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Der Flohmarktfund

 

 

An jenem Samstag im Juni war es drückend heiß, eigentlich wollte ich schwimmen gehen. Spontan hatte ich dann aber beschlossen, stattdessen nach langer Zeit mal wieder, einen Bummel über den hannoverschen Flohmarkt zu machen. Dieser fand jeden Samstag am Ufer der Leine statt. Dort gab es alte Schallplatten, Keramik-Werbeschilder, Puppen, Teddybären, Münzen, Briefmarken, Kronleuchter, Schmuck, Bilder, Spielzeug und vieles mehr. Früher wurde dort auch Kleidung und sogar lebendige Tiere verkauft, aber das war seit Langem verboten. Um halb zwölf herrschte dort ein dichtes Gedränge, trotz des heißen Wetters.

 

Ich hatte nicht wirklich vor, etwas zu kaufen, auch wenn meine Werbe-Trucks-Sammlung ergänzungsbedürftig war. Früher hatte ich auch Münzen und Briefmarken gesammelt und eine kurze Zeit lang Guinness-Werbetafeln, aber schnell die Lust daran verloren, da das doch recht kostspielig war, wenn man die schöneren Stücke ergattern wollte. Das war bei den Werbe-Trucks eindeutig nicht so, sie gab es oft umsonst oder sehr preiswert.

 

An einem Stand, der in der Nähe der Nanas, jenen farbenfrohen Riesenplastiken der französischen Künstlerin Niki de Saint Phalle, aufgebaut war, erblickte ich ein Objekt meiner Begierde. Es war ein Truck einer Brauerei, an sich nichts Besonderes. Aber dieser war von der „Ahornberger Landbrauerei“ - und originalverpackt! Ich ließ mir meine Freude aber nicht anmerken, denn vielleicht konnte ich ja noch handeln. Der Verkäufer schien jedenfalls nicht allzu viel Ahnung von dem Wert zu haben, denn da klebte tatsächlich der Preis „5 Euro“ auf der Packung. Dabei war das Ding mindestens das Vierfache wert! Ein echtes Schnäppchen also. Ich tat eher uninteressiert, nahm einen anderen Truck in die Hand, blickte auf den nächsten, um schließlich zum eigentlichen Ziel überzugehen. „Ein schönes Stück“, sagte ich ohne große Begeisterung. „Ja, den gibt es nicht sehr oft“, antwortete der Händler, ein dicker Mann mit struppigen Haaren, bekleidet mit einer alten Jeanshose und einem verwaschenen T-Shirt.

 

Ich war wirklich froh, dass das Ding nicht ausgepackt war. Vor ein paar Jahren hatte ich mir von meiner Freundin Vivien die Weihnachtstrucks von Coca-Cola gewünscht, und diese tatsächlich auch bekommen, aber leider ohne Packung. Vivien konnte nicht verstehen, warum mich das nicht erfreute.

 

Zum Verkäufer gewandt sagte ich: „Nun, da kann man doch sicherlich noch etwas mit dem Preis machen, oder?“

„Ich kann diesen gerne abmachen, wenn Sie das Ding verschenken wollen“, entgegnete der Witzbold und lachte. Wahrscheinlich machte er diesen Scherz öfters. Ich ignorierte den Witz.

„An der oberen Ecke der Schachtel ist ein kleiner Kratzer“, beanstandete ich und ergänzte: „Das mindert den Wert“. Das stimmte nur bedingt, trotzdem grummelte der Mann: „Was bieten Sie denn?“. Jetzt war mein Ehrgeiz des Preisdrückens voll erwacht und ich sagte: „Zwei Euro fünfzig“.

„Das ist doch lächerlich. Aber weil heute so ein schöner Tag ist und ich gute Laune habe, lasse ich Ihnen das Stück für vier Euro.“

 

Ich war meinem Ziel näher gekommen und sagte: „Drei Euro, mein letztes Wort.“ Der Dicke grummelte erneut und antwortete seufzend: „Na, gut, drei Euro. Da haben Sie aber ein gutes Geschäft gemacht“. Klasse! Das hatte geklappt. Ich nahm einen Fünfer aus meiner Geldbörse und steckte das Wechselgeld ein. Den Truck packte ich in meine Tüte und ich verabschiedete mich freundlich.

 

Gut gelaunt ging ich in Richtung Leineschloss und überquerte die davor gelegene Brücke. Am anderen Ufer des Flusses wollte ich mir eine Bratwurst und ein Bierchen schmecken lassen. Der Mann hatte ja keine Ahnung, wie gut das Geschäft für mich war. Am Stand bestellte ich und sagte, nachdem die Frau an der Bude den Preis von „Vier Euro fünfzig“ genannt hatte, zu ihr: „Das habe ich noch passend“. Doch als ich das Portemonnaie öffnete, bekam ich einen Schreck, einen freudigen. Das Zwei-Euro-Stück, das ich eben bei dem Truck-Händler bekommen hatte, glänzte in der Sonne. Ich konnte es kaum glauben, es war eine Münze aus Monaco mit dem Porträt von Gracia Patricia, mindestens einen Tausender Wert! Sorgsam nahm ich das kostbare Stück heraus, wickelte es in ein Taschentuch und bezahlte mit einem Zehner. Die Bratwurst-Frau guckte leicht verärgert, aber sagte nichts.

 

So hatte ich an diesem wunderschönen Tag einen wirklich sensationellen Fund gemacht.

 

 

 

 

 

 

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Bildmaterialien: www.hannover.de
Tag der Veröffentlichung: 09.06.2014

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