Oskar Plümecke war leicht verärgert. Sein guter Freund Hubert Hundertmark hatte ihm auferlegt, dass er unbedingt sein Englisch verbessern sollte. Als designierter Bundesaußenminister musste er zwangsläufig diese Sprache beherrschen. „Du hast doch gemerkt, dass es bei Dir daran hapert, als Du in New York warst“, hatte Hubert festgestellt, als ihm Oskar seine Erlebnisse in Manhattan geschildert hatte. Das stimmte wohl. Auch Susanne, die er seinerzeit dort kennen gelernt hatte, pflichtete Hubert bei, als sie bei der Gründungsversammlung der PDDS, der Partei der Deutschen Sprache, darauf zu sprechen kam.
In Berlin hatte es Oskar ausgesprochen gut gefallen. Das war nun schon die dritte Weltstadt nach New York und Buxtehude, die er in kürzester Zeit besucht hatte. „Hier sind ein paar Videos, die Du Dir ansehen solltest“, sagte Hubert und gab Oskar eine Liste. „Du musst nur drauf klicken“, ergänzte sein Freund. Es stellte sich heraus, dass ein Antippen mit dem Finger recht wirkungslos war. „Dafür brauchst Du Internet, Oskar“, erklärte Hubert. So etwas hatte Oskar natürlich nicht, wohl aber sein Nachbar Fridolin Fröhlich. Der Fridolin war zwar nicht wesentlich jünger als Oskar, aber technisch immer auf dem neuesten Stand. Allein dieser wunderbare, riesige Fernseher weckte immer noch Neidgefühle bei Oskar.
„So, dann sehen uns mal das erste Video an, Oskar“, sagte Fridolin und tippte etwas in seinen Computer ein. Oskar war sichtlich erstaunt, als Sekunden später ein Film startete. Den Mann, den er da sah, kannte er sogar. Fridolin hatte ihn zwar als „Ju Tjup“ vorgestellt, aber Oskar war sich sicher, dass er Lothar hieß. Er sagte: „De Franz is ohlweiß important vor tsche tschörmän Futtball, leik bläher, leik to kohtsch, leik klappkohtsch, leik Bräsident, ännt nau hi tsche wörld Kapp tutausendsicks tu, ähh, ähh, tu Tschörmännie. No hi wosch, öhh, hi anderständ ass, hies spock, hi spiek aua Längwitsch fromm tsche Blähers ent hi no ecksäcklie wott de bläher niet, nott ohnli de Träning autseit fromm tsche Träning liddel bitt Mohr leik Jürgen Klinsmann. Jürgen Klinsmann wosch newwer Bläher hu wosch Kloß du tsche Tiem. Hi leik du go ohlweiß hiss weh ent Franz Beckenbauer giff himm wann afternuhn frie, wann däh frie ent hi go aut ent feind hiss self ent tschisch wosch de sähm werrie important hie diddänt , ähh kiep ass ohlweiß fromm tsche moaning du tsche iwening in tsche Hohtell. Hi giff ass samm deim for aua breiwitt sings ent ähh wie häff ähh werrie ättmossferr, ent Franz mäck äh griet tschopp nott onnli neindi ähtii sicks du!“
Oskar hatte so gut wie nichts verstanden, aber es musste um Fußball gehen, da Franz Beckenbauer und Jürgen Klinsmann erwähnt wurden. Und dieser Lothar, der war ja auch ein großer Fußballer, da war sich Oskar sicher. Ach, wenn er doch so gut und perfekt Englisch sprechen könnte wie dieser Mann!
Im zweiten Video trat ein Mann auf, der laut Fridolin so wie eine bekannte Biermarke hieß. In seiner Rede sagte dieser Günter: „Eschtimeht Gäst, lehdies ent Tschentelmenn. Tschenk for inweiting mieh tu Berlin et tsche seventsch ennuell Konferenz on tsche Maunt Kohlammbia Uniwersiti. Wir bizähing inn Tschörmännie Fifftie Pehrzent off Biesiness isch Pschülohsie on tsche wonn Hent Tsche Kreisiss rewielet tschett tscherr isch äh niet For Mohr gowernmentell Rigulehschen on tsche asser Hent wie heff tu Feind äh Weh off dresstiekelli Limmiting tsche Gowernmenntell Inteferrenz inntu Ekonommick Ecktiwieties zins tsche wörltt, Zinss tsche gutt Asserweiß Kosts Impernement Impairment off the kloßt Weiwers for frie Market Eckonomie.“
Auch dieser Mann hatte eine perfekte Aussprache. Oskar hatte alles mitgeschrieben und wollte zu Hause die Reden noch einmal nachsprechen. „Nun, lieber Oskar zum nächsten Video“, sagte Fridolin und tippte erneut Zahlen und Buchstaben in diese seltsame Tastatur, die Oskar an seine alte Schreibmaschine erinnerte, die immer noch bei ihm herumstand. Ich muss das alles nur dort so abtippen, und schon erscheinen die Filme, dachte Oskar.
Der dritte Film begann. Den Mann, den er da sah, kannte Oskar hundertprozentig. Es war Loriot. Gleich darauf erschien diese lustige Frau, die man aus den Sketchen mit ihm kannte. Sie erzählte: „Auf dem Landsitz Norss Kasselstohn Holl von Lortt und Lehdi Heskess-Forteskju befinden sich außer dem jüngsten Sohn Meredisch auch die Cousinen Pristschilla und Gwinness Moleswörsch aus den benachbarten Ortschaften Nesser Etteltschorpp und Middel Frißtschem, ferner ein Onkel von Lehdi Heskess-Forteskju, der 79-jährige Jasper Fesserton, dessen Besitz Tschrammtenn Kahstell zurzeit an Lord Moleswörs-Hafftenn, einem Vetter von Pristschilla und Gwinness Moleswörsch, vermietet ist. Gwinness Moleswörsch hatte für Lortt Heskess-Forteskju in Nesser Etteltschorpp einen Schlips besorgt, ihn aber bei Lord Moleswörsch-Hafftonn in Tschrammtenn Kahstell liegen lassen. Lehdi Heskess-Forteskju verdächtigt ihren Gatten, das letzte Wochenende mit Pristschilla Moleswörsch in Middel Frißtschem verbracht zu haben. Gleichzeitig findet Meredisch Heskess-Forteskju auf einer Kutschfahrt mit Jasper Fesserton, von Middel Frißtschem nach Norss Kasselstohn Holl in Tschrammtenn Kahstell den Schlips aus Nesser Etteltschorpp. Nach einer dramatischen Auseinandersetzung zwischen Lehdi Heskess-Forteskju und Pristschilla Moleswörsch in Norss Kasselstohn Holl eilt Gwinness Moleswörsch nach dem zwei Meilen entfernten Zaus Tschoressbie, um ihre Tanten Emmelie Hollingwörs und Luzinda Satterthweht aufzusuchen.“
Das war zwar nur teilweise in Englisch aber trotzdem eine hervorragende Übung für Oskars Aussprache, die auch verbesserungswürdig war. Er bedankte sich bei Fridolin für die Hilfe und ging nach Hause. Oskar nahm sich vor, alsbald Hubert und auch Susanne anzurufen, sobald sein Englisch perfekt war. Die würden bestimmt begeistert sein. Auf jeden Fall stand der beabsichtigten Karriere von Oskar als designierter Bundesaußenminister nun nicht mehr viel im Wege.
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Verwendete Videos:
* https://www.youtube.com/watch?v=uKHPcwMHGVw
* https://www.youtube.com/watch?v=-RrEQ8Ovw-Q&t=47s
und der Text zu „die zwei Cousinen“ von Loriot und Evelyn Hamann
Bildmaterialien: www.auswandern-handbuch.de
Tag der Veröffentlichung: 19.07.2018
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