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Mondtage

 

 

 

 

In den Jahren 1961, 1999 und 2018 war es so, dass der Februar keinen Vollmond hatte. Das ist ein seltenes Himmelsphänomen, das in etwa alle neunzehn Jahre auftritt. 1980 war das jedoch nicht so, weil das ein Schaltjahr war.

 

Nur in diesem Zeitraum kann ich zu Ihnen sprechen, ich, der Mann im Mond. Sie glauben nicht, dass ich existiere? Man hat mich nur deshalb noch nicht entdeckt, weil ich auf der Rückseite des Mondes lebe. Auf dieser dunklen Seite des Erdtrabanten ist bislang noch keine Rakete oder Raumfähre der Menschen gelandet. Die Chinesen wollen da in Kürze landen, mit einer unbemannten Raumfähre, aber ohne Kontrabass. Die Amerikaner waren tatsächlich schon hier oben, allerdings eben auf der „Vorderseite“ des Mondes. Vierhundert Kilogramm Gestein haben sie von uns mitgenommen, seitdem ist der Mond leichter geworden, minimal.

 

Hier tummeln sich schon einige ehemalige Erdbewohner, und zwar alle die, die dahin gewünscht worden sind. Wann immer jemand sagt: „Den oder die könnte ich zum Mond schießen“ verschwindet die betreffende Person binnen Kurzem und taucht bei uns wieder auf. Elvis ist aber nicht hier, und auch nicht ein gewisser Adolf H., auch wenn das gerüchteweise immer behauptet wird. Es gibt aber auch Leute, die hinterm Mond leben. Das sind vorwiegend diejenigen, die bei uns nach Herrn H. gesucht haben.

 

Montagearbeiter finden Sie bei uns ebenfalls nicht, auch wenn wir diese gut gebrauchen könnten. Unsere Bauten sind nämlich mittlerweile etwas instabil, vorsichtig gesagt. Wenn Sie also jemanden kennen, der sich darauf versteht, diese herzurichten, dann lassen Sie die betreffende Person einfach hierher schießen. Das klappt!

 

Möchten Sie wissen, was wir so futtern? Nun, wir lutschen nicht nur am Steinchen. Es gibt hier Mondkuchen, Mondbrötchen, Mondhörnchen und vieles mehr. Frischen Salat haben wir aber leider nicht, denn da es hier so dunkel ist, wächst so etwas bei uns nicht. Sollten Sie welchen erübrigen können, dann schicken sie uns den bitte, entweder durch die Chinesen oder durch die Montagearbeiter.

 

Musik ist für uns Mondbewohner sehr wichtig: „Der Mond von Wanne-Eickel“ von Friedel Hensch, „Dark Side Of The Moon“ von Pink Floyd“ und „Fontana di Luna“ von Santana waren auch bei uns große Hits. Dagegen kam „Hijo de la luna“ nicht so gut bei uns an. Der Song ist uns zu traurig! Wir machen aber auch selbst Musik auf dem Mond, unser Lieblingsinstrument ist die Mondharmonika.

 

Viele berühmte Maler haben den Mond gemalt, z.B. Vincent van Gogh beim Bild „Sternennacht“. Na, gut, da ist der Mond nur sichelförmig und oben rechts in der Ecke, aber das Gemälde ist wunderschön. Daher befindet sich das Original hier oben bei uns und nicht in New York im dortigen Museum. Da hängt nur eine schäbige Kopie, das gilt auch für die „Monda Lisa“ von Leonardo da Vinci. Der winzige kleine Entwurf im Louvre in Paris ist doch wahrhaftig eine Enttäuschung, nicht wahr? Zumal die Franzosen einfach das „d“ gestrichen haben.

 

Auch viele Filme hatten das Thema „Mond“ zum Inhalt. Was meinen Sie, was das für eine Aufregung bei uns gab, als Stanley Kubrick im Jahre 1968 „2001 – Odyssee im Weltraum“ herausgebracht hat. Wie Sie sich vielleicht erinnern, wird dort ein seltsamer Obelisk auf dem Erdtrabanten entdeckt, als Nachweis außerirdischen Lebens. Wir dachten schon, dass die Erdlinge unser kleines Geheimnis aufgespürt hätten. Denn so etwas finden Sie hier tatsächlich, aber bei Weitem nicht so hoch, und auf unserer dunklen Seite. Wenn Sie wissen wollen, was das genau ist und wo das Ding steht, denn lassen Sie sich doch einfach zum Mond schießen.

 

In Literatur taucht der Mond bei diversen Autoren auf. Denken Sie nur an „Von der Erde zum Mond“ von Jules Verne. Da werden die Protagonisten mit einer Kanone zum Mond geschossen. So ganz falsch lag der gute Jules also nicht. Oder an „Die ersten Menschen im Mond“ von H. G. Wells! Das ist heutzutage zwar nicht mehr ganz aktuell, aber es liest sich spannend. Dann gab „Der Mann im Mond“ von Wilhelm Hauff, das war Satire, aber es wurde ein großer Erfolg, obwohl es anfangs unter einem falschen Namen veröffentlicht wurde. Damit wurde ich bekannt, und das freute mich. Mein absolutes Lieblingsbuch ist jedoch „Der kleine Häwelmann“ von Theodor Storm aus dem Jahre 1849. Ein wunderschönes Märchen!

 

Als er drei Mal die Reise gemacht hatte, guckte der Mond ihm plötzlich ins Gesicht. „Junge“, sagte er, „hast du noch nicht genug?“
„Nein“, schrie Häwelmann, „mehr, mehr! Mach mir die Tür auf! Ich will durch die Stadt fahren; alle Menschen sollen mich fahren sehen.“
„Das kann ich nicht“, sagte der gute Mond; aber er ließ einen langen Strahl durch das Schlüsselloch fallen; und darauf fuhr der kleine Häwelmann zum Hause hinaus.

 

Manche Leute meinen ja, dass das Haar besonders gut wächst, wenn man es während einer Vollmondnacht schneidet. Das ist Blödsinn, glauben Sie das bloß nicht. Und auch Wölfe heulen keineswegs den Mond an. Warum sollten sie das auch tun? Wir sind doch lieb und tun keinem etwas, wir Mondbewohner. Vielleicht lernen wir uns ja irgendwann einmal kennen. Dann könnten Sie sich davon überzeugen, dass wir harmlos sind. Aber: Bei manchen Arten der Ringelwürmer, Krabben und Fische ist das Fortpflanzungsverhalten sehr eng an den monatlichen Phasenwechsel des Mondes gekoppelt. Sollten sich in Ihrem näheren Bekanntenkreis Ringelwürmer, Krabben und Fische befinden, können Sie das ja mal überprüfen.

 

So allmählich muss ich Schluss machen mit meinem Bericht, die Verbindung zur Erde wird schon schwächer. Aber ich komme wieder – in neunzehn Jahren, also 2037. Bis dahin darf ich um Geduld bitten zu unseren weiteren Geheimnissen. Wenn Sie aber die Zeit nicht abwarten können, müssten Sie sich zum Mond schießen lassen. Das ist ganz einfach. Sie könnten zum Beispiel in diversen Internet-Foren für Unruhe sorgen.

 

 

 

 

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Bildmaterialien: www.newsweb.de
Tag der Veröffentlichung: 02.09.2018

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