte kaum geschlafen, so aufgeregt war sie. Schon um sechs Uhr morgens lief sie in das Schlafzimmer ihrer Eltern und weckte die Mutti. „Nele, es ist noch viel zu früh. Der Opa ist auch noch gar nicht im Garten, leg dich noch einmal hin“, sagte die Mutti verschlafen. Nele gehorchte. Sie ging in ihr Zimmer zurück. Dort kuschelte sie ihren Teddy, den Brummi. „Brummi muss unbedingt mit“, beschloss Nele und schlief tatsächlich noch einmal ein.

 

Kurz vor neun Uhr saß Nele mit der Mutti beim Frühstück. Der Kakao und die Marmeladenbrötchen waren zwar sehr lecker, aber Nele musste immer an das Fahrrad denken. Sie hatte daher kaum Appetit. Die Mutti sah das. Sie streichelte Nele über ihr Haar und sprach: „Nele, wir fahren gleich los. Ich sehe schon, du kannst das gar nicht abwarten!“

 

Die Mutti lud das grüne Fahrrad in ihr Auto und fuhr mit Nele los. Nele zappelte die ganze Zeit mit den Beinen, so aufgeregt war sie. Brummi saß neben Nele. Sie flüsterte ihm zu: „Brummi, heute ist ein ganz großer Tag. Du wirst viel Spaß haben!“ Die Mutti hörte das aber, obwohl Nele so leise gesprochen hatte.

 

Im Garten fiel Nele dem Opa gleich um den Hals. Sie drückte ihn. „Nele, die Stützräder liegen schon bereit, ich bringe sie gleich an. Und dein Brummi muss natürlich auch mit. Der kommt auf den Gepäckträger. Ich muss ihn aber noch festbinden, sonst fällt der Teddy herunter und tut sich ganz doll weh. Das möchtest du doch nicht, oder?“ Rasch schraubte der Großvater die Stützräder an und band den Brummi fest. Aber nicht zu fest, damit es dem Brummi nicht drückte.

 

Danach gingen Nele, die Mutti und der Opa mit dem Fahrrad den kurzen Weg bis zum Stadtwald. Über die alte Holzbrücke, die über den Graben führte, gelangten sie in den Wald. Von da waren es nur noch ein paar Schritte bis zum Radweg, der auf der einer Seite zum Vogelschutzgehölz und auf der anderen Richtung Petri-Kirche führte. „So, Nele, jetzt darfst du auf das Rad“, sagte der Opa und setzte seine Enkelin auf den Sattel. Nele kam mit ihren kurzen Ärmchen gerade so an den Lenker, ohne sich strecken zu müssen.

 

Bevor Nele losfuhr, klingelte sie erst einmal. Diese rosafarbene Klingel war auch zu schön! Außerdem hatte ihr der Opa erklärt, dass man das immer machen musste, damit die Leute wussten, dass da jetzt die kleine Nele mit ihrem grünen Fahrrad kam. „Brummi, es geht los“, sagte los. Sie drehte sich einmal zu ihrem Teddy um. Der saß noch immer sicher angebunden auf dem Gepäckträger.

 

„Wir fahren Richtung Kirche, Nele. Da ist doch ein Kiosk. Zur Belohnung bekommst du dort ein schönes Eis!“, entschied die Mutti. Nele jubelte. Ganz vorsichtig setzte sie ihre Füße auf die Pedale und versuchte, diese zu bewegen. Sie hatte ja schon mal auf Mias Rad geübt, aber es war trotzdem nicht leicht. Dann schaffte sie es und rollte nach vorne. Der Opa hielt sie hinten fest. Das war aber gar nicht nötig, denn so schnell war Nele noch nicht.

 

Plötzlich lief von links ein Eichhörnchen über den Radweg. In Windeseile sauste es auf die andere Seite und lief dort einen alten Baum hoch. Nele blieb stehen und schaute zu. „Nele, erinnerst du dich noch daran, als ich dir im Herbst die Bäume erklärt habe? Was ist das für ein Baum?“, fragte der Opa. Nele überlegte kurz, dann fiel es ihr ein: „Das ist eine Eiche, Opa!“ „Richtig, Nele. Gut aufgepasst. Und nun fahr weiter!“

 

Kaum war Nele weitergefahren, als schon wieder etwas passierte. Diesmal war es eine Krähe, die Mitten auf dem Radweg saß. Nele klingelte und klingelte. Die Krähe krächzte und flog dann davon. „Sehr, gut, Nele. Immer schön klingeln, wenn etwas im Weg ist“, sagte die Mutti und streichelte Nele über ihr Haar. Nur kurz darauf lag ein dicker Ast auf dem Weg. Wieder klingelte Nele. Der Opa hielt hinten das Rad fest und rief: „Der Ast kann dich nicht hören, Nele. Klingeln nützt da nichts. Du musst bremsen oder ausweichen!“

 

Der Radweg und der Wald endeten. Nele stieg ab und ging mit ihrer Mutti und dem Opa langsam in Richtung Kirche. Schon von weitem sah Nele auf der anderen Straßenseite den Kiosk. Am liebsten wäre Nele sofort darauf losgestürmt, denn die Mutti hatte ja das Eis versprochen. Doch sie hatte gelernt, dass es zu gefährlich ist, einfach über die Straße zu laufen. Sie schaute nach links und rechts, ob ein Auto kam, und ging dann herüber. Ja, und beim Kiosk gab es dann ein schönes, leckeres Schokoladeneis für Nele.

 

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Bildmaterialien: www.teddylingua.de
Tag der Veröffentlichung: 19.06.2019

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