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Die älteste Domina der Welt

 

 

 

Ich bin Karola, jedenfalls nenne ich mich so. Mein richtiger Name tut nichts zur Sache, ich weiß ich ihn ohnehin nicht mehr. Das liegt daran, dass ich alt bin, sehr alt sogar. Ich übe das älteste Gewerbe der Welt aus und ich gehe dabei nicht sanftmütig zu, denn ich bin eine Domina, die älteste Domina der Welt.

 

Das glauben Sie mir nicht? Ich werde es Ihnen beweisen. Geboren wurde ich am 15. September im Jahre des Herrn 989. Meine Mutter war eine Hexe, mein Vater ist unbekannt. Manche behaupten, dass es der Herr der Unterwelt persönlich gewesen wäre, was meine Neigung zu Gewalt und Unterdrückung erklären würde. In den über tausend Jahren, die ich nun schon auf Erden weile, bin ich vielen berühmten Leuten begegnet: Päpsten, Königen, Erfindern und später auch Schauspielern und Politkern. Sie alle haben meine Dienste gerne in Anspruch genommen, liebend gerne sozusagen.

 

Nun wundern Sie sich sicherlich, warum ich unsterblich bin. Das bin ich auch nicht, ich bin nur langlebig, sehr langlebig. Dafür sauge ich die Energie aus den Herren, die ich beglücke. Nicht zu viel, ich will sie ja nicht töten, nur meine Lebenskraft erhalten. Sie geben mir gerne ihre Säfte und bezahlen mich auch noch gut dafür. Wie geil sie darauf sind, wenn ich meine Peitsche schwinge oder sie wie einen Hund an der Leine herumführe! Einige winseln dabei, das animiert mich noch mehr.

 

Jetzt möchte ich von fünf ganz besonderen Kunden erzählen. Aber ich bin ja diskret, auch wenn diese Herren schon seit Langem zu Staub zerfallen sind oder von den Würmern gefressen wurden. Darum werde ich nicht alles verraten.

 

Gegen Ende des 15. Jahrhunderts hörte ich, dass der neugewählte Papst Alexander VI., alias Roderic Llançol i de Borja, italienisch Rodrigo Borgia der Damenwelt nicht abgeneigt war. Er führte wirklich ein ausschweifendes Leben und verbarg dieses nicht. Gerne diente ich ihm und ich wurde fürstlich von ihm entlohnt. Der Gute war es auch, der sich die Hundenummer ausdachte. Die Orgien in seinen Gemächern waren so ausschweifend, wie ich es nie wieder erlebt habe. Ich kann jedoch verbürgen, dass Rodrigo niemals ein Verhältnis mit seiner Tochter Lucrezia hatte. Doch das Meiste von dem, was heutzutage noch über ihn bekannt ist, stimmt aber.

 

Ich blieb in Italien. Etwa 250 Jahre später, im Jahre 1757 traf ich in Venedig auf Giacomo Girolamo Casanova, dem gerade die Flucht aus dem Gefängnis gelungen war. Für ihn war ich mehr als eine Liebesdame. Er wollte mich sogar heiraten, was er keiner anderen Frau zuvor je anbot. Mit ihm reiste ich durch ganz Europa und lernte Deutschland, Russland, die Schweiz, England und Spanien kennen. In London traf Casanova dann auf ein junges achtzehnjähriges Mädchen, namens Marie Charpillon und servierte mich ab wie eine heiße Kartoffel. Ich kehrte nach Kontinentaleuropa zurück.

 

Im Jahr 1808 weilte ich sodann am Hofe des Königs von Frankreich. Des Königs? Nein, Napoleon hatte sich doch vom Papst zum Kaiser krönen lassen. Auf jedem Fall war er geradezu unersättlich. Er liebte es, von mir gefesselt und gedemütigt zu werden. Ob das ein Ausgleich zu seinem Größenwahn war? Gut möglich! Er hatte zu dieser Zeit schon viele Länder erobert und seine Expansionslust kannte keine Grenzen. Aber Napoleon war gar nicht so klein, wie es überliefert ist. Er war knapp 1,70 Meter, eine völlig normale Größe für die damalige Zeit. Sein „bestes Stück“ war auch alles andere als klein.

 

In den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts lernte ich in New York Charles Lindbergh kennen, noch bevor er seine drei außerehelichen Beziehungen begann. Mann, oh, Mann war das ein Rammler. Ich musste ihn regelrecht bremsen, soviel Energie, wie ich aus ihn heraussaugte, hätte mich so jung gemacht, dass es aufgefallen wäre, wenn ich nicht aufgehört hätte. Charles stand darüber hinaus darauf, ausgepeitscht zu werden. Wie er wohl seiner Frau die Striemen auf seinem Rücken erklärte? Er nannte mich immer „Katze“ und ich musste Unterwäsche aus echtem Leopardenfell tragen. Das würde ich heutzutage nicht mehr machen, das mit dem Fell meine ich.

 

Einen anderen Charles begegnete ich 1977, nämlich Henry Charles Bukowski. Sie kennen seine Werke? Na, denn wissen Sie jetzt, wer ihn dazu inspiriert hat. Ich muss aber auch seine Fantasie loben, in den knapp tausend Jahren, die ich zu diesem Zeitpunkt schon auf dem Buckel hatte, traf ich niemals zuvor einen Mann, der so viele neuartige Sexspiele kannte. Und einen Humor hatte der Kerl, geradezu göttlich. Dementsprechend lesen sich auch seine Bücher.

 

Ich könnte noch stundenlang weiter plaudern, aber ich habe gerade einen Anruf aus Rom erhalten. Sie wissen, wer der Herr ist! Ich sage nur: Bunga, Bunga!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Bildmaterialien: www.artflakes.com
Tag der Veröffentlichung: 12.10.2014

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