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Alles was wir möchten

 

Nachdem zu Beginn des 22. Jahrhunderts die Staaten der sogenannten ersten Welt beschlossen hatten, sich endgültig abzuschotten und sämtliche Entwicklungshilfen für Afrika und den ärmeren Teilen Asiens einzustellen, wuchs der Wohlstand der Reichen immer mehr, während die Armen immer ärmer wurden. Die einen lebten in Prunk und wussten gar nicht, wofür sie ihr Geld zuerst ausgeben sollten, die anderen litten an Hunger und Durst und starben zu Millionen.

 

Mit brutaler Gewalt wurden Flüchtlinge aus Nordafrika daran gehindert, die Küsten Südeuropas zu erreichen. Die meisten wurden schon auf dem Seewege erschossen. Die wenigen, die es schafften, an Land zu kommen, wurden verhaftet und unverzüglich hingerichtet.

 

Als „es“ das dann erste Mal geschah, kam es für die Reichen völlig überraschend. Sie wurden angegriffen – mit einer furchtbaren Waffe. Es geschah in Sekunden. Dort, wo sich eben gerade noch eine prächtige Stadt erhob, war jetzt nur noch ein Ruinenfeld. Es traf Madrid, Rom, New York, Berlin, Moskau, Tokio, Peking, London, Prag, Paris und Rio de Janeiro. Fast jeder Kontinent und alle reichen großen Nationen waren betroffen, ohne Rücksicht auf religiöse oder politische Ausrichtungen.

 

Grenzenlose Wut stieg bei den Reichen auf, egal ob sie Juden, Christen, Moslems oder Atheisten waren. Selbst die sonst so friedlichen Buddhisten waren davon nicht ausgenommen. Alle dachten nur noch an Rache und Vergeltung. Es musste etwas geschehen.

 

Längst waren die Vereinten Nationen nicht mehr vereint, sondern in zwei Gruppen geteilt. Der Sicherheitsrat der vermögenden Vereinten Nationen trat zusammen, allerdings in Toronto in Kanada, denn New York gab es ja nicht mehr. Der Präsident der U. S. A., Robert Smith begrüßte alle Anwesenden: Den Premierminister Großbritanniens, Malcolm Cheapman, der erst seit kurzem im Amt war und der Zerstörung Londons nur durch Zufall entkommen war, weil er seinerzeit noch als amtierender Außenminister unterwegs war; den französischen Premierminister Albert Pigalle; Russlands Ministerpräsident Fjodor Dorkowski; den Vertreter Chinas, der Premier des Staatsrates, Deng Yanyong und die Vertreter der zehn nicht ständigen Mitglieder.

 

Smith räusperte sich und sagte: „Meine Damen und Herren, wir sind uns alle den Ernst der Lage bewusst. Die Menschheit ist bedroht, wie nie zuvor in ihrer Geschichte. Es gibt jetzt keine nationalen Geplänkel oder internationalen Streitigkeiten mehr; wir haben nur noch einen Gegner: jene Staaten, von denen wir uns lossagten!“ Anhaltender Beifall.

 

Pigalle antwortete: „Ja, es ist ein gnadenloser Feind. Die müssen uns furchtbar hassen. Das ist wirklich unmenschlich. Prachtvolle Städte wurden zerstört, Millionen von Toten sind zu beklagen.“

 

Die brasilianische Präsidentin Isabella Neves fiel ins Wort: „Haben Sie sich schon einmal überlegt, wer hier gnadenlos oder brutal ist? Wir verteidigen unseren Reichtum und lassen den Rest der Welt ohne Rücksicht verhungern. Noch vor einhundert Jahren gab es auch in meinem Volk große Armut und Hunger. Die Proteste während der Fußballweltmeisterschaft und der Olympiade kennen wir ja alle noch aus den Geschichtsbüchern. Doch nun stehen auch bei uns alle auf der Sonnenseite des Lebens. Berthold Brecht dichtete einst: ´Die im Schatten sieht man nicht` Doch meine Damen und Herren, man sieht auch diese Menschen. Lassen Sie uns umdenken und den armen Völkern wieder helfen!“

 

Jetzt äußerte sich der italienische Ministerpräsident, Luigi Campone: „Sie haben gut reden. Ihnen fielen ja keine Fremdvölker ins Land und beuteten das Sozialsystem aus, wie früher bei uns in Europa. Nein, das ging nicht so weiter. Es war rechtens, dass wir das stoppten. So arm können diese Länder aber auch gar nicht sein, wenn sie sich solche Waffen leisten können, die unsere wundervollen Städte zerstören. Gut, es waren keine atomare Waffen, es war etwas anderes, was wir nicht kennen. Aber es wirkte schnell, in Sekunden. Wir müssen einen Gegenangriff starten.“

 

Cheapman sagte: „Das wäre der Beginn des dritten Weltkrieges. Nun geht es aber nicht mehr um Ost gegen West oder Nord gegen Süd. Jetzt gilt: Arm gegen Reich.“

„Aber wir haben seit langem keine Atomwaffen mehr, die sind doch bei uns allen seit langem vernichtet. Das vermute ich doch richtig, oder?“, gab der amerikanische Präsident zu Bedenken.

 

Der Russe räusperte sich und erklärte: „So ist es. Aber wir haben da noch etwas in der Schublade, wenn ich so sagen darf. Eine Waffe, wie sie noch niemals eingesetzt worden ist. Weit furchtbarer, als die die Dritte-Welt-Staaten eingesetzt haben. Ich werde Ihnen das kurz demonstrieren.“

 

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Fast zur gleichen Zeit traf sich in Kairo die VAAL, das Bündnis der Staaten Afrikas und der asiatischen Länder, die als arm galten. Einziger Tagesordnung waren die Angriffe auf die Erste-Welt-Staaten.

 

„Meine Damen und Herren. Wir allen wissen, was passiert ist. Und wir wissen auch, dass die Anderen glauben, dass wir das waren. Dabei wären wir dazu niemals in der Lage, weder emotional noch technisch gesehen. Die Morde an unseren Bürgern rechtfertigen nicht solche Vergeltungsmaßnahmen. Wir trauern mit den Opfern der Angriffe. Es fragt sich nur, wer das tatsächlich war. Hat jemand eine Vermutung?“ Mit diesen Worten eröffnete der Premierminister Ugandas, Kizza Odoki, die Versammlung.

 

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Am 13. Oktober 2115 zündeten die VVN ihre Geheimwaffe. Ziel war Zentralafrika. Die Bombe sollte große Teile des verfeindeten Kontinents dematerialisieren. Der Erfolg war überwältigend, jedoch so sehr, dass die Erde aus der Umlaufbahn geriet und drei Monate später in der Sonne verglühte.

 

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Zufrieden blickte das höhere Wesen, das alle unsere Handlungen steuerte, auf das Szenario. Dieser Planet war es nicht länger Wert gewesen, zu existieren. Schade nur um die vielen unschuldigen nichtmenschlichen Lebewesen, die auch starben.

 

Aber es gab keine andere Lösung. Immer wenn das höhere Wesen den „Reset“-Knopf gedrückt hatte, hatte stets noch schlimmere Zivilisationen als die vorherige hervorgebracht.

 

Eine neue Aufgabe wartete auf das höhere Wesen. Im System Alpha Centauri hatten sich auf einem neuen Planeten gerade die ersten Einzeller entwickelt. Es würde zwar noch Milliarden von Jahren dauern, aber das höhere Wesen hoffte, dass seine Schützlinge diesmal vernünftiger geraten würden.

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Bildmaterialien: www.aktuell.evangelisch.de
Tag der Veröffentlichung: 13.08.2014

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