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Die Königin Safranita und die Hörnchen

Die Königin Safranita und die Hörnchen von Matthias März

 

Es war vor langer, langer Zeit, als die Berge noch wuchsen und die Menschen noch an Magie glaubten. In Kurkumanien, das nunmehr von der Königin Safranita regiert wurde, nachdem ihr Vater, der gütige König verstarb, waren alle Menschen wohlhabend und erfreuten sich bester Gesundheit. Niemand hatte Sorgen, nicht die Menschen, nicht die Tiere und auch nicht die Pflanzen.

 

Eines Tages ging die Königin Safranita mit ihrem Gemahl Peter, der einst Küchenjunge am Hofe war und das Feld mit den Safran-Blumen entdeckte, durch den Wald in dem dieses Feld lag. Das lange, strohblonde, lockige Haar der Königin strahlte in der Sonne und alle Tiere des Waldes erfreuten sich an dem Anblick der jungen Regentin. Doch da fiel der Blick der Königin auf mehrere putzige, kleine Tierchen mit einem wunderschönen rotbraunem Fell. Sie hatten einen buschigen Schwanz und lustige Knopfaugen.

 

Verwundert bemerkte Safranita, dass die kleinen, pelzigen Tierchen allesamt traurig dreinblickten. „Warum sind diese Tiere dort so missmutig, Peter? Und wie nennt man sie?“ „Das sind Hörnchen, liebste Safranita. Warum sie so traurig sind, weiß ich aber auch nicht. Eigentlich sind doch alle Wesen in unserem Reiche sorgenfrei. Vielleicht sollten wir die allwissende Rogenda, die Witwe deines hoch verehrten, verstorbenen Vaters fragen. Sie ist ja eine große Seherin.“ „Eine hervorragende Idee, mein liebster Peter. Begeben wir uns zurück zum königlichen Palast, um sie zu befragen.“

 

Am Hofe gingen die Königin und ihr Gemahl sogleich zu den Gemächern der guten Hexe Rogenda, die noch immer ihre weiße Magie betrieb. Sie war weiterhin guten Herzens und führte niemals etwas Böses im Schilde. Mit ihrer Gabe der Wahrsagerei war es ihr ein Leichtes zu helfen, nachdem ihr Safranita und Peter das erzählten, was sie beobachtet hatten. Sie nickte und sprach: „Diese Hörnchen, wie Ihr sie nennt, hießen einst Nusshörnchen. Ihre liebste Speise waren Haselnüsse. Doch dann befahl mein verstorbener Gemahl sämtliche Nussbäume aus dem Walde zu entfernen und in den königlichen Gärten zu verbringen, da er selbst so gerne Haselnüsse aß. Die arme Tiere fanden nicht mehr die richtige Nahrung. Im königlichen Wald wuchsen zwar Kastanien, aber diese hatten eine stachlige Schale und deren Früchte waren viel zu groß für so ein kleines Hörnchen.“

 

Safranita nickte und sagte: „Ich erinnere mich sehr wohl daran, dass mein lieber Vater einst diesen Befehl gab, auch wenn ich noch dereinst ein ganz kleines Mädchen war. Diese Haselnüsse sind auch wirklich sehr köstlich. Aber was sollen wir nun tun, Rogenda? Sollen wir die Hörnchen in unsere königliche Gärten verbringen?“ „Nun, meine Monarchin. Ich denke, es gibt eine andere Lösung, aber lasst mich nachdenken.“

 

Drei Tage später bat Rogenda um Vorsprache bei der jungen Königin. Sie wurde sogleich vorgelassen, denn Safranita war bestrebt, den unglücklichen Tieren zu helfen, damit wirklich niemand in ihrem Reiche Sorge oder Nöte haben sollte. Rogenda hob huldvoll ihre Hände und verneigte sich vor dem Königspaar. „Lasst mir ein paar Hühnereier bringen, Eure Majestät“, sprach sie. Safranita war sichtlich verwundert, ob des seltsamen Wunsches der Zauberin, aber gab ihrem Bediensteten ein Zeichen, damit dieser aus der Küche des Hofes das Gewünschte holte.

 

Als die Eier vor Rogenda lagen, erhob sie ihren Zauberstab und verwandelte die Hühnereier. Sie wurden winzig klein und waren nun in etwa so groß wie ein Fingernagel. Außerdem änderten sie ihre Farbe und waren nicht mehr weiß, sondern grün. „Das wird den Hörnchen schmecken, meine Monarchin. Fortan werden auch diese Wesen glücklich sein, wie jeder in Kurkumanien“, sagte die Zauberin.

 

Und so begaben sich die drei in den königlichen Wald. Jeder trug einen großen Korb mit den kleinen, grünen Eiern. Alsbald strömten die kleinen, pelzigen Tierchen herbei, neugierig wie sie waren. Ein Hörnchen, das besonders vorwitzig war, huschte zu der Königin. Diese hielt eines der grünen Eier in ihre flache Hand. Das Tier griff sich das Dargebotene und knabberte daran. Augenblicklich erhellte sich das Gesicht des Hörnchens. Alle anderen Artgenossen erblickten dieses und plünderten in Windeseile die Körbe fast vollständig.

 

„Lasst uns nun ein paar Bäume pflanzen, damit die Hörnchen allzeit ausreichend ihre Nahrung finden“, sagte die gute Hexe und grub mehrere Löcher in den Waldboden und gab jeweils eines der Früchte hinein. Dank ihrer Zauberkraft wuchsen daraus alsbald prächtige, hohe Bäume. An jedem Baum wuchsen zahlreiche der kleinen, grünen Eier.

 

„Diese Bäume werden wir Eichen nennen, und deren Früchte Eicheln“, beschloss die junge Königin und nickte zufrieden. So kam es, dass die Hörnchen nunmehr Eichhörnchen hießen und stets ausreichend gutes Futter hatten. Nun waren wirklich alle Wesen Kurkumaniens glücklich und zufrieden.

 

Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.

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Bildmaterialien: www.bn-muenchen.de
Tag der Veröffentlichung: 02.11.2018

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