In diesem Jahr hatte ich im Februar Urlaub – das kam nur selten vor. Da bot es sich an, mal den Karneval mitzumachen, aber auf die aufgezwungene Fröhlichkeit vom Rheinland hatte ich überhaupt keine Lust. Da hatte eine liebe Kollegin die rettende Idee: die schwäbisch-alemannische Fastnacht, wie man sie in Südwestdeutschland feiert. Ich entschied mich für Freiburg im Breisgau. Und so setzte ich mich in den Zug, damals im Februar 1996.
Dort angekommen, fiel mir als Erstes auf, dass es angenehm warm war, fast schon frühlingshaft. Auf dem Weg ins Hotel sah ich sogar blühende Kirschbäume – und das im Februar. Ich hatte schon mal gute Laune. Diese besserte sich noch, nachdem ich jemanden nach dem Weg gefragt hatte: kein muffeliges Brummeln wie man es in Norddeutschland kannte, sondern eine freundliche Auskunft. Sogar als ich erklärt hatte, dass ich die „schwäbisch-alemannische“ Fastnacht kennen lernen wollte, wurde das nicht ärgerlich aufgenommen. Der Mann wies mich aber darauf hin, dass ich mich keineswegs in Schwaben, sondern in Baden befand. Das sei ein großer Unterschied, und man möge sich gegenseitig nicht. Aber dazu später noch mehr.
Das Hotel lag ziemlich zentral, neben dem Freiburger Wallgraben-Theater, wo der Schauspieler Heinz Meier (bekannt aus diversen Loriot-Sketchen) auftrat. Leider bekam ich keine Gelegenheit, eine Vorstellung des Theaters zu besuchen, weil die Eintrittskarten ziemlich begehrt waren, und man mindestens zwei Wochen vorher hätte reservieren müssen.
Aber eine andere Leidenschaft von mir außer Theater waren, und sind Straßenbahnen. Freiburg hatte ein gut ausgebautes Netz und so verbrachte ich den ersten Urlaubstag damit, dieses abzufahren. Das ist immer auch eine gute Gelegenheit, eine fremde Stadt kennen zu lernen. Sehr interessant fand ich die Stelle, wo die Straßenbahn durch ein altes Stadttor fuhr, dieses heißt „Martinstor“.
Abends kehrte ich in ein nettes Lokal ein, gönnte mir eine leckere Mahlzeit und einige Schoppen Wein und wankte glückselig in meine Unterkunft, immer darauf achtend nicht in ein „Bächle“ zu treten, das sind kleine Wasserrinnen, die die gesamte Altstadt durchziehen, und die es schon seit Jahrhunderten gibt. Sie sind ein Wahrzeichen der Stadt.
Am nächsten Tag nahm ich mir die Besichtigung und Besteigung des Freiburger Münsters vor. Diese Kirche ist ein weiteres Wahrzeichen und hat den Zweiten Weltkrieg, im Gegensatz zu den umliegenden Gebäuden der Altstadt, fast unbeschadet überstanden. Der Blick von oben war jedenfalls sehr imposant und war ein Vorgeschmack auf den folgenden Stadtrundgang mit einer sehr netten Stadtführerin. Die junge Dame erklärte alles sehr gut und machte mir ihre Heimatstadt noch sympathischer.
(Quelle: Wikipedia)
Am folgenden Sonntag war ein Ausflug zum Titisee geplant, der mit der S-Bahn sehr gut erreichbar war. Dieser ist zwar sehr tief, hat aber eine geringe Fläche, so dass man ihn locker umwandern konnte. Das tat ich dann auch und deckte mich anschließend mit ein paar Mitbringseln ein, um danach am Ufer des Sees Kaffee und Kuchen zu genießen.
Am Abend besuchte ich erneut das schöne Lokal vom ersten Tag. Es war wieder gut besucht und voller Fußballfans, in blauen und roten Trikots. Sie saßen friedlich nebeneinander und unterhielten sich. Von Hass oder Aggression keine Spur: Es waren Fans vom Karlsruher SC und vom FC Freiburg. Man erklärte mir, dass beide Fangruppen miteinander befreundet sind, aber einen gemeinsamen „Feind“ haben: den VfB Stuttgart. Da war er wieder, der Konflikt zwischen Badenern und Schwaben. Als ich erwähnte, dass ich aus Hannover kam, war ich gut angesehen, denn Volker Finke, der damalige Trainer des SC, kam ja aus meiner Heimat.
Ja, und dann war Fasnetsmontag, anderswo Rosenmontag genannt. Es gab einen Umzug wie in Köln oder Düsseldorf, der sah aber hier ganz anders aus. Die Menschen trugen bunte Kostüme und Teufels-, Hexen- und Geistermasken. Sie waren Vertreter der einzelnen Zünfte, z.B. der Fuhrleute, Bächleputzer, Feuer-Narren und der „Glunki“. Es gab auch Spielmannszüge und Reitercorps, aber keine politischen Wagen. Mir gefiel das sehr gut. Alle Geschäfte hatten an diesem Tag übrigens geschlossen, alle waren nur am Feiern.
(Quelle: Wikipedia)
Den Dienstag wollte ich wieder etwas ruhiger angehen lassen, ich wollte den „Schauinsland“ erklimmen, aber nicht zu Fuß, der Berg ist immerhin 1.284 Meter hoch. Daher nahm ich die Seilbahn, der Start war in Horben. Ich genoss die Fahrt und war in Kürze auf dem Gipfel. Hier lag der Schnee meterhoch, und das bei strahlendem, blauen Himmel. Es war wunderschön. Zum Glück hatte ich mir einen dicken Pullover angezogen, aber leider nicht das passende Schuhwerk. Es kam, wie es kommen musste: Ich rutschte aus und landete in einer Schneewehe.
Am Nachmittag war dann noch Zeit für einen Abstecher zum Freiburger Fußballplatz, auch wenn natürlich zu dieser Zeit nicht gespielt wurde. Seinerzeit hieß es noch Dreisamstadion, heutzutage Schwarzwaldstadion. Von der Tribüne hatte man einen wunderschönen Blick auf den Gebirgszug.
Allmählich näherte sich mein Kurzurlaub seinem Ende. Der Mittwoch wurde kulturell genutzt, vormittags besichtigte ich das Museum für Stadtgeschichte und nachmittags das Naturmuseum und das „kleine Stuck-Museum“ im Stadtteil Brühl, Letzteres war wirklich etwas Besonderes. Danach gönnte ich mir eine kleine Mahlzeit und Wein in einer sogenannten „Sitzung“, so bezeichnet man hier etwas, was ich als Biergarten oder Außenbewirtschaftung kannte. Es war immer noch frühlingshaft und gar nicht winterlich.
Wehmütig reiste ich am Donnerstag ab, mit der festen Absicht, schon bald wieder zurückzukehren. Leider ist es bis heute nicht dazu gekommen. Es wird Zeit, dieses endlich umzusetzen.
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Tag der Veröffentlichung: 05.02.2018
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