Kaum hatte ich mein Konfirmationsgeld zusammen, als ich mir auch schon überlegte, was ich davon kaufen konnte. Zum Einen brauchte ich unbedingt eine Schreibmaschine, natürlich eine mechanische. Die, die ich kaufte, war ein DDR-Fabrikat, was an der Bedienungsanleitung erkennbar war, denn die erste Fremdsprache war Russisch. Sie hat mir aber jahrelang gute Dienste geleistet.
Die zweite Anschaffung war ein Cassettenrecorder. Meine Eltern hatte mir einige Monate zuvor zu Weihnachten eine „Stereoanlage“ geschenkt. Diese bestand aber nur aus einem einfachen Plattenspieler mit eingebautem Radio. Das Wichtigste fehlte: ein Cassettenrecorder! Das war seinerzeit eine coole Sache. Alle meine Freunde hatten schon einen.
Ich war aufgeregt, als ich mir endlich einen kaufte und diesen nach Hause trug. Jetzt konnte ich eigene Musikprogramme zusammenstellen. LPs und Singles hatte ich schon einige, zum Teil von meinen Eltern, und zum anderen von meinem älteren Bruder Achim, der mir einige Scheiben aus den 60ern überließ, unter anderen von den Beatles. Am meisten begeisterte mich aber „Telstar“ von den Tornados. Telstar war der erste amerikanische Satellit. Der Brite Joe Meek schrieb dazu einen Elektro-Pop-Stück, nur instrumental, vermischt mit Geräuschen. Das war damals ein Riesenhit und ist noch heutzutage immer noch der erfolgreichste Song aus diesem Genre.
Mit meinem Cassettenrecorder erstellte ich eigene „Hitparaden“ aus meinen Platten. Meine Freunde und ich bewerteten diese dann. Es gab immer fünf Hits und sechs Neuvorstellungen. Aktuell war das nicht gerade, denn ich hatte ja größtenteils nur sehr alte Schallplatten. Aber es hat einen Riesenspaß gemacht. Unbedingt nötig war dafür ein Mikrofon, weil ich ein Überspielkabel leider nicht an den Plattenspieler anschließen konnte. Zwischendurch erfolgten Ansagen: „Und nun die Nummer eins unserer heutigen Hitparade. Telstar von den Tornados, zum achten Mal dabei!“ Dieter Thomas Heck war dabei mein großes Vorbild. Ärgerlicherweise platzten meine Mutter oder mein Vater öfter in die Aufnahmen herein, so dass diese oft wiederholt werden mussten.
Meine Aufnahmen waren leider nur Mono, was meine Freunde kritisierten. Außerdem gab es – wie bereits erwähnt – keine aktuellen Hits. Seinerzeit waren Schallplatten recht teuer und unterlagen der Preisbindung, wie heutzutage noch Bücher. Ein Single kostete stolze 6 Mark, also 3 Mark pro Stück, wobei die B-Seite meistens zu vernachlässigen war. Für eine LP musste man knapp 20 Mark hinblättern, mein knappes Taschengeld ließ ein Erwerb davon nur selten zu.
Daher kam ich auf die Idee, die Radiosendungen mitzuschneiden. Dort gab es aktuelle Hits! Doch allzu oft, meldete sich das Verkehrsstudio mit Warnhinweisen inmitten des tollsten Musikstückes. Wie oft habe ich darüber geärgert! Nun hatte ich zwar neue Schlager, aber ich wollte diese ja auch in meine Hitparade einfügen. Es musste ein zweiter Recorder her, und zwar einer in Stereo.
An meinem Geburtstag schenkten mir meine Eltern tatsächlich einen Stereo-Cassettenrecorder. Ich war begeistert, meine Hitparade wurde dadurch viel besser. Bei näherer Betrachtung hätte ich aber erkennen müssen, dass aus einer überspielten Mono-Aufnahme natürlich kein Stereo wurde, das war mir damals jedoch egal.
Weniger egal war mir, dass der tolle neue Recorder systematisch meine schönen Cassetten zerstörte, ob es nun einfache waren, oder die die angesagten mit Chrom-Beschichtung. Ständig gab es Bandsalat. Cassettenrecorder weinen nicht, ich aber schon, wenn die unwiederbringlichen Aufnahmen verloren gingen.
Heutzutage lädt man sich für ein paar Cent die neuesten Hits herunter und alles läuft digital. In den 70er und 80er Jahren war daran nicht zu denken. Es ging aber auch damals, wenn auch umständlicher und in viel schlechterer Qualität.
Wenn man den Kindern von heute eine Musikcassette in die Hand drückt, gucken sie seltsam und wundern sich, für uns war das seinerzeit das Allergrößte. So ändern sich die Zeiten.
Bildmaterialien: www.radiomuseum.org
Tag der Veröffentlichung: 02.02.2019
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