Wenn man ältere Geschwister hat, so wie ich, lässt es sich nicht vermeiden, dass man von eben diesen recht frühzeitig über die Existenz von dem Weihnachtsmann, dem Nikolaus und eben dem Osterhasen aufgeklärt wird. So war es auch bei mir. Christa, Achim und Peter hatten mir schon längst beigebracht, dass es all diese Figuren leider nicht gab, und Papa und Mama die Geschenke kauften und verpackten. Außerdem konnten Hasen keine Eier legen und diese auch nicht verstecken.
So wusste ich das schon als Dreijähriger im April des Jahres 1965. Dessen ungeachtet ging ich mit meinem Vater am Ostersonntag in den Wald, in dem es ja tatsächlich Hasen gab. Na ja, eigentlich nur Kaninchen, aber das konnte ich damals noch nicht so gut unterscheiden. Hauptsache, es hoppelte und hatte lange Ohren sowie ein buschiges Fell. Das konnte man von meinem Vater nicht behaupten.
Wir hatten kaum die Eilenriede, unseren Stadtwald, betreten, da sah ich im Gebüsch etwas hoppeln. Ich lief begeistert darauf zu, was dazu führte, dass das Karnickel verschreckt flüchtete. „Siehst Du, jetzt hast Du den Osterhasen vertrieben“, erklärte mein Papa lachend. „Aber, Papa, den gibt es doch gar nicht“, widersprach ich. Sollte mein Vater das etwa nicht wissen? Natürlich wusste er das, er antwortete aber: „Nun, Matthias. Vielleicht hat er ja hier doch ein paar Eier für Dich versteckt. Schau doch mal nach.“
Das war für meinen Vater die perfekte Gelegenheit, erstmal eine zu rauchen. Er setzte sich also auf eine Bank und zündete sich eine „Lux“ an, eine damals sehr beliebte Zigarettenmarke. Ich folgte Papas Vorschlag und suchte die Umgebung ab. Und tatsächlich: Da lag ein kleines, rotes Schokoladenei unter einem Baum, gefolgt von einem grünen unter dem nächsten. Ich juchzte. Innerhalb von fünf Minuten hatte ich vier Eier gefunden, alle gleich, doch unterschiedlich verpackt.
Stolz lief ich zu meinem Vater, meine Beute konnte ich kaum in meinen kleinen Händen tragen. Dieser hatte unterdessen aufgeraucht und war über meinen Erfolg mehr als verblüfft. Damit hatte er nicht gerechnet. Er steckte die Eier in seine Hosentaschen und ich lief erneut los, in der Hoffnung auf noch mehr Schokoeier, doch leider fanden sich keine weiteren. Jetzt glaubte ich wieder an den Osterhasen. Dieser war allerdings ziemlich geizig, fand ich.
Zu Hause wollte ich es meinen Geschwistern aber zeigen: Es gibt ihn doch, den Osterhasen! Als ich meiner Mutter von der Geschichte erzählte, wollte sie das zuerst nicht glauben, doch ich hatte ja den Beweis. Nachdem ich diesen präsentierte, redete Mama eindringlich mit Papa, weil sie glaubte, dass er die Eier für mich versteckt hatte. Das hatte er aber nicht. Da die Existenz des Osterhasen seitens meiner Schwester und meinen Brüdern immer noch angezweifelt wurde, gab es nur eine Lösung für diesen Vorfall: Irgendein anderer Vater oder eine Mutter hatte die Süßigkeiten für sein Kind versteckt, welches nun verzweifelt und frustriert danach suchte.
Sollte jemand von Euch im Jahre 1965 als Kind in Hannover-Kleefeld gewohnt haben und seine Schokoeier vermisst haben: Ich habe sie gefunden! Die weitere Suche kann eingestellt werden.
Ich bekenne mich des Eierraubs schuldig. Belangt werden kann ich aber nicht mehr: 1.) es ist verjährt 2.) die Beweismittel sind vernichtet 3.) es war Mundraub 4.) ich war noch nicht strafmündig.
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Tag der Veröffentlichung: 05.04.2018
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