Italienisch ist einer der schönsten Sprachen der Welt, finde ich. Selbst Schimpfworte und Beleidigungen klingen auf Italienisch wie pure Poesie! Und die italienische Küche – ein Traum!
Meine erste (sehr kurze) Reise nach Italien erlebte ich 1970. Ich machte mit meinen Eltern Urlaub in Seeboden am Millstätter See in Österreich. Meine Mutter entdeckte dort vor einem Reisebüro ein Plakat für eine Tagesfahrt nach Venedig. „Da wollte ich immer schon einmal hin“, sagte sie und kurz entschlossen buchten wir die Busfahrt.
Dann war es soweit. Wir mussten sehr früh aufstehen und auf unser Frühstück in unserer Pension verzichten. Meine Eltern hatten zuvor ihre Schilling in Lire umgewechselt. Ich staunte, wie viel Geld es dafür gab. „Das ist aber nichts wert“, erklärte mir mein Vater. Selbst ein 1.000 - Lire - Schein war nur Kleingeld. Die Busfahrt empfand ich als unangenehm. Über kurvige Landstraßen ging es der Grenze zu Italien entgegen. Nach dem Grenzübertritt bemerkte ich, dass die Bebauung zunehmend armseliger wurde.
Nach einiger Zeit hatten wir einen großen Busparkplatz erreicht, von dem uns unser Reiseleiter zu dem Motorschiff führte, das uns daraufhin nach Venedig brachte. Uns wurden verschiedene Sehenswürdigkeiten gezeigt, unter anderem der Markusplatz. Natürlich wollten wir unbedingt eine Gondelfahrt machen. Diesbezüglich hatte der Reiseleiter schon im Bus eine Liste herumgehen lassen, wo sich fast alle eintrugen. Den Preis dafür verschwieg er jedoch wohlweislich. „Das ist aber ganz schön teuer“, stellte Mutti fest, als es ans Bezahlen ging. Heutzutage wird das sicherlich ein Vielfaches des damaligen Preises kosten. Als wir uns zum Einsteigen in die Gondeln versammelten, fragte der Reiseleiter: „Wo war der Herr mit der Prothese?“. „Hier, mein Papa“, rief ich. Das führte für mich unverständlicherweise zu einem Lacherfolg. Ich ahnte ja nicht, dass damit keineswegs die vorhandenen Dritten Zähne, sondern eine Beinprothese gemeint war.
Den nächsten Lacherfolg hatte ich, als ich auf der Gondel (zu Recht) bemerkte: „Boah, das stinkt hier aber!“. Es war aber auch wirklich extrem unangenehm. Noch heutzutage verbinde ich diesen Gestank mit Venedig. Hinzu kam, dass überall Müll auf dem Wasser herum schwamm. Bestimmt gab es auch haufenweise Ratten, aber davon sahen wir nichts.
Nach der Gondelfahrt mit einem sehr stummen Gondoliere war es Mittag. Wir wurden hungrig und in ein recht vornehmes Restaurant gekarrt. Zumindest sind mir die weißen Tischdecken noch gut in Erinnerung. „Warum nicht haben vorbestellt?“, fragte der Kellner unseren Reiseleiter, als wir mit fast dreißig Leuten in das Lokal strömten. Missmutig wurden mehrere Tische zusammengestellt und wir in die hinterste Ecke des Restaurants verfrachtet. Noch viel ungehaltener wurde der Ober, als fast alle nur Spaghetti bestellten. Das war so ziemlich das Einzige, was wir seinerzeit außer Pizza als italienische Speisen kannten. Spaghetti ist für Italiener nun aber einmal nur eine Vorspeise. Woher sollte man das auch wissen! Wie bei Mutti bzw. von Mirácoli schmeckten die Nudeln allerdings nicht.
Am späteren Nachmittag erfolgte die Rückfahrt. Mein Vater hatte unterdessen eine nette Bekanntschaft mit einer blonden, jüngeren Mitreisenden gemacht. Beide plauderten intensiv miteinander, sehr zum Missvergnügen meiner Mutter. Sie rauchten auch noch fast ununterbrochen, was damals in Bussen selbstverständlich erlaubt war. Mir wurde davon schlecht und ich übergab mich. Zum Glück hatte meine Mutter eine Plastiktüte, in der eigentlich die Andenken waren. Diese wurden vor dem Entledigungsvorgang natürlich entnommen.
Insgesamt war diese Reise nach Italien also eher unerfreulich für uns, jedenfalls für meine Mutter und für mich. Dessen ungeachtet lernte ich im Laufe der Jahre, die italienische Küche immer mehr zu schätzen, und habe dank Spliff auch erfahren, dass man Spaghetti nicht nur mit Tomatensoße oder „Bolognese“, sondern auch „alla carbonara“ essen kann.
1985 kam es zu meiner zweiten Reise auf die Halbinsel in Stiefelform. Ich hatte in den Jahren davor schon einige sogenannte „Städtetouren“ mit der Bundesbahn gemacht, und zwar nach Hamburg, München, Kiel und Regensburg. Außer der Bahnfahrt konnte man auch gleich ein Hotel an dem Zielort buchen. Rom hieß mein Ziel in diesem Jahr. Das stellte ich mir spannend vor.
Über München fuhr ich mit dem Zug meinem Ziel entgegen. Dort musste ich umsteigen, in ein Gefährt der italienischen Staatsbahn. Der Schaffner sprach dann auch kein Wort Deutsch, aber ich verstand trotzdem, was er wollte, als er die Fahrkarten kontrollierte. Es war eine Nachtfahrt quer durch die Alpen. Rom erreichten wir am frühen Morgen, gegen 8 Uhr. Nun musste ich auf den Weg zum Hotel machen, was gar nicht so einfach war, wenn man die Landessprache nicht beherrscht. Ich wollte mir auch kein Taxi nehmen, denn mein Reisebudget war begrenzt. Es gab ja damals noch keine Geldautomaten und Euroschecks wurden seinerzeit in Italien noch nicht akzeptiert. Überall sonst half das Postsparbuch aus dieser prekären Sache. Nicht so in Italien. Man musste vorher zu Hause spezielle Reiseschecks kaufen, die man denn in einer italienischen Bank eintauschen konnte. Das erschien mir zu umständlich, und so verzichtete ich darauf, was mir später noch fast zum Verhängnis werden sollte.
Irgendwie gelangte ich dann noch in meine Unterkunft. Das Hotel lag relativ zentral und war ein hoher Betonklotz. Nicht gerade schön, aber das war mir egal. Umso schöner waren die Sehenswürdigkeiten, die ich besuchte: die Engelsburg, das Kolosseum, das Pantheon, der Trevi-Brunnen und natürlich der Petersdom mit der Vatikanstadt. Und fast alles kostete Eintritt, und das nicht zu knapp. Bei den Eintrittskarten fiel mir auf, dass die Preise überstempelt waren, zum Teil mehrfach. Die Inflation war deutlich spürbar oder war es die Sparsamkeit für den Druck neuer Karten? Wie auch immer: Das ging ganz schön ins Geld, aber ich wollte doch etwas sehen!
Essen gehen war auch nicht gerade preiswert, aber sehr schmackhaft. Bei einem Besuch in einem Lokal fiel mir bei einem Blick auf die Karte bei den Vorspeisen „Il Salati Verdi“ auf. Ich dachte, dass das etwas ganz Besonderes sein muss, wenn der Salat nach dem berühmten Komponisten benannt ist und bestellte ihn. Als dann nur ein simpler grüner Salat kam, war ich leicht enttäuscht.
Ja, ja, die Sprachprobleme. Ein anderes Mal wollte ich Geld sparen und ging in eine kleine Pizzeria. Nach einer Pizza mit frischen Tomaten stand mir der Sinn. Doch leider verwechselte ich die Vokabeln und bestellte eine Pizza mit Kartoffelscheiben, statt mit Tomaten. Statt „Pomodori“ hatte ich „Patate“ geordert. Patate klingt doch viel ähnlicher nach Tomate als Pomodori! Klaglos verspeiste ich dennoch die Pizza.
Ein Problem hatte ich auch, als mir mitten beim Besuch einer alten Kirche ein Schnürsenkel riss. Was heißt das dann nun auf Italienisch? Keine Ahnung! Und im „Polyglott“ war das Wort nicht erwähnt, offenbar war das nicht wichtig! Nach etlichen Besuchen in einigen kleinen Läden, wo ich stets auf meine Schuhe zeigte, aber nicht das Gewünschte bekam, traf ich auf einen älteren sprachkundigen Herrn, der mir sagte, dass „Laccio“ das Zauberwort war.
Die Reise näherte sich ihrem Ende, mein Geld auch. Mit Mühe und Not konnte ich meine Rechnung im Hotel für die Extras bezahlen und fuhr mit fast leerem Geldbeutel nach Hause. Am Hauptbahnhof suchte ich verzweifelt nach dem richtigen Zug nach München. Wer ahnt denn auch, dass „München“ auf italienisch „Monaco“ heißt!
Die dritte Italien-Reise führte mich nach Sizilien, im Juli des Jahres 2001. Monatelang vorher hatte ich die Reise geplant – und dann brach kurz vor dem Antritt der Reise der Ätna aus! Es war sogar ein recht heftiger Ausbruch des sonst relativ harmlosen Vulkans. Eine Seilbahn und die dazu gehörige Bergstation wurden dabei zerstört. Dennoch flog ich hin, aber nicht aus Sensationslust. Der Ausbruch hatte aber zur Folge, dass der Flieger nicht in Catania, im Osten der Insel, landen konnte, bedingt durch die Vulkanasche. Stattdessen landete das Flugzeug im Westen Siziliens auf einem Militärflughafen. Mit Bussen wurden wir dann zu unserem eigentlichen Ziel (bei mir Taormina) gebracht, das waren einige hundert Kilometer Entfernung! Sizilien ist erstaunlich groß.
Die dortige Bevölkerung legt Wert übrigens darauf, dass sie Sizilianer und keine Italiener sind! Das wurde uns mehrfach auf den Touren, die ich machte, erklärt. Diese Fahrten waren auch stets mit einem typischen sizilianischem Essen verbunden: Spaghetti mit getrockneten Tomaten und Pinienkernen. Das war anfangs sehr lecker, aber nachdem man es das dritte Mal serviert bekam, dann doch etwas langweilig. Einige Mitreisende fingen dann auch zu murren an. Ich hielt mich dezent zurück.
Die moderne Technik war mittlerweile auch in Italien eingezogen, es gab Geldautomaten, insofern hatte ich also keine Probleme, auch wenn es in 2001 noch keinen Euro, sondern immer noch Lire in Italien gab und man umrechnen musste. Auch wenn viele Leute auf dem Euro schimpfen – es ist wirklich ein Vorteil, dass man kein Geld für eine Urlaubsreise in den Euro-Ländern umwechseln muss.
Seit nunmehr achtzehn Jahren war ich nicht mehr in Italien, es wird mal wieder Zeit!
Tag der Veröffentlichung: 29.04.2019
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