Nele sah erstaunt aus dem Fenster und rief: „Mutti, Mutti, da fallen die Blätter vom Baum. Ist der krank?“ Die Mutti ging zu ihrer Tochter und erklärte ihr: „Nein, Nele. Der Baum ist nicht krank. Wir haben jetzt Herbst. Da fallen alle Blätter ab. Erst werden sie gelb, dann rot oder braun und dann verliert sie der Baum.“ Nele war nicht so richtig mit der Antwort zufrieden. Aber nachher wollte sie ihren Opa nochmal deswegen fragen, der konnte das bestimmt viel besser erklären.
Eine Stunde später, als Nele mit ihrer Mutter beim Großvater im Garten saß, plapperte sie auch schon los: „Du, Opa, warum sind die Blätter der Bäume jetzt bunt und warum fallen sie herunter?“ Der Opa lächelte und sagte: „Nele, trink erst mal deinen Apfelsaft, der ist ganz frisch. Die Äpfel habe ich letzte Woche geerntet. Und nun will ich dir das mal erklären. Hör gut zu!“ Nele nahm einen großen Schluck Saft und hörte gespannt. Der Großvater fuhr fort: „Nun, Nele, wenn du abends müde bist, gehst du ins Bett, die Mutti deckt dich zu und dann schläfst du. Jetzt im Herbst machen das die Bäume auch so. Sie haben im Frühling und im Sommer ihre ganze Kraft verbraucht und leckere Früchte hervorgebracht, so wie der Apfelbaum dort. Nun sind sie müde und müssen sie sich ausruhen, damit sie im nächsten Jahr wieder ganz frisch und munter sind. Das können sie aber viel besser, wenn die alten Blätter abfallen. Aus den alten Blätter wird dann Erde. Das gibt dem Baum neue Kraft.“ „Das habe ich verstanden, Opa. Aber warum werden die Blätter gelb und rot? Die können doch auch grün bleiben!“
Der Opa kratzte sich und überlegte. Dann sagte er: „Nun, Nele. Das ist so. Der Baum hat Säfte, die sind auch in den Blättern. Wenn es kälter wird, saugt der Baum den Saft wieder aus den Blättern. Die verfärben sich dann und werden erst gelb und danach braun oder rot.“ „Saft? So ein Saft, wie den, den ich gerade trinke?“ „Nein, Nele. Komm, ich zeige dir das.“ Der Opa stand auf und ging mit ihr zu den Sonnenblumen. Er brach ein Blatt ab, etwas Weißliches tropfte heraus. „Siehst du, Nele. Das ist Pflanzensaft. So ähnlich ist das auch beim Baum“, erklärte er ihr. Nele staunte.
„Sag mal, Nele. Hast du Lust, in den Wald zu gehen? Wir könnten bunte Blätter sammeln. Die kannst du dann auf ein Stück Papier kleben und bunte Bilder daraus machen. Wir können auch Eicheln und Kastanien sammeln für die Wildtiere.“ „Wildtiere, Opa? Du meinst Löwen und Tiger? Fressen die so etwas?“ „Nein, Nele. Die mögen das nicht. Ich meine Rehe und Hirsche. Wenn wir genug Futter zusammen haben, geben wir das beim Forstamt ab. Dafür bekommst du dann eine kleine Baumscheibe. Die dient dann als Eintrittskarte für das Fest im Tiergarten.“
So machten sich Nele mit ihrer Mutter und dem Opa auf und gingen die paar Schritte von der Gartenkolonie zum Stadtwald. Jeder hatte eine Tüte in der Hand. Nele war eifrig damit beschäftigt, die schönsten Blätter einzusammeln. „Opa, was sind das für welche? Diese schönen mit den vielen Zacken? Das sieht aus wie eine Krone!“ „Das sind Ahornblätter, Nele. Du hast Recht, die sind ganz besonders schön. In Kanada wachsen ganz, ganz viele Ahornbäume. Dort ritzt man die Rinde an, und der Saft des Baumes fließt heraus. Daraus macht man Sirup.“ „Oh! Können wir das auch machen mit dem Sirup?“ „Nein, Nele, das geht nicht. Die Ahornbäume die hier bei uns wachsen, kann man dafür nicht nehmen. Erinnere dich daran, dass ich dir erklärt habe, dass es auch verschiedene Kirschbäume gibt. Bei manchen kann man die Früchte essen, bei manchen nicht.“
Etwas weiter wuchsen andere Bäume, deren Blätter hatte runde Ecken. „Das sind Eichen, Nele. Und die Früchte davon nennt man Eicheln. Die können wir sammeln, für die Rehe und Hirsche. Die fressen das gerne“, erklärte der Opa. Nele wunderte sich, dass einige Eicheln kugelrund waren, und andere länglich. „Nele, diese runden, die so aussehen wie Haselnüsse sind amerikanische Eicheln, die ovalen sind europäische. Den Wildtieren ist das aber egal, die mögen beides.“ Schnell war eine Tüte voll mit Eicheln. Sie war so schwer, dass Nele sie nicht tragen konnte, das musste der Opa machen.
„Nun, müssen wir aber noch Kastanien sammeln, Nele. Schau, da drüben sind welche!“, sagte die Mutti und zeigte nach vorne. Auf den Waldboden lagen große, braune Kugeln mit einem hellen Fleck. Daneben lagen stachlige Bälle, einigen waren aufgeplatzt und die braunen Kugeln guckten daraus hervor. Nele war begeistert. „Die sind aber wunderschön“, rief sie. „Das glaube ich, Nele, dass dir das gefällt. Ein paar von den Kastanien werden wir aufheben. Daraus können wir etwas basteln“, antwortete der Opa. Die Mutti bestätigte: „Das mit den Basteln kenne ich auch noch. Aber wollen wir nicht auch noch Eicheln dafür aufheben?“ „Nein, Margot. Wir nehmen Hagebutten dazu, die wachsen aber nicht im Wald, sondern bei mir im Garten.“
Mit zwei vollen Tüten, in denen die Eicheln und die Kastanien waren, gingen sie in Richtung Kleestraße und verließen den Wald. In der Ferne sahen sie die Petrikirche. „Dort ist deine Mutti getauft und konfirmiert worden, Nele“, erklärte der Opa. Nicht weit davon lag der alte Pferdeturm, das Eisstadion und daneben das Forstamt. Dort warteten bereits einige Kinder mit vollen Taschen am Eingang. Es ging rasch voran. Für Nele, die wie immer ungeduldig war, war es trotzdem eine lange Warterei. Dann waren sie an der Reihe. Ein alter Mann mit einem weißen Bart in einer grünen Jacke lächelte Nele an. „Das ist der Förster, Nele“, sprach der Großvater. Der Mann sagte: „Da hast du aber fleißig gesammelt, Mädchen. Die Rehe und Hirsche werden sich freuen!“ Sie schütteten die Eicheln und die Kastanien auf einen großen Haufen und der Förster gab Nele eine kleine Baumscheibe, genau wie der Opa gesagt hatte.
Zwei Tage später saß Nele in der Wohnung des Opas. Mit viel Spaß klebte Nele die bunten Blätter auf große Papierbögen. Das sah wunderschön aus. Der Opa bastelte aus den Kastanien, Streichhölzern und Hagebutten kleine Tiere. Für die Augen verwendete er Rosinen. Nele war begeistert. Sie hätte auch gerne dabei mitgemacht, aber das war zu gefährlich für das kleine Mädchen.
Dann kam der große Tag: das Tiergartenfest in Kirchrode als Dankeschön für die vielen kleinen Sammler der Eicheln und Kastanien. Es wurde viel geboten: Ponyreiten, ein Kinderzirkus, Kinderschminken und viele Spielangebote auf der großen Wiese. Nele wusste gar nicht, wohin sie zuerst hingehen sollte. Aber auch die Rehe und Hirsche, die durch den Park liefen, erfreuten Nele. Die Wildschweine waren hingegen eingesperrt, allerdings war das Gehege sehr groß. „Das war ein wunderschöner Tag“, rief Nele begeistert.
Bildmaterialien: www.teddylingua.de
Tag der Veröffentlichung: 09.10.2018
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